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Von Natur aus gesund Nahrungsfasern und ihre Wirkungen

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Von Natur aus gesund

Nahrungsfasern und ihre Wirkungen

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ImpressumAutorin: Dr. rer. nat. Claudia Reinke, MedSciences, Schützenmattstrasse 1, 4051 BaselRedaktion: Mepha Schweiz AG, Kirschgartenstrasse 14, 4010 BaselDesign und Realisation: Pierre Rippstein AG, Kembserweg 7, 4012 BaselDruck: Druckerei Bloch AG, Talstrasse 40, 4144 Arlesheim

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Vorwort 4

Was sind Nahrungsfasern? 6

Nahrungsbestandteile mit unterschiedlichen Eigenschaften 6 Unlösliche Fasern 7 Lösliche Fasern 7 Wasserbindungsvermögen bestimmt die Quellfähigkeit im Darm 7

Wirkungen der Nahrungsfasern im Organismus 8

Grundsätzliches 8Anhaltendes Sättigungsgefühl im Magen 9Ausgeprägte Stoffwechseleffekte bei der Dünndarmpassage 9Wirkungen im Dickdarm 10Wirkungen auf die Dickdarmbakterien (Mikrobiota) 11

Prebiotika 13

Tipps für die Praxis 14

Inhaltsverzeichnis

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Liebe Leserin, lieber Leser

Nahrungsfasern haben viele gesundheitsfördernde Effekte. Sie steigern das Sättigungsgefühl, reduzieren Blutzucker- und Cholesterinspiegel und regulieren die Darmfunktion. Ausserdem haben sie antientzündliche Eigenschaften und können das Wachstum von Zellen, die zu Darm-polypen und Tumoren führen, hemmen. Die tägliche Einnahme von Nahrungsfasern trägt somit dazu bei, den Darm und den Organismus gesund zu erhalten.

Verschiedene Nahrungsmittel enthalten unterschiedliche Arten und Mengen von Fasern. Ihre Wirkungsweise im Darmtrakt wird durch ihre chemischen Eigenschaften bestimmt. So tragen wasserunlösliche Nahrungsfasern dazu bei, dass das Stuhlvolumen zunimmt und die Passage des Speisebreis durch den Darm gefördert wird. Dies ist wesentlich für eine normale tägliche Stuhlentleerung. Wasserlösliche Fasern werden dagegen von den Darmbakterien zu kurzketti - gen Fettsäuren abgebaut. Dieser Abbauprozess (Fermentation) ist einer der wichtigsten Vorgänge im Dickdarm. Die kurzkettigen Fettsäuren sind die wesentliche Energiequelle für die Darmzellen, dienen aber auch den nützlichen Darmbakterien als Vermehrungsgrundlage. Für einen gesunden Darm ist es daher entscheidend, eine ausreichende und ausgewogene Menge an Nahrungsfasern aufzunehmen. Dies kann durch den regelmässigen Verzehr von Obst, Gemüse, Salaten und Getreide erreicht werden.

In den letzten Jahren haben sich spezielle Fasern mit präbiotischen Eigenschaften etabliert. Dazu gehören Fructooligosaccharide und Galactooligosaccharide, die entweder Bestandteil verschie-dener Nahrungsmittel sind oder speziellen Nahrungsmitteln zugesetzt werden. Diese Prebiotika werden vollständig fermentiert und stimulieren gezielt das Wachstum nützlicher Bakterien (z.B. Bifidobakterien und Laktobazillen) im Darmtrakt. Die Bakterien sind wiederum wesentlich für einen gesunden Darm. Durch ihre Fähigkeit, mit dem Immunsystem des Darms zu kommunizieren,

Vorwort

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sind sie auch in der Lage entzündliche Prozesse zu verhindern, die bei verschiedenen Erkrankun-gen des Darms beteiligt sind.

Die regelmässige Zufuhr von Nahrungsfasern hat einen Effekt auf die Gewichtskontrolle, beugt Verstopfungen vor und trägt möglicherweise dazu bei, dass weniger Darmpolypen und /oder Darmtumoren entstehen. Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie auch zur Behandlung einer Verstopfung, zur Verbesserung eines Reizdarms und zur Reduktion der Entzündung der Colitis ulcerosa eingesetzt.

Leider ist in den letzten Jahrzehnten der Verzehr von Nahrungsfasern stetig zurück gegangen. Um diesem Trend gegenzusteuern, werden heute verschiedene Anstrengungen unternommen, die Nahrungsfaserzufuhr bei Kindern und Erwachsenen zu fördern.

Die folgende kurze und prägnante Übersicht soll Ihnen helfen, die Wirkungen der verschiedenen Fasern und ihren gesundheitlichen Nutzen zu verstehen. Im Weiteren soll diese kleine Broschüre helfen, Betroffene aufzuklären und sie vom Nutzen der täglichen Zufuhr faserreicher Nahrungs-mittel zu überzeugen.

Prof. Dr. med. Rémy Meier Leiter Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung Medizinische Universitätsklinik, Kantonsspital Baselland-Liestal

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Nahrungsfasern (auch Ballaststoffe, Füll- oder Quellstoffe genannt) sind pflanzliche Nahrungs-bestandteile, die von den Verdauungsenzymen im menschlichen Dünndarm nicht abgebaut werden können. Im Dickdarm werden sie dagegen teilweise oder vollständig von den dort le-benden Darmbakterien (Mikrobiota) fermentiert und umgewandelt. Dabei entstehen kurzkettige Fettsäuren und Gase (z.B. CO2). Diese Kohlensäuregase werden in kleineren Mengen von der Darmschleimhaut resorbiert. Werden jedoch ungewohnt hohe Mengen an Fasern verzehrt (z.B. im Rahmen einer Ernährungsumstellung), können sie vorübergehend unangenehme Blähungen auslösen.

Nahrungsbestandteile mit unterschiedlichen Eigenschaften

Gemeinsame Charakteristika der Nahrungsfasern sind ihre Nicht-Verdaulichkeit und ihre Zuge-hörigkeit zu den Kohlenhydraten. Chemisch unterscheiden sie sich jedoch in der Art ihrer Bau-steine und im Aufbau ihrer Kettenstruktur beziehungsweise ihrer Kettenlänge. Diese Eigen-schaften entscheiden über ihre Löslichkeit oder Unlöslichkeit in wässriger Umgebung.

Was sind Nahrungsfasern?

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Unlösliche FasernZu den unlöslichen Fasern zählen die Polysaccharide, zu denen die Zellulose (die Gerüstsub-stanz der pflanzlichen Zellwände; z.B. in Getreide, Gemüse, Obst, Kleie), die Hemizellulosen (ebenfalls Bestandteile der pflanzlichen Zellwände; z.B. in Weizen, Roggen, Hülsenfrüchten) sowie Lignin (z.B. in verholzten Pflanzenteilen sowie in der Weizenkleie) gehören.

Lösliche FasernZu den löslichen Fasern gehören u.a. Pektine (enthalten in Zellwänden von Obst – insbeson-dere Äpfel oder Quitten – und Gemüse), Guar (Polysaccharid, aus dem Samen der Guarbohne), das zu den Prebiotika zählende Polysaccharid-Gemisch Inulin (dient vielen Pflanzen als Ener-giespeicher) und die ebenfalls prebiotisch eingesetzten Fructo-Oligosaccharide (FOS).

Wasserbindungsvermögen bestimmt die Quellfähigkeit im DarmAlle Nahrungsfasern haben die Eigenschaft, grosse Mengen Wasser binden oder aufnehmen zu können. Unlösliche Fasern verhalten sich dabei wie ein Schwamm: sie binden grosse Mengen Wasser in ihrer Gerüststruktur. Die Substanzen quellen dadurch auf und gewinnen an Viskosi-tät, d. h. sie werden dickflüssiger. Wasserlösliche Fasern benötigen dagegen grosse Mengen Wasser, um sich vollständig aufzulösen; dabei entstehen hoch visköse, dickflüssige Lösungen. Durch ihre Quellfähigkeit und den Viskositätsanstieg bewirken faserreiche Nahrungsmittel, dass sich das Volumen des Darminhalts erheblich vergrössert. Dadurch wird die Transportbewe-gung der Darmmuskulatur (Peristaltik) angeregt, so dass der Speisebrei den Darm rascher pas-sieren und der Stuhl schneller und einfacher ausgeschieden werden kann.

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Grundsätzliches

Im Gegensatz zu faserreicher Nahrung werden faserarme Nahrungsbestandteile (z.B. Produkte aus Weissmehl, Kartoffeln, Reis, Milch und Milchprodukte, bestimmte Gemüsesorten wie Toma-ten, Gurken, Melonen etc.) während des Verdauungsvorgangs im Magen-Darm-Trakt in verschie-dene Nährstoffe aufgespalten, die über die Darmschleimhaut in das Blutsystem gelangen und im Organismus ihre Wirkungen entfalten.

Nahrungsfasern wirken dagegen primär im Gastrointestinaltrakt und zwar in erster Linie «physi-kalisch» – also durch die Volumenvergrösserung des Magen- beziehungsweise des Darminhalts. Erst durch den Einfluss der körpereigenen Darmbakterien im Dickdarm (Mikrobiota) können sie fermentiert und umgewandelt werden. Diese unter dem Einfluss der Bakterien entstehenden Ab-bauprodukte sind allerdings in der Lage, nicht nur lokale, sondern auch den gesamten Organis-mus betreffende Effekte auszulösen.

Wirkungen der Nahrungsfasern im Organismus

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Anhaltendes Sättigungsgefühl im Magen

Das Wasserbindungs- und Quellvermögen der Nahrungsfasern führt bereits im Magen zu einer Volumen- und Viskositätsvergrösserung des Speisebreis. Dadurch verzögert sich die Magenent-leerung, was zu einem besseren und länger anhaltenden Sättigungsgefühl führt.

Stoffwechseleffekte bei der Dünndarmpassage Ein faserreicher voluminöserer Speisebrei wird rascher durch den Dünndarm transportiert. Der voluminösere Darminhalt scheint zudem den Verdauungsenzymen aus der Bauch-

speicheldrüse den Zugang zu den im Speisebrei enthaltenen Nährstoffen zu erschweren. Dadurch verringert sich die Insulinausschüttung. So werden Kohlenhydrate beispiels- weise aus faser reicher Nahrung langsamer aufgenommen; der Blutzuckerspiegel bleibt dadurch auf einem niedrigeren Niveau.

Wasserlösliche Fasern besitzen nachweislich die Fähigkeit, aggressive Toxine und Gallen-salze im Darm zu binden und über den Stuhl auszuscheiden. Dies schützt die empfindliche Darmschleimhaut.

Als Ersatz für die ausgeschiedenen fasergebundenen Gallensalze müssen in der Leber neue Gallensäuren gebildet werden. Dafür wird Cholesterin benötigt, das aus dem Blut in die Leber transportiert wird. Dadurch verringert sich der Cholesteringehalt des Blutes. Dieser cholesterinsenkende Effekt gilt in erster Linie für wasserlösliche Fasern.

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Wirkungen der Nahrungsfasern im Organismus

Wirkungen im Dickdarm

Im Dickdarm sorgen Nahrungsfasern für eine weitere Volumenzunahme, wobei wasser-unlösliche Nahrungsfasern zusätzlich Wasser einlagern, während wasserlösliche zu einer Vermehrung der Darmbakterien beitragen und so für eine Zunahme der Zellmasse bzw. des Stuhlvolumens sorgen. Eine höhere Zufuhr wasserlöslicher Fasern (z.B. Inulin und FOS) führt zudem zu einer weicheren, wasserhaltigeren Stuhlkonsistenz, die einfacher ausgeschie-den werden kann.

Wasserlösliche Fasern, die durch die körpereigene Mikrobiota im Dickdarm abgebaut werden (z.B. Inulin und FOS), können die Absorption von Mineralstoffen (z.B. Calcium) aus dem Speisebrei fördern.

Auch hier gilt, dass ein durch die Faserzufuhr erhöhtes Stuhlvolumen zu einer früheren und einfacheren Darmentleerung führt.

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Wirkungen auf die Dickdarmbakterien (Mikrobiota)

Lösliche Fasern werden im Dickdarm von den dort lebenden Darmbakterien (Mikrobiota) – insbesondere Bifidobakterien und Laktobazillen – abgebaut, da diese Bakterien die dazu notwendigen Enzyme besitzen. Bei diesem Fermentationsprozess entstehen vor allem kurz-kettige Fettsäuren (Azetat, Propionat und Butyrat), die von den Zellen der Dickdarm-schleimhaut nahezu vollständig aufgenommen werden. Sie dienen als Energiequelle, um die regelmässige Erneuerung und strukturelle Entwicklung (Differenzierung) der Schleim-hautzellen sowie die Schleimproduktion anzuregen. Damit unterstützen sie die Unver-sehrtheit des Dickdarmepithels. Nur wenn die Funktionsfähigkeit des Darmepithels intakt ist, lassen sich die Vermehrung pathogener Keime sowie die Passage von Bakterien, Toxinen oder Antikörpern aus dem Darmlumen in die Blutbahn verhindern.

Die vermehrte Bildung kurzkettiger Fettsäuren hat zudem eine Absenkung des intestinalen pH-Wertes zur Folge, was das Wachstum unerwünschter krankheitserregender Mikro-organismen hemmt.

Neben kurzkettigen Fettsäuren entstehen durch die bakterielle Fermentation der wasser-löslichen Nahrungsfasern auch kurzkettige Zuckerverbindungen (Mono-, Di- oder Tri-saccharide). Diese Abbauprodukte werden von der Mikrobiota selbst als energiereiche Nährsubstrate genutzt und unterstützen die Vermehrung der für die Darmgesundheit nützlichen Mikro organismen wie Bifidobakterien und Laktobazillen. Dies führt unter ande-rem dazu, dass die bakterielle Zellmasse im Dickdarm zunimmt und das Stuhlvolumen zusätzlich vergrössert, was wiederum eine raschere und unkompliziertere Darmentleerung fördert.

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Dünndarmmit Kerckring’schen Falten

Dickdarm mit Haustren(Ausbuchtung)

Dünndarm Dickdarm

A Darmflora (ca. 1.5 kg Bakterien)B Darmschleimhaut (u.a. Epithel-, Schutz- und Becherzellen)C Muskeln und NervengeflechteD Bauchfell

Dünndarmzotten Dickdarmkrypten

Dickdarm (Längsschnitt)

A

D

B

C

Dickdarm (Längsschnitt)Dünndarm (Längsschnitt)

Prebiotika

Prebiotika sind spezielle lösliche Nahrungsfasern, die im menschlichen Dünndarm nicht verdaut werden. Sie gelangen daher unverändert in den Dickdarm und werden erst dort, wie bereits beschrieben, durch die Darmbakterien fermentiert. Die entstehenden Abbauprodukte sind in ihren Eigenschaften vergleichbar mit den bereits beschriebenen. Die Unterschiede zwischen Prebiotika und den üblichen Nahrungsfasern liegen in ihrer chemischen Struktur: Bei der Mehr-zahl der Nahrungsfasern handelt es sich um langkettige unlösliche oder lösliche Polysaccharide, Prebiotika sind dagegen wasserlösliche kurzkettige Oligosaccharide (z.B. Oligosaccharide wie Inulin und Fructo-Oligosaccharide [FOS]).

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– D/

A / P

Nahrungsfasern besitzen einen hohen gesundheitlichen Nutzen.

Folgende Massnahmen können helfen, eine faserreiche Ernährung zu realisieren: – Weissmehl-Produkte (Auszugsmehl) vermehrt durch Vollkornprodukte ersetzen. – Fleisch oder Wurstwaren hin und wieder durch Hülsenfrüchte austauschen. – Mehr Nüsse und Trockenfrüchte verzehren statt Chips oder zuckerhaltige Snacks. – Reichlich Obst, Gemüse und Salate essen.

Eine Ernährungsumstellung sollte langsam erfolgen, da der Darm eine gewisse Anpas-sungsphase durchmacht. Eine zu rasche, hohe Zufuhr an Nahrungsfasern kann – insbesondere wenn Konzentrate (z.B. Weizenkleie) zugeführt werden – mit unerwünsch-ten gastrointestinalen Symptomen wie Blähungen und Bauchschmerzen einhergehen.

Nahrungsfasern nehmen ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Wasser auf. Bei faser-reicher Ernährung ist daher stets auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1.5 bis 2 l / Tag) zu achten, sonst besteht die Gefahr einer Verstopfung. Dies gilt insbesondere, wenn Faserkonzentrate eingenommen werden.

Nahrungsfasern sind in der Lage, die Arzneimittelresorption zu vermindern oder zu verlangsamen. Arzneimittel sollten daher möglichst zeitlich versetzt und nicht gleichzeitig mit einer faserreichen Mahlzeit eingenommen werden.

Tipps für die Praxis

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