Vorkommen / Farben der Òrìshà in den einzelnen Compounds...

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Patric Kment: Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-Religion Trinidads. VO WS 2008/09 1 Vorkommen / Farben der Òrìshà in den einzelnen Compounds auf Trinidad im Jahr 2000 Colors of Orisha-Flags (n=36) 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Obatala Ogun Shango Eshu Osain Shakpana Oya Oshun Emanja Mama Lata Erinle Peter Ogun George

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Vorkommen / Farben der Òrìshà in den einzelnen Compounds auf Trinidad im Jahr 2000

Colors of Orisha-Flags (n=36)

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Obatala Ogun Shango Eshu Osain Shakpana Oya Oshun Emanja Mama

Lata

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George

Vorlesung 06.11.08

Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-

Religion Trinidads

Kultureller und politischer Widerstand:

Negritude, Marcus Garvey & „Black-Power“

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Negritude I: Definition u. Ursprünge

• Begriff wurde 1939 im Gedichtband „Cahier d'un retour au pays natal“ von Aimé Césaire geprägt. In seinem Werk versteht er die „Négritude“ als eine kollektive Identität afrikanischstämmiger Menschen, welche die gemeinsame soziohistorische Erfahrung der Unterdrückung teilen.

• Grundlagen bereits 100 Jahre früher: Gegenbewegung schwarzer Intellektueller ab Mitte des 19. Jhds. als Reaktion auf Versuch verschiedener (weißer) Wissenschafter (z.B. Gobineau oder Virey – siehe Abbildung rechts) die Inferiorität der Schwarzen wissenschaftlich zu untermauern. Deren Arbeiten bildeten letztlich den geistigen Grundstock des „Pan-Afrikanismus“ und der „Négritude“. Schriftsteller wie Alexander Crummell, Martin Robinson Delany sowie Edward Wilmond Blyden versuchten das Bild Afrikas zu rehabilitieren und in einem alternativen Kontext zu interpretieren, welches dem des „geschichtslosen“ und „kulturlosen“ Kontinents widersprechen sollte. (Vergleich)

Bildquelle: Illustration von Virey. Quelle: http://m.renneville.free.fr/virey1.htm

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Negritude II: Frühe Vordenker

• Martin Robinson Delany (1812–1885):

1859: Expedition nach West-Afrika (Liberia), um einen neuen, „schwarzen“ Staat zu gründen („Moderne“ Afrikaner sollen technologische Fähigkeiten mit den Fähigkeiten des „traditionellen“ Afrikanern zum Nutzen aller verschmelzen – Afrika steigt so gleichberechtigt in den Rang der erfolgreichen (europäisch-amerikanischen) Nationen auf: Vorwegnahme Marcus Garvey’s Idee „Back to Africa“

Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Delany.jpg [06.11.06]

• W.E.B. du Bois (1868–1963):

Er unterstützt den Kampf der Afroamerikaner um eine gesellschaftliche, politische und kulturelle Gleichstellung mit der weißen Bevölkerung der USA fort; er warf insbesondere die Frage nach der kulturellen Kontinuität der schwarzen Diaspora-Kultur unter den Bedingungen des nordamerikanischen Rassismus auf. Dabei betont er die besondere Stellung der Afroamerikaner, die für die gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Nordamerikas einen wesentlichen Beitrag zu leisten imstande wären, wenn nicht Rassismus und Ignoranz (Er betont diese gegenüber dem Rasissmus) der Weißen behindern würden.

Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:WEB_Du_Bois.jpg [06.11.06]

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Negritude III: Grundlagen • Harlem Renaissance (ca. 1919–1935)

Die direkte Inspiration für Césaire's Begriff der Négritude stammt aus der sogenannten „Harlem Renaissance“ . Deren Autoren wie Langston Hughes, J.W. Johnson (siehe Abb.) und Claude Mc. Kay untersuchten den Reichtum und die Vielfalt afroamerikanischer kultureller Manifestationen, um so den afrikanischen Beitrag zur amerikanischen Kultur zu betonen.

• Auch über die Ausbreitung von musikalischen Stilrichtungen wie Jazz, Spirituals und dem Blues, in der bildenden Kunst und im Schauspiel fanden Themen wie Marginalisierung oder Ungerechtigkeit die Möglichkeit der kulturellen Expression. Diese Periode steht auch als Synonym für ein wieder erwachtes „schwarzes“ (Selbst-) Bewußtsein ebenso wie Marcus Garvey's „Back to Africa-

Movement“. Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:James_Weldon_Johnson.jpg [06.11.06]

• Leo Frobenius

Er unterstützt den Kampf der Afroamerikaner um eine gesellschaftliche, politische und kulturelle Gleichstellung mit der weißen Bevölkerung der USA fort; er warf insbesondere die Frage nach der kulturellen Kontinuität der schwarzen Diaspora-Kultur unter den Bedingungen des nordamerikanischen Rassismus auf. Dabei betont er die besondere Stellung der Afroamerikaner, die für die gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Nordamerikas einen wesent-lichen Beitrag zu leisten imstande wären, wenn nicht Rassismus und Ignoranz (Er betont diese gegenüber dem Rasissmus) der Weißen behindern würden.

Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Leo_Frobenius.jpg [06.11.06]

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Negritude IV: Cesaire & Senghor: Zwei Konzepte

• Aimé Césaire

Césaires originäres Konzept betonte die Spezifität und die Einzigartigkeit der „schwarzen“ Existenz als gewachsenen historischen Prozeß unter den Bedingungen des Sklavenhandels und des Plantagensystems.

Bildquelle: http://www.wcenter.spelman.edu/webproject308/images/author%20photos/cesaire.jpg

• Leopold Senghor

Senghor spricht von einem unveränderbaren „Kern“ einer schwarzen Kultur oder einer grundlegenden „Art“ des „Schwarzseins“. Senghor bezeichnet die afrikanische Kultur als „civilisation du sens: Du réel et de la raison intuitive“ (SENGHOR 1977b:340) und entwickelt eine Vision vom Untergang des Kolonialismus und dem Aufstieg einer unabhängigen äthiopischen Kultur: „Wir ließen uns von den leuchtenden Thesen von Leo Frobenius verführen, dem zufolge die Neger-Seele und die deutsche Seele Schwestern seien. [ … ] Leo Frobenius hatte uns in einem neuen ‘Sturm und Drang’ eingereiht und uns zu Wolfgang Goethe geführt, einem Goethe, der schön war wie Ganymed, leuchtender als Alkibiades und von verwegener Kühnheit. Im Gefolge des Aufrührens erhoben wir uns gegen die Ordnung und die Werte des Westens, besonders gegen die Vernunft“ (SENGHOR 1967:80f. zit.n. WITTMANN 2000:15).

Bildquelle: http://www.ladocumentationfrancaise.fr/dossier_actualite/francophonie/images/photo_senghor.jpg [09.03.2002].

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Negritude V: Kritik: Fanon & Soyinka

• Frantz Fanon:

Frantz Fanon (siehe Abbildung), 1925 auf Martinique geboren, kritisierte sowohl Senghors, als auch Césaires „Glorifikation des Irrationalen“ und bezeichnete diese Einstellung als regressiven Prozeß. In seinem ersten Hauptwerk „Black Skins and White Masks“ bezeichnet er den weißen Kolonialismus als hauptverantwortlich für die Implementierung einer falschen und degradierenden Geisteshaltung innerhalb der schwarzen Existenz.

Bildquelle: http://f.rosolato.free.fr/images/fanon.jpg [25.01.2002].

• Wole Soyinka:

Einer der schärfsten Kritiker Senghors war Wole Soyinka (siehe Abbildung), einer der führenden Literaten Nigerias, der wie Frantz Fanon, Edourd Glissant oder Derek Walcott auch Trinidad seit den 60er Jahren kulturell wesentlich beeinflußte. Soyinka stellte fest, daß die Négritude – wie sie Senghor verstand – bloß die Sicht der Schwarzen über sich selbst hinaus einschränkte und daß vor allem die Dichotomie von europäischem Rationalismus und afrikanischem Emotionalismus eines der wesentlichsten Vorurteile der Weißen gegenüber den Schwarzen bekräftigte. Folglich führte er aus: „A tiger does not shout its tigritude, it acts“.

Bildquelle: http://www.chogm97.org/htm/bulletin/day1/soyinka-head.jpg [25.01.2002].

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Negritude VI: Resümeé

• Trotz der teilweise berechtigten Kritik an Césaires Négritude darf die Bedeutung dieses Begriffs und der damit verbundenen Bewegung für die Reafrikanisierungstendenzen im gesamten karibischen Raum – und insbesondere auch für Trinidad – nicht unterschätzt werden:

• Césaire ermöglichte durch die Schöpfung der „Négritude“ nicht nur eine Wertverschiebung vom „Nigger“ – der vor allem in den USA eine sozial negative Wertung innehatte – zum „Black-Man (Noir)“ und folglich zum „Afroamerikaner“, sondern er schuf die Grundvoraussetzung für einen Identifikations- und Bewußtseinswandel der Afrikaner in der Diaspora: Der schwarzen Bevölkerung, die sich zuvor noch kulturell mit dem kolonialen „Mutterland“ identifizierte, wurde es ermöglicht, ihren eigenen sozialen, kulturellen und historischen Kontext in einem Afrika zu suchen, dessen Bild nicht mehr ausschließlich von Europäern negativ belegt und geprägt war.

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Marcus Garvey

• 17.8.1887: Geburt in St. Ann’s Bay/Jamaica

• 1914: Gründung der UNIA (Universal Negro Improvement Association)

• 1918: Gründung der Zeitschrift „The Negro World“

• 1919: Gründung der „Black Star Line“

• 1927: Ausweisung aus den USA

• 1935: Übersiedlung nach London

• 1937: Besuch in Trinidad (1927: 30 UNIA-Zweigstellen auf Trinidad)

• 1940: Marcus Garvey stirbt in London

Marcus Garvey 1924/ Bildquelle:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/36/3a03567r.jpg [03.11.06]

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Marcus Garvey – UNIA/ Ziele

• Die weltweite Vereinigung aller afrikanischstämmigen Menschen zur

Errichtung eines „Schwarzen Staates“. • Überlegenheit der schwarzen Rasse – einer

„Black supremacy“ , die weltweit am Kolonialismus krankte – und forderte eine Entkolonialisierung Afrikas

• „Negro Factories Corporation“ – Arbeit für Schwarze zu fairen Bedingungen und ökonomische Unabhängigkeit.

• Ablehnung der „weißen“ Interpretation der Bibel: Neue spirituelle Heimat für Afroamerikaner – die „African Orthodox Church“ – Anlehnung an äthiopische und ägyptische Bibelquellen.

Bildquelle: http://www.isop.ucla.edu/mgpp/photo04.htm[07.11.06]

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• „God created man in his own image. In God’s image he created him; male and female he created them“ (Genesis 1:27).

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Marcus Garvey / Religion I

• “If you make your God a white man, angels white, Christ white, it means you will go to hell as a race created as you are and placed in the World without an idealism of your own. The hour has come for the Negro, like the Mongolian, like the Chinese and the Japanese and the Hindu to worship a God of their own. And the Universal Negro Improvement Association in this fourth International Convention is going to strike the keynote. We will reform the minds of Negroes everywhere. We will give a new religion, a new history and a new education to the four hundred million Negroes of the World” (Convention Addresses by Marcus Garvey [New York, 3 August 1924]).

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Marcus Garvey / Religion II

• “You shall worship no God but me, the God of my image, of my likeness. And we were worshiping a God not of our likeness, and that is responsible for all our sins. We were committing idolatry. Because if man is created in the image of God, if man is created in the likeness of God and [I a]m the son of God, in the name of God, my mother being a black woman, how can I have a white Father? … So it is natural for me to believe that I am man, spiritual and physical, and God the Creator, my God[,] physical and spiritual, must look like me. And when we start to worship anything other than ourselves, in the image of our God, we only place ourselves worshiping a strange idealism. Do you know there are millions of Negroes in America and the West Indies whom you could not tell that God is not a handsome, prepossessing white man with a flowing beard? That is the picture …” (Convention Addresses by Marcus Garvey [New York, 3 August 1924]).

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Marcus Garvey / Religion III

• „All the original Pharaohs were black. Tutankumen, whose bones and body were dug up not very long ago at Luxor in Egypt, was a black Pharaoh. The sphinx, in Egypt which has stood through the millenniums, has black features. It is evident that as art it was portrayed to teach us of the greatness of men“.

• „In reading Christian literature and accepting the doctrine of Jesus Christ lay special claim to your association with Jesus and the Son of God. Show that whilst the white and yellow worlds, that is to say---the worlds of Europe and Asia Minor persecuted and crucified Jesus the Son of God, it was the black race through Simon the black C[y]renian who befriended the Son of God and took up the Cross and bore it alongside of Him up to the heights of Calv[a]ry. The Roman Catholics, therefore, have no rightful claim to the Cross nor is any other professing Christian before the Negro. The Cross is the property of the Negro in his religion, because it was he who bore it“.

• „Never admit that Jesus Christ was a white man, otherwise he could not be the Son of God and God to redeem all mankind. Jesus Christ had the blood of all races in his veins, and tracing the Jewish race back to Abraham and to Moses, from which Jesus sprang through the line of Jesse, you will find Negro blood everywhere, so Jesus had much of Negro blood in him.“

Quelle: http://www.international.ucla.edu/africa/mgpp/lifesamp.asp (16 von 19)06.11.2006 9:21:11 Uhr

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Marcus Garvey / Trinidad I

• “… When I was a little girl, I went to Santa Rosa Primary R. C. school in Mucarapo, and by the time, Christmas came, the children used to make a roleplay on the Holy Family and the birth of Jesus. And I wanted to play an angel, because I liked the dress that the angels were wearing – a nice, white shirt with golden applications and golden wings … And so – next Sunday at church – I was asking my teacher if I could play an angel. But he said: ‘You can never play an angel, because you are black’; I start to crying and then I looked up the pulpit – and I saw that Jesus was white, the angels were white and god was white – and I realized that I will never go to heaven! And I start to cry even more, and I ran out of the church – I never came back, but … – now I’m Orisha, and I am African and I am proud of it!” (Mother Mona, 19. Nov. 1997, Port-of-Spain)

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Marcus Garvey / Trinidad II

• „There are two great functional untruths in the catechism I learnt as child. One is that God created man in his own image and likeness. The other is that God is a Spirit. To my mind the whole question of God is critical and essential to one’s un-derstanding of one’s self and one’s sense of self-worth and self-esteem … does that concept however, hold true when the visual representations of that Spirit are always white, with blond hair, blue eyes? What are the implications for the self-concept when God looks the way you do?“ (Pearl Eintou Springer TG 30.7.1995:5).

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Marcus Garvey: Auswirkung auf Òrìshà

1. Rückbesinnung auf eigene religiöse Wurzeln (= Re-afrikanisierung / „Anti-Synkretismus“) – Stärkung der Òrìshà-Religion, Entfernen von christlichen und anderen religiösen Einflüssen. (Òrìshà)

2. Re-interpretierung und Neubewertung christlicher Religionen. (Christl. Einfluß bleibt im rituellen Kontext erhalten, wird jedoch neu interpretiert und positioniert – „Synkretismus“) (Katholizismus, Spiritual Baptists)

3. Re-interpretation und „Afrikanisierung anderer religiöser Systeme – Kulturelle Expansion – „Eklektizismus“ (Kabbala, Hinduismus)

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„Afrikanisierung“ d. Christentums

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Synkretismus und Anti-Synkretismus: Òrìshà

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Synkretismus und Anti-Synkretismus: Katholisch – Òrìshà

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Synkretismus und Anti-Synkretismus: Hinduismus

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Synkretismus und Anti-Synkretismus: Spiritual Baptist – Katholisch

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Synkretismus und Anti-Synkretismus: Kabbala

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Synkretismus / Eklektizismus I: Definition

• Synkretismus (im relig. Kontext) bedeutet die bewußte Vermischung und das Verschmelzen von zwei oder mehreren relig. Philosophien zu einer komplett neuen Religion/ Weltbildern (Ein neues rel. System entsteht) (Absolutheitsanspruch muß von einer Religion aufgegeben werden).

• Religiöser Eklektizismus: Aus einzelnen religiösen Elementen unterschiedlicher Religionen werden – je nach Anforderung – die zur Zeit offensichtlich sinnhaftesten Elemente adaptiert, Flexibilität und Neuanordnung (Reflexion) wesentlich stärker betont als im Synkretismus (Beide rel. Systeme werden parallel verwendet)

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Synkretismus II:

• Herskovits (1937; 1972) fürte den Begriff in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in die

anthropologische Forschung ein. Herskovits verwendete das Konzept des „Synkretismus“

für seine ausgedehnten Forschungen der kulturellen Erscheinungsformen von

Nachkommen der afrikanischen Sklaven in der sogenannten „Neuen Welt“. Mit diesem

Konzept versuchte er zwei Forschungsfelder zu erschließen: Einerseits sollten die

historischen und kulturellen Wurzeln wie Hintergründe der schwarzen Bevölkerung

beleuchtet werden, andererseits betrachtete er das Konzept des Synkretismus als Werkzeug,

um akkulturative Prozesse innerhalb der Gesellschaft zu analysieren.

• Obwohl seine Unterscheidung in ein „kulturelles Mosaik“ und in einen integrativen

Synkretismus bedeutend ist, ist seine Beschreibung des „akkulturativen Kontinuums“

letztendlich ein mechanisches Modell, das wohl eher geomorphologischen oder chemischen

Prozessen ähnlich ist und bei dem die Möglichkeit der kulturell kreativen Leistung der

einzelnen Individuen sowie alternative Entwicklungen außer Betracht gelassen wurden

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Synkretismus III • Steward und Shaw (1994) zeigen auf, daß der Terminus „Synkretismus“ nicht für eine praktische

analytische Vorgehensweise geeignet ist, da letztendlich alle Religionen zusammengesetzte Ursprünge haben und ebenso einem permanenten Wandel von Synthese und Reduktion unterworfen waren. Daher legten sie ihr Hauptaugenmerk auf die Prozeßhaftigkeit der Synthese, Redefinition und Reinterpretation und den daraus folgenden Diskursen.

• Steward und Shaw (1994) formulieren den sogenannten „ Anti-Synkretismus“ als Antagonismus zur religiösen Synthese, der offen in Erscheinung tritt, wenn Akteure versuchen, ihre religiösen „Sinn-Grenzen“ zu verteidigen. In diesem Zusammenhang werden Begriffe wie „ Authentizität“ und „Originalität“, die nicht notwendigerweise das „Ursprüngliche“ und „Reine“ bezeichnen, von Bedeutung: Erhobene „ Authentizität“ involviert einen Diskurs, in dem Macht und Kontrolle eine wesentliche Rolle spielen. Ergo sind sowohl mutmaßlich „reine“ und angenommene „synkretistische“ Traditionen authentisch, wenn Menschen diese Traditionen als „die Ihren“ verstehen und in „ ihr“ Geschichtsbewußtsein integriert haben.

• Synkretistische wie auch „anti-synkretistische“ Ansätze sind jedoch nicht als Gegensätze aufzufassen. V ielmehr sind es „Pole“, welche die Entwicklung einer Religion – die ihren Erfolg auf eine reiche und vielfältige Tradition sowie ihre integrative kulturelle Fähigkeit in Anpassung an kulturellen Wandel gründet – vorantreiben. Man kann von einem Spannungsfeld sprechen, das laufend gesellschaftliche Erklärungsmodelle generiert, welche dem Bedürfnis nach individueller und kollektiver Identität in einer sich rasch verändernden Umwelt gerecht werden.

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Transformation der Òrìshà-Religion 1. Vor 1830 / 2. Ab 1830 / 3. Ab 1930 / 4. Ab 1960

Patric Kment: Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-Religion Trinidads. VO WS 2008/09 29

Black-Power: Gesellschaftlicher Paradigmenwechsel

• „Growling Tiger“ über die Òrìshà-Religion (1930): „The Shango, of course, is quite disagreeable. For the drum is miserable, but the Shouters is a husband, children and wife. And they living miserable a corrupted life. If is that they call civilization, It's a disgrace to my native land“ (TE, 28.03.1999).

• „Mighty Sparrow“ (1950er): „The Catholic make their ceremony, Which is known universally Very charitable in the salvation, The Anglican I could understand But the Shouters want to see Zion when they die and Bawling Cara in bother Cico Ich … With candle and a cross and a cycle bell … Invoking Lucifer in Hell“ (SE, 28.03.1999:12,13)

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Religionen auf Trinidad

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1946 1960 1970 1980

Jehovah Witness Pentecostal Church of God No- Stated

None Other Non-Christian S. D. Adventist Moravian

Other Christian Baptist Wesleyan Presbyterian

Muslim Hindu Anglican Roman-Catholic

Diagramm 1: Religionen auf Trinidad 1946-1980. Quelle: Braithwaite, L: Social stratification in Trinidad: A preliminary analyses: Jamaika, ISER 1975.

Patric Kment: Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-Religion Trinidads. VO WS 2008/09 31

Zeitpunkt der Errichtung des Òrìshà-Compounds / Initiation des Mongba / Iya auf Trinidad im Jahr 2000

1930

1940

1950

1960

1970

1980

1990

Aktivierung des Palais Aktiv (Stand Aug. 1997) Initiation

Patric Kment: Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-Religion Trinidads. VO WS 2008/09 32

Trinidad 1970: Entkoppelung des Katholizismus

• „When I’m dealing with Osányìn, I sacrifice him a goat, when I am dealing with St. Francis – he was an Italian man – then my offering food would be a … Pizza! Ha, ha! – Pizza-Boys for he! St. Francis could never be Osányìn“ (Interview 20/1997, Henry White, Mongba).

Is an Orisha and a Catholic Saint the ... n=36

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Same Spirit Different Spirit

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„Verkörperung“ d. Òrìshà

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Black-Power I: Neubewertung afrikanischer Geschichte zurück

Abbildung 1: Tenkamen, Tutmosis, die Königin von Saba, Hannibal

Quelle: "The great Kings and Queens of Africa". verfügbar über: http://www.ibsa-inc.org/royalty.htm [Zugriffsdatum: 20.06.2002].

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Trinidad 1970: Eric Williams – Gegensatz zu Garvey und Aimé Césaire

• „… There can be no Mother Africa for those of African origin, or the Trinidad and Tobago society is living a lie and heading for trouble if it seeks, to create the impression or to allow others to act kinder the delusion that Trinidad and Tobago is an African. society. There can be no Mother England and no dual loyalties; no person can be allowed to get the best of both worlds, and to enjoy the privileges of citizenship in Trinidad and Tobago while expecting to retain United Kingdom citizenship … There can be no Mother China, even if one could agree as to which China is the Mother; and there can be no Mother Syria or no Mother Lebanon. A nation, like an individual, can have only one Mother. The, only Mother we recognize Mother Trinidad and Tobago, and Mother cannot discriminate between her children. All must be equal, in her eyes“ (WILLIAMS 1962:281).

Bildquelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:EricWilliams.jpg [14.11.06]

Patric Kment: Reafrikanisierung, Transformation und Expansion der Òrìshà-Religion Trinidads. VO WS 2008/09 38

Theorien

Eric Hobsbawm und Terence Ranger: The Invention of Tradition, Cambridge University Press,

Cambridge 1992

APPADURAI, Arjun: Patriotism and Its Futures. In: Public Culture 5/3 (1993), 411–429.

www.appadurai.comCOMAROFF, John/ COMAROFF, Jean: Ethnography and the Historical Imagination. Boulder: Westview Press 1992.

GILROY, Paul: The Black Atlantic: Modernity ad Double Consciousness. London/ New York: Verso 1993

HALL, Stuart: Cultural Identity and Diaspora. In: Hall, Stuart/ du Gay, Paul (Hg.): Questions of Cultural Identity. London: Sage 1996.

HALL, Stuart: The Work of Representation. In: Hall, Stuart (Hg.): Representation: Cultural Representation and Signifying Processes. London: Sage 1997, 13–74

Long, C. (1986). Significations: Signs, Symbols, and Images in the Interpretation of Religion. Philadelphia: Fortress Press.