»Von Deutschland geht Krieg aus!« - Ohne Rüstung Leben

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informationen 140 | 2012-2 »Von Deutschland geht Krieg aus!« | 3 Lebenslaute: Konzert bei Heckler & Koch | 5 kompakt: Kleine Waffen – Große Wirkung! | 10 Deutsche Banken finanzieren Atomwaffen gieren sich in diesem Bündnis kirchliche Werke der Ent- wicklungszusammenarbeit wie Brot für die Welt und MISEREOR, die Kinderrechtsorganisation terre des hommes und die NaturFreunde Deutschlands, um nur einige der bekannteren Organisationen zu nennen. Den Opfern unseres Waffenhandels eine Stimme, den Tätern Name und Gesicht geben wir auf unter- schiedliche Weise: zum Beispiel mittels Videoclips der Theatergruppe Stage Divers(e), einer weiteren Vortragsreihe des Journalisten Emanuel Matondo und eines klassischen Open-Air-Konzerts der Lebens- laute vor den Werkstoren des Kleinwaffenprodu- zenten Heckler & Koch (siehe die folgenden Seiten). Paul Russmann »Vor dem Berliner Reichstag gingen symbolisch Bomben in die Luft und zwar gleich 100 Stück. Unge- fährlich aber das Ganze. Es waren heliumgefüllte Ballons. Die ›Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffen- handel!‹ wollte damit auf den deutschen Rüstungs- export aufmerksam machen, der in den letzten Jah- ren um ein Vielfaches zugenommen hat.« So lautete der Text zum Filmbeitrag, den das ZDF am 26. Februar 2012 in der Nachrichtensendung heute um 19:00 Uhr ausstrahlte. Die von Ohne Rüstung Leben mitinitiierte »Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« ist das bisher größte zivilgesell- schaftliche Bündnis gegen den Export von Kriegs- waffen und Rüstungsgütern aus Deutschland. Neben vielen traditionellen Friedensorganisationen enga- Foto: Samantha Staudte

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»Von Deutschland geht Krieg aus!«

| 3 Lebenslaute: Konzert bei Heckler & Koch | 5 kompakt: Kleine Waffen – Große Wirkung! | 10 Deutsche Banken finanzieren Atomwaffen

gieren sich in diesem Bündnis kirchlicheWerke der Ent- wicklungszu sammenarbeit wie Brot für dieWeltund MISEREOR, die Kinderrechtsorganisation terre deshom mes und die NaturFreunde Deutschlands, um nur einige der bekannteren Organisationen zu nennen.

Den Opfern unseres Waffenhandels eine Stimme, den Tätern Name und Gesicht geben wir auf unter-schiedliche Weise: zum Beispiel mittels Videoclips der Theatergruppe Stage Divers(e), einer weiterenVortragsreihe des Journalisten Emanuel Matondound eines klassischen Open-Air-Konzerts der Lebens-laute vor den Werkstoren des Kleinwaffenprodu -zenten Heckler & Koch (siehe die folgenden Seiten).

Paul Russmann

»Vor dem Berliner Reichstag gingen symbolischBom ben in die Luft und zwar gleich 100 Stück. Unge -fährlich aber das Ganze. Es waren heliumgefüllteBallons. Die ›Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffen-handel!‹ wollte damit auf den deutschen Rüstungs-export aufmerksam machen, der in den letzten Jah-ren um ein Vielfaches zugenommen hat.«

So lautete der Text zum Filmbeitrag, den das ZDF am26. Februar 2012 in der Nachrichtensendung heuteum 19:00 Uhr ausstrahlte. Die von Ohne RüstungLeben mitinitiierte »Aktion Aufschrei – Stoppt denWaffenhandel!« ist das bisher größte zivilgesell -schaft liche Bündnis gegen den Export von Kriegs-waffen und Rüstungsgütern aus Deutschland. Nebenvielen traditionellen Friedensorganisationen enga-

Foto: Samantha Staudte

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Noch im Jahr 2005 war Stage Divers(e) die Theater-AG des Georgii-Gymnasiums in Esslingen, ab 2006dann eine freie Theatergruppe. Seit August 2008 ist Stage Divers(e) e. V. – Forum für Jugend-Theater-Kultur ein eigenständiger und mehrfach ausge-zeichneter Verein.

Stage Divers(e) wird zur Unterstützung der Kam - pagne »Stoppt den Waffenhandel!« über das Jahrverteilt 12 Videoclips produzieren. Die öffentlichePräsentation dieser 1-Minuten-Clips wird der Kam-pagne helfen, möglichst viele Menschen für dasThema »Waffenhandel« zu sensibilisieren – durch Aktionen in Fußgängerzonen und auf Marktplätzen.Aus den Aktionen und Reaktionen der Öffentlich-keit wird Stage Divers(e) wiederum den inhaltlichenRahmen für ein neues Theaterstück entwickeln.

Die Ideen zu den öffentlichen Aktionen der Kampa-gne entstehen gleichzeitig mit der Produktion derneuen Clips. Stage Divers(e) freut sich über Aktions-gruppen in anderen Städten, die mit ihnen gemein-sam ein bundesweites Team bilden, (Straßen-)Aktionen durchführen, die Ergebnisse dokumentie-ren und an die Theatergruppe zur Weiterbearbei-tung schicken.

l 2 Aktion Info 140 l 2012-2 l

TheatergruppeStage Divers(e),Esslingen

Mit Videoclips und TheaterspielStoppt den Waffenhandel!

Emanuel MatondoFoto: Privat

Einige Clips sind bereits fertig: »Süßigkeiten«: Dieser Clip thematisiert die

zynische politische Argumentation – die ver-schleiernde Sprache im Kontext der Waffen- und Rüstungsexporte.

»Versteck dich!«: Der Clip zeigt die Situationeines von Angst erfüllten Opfers und nennt diedeutschen Waffenfirmen beim Namen.

»Pfui«: Hier wird der Ekel gegenüber Menschenzum Ausdruck gebracht, die mit dem Tod undLeid anderer reich werden. Peinlich ihre Phrasenauf dem roten Teppich, im Hinterhof und überalldort, wo sie sich unbeobachtet fühlen.

Paul Russmann

Näheres zu Stage Divers(e) und zur Kampagne finden Sie unter www.aufschrei-waffenhandel.de bzw. unter www.stage-divers-e.com. Wer Aktionen vor Ort plant, den bitten wir um eine Mitteilungper E-Mail an [email protected].

Dritte Vortragsreihe südliches Afrika

Welche Folgen haben deutsche Waffenexporte inden Ländern des südlichen Afrika? Das ist das Themader dritten Vortragsreihe mit dem Kriegsdienstver-weigerer und Journalisten Emanuel Matondo von derAngolanischen Antimilitaristischen Menschenrechts-initiative I.A.A.D.H. im Juni 2012. Die Termine der Veranstaltungen in Marsberg, Villingen-Schwennin-gen, Freiburg und Berlin finden Sie unter www.connection-ev.de/veranstaltung.php.

Träger der Veranstaltungsreihe: »InformationsstelleSüdliches Afrika«, »Aktion Aufschrei – Stoppt denWaffenhandel!«, »Connection e. V.«.

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Konzertprogramm

Bisher ist folgendes Musikprogramm geplant:

Georg Friedrich Händel: »Das Alexander-Fest« (HWV 75), Satz Nr. 14, 17, 18

Wolfgang Pasquay: Sätze aus »Friedens-oratorium – Oratorium gegen den Krieg«

Leos Janácek: »Ach Krieg« (Ah vojna), Nr. 3 aus »Vier Männerchöre«

Wolf Brannasky (Komposition) / Wolfgang Spielvogel (Text): »Immer mehr Land«

Franz Schubert: Sinfonie D759 h-moll, hieraus:»Allegro moderato«

Dmitri Schostakowitsch: »Suite für Varieté-Orchester«, Satz Nr. 6 und 7: Walzer

Andere Ensembles wie Folk, Jazz, Impro-Sessionsoder Theater sind herzlich willkommen. Ein Probe-wochenende ist vom 15. bis 17. Juni 2012 in Kassel geplant. Aktionstage (mit Vorkonzert) werden vom 30. August bis 2. September 2012 in Villingen-Schwenningen durchgeführt. Das Konzert vor den Werkstoren von Heckler & Koch in Oberndorfwird am 3. September 2012 stattfinden.

Kontakt: [email protected] oder Sabine Will, Fehrbelliner Straße 7, 10119 Berlin, Tel. 030 4499779.

Lebenslaute lautet der Name einer Gruppe enga-gierter Musikerinnen und Musiker, die sich seit 1986bundesweit zusammenfinden unter dem Motto»klassische Musik – politische Aktion«. In Chor- undOrchesterstärke bringen sie als offene Musik- undAktionsgruppe von Laien und Profis klassischeMusikdort zum Klingen, wo dies nicht erwartet wird: auf Militärübungs plätzen und Abschiebeflughäfen, vorAtomfabriken und Raketendepots, in Ausländer be -hörden und an anderen Menschenleben und -rechtebedrohenden Orten.

Das Schweigen durchbrechen, den Opfern eineStimme geben!Weltweit toben derzeit mehr als 30 Kriege – dieFolge: Tausende von Toten, Verletzten und unge-zählte Flüchtlinge. Während Deutschland allgemeinvon der herrschenden Wirtschaftsweise profitiert,verdienen deutsche Rüstungsfabriken direkt an Zerstörung, Leid und Tod. So auch die beschaulich zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb ge le-gene Firma Heckler & Koch. Sie hat sich auf die Pro duktion sogenannter Kleinwaffen spezialisiert,welche als profitable Exportschlager in die Welt ex-portiert werden, um dann in den verschiedenstenKriegs- und Krisengebieten wieder aufzutauchen.Eine Folge solcher Waffenlieferungen ist eine großeZahl von Flücht lingen. Doch diejenigen, denen esgelingt, überhaupt die europäischen Grenzen zuüberwinden, werden meist unter beschämendenUmständen wieder in ihre Herkunftsländer abge-schoben.

Konzert bei Heckler & KochMit einer Konzert-Aktion im Rahmen der Kampagne»Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!« will Lebenslaute dazu beitragen, dass das Schweigenüber diese skandalösen Zusammenhänge durch -brochen wird. Dafür werden noch Menschen ge-sucht, die mit uns musizieren möchten: im Chor undim Orchester, ob Sopran oder Tenor, ob Geige oderPosaune. Gesucht werden auch Menschen, die dasKonzert unterstützen: für die Küche, für die Arbeitam Computer, für die Kinderbetreuung und alles andere drumherum.

LebenslauteKlassisches Konzert bei Heckler & Koch

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Im internationalen Handel gibt es vielfältige Regle-mentierungen: So gibt es zum Beispiel klare Regelnfür den Handel mit Bananen oder Dinosaurier kno -chen. Doch für einen Bereich fehlen entsprechendeinternationale Bestimmungen: für die Lieferung von Maschinenpistolen und Panzern oder andererkonventioneller Rüstungsgüter.

Historische ChanceVom 2. bis zum 27. Juli 2012 kommt es in New Yorkzu einem historischen Ereignis: Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen beraten die Staa-ten der Welt über einen Vertrag, mit dem der inter-nationale Waffenhandel kontrolliert werden soll.Nichtregierungsorganisationen setzen sich seit Jah-ren beharrlich für strenge internationale Regeln zur Kontrolle des Waffenhandels ein. 2009 beschlos-sen die UN-Mitgliedstaaten, dass es Zeit für einenweltweit gültigen Vertrag zur Kontrolle des Waffen-handels sei, den »Arms Trade Treaty« (ATT). Für denExport und Import von Rüstungsgütern sollen»höchstmögliche gemeinsame internationale Stan-dards« gelten. Bei den Vertragsverhandlungen imJuli 2012 könnte dieser Vertrag in der UNO beschlos-sen werden – eine historische Chance.

Umfassender Schutz der MenschenrechteÜber 60 Kirchen und Organisationen aus mehr als30 Staaten erwarten, dass der neue internationaleVertrag umfänglich den Schutz der Zivilbevölkerungberücksichtigt. Die MenschenrechtsorganisationAmnesty Inter national fordert internationale Rege-lungen des Waffen handels, die mindestens die fol-genden drei Eckpunkte enthalten müssen:

Keine Waffen für Menschenrechtsverletzungen!Die Lieferung von Rüstungsgütern darf nicht ge-nehmigt werden, wenn damit schwere Verletzun-gen der Menschenrechte und des humanitärenVölkerrechts begangen werden können oder dieArmutsbekämpfung in den Empfängerländerngefährdet wird.

Keine Ausnahmen! Alle Arten von konventionel-len Rüstungsgütern (Waffen, Munition, Bauteile,Motoren, Technik) müssen von dem Vertrag er-fasst sein.

Strikte Kontrollen! Jede Waffenlieferung mussvorab geprüft und genehmigt werden. IllegalerWaffenhandel muss konsequent bestraft werden.Alle Staaten müssen ihre Rüstungsexporte und -importe transparent machen.

Hände hoch für Waffenkontrolle!Die letzten Vorbereitungsgespräche im Februar 2012haben gezeigt, dass noch viele Hindernisse zu über-winden sind, um einen Wettlauf zum kleinsten gemeinsamen Nenner zu verhindern. Umfassenderöffentlicher Druck kann entscheidend dazu beitra-gen, dass im Juli alle Delegierten ihre Hände füreinen umfassenden »Arms Trade Treaty« heben unddamit der internationale Schutz der Menschen-rechte bei Rüstungstransfers ins Zentrum gestelltund verbindlich verankert wird.

Deshalb unsere Bitte an Sie: Unterzeichnen Sie jetzt die Online-Petition »Hände hoch für Waffen-kontrolle« von Amnesty International auf www.amnesty.de/mitmachen.

Paul Russmann

Hände hoch für Waffenkontrolle!Internationaler Vertrag zur Kontrolle des Waffenhandels

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Jede Minute stirbt ein Mensch durch Waffengewalt.Das sind über eine halbe Million Menschen pro Jahr. Rund 90 Prozent der zivilen Opfer in Kriegensterben durch sogenannte Kleinwaffen. Klein-waffen verursachen mehr Opfer als jede andereWaffenart, verschärfen Konflikte, destabilisierenGesellschaften, hemmen Entwicklung. Kleine undleichte Waffen wie Pistolen oder Maschinen ge -wehre passen nicht nur perfekt in Kinder(soldaten) -hände – sie sind »die Massenvernichtungswaffendes kleinen Mannes«. Sie sind so weit verbreitet,dass weltweit auf etwa zehn Menschen eine Klein-waffe kommt.

Kleine und leichte WaffenDie UNO definiert »Kleine Waffen« (small arms) sehrungenau als »Waffen zum persönlichen Gebrauch«.Darunter fallen z. B. Pistolen, Gewehre, Sturmge-wehre, Maschinenpistolen und leichte Maschinen-gewehre. Die »Leichten Waffen« (light weapons)werden hingegen als »Waffen zum Gebrauch durchmehrere Personen in einem Team« definiert, also z. B. schwere Maschinengewehre, tragbare Raketen - werfer, Luftabwehrwaffen und leichte Granatwerfer.Im deutschen Sprachgebrauch werden sowohl »Klei -ne Waffen« als auch »Leichte Waffen« unter dem Begriff »Kleinwaffen« zusammengefasst. Kennzeich-

Die Massenvernichtungswaffen des kleinen Mannes

kompaktKleine Waffen – Große Wirkung!

| Ein mörderischer Markt | Kleinwaffen Made in Germany | Mit Billigung der Bundesregierung

Kindersoldatenin SomaliaFoto: dpa

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nend für diese Waffen ist, dass sie von einer Person(oft schon von zehnjährigen Kindern) transportiertund abgefeuert werden können. Für viele der welt-weit 250.000 Kindersoldaten sind Kleinwaffen stän-dige Begleiter: leichte Handfeuerwaffen wie die Ka-laschnikow, das M 16 oder das deutsche G3-Gewehr.Ohne »kinderleicht« zu bedienende Waffen wäre derEinsatz von Kindern an der Waffe nicht möglich.

Die Massenvernichtungswaffen des kleinen MannesAnders als atomare, biologische und chemischeWaffen können Kleinwaffen nicht Tausende vonMenschen in wenigen Minuten umbringen. Trotz-dem werden Kleinwaffen als »die Massenvernich-tungswaffen des kleinen Mannes« bezeichnet. Die in Genf herausgegebene Studie »Small ArmsSurvey« schätzt, dass Jahr für Jahr mindestens einehalbe Million Menschen durch Kleinwaffen zu Todekommen. Rund 12 Prozent davon sterben in militä -rischen Konflikten; der weit überwiegende Teil wirdjedoch Opfer staatlicher Verfolgung unter Einsatzvon Kleinwaffen oder von Verbrechen (z. B. Über-fälle, Amokläufe, häusliche Gewalt).

Zwischen 40 und 200 Millionen Kleinwaffen befin-den sich allein in privatem Besitz von US-amerika -nischen Staatsbürgern. Laut den Schätzungen des»Small Arms Survey« befinden sich in Deutschland20 bis 30 Millionen legale Schusswaffen in Privat -

besitz. In einer Rangliste der Nationen mit demgrößten Waffenbesitz steht Deutschland an vierterStelle! Noch mehr Waffen gibt es nur in den USA, Indien und China – Länder mit jeweils wesentlichmehr Einwohnern.Waffen lösen an sich keine Kriege aus. Wo jedochGewehre und Maschinenpistolen zum Straßenbildgehören, eskalieren kleinere Konflikte schneller und Menschenrechte werden öfter mit Waffen -gewalt verletzt. Die massenhafte Verbreitung vonKleinwaffen und ihre leichte Verfügbarkeit tragendazu bei, dass die Hemmschwelle für den Einsatzsinkt und die Sicherheit der Menschen permanentbedroht ist.

Ein mörderischer MarktJedes Jahr werden weltweit kleine und leichte Waf-fen im Wert von knapp drei Milliarden Euro ver-kauft. Es ist nicht bekannt, wie viele Kleinwaffen esweltweit gibt. Nach Berechnungen der VereintenNationen sind weltweit über 870 Millionen kleineund leichte Waffen im Umlauf, drei Viertel davon in den Händen nichtstaatlicher Gewaltakteure. Dieweltweit durchWaffengewalt verursachten Schädenwerden auf 128 Milliarden Euro im Jahr geschätzt.Das übertrifft die jährlichen Gesamtausgaben fürdie Entwicklungshilfe deutlich.Kleinwaffen werden vorwiegend in den Industrie-staaten produziert und in der Regel legal an Militär-und Polizeieinheiten in aller Welt exportiert. Durchden illegalen Waffenhandel und als Beutewaffengeraten sie in die Hände von Rebellen, Mi lizen undKindersoldaten. Schätzungen gehen davon aus, dassmit dem Handel von Klein- und Leichtwaffen, Er-satzteilen, Zubehör und Munition jährlich mehr alsvier Milliarden US-Dollar umgesetzt werden. Es istnicht möglich den Handel mit Kleinwaffen insge-samt statistisch zu erfassen, da er sich neben denlegalen Aus- und Einfuhren auch vieler dunkler Kanäle bedient.

Kleinwaffen Made in GermanyNicht zuletzt aufgrund der millionenfachen Produk-tion des G3-Gewehres der Waffenfirma Heckler &Koch spielt Deutschland seit Jahren eine bedeutendeRolle auf dem Kleinwaffenmarkt. Das G3-Gewehrgehört heute in mehr als 50 Ländern zur Standard-ausrüstung von Streitkräften. Es wurde bis 1990 in 18 Staaten in Millionenauflage hergestellt. DasNachfolgemodell, das Sturmgewehr G 36 (derzeitdie Standardwaffe der Krisenreaktionskräfte derBundeswehr) entwickelt sich ebenfalls zum welt -

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Initiativen nichtstaatlicher Akteure

Im Mai 1999 hat das International Action Network onSmall Arms (IANSA) seine Arbeit aufgenommen. Das Netzwerk von über 200 internationalen Organisa-tionen arbeitet an einer weltweiten Kampagne, umdie Verbreitung von Klein waffen zu kontrollieren unddie Ursachen zu bekämpfen. Die Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben ist Mitgliedim IANSA und eine der Gründungsorganisationen des Deutschen Aktionsnetzes Kleinwaffen Stoppen(DAKS), das sich u. a. für folgende Ziele einsetzt:

Verhinderung weiterer Exporte und Lizenzvergabenvon Hand- und Faustfeuerwaffen

Verschrottung von Überschussbeständen aller Klein waffen in Deutschland

Verhinderung des Exports von Anlagen oder Know-how zur Fertigung von Kleinwaffen und Munition

Bestandsaufnahme und Verminderung des Bestandsvon Klein-, Jagd- und Sportwaffen in Deutschland.

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l Kleine Waffen – Große Wirkung! kompakt l

weiten Verkaufsschlager. Bundespolizeien, Präsiden -tenwachen und militärische Spezialeinheiten inmehr als 35 Staaten sind mit den unterschied lichenG 36-Typen ausgerüstet, beispielsweise in Brasilien,Großbritannien, Indonesien, Malaysia, Mexiko, den Philippinen, Singapur, Thailand und den USA.Waffen deutscher Herkunft tauchen regelmäßigauch auf Schauplätzen gegenwärtiger Gewalt - konflikte auf. Waffenfunde in Georgien, in Libyenoder in Unruheprovinzen Mexikos zeigen, dass End-verbleibszusagen nicht verbindlich sind. DeutscheHersteller und Amtsträger sind inzwischen wegenvermuteter Vorteilsnahme beim Transfer von Klein-waffen nach Mexiko ins Visier der Ermittlungs -behör den geraten.

Mit Billigung der BundesregierungDer Export von Waffen ist in Deutschland geneh -migungspflichtig. Die gesetzlichen Grundlagen fürRüstungsexporte aller Art sind das Außenwirt-schaftsgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz.Verantwortlich für die Umsetzung der dort ver -ankerten Kontrollbestimmungen sind das Bundes -ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr -kontrolle (BAFA). Das BAFA bearbeitet Anträge derdeutschen Industrie zum Export. Die Ausfuhrlistenennt Kleinwaffen wie Gewehre, Revolver, Maschi-nenpistolen oder Maschinengewehre, aber auchgrößere Waffen und Munition. Sämtliche auf dieserListe genannte Waffen sind genehmigungspflich -tig. Politische Kontrollinstanz für Exportanträge von besonderer Bedeutung ist der geheim tagende Bundessicherheitsrat.Deutschland zählt nach den USA und Italien zu dengrößten Herstellerländern kleiner und leichter Waf-fen weltweit. Die deutschen Exporte von Kleinwaf-fen und Munition haben sich seit 1998 vervierfacht.Die Bundesregierung genehmigte im Jahr 2010 dieAusfuhr von über 40.000 kleinen und leichten Waf-fen. Abnehmer außerhalb der Euro päi schen Unionund der NATO finden sich im Mittleren Osten (Katar,Kuwait, Saudi-Arabien, Vereinigte Ara bische Emi-rate), in Südasien ( Brunei, Indien, Indo nesien, Malay-sia, Philippinen) wie in Südamerika (Brasilien,Chile).

Charakteristika von Kleinwaffen (nach Peter Lock):

Sie kosten in der Regel wenig, besonders im Ver-gleich zu modernen Großwaffensystemen.

Sie sind leicht zu bewegen und benötigen daherkeine entwickelte Infrastruktur für den Transport.

Ihr Einsatz erfordert nur eine einfache, rasch zu absolvierende Ausbildung.

Sie sind leicht zu verbergen. Sie sind leicht verfügbar, sehr haltbar und wenig

störanfällig.

Jede Minute stirbtein Mensch durchWaffengewaltFoto: dpa

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Im Vergleich zu den Geschäften, die durch die Aus-fuhr von Groß waffensystemen aus Deutschland ge-tätigt werden, ist der Wert der Exporte von kleinenund leichten Waffen sowie von Munition gering.Der Wert liegt bei ca. 120 Millionen Euro jähr lich. Angesichts der Bedrohung für Frieden und Sicher-heit und der Verhinderung von Entwicklung ist dertatsächliche Schaden jedoch erheblich.

Ansätze zur KontrolleEs gibt keinen einfachen Weg, um die aus der Ver-breitung von Kleinwaffen entstandenen Problemeschnell in den Griff zu bekommen. Angesichts derMillionen von Kleinwaffen, die bereits zirkulierenund dem nicht endenden Nachschub an modernenWaffen und Munition, wird es Jahre dauern, bisneue Kontrollmechanismen greifen. Höchste Priori-tät haben dabei zunächst die bessere Überwachungdes legalen und illegalen weltweiten Handels mitKleinwaffen sowie die Kontrolle der bereits vorhan-denen Bestände.Um die Flut der Kleinwaffen wirkungsvoll einzudäm- men, müssen jedoch auch die Ursachen der Nach-frage bekämpft werden. So mangelt es in vielenStaaten an einem funktionsfähigen Gewaltmono-pol und an Rechtsstaatlichkeit. Beides ist aber Vor -aussetzung dafür, die Verbreitung von Kleinwaffeneinzudämmen und Demobilisierungs- und Ent -waffnungsprogramme einzuleiten.

Die Konferenzen der Vereinten NationenAuf einer UN-Konferenz zum Thema »Kleinwaffen« im Juli 2001 haben sich im UN-Kleinwaffenaktions-programm über 170 Staaten darauf verständigt,dass die Hersteller von Kleinwaffen den Handels-weg ihrer tödlichen Produkte durch Markierung undRegistrierung der Waffen transparenter machen sollen. Geprägt wurde die Konferenz in New York je-doch durch die Weigerung vor allem der USA, überEinschränkungen des privaten Waffenbesitzes im eigenen Land zu verhandeln und den Verkauf vonKleinwaffen an nichtstaatliche Akteure wie Rebellen-gruppen zu unterbinden. Die verabschiedete Ver -einbarung ist zudem für die Staaten nicht bindend.Im Jahr 2006 griff die Generalversammlung der Ver-einten Nationen die globale Kampagne von Nicht -regierungsorganisationen für einen internationalenVertrag zur Regelung des Handels mit allen kon -ventionellen Waffen auf (»Arms Trade Treaty«). Im Dezember 2009 beschloss die UN-Vollversamm-lung die Aufnahme formaler Verhandlungen überein verbindliches Abkommen. Die Verhandlungenwerden nun im Juli 2012 in New York stattfinden.Das Abkommen soll nach einem Grundsatzbe-schluss der UN-Generalversammlung dazu beitra-gen, den grenzüberschreitenden Handel mit kon-ventionellen Waffen aller Art – von der Pistole biszum Kampfflugzeug – durch international geltendeStandards einer Kontrolle und Regulierung zu unter-ziehen, mit dem Ziel, vor allem schwere Menschen -rechts verletzungen oder Verletzungen des huma -nitären Völkerrechts zu verhindern oder zumindest ein zuschränken.

Paul Russmann, Mai 2012

Weitere Infos zum Thema »Kleinwaffen« finden Sie unter www.rib-ev.de. Dort können Sie auch kostenlos den monatlich erscheinenden DAKS-Kleinwaffen-Newsletter abonnieren.

In der Reihe »kompakt« veröffentlichen wir Kurzbei-träge zu aktuellen friedenspolitischen Themen.© und Bezug: Ohne Rüstung Leben, Arndtstraße 31,70197 Stuttgart, Telefon 0711 608396, Fax 0711 608357, E-Mail [email protected]. Spendenkonto: Ohne Rüstung Leben, EvangelischeKreditgenossenschaft, Konto 416 541, BLZ 520 604 10,IBAN DE96 5206 0410 0000 4165 41, BIC GENODEF1EK1.Die Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben wird vom Evangelischen Entwicklungs-dienst (EED) finanziell gefördert. Ohne Rüstung Lebenist Träger des Göttinger Friedenspreises 2011.

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Kofi Annan (ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen):

»Die Verbreitung von Klein-waffen ist nicht nur ein Sicherheits-, sondern auchein Menschenrechts- undEntwicklungsproblem. DieVerbreitung von Klein -waffen trägt zur Fortset-zung und Verschärfung vonbewaffneten Konfliktenbei. Sie gefährdet Blau-helmsoldaten und Nothel-fer. Sie unterminiert die

Achtung des Völkerrechtes. Sie bedroht demokratischgewählte Regierungen und stärkt Terroristen ebensowie die organisierte Kriminalität.«

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l Info 140 l 2012-2 9 Aktion l

Das neue Bündnis »Andere Ban-ken braucht das Land!« wendetsich gegen die Finanzierung vonRüstungsproduktion und Atom-kraft sowie die Spekulation mitNahrungsmitteln und lebenswich-tigen Gütern durch Geldinsti-tute. Solche unverantwortlichenGeschäfte sollen aus dem Port -folio der Banken verschwinden. Das Kampagnen-Bündnis aus demDachverband der Kritischen Aktionäre, Facing Finance, food- watch, Ohne Rüstung Leben undurgewaldwill gegen Kriegs treiber,Hungermacher und Zocker vor -gehen und fordert eine klare Re-gulierung der Finanz industrie.

Mitverantwortung für die Schuldenkrise»Viele Banken sind für die Finanz-und Staatsschuldenkrise mit ver-antwortlich«, sagt Kampagnen-Koordinator Markus Dufner. »Wirverlangen von den Banken einneues Geschäftsmodell, in demMensch, Umwelt und das Gemein-wohl Priorität vor ehrgeizigenRenditezielen haben. Wir brauchenwieder gewissenhafte Bankiersmit Grundsätzen statt gewissen-loser Banker mit Boni-Denken.«»Insbesondere die Deutsche Bankbeteiligt sich in vielen Bereichenan ethisch und ökologisch un -verantwortlichen Geschäften«,stellen Barbara Happe von der

Andere Banken braucht das Land!Bündnis gegen Kriegstreiber, Hungermacher und Zocker

Umwelt- und Menschrechts orga -ni sation urgewald und Thomas Küchenmeister von Facing Financeklar. »Trotz ihrer Ankündigung,aus der Finanzierung von Streu-munition auszusteigen, vergibtdie Deutsche Bank weiter Kreditean Streumunitionshersteller,emit tiert Anleihen von und hältAnteile an Firmen, die diese men -schenverachtenden Produkte herstellen.«

Spekulation mit Agrar-RohstoffenbeendenMatthias Wolfschmidt, stellver -tretender Geschäftsführer derVerbraucherorganisation foodwatch, kritisiert die ständigen

PR-Tricks der Deutschen Bank. »DieDeutsche Bank muss sich ent-scheiden: Entweder wird sie ihremeigenen gesellschaftlichen An-spruch gerecht, dann muss sie dieSpekulation mit Agrar-Rohstoffenbeenden. Oder sie agiert weiter-hin als Preistreiber für Grundnah-rungsmittel und damit als Hun-germacher. Es ist unredlich, dieAbsage an neue, börsengehan-del te Anlageprodukte auf Basisvon Grundnahrungsmitteln alsgroßen Fortschritt zu verkaufen,wenn gleichzeitig die bestehen-den Produkte fortgeführt werden,die Hungerkrisen in der Welt ver-schärfen.«

Deutsche Bank mit einer Aktiestoppen!Mit der Aktion »Stoppt die Deut-sche Bank mit einer Aktie!« willdas Bündnis zusammen mit einergroßen Zahl von UnterstützernDruck auf das Geldinstitut aus-üben und bei der Hauptversamm-lung in Frankfurt Ende Mai 2012seinen Forderungen Nachdruckverleihen. »Wir werden eine ungeschönte Bilanz der Ära Acker-mann vorlegen und die neue Führung auffordern, aus der Zocker-AG eine Bank mit auchethisch und ökologisch solidenFundamenten zu machen«, er-klärte Dufner.

Weitere Informationen unter www.andere-banken.de

Protest auf derHauptversamm-lung 2011 derDeutschen BankFoto: dpa

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Jedes Jahr geben die neun Atom-waffen-Nationen mehr als 100 Mil- liarden US-Dollar für ihre Atom-streitkräfte aus: für den Bau vonAbschuss-Systemen in Form vonRaketen, Bombern oder U-Booten,für die Modernisierung der altenund für die Montage der neuenSpreng köpfe. Viele die ser Arbeitenwerden von privaten Gesellschaf-ten ausgeführt, die durch ein Netz von Finanzinstituten auf derganzen Welt, einschließlich sol-cher aus Deutschland, finanziertwerden.

Im März 2012 hat die Internatio-na le Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen (InternationalCampaign to Abolish Nuclear Weapons, kurz: ICAN) die bahn-brechen de Studie »Don’t Bank onthe Bomb« (»Die Bombe ist eineschlechte Investition«) heraus -gebracht, in der mehr als 300 Ban-ken, Pen sionsfonds, Versicherun-gen und Kapitalanlageverwalterin 30 Ländern aufgeführt werden,die sich mit erheblichen Inves-titionen an Atomwaffenfirmenbeteiligen.

Umfangreiche Aufklärung über finanzielle Trans aktionenDie 180 Seiten umfassende Studieliefert Details über finanzielleTransaktionen mit 20 Firmen, diein erheblichem Umfang an Her-stellung, Instandhaltung und Mo-dernisierung der Atomstreitkräftein den USA, in Großbritannien,Frankreich und Indien beteiligtsind. Von den ca. 300 erwähntenFinanzinstituten hat etwa dieHälfte ihren Sitz in den Vereinig-ten Staaten und ein Drittel inEuropa. Auch Institute aus Asien,Australien und dem MittlerenOsten werden aufgeführt. Die ICAN argumentiert: Indem Finanzinstitute in diese Firmen investieren, erleichtern sie denAufbau von Nuklearstreitkräften.Sie unterminieren die Anstren-gungen, eine atomwaffenfreieWelt zu erreichen und erhöhendas Risiko, dass eines Tages dieseultimativen Massenvernichtungs-waffen wieder eingesetzt werden.

Deutsche Finanzinstitute beteiligtElf deutsche Finanzinstitute in-vestieren in hohem Maße in

Firmen, die Atomwaffen und ihreAbschuss-Systeme für die Ver -einigten Staaten, Großbritannienund Frankreich herstellen:

Allianz Bayerische Landesbank

(Bayern LB) Commerzbank DekaBank, Deutsche Bank Deutsche Zentral-Genossen-

schaftsbank (DZ Bank) Kreditanstalt für Wieder -

aufbau (KfW) Landesbank Baden-Württem-

berg (LBBW) Landesbank Hessen-Thüringen

(Helaba), Munich Reinsurance America

(US-Tochter der MünchenerRückversicherungs-Gesell-schaft)

Universal-Investment- Gesellschaft.

Die Kampagne ruft zu Aktionenauf, um die Finanzinstitute unterDruck zu setzen, denjenigen Fir-men Kapital zu entziehen, die ander Atomwaffenindustrie betei-ligt sind.

Paul Russmann

Das Original der Studie in englischer Sprache finden Sie unter www.dontbankonthebomb.com oderwww.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomwaffen/DivestmentReport.pdf

Eine Zusammenfassung der Studie indeutscher Sprache erhalten Sie unterwww.atomwaffenfrei.de/fileadmin/user_upload/pdf_Dateien/Materialien/schlechte_investition.pdf

Deutsche Banken finanzierenAtomwaffen

Gespräch mit Ab-geordneten desBundestages imMärz 2012Foto: SamanthaStaudte

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Der Konflikt mit demIran spitztsich gefährlich zu. Aus aktuellemAnlass dokumentieren wir in Auszügen eine Erklärung der Frie-densbewegung, die von OhneRüstung Leben und weiteren Or-ganisationen unterzeichnet undals Anzeige im Freitag und in der Süddeutschen Zeitung veröf-fentlicht wurde.

Das vom Westen beschlossene Ölembargo und der Boykott der iranischen Zentralbank sind ge -fähr liche Interventionen. Schoneinmal verhängten Großbritan-nien und die USA in den 1950er-Jahren ein Ölembargo gegen denIran, das zum Sturz der demokra-tisch gewählten Regierung Mos-sadegh führte. Die heute eingelei-teten Öl- und Finanzembargostreffen vor allem die Menschen imIran. Obendrein liefern sie demgegenwärtigen Regime die Recht -fer tigung, sich mit Hinweis aufdie historische Parallele als Opferwestlicher Aggression und als legitime Verteidiger und Beschüt-zer der Unabhängigkeit des Iran,eines für alle Iraner vorrangigenpolitischen Ziels, darzustellen. Diemilitaristischen Strömungen inder Islamischen Republik fühlensich so geradezu legitimiert, mitder Schließung der Straße vonHormuz im Persischen Golf zu dro-hen. Die Sanktionseskalation istauf dem besten Wege, in einenKrieg einzumünden.Das iranische Volk will – alle Indi-zien sprechen dafür – weder einenKrieg noch iranische Atombom-ben. […] Mit der Tolerierung von Israels Atomwaffenarsenal bei

gleichzeitiger Bekämpfung desiranischen Atomprogramms tragen die USA und die EU dieHauptverantwortung dafür, dasskaum ein Oppositionspolitiker im Iran es wagt, die Atompolitikder Islamischen Republik in Fragezu stellen. […] Die Behauptung,die Nuklearmacht Iran könne nurdurch Krieg verhindert werden, istirreführend. Wir lehnen sie daherentschieden ab.

Wir fordern den Präsidenten derVereinigten Staaten, Barack Oba ma, auf: Stoppen Sie die Embargos ge -gen iranisches Öl und die irani -sche Zentralbank. […] Bieten Sie dem Iran als Gegen-leistung für das kontrollierte Be -schrän ken des Nuklearprogrammsentsprechend den Bestim mun- gen des Atomwaffensperrvertra -ges einen gegen seitigen Nicht -angriffspakt, möglichst gemein-sam mit Israel, an.

Von der deutschen Bundeskanzle-rin fordern wir:

Schließen Sie jede BeteiligungDeutschlands an einem Krieggegen den Iran öffentlich aus undstoppen Sie die riskante Sank -tionseskalation. Unterstützen Sie[…] die von der UNO beschlosseneKonferenz für eine massenver-nichtungswaffenfreie Zone imMittleren und Nahen Osten, die2012 beginnen soll.

Nur eine Politik, die alle Staatender Region, Israel eingeschlossen,zur atomaren Abrüstung und Ent-haltsamkeit verpflichtet, kann dasgegenseitige Misstrauen besei -tigen und den Feindbildern zwi-schen den Religionen, Völkern undStaaten sowie dem Wettrüstenund den Diktaturen den Bodenentziehen.Wir bitten die UNO, die geplanteKonferenz möglichst bald einzu-berufen, selbst wenn sie zunächstvon Israel oder dem Iran boykot-tiert werden sollte.

Die Erklärung der Friedens be we gung kannunter www.friedenskooperative.de/cgi-bin/iran.pl per Online-Unterschrift unterstützt werden.

Iran: Sanktionen und Kriegs drohungen sofort beenden

Proteste vor derUS-Botschaft inLondonFoto: dpa

Page 12: »Von Deutschland geht Krieg aus!« - Ohne Rüstung Leben

l 130 3 l 2009 12 Hintergrund linformationen140 | 2012-2

Inhalt

1 | Titel»Von Deutschland geht Krieg aus!«

2 | AktionMit Videoclips und Theaterspiel:Stoppt den Waffenhandel!

3 | AktionLebenslaute: Klassisches Konzertbei Heckler & Koch

4 | AktuellInternationaler Vertrag zur Kontrolledes Waffenhandels

5 | kompaktKleine Waffen – Große Wirkung!

9 | AktionAndere Banken braucht das Land:Bündnis gegen Kriegstreiber, Hungermacher und Zocker

10 | HintergrundDeutsche Banken finanzierenAtomwaffen

11 | AktuellIran: Sanktionen und Kriegsdrohun-gen sofort beenden

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Designer Ronny Edry und seineFrau Michal Tamir aus Tel Avivrichteten eine Plakatbotschaft andas iranische Volk: »Iranians, wewill never bomb your country. Welove you.« Die Aktion verbreitetesich rasant über Facebook undYoutube. Junge Leute aus dem Iranschrieben zurück: »Israelis, wirwollen keine Atombombe, wir wol- len Frieden und Demokratie. Wirsind eure Freunde.«Menschen von heute sehen Staa-ten und ihre Völker nicht als ge-schlossene, amorphe Einheitengleichgeschalteter Menschen,

sondern erkennen andere als den-kende, mündige, gleichwertige Individuen an. Eine solche Betrach-tungsweise ermöglicht auch neue Formen des Diskurses. DieEntwicklung neuer Strategien und der Aufbau von Vertrauen istlangwierig und schwierig. Aberdiese Maßnahmen wirken frie-densstiftend und als zivilgesell-schaftliche Kraft gegen jene Vorgehensweisen, die spalten, vereinfachen und Konflikte ver- schärfen. Es kostet uns nichts, die Botschaftder Liebe zu verbreiten. Was uns

Impressum

HerausgeberOhne Rüstung LebenArndtstraße 31 70197 StuttgartTelefon 0711 608396E-Mail [email protected]

Verantwortlicher RedakteurPaul Russmann

Gestaltung, Satz, KorrektoratAtelier SternsteinJ. Sternstein | M. Witthoeft

DruckUWS-Druck, Stuttgart

Auflage: 16.000

Ohne Rüstung Leben ist Träger desGöttinger Friedenspreises 2011.

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ein Krieg kosten würde, daransollten wir erst gar nicht denken.

Ihr Paul Russmann

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