Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

16
Seite Bauen im Grundwasser S.1 Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau Vo 27.03.08 D:\Kh\Skript_Originale_einseitig_SS08\080226_Re_VorlG-S-Bau_Grundwasser.doc S Bauen im Grundwasser S.1 Bautechnisch maßgebende Informationen zum Grundwasser S.1.1 Allgemeines Beim Herstellen eines ausreichend tiefen Bohrloches wird in der Regel Wasser angetroffen. Der Versuch, unterirdische Wässer als Bergwasser, Schichtwasser, Sickerwasser und "eigentlichem" Grundwasser zu unterscheiden, ist nicht ziel- führend. Alles Wasser im Boden ist Grundwasser, allenfalls sollte man Leckwasser aus undichten Leitungen ausnehmen. Schon ein Regentropfen, der langsam und über manchen Umweg zur Tiefe sickert, ist Grundwasser und auch unter ei- nem mächtigen Grundwasservorkommen können wasserfreie Gesteinsschichten folgen. Im Untergrund gibt es wasser- stauende und wasserleitende Schichten, letztere können Grundwasser in technisch relevanter Menge enthalten. Aber auch das Porenwasser in wasserstauenden Schichten ist Grundwasser und ein nicht dräniertes Bauwerk in einer nur sehr gering wasserleitenden Schicht erfährt langfristig einen Wasserdruck. Die Druckspiegel von Grundwässern in ver- schiedenen Schichten können sehr verschieden sein, wenn sie im Abfluss unterschiedliche Vorfluter haben oder wenn sie im Zufluss aus Oberflächenbereichen mit verschiedener Höhenlage gespeist werden. Informationen zur Qualität des Grundwassers sind insofern von bautechnischer Bedeutung, da Inhaltsstoffe des Grund- wassers für Baustoffe korrosiv sein können. Außerdem können wasserrechtliche Gesichtspunkte mit dem Ziel der Erhal- tung der Qualität des natürlichen Grundwassers erheblichen Einfluss auf Baumaßnahmen nehmen. Das Grundwasser als natürliches Gut ist zu schützen, da es als Trinkwasser und Heilwasser nicht verschmutzt werden darf und das Grundwasser einen wichtigen Puffer im Gesamtkreislauf des Wassers darstellt. Bauwerke können das Grundwasser beeinträchtigen. Folgende Forderungen sind zu stellen, um das Grundwasser vor Bauwerken zu schützen: - Grundwasserabsenkungen sind zu minimieren. - Abflusswege und Fließgeschwindigkeit des Grundwassers sollen erhalten bleiben. - Grundwassersperrschichten zwischen verschiedenen Grundwasserstockwerken dürfen nicht zerstört werden. - Durch Baumaßnahmen darf keine unzulässige Qualitätsveränderung des Grundwassers entstehen. S.1.2 Interessenkonflikt zwischen Bauwerken und Grundwasser Es besteht ein Konflikt zwischen den Interessen, Bauwerke vor Grundwasser zu schützen und das Grundwasser vor Bauwerken zu schützen. Die beiden Interessen, die sich hier gegenüber stehen, sind einfach zu charakterisieren: - Auf der einen Seite ist es für ein Bauwerk immer wirtschaftlich, für einen möglichst tief liegenden Grundwasserstand ausgebildet zu werden, da das Erreichen der Auftriebssicherheit sowie die Bemessung von Bodenplatten und Unter- geschosswänden gegen Wasserdruck mit hoch bewehrtem Beton erkauft werden müssen. Eine Grenze wird dann er- reicht, wenn die Betriebskosten für Pumpen einer Dränanlage die Investitions- und Zinskosten für die Herstellung der Auftriebsicherheit übersteigen. - Andererseits besteht das allgemeine Interesse, möglichst wenig Grundwasser über Dränanlagen dem natürlichen Wasserkreislauf zu entziehen. Aus dieser Sicht wäre es optimal, jedes Gebäude bis zur Geländeoberfläche wasser- dicht auszubilden und jegliche Dränung zu untersagen. Dagegen spricht aber sofort, dass auch die Öffentlichkeit ein Interesse daran hat, dass Bauwerke wirtschaftlich erstellt werden können, und in gewissem Umfang ist der Entzug von Grundwasser ebenso wie die Versiegelung von Oberflächen ja auch durchaus vertretbar. S.1.3 Feststellen von Grundwasserständen Um zu beurteilen, ob ein Bauwerk (Gebäude, Baugrube, im Einschnitt liegender Verkehrsweg, etc.) mit Grundwasser in Kontakt kommen kann, muss erkundet werden, auf welcher Höhe das Grundwasser "normalerweise" steht, wie hoch es ansteigen und ob bzw. wie häufig es über einen für jedes Bauwerk festzulegenden Bemessungswasserstand hinaus ansteigen kann. Diese Informationen müssen für alle voneinander verschiedenen Grundwasserstockwerke gewonnen werden, sofern der Wasserdruck in den verschiedenen wasserführenden Schichten auf ein Bauwerk einwirken kann. Um dieses Wissen zu erlangen, sind Erkundungsbohrungen notwendig, in denen detaillierte Beobachtungen durchgeführt werden müssen, siehe Abschnitt G.2 im Kapitel G, "Wasser im Baugrund", und die zu Grundwassermessstellen ausge- baut werden. Mit Hilfe von Grundwassermessstellen kann festgestellt werden:

Transcript of Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Page 1: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.1

Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau

Vo 27.03.08 D:\Kh\Skript_Originale_einseitig_SS08\080226_Re_VorlG-S-Bau_Grundwasser.doc

S Bauen im Grundwasser

S.1 Bautechnisch maßgebende Informationen zum Grundwasser

S.1.1 Allgemeines

Beim Herstellen eines ausreichend tiefen Bohrloches wird in der Regel Wasser angetroffen. Der Versuch, unterirdische Wässer als Bergwasser, Schichtwasser, Sickerwasser und "eigentlichem" Grundwasser zu unterscheiden, ist nicht ziel-führend. Alles Wasser im Boden ist Grundwasser, allenfalls sollte man Leckwasser aus undichten Leitungen ausnehmen. Schon ein Regentropfen, der langsam und über manchen Umweg zur Tiefe sickert, ist Grundwasser und auch unter ei-nem mächtigen Grundwasservorkommen können wasserfreie Gesteinsschichten folgen. Im Untergrund gibt es wasser-stauende und wasserleitende Schichten, letztere können Grundwasser in technisch relevanter Menge enthalten. Aber auch das Porenwasser in wasserstauenden Schichten ist Grundwasser und ein nicht dräniertes Bauwerk in einer nur sehr gering wasserleitenden Schicht erfährt langfristig einen Wasserdruck. Die Druckspiegel von Grundwässern in ver-schiedenen Schichten können sehr verschieden sein, wenn sie im Abfluss unterschiedliche Vorfluter haben oder wenn sie im Zufluss aus Oberflächenbereichen mit verschiedener Höhenlage gespeist werden. Informationen zur Qualität des Grundwassers sind insofern von bautechnischer Bedeutung, da Inhaltsstoffe des Grund-wassers für Baustoffe korrosiv sein können. Außerdem können wasserrechtliche Gesichtspunkte mit dem Ziel der Erhal-tung der Qualität des natürlichen Grundwassers erheblichen Einfluss auf Baumaßnahmen nehmen. Das Grundwasser als natürliches Gut ist zu schützen, da es als Trinkwasser und Heilwasser nicht verschmutzt werden darf und das Grundwasser einen wichtigen Puffer im Gesamtkreislauf des Wassers darstellt. Bauwerke können das Grundwasser beeinträchtigen. Folgende Forderungen sind zu stellen, um das Grundwasser vor Bauwerken zu schützen: - Grundwasserabsenkungen sind zu minimieren. - Abflusswege und Fließgeschwindigkeit des Grundwassers sollen erhalten bleiben. - Grundwassersperrschichten zwischen verschiedenen Grundwasserstockwerken dürfen nicht zerstört werden. - Durch Baumaßnahmen darf keine unzulässige Qualitätsveränderung des Grundwassers entstehen.

S.1.2 Interessenkonflikt zwischen Bauwerken und Grundwasser

Es besteht ein Konflikt zwischen den Interessen, Bauwerke vor Grundwasser zu schützen und das Grundwasser vor Bauwerken zu schützen. Die beiden Interessen, die sich hier gegenüber stehen, sind einfach zu charakterisieren: - Auf der einen Seite ist es für ein Bauwerk immer wirtschaftlich, für einen möglichst tief liegenden Grundwasserstand

ausgebildet zu werden, da das Erreichen der Auftriebssicherheit sowie die Bemessung von Bodenplatten und Unter-geschosswänden gegen Wasserdruck mit hoch bewehrtem Beton erkauft werden müssen. Eine Grenze wird dann er-reicht, wenn die Betriebskosten für Pumpen einer Dränanlage die Investitions- und Zinskosten für die Herstellung der Auftriebsicherheit übersteigen.

- Andererseits besteht das allgemeine Interesse, möglichst wenig Grundwasser über Dränanlagen dem natürlichen Wasserkreislauf zu entziehen. Aus dieser Sicht wäre es optimal, jedes Gebäude bis zur Geländeoberfläche wasser-dicht auszubilden und jegliche Dränung zu untersagen. Dagegen spricht aber sofort, dass auch die Öffentlichkeit ein Interesse daran hat, dass Bauwerke wirtschaftlich erstellt werden können, und in gewissem Umfang ist der Entzug von Grundwasser ebenso wie die Versiegelung von Oberflächen ja auch durchaus vertretbar.

S.1.3 Feststellen von Grundwasserständen

Um zu beurteilen, ob ein Bauwerk (Gebäude, Baugrube, im Einschnitt liegender Verkehrsweg, etc.) mit Grundwasser in Kontakt kommen kann, muss erkundet werden, auf welcher Höhe das Grundwasser "normalerweise" steht, wie hoch es ansteigen und ob bzw. wie häufig es über einen für jedes Bauwerk festzulegenden Bemessungswasserstand hinaus ansteigen kann. Diese Informationen müssen für alle voneinander verschiedenen Grundwasserstockwerke gewonnen werden, sofern der Wasserdruck in den verschiedenen wasserführenden Schichten auf ein Bauwerk einwirken kann. Um dieses Wissen zu erlangen, sind Erkundungsbohrungen notwendig, in denen detaillierte Beobachtungen durchgeführt werden müssen, siehe Abschnitt G.2 im Kapitel G, "Wasser im Baugrund", und die zu Grundwassermessstellen ausge-baut werden. Mit Hilfe von Grundwassermessstellen kann festgestellt werden:

Page 2: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.2

- welcher Grundwasserleiter an welcher Stelle welchen Druckspiegel aufweist, und ob das Grundwasser eine freie Grundwasseroberfläche aufweist oder unter Deckschichten - im Extremfall sogar artesisch - gespannt ist;

- wie sich die räumliche Entwicklung des Grundwassers darstellt (Grundwassergleichen, Fließrichtung); - welchen zeitlichen Verlauf die Grundwasser- / Druckwasserspiegel aufweisen. Von besonderem Interesse ist in der Regel die mögliche zukünftige zeitliche Entwicklung von Grundwasserständen. Im Rückblick können langfristig beobachtete Messstellen - in der Regel dürften derartige Daten über die Unteren Wasserbe-hörden, Stadtbahn-Bauämter oder Geologischen Landesämter verfügbar gemacht werden können - ausgewertet werden, z.B. um die Schwankungsbreite und historische Maximalwerte in einem Grundwasserleiter festzustellen. Neue aktuelle Messstellen im gleichen Grundwasserleiter können dann auf der Grundlage von wenigen Messungen in diese Datenrei-hen "eingehängt" werden, was natürlich voraussetzt, dass zeitgleich auch Werte der alten Messstellen gewonnen wer-den. Die Schwankungsbreiten von Grundwasserständen können in Abhängigkeit von den Eigenschaften (Durchlässigkeit, Mächtigkeit, Gefälle) und Randbedingungen (Einzugsgebiet des Zuflusses, Vorfluter) eines Grundwasserleiters stark variieren. Eine Schwankungsbreite von wenigen Metern sollte man als normal ansehen, in Karstgebieten können es auch mehrere Zehnermeter sein. Bei der Festlegung von Bemessungswasserspiegeln müssen also stets langfristige regionale Erfahrungen genutzt werden. Ein Beispiel für schwankende Grundwasserstandsdaten für eine langfristig beobachtete GW-Messstelle im Rheintal ist in Abschnitt G.2 im Kapitel G, "Wasser im Baugrund", grafisch wiedergegeben. Trägt man von dieser etwa 40 Jahre lang beobachteten Messstelle die jährlichen Maximalwerte (Bild S01.10) in Form eines Histogramms (Bild S01.20) auf, dann kann man eine statistische Auswertung vornehmen. In grober Näherung liegt eine Gauß'sche Normalverteilung vor, daher ist der Mittelwert einer Wahrscheinlichkeit von 50 % zuzu-ordnen. Das gemittelte jährliche Hochwasser, das bei dieser Mess-stelle 137,7 mNN beträgt, wird demnach statistisch alle 2 Jahre auftreten. Der Wahrscheinlichkeit 0,9 = 90 % entspricht eine Jähr-lichkeit von 10 Jahren und ihr ist ein Grundwasserstand von 137,9 mNN zuzuordnen. Durch Extrapolation lassen sich so auch 100-jährliche oder 1000-jährliche Ereignisse feststellen, wobei die Er-fahrung aus der Auswertung von Extremereignissen, wie z.B. dem Jahrhunderthochwasser der Elbe im August 2002 zeigt, dass die Verlässlichkeit von solchen aus begrenzten Rückblicken gewonne-nen Extremwerten stark eingeschränkt ist. Daher ist es üblich, additiv Sicherheitszuschläge vorzunehmen. Beispiel: Für geplante Bauwerke der Ausbaustrecke Karlsruhe-Basel der Deutschen Bahn war aufgrund zweijähriger Messreihen an einem System von Messstellen in den Bauwerksbereichen der mittlere Grundwasserstand bekannt. Diesen mittleren, für alle Bau-werke entsprechend der Grundwasserfließrichtung verschiedenen Wasserständen wurden die Hochwassercharakteristiken aus den wenigen langfristigen Messstellen superponiert. Damit waren statis-tisch nach bestem Wissen abgesicherte Grundwasserstandsinfor-mationen für alle Bauwerke dieses Bahnabschnittes gegeben.

S.1.4 Bemessungswasserstand

Der Wasserstand, für den ein Gebäude ausgebildet wird, wird Bemessungswasserstand genannt. Jedem Bauwerk sollte ein Be-messungswasserstand zugeordnet werden. Dieser kann für ver-schiedene Phasen verschieden sein, z.B. für eine begrenzte Bau-zeit anders als für die Dauernutzung. Für ein Bauwerk, für welches erwartet wird, dass es stets oberhalb des Grundwasserspiegels liegt, ist dementsprechend in der Tragwerksplanung die Bauwerkssohle oder eine tiefer liegende Kote als Bemessungswasserstand anzugeben.

Bild S01.10: jährliche Hochwässer; Auswertung der Grundwasserganglinie aus Bild G02.40

Bild S01.20: Häufigkeit und Höhe jährlicher Hochwässer

1948 1953 1958 1963 1968 1973 1978 1983 1988

HW (mNN)138,00

137,80

137,60

137,40

137,20

137,00

Mittelwert: Jährlichkeit 2

HW10

HW50

20

18

16

14

12

10

8

6

4

2

0 HW (mNN) 137,00 137,50 138,00 138,50

Häufigkeit

Page 3: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.3

Im Zuge der Bearbeitung von Gründungsgutachten wurde der Verfasser sehr oft gefragt, wie hoch das Grundwasser steht und gelegentlich auch, wie hoch das Grundwasser ansteigen kann, aber nur ganz selten wurde erkannt, dass die Höhenlage des Grundwasserspiegels im Bauwerksbereich durch Dränungen ge-steuert werden kann. Eine Ausnahme war ein Statiker, der auf die Frage, ob er mit Grundwasser gerechnet und welchen Wasser-druck er angenommen habe, antwortete, dass er für einen Was-serdruck bis zur Höhe der Kellerfenster dimensioniert habe, spätes-tens dann würde es in die Waschküche laufen, die einen Bodenab-lauf hat. Der Bemessungswasserstand ist der Grundwasserstand, für den das Bauwerk bemessen wird (Bild S01.30). Alle Bauteile unterhalb des Bemessungswasserstandes sind wasserdicht und auftriebsi-cher herzustellen und auf Wasserdruck zu bemessen. Höhere Wasserstände als der Bemessungswasserstand dürfen nicht auf-treten, sonst wird die Sicherheit des Gebäudes beeinträchtigt. Zur Vermeidung unzulässig hoher Grundwasserstände dient eine Si-cherheitsdränung. Falls bei extremen Grundwasserhochständen der Bemessungswasserstand überschritten wird und gleichzeitig das Sicherheitsdränsystem nicht oder nicht in ausreichendem Maß funktioniert, sollte das Bauwerk geflutet werden. Die Alternativen zur Flutung: Aufschwimmen eines Bauwerks wegen Verlust der Auftriebssicherheit oder Überbeanspruchung mit starker Rissbil-dung (dauerhafte Undichtigkeit) führen in der Regel zu einem grö-ßeren Schaden. In der Prinzipskizze Bild S01.40 ist mit einem Schnitt durch ein Untergeschoss dargestellt, wie sich die Festlegung des Bemes-sungswasserstandes für ein Gebäude, welches ins Grundwasser einbindet, auswirkt. Für das Gebäude ist ein Bemessungswasser-stand definiert, zur Festlegung: siehe unten. Auf dieser Höhe liegt eine Ringdränleitung, die an eine Vorflut angeschlossen ist. Das Grundwasser kann am Bauwerk nicht über das Niveau dieser Dränleitung ansteigen, da die Leitung dann eine Grundwasserab-senkung bewirkt. Falls der Vorfluter nicht funktioniert oder die Lei-tung verstopft ist, tritt ein Notüberlauf in Kraft. Bis zur Höhe der Dränebene, also des Bemessungswasserstandes, muss das Bauwerk wasserdicht ausgebildet und auftriebsicher gestal-tet werden. Es ist für die Druckbeanspruchungen auf die Wände und Bodenplatte zu bemessen. Je tiefer der Bemessungswasserstand gewählt wird, umso häufiger wird diese Sicherheitsdränung Wasser abzuführen haben. Falls er zu hoch gewählt wird, führt dies zu einer unwirtschaftlichen Bauwerksbemessung, falls er zu tief ange-setzt wird, wird dem Grundwasserkörper zu häufig und zu viel Wasser entzogen. Je fundierter der Bemessungswasserstand festgelegt wird und je genauer die Wassermengen abgeschätzt werden kön-nen, die im Fall des Anspringens der Dränanlage anfallen, umso besser kann eine Entscheidung im oben genannten Interessenkonflikt getroffen werden. Zur Abschätzung der Wassermengen ist neben geometrischen Angaben vor allem eine sichere Ermittlung der Durchläs-sigkeit von Bedeutung, für die in Kapitel G, "Wasser im Baugrund" verschiedene Verfahren genannt sind: Durchlässigkeit aus Kornverteilung, Pumpversuche mit räumlicher und/oder zeitlicher Beobachtung, Einschwingversuch.

S.1.4.1 Hoher Bemessungswasserstand bei großer Durchlässigkeit

Da z.B. die Kiese im Rheintal oder in der Münchner Schotterebene sehr stark wasserdurchlässig sind und bei der Grundwasserabsenkung eines Hochwassers sehr viel Wasser anfallen würde, sollte in solchen Fällen ein Bemessungs-wasserstand festgelegt werden, der statistisch nur selten überschritten wird. Zusätzlich soll ein Sicherheitsdränsystem so dimensioniert und regelmäßig gewartet werden, dass es bis zu einem Hochwasser mit z.B. der Jährlichkeit 100 die zu

Bild S01.30: Wasserdruckbelastung für ein Ge-bäude im Grundwasser

Bild S01.40: Prinzipskizze eines Bauwerks im Grundwasser mit Wasserdruck-Ausgleichs-Schichten und Sicherheitsdränsystem

Bild S01.50: Sicherheitsdränsystem in Funktion

Page 4: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.4

erwartenden Wassermengen sicher abführen kann. Bei noch höheren Grundwasserständen oder bei Ausfall der Dränan-lage wird das Bauwerk über Noteinläufe geflutet, was dann zwar zu einem Nutzungsausfall und zu Wasserschäden, nicht aber zu einem Totalschaden führt. So ein Totalschaden ist übrigens vor wenigen Jahren im Donautal entstanden, als eine Bodenplatte infolge einer Überbeanspruchung durch hohen Wasserdruck starke Risse erhielt und sie anschließend auch für niedrigere Wasserstände keine Wasserdichtigkeit mehr aufwies. Ein weiterer extrem großer Schaden war das Auf-schwimmen des Schürmann-Baus in Bad Godesberg, hier allerdings durch Zutritt des Hochwasser führenden Rheins in den Raum zwischen Baugrubenumschließung und (wasserundurchlässigem) Baukörper.

S.1.4.2 Niedriger Bemessungswasserstand bei geringer Durchlässigkeit

Bei Bohrungen für die Baugrunderkundung eines Grundstücks nahe des Bodensees in Konstanz wurde folgender geolo-gischer Schichtenaufbau festgestellt: Zuoberst liegt ein junger Seeton eher weicher Konsistenz, darunter ein eiszeitlich gebildeter, überwiegend steifer Beckenton. In etwa 20 m Tiefe folgen Kiese geringer Mächtigkeit und Geschiebemergel. Bei den Bohrungen wurde in den zuoberst liegenden Deckschichten kein Grundwasser angetroffen. Kurz bevor die Kiese erreicht wurden, trat in den Bohrlöchern jedoch ein hydraulischer Grundbruch auf und das Wasser stieg in sehr kurzer Zeit bis auf das Niveau des benachbarten Bodensees an. Für das geplante Gebäude mit einem Untergeschoss, welches unter den Bodenseewasserspiegel reichen sollte, musste ein Bemessungswasserstand festgelegt werden. Die Wasser-standsdaten des Bodensees werden seit etwa 100 Jahren statistisch erfasst. Danach liegt das 50-jährliche Hochwasser, welches bei vielen anderen Gebäuden im Bodenseeraum als Bemessungswasserstand verwendet wurde, bei 150 mNN. Im Zusammenhang mit einem Dränsystem ist es jedoch nicht zwingend erforderlich, einen derartig hohen Bemessungs-wasserstand zu verwenden, da die bindigen Böden auf den obersten 20 m nur sehr gering wasserdurchlässig sind und zum Bodensee hin einen Damm bilden. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass langfristig über einen Ausgleich des Porenwasserdrucks oder über alte verfüllte Kanäle und Gräben oder entlang der zur Gründung des Gebäudes vorgese-henen, bis in den Kies reichenden Pfähle etwas Wasser zum Bauwerksbereich zutritt und sich im verfüllten Arbeitsraum des Gebäudes sammelt. Der Wasserstand hier könnte mit dem Bodenseewasserspiegel mit gedämpfter Amplitude und deutlicher Zeitverzögerung korrespondieren. Daher wurde der Mittelwasserspiegel des Bodensees mit einem Zuschlag von 1 m als Bemessungswasserstand für das Gebäude im Zusammenhang mit der Anordnung einer Sicherheitsdränage auf diesem Niveau empfohlen. Dieser Bemes-sungswasserstand wird statistisch nur von den mittleren Hochwässern des Bodensees im Hochsommer überschritten. Es war nicht anzunehmen, dass das Grundwasser im Grundstücksbereich je diesen Stand erreichen wird. Auf Grund der sehr geringen Durchlässigkeiten der das Gebäude umgebenden Bodenschichten kann diese Dränage im Hochwasserfall allenfalls geringe Wassermengen liefern, die abzupumpen und in den Bodensee einzuleiten nur unerhebliche Kosten zur Folge hätte und für den Wasserhaushalt ohne Bedeutung wäre. Im wasserrechtlichen Verfahren wurde deutlich ge-macht, dass - wenn überhaupt - nur Hochwasserspitzen des Grundwassers dräniert würden, und der Bemessungswas-serstand wurde von den Aufsichtsbehörden akzeptiert. Gegenüber dem 50-jährlichen Bodenseehochwasser liegt der so begründete Bemessungswasserstand um 1,5 m tiefer. Mit dem Argument, "das haben wir noch nie so gemacht, und wir können die Auftriebsicherheit des Gebäudes doch nicht vom Funktionieren einer Dränage abhängig machen", wurde auf Betreiben des Prüfingenieurs später der Bemessungswasserstand doch noch auf den 50-jährlichen Bodenseewasser-hochstand angehoben. Dies hatte Mehrkosten von mehr als 1 % der Gesamt-Baukosten zur Folge.

S.1.4.3 Bemessungswasserstand bei Grundwasser im Gefälle

Vor allem in schwach durchlässigem Untergrund oder bei Bauwerken, die sich über sehr große Flächen erstrecken (z.B. auch Tunnel) kann im Bereich eines Bauwerks der natürliche Grundwasserspiegel deutlich differieren. Aufgrund des Fließwiderstandes, den ein schwach durchlässiger Boden bietet, kann die Grundwasseroberfläche ein deutliches Gefälle aufweisen. Z.B. ergeben sich aus 3 %, Gefälle bei geplanten Bauwerksabmessungen von 50 m bereits 1,5 m Wasser-spiegelunterschied im Bauwerksbereich. Wenn - z.B. im Zusammenhang mit einem Sicherheitsdränsystem - stark durch-lässige Schichten um ein Bauwerk herum angeordnet werden, kommt es um das Bauwerk herum zu einer Ausspiegelung des Wassers, demzufolge in Oberstrom zu einer Absenkung und im Unterstrom zu einer Aufhöhung des Grundwasser-spiegels (Bild S01.60). Im Bauwerksbereich stellt sich ein mittlerer Wasserspiegel ein, was auch bei der Festlegung eines Bemessungswasserspiegels berücksichtigt werden kann.

Page 5: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.5

Alternativ dazu kann technisch mit Hilfe von Grundwassersperren ein kaskadenartiges System geschaffen werden, durch welches der Grundwasserspiegel um das Bauwerk herum bereichsweise gestaf-felt eingestellt wird. Derartige Grundwassersperren werden z.B. durch Betonstreifen unterhalb der Bauwerkssohle (0,5 m bis 1 m breit) und durch spezielle Verfüllbereiche des Arbeitsraums zwi-schen Verbau (bzw. Baugrubenböschung) und Bauwerk mit bindi-gem Boden, ebenfalls streifenförmig, etwa 1 m bis 2 m breit herge-stellt (Bild S01.70). Mit Hilfe von Grundwassersperren wird es möglich, verschiedenen Teilen eines Bauwerkes verschiedene Bemessungswasserstände zuzuordnen. Für jeden Bereich mit konstantem Bemessungswas-serspiegel wird ein eigenes Sicherheitsdränsystem eingerichtet. Die Sicherheitsdränleitungen aus einem Bereich mit höherem Be-messungswasserstand leiten im Hochwasserfall Wasser in den nächst tiefer liegenden Bereich ab. Der Bereich mit dem tiefstlie-genden Bemessungswasserstand wird über einen externen Vorflu-ter entwässert. Dazu werden die Grundwassersperren im Arbeits-raum jeweils bis auf die Höhe des höher liegenden Bemessungs-wasserstandes geführt.

S.1.5 Maßnahmen zum Schutz des natürlichen Grundwassers

Die oben genannte Forderung, Abflusswege und Fließgeschwin-digkeit des Grundwassers zu erhalten, also den Grundwasserstrom in seinem natürlichen Fließverhalten möglichst wenig zu stören, erfordert bautechnische Maßnahmen. Andernfalls wirkt ein Baukör-per wie ein umströmter Störkörper und bewirkt einen Aufstau im Oberstrom sowie einen Sunk im Unterstrom. Um dies zu verhin-dern, muss dem Wasser um das Bauwerk herum ein möglichst widerstandsarmer Fließweg geboten werden. Dazu ist z.B. ein Rohrleitungssystem mit Hilfe von Dränleitungen zum Sammeln und Abführen von Grundwasser sowie von Dükern unter dem Bauwerk hindurch geeignet. Ebenso ist es möglich, die wasserdurchlässigen Schichten, die im Zusammenhang mit dem Sicherheitsdränsystem erforderlich sind, auch für diesen Zweck zu nutzen (Bild S01.80). Die Lösung mit Dükern bietet den Vorteil, dass die Rohrleitungen gezielt kontrolliert und bei Erfordernis gereinigt werden können. Auch gekoppelte Lösungen: kontrollierbare Leitungen innerhalb flächig durchlässiger Schichten sind möglich. Ziel ist immer, dass die Summe der Wirkungen aus dem hohen Fließwiderstand des Bauwerks und dem geringen Fließwiderstand des Grundwasserum-leitungssystems etwa gleich ist der Wirkung des natürlichen Fließ-widerstandes des Baugrunds. Eine weitere wasserwirtschaftliche Forderung ist, dass Grundwas-sersperrschichten zwischen verschiedenen Grundwasserstockwer-ken nicht zerstört werden dürfen. Dies gilt zunächst auch in der Hinsicht, dass Oberflächenwasser keinen unmittelbaren Zufluss zum Grundwasserkörper erhalten soll. Regenwasser soll zuvor immer eine belebte Bodenzone durchlaufen. Es muss zudem zwin-gend verhindert werden, dass eine lokal begrenzte Verunreinigung an der Geländeoberfläche auf schnellem, nicht mehr aufzuhaltendem Weg in das Grundwasser gelangt. Daher ist es dringend geboten, durchlässig verfüllte Arbeitsräume an der Geländeoberfläche mit einer gering durchlässigen Schicht abzuschließen. Geeignet ist hierzu ein Lehmschlag (bindiger Boden, gezielt zur Abdichtung eingebaut).

Bild S01.60: Ausspiegelung von Grundwasser bei wasserdurchlässiger Bauwerksumgebung

Bild S01.70: Grundwassersperre teilt Bauwerk in Bereiche unterschiedlicher Bemessungswasser-stände

Bild S01.80: durchlässige Schichten um ein Bau-werk herum zur Sicherstellung der Grundwasser-Umläufigkeit

Page 6: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.6

S.2 Ausbildung von Baugruben im Grundwasser

Die einfachste Art, Baugruben herzustellen, die unter den freien Grundwasserspiegel reichen, ist der Aushub im Trockenen bei gleichzeitigem Be-trieb einer Wasserhaltung, Bild S02.10. Im Einzelfall ist zu entscheiden, ob eine Wasser-haltung mit Hilfe von Brunnen oder eine offene Wasserhaltung ausgeführt werden kann. Die Bau-grube kann frei geböscht oder mit einem wasser-durchlässigen Verbau gestützt sein. Solange bei großen Durchlässigkeiten und großen Absenktie-fen die Energie- und Einleitungskosten nicht maß-gebend werden, erfordert diese Lösung den ge-ringsten bautechnischen Aufwand. Nachteilig ist der häufig weit über die Baugrube hinausreichende Absenktrichter des Grundwasserspiegels mit sei-nen Auswirkungen: - Verlust des Auftriebs der entwässerten Böden.

Dadurch entstehen Setzungen, deren Größe von der Zusammendrückbarkeit abhängt. In Fels und rolligen Böden ist das kein Problem, in bindigen und vor allem in organischen Böden, in denen bei Änderung des Wasserhaushaltes außerdem Zersetzungsvorgänge gefördert werden, können Setzungen entstehen, die für bestehende Bebauungen nicht verträglich sind.

- Benachbarte Brunnen, Quellen und Wasser-fassungen können trocken fallen oder weniger ergiebig werden.

- Pflanzen in der Nachbarschaft können beein-trächtigt werden. Die meisten Pflanzen sind je-doch nicht davon abhängig, dass sie im ge-schlossenen Grundwasserkörper wurzeln.

- Durch künstlich veränderte Strömungen können in vielen Städten leider vorhandene Schadstoff-Belastungen im Grundwasser verlagert werden. Dies kann erhebliche Rechtsfolgen haben.

- Die Förderung und Ableitung großer Wassermengen wird technisch zunehmend aufwändiger. Häufig muss entnom-menes Grundwasser an anderer Stelle wieder eingeleitet werden (Schluckbrunnen). Dann und auch bei Einleitung in natürliche Gewässer müssen hohe Anforderungen an die Reinheit des Wassers gestellt werden. Falls belastetes Wasser gefördert wird, darf es nur nach einer Reinigung wieder eingeleitet werden.

Falls eine Grundwasserabsenkung ausscheidet, müssen dichte Baugruben hergestellt werden, sofern nicht das fertige Bauwerk als Caisson oder Senkkasten in den Baugrund eingebracht wird. Als für diesen Zweck ausreichend dicht herzu-stellende Baugrubenwände kommen Spundwände, überschnittene Bohrpfahlwände, Schlitzwände, Mixed-in-Place-Wände, sowie Bodenkörper, die mit Spezialverfahren wasserundurchlässig gemacht werden, in Frage. Gegenüber was-serdurchlässigen Wänden entsteht der Nachteil, dass die Baugrubenwände nicht nur den Erddruck, sondern zusätzlich den in der Regel noch deutlich höheren Wasserdruck aufnehmen müssen, was zu hohen Stützkräften in Ankern oder Steifen führt. Um einen Wasserzustrom von der Sohle auszuschließen, kommen folgende Verfahren in Frage: - Teildichte Baugrube (Bild S02.20): Oft ist es möglich, Wände in natürliche Stauer einzubinden, deren Durchlässig-

keit erheblich geringer ist als die der darüber liegenden Sande oder Kiese. Liegt der Stauer deutlich tiefer als die Bau-grubensohle, dann sind regelmäßig Einphasen-Schlitzwände als Umschließung wirtschaftlich, in die im Bereich der Baugrube und des horizontalen Erdauflagers eine biegesteife statisch nutzbare Spundwand eingestellt wird. Die zur Tiefe fortgesetzte Einphasen-Schlitzwand dient nur der Abdichtung. Die Festigkeit der Einphasen-Schlitzwand muss so hoch sein, dass sie die Kräfte zwischen Boden und Spundwand sicher abtragen und die Vertikalkräfte (Spund-wandeigengewicht, V-Komponenten der Anker) aufnehmen kann. Hierzu sind verschiedene Nachweise zu führen,

Bild S02.10: Baugrube mit Grundwasserabsenkung

Bild S02.20: teildichte Baugrube

Page 7: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.7

siehe Bild S02.30, wobei das Gleichgewicht in verschiedenen Rundschnitten betrachtet wird. Wenn man den Stahl der Spundwand später wiedergewinnen will, darf die Festigkeit darüber hinaus nicht zu groß sein, siehe hierzu (VOGT / STIEGELER, 2003).

Man muss aufpassen, wenn der natürliche Stauer nur eine geringe Mächtigkeit hat und darunter nochmals durchläs-sige Böden anstehen, in denen gespanntes Grundwasser ansteht. Dann muss der Stauer ausreichend tief liegen, damit kein hydraulischer Grundbruch auftritt oder es muss der Wasserdruck unter der Sperrschicht durch eine Grundwasserentspannung reduziert werden. Möglich und auch schon zur Ausführung gekommen ist, die Sperrschicht zur Tiefe zu verankern.

- Tiefliegende Sohldichtung (Bild S02.40): Falls keine natürliche Dichtungsschicht unter-halb der Sohle erreichbar ist, kann eine künstli-che horizontale Dichtungsschicht z.B. am wirt-schaftlichsten als Weichgelsohle oder als Dü-senstrahlsohle hergestellt werden. In Sanden sind auch Injektionssohlen mit Feinstzement erstellt worden. Da Feinstzement aber sehr schnell aus der Suspension ausfiltert, ist die Herstellung einer sicher dichten Sohle schwie-rig. Dichtungssohlen müssen stets so tief lie-gen, dass das Gewicht des oberhalb der Sohle liegenden Bodens mit ausreichender Sicherheit größer ist als der Wasserdruck unterhalb der Dichtschicht.

Bild S02.30: Kraftwirkungen und Spannungen zur vertikalen Gleichgewichtsbetrachtung bei A: Rundschnitt um die Dichtschlitzwand (äußeres System) B: Rundschnitt um die Spundwand (inneres System) C: Rundschnitt um die erdseitige Hälfte der Dichtschlitzwand inkl. Spundwand (inneres System)

Bild S02.40: tiefliegende Sohldichtung

Page 8: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.8

− verankerte Düsenstrahlsohle (Bild S02.50): Wird die Dichtungssohle höher angeordnet, so muss sie zur Tiefe hin verankert werden. Dabei wird Boden unterhalb der Dichtungssohle zur Gewährleistung der Auftriebssicherheit ange-hängt. Da diese Lösung ein stabiles Gewölbe mit definierter Festigkeit erfordert, kann sie nicht mit Weichgel ausgeführt werden, sondern wird stets als Düsenstrahlsohle hergestellt. Die Verankerung kann dabei zweckmäßig aus Ge-wipfählen bestehen. Gegenüber der tiefliegen-den Sohldichtung haben verankerte Düsen-strahlsohlen den Vorteil, dass die Umschlie-ßungswände nicht so tief geführt werden müs-sen. Die tiefliegenden Sohlen und die verankerte Düsenstrahlsohle erlauben, dass das Grund-wasser innerhalb des Troges abgesenkt wird, bevor der tief reichende Baugrubenaushub zur Ausführung kommt, der daher im Trockenen vorgenommen werden kann.

- Unterwasserbetonsohle (Bild S02.60): Dagegen wird bei Ausführung einer Unterwas-serbetonsohle nach Herstellung der Baugru-ben-Umschließungs-Wände, Aushub bis zum Grundwasserspiegel und Verankerung der Wände der Hauptaushub unter Wasser ausge-führt. Anschließend werden z.B. von Pontons aus die Verankerungspfähle als GEWI-Pfähle oder als RI-Pfähle eingebracht. Dann wird unter Wasser eine in der Regel unbewehrte Beton-sohle gegossen, die über Gewölbe die von unten auf sie wirkenden Wasserdruckkräfte in die Pfähle einleitet. Es sind auch schon bewehrte Sohlen und Sohlen aus Stahlfaserbeton hergestellt worden mit dem Ziel, die Dicke der Sohle zu reduzieren oder die Abstände zwischen den Pfählen zu vergrößern. Mit dem Betonieren der Sohle muss der Schlamm abgesaugt werden, der sich auf der Sohle des durch die umschlossene Baugrube gebildeten Baggersees bildet. Der dichte Anschluss des Betons an die Pfähle und die Wände erfordert die teure Mitwirkung von Tauchern, die auf sol-che Arbeiten spezialisiert sind.

S.3 Nachweise zur Sicherheit gegen Auftrieb

Entsprechend dem EC 7 ist nachzuweisen, dass als möglicher Grenzzustand der Tragfähigkeit ein Gleichgewichtsverlust des Bauwerks oder Baugrunds infolge Auftrieb durch Wasserdruck (UPL) nicht erreicht wird. Der Nachweis dazu muss so geführt werden, dass der Bemessungswert der Kombination von destabilisierenden ständigen und veränderlichen vertika-len Einwirkungen Vdst,d kleiner oder gleich dem Bemessungswert der stabilisierenden ständigen vertikalen Einwirkungen ist. Die folgende Gleichung gilt für den einfachen Fall, dass keine Verankerungen und keine stabilisierenden Kräfte im Boden wirksam sind. Bei günstigen ständigen Einwirkungen sind die beteiligten Wichten mit ihrem unteren charakteristi-schen Wert, z. B. bei unbewehrtem Beton mit γ = 23,0 kN/m3 und bei Stahlbeton mit γ = 24,0 kN/m3, zu berücksichtigen.

Vdst,d ≤ Gstb,d mit Vdst,d = Gdst,d + Qdst,d Beim Nachweis von Auftriebs-Grenzzuständen nach EC 7 und DIN 1054:2005 sind bei den Einwirkungen die in der Tabelle S03.10 genannten Teilsicherheitsbeiwerte γF anzuwenden:

Bild S02.50: verankerte Düsenstrahlsohle

Bild S02.60: Unterwasserbetonsohle

Page 9: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.9

In DIN 1054:2005, in der der Nachweis gegen Verlust der Lagesicherheit im Sinne des Grenzzu-standes GZ 1A geführt wird, wird ergänzend zum EC 7 eine Unterscheidung in drei Lastfälle vorge-nommen (siehe Tabelle S03.10). Bild S03.10 zeigt ein einfaches Beispiel. Darin sind

Gdst,d = Ak·γG,dst und Qdst,d = Zk·γQ,dst und

Gstb,d = Gk·γG;stb. Falls zur Verhinderung des Auftriebs Widerstände im Boden mobilisiert werden sollen, z.B. eine Bo-denauflast auf einem Sporn, eine Wandreibung, ein Scherwiderstand im Boden, Zugpfähle oder (vorgespannte) Anker (siehe Bild S03.20), dann sind nach EC 7 die in Tabelle S03.20 genannten Teilsicherheitsbeiwerte auf die entsprechenden charakteristischen Einwirkungen anzuwenden. Dann ergibt sich beispielsweise der Bemessungs-wert der stabilisierenden Wirkung einer Ankerkraft FZ,d nach EC 7 aus dem charakteristischen He-rausziehwiderstand, dividiert durch den zugehöri-

gen Teilsicherheitsbeiwert γR = 1,4. Der Bemes-sungswert der Scherkraft in der Scherfuge, hier bezeichnet mit Fs,d, errechnet sich nach EC 7 mit Hilfe von Bemessungswerten des Scherwinkels und der Kohäsion (bzw. von cu), also entsprechen-den charakteristischen Werten dividiert durch die zugehörigen Teilsicherheitsbeiwerte 1,25 (bzw. 1,40). Etwas abweichend davon wird nach DIN 1054:2005 der Bemessungswert der Scherkraft in der Scherfuge als charakteristische Kraft mit cha-rakteristischen Werten der Scherfestigkeit errech-net, die anschließend mit dem Teilsicherheitsbei-

wert γG,stb (also = 0,95) multipliziert und zusätzlich mit einem als Anpassungsfaktor bezeichneten Faktor von η = 0,8 multipliziert wird. Dies gilt ebenso bei Ansatz von Wandreibungskräften. Damit die Sicherheit gegen Aufschwimmen nicht maßgeblich von den Scherkräften abhängig ist, muss bei Dauerbauwerken zusätzlich nachgewie-sen werden, dass die Grenzzustandsbedingung ohne Ansatz der Scherkräfte mit den Teilsicherheitsbeiwerten des Last-falls 3 erfüllt ist.

nach EC 7 nach DIN 1054 (Berichtigung 3) Teilsicherheitsbeiwerte, anzuwenden auf folgende charakteristische Einwirkungen:

Symbol Wert LF 1 LF 2 LF 3

ständige - ungünstige (destabilisierend) - günstige (stabilisierend)

γG,dst

γG,stb

1,00 0,90

1,05 0,95

1,05 0,95

1,00 0,95

veränderliche - ungünstige (destabilisierend)

γQ,dst

1,50

1,50

1,30

1,00

Tabelle S03.10: Teilsicherheitsbeiwerte für Einwirkungen (γF) beim Nachweis UPL nach EC 7 bzw. beim Nachweis nach DIN 1054

Bild S03.10: Nachweis der Auftriebssicherheit mit Teilsicherheits-beiwerten ohne Bodenwiderstände (DIN 1054:2005, Lastfall 1)

Bild S03.20: Nachweis der Auftriebssicherheit mit Darstellung der Bemessungswerte der Einwirkungen und Widerstände (DIN 1054:2005, Lastfall 1)

Page 10: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.10

Bei Bemessung nach DIN 1054:2005, die sich im Fall von Ankern deutlich von derjenigen nach EC 7 unterscheidet, müs-sen bei Pfählen und Ankern, die der Auftriebssi-cherheit dienen, mehrere Punkte beachtet werden: - Stehen die Pfähle in großem Abstand zuein-

ander, dann ist die Summe der n Einzelwir-kungen der Pfähle zu berücksichtigen. In der Grenzzustandsgleichung werden dabei charak-teristische "Einwirkungen auf das Zugelement, Fz,k" definiert.

Ak·γG,dst + Qk·γQ,dst ≤ Gk;stb · γG,stb + n·Fz;k·γG,stb

Die Gleichung wird benutzt, um die "Einwir-kung" Fz,k zu bestimmen. Um den erforderli-chen charakteristischen Herausziehwiderstand R1,k eines Zugpfahles zu ermitteln, ist dann

nachzuweisen, dass Fz,k·γG ≤ R1,k / γP. - Bei engem Abstand der Zugelemente ist die Gruppenwirkung der Verankerung dadurch zu berücksichtigen, dass

statt der Einzelwirkungen der Pfähle das Gewicht des angehängten Bodens mit seiner charakteristischen Größe GE,k (Charakteristische Eigenlast des von der Zugelementengruppe erfassten Bodenvolumens unter Auftrieb) berücksich-tigt wird.

Ak·γG,dst + Qk·γQ,dst ≤ Gk,stb · γG,stb + GE,k·γG,stb

Dabei ergibt sich mit den Bezeichnungen aus Bild S03.30 GE,k aus

'cotll31LllnG 2

b2

abak,E γ⋅η⋅⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ ϕ⋅+⋅−⋅⋅⋅= .

Hierin ist η wiederum der Anpassungsfaktor mit der Größe η = 0,8.

- Die Zugpfähle oder Verpressanker selbst sind nach den Regeln des Grenzzustandes

GZ 1B zu bemessen. Hier gilt Ed ≤ Rd. Zur Ermittlung von Rd aus Rk ist dabei die Be-sonderheit zu beachten, dass nach oben wirkende Kräfte (z.B. Auftrieb bzw. abhebende Kräfte) als ungünstige Einwirkungen mit den Teilsicherheitsbeiwerten für ständige Lasten

(z.B. im Lastfall 1 γG = 1,35) bzw. für veränderliche Lasten (z.B. im Lastfall 1 γQ = 1,5) beaufschlagt werden, aber ständige nach unten gerichtete Kräfte wie das Eigengewicht und Reibungskräfte mit dem

Teilsicherheitsfaktor γG,inf = 1,0. Hier gilt (mit Index Z für Zug und D für Druck und FS,k = charakteristischer Scher-kraft):

Ed = EGZ,k·γG + EQZ,k·γQ – (EGD,k + FS,k)·γG,inf .

Aus Ed ≤ Rd folgt mit n als Anzahl an Ankern und dem Teilsicherheitsbeiwert γA gegen Herausziehen eines Ankers:

Rk/γA ≥ Ed/n. Bei der Eignungsprüfung entsprechender Anker ist die Prüfkraft PP aus der erforderlichen charakte-

ristischen Ankerkraft Rk = Fz,k entsprechend PP = ηk·Fz,k zu ermitteln. Dabei ist ηk ≤ 1,50 (Anker, die für den ak-tiven Erddruck oder für Auftriebskräfte bemessen werden).

Beispiel: Der charakteristische Herausziehwiderstand eines Ankers beträgt 600 kN. Der Bemessungswert des Heraus-ziehwiderstandes ist dann Rd,einzel = 600 / 1,1 = 545 kN. Als charakteristischer stabilisierender Wert der Einwirkung eines Ankers beim Auftriebsnachweis Fz,k darf dann 545/1,35 = 404 kN eingehen, bzw. als Bemessungswert der stabilisieren-den Einwirkung 404·0,95 = 384 kN.

Teilsicherheitsbeiwerte für Boden-kenngrößen, anzuwenden auf cha-rakteristische Werte von

Symbol Wert

Tangens des effektiven Scherwinkels γϕ' 1,25

effektive Kohäsion γc’ 1,25

Scherfestigkeit im undränierten Zu-stand γcu 1,40

Herauszieh-Widerstand des Pfahles γs,t 1,40

Anker-Zugwiderstand γR 1,40

Wichte γγ 1,00

Tabelle S03.20: Teilsicherheitsbeiwerte für Bodenkenngrößen beim Nachweis UPL nach EC 7

Bild S03.30: an einen Pfahl angehängter Bodenkörper (Berech-nungsmodell)

Page 11: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.11

25 der zuletzt genannten Anker mit je 8 m Länge sollen im Raster von 2,5 m·2,5 m angeordnet sein. Der Reibungswinkel ϕ beträgt 30°, die effektive Wichte des Verankerungsbodens 10 kN/m3. Damit errechnet sich kN7448100,830cot2,52,5

3182,52,525G 22

k,E =⋅⋅⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡⎟⎠⎞

⎜⎝⎛ °⋅+⋅−⋅⋅⋅=

bzw. bezogen auf einen Einzelanker eine charakteristische stabilisierende Einwirkung von 7448/25 = 298 kN. Die Grup-penwirkung beschränkt hier die Wirkung des Einzelpfahles, es ist wirtschaftlich sinnvoll, die Rasterabstände entspre-chend zu vergrößern.

S.4 Abdichten von Bauwerken

S.4.1 Allgemeines

An Bauwerke, die in das Grundwasser einbinden, wird in der Regel die Forderung der Wasserdichtigkeit gestellt. Mit Abstand die weiteste Verbreitung hat heute die Bauweise mit WU-Beton. Neben der besonderen Beton-Rezeptur ist da-bei die Rissesicherung von entscheidender Bedeutung. WU-Beton muss so bewehrt sein, dass er Zwängungs-Zugkräfte, die beim Schwinden und infolge von Temperaturbeanspruchungen unvermeidbar auftreten, so aufnehmen kann, dass dabei entstehende Risse fein verteilt sind und nur sehr geringe Rissweiten aufweisen. Dennoch ist WU-Beton nicht wasserdicht. In geringem Umfang tritt Wasser als Dampf durch ihn hindurch. Innenflächen von WU-Beton-Bodenplatten oder -Wänden müssen daher belüftet sein. Wasserunduchlässige Anstriche auf solchen Flächen lösen sich früher oder später ab, da sich hinter ihnen ein Wasserdampfdruck aufbaut. So ist es auch praktisch nicht möglich, ein Bauwerk nachträglich durch Maßnahmen an der Bauwerksinnenseite vollständig abzudichten. Die Wasserdichtigkeit von Bauwerken kann wesentlich erhöht werden, wenn auf der Bauwerksaußenseite wasserdruck-haltende Beschichtungen aufgebracht werden. Bei Bauwerken mit sehr hohen Anforderungen an Wasserdichtigkeit sind solche Maßnahmen daher angebracht. Derartige Beschichtungen können zwingend erforderlich werden, wenn aggressi-ve Wässer vorliegen, die Beton auf Dauer angreifen.

S.4.2 Wasserdruckhaltende Beschichtungen, allgemeine Hinweise

Eine wasserdruckhaltende Beschichtung ist eine künstliche Sperrschicht ohne eigene Festigkeit, durch die verhindert wird, dass drückendes Wasser durch einen Gründungskörper oder eine im Boden stehende Wand hindurchtritt. diese Definition grenzt die Beschichtung gegenüber natürlichen Sperrschichten wie Ton, sowie Dichtungswänden und Dich-tungssohlen (siehe Kapitel R, "Spezialverfahren") ab. Je nachdem, ob die Beschichtung den Konstruktionsteil auf der dem Wasserdruck zugewandten oder auf der abgewandten Seite versiegelt, unterscheidet man die Außenhautdichtung und die Innenhautdichtung. Maßgebende Richtlinien: DIN 18 195 Bauwerksabdichtungen; - Teil 1 Allgemeines - Teil 2 Stoffe - Teil 3 Verarbeitung der Stoffe - Teil 6 Abdichtungen gegen von außen drückendes Wasser, Ausführung und Bemessung - Teil 7 Abdichtungen gegen von innen drückendes Wasser, Ausführung und Bemessung - Teil 8 Fugen - Teil 9 Durchdringungen, Übergänge, Abschlüsse - Teil 10 Schutzschichten und Schutzmaßnahmen Als Beschichtungs-Materialien kommen in erster Linie bituminierte Pappen, Kunststoff-Folien oder Metallbleche sowie Kombinationen dieser Materialien in Frage. Die beschichtete Fläche darf keine scharfen Kanten oder Unebenheiten ha-ben, und die Beschichtung muss, sofern es sich nicht um Stahlblech handelt, durch eine Schutzschicht vor mechanischen Beschädigungen bewahrt werden. Das schwierigste Problem einer Beschichtung ist, sie so zu bemessen und zu konstruieren, dass sie ebenso lange funkti-onsfähig bleibt wie der zu schützende Bauteil. Die Frage der Dauerhaftigkeit stellt sich bei allen Beschichtungsarbeiten: bituminierte Pappen können verrotten, wenn sie mit Luft in Berührung kommen, Kunststoff-Folien können verspröden und Metallbleche korrodieren.

Page 12: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.12

erf. Mindestdruck

S.4.3 Beschichtung mit Bitumenbahnen

Die nackte Bitumenbahn ist eine Beschichtung aus Rohfilzpappe (500 g/m²), die mit Bitumen getränkt ist. Das Bitumen dichtet; die Pappe wirkt als Zugbewehrung. Zur Sicherheit gegen Fehlstellen muss sie mindestens zweilagig verlegt werden. Im übrigen steigt die Anzahl der erforderlichen Lagen mit der Höhe des Wasser-drucks, s. HAACK / EMIG (1991). Auf diese Weise wird gewährleis-tet, dass Risse bis etwa 10 mm Breite und 2 mm Stufenhöhe über-brückt werden können. Um zu verhüten, dass die Pappe infolge Luftzutritt verrottet, muss eine dauernde Druckvorspannung von 1 N/cm² gewährleistet sein. Bild S04.10 zeigt, dass damit auch die Wasseraufnahme der Pap-pe deutlich begrenzt ist. Auch die höchstzulässige Druckspannung ist begrenzt: je nach der Anzahl der Papplagen dürfen Werte von 0,6 bis 1,5 MN/m² nicht überschritten werden, um die Stabilität des Schichtenpakets nicht zu gefährden und ein Wegkriechen des Bitumens zu vermeiden. Das erzwingt das Einschalten lastverteilender Zwischenglieder an Stellen, wo z.B. Einzellasten aus Säulen in eine Sohlplatte einzulei-ten sind. Die Mindestdruckspannung darf nur durch den effektiven Erddruck oder eine Druckplatte (Bild S04.50), nicht durch Wasserdruck zu-stande kommen. Der Wasserdruck darf allenfalls indirekt mit he-rangezogen werden, indem die von der Wasserdruckseite her gesehen zweite Papplage durch eine Metall- oder Kunststofffolie ersetzt wird. Die 1. Papplage hat nur eine vorübergehende Funkti-on und darf dann verrotten. Zu beachten ist auch die Temperatur-Empfindlichkeit der Bitumen-bahnen. Bitumen-Schweißbahnen haben statt der Filzpappe ein fäulnisbeständiges Gewebe als Träger (Glasfaser oder Jute). Da-her ist hierbei keine dauernde Druckvorspannung erforderlich. Die Bahnen werden im "Flammschmelz-Klebeverfahren" (FSK) verlegt, Bild S04.20. Dabei erfordert das Anschmelzen ein sehr behutsa-mes Arbeiten, damit die Dichtungsbahn nicht zu brennen beginnt. Beim Gründungsentwurf muss auf einige besondere Ausführungs-Merkmale konstruktiv Rücksicht genommen werden: - Schubkräfte können durch die Beschichtung hindurch nicht

übertragen werden. Die Horizontallasten müssen daher in der Fundamentsohle durch Nocken, Bild S04.30, in den Baugrund übertragen werden.

- An den Anschlüssen der Dichtungsbahnen werden die einzel-nen Lagen um 15 cm versetzt (in beiden räumlichen Richtun-gen) geklebt. Beim Übergang von der Sohlen- zur Wanddich-tung ist ein Kehlenstoß oder ein rückläufiger Stoß nach Bild S04.40 notwendig. Der schwieriger auszuführende rückläufige Stoß ist z.B. unvermeidlich, wenn die Wände aus Fertigteilen errichtet werden.

- Wo sich Absätze in der Sohlplatte nicht vermeiden lassen, werden Höhenversprünge bis zu 1 m durch eine Anschrägung unter ca. 30° ausgeglichen. Wenn auch höhere Versprünge mit einer 30°-Böschung ausgeführt werden sollen, muss die Schrägfläche durch eine Quernocke zwecks Gleitwiderstand unterbrochen werden (EMIG / ARNDT, 1976). Meist wird es in solchen Fällen wirtschaftlicher sein, eine senkrechte Verspringung nach Bild S04.50 auszuführen. Da die

Bild S04.10: Wasseraufnahme von Pappe in Abhängigkeit vom flächig wirksamen Druck

Bild S04.20: Dichtungsbahnen für "Flamm-schmelz-Klebeverfahren" (FSK)

Bild S04.30: Nocken in der Sohle zur Übertra-gung von H-Lasten aus dem Bauwerk in den Baugrund (HAACK / EMIG, 1991)

Vorspannung [N/cm²]

Wasseraufnahme in Gew.-%

0 10 20

12

8 4

0

Page 13: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.13

Verfüllung des Raumes zwischen gewachse-nem Boden und Wand niemals auf Dauer eine zuverlässige Druckvorspannung gewährleistet, muss eine Wandschutzschicht mit Tellerankern (siehe Bild S04.60) vorgespannt und die obere Sohldichtung auf einer bewehrten Unterbeton-platte verlegt werden. Die Telleranker lassen sich vermeiden, wenn die Wand mit Metall-

oder Kunststoff-Folien gedichtet wird. - Durchdringungen der Beschichtung werden

erforderlich, wenn Anker, Rohre oder Beweh-rungen durch die Dichtungshaut zu führen sind. Das gemeinsame Konstruktionsprinzip dabei ist, das stählerne oder gusseiserne Bauteil mit einem wasserdicht verbundenen Ringflansch (Festflansch) zu versehen, der bündig in die zu dichtende Fläche gelegt wird. Die Dichtungs-haut wird über den Festflansch geklebt, dann ein Losflansch übergestülpt und mit dem Fest-flansch fest verschraubt. Beispiele sind der Tel-leranker, Bild S04.60, der Brunnentopf, Bild S04.70, die Rohrdurchführung, Bild S04.80, und der Pfahlkopfanschluss, für den Bild S04.90 3 Varianten zeigt.

Lösungen mit druckstabilen Flanschen sind auch bei Druckpfählen ohne Kopfanschluss nö-tig, weil - siehe oben - die Beschichtung nur sehr begrenzt Druckspannungen aufnehmen kann. Bei großen Pfahlzugkräften müssen an der Durchdringung Laschen o.ä. angeschweißt werden.

Bild S04.40: Kehlenstoß und rückläufiger Stoß (HAACK / EMIG,

1991)

Bild S04.50: vertikaler Versprung in einer bituminösen Abdichtung

(LUFSKY, 1975)

Bild S04.60: Telleranker (LUFSKY,1975)

Page 14: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.14

Bild S04.70: Brunnentopf für Sohldurchdringun-gen (LUFSKY, 1975)

Bild S04.80: Rohrdurchführungen mit Los- / Fest-flansch (LUFSKY, 1975; HAACK / EMIG, 1991) oben: starrer Anschluss, unten: flexibler Anschluss

Bild S04.90: Pfahlanschlüsse bei außen abgedichteten Bauwerken (HAACK / EMIG, 1991)

Page 15: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.15

S.4.4 Beschichtung mit Kunststoff-Bahnen

Kunststoffbahnen werden einlagig verlegt und nicht vollflächig verklebt: Auf waagerechten Flächen werden sie lose aus-gerollt, auf geneigten bzw. lotrechten Flächen in Abständen bis zu maximal 5 m an Kunststoffschienen o.ä. durch Ankle-ben fixiert. Die Bahnen werden miteinander durch chemisches Anlösen der ca. 5 cm breiten Überlappungen (Quell-schweißung) oder bei Dicken über 1,5 mm durch Heißluftschweißung verbunden. Der Übergang von der Sohlplatte zur Wand erfolgt ausschließlich durch den Kehlenstoß nach Bild S04.40a. Die Durchdringungen werden bei Kunststoffbahnen prinzipiell ebenso gehandhabt wie bei den Bitumenbahnen. Allerdings genügt es nicht, die einlagige Kunststoffbahn zusammenzupressen, um eine wasserdichte Verbindung zu haben. Viel-mehr ist eine beiderseits fest aufgeklebte oder aufgeschweißte, 3 mm dicke Verstärkung aus dem gleichen Material not-wendig, damit beim Zusammenspannen ein ausreichendes elastisches Volumen zur Verfügung steht. Wegen der techni-schen Details wird auf HAACK / EMIG (1991) und die Angaben der Hersteller verwiesen.

S.4.5 Schutzmaßnahmen bei Beschichtungen

Beim Aufbringen der Beschichtung muss der Baubetrieb in diesem Bereich unterbrochen werden, bis die Beschichtung durch eine Schutzschicht oder Schutzwand gegen mechanische oder sonstige Beschädigungen gesichert ist. Dies gilt auch für Unterbrechungen der Abdichtungsarbeiten, wobei die Schutzschicht erst kurz vor der Wiederaufnahme der Dich-tungsarbeiten vorsichtig entfernt wird. Im Tiefbau wird man meist die Baugrubenwand als Außenschale verwenden, die dann mit einem Glattputz versehen werden muss. Gleiches gilt bei Zweischaligem Tunnelbau. Nach dem Kleben der Dichtung erhält sie einen Zement-schlämmanstrich, falls davor Bewehrung gestellt werden soll: auf diese Weise lassen sich Beschädigungen leicht erken-nen. Auf dem Markt - vor allem für den Tunnelbau - sind auch Produkte, die bei Beschädigung der Oberfläche deutlich farblich auffallen. Der Abstand zwischen Beschichtung und Bewehrung muss 5 cm betragen (Richtwert). Falls vor der Beschichtung gemauert werden soll, lässt man auch einen Abstand von 5 cm und drückt ihn beim Aufmauern laufend mit Mörtel aus. Alternativ können Schutzschichten aus Kunststoff-Schaumplatten eingesetzt werden. In frei geböschten Baugruben mauert bzw. betoniert man entweder zuerst die Schutzwand hoch und verfährt dann wie oben, oder man erstellt erst die Innenschale des Bauwerks, bringt dann außen die Wanddichtung auf und stellt zum Schluss die Schutzwand her. Da die Temperaturdehnung eines auf einer Sohldichtung stehen-den Bauwerks nicht durch Bodenreibung behindert ist, muss durch ausreichend viel Fugen, Bild S04.110, gewährleistet sein, dass sich die senkrechten Schutzwände frei mitbewegen können. Im Übrigen wird auf die ausführlichen Angaben in DIN 18195 Teil 10 verwie-sen.

S.4.6 Fugen in beschichteten Bauteilen

In Bild S04.110 sind bewährte Lösungen für die Ausführung von Bewegungsfugen in Abhängigkeit von der Größe und Richtung der erwarteten Bewegungen zusammengestellt. Das Symbol Cu mar-kiert dabei die Verstärkung durch Kupferriffelbleche. Erst bei größe-ren Bewegungen sind Sonderkonstruktionen mit einer Schlaufen-konstruktion (Kautschukband) notwendig. Bewegungsfugen außerhalb eines Bauwerks werden in der dünne-ren Sohlplatte und außerhalb der Übergangszone mit variabler Höhe angeordnet, Bild S04.100. Bei der Anordnung von Arbeitsfugen, insbesondere beim An-schluss der Wandbewehrung an die Sohlenbewehrung, muss man berücksichtigen, bis zu welcher Höhe der Anschluss der Beschich-tung reicht.

Bild S04.100: Bewegungsfugen (LUFSKY, 1975)

Page 16: Vorl-g-s Bauen Im Grundwasser

Seite Bauen im Grundwasser S.16

Bild S04.110: verschiedene Fugenausbildungen bei Außenabdichtungen (HAACK / EMIG, 1991)

S.5 Schrifttum

EMIG, K.-F. / ARNDT, A. (1976): Abdichtung mit Bitumen. ARBIT Schriftenreihe "Bitumen", Heft 33, 2. Auflage Arbeits-gemeinschaft der Bitumen-Industrie e.V., Hamburg.

HAACK, A. / EMIG, K.-F. (1991): Abdichtungen. In: Grundbtschb. 4. Aufl., Teil 2. Kap. 2.11. Verlag Ernst & Sohn, Berlin. LUFSKY, K. (1975): Bauwerksabdichtungen. 3. Auflage, Teubner-Verlag, Stuttgart. VOGT, N. / STIEGELER, R. (2003): Vertikales Gleichgewicht einer in den Suspensionsschlitz eingehängten Spundwand,

Felsbau, Verlag Glückauf