Vor74 Jahrenabgestürzt - jets-are-for-kids.ch...General-Anzeiger • Nr. 15 21 11. April 2019...

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21 General-Anzeiger Nr. 15 11. April 2019 BÖZEN : Jacqueline Fischer baut Modellflugzeuge Vor 74 Jahren abgestürzt Jacqueline Fischer ist passio- nierte Bauerin von Flugzeug- modellen. Nun hat sie ein Modell eines US-Bombers ge- baut, der in Zuzgen abstürzte. Am Abend des 16. April 1945 entging das beschauliche Dorf Zuzgen im Fricktal nur knapp einer Katastrophe: Ein beim Einsatz über Deutschland schwer beschädigter US-Bomber des Typs Martin B-26G Marauder bohrte sich oberhalb des Ortes in den «Chrie- siberg». Der Zwischenfall jährt sich demnächst zum 74. Mal. Am Nachmittag des 16. April 1945 starteten 38 Marauders der 387th Bomb Group in Clastres/F zu einem Bombenangriff gegen ein deutsches Versorgungsdepot in Kempten im Allgäu/D. Der Ablauf der Dinge, die sich auf dem letzten Flug der nachge- bauten B-26G «TQ-M» der 559th Bomb Squadron ereigneten, ist wi- dersprüchlich überliefert. Folgt man dem Einvernahmeprotokoll der Be- satzung, dann hat sich Folgendes zu- getragen: Bereits vor Erreichen des Zielgebietes musste die «TQ-M» ab- drehen und die Bomben notfallmäs- sig abwerfen, da der rechte Motor zu rauchen begann. Ein Brand konnte zwar verhindert werden, aber schon kurz darauf wurde die B-26 mit schwerem Flakfeuer eingedeckt. Prompt wurde der bereits stillge- legte rechte Motor getroffen, der Propeller abgerissen und gegen den Rumpf geschleudert. Durch die Wucht des Einschlages wurde der Co-Pilot, 2nd Lt Kenneth J. Stear, aus seinem Sitz geworfen. Bordingenieur Sgt Robert L. Mercado eilte ins Cockpit, um zu helfen. Der Pi- lot, 2nd Lt Raymond W. Reid, hatte in- zwischen sicherheitshalber den Be- fehl zum Absprung erteilt; die beiden Bordschützen im hinteren Teil der Ma- schine, Sgt Johnnie F. Jones und Staff Sgt Earl L. Theis, sprangen unverzüg- lich über dem Schwarzwald ab. Beide gerieten in Kriegsgefangenschaft, wo- bei Jones zwei Tage später die Flucht und Absetzung in die Schweiz gelin- gen sollte. Der Pilot starb beim Absturz Die restlichen im Cockpit versammel- ten Besatzungsmitglieder beschlos- sen, die neutrale Schweiz anzusteu- ern. Die schwer angeschlagene B-26 überflog bei Wallbach den Rhein, wo sie zu allem Unglück auch noch von der Schweizer Fliegerabwehr be- schossen wurde. Stear, Mercado und Richard J. Bockhahn (Bombenschütze) sprangen in der Gegend von Möhlin ab. Pilot Reid blieb als Letzter an Bord und könnte noch versucht haben, den Bomber von besiedeltem Gebiet fern- zuhalten. Er sprang ab, kurz bevor sich das Flugzeug oberhalb Zuzgen in den «Chriesibärg» bohrte. Leider reichte wohl die Absprunghöhe nicht zum Öffnen des Fallschirms; der erst 22-jährige Raymond Reid sollte als Einziger seiner Besatzung niemals heimkehren. Er war der letzte US-Mi- litärangehörige, der während des Zweiten Weltkrieges auf Schweizer Boden umkommen sollte. Jacqueline Fischer aus Bözberg- West hat ein Modell des betreffenden B-26-Bombers im Massstab 1 : 48 nachgebaut. GA/SHA Das Modell des B-26 Bombers im Massstab 1 : 48 BILD: ZVG/JACQUELINE FISCHER

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21General-Anzeiger • Nr. 15 11. April 2019

BÖZEN: Jacqueline Fischer baut Modellflugzeuge

Vor 74 Jahren abgestürztJacqueline Fischer ist passio-nierte Bauerin von Flugzeug-modellen. Nun hat sie einModell eines US-Bombers ge-baut, der in Zuzgen abstürzte.

Am Abend des 16. April 1945 entgingdas beschauliche Dorf Zuzgen imFricktal nur knapp einer Katastrophe:Ein beim Einsatz über Deutschlandschwer beschädigter US-Bomber desTyps Martin B-26G Marauder bohrtesich oberhalb des Ortes in den «Chrie-siberg». Der Zwischenfall jährt sichdemnächst zum 74. Mal.Am Nachmittag des 16. April 1945

starteten 38 Marauders der 387thBomb Group in Clastres/F zu einemBombenangriff gegen ein deutschesVersorgungsdepot in Kempten imAllgäu/D. Der Ablauf der Dinge, diesich auf dem letzten Flug der nachge-bauten B-26G «TQ-M» der 559thBomb Squadron ereigneten, ist wi-dersprüchlich überliefert. Folgt mandem Einvernahmeprotokoll der Be-satzung, dann hat sich Folgendes zu-getragen: Bereits vor Erreichen desZielgebietes musste die «TQ-M» ab-drehen und die Bomben notfallmäs-sig abwerfen, da der rechte Motor zurauchen begann. Ein Brand konntezwar verhindert werden, aber schonkurz darauf wurde die B-26 mitschwerem Flakfeuer eingedeckt.Prompt wurde der bereits stillge-legte rechte Motor getroffen, derPropeller abgerissen und gegen denRumpf geschleudert.

Durch die Wucht des Einschlageswurde der Co-Pilot, 2nd Lt Kenneth J.Stear, aus seinem Sitz geworfen.Bordingenieur Sgt Robert L. Mercadoeilte ins Cockpit, um zu helfen. Der Pi-lot, 2nd Lt Raymond W. Reid, hatte in-zwischen sicherheitshalber den Be-fehl zum Absprung erteilt; die beidenBordschützen im hinteren Teil der Ma-schine, Sgt Johnnie F. Jones und StaffSgt Earl L. Theis, sprangen unverzüg-lich über dem Schwarzwald ab. Beidegerieten in Kriegsgefangenschaft, wo-bei Jones zwei Tage später die Fluchtund Absetzung in die Schweiz gelin-gen sollte.

Der Pilot starb beim AbsturzDie restlichen im Cockpit versammel-ten Besatzungsmitglieder beschlos-sen, die neutrale Schweiz anzusteu-ern. Die schwer angeschlagene B-26überflog bei Wallbach den Rhein, wo

sie zu allem Unglück auch noch vonder Schweizer Fliegerabwehr be-schossen wurde. Stear, Mercado undRichard J. Bockhahn (Bombenschütze)sprangen in der Gegend von Möhlinab. Pilot Reid blieb als Letzter an Bordund könnte noch versucht haben, denBomber von besiedeltem Gebiet fern-zuhalten. Er sprang ab, kurz bevorsich das Flugzeug oberhalb Zuzgen inden «Chriesibärg» bohrte. Leiderreichte wohl die Absprunghöhe nichtzum Öffnen des Fallschirms; der erst22-jährige Raymond Reid sollte alsEinziger seiner Besatzung niemalsheimkehren. Er war der letzte US-Mi-litärangehörige, der während desZweiten Weltkrieges auf SchweizerBoden umkommen sollte.Jacqueline Fischer aus Bözberg-

West hat ein Modell des betreffendenB-26-Bombers im Massstab 1 : 48nachgebaut. GA/SHA

Das Modell des B-26 Bombers im Massstab 1 :48 BILD: ZVG/JACQUELINE FISCHER

Viel Glück!