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Drucksache 16/1266 06.03.2008 16. Wahlperiode Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses können über die Internetseite www.parlament-berlin.de (Startseite>Parlament>Plenum>Drucksachen) eingesehen und abgerufen werden. Vorlage – zur Kenntnisnahme – Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand –

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Drucksache 16/126606.03.2008

16. Wahlperiode

Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses können über die Internetseite

www.parlament-berlin.de (Startseite>Parlament>Plenum>Drucksachen) eingesehen und abgerufen werden.

Vorlage – zur Kenntnisnahme –

Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand –

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Der Senat von Berlin - Stadt I A 3 - Tel.: 9025-1328

An das

Abgeordnetenhaus von Berlin

über Senatskanzlei - G Sen -

V o r l a g e

-zur Kenntnisnahme -

des Senats von Berlin

über

Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Der Senat legt nachstehende Vorlage dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor.

Der Senat entwickelt ein Demografie-Konzept, welches Ende 2008 fertiggestellt wird. Gemäß Senatsbeschluss vom 26.02.2008 hat der Senat den nachfolgenden Zwischenstand zum Demografie-Konzept erarbeitet.

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Kostenauswirkungen auf Privathaushalte und / oder Wirtschaftsunternehmen

keine

Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg

Die Erfahrungen mit dem Demografie-Konzept werden mit den zuständigen Stellen des Landes Brandenburgs ausgetauscht.

Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter

Im Zuge der Konzeptentwicklung werden Handlungsansätze entwickelt, die angesichts der demografischen Veränderungen die Zielsetzung der Gleich-stellung der Geschlechter fördern und Gendergesichtspunkte berücksichtigen.

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine

b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen: keine

Berlin, den 4. März 2008

Der Senat von Berlin

Klaus Wowereit Ingeborg Junge-Reyer

................................. .............................................

Regierender Bürgermeister Senatorin für Stadtentwicklung

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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INHALT

Kurzfassung: Zehn Thesen.......................................................................................2

1. Einordnung und Vorgehensweise........................................................................5

2. Die Bevölkerungsentwicklung in Berlin 2002-2020 ............................................7

3. Herausforderungen des demografischen Wandels für Berlin .........................11

3.1. Profilierung: Arbeits- und Bildungssytem, Standort .................................................11

3.2 Dynamik: Sozialräumliche Verteilung der Bevölkerungsgruppen.............................13

3.3 Vielfalt: Weiterentwicklung von Infrastrukturangeboten............................................15

4. Prioritäten, Handlungsfelder und strategische Ziele........................................17

4.1 Handlungsfeld „Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt“ ..............................19

4.2 Handlungsfeld „Familien- und kinderfreundliche Stadt“ ...........................................23

4.3 Handlungsfeld „Weltoffene und soziale Stadt“...........................................................26

4.4 Handlungsfeld „Langes Leben in der Stadt“...............................................................29

5. Weiteres Verfahren..............................................................................................32

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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Kurzfassung: Zehn Thesen Der demografische Wandel ist eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunfts-gestaltung Berlins geworden. Bei konstanter Bevölkerungsentwicklung, Alterung und Inter-nationalisierung gilt es die Zukunftschancen der Region zu nutzen.

Wichtige Voraussetzung für die Gestaltung der demografischen Entwicklung in Berlin ist eine stabile wirtschaftliche Grundlage. Damit werden die finanziellen Handlungsspielräume des Landes gesichert und erweitert und die Rahmenbedingungen für das Arbeitsplatzangebot verbessert. Ebenso entscheidend für Zuzug, Bleiben oder Wegzug von Menschen ist die Qualität der städtischen Räume und Freiräume, der Gebäude, der Dienstleistungsangebote, der Kultur und Freizeit und der sozialen Versorgung. Dabei verfügt Berlin über ausreichend Flächen, Standorte, Quartiere und das tolerante Klima einer internationalen Stadt, um Menschen und Unternehmen Raum für Kreativität und Innovation zu geben. Mit dem demografischen Wandel verbunden ist auch eine wachsende Vielfalt von Bevölke-rungsgruppen, Haushaltstypen und die Veränderung von Werten sowie Lebensentwürfen von Frauen und Männern. Die Qualitäten der Stadt und ihre Organisation müssen diesen Veränderungen begegnen und anpassungsfähig bleiben, dies geschieht auch durch eine geschlechtergerechte Politik. Die Menschen leben länger und vitaler. Daraus entstehen Potentiale für privates und gesell-schaftliches Engagement. Außerdem ist zu erwarten, dass es mehr Hochbetagte (über 80-jährige) geben wird, die ein höheres Maß an Pflege und Betreuung benötigen. Die Lebens-lagen der Älteren werden sich weiter ausdifferenzieren, auch begleitet von Altersarmut. Die soziale Daseinsvorsorge ist zukünftig – über die staatliche Daseinsvorsorge hinaus – auf ein engeres Zusammenspiel von Staat und Bürgergesellschaft angewiesen („welfare-mix“).

Der demografische Wandel betrifft nahezu alle politischen Handlungsbereiche. Aufgrund dieser Komplexität ist eine integrierte und ressortübergreifende Sicht- und Handlungsweise bei der Erstellung des Berliner Demografie-Konzeptes erforderlich. Deshalb werden quer-schnittsorientierte Handlungsfelder definiert, die Ansatzpunkte zur Kooperation und zur Erzielung von Synergieeffekten bieten. Diese lauten:

Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt

Familien- und kinderfreundliche Stadt

Weltoffene und soziale Stadt

Langes Leben in der Stadt

Prinzipien, die dabei Berücksichtigung finden, sind: Gender Mainstreaming, Chancengleichheit, bürgerschaftliches Engagement und Nachhaltigkeit.

Insgesamt ist zu betonen, dass der demografische Wandel Risiken und Gestaltungschancen birgt. Berlin hat eine gute Ausgangsbasis für eine positive Gestaltung der anstehenden Ver-änderungen. Dies wird in den nachfolgenden Thesen dargestellt:

1. Berlin steht im zunehmenden Wettbewerb um Einwohner und Innovationsträger. Für eine qualifizierte Zuwanderung muss die Hauptstadt ihr Profil fortentwickeln und sich stärker positionieren. Konkret bedeutet dies Rahmenbedingungen zu gestalten, um ent-sprechende Branchen und Arbeitsplätze in Berlin zu halten und anzusiedeln, benötigte Wohnqualitäten herzustellen sowie gefragte Angebote sozialer und kultureller Infra-

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strukturen vorzuhalten.

2. Berlin ist eine Stadt großer kreativer Potentiale. Kreativität und Wissen sind eine Quelle von Innovationen und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen von Wirtschaftsräumen. Daher wird Berlin insbesondere die Potentiale der Kreativwirtschaft, aber auch der Wirt-schaft insgesamt fördern.

3. Berlin ist Stadt der Wissenschaft. Die Hauptstadt verfügt über ein differenziertes und umfangreiches Angebot an Studienplätzen. Um möglichst viele und insbesondere inter-nationale Studierende nach Berlin zu holen, muss das Studienplatzangebot weiter aus-gebaut werden. Mit dem Masterplan „Wissen schafft Berlins Zukunft!“ startet die Haupt-stadt eine Offensive für die Spitzenforschung und die Qualität der Lehre an den Hoch-schulen. Berlin will die Exzellenzfelder der Berliner Wissenschaftseinrichtungen zusam-menführen und die Stadt so konkurrenzfähig in der Weltspitze machen: Berlin will Harvard und Stanford auf Augenhöhe begegnen. Weiteres Ziel des Masterplans ist der Ausbau der Spitzenstellung Berlins in der Förderung der Chancengleichheit von Frauen.

4. Berlin ist Magnet für Touristen. Die Stadt hat sich als weltweit bekannte Tourismus-marke etabliert; der Tourismus ist ein wesentlicher Bereich von Berlins Wirtschaft. Er wird sich in seinen Angeboten auf veränderte Zielgruppen und Nachfragestrukturen einstellen müssen. Berlin wird durch entsprechende Rahmenbedingungen und die Förderung von Marketingaktionen das unternehmerische Engagement im Tourismusbereich unterstützen.

5. Berlin ist eine Sportmetropole . Vielfältige Sportangebote tragen zur Lebensqualität Berlins und zur Gesunderhaltung der Berlinerinnen und Berliner bei und prägen das Bild einer vitalen Stadt. Der Sport unterstützt die soziale Integration, vermittelt Generationen- und Geschlechter- übergreifend Wertmaßstäbe und Kompetenzen. Spitzensport und international hochrangige Veranstaltungen steigern den Erlebniswert und sind Ausdruck der Leistungsstärke im weltweiten Wettbewerb. Zudem verstärken Sportgroßveranstaltungen Berlins weltoffenes Image.

6. Berlin verfügt über noch ungenutzte Erwerbstätigenpotentiale. Berlin wird einem Fachkräftemangel durch die Ausschöpfung der Erwerbspotentiale, insbesondere von gut qualifizierten Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, entgegenwir-ken. Dafür sind in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst die Rahmenbedingun-gen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Zudem muss Berlin eine qualifizierte Ausbildung vorrangig in zukunftsträchtigen innovativen Berufsfeldern und kontinuierliche Weiterbildung für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen stellen. Für die stärkere Einbindung von Bevöl-kerungsgruppen mit Migrationshintergrund bedarf es einer transkulturellen Bildungs-offensive. Bezogen auf die hohen Anteile von gering qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist weiterhin ein Arbeitsplatzangebot auch für Niedrigqualifizierte erforderlich. Dazu gehören auch geschlechtersensible Bildungskonzepte mit der Auf-gabe, den Schülerinnen und Schülern frühzeitig entsprechende Entwicklungsmöglich-keiten zu eröffnen.

7. Berlin verfügt über lebendige und interessante Wohnquartiere für unterschiedliche Lebensstilgruppen. Räumlich steht die Innenstadt im Fokus, mit bundesweit als Marke bekannten Stadtteilen. Die verschiedenen Quartiere sind in ihrer baulichen Qualität zu erhalten und zu verbessern sowie sozial zu stabilisieren. Dem Zusammenwirken von Bildung, Sozialem, Wirtschaft und Stadtentwicklung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Besonders hat die Stadt den Lebensbedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und Fami-lien gerecht zu werden. Berlin unterstützt den Ausbau von räumlichen und kulturellen

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Qualitäten, die den Freizeit- und Aufenthaltswert für Kinder, Jugendliche und Familien erhöhen.

8. Berlin verfügt über ein diversifiziertes und attraktives Wohnungsangebot. Im demo-grafischen Wandel ist das Wohnungsangebot besonders in zwei Richtungen zu qualifizieren: es sind Angebote nötig, die sowohl Familien das Wohnen in der Stadt ermöglichen als auch älter werdenden Menschen ihre Selbständigkeit sichern. Generati-onen übergreifendes Wohnen ist hier ein Schlüsselbegriff.

9. Berlin ist kinder- und familienfreundlich. Die Stadt verfügt im Vergleich mit anderen Großstädten über ein äußerst vielfältiges und umfangreiches Betreuungsangebot für Kinder und Jugendliche, verbunden mit einer Platzgarantie für alle Kinder mit einem ent-sprechenden Bedarf. Bereits heute ist das letzte Kindergartenjahr kostenfrei, ab 2010 soll die Kostenbeitragsfreiheit auch das sog. 2 Kitajahr (umfasst grundsätzlich das 4. bis 5. Lebensjahr eines Kindes) und ab 2011 auf das sog. 1. Kitajahr (3. und 4. Lebensjahr) ausgeweitet werden. Schulangebote sollen so gestaltet werden, dass Eltern, besonders Alleinerziehende, auf eine verlässliche Betreuung vertrauen können. Diesen Weg wird Berlin konsequent fortzusetzen, indem Betreuungszeiten in den Tagesstätten verbessert, Familienkompetenzzentren eingerichtet, Ganztagsschulen weiterentwickelt und die Att-raktivität der Wohnstandorte und Infrastrukturen für Familien mit Kindern weiter verbes-sert werden. Dabei ist es dem Land Berlin ein besonderes Anliegen, Kinder aus bildungsfernen Schichten und/oder mit Migrationshintergrund zu unterstützen.

10. Langes Leben aktiv gestalten. Die Gruppe der Älteren, und insbesondere der Hochbe-tagten, nimmt in Berlin in den nächsten Jahren stark zu. Frauen sind weiterhin die Mehr-heit in dieser Gruppe. Viele Ältere wollen aktiv bleiben, Berlin wird dies unterstützen. Gleichzeitig wird eine älter werdende Stadtgesellschaft auch veränderte Ansprüche an ihr Umfeld haben. Berlin wird insbesondere in den Handlungsbereichen Wohnen, Infra-struktur und Gesundheit die Belange der Älteren stärker berücksichtigen. Es sollen mehr Entlastungen bei der Betreuung und Pflege von Angehörigen geschaffen werden.

11. Berlin nutzt die Chancen einer internationaler werdenden Stadtgesellschaft. Die Bevölkerung Berlins wird bezogen auf ihre kulturelle Herkunft im Zuge des demografi-schen Wandels heterogener werden. Dieses birgt Risiken wie beispielsweise bei der Integration von Zugewanderten. Gleichzeitig entstehen aber auch Chancen beispiels-weise im Hinblick auf die wirtschaftliche und kulturelle Globalisierung. Berlin hat die Auf-gabe, die Risiken und Chancen der Internationalisierung durch entsprechende Maßnah-men aktiv zu gestalten.

Schnittstellen zu anderen Ebenen

Das Demografie-Konzept stellt ein strategisches Instrument zur zukünftigen Entwicklung der Stadt dar, mit dessen Hilfe Veränderungen des demografischen Wandels in Berlin gestaltet werden können. Gleichwohl sind viele Konsequenzen und Auswirkungen des demografischen Wandels auf Landesebene nicht direkt gestaltbar. So werden beispielsweise die Rahmenbedingungen für die Gesundheits-, Senioren oder Zuwanderungspolitik maßgeblich auf der bundespolitischen Ebene gestaltet. Die Umsetzung vieler Ansätze und Strategien erfordert die Unterstützung durch die Bezirke. Neben der Zusammenarbeit auf Ebene der Senatsverwaltungen ist auch die Abstimmung von Handlungsweisen mit anderen politischen Ebenen – mit dem Bund und den Bezirken – erforderlich. Hinzu kommt, dass die komplexen Veränderungsprozesse des demografischen Wandels nur mit partnerschaftlichem Handeln aktiv gestaltet werden können. Dafür braucht Berlin noch mehr starke Partner. Gefragt sind neben der öffentlichen Hand die Unternehmen, Verbände, Vereine und die Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Dies ist im Zuge der weiteren Arbeiten zum Demografie-Konzept anzugehen.

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1. Einordnung und Vorgehensweise Der demografische Wandel ist inzwischen eine der zentralen Herausforderungen der Stadt-entwicklung. Für Berlin zeigt sich der demografische Wandel in einer langfristig stagnieren-den Bevölkerungsentwicklung, Alterung und Internationalisierung.

Der Berliner Senat hat deshalb die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit den Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Technologie und Frauen, für Bildung, Wissenschaft und Forschung, für Integration, Arbeit und Soziales beauftragt, ein Demografie-Konzept zu erarbeiten.

Ziel des Demografie-Konzepts für Berlin ist es, die Rahmenbedingungen des demografi-schen Wandels für Berlin darzustellen und zu analysieren. Zudem sind daraus entstehende Gestaltungschancen und Risiken zu benennen. Darüber hinaus sollen demografierelevante Ansätze der Senatsverwaltungen identifiziert werden:

• In welchen Handlungsbereichen ist Berlin bereits gut aufgestellt, welche bestehenden Ansätze bedürfen einer Profilierung oder Vernetzung für eine Verbesserung ihrer Wir-kungen?

• Welche neuen Politikansätze sind notwendig, um die Herausforderungen des demografi-schen Wandels positiv zu gestalten?

Im Ergebnis ergibt sich daraus diese Struktur für das Demografie-Konzept Berlin:

Herausforderungen des demografischen Wandels für Berlin

Prioritäten und Leitziele des Demografie-Konzepts

Handlungsfelder und strategische Ziele zur Operationalisierung

Leitprojekte und -ansätze zu den strategischen Zielen (vorhandene und neue Ansätze)

Weitere Maßnahmen

Abbildung 1: Struktur des Demografie-Konzepts Berlin

Herausforderungen des demografischen Wandels für Berlin

Prioritäten und Leitziele des Demografie-Konzepts

Weitere Maßnahmen

Leitprojekte und -ansätze zu den strategischen Zielen (vorhandene und neue Ansätze)

Handlungsfelder und strategische Ziele zur Operationalisierung

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Vorgehensweise

Der Zwischenbericht umfasst eine Statusbestimmung und erste konzeptionelle Überlegun-gen. Dazu wurden mit einer ersten Bestandsaufnahme der beteiligten Senatsverwaltungen vorhandene demografie-relevante Ansätze erfasst, die vor allem langfristig angelegte Pro-gramme und Projekte beinhalten, welche auf den demografischen Wandel Einfluss nehmen. Dabei wurde die folgende Systematisierung gewählt:

Die Ebene „Programm, Gesetz, Initiative“ erfasst rahmensetzende Ansätze, die eine oft ge- oder verbietende Funktion haben.

Die Ebene „Maßnahme, Projekt, Kampagne, Modellvorhaben“ umschreibt umsetzungs-orientierte Ansätze (mit investivem oder nicht-investivem Ressourceneinsatz).

Die Ebene „Kommunikation/Organisation“ umfasst informierende und organisatorische Ansätze. Beispiele dafür sind Monitoringsysteme, Arbeitsgruppen oder Berichte.

Abbildung 2: Systematisierung der Ansätze der Bestandsaufnahme

Aus der Bestandsanalyse resultieren vier Handlungsfelder, die das Demografie-Konzept inhaltlich strukturieren. Dies sind

• Kreativ und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt

• Familien- und kinderfreundliche Stadt

• Weltoffene und soziale Stadt

• Langes Leben in der Stadt.

In Kapitel 2 werden zentrale Aussagen zur Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2020 dar-gestellt. Das Ergebnis der als relevant eingeschätzten Ansätze für die jeweiligen Handlungs-felder findet sich in Kapitel 4. Dieses Ergebnis ist zu spiegeln mit den Herausforderungen des demografischen Wandels, die in Kapitel 3 dargestellt sind. Weitergehende Diskussions-bedarfe, die sich aus dem Vergleich zwischen den Herausforderungen und der Bestands-aufnahme ergeben, sind jeweils am Ende der Handlungsfelder benannt. Diese offenen Punkte beziehen sich nicht nur auf das Land Berlin, sondern auch auf den Bund und andere Akteure.

umsetzungsorientiert

informierend

Dem

ografierelevante A

nsätze der Senatsverw

altungen Kommunikation/Organisation

Programme, Gesetze Initiativen

Maßnahme, Projekt, Kampagne, Modellvorhaben

Ebene 1

Ebene 2

Ebene 3

rahmensetzend

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2. Die Bevölkerungsentwicklung in Berlin 2002-2020 In Deutschland vollzieht sich, wie in vielen anderen europäischen Ländern auch, ein tief greifender gesellschaftlicher Wandel, der mit den Begriffen Alterung, Bevölkerungsrückgang, Internationalisierung und Differenzierung umschrieben werden kann. Die Bevölkerungszahl nimmt ab, es gibt mehr ältere und weniger junge Menschen, und die kulturelle und soziale Bevölkerungszusammensetzung entwickelt sich auseinander. Die Regionen und Kommunen in Deutschland sind von diesen Entwicklungen unterschiedlich stark betroffen. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Großstädten bleibt in Berlin die Bevölkerung bis zum Jahr 2020 in etwa konstant.

Parallel zur Bestandsanalyse des Demografie-Konzepts wurde eine neue Bevölkerungs-prognose (2006 bis 2030) für die Gesamtstadt erarbeitet. Die Grundtendenzen dieser Prog-nose sind mit den Ergebnissen der bestehenden Prognose bis 2020 vergleichbar. Aufgrund der Steigerung der Lebenserwartung werden sich in der neuen Vorausschätzung bis 2030 jedoch Modifikationen im zeitlichen Verlauf ergeben, so bleibt beispielsweise die Bevölke-rungszahl länger stabil. Auf die Ergebnisse bis zum Jahr 2020 wird in diesem Zwischenstand wegen der teilräumlichen Differenzierung zurückgegriffen. Die modifizierten Ergebnisse für die Gesamtstadt bis zum Jahr 2030 werden in der weiteren Arbeit am Demografie-Konzept Berlin berücksichtigt werden.

Die Bevölkerungszahl bleibt weitgehend konstant

Die Jahre nach der Wiedervereinigung waren durch eine hohe Veränderungsdynamik der Bevölkerungsentwicklung gekennzeichnet. Während Anfang der 1990er Jahre die Bevölke-rung wuchs, schlug diese Entwicklung Mitte der 1990er Jahre um. Seit dem Jahr 2000 sind wiederum Zuwächse der Bevölkerung zu verzeichnen. Für die nahe Zukunft ist zunächst mit weiteren leichten Bevölkerungsgewinnen zu rechnen. Aufgrund steigender Sterberaten wird allerdings eine leichte Abnahme der Bevölkerungszahl gegen Ende des Prognosezeitraums (2020) auf 3,36 Mio. (2002: 3,39 Mio.) Personen erwartet. Für Berlin und sein Umland wird dagegen zusammengenommen eine leicht positive Entwicklung bis zum Jahr 2020 erwartet. Die Prognose kommt auf einen leichten Zuwachs um 22 Tsd. Personen von 4,360 Mio. (2002) auf 4,382 Mio. Einwohner1.

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung seit 1990. (Quelle: Senatsverwal-tung für Stadtent-wicklung, I A)

1 Diese wie auch die im Folgenden dargestellten Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 2002-2020 sind der Bevölkerungsprognose der Senatverwaltung für Stadtentwicklung entnommen und geben die Prognosen der „Variante Basis“ wieder (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (2004): Bevölkerungsprognose für Berlin 2002-2020, S. 10ff).

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

1990* 1995 2000 2005 2010 2015 2020

in Tsd. Personen

BerlinUmland

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Abbildung 4: Wanderungsentwicklung und -annahmen: Berlin - Ausland, Berlin - Alte Bundesländer, Berlin - Neue Bundesländer, Berlin - Umland (Quelle: SenStadt (2004))

Generell ist zwischen der natürlichen Bevölkerungsentwicklung (Geburten-/Sterbefälle) und den Wanderungen (Zu-/Fortzüge) zu unterscheiden. Bezogen auf die natürliche Bevölke-rungsentwicklung ist für Berlin (wie auch für andere Großstädte) traditionell eine negative Entwicklung feststellbar. Die durchschnittliche Geburtenhäufigkeit liegt bei 1,2 Kindern pro Frau mit deutschem Pass (das heißt, u. U. auch mit Migrationshintergrund) und im Durch-schnitt bei 1,59 Kindern in der Gruppe der ausländischen Frauen (Passausländerinnen). Durch die seit den 1970er Jahren niedrigen Geburtenzahlen nimmt gleichzeitig die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter (15-45 Jahre) und somit auch die Zahl möglicher Mütter ab. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist in Zukunft mit weiter wachsenden Sterbeüber-schüssen zu rechnen.

Der negative Saldo bei den Geburten wird kompensiert durch die Wanderungsgewinne Berlins. Zwar wandern immer noch viele Einwohner und darunter auch junge Familien mit Kindern (mit deutlich rückläufiger Tendenz) in das Berliner Umland ab. Allerdings stehen den Abwanderungen in höherem Maße Zuwanderungen aus dem übrigen Bundesgebiet und aus dem Ausland gegenüber.

Berlin wird älter

Bis zum Jahr 2020 steigt die Zahl der Hochbetagten über 80-jährigen Einwohner um 53 % auf 341 Tsd. an. Die höhere Lebenserwartung von Frauen zeigt sich darin, dass sie in diesen Altersjahrgängen weiterhin stärker vertreten sein werden. Bei Personen über 87 Jahre wird

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ihr Anteil sogar mehr als doppelt so hoch sein, wie der der Männer. Die Gruppe der Erwerbstätigen (18- unter 65-Jährige2) verkleinert sich im gleichen Zeitraum um 113 Tsd. Personen und zusätzlich findet in dieser Gruppe ein Alterungsprozess statt. Der Anteil der über 45-Jährigen steigt um rund 45 Tsd. Personen an, während die Zahl der jungen Erwachsenen (18- unter 25-Jährigen) im betrachteten Zeitraum insgesamt um ca. 50 Tsd. Personen und die Zahl der zwischen 25 bis unter 45-Jährigen um ca. 107 Tsd. abnimmt.

Differenzierte Entwicklung in den städtischen Teilräumen

Die Veränderung in der Altersstruktur entwickelt sich in den städtischen Teilräumen unter-schiedlich und wird durch innerstädtische Wanderungen zusätzlich modifiziert. Von den zwölf Berliner Bezirken wird nur für drei Bezirke ein Bevölkerungswachstum prognostiziert, nämlich für Pankow, Treptow-Köpenick und Spandau. Die Altersgruppen weisen ebenfalls eine differenzierte räumliche Verteilung auf. Die höchsten Seniorenanteile in Relation zur Bevölkerungszahl der Bezirke werden 2020 in Steglitz-Zehlendorf (25,9 %) und in Reinickendorf (23,7 %) erwartet, also in Außenbezirken der Stadt. Kinderreiche Bezirke mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen (unter 18 Jahren) werden 2020 in Neukölln (16,7 %), gefolgt von Spandau und Reinickendorf zu finden sein, also auch in den Außenbezirken.

Abbildung 5: Bevölkerungsprognose 2002 bis 2020; Veränderung der Altersgruppe 0 bis unter 18 Jahre in Prozent (Quelle: SenStadt (2004))

2 Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine schrittweise Anpassung der „regulären“ Renteneintrittsaltersgrenze auf 67 Jahre erfolgen wird, die bis 2020 für den überwiegenden Anteil der Erwerbstätigen Realität sein wird.

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Abbildung 6: Bevölkerungsprognose 2002 bis 2020; Veränderungen der Altersgruppe 65 Jahre und älter in Prozent (Quelle: SenStadt (2004))

Differenzierung der städtischen Gesellschaft

Sowohl die Struktur der Haushalte als auch die Lebensweisen verändern sich. Vielfalt kenn-zeichnet Berlin in diesen Komponenten: unter anderem von der klassischen Familie über Alleinerziehende bis hin zu Singles oder gleichgeschlechtlichen Paarhaushalten und bürger-lichen, hedonistischen oder traditionellen Arbeiter-Milieus. Im Zeitraum zwischen 1991 bis 2004 wurde in Berlin ein Anstieg der Haushalte von Alleinerziehenden mit Kindern von 120.000 auf 160.000 Tsd. verzeichnet. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Haushalte von Familien mit Kindern von 290.000 auf 180.000 Tsd. (Amt für Statistik Berlin-Branden-burg). Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund wird sich laut der aktuellen Prog-nose bis zum Jahr 2020 aufgrund von Einwanderung und höherer Geburtenraten von Fami-lien mit Migrationshintergrund und einer schnelleren Generationenfolge weiter erhöhen. Mit der sozialen und kulturellen Vielfalt verbunden sind Gestaltungschancen, aber auch das Risiko von sozialen und interkulturellen Spannungen. Die Anzahl der Ein- und Zweiper-sonenhaushalte steigt insgesamt an, was mit dem Begriff der Singularisierung bezeichnet wird. Hierdurch wird trotz konstanter Wohnbevölkerung die Zahl der Haushalte in Berlin von rd. 1,89 Mio. (2005) bis 2015 um ca. 4% auf rd. 1,97 Mio. Haushalte zunehmen. Das Institut Empirica3 rechnet bis 2020 sogar mit einer 20%igen Zunahme der Haushaltszahlen. Die stärkste Zunahme wird bei den Haushalten der Altersgruppe „50+“ zu verzeichnen sein.

3 Vgl. LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin-Hannover (Hrsg.) (2007): Wohnformen der Zukunft, Schriftenreihe Band 27, S. 34

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3. Herausforderungen des demografischen Wandels für Berlin Berlin erwartet bis 2020 eine stabile Bevölkerung und unterscheidet sich damit von anderen europäischen Metropolen, die das nationale Wachstum auf sich konzentrieren. Gleichwohl ist Berlin nicht nur regionaler Motor mit einer herausragenden Stellung in Ostdeutschland, sondern nimmt als Hauptstadt und größte Stadt der ganzen Bundesrepublik eine besondere Position ein. Die Herausforderungen liegen in der frühzeitigen politischen Gestaltung des demografischen Wandels, um positive Entwicklungen zu fördern und negative Folgen zu vermeiden. Erfolgreich sind dabei Städte und Regionen, die

• attraktive Arbeitsgelegenheiten bieten (people follow jobs),

• die attraktive Lebensbedingungen für knapp werdende Arbeitskräfte bieten, also für junge, gut qualifizierte Menschen (jobs follow people) und

• denen es gelingt, das endogene Arbeitspotential gut auszuschöpfen (Frauen, ältere Men-schen, bisher nicht in den Arbeitsmarkt integrierte Menschen).

Die folgenden Facetten/Auswirkungen sind im Rahmen des Demografie-Konzepts zukünftig zu bewältigen:

1. Die Profilierung in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit und Bildung, um die ökonomische Basis zu verbessern und damit Gestaltungsspielräume zu gewinnen,

2. die wachsende Dynamik der sozialräumlichen Prozesse aufgrund der Internationalisie-rung sowie

3. die veränderte Nachfrage bezüglich der städtischen Infrastruktur aufgrund der differen-zierten gesellschaftlichen Struktur.

3.1. Profilierung: Arbeits- und Bildungssystem, Standort Um die Handlungsspielräume für die Gestaltung des demografischen Wandels zu vergrö-ßern, ist die Stärkung und internationale Profilierung des Wirtschaftsstandortes Berlin eine wichtige Strategie. Berlin ist das Ziel von Zuwanderern sowohl aus dem Ausland als auch aus dem übrigen Bundesgebiet und übt als Metropole ungebrochen eine hohe Anziehungs-kraft auf die Menschen aus.

Konkurrenz um junge Köpfe und Ausschöpfung des Beschäftigtenpotentials

Studierende und gut qualifizierte Menschen sind das Zukunftspotenial der Stadt mit ihrer attraktiven und breit gefächerten Hochschullandschaft. Zwischen 1991 und 2005 konnte die Stadt einen Zuwachs von 246 Tsd. jungen Menschen im Alter von 18 bis unter 35 Jahren verzeichnen. Diese Gruppe wird zukünftig (auch bundesweit) weiter schrumpfen, so dass bei gleichzeitiger Alterung der Erwerbsbevölkerung einem Fachkräftemangel auf lange Sicht frühzeitig entgegengesteuert werden muss. In diesem Zusammenhang sind das Potential qualifizierter Frauen zu nutzen und zu aktivieren sowie die Stärkung der Zuwanderung von (Hoch-)Qualifizierten und der Ausbau zusätzlicher Qualifizierungsangebote als wichtige Strategieelemente zu verfolgen. Dem oft diskutierten „brain-drain“ muss Berlin durch verbes-serte Rahmenbedingungen insbesondere im Studium, in der Forschung und bei der Auf-nahme von Erwerbstätigkeit begegnen. Daher ist es in der Konkurrenz um junge Menschen wichtig, einer Abwanderung der gut qualifizierten Einwohner in andere Teile Deutschlands oder das Ausland vorzubeugen und gleichzeitig attraktiv für den Zuzug dieser Gruppe zu sein. Das betrifft auch damit verbundene Lebensbereiche, wie die günstige Wohnraumver-sorgung für Studierende, Beratungsangebote für ausländische Studierende und Arbeitneh-

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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mer und Arbeitnehmerinnen sowie eine Vielfalt der kulturellen Angebote für die Freizeit-gestaltung.

Im Zusammenhang mit der Mismatch-Problematik (Parallelität von Fachkräftemangel bei gleichzeitig hoher Arbeitslosigkeit) ist zu beachten, dass der demografische Wandel nicht qualifikationsneutral verlaufen wird, sondern zukünftig in bestimmten Bereichen ein ver-schärfter Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften zu befürchten ist.

Eine bessere Ausschöpfung des Arbeitskräftepotentials in der Region erfordert daher ein Bündel von Strategien. Dazu gehören sowohl eine bessere Abstimmung zwischen den An-forderungsprofilen freier Stellen und dem Qualifikationsprofil der Arbeitssuchenden, als auch die Verkürzung der Schul-, Ausbildungs- und Studienzeiten, berufsbegleitende Weiterbil-dungs- und Umschulungsangebote sowie ein umfassendes und niederschwelliges Informati-ons- und Beratungsangebot zur (Weiter-)Bildung sowie verbesserte Rekrutierungsstrategien der mittelständischen Unternehmen in der Region. Darüber hinaus wird die demografische Entwicklung die Arbeitgeber veranlassen, verstärkt ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen.

Ausbau der Lern- und Weiterbildungsangebote

Unter dem Stichwort „Lebenslanges Lernen“ werden neue Konzepte im Bereich der Weiter-bildung für alle Altersgruppen benötigt. Ein Hauptgrund dafür ist die Notwendigkeit, Bil-dungsreserven zu erschließen und die Lebenschancen von Menschen mit geringen Schul-kenntnissen und geringen formalen Qualifikationen zu verbessern (Angebote zur Grundbil-dung und zum Nachholen von Schulabschlüssen). Ein weiterer wichtiger Grund wird die steigende Nachfrage der jungen Alten (65-bis 80-Jährige) nach Freizeitmöglichkeiten und Weiterbildungsangeboten sein, worunter auch die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien fällt. Es ist auch zu berücksichtigen, dass insbesondere die Gruppe der jungen Alten über große Kompetenzen und Fähigkeiten verfügt, die in Form von bürgerschaftlichem Engagement für die Allgemeinheit mobilisiert werden können. Es geht hierbei aber nicht ausschließlich um die Elemente des „Lebenslangen Lernens“, sondern um viele neue Wege einer altersgerechten Arbeits- und Weiterbildungskultur in den Unterneh-men und öffentlichen Einrichtungen.

Integrations- und Qualifikationsbedarf

Eine große Herausforderung liegt in der Integration von Berliner Migrantinnen und Migranten in den Bildungs- und Arbeitsbereich. Das Integrationskonzept 2007 weist auf deutliche Unterschiede bei den Bildungsabschlüssen von Kindern mit gegenüber denjenigen ohne Migrationshintergrund hin. Um diesen negativen Trend zu stoppen und umzukehren, sind in der Konsequenz spezifische Angebote und besondere Qualifizierungsmaßnahmen für alle Altersgruppen und spezielle Maßnahmen zur Sprachförderung im Rahmen von nachschuli-scher Betreuung erforderlich. Berlin hat mit seinem Schulgesetz von 2004 bereits Konse-quenzen gezogen und spezifische Angebote und besondere Qualifizierungsmaßnahmen festgelegt (z.B. Kita/vorschulische Bildung, Schulanfangsphase, Ganztagsschule und neu Gemeinschaftsschule). Der Integrationsbedarf ist auch insofern von Bedeutung, als der Arbeitsmarkt für Personen aus den MOE-Staaten spätestens 2011, nach Vorstellung Berlins bereits vor 2011, geöffnet wird und die Zuwanderer samt ihren Familien in Gesellschaft und Beruf integriert werden müssen.

Standortprofilierung

Die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch die Standortsicherung für Industrie und Gewerbe mit einem guten Flächenmanagement sind Maßnahmen, die im Sinne einer intensiven Standortpolitik und der langfristigen Bereitstellung von genügend

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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Arbeitsplätzen besondere Aufmerksamkeit verlangen. Bezogen auf die hohen Anteile von gering qualifizierten Arbeitnehmern ist weiterhin ein Arbeitsplatzangebot auch für Niedrig-qualifizierte erforderlich. Diesbezüglich besteht die Herausforderung, solche Arbeitsplätze zu erhalten bzw. das bestehende Angebot zu erweitern.

Eine Stärkung des Unternehmertums ist wirtschaftspolitisch aufgrund der Herausforderungen des demografischen Wandels noch mehr geboten als bisher, da ein hohes Gründungs-geschehen in der Regel mit einer erhöhten wirtschaftlichen Dynamik einhergeht. Wichtig für Berlin ist deshalb die Ausschöpfung von Gründungspotentialen (z.B. in technologieorientier-ten Bereichen und der Kreativwirtschaft, usw., bei Frauen und bei Personen mit Migrations-hintergrund). Zudem verstärkt die demografische Entwicklung das Problem des Unterneh-mensübergangs, so dass die Sicherung der Unternehmensnachfolge eine wichtige Heraus-forderung für die Wirtschaftspolitik, insbesondere die Mittelstandsförderung ist4.

3.2 Dynamik: Sozialräumliche Verteilung der Bevölkerungsgruppen Berlin wird älter und Berlin wird internationaler. Das hat Folgen für die sozialräumliche Ver-teilung der Bevölkerungsgruppen im Stadtgebiet.

Räumliche Konzentration von Personen mit Migrationshintergrund

Die Migration aus dem Ausland konzentriert sich traditionell auf bestimmte Westberliner Innenstadtbezirke. Allerdings finden sich mit der Gruppe der Aussiedler auch im östlichen Teil Zuzugsgebiete von Menschen mit Migrationshintergrund, die bislang statistisch nicht erfasst werden. Für die unterschiedlichen Gruppen von Personen mit Migrationshintergrund lassen sich bezogen auf die gesellschaftliche Integration unterschiedliche Problematiken feststellen, die von der kulturellen Herkunft, dem Bildungs- und Qualifikationsniveau, dem Geschlecht und den lokalen räumlichen Gegebenheiten abhängen. Demnach sind weiterhin differenzierte Konzepte zur Unterstützung der gesellschaftlichen Integration erforderlich, die sich an die Zugewanderten selbst genauso wie auch an die Aufnahmegesellschaft richten. Insbesondere der Bildungsbereich steht angesichts der weiter steigenden Anteile von Kin-dern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund vor besonderen Herausforderungen und Anstrengungen. Angesichts der absolut zurückgehenden Zahlen von Kindern und Jugendli-chen wird die Qualifizierung und Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrations-hintergrund damit zu einer der wichtigsten Zukunftsfragen der Stadt.

Zunehmende Armut und sozialräumliche Polarisierung

Häufig treten die Merkmale der sozialen Benachteiligung räumlich konzentriert auf – Armut, Arbeitslosigkeit und ein hoher Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Insbesondere für die Migranten/-innen haben sich seit Anfang der 1990er Jahre die sozialen und wirt-schaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtert. Besonders in innerstädtischen Gebieten ist eine hohe Fluktuation der Bewohner zu verzeichnen, die sich in den vergangenen 15 Jahren einerseits in einer Abwanderung mittlerer Einkommensschichten und andererseits dem Zuzug einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen niedergeschlagen hat.

4 Mit jedem Unternehmen, das aufgrund nicht geregelter Nachfolge stillgelegt werden muss, gehen im Schnitt rund 10 Arbeitsplätze verloren, während bei einer Neugründung von 5 neu geschaffenen Arbeitsplätzen fünf Jahren nach der Gründung ausgegangen wird.

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Abbildung 7: Nichtdeutsche Arbeitslose 2004 (Quelle SenStadt 2004)

Hinzu kommt die Lage auf dem Arbeitsmarkt, wo sich die ungleichen Zugangsmöglichkeiten zur Arbeit aufgrund des Bildungsniveaus, der Herkunft, des Alters und des Geschlechts negativ auf die Lebensbedingungen der Menschen auswirken. Durch diskontinuierliche Erwerbsverläufe, Altersdiskriminierung in der Einstellungspraxis und das sinkende Niveau der Altersrente wird zukünftig der Anteil von armen älteren Menschen deutlich steigen (Altersarmut). Gegenwärtig sind Frauen stärker von Altersarmut betroffen, da sie aufgrund von Teilzeittätigkeit, geringfügiger Beschäftigung, als allein Erziehende und Pflegende von Angehörigen geringere Verdienst- und Karrieremöglichkeiten wahrnehmen konnten.

Seit längerem sind Quartiere zu erkennen, in denen sich durch die Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Probleme überlagern. In der Folge sind - abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung und den Prozessen am Wohnungsmarkt - weiter zu-nehmende, sich selbst verstärkende (Segregations-) Prozesse wahrscheinlich.

Gleichzeitigkeit von Knappheit und Leerständen in unterschiedlich attraktiven Woh-nungsmarktsegmenten

Die veränderten Haushalts- und Lebensformen führen in besonders attraktiven Wohnvierteln im Innenstadtbereich (Trendquartiere in der östlichen Innenstadt) zu einer spürbaren Verän-derung des Angebots an Wohnungen im Segment des mehrgeschossigen Wohnungsbaus. Parallel dazu existiert ein konstanter Leerstand, der dispers über die unterschiedlichen Bestände (Altbau, Großsiedlungen) verteilt ist. Konzentrationen bestehen nach wie vor in Marzahn-Hellersdorf, Wedding und Neukölln-Nord, hier überlagern sich unterschiedliche Problemlagen und verstärken damit negative Imageeffekte. Auch in den durch Ein- und

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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Zweifamilienhäuser geprägten Siedlungsgebieten verändern sich die Sozialstrukturen, weil langfristig immer mehr ältere Menschen als Paar oder als Einzelperson in der ehemals auf eine Familie mit Kindern ausgerichteten Wohneinheit leben. Dabei muss auch in Erwägung gezogen werden, dass sich in Gebieten mit einer starken Überalterung der Einwohner durch die steigenden Sterberaten langfristig ein Überhang an Bestandsimmobilien im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser ergibt. In der Konsequenz kann in Zukunft eine wachsende demografische Segregation auftreten. In räumlicher bzw. städtebaulicher Hinsicht geht es darum, mit der sich ändernden Nachfrage durch Bedarfsanpassung ein qualifiziertes Ange-bot sowohl im Wohnungsbestand als auch günstige Rahmenbedingungen für den weiterhin erforderlichen Wohnungsneubau zu schaffen.

3.3 Vielfalt: Weiterentwicklung von Infrastrukturangeboten Die Vielfalt der Lebensweisen steigt und damit auch die Nachfrage und die Ansprüche der Wohnbevölkerung an ihre Wohnung, ihr Wohnumfeld und das Infrastrukturangebot.

Stabilisierung und Betreuung

Integration bedeutet in diesem Fall auch die Sicherstellung von Angeboten für alle Bedarfs-gruppen, also unter anderem für Familien mit Kindern in einer kinderfreundlichen Stadt, für junge Singlehaushalte, für ältere Menschen und für unterschiedliche Nationalitäten. Beson-derer Bedarf entsteht bei Singlewohnungen im innerstädtischen und innenstadtnahen Bereich sowie bei den barrierefreien Wohnungen und dem Servicewohnen. Damit hängen auch die Aufgaben der Stabilisierung einer wohnungsnahen Versorgungsinfrastruktur und der Sicherstellung eines möglichst barrierefreien Zugangs älterer Menschen zur Mobilität eng zusammen. Darüber hinaus wird eine große soziale und finanzielle Herausforderung in der Bereitstellung von niedrigschwelligen Dienstleistungen, Betreuungs- und Pflegeangeboten insbesondere für die Gruppe der Hochbetagten liegen. Das Ziel ist es – sowohl dem überwiegenden Interesse der Zielgruppe als auch dem Konzept der Begrenzung der Kostenentwicklung im Pflegebereich entsprechend – dem möglichst langen Verbleib in Formen des selbstbestimmten Einzelwohnens und generationsgemischten Nachbarschaften Vorrang vor dem Ausbau von Heimplätzen und stationären Pflegeangeboten einzuräumen.

Infrastrukturanpassung

Das Spektrum des Anpassungsbedarfs auf der Seite der öffentlichen Infrastruktur und der öffentlichen Dienstleistungen ist groß. Treiber sind neben dem veränderten Altersaufbau die teilräumlichen Entwicklungsunterschiede sowie die sich verändernden Lebensstile. Die Angebote sowohl der sozialen als auch der technischen Infrastruktur sowie der öffentlichen Dienstleistungen sind räumlich, zeitlich und qualitativ besser auf die jeweiligen Bedarfsent-wicklungen abzustimmen. Das macht eine Umorientierung von spezialisierten, monofunktio-nalen Infrastruktureinrichtungen und öffentlichen Dienstleistungen (z.B. im ÖPNV) auf flexi-bel nutzbare und demografisch anpassbare Einrichtungen und Dienste notwendig. D.h., die Infrastruktur muss sowohl auf den Bedarf junger berufsorientierter Mütter und Väter ausge-richtet werden, wozu Kindertagesbetreuungs- und Schulangebote gehören, die eine für die Eltern verlässliche Betreuung gewährleisten können, sowie andere wohnortnahe und gut zu erreichende Infrastrukturangebote, wie z.B. Facharztpraxen. Auch ein Wohnumfeld, das für Kinder und ihre Familien genügend Bewegungsanlässe schafft (verkehrsberuhigte Zonen, Spielplätze usw.) ist für eine gesunde Entwicklung von Kindern notwendig. Zur anzupassen-den Infrastruktur gehören aber auch Angebote, die den Bedarf älterer zum Teil hilfebedürfti-ger Frauen und Männer berücksichtigen. Bisherige monofunktional ausgerichtete Infra-strukturangebote sollten räumlich die Funktionen von Stadtteilzentren auf der Planungs-ebene der Sozialräume erfüllen. Es bestehen zudem Chancen, die Dienstleistungsqualität zu

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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verbessern, neue Arbeitsplätze zu schaffen und technische Innovationen als Standortvorteil zu nutzen und auszubauen.

Die Veränderung der Altersstruktur und die Ausdifferenzierung der Lebensweisen, die sich teilräumlich unterschiedlich abbilden, führen zu einem engen Nebeneinander von Wachstum und Schrumpfung. Daher ist es notwendig, eine Vielfalt von öffentlichen Angeboten bereit zu halten bzw. (z.B. im ÖPNV) neu zu entwickeln und einzuführen, die räumlich und zeitlich differenziert auf die unterschiedlichen Bedarfsentwicklungen abgestimmt sind. Auch neue Formen öffentlicher Dienstleistungen sind hierfür zu entwickeln. Bezogen auf die Infrastruktur stellt sich sowohl die Frage nach geeigneten Instrumenten einer flexiblen und auf den jeweiligen Bedarf angepassten Umorientierung bestehender Angebote (z.B. im Öffentlichen Gesundheitsdienst), nach der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen als auch die nach ihrem langfristigen Unterhalt, der vor dem Hintergrund eines hohen „Unterhaltsstaus“ insbesondere bei der technischen Infrastruktur zu klären sein wird. Aus teilräumlichen Bevölkerungsrückgängen und Verschiebungen in der Altersstruktur folgen vielfach keine äquivalenten Kostensenkungen. Hohe Remanenzkosten bestehen insbesondere bei der technischen Infrastruktur, aber auch bei öffentlichen Dienstleistungen wie dem ÖPNV. Die öffentliche Hand muss in der Summe teilweise mit steigenden Aufwendungen rechnen: Bei-spielsweise ist bei rückläufigen Schülerzahlen in Teilräumen (Beispiel Marzahn-Hellersdorf) mit geringen Kinderzahlen eine Grundversorgung sicherzustellen, während gleichzeitig in Räumen mit steigenden Kinderzahlen (Beispiel Prenzlauer Berg) zusätzliche Infrastruktur-einrichtungen notwendig sein könnten. In Anbetracht dessen sind Infrastrukturen und Dienstleistungen altersgruppenübergreifend, multifunktional und flexibel zu konzipieren, zu organisieren bzw. umzustrukturieren.

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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4. Prioritäten, Handlungsfelder und strategische Ziele Der demografische Wandel wirkt sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammen-ebens aus. Als Folgerung aus den genannten Herausforderungen ergibt sich die Frage, wie Berlin einerseits die schon vorhandenen Stärken des Standorts zielgerichtet ausbauen und andererseits auf die sich verändernde Bevölkerungs-, Sozial- und Wirtschaftsstruktur ange-messen reagieren kann. Welche Herausforderungen ergeben sich aus veränderten familiä-ren Beziehungen und der zunehmenden Vielfalt von Lebensweisen und Bedürfnissen für kommunales Handeln und für die Stadtpolitik, und welche Bedeutung wird ihnen im Umgang mit dem demografischen Wandel beigemessen?

Die Weichen zur Gestaltung des demografischen Wandels müssen schnell gestellt werden. Dafür ist zum einen die Entwicklung neuer Maßnahmen wichtig, die direkt und langfristig den demografischen Wandel auch als Chance begreifen und positiv steuern können. Dies soll auch geschlechtergerecht erfolgen. Zum anderen gibt es bereits Maßnahmen, die schon wirksam sind und den demografischen Wandel gestalten. Sie bedürfen jedoch einer laufen-den Überprüfung, damit sie gegebenenfalls an die sich ändernden gesellschaftlichen Ver-hältnisse angepasst werden können. Das Demografie-Konzept dient der gemeinsamen Verständigung sowohl über die anstehenden Herausforderungen als auch über die Ziele und Strategien, die als richtungsweisend für eine positive Gestaltung des demografischen Wan-dels in Berlin gelten können. Das betrifft sowohl die inhaltliche Ausgestaltung als auch die Verständigung über Verfahrensfragen (Konsens, senatsübergreifend, Einbindung von loka-len Akteuren etc.) für die konkrete Umsetzung.

In der Senatsvorlage zum Demografie-Konzept Berlin (Nr. 500/2007 vom 3. Juli 2007) wurde festgestellt, dass das Demografie-Konzept insbesondere die Politikfelder Wirtschaft, Arbeit, Bildung und Wissenschaft, Integration, Soziales sowie Stadtentwicklung umfasst. Dement-sprechend wurden vier ressortübergreifende und querschnittsorientierte Handlungsfelder zum Demografie-Konzept herausgearbeitet.

Nur die Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Berlins macht die Stadt auch zukünftig interessant für zuwandernde Menschen. Die optimale Ausschöpfung des Arbeitskräftepotentials und die Produktivitätsentwicklung sind Voraussetzung für die finanzielle Gestaltungsfähigkeit der Berliner Politik, gerade auch im Hinblick auf die Heraus-forderungen des demografischen Wandels. Standortvorteile ergeben sich durch die sehr gute Infrastrukturversorgung, insbesondere das Angebot der Kindertagesbetreuung, große Flächenpotentiale sowie ein zur Zeit günstiges Niveau bei Boden- und Mietpreisen. Stich-worte für die zukünftige Entwicklung in dieser Hinsicht sind: den Wirtschaftsstandort Berlin fördern, dem Fachkräftemangel vorbeugen und die Attraktivität für Kreativwirtschaft, Touris-mus und Kultur ausbauen.

Die Zahlen der Kinder und Familien sind seit langer Zeit im gesamtstädtischen Durchschnitt rückläufig. Gleichwohl stellen sie eine wichtige Säule der demografischen Entwicklung und Zukunftsfähigkeit Berlins dar. Berlin sollte Familien und Kinder durch entsprechende kinder-, jugendlichen- und familienfreundliche Infrastrukturen, räumliche Qualitäten und Dienstleistungen unterstützen. Der Attraktivität und Leistungsfähigkeit von Erziehungs- und Bildungseinrichtungen kommt dabei eine tragende Rolle zu. Schlagworte sind hierbei die Wohnqualität verbessern, das Wohnumfeld fußgänger- und kinderfreundlich gestalten sowie die Bildungs-, Jugendhilfe- und Gesundheitsinfrastruktur familienfreundlich weiterzuentwickeln.

Zudem sind die Integration von Zugewanderten und die Sicherung des sozialen Miteinan-ders wichtig für eine ausgewogene Stadtentwicklungspolitik. Dies bedeutet im Einzelnen, eine Willkommenskultur zu entwickeln, interkulturelle Kompetenzen der Verwaltung zu

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Demografie-Konzept für Berlin – Zwischenstand

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verbessern, Sprach- und Kulturmittlungsangebote (z.B. für den Gesundheitsbereich) weiter-zuentwickeln und abzusichern, interkulturelle und berufliche Kompetenz der Migranten zu stärken sowie die soziale Stabilität der Quartiere sichern. Insbesondere die Verbesse-rung der Bildungssituation, die Arbeitsmarktintegration von jugendlichen Migranten und wirk-same Antidiskriminierungsmaßnahmen bilden hier Schwerpunkte.

Der demografische Wandel führt zu einer starken Zunahme von älteren und insbesondere hochbetagten Menschen, wobei Frauen weiterhin die Mehrheit in dieser Gruppe bilden. Die Zunahme erfordert die Verbesserung der Rahmenbedingungen für ein möglichst langes selbstbestimmtes Wohnen durch altersgemäße Wohnungsanpassungen, Stärkung gemeinschaftlicher Wohnformen, Verbreiterung niedrigschwelliger Dienstleistungsangebote sowie die Erschließung der Kompetenzen und der Mitwirkungsbereitschaft der alternden Gesellschaft. Unterstützungsangebote für ältere Menschen sollten quartiersbezogen ange-boten und organisiert werden. Dies kann helfen, die demografische Mischung der Bevölke-rungsgruppen zu erhalten oder zu steigern. Darüber hinaus sollen die Quartiere durch die Stärkung gemischter Nutzungen und Versorgungsangebote in ihrer Vitalität gestärkt werden.

Aufgrund der dargestellten Komplexität bietet sich bei der Erstellung eines Demografie-Kon-zeptes eine integrierte und ressortübergreifende Sicht- und Handlungsweise an. Die nach-folgend dargestellten querschnittsorientierten Handlungsfelder des Demografie-Konzepts betreffen die einzelnen Senatsverwaltungen in unterschiedlicher Form und stellen gleichzei-tig Ansatzpunkte zur Kooperation und zur Erzielung von Synergieeffekten dar. Es wurden gemeinsam unterschiedliche Handlungsfelder für ein mögliches Demografie-Konzept disku-tiert und letztendlich vier herausgearbeitet. Diese lauten:

• Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt • Familien- und kinderfreundliche Stadt • Weltoffene und soziale Stadt • Langes Leben in der Stadt

Sie werden im weiteren Verlauf der Arbeiten am Demografie-Konzept fortentwickelt. Sie stellen demnach noch kein abschließendes Ergebnis dar. Anhand der Handlungsfelder wurde eine zielgerichtete Bestandaufnahme durchgeführt, bei der die Senatsverwaltungen im Hinblick auf den demografischen Wandel besonders relevante Ansätze ihrer Häuser den Handlungsfeldern zugeordnet haben. Es handelt sich also nicht um eine vollständige Erhe-bung demografierelevanter Ansätze des Berliner Senats. Die Ansätze der Senatsverwaltun-gen wurden zudem nach ihrer Reichweite in den drei Ebenen „Programm, Gesetz, Initiative“, (rahmensetzend), „Maßnahme, Projekt, Kampagne, Modellvorhaben“ (umsetzungsorientiert) und „Kommunikation/Organisation“ (informativ) systematisiert (genauere Beschreibung siehe auch S.6). Prinzipien, die grundlegend im Umgang mit dem demografischen Wandel Berück-sichtigung finden, sind: Gender Mainstreaming, Chancengleichheit, bürgerschaftliches Engagement und Nachhaltigkeit.

Im Folgenden werden zunächst die Handlungsfelder inhaltlich vorgestellt und ihnen an-schließend die Politikansätze aus der Bestandsaufnahme zugeordnet, die nach strategi-schen Zielen zusammengefasst sind.

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4.1 Handlungsfeld „Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt“ Eine stabile wirtschaftliche Grundlage ist eine wichtige Voraussetzung für die Bewältigung und Gestaltung des demografischen Wandels in Berlin. So werden die Rahmenbedingungen im Hinblick auf das Arbeitsplatzangebot verbessert und die finanziellen Handlungsspiel-räume des Landes gesichert und erweitert. Damit verbunden sind für Berlin einige Heraus-forderungen:

Berlin steht im zunehmenden Wettbewerb um Einwohner und Innovationsträger und muss im Hinblick auf eine qualifizierte Zuwanderung sein Profil fortentwickeln und sich stärker positionieren,

Berlin muss einem Fachkräftemangel durch die Ausschöpfung der Erwerbspotentiale insbesondere von gut qualifizierten Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmern entgegenwirken und

Berlin muss eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung speziell in zukunftsträchtigen innovativen Berufsfeldern für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen in den Mittelpunkt der politischen Bemühungen stellen.

Berlin ist nicht nur als deutsche Hauptstadt interessant, sie ist auch eine Stadt der Wissen-schaft, eine Stadt der Kreativen, der urbanen Avantgarde, die andere Kreative anzieht. Für die ausbildungs- und berufsbedingten Zuwandernden ist das vielfältige Kultur- und Freizeit-angebot ein wichtiger Standortfaktor. Die Berliner Bevölkerung muss unter dem Stichwort „Lebenslanges Lernen“ und entsprechend den Herausforderungen der Wissensgesellschaft kontinuierlich qualifiziert werden. Das bedeutet sowohl eher bildungsfernen Schichten ent-sprechende Qualifikationen zu vermitteln als auch bereits gut Qualifizierte weiter zu qualifi-zieren. Es ist notwendig, die Bindungs- oder Anziehungswirkung Berlins auf wirtschaftliche Leistungsträger zu erhöhen, um für die Stadt eine wirtschaftliche Stabilität und zukunftsfä-hige Perspektiven zu entwickeln. Vor dem Hintergrund eines etwaigen Fachkräftemangels ist – neben der Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen – die Integration älterer Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt eine logische Konsequenz der demo-grafischen Entwicklung und unverzichtbar für wirtschaftlichen Erfolg und Innovation. Ältere Menschen verfügen im Erwerbsleben über einen erheblichen Wissens- und Erfahrungs-schatz und damit über Ressourcen, auf die eine Gesellschaft des langen Lebens nicht länger verzichten kann.

Strategische Ziele Handlungsfeld "Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt"

Berlin als Wirtschaftsstand-ort und als Metropole

fördern

Fachkräftemangel vorbeu-gen, Wissenschaftsstandort ausbauen und Innovations-

fähigkeit steigern

Einführung einer neuen Arbeitskultur und Stärkung

des Unternehmertums

Attraktivität als Standort für Kreativwirtschaft, Kultur und Tourismus ausbauen

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4.1.1 Strategische Ziele „Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt“ Berlin als Wirtschaftsstandort und als Metropole fördern

Eine gesunde wirtschaftliche Basis ist Grundlage für eine zukunftsfähige Entwicklung Berlins. Sie sichert die finanzielle Handlungsfähigkeit der Hauptstadt. Im europäischen Wettewerb der Ballungszentren ist Berlin als für internationale Unternehmen und Fachkäfte attraktive Metropole zu stärken.

Auf der programmatischen Ebene besteht die bereits laufende Wachstumsinitiative Berlin 2004-2014 und in Planung ist die Weiterführung der Berliner Gesamtstrategie für mehr Wachstum und Beschäftigung 2007-2013 im Rahmen der EFRE und ESF-Förderung. Hinzu kommen laufende Programme zur Existenzgründungsförderung. Umsetzungsorientierte Maßnahmen und Projekte, die zum Teil zielgruppenspezifisch entwickelt und durchgeführt werden, sind u. a. der Berliner Unternehmerinnen-Tag, die Vergabe von Darlehen und Gründungsprämien und die Durchführung eines Businessplan-Wettbewerbs Berlin-Branden-burg. Hinzu kommen die operationellen Projekte der EFRE- und ESF-Förderung, die einen sozialräumlichen Ansatz verfolgen und in dem viele Projekte vor Ort in den Quartieren unter Einbeziehung der Bewohner/-innen realisiert werden.

Fachkräftemangel vorbeugen, Wissenschaftsstandort ausbauen und Innovations-fähigkeit steigern

Um im bundes-, europaweiten und globalen Wettbewerb um junge Köpfe und Talente zu bestehen, braucht Berlin einen international besetzten Hochschulstandort und eine intensive Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Spitzenforschung und Produktionsinnovatio-nen sowie ein attraktives urbanes Umfeld schaffen Anreize nach Berlin zu kommen und zu bleiben. Gleichzeitig sind sie die Basis für Innovationen und wirtschaftlichen Erfolg.

Berlin ist eine der kreativsten und innovativsten Metropolen weltweit. Wissenschaft ist dabei für Berlin die große Zukunftschance - alle Analysen der Innovationspotentiale der Stadt aus den letzten Jahren kommen zu diesem Ergebnis. Durch einen qualitativen und quantitativen Ausbau von Studienplätzen gewinnt Berlin für junge Menschen international an Attraktivität und sichert sich so ein Potential an Talenten und gut ausgebildeten Fachkräften, das auf-grund der demographischen Entwicklung entscheidend für die Bedeutung der Stadt sein wird. Mit dem Masterplan "Wissen schafft Berlins Zukunft!" wird Berlin seine Studienplatz-kapazität noch einmal deutlich ausbauen und eine Offensive für die Spitzenforschung star-ten. Das Wissenskolleg des Regierenden Bürgermeisters wird die Entwicklung Berlins zur Wissenschaftsstadt durch Veranstaltungen auf wissenschaftlichem Spitzenniveau begleiten. Ein Berliner Wissenschaftspreis soll herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler auszeichnen. Das „Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“ ist als eine Säule des Masterplans auf die Nutzung aller Talente und Kompetenzen von Frauen und auf die Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft gerichtet. Gleichzeitig werden Stipendien für hochqualifizierte Migranten/-innen vergeben und das Bildungsprogramm der Volkshochschulen trägt laufend zur Erschließung von Bildungsreserven bei. Der Zweite Bildungsweg als Teil der Berliner Schule ermöglicht jährlich etwa 1.300 Personen, einen ersten oder höheren Schulabschluss zu erreichen. Außerdem wird das Lernnetz Berlin-Brandenburg e.V. weiter ausgebaut und bietet qualifizierte Bildungsberatung für alle Zielgruppen an. Auf der Projektebene soll der Ausbau der Ganztagsschule und die Einführung der Gemeinschaftsschule zukünftig die Potentiale der Kinder und Schüler besser fördern. Verschiedene Regelungen für ein Bil-dungscontrolling und Ansätze für eine flächendeckende Messung des Erfolges von Unter-richt und Erziehung tragen insgesamt zu einer gesteuerten Verbesserung des Qualifizie-rungsangebotes von der Kindertagesstätte bis zur schulischen Ausbildung bei.

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Einführung einer neuen Arbeitskultur und Stärkung des Unternehmertums

Eine immer länger lebende Gesellschaft, die aus immer weniger Jüngeren und immer mehr Älteren besteht, wird nicht auf das Wissen und die Ressourcen älterer Menschen verzichten können. Dabei sollte aber auch berücksichtigt werden, dass besonders für Frauen die immer noch schwierige Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit ein ernstzunehmendes Pro-blem darstellt, das sich mit der steigenden Anzahl von im häuslichen Rahmen zu pflegenden alten Menschen in Zukunft noch verschärfen wird. Dies erfordert eine neue Arbeits- und Unternehmenskultur in allen Bereichen der Wirtschaft. Bestandteil dessen sollten, flexible Formen der Erwerbsarbeit im Alter ebenso wie die Anpassung der Betreuungszeiten von Kindern an eine sich immer weiter flexibilisierende Arbeitswelt sein.

Die Integration von Wissen und Fertigkeiten wird in geringerem Maße als bisher über die Rekrutierung junger Fachkräfte möglich sein. Daher gewinnt die Erhaltung und Förderung der Innovationsfähigkeit der bestehenden und alternden Mitarbeiterbelegschaften sowie die Schaffung adäquater Rahmenbedingungen, die die körperliche und geistige Leistungsfähig-keit bis zum Erreichen des Rentenalters unterstützen oder überhaupt ermöglichen, stark an Bedeutung. Es muss auch flexible Formen der „Erwerbsarbeit im Alter“ über das Rentenalter hinaus geben, die einen weiteren Aufbau des Rentenniveaus ermöglichen, um stärkere Anreize für Arbeitnehmer/-innen zu schaffen. Von einer entsprechenden neuen Arbeitsplatz-kultur, bei der Arbeitsabläufe im Unternehmen auf die Gesunderhaltung und Gesundheits-förderung der Mitarbeiter/innen ausgerichtet sind, sind die Unternehmen oft noch weit ent-fernt. Neben einer präventiven Gesundheitspolitik, die auch auf die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und die Arbeitszeitflexibilität ausgedehnt werden müssen, sind vor allem auch die „Steigerung der Eigenverantwortung“ und eine altersgerechte „Kreativitätsausschöpfung und -förderung“ für Arbeitnehmer/innen von Bedeutung. Eine solche „neue Arbeitsplatzkultur“ muss Bestandteil der gesamten Unternehmenskultur werden. Aufgabe staatlicher Einrichtungen und der Wirtschaftsverbände ist es, verstärkt auf die Unternehmen einzu-wirken, damit diese ihre Personalpolitik und Formen der Personalrekrutierung und –entwick-lung der neuen Situation anpassen. Die Sicherung der Unternehmensnachfolge ist eine wichtige Aufgabe. Obwohl Berlin ein hohes Gründungsgeschehen aufweist, müssen diese Anstrengungen im Rahmen der bereits vorhandenen Existenzgründungsförderungen ver-stetigt und ausgebaut werden. Dabei ist vor allem auch auf die Förderung von „jungen Unternehmen“ in der Wachstumsphase zu achten (Beteiligungsmanagement, Risikokapital, Eigenkapitalsicherung, Auftragsvorfinanzierung, usw.).

Attraktivität als Standort für Kreativwirtschaft, Kultur und Tourismus ausbauen Kreativität und Wissen sind entscheidende Quellen von Innovationen. Berlin macht als Stadt der Kreativen und der urbanen Avantgarde andere Kreative neugierig und ist sich der zent-ralen Bedeutung der Kreativ- und Kulturwirtschaft als Wirtschaftsbereich und Wettbewerbs-vorteil bewusst. Kultur und Kreativwirtschaft prägen das Image der Stadt, der Region und der Marke Berlin und dienen der touristischen und wirtschaftlichen Profilierung der Hauptstadt.

Kreativität und Wissen können den wirtschaftlichen Strukturwandel von einer postindustriel-len hin zu einer wissens-, kreativitäts- und dienstleistungsgeprägten Gesellschaft beschleu-nigen und letztlich die Wettbewerbsfähigkeit in einem globalen Kontext sichern. Berlin ist sich der Bedeutung der Kreativwirtschaft als wichtigem Wirtschaftsbereich, aber auch als weichem Standortfaktor bewusst. Die Kreativwirtschaft wird durch Maßnahmen der Wirt-schaftsförderung, durch Netzwerkbildung und durch Hilfen zur Öffnung neuer Absatzmärkte unterstützt. Mit dem Kulturwirtschaftsbericht wurde im Jahr 2005 eine erste Bestandsauf-nahme mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Seitdem arbeiten die zuständigen Senats-verwaltungen im Rahmen der Kulturwirtschaftsinitiative intensiv daran, die Attraktivität

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Berlins für die jungen Unternehmen dieses Sektors, aber auch für den gemeinnützigen kul-turellen Sektor zu erhöhen. Die Finanzierung von Wachstumsunternehmen der Kreativwirt-schaft wird durch die Auflage eines neuen Fonds für die Kreativwirtschaft unterstützt. Das Beratungsangebot für die jungen Unternehmen der Kreativwirtschaft wird in einem Creative Coaching Center bei der IBB konzentriert; das Portal „Creative.City.Berlin“ gibt für Künstle-rinnen und Künstler sowie für junge Unternehmen der Kreativwirtschaft einen breiten Über-blick über das öffentliche Angebot der Berliner Institutionen und über das Dienstleistungs-angebot. Durch Europäische Projekte, internationalen Erfahrungsaustausch und Präsentati-onen im In- und Ausland steigert Berlin die internationale Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft.

Der Tourismus als wesentliche wirtschaftliche Funktion Berlins wird sich in seinen Angeboten auf veränderte Zielgruppen und deren Bedürfnisse einstellen müssen. Wichtig ist dabei, die Angebote sowohl zielgruppenspezifisch als auch generationsübergreifend zu gestalten (wie z.B. Kulturangebote für best-ager, Barrierefreiheit von Hotels, Gastronomie, öffentlichen Räumen etc.). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Nachfragemuster zunehmend internationaler und heterogener werden.

4.1.2 Weiterer Diskussionsbedarf Insgesamt wird für das Handlungsfeld „Kreative und wirtschaftlich erfolgreiche Stadt“ deut-lich, dass es mehrere Bereiche gibt, die mit einer Vielzahl von Ansätzen abgedeckt werden: Initiativen für Wachstum und Beschäftigung, Bildungsangebote für alle Bevölkerungsgrup-pen, Unterstützung von Existenz- und Unternehmensgründung, Informationsplattformen zur Beratung von Unternehmensgründern/- innen, sozialräumliche Projekte zur Stabilisierung der Arbeitsmarktlage in den Stadtteilen, Infrastrukturanpassung im Bereich Verkehr, Dienst-leistungsinnovationen im öffentlichen Personenverkehr, Qualitätsmessung und -vergleich der Bildung. Darüber hinaus gibt es weiteren Diskussionsbedarf, der auf unterschiedliche Akteursebenen gerichtet ist und die folgenden Bereiche betrifft:

Arbeitsmarkt Mentalitätswechsel im Aus- und Weiterbildungsbereich/Personalpolitik Altersgerechte Entwicklung der Arbeitsplatzkultur in den Unternehmen und

Einrichtungen Entwicklung eines Gesundheitsmanagements in Unternehmen Stärkung des Unternehmertums Gezielte Förderung von Arbeitsplätzen für Niedrigqualifizierte

Flächenmanagement/Wirtschaftsförderung Standortsicherung und Standortentwicklung für Kreativwirtschaft Standortvorhaltung für Cluster und Kompetenzfelder der Wirtschaft

Infrastruktur Sicherung und Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur Stadtverträgliche Gestaltung des Wirtschaftsverkehrs Demografiefeste/taugliche Innovationen im öffentlichen Personenverkehr

Bildung Ausbau des Angebots zur Grundbildung (Alphabetisierung) und zum Nachholen von

Schulabschlüssen

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4.2 Handlungsfeld „Familien- und kinderfreundliche Stadt“ Im Fokus des Handlungsfeldes stehen junge Menschen und Familien. Es geht darum, eine familienfreundliche Stadt mit entsprechenden räumlichen Qualitäten und Infrastrukturen wie auch unterstützenden Dienstleistungen und Angeboten zu schaffen. Dafür bedarf es politi-scher Ansätze in Berlin, die Unterstützungsangebote für Mütter und Väter zur besseren Vereinbarkeit von Familie

und Beruf bieten, günstigen Wohnraum und eine gesunde, grüne Stadt gewährleisten, um die Wohnqualität

ebenso wie den Freizeit- und Aufenthaltswert für Kinder, Jugendliche und Familien in der Stadt zu erhöhen,

eine bedarfsgerechte Erhaltung und Weiterentwicklung einer barrierefreien kinder-, jugend- und familiengerechten Infrastruktur verfolgen, d.h. adressatengerechte Angebote der Begleitung und Förderung von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie optimale Angebote bei Problem- und Krisensituationen zur Verfügung stellen, die den jungen Menschen die Entscheidung erleichtern, Kinder zu bekommen und ihren Wohnstandort in der Stadt zu wählen/ zu behalten,

die Qualität der Bildungsangebote fortlaufend verbessern, um Kindern und Jugendlichen eine bestmögliche Ausbildung zu liefern,

generationsübergreifend Potentiale von Selbsthilfe und sozialer Nachbarschaft stärken.

Der Wettbewerb um Einwohner bedeutet, insbesondere der wohnortbezogenen Abwande-rung von Familien mit Kindern in das Umland entgegenzuwirken. Dabei sind Familien als Zielgruppe der Stadtentwicklungspolitik differenziert zu betrachten, um je nach Lebenslage und Lebensstil unterschiedlichen Wohnbedürfnissen gerecht zu werden. Wichtig ist für Familien hierbei auch, günstigen Wohnraum zu sichern sowie ein barrierefreies Leben und Fortbewegen zu ermöglichen. Ein wichtiges Ziel zukünftiger Politik ist das kinderfreundliche Berlin, in dem Kommunikationsräume und Treffpunkte für alle Generationen das Bild der Stadt prägen und in den sich alle Bewohner/-innen unterschiedlicher Lebenssituationen wohl fühlen. In diesem Zusammenhang steht auch das Reformvorhaben, die Sozialraumorientie-rung in die Berliner Jugendhilfe einzuführen. Diese Reform hat das Ziel, die Lebensbedin-gungen von Kindern, Jugendlichen und Familien in der Stadt zu verbessern. Dies erfolgt durch methodisch veränderte Arbeitsansätze, durch die Schaffung regionalisierter Angebote und Vernetzung der Akteure vor Ort. Damit sollen Ressourcen gebündelt und die Angebote der Jugendhilfe-Infrastruktur in ihrer Wirkungsweise optimiert werden.

Strategische Ziele Handlungsfeld „Familien- und Kinderfreundliche Stadt“

Stärkung und Förderung der Familien und der

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Attraktivität der Innenstadt steigern und als

Wohnstandort für Familien mit Kindern verbessern

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4.2.1 Strategische Ziele „Familien- und Kinderfreundliche Stadt“ Stärkung und Förderung der Familien und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Förderung von Familien und die Stärkung der Erwerbstätigkeit von Eltern ist wichtig, damit sich mehr Menschen für Kinder entscheiden. Damit ist zwar kurzfristig keine Trend-umkehr bei der natürlichen Bevölkerungsentwicklung erreichbar. Allerdings können mittel- und langfristig Sterbeüberschüsse verringert werden.

Bei der Schaffung guter Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gilt hin-sichtlich der Kinderbetreuung, dass Kindertageseinrichtungen die Organisation der Betreu-ungszeiten dem Bedarf der Eltern anpassen sollen. Das bedeutet, die Kindertageseinrich-tungen sollen sich auf den von den Eltern geltend gemachten Betreuungsbedarf – auch zu außergewöhnlichen Zeiten – einstellen. Auf der programmatischen Ebene werden Ansätze zur frühen Bildung, Erziehung und Betreuung im Bereich der Kindertagesstätten genannt. Die gesetzliche Regelung für den kostenfreien Besuch einer Kindertagesstätte ab dem 3. Lebensjahr soll bis 2011 sukzessive umgesetzt werden. Sie soll einen frühzeitigen Kitabesuch aller Kinder, insbesondere von Kindern aus bildungsfernen Familien und Kindern mit Migrationshintergrund unterstützen. Darüber hinaus ist vorgesehen, die sozialräumlich ausgerichtete Entwicklung von Kinder-tagesstätten zu Familienkompetenzzentren in den Bezirken als Anlaufpunkte für Familien zu unterstützen. Gegenwärtig wird dafür ein Konzept entwickelt, das die vorhandenen Versor-gungsstrukturen im Rahmen der Kindertagesbetreuung und der sonstigen familienfördernden Angebote berücksichtigt. Auf einer umsetzungsorientierten Ebene werden Maßnahmen zur Beratung und Bildung von Familien und der Transparenz von Angeboten zur Unterstützung von Familien im Sozialraum durchgeführt.

Attraktivität der Innenstadt steigern und als Wohnstandort für Familien mit Kindern verbessern

Kinder und Familien sind eine wichtige Säule einer gesunden demografischen Entwicklung. Diese Bevölkerungsgruppen in Berlin zu halten, muss ein wichtiges Ziel der Stadtentwicklung sein. Insofern ist darauf zu achten, dass das Wohnungsangebot in seiner Quantität und Qualität den Bedürfnissen von Familien und Kindern entspricht. Genauso ist bei der Ent-wicklung von Quartieren und Quartiersbereichen auf eine kinderfreundliche Gestaltung zu achten.

Dem Ansatz für (neues) Wohnen in der Innenstadt zufolge sollen den Bedürfnissen von Familien mit Kindern entsprechende Wohnangebote in der Stadt entwickelt werden, die eine Alternative zur Abwanderung in das Berliner Umland darstellen sollen. An dieser Stelle gibt es eine Schnittstelle zum Ansatz des generationenübergreifenden Wohnens, einschließlich seiner Aspekte Kinder, Ältere und Pflegebedürftige (vgl. Handlungsfeld 4 “Langes Leben in der Stadt“). Das Reformvorhaben zur Einführung der Sozialraumorientierung soll die Rah-menbedingungen in der Art gestalten, dass junge erwerbstätige Menschen und ihre Familien in ihrer Lebenswelt stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung und Formulierung von Maß-nahmen und Projekten gerückt werden. Im Rahmen des Stadtumbauprogramms werden Wohnungs- und Infrastrukturleerstände und deren Folgeerscheinungen beseitigt werden und Nachnutzungen zur städtebaulichen und stadtstrukturellen Stärkung von Quartieren ent-wickelt. Projekte, wie der Familienpass und der Super-Ferien-Pass, greifen zielgerichtet Aspekte der Familienförderung und der Freizeitgestaltung auf.

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4.2.2 Weiterer Diskussionsbedarf Beim Handlungsfeld „Familien- und kinderfreundliche Stadt“ fallen bei den bestehenden An-sätzen der Berliner Senatsverwaltungen vor allem Ansätze auf, die einerseits das Wohnen von Familien und andererseits die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie betreffen. Explizite Ansätze mit dem Ziel einer familienfreundlichen Gestaltung des Wohnumfelds wur-den bisher für die Bestandsaufnahmen nicht benannt, sie sind zu entwickeln.

Attraktivität des Wohnumfeldes und Aufenthaltsqualität/Alltagsorganisation

Schaffung von barrierefreien Grün- und Freiflächen

Stärkung der Qualität und Eignung des öffentlichen Raumes

Ausstattung mit sozio-kultureller Infrastruktur

Nahversorgung sichern (z.B. wohnortnahe Arztpraxen, generationenübergreifende Begegnungsstätten)

Verkehrssicherheit

Nahraummobilität sowie kinder- und fußgängerfreundliches Wohnumfeld

Dienstleistungsinnovationen im öffentlichen Personenverkehr

Bündnisse für Familien

Familienfreundliche Arbeitsbedingungen

Ressortübergreifende Informationen über Angebote für Familien in Berlin

Kinder- und Jugendhilfe, Kindergesundheit

Frühkindliche Förderung in Kindertagesstätten für Kinder unter 3 Jahren

Einbeziehung der ZIle der Landesgesundheitskonferenz 2007 zu Prävention und Gesundheitsförderung

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4.3 Handlungsfeld „Weltoffene und soziale Stadt“ Die gesellschaftliche Integration von Menschen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft und die Stärkung des sozialen Miteinanders sind Gegenstand des Handlungsfelds „Weltoffene und soziale Stadt“. Damit gilt es sowohl den Zugewanderten den Weg in die Gesellschaft zu erleichtern als auch benachteiligte soziale Gruppen vor dem gesellschaft-lichen Ausschluss zu bewahren. Mit „Integration“ ist somit mehr als die Integration von Men-schen mit Migrationshintergrund gemeint.

Die Integrationspolitik soll als Querschnittsaufgabe zwischen den einzelnen Senatsverwal-tungen wie auch zwischen öffentlichen und privaten Akteuren gestaltet werden. Als Haupt-stadt eines Zuwanderungslandes muss Berlin einerseits seine internationale Anziehungskraft mit einer Willkommenskultur für Zuwanderer fördern. Andererseits ist ein intensiver Dialog zwischen allen sozialen Gruppen insbesondere im direkten Wohnbereich – dem Kiez/ Quartier – erforderlich. In diesem Zusammenhang bedarf es solcher Politikansätze der Berliner Senatsverwaltungen, die Berlin als Stadt des interkulturellen Dialogs und der kulturellen Vielfalt die Toleranz zwi-

schen den verschiedenen Gruppen festigen und ausbauen, passgenaue und differenzierte Konzepte zur Unterstützung der gesellschaftlichen

Integration umsetzen, auf die Herausforderungen des Zusammenlebens unterschiedlicher sozialer, ethnischer

und kultureller Gruppen reagieren, sich sowohl an die Zugewanderten als auch an die Aufnahmegesellschaft richten, insbesondere den Schul- und Bildungsbereich angesichts der weiter steigenden Anteile

von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund stärken und die Chancengerechtigkeit für alle Berliner/-innen verbessern (Interkulturelle Öffnung der

Daseinsfürsorge und der Verwaltungen, Partizipation, Antidiskriminierung).

Der Bereich der Integration betrifft soziale, kulturelle und auch räumliche Dimensionen, die für ein stabiles gesellschaftliches Zusammenleben positiv gestaltet werden müssen. Die Förderung der Integration über Bildung und Arbeitsmarkt, über die Stärkung der Zivilgesell-schaft sowie von Eigenverantwortung und Engagement für die Gemeinschaft und über die Steigerung der Lebensqualität vor Ort in den Quartieren und Berliner Kiezen leistet einen Beitrag zur Stärkung des sozialen Friedens.

Strategische Ziele Handlungsfeld „Weltoffene und Soziale Stadt“

Entwicklung einer Willkommenskultur, Stär-kung der Zuwanderung und Sichtbarmachen der Vielschichtigkeit und Integrationsbereit-

schaft der Stadtgesellschaft

Interkulturelle Öffnung der mit der Integration

neuer Zuwanderer befassten Verwaltungen durch Verbesserung der interkulturellen

Kompetenz

Integration und Förderung der interkulturellen und beruflichen Kompetenz von Migranten/-

innen

Förderung der sozialen Stabilität im sozialen und räumlichen Ansatz

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4.3.1 Strategische Ziele „Weltoffene und Soziale Stadt“ Entwicklung einer Willkommenskultur, Stärkung der Zuwanderung und Sichtbarma-chen der Vielschichtigkeit und Integrationsbereitschaft der Stadtgesellschaft

Die Zuwanderung ist entscheidend für den Erfolg Berlins im bundesdeutschen und globalen Wettbewerb der Metropolen. Um nach Berlin zugewanderten Menschen den Einstig und Start zu erleichtern sind einerseits Hilfen notwendig. Zum anderen ist auch eine Willkom-menskultur erforderlich, die Migrantinnen und Migranten die Aufnahmebereitschaft der Mehr-heitsgesellschaft verdeutlicht.

Die Willkommenskultur wird im Rahmen des 2008 stattfindenden Jahres des interkulturellen Dialogs gefördert, in dem vielfältige Maßnahmen und Kampagnen der Berliner Bevölkerung die Vielschichtigkeit der Stadtgesellschaft verdeutlichen sollen. Außerdem finden Bemühun-gen statt, die im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen anzuerkennen, um auf diese Weise die berufliche Integration zu fördern. Als konkrete Maßnahme werden Gutachten zur Anerkennung von Berufsabschlüssen erstellt. Zudem erfolgt seit 2006 dauerhaft die Weiter-entwicklung der Ausländerbehörde als Serviceeinrichtung, um die Information und Beratung für Zuwanderer bei ihrer Ankunft in Berlin zu verbessern.

Interkulturelle Öffnung der Verwaltungen, die sich mit Menschen mit Migrations-hintergrund befassen

Der im Zuge des demografischen Wandels zunehmende Anteil von Menschen mit Migrati-onshintergrund erfordert neue bzw. andere Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter der öffentlichen Verwaltungen. Dieses kann durch die Vermittlung von interkultureller Kompetenz und die interkulturelle Öffnung der mit der Integration neuer Zuwanderer befassten Verwaltungen geschehen.

Die interkulturelle Öffnung der Verwaltungen ist ein übergeordnetes Ziel. Ein Beispiel dafür ist die interkulturelle Öffnung der Job-Center, in deren Zusammenhang die interkulturelle Personalentwicklung in der Verwaltung bereits gesetzlich festgeschrieben worden ist. Ange-bote der Sprach- und Kulturvermittlung werden seit 2002 unterstützend eingesetzt. Die Kampagne „Berlin braucht Dich“ zielt insbesondere auf die Erhöhung des Anteils von Arbeit-nehmer/-innen mit Migrationshintergrund in den öffentlichen Einrichtungen. Ebenfalls werden Maßnahmen und Projekte zur interkulturellen Organisationsentwicklung in ausgewählten Einrichtungen in Form von Fortbildungen, Schulungen und Beratungen der Mitarbeiter/-innen laufend durchgeführt. Auch für den öffentlichen Gesundheitsdienst, für den Menschen mit Migrationshintergrund eine wichtige Zielgruppe sind, ist die interkulturelle Öffnung ein wichtiger Aspekt der Arbeit.

Integration und Förderung der interkulturellen und beruflichen Kompetenz von Migranten/-innen

Die positive Gestaltung von Veränderungsprozessen des demografischen Wandels ist maß-geblich von der erfolgreichen Integration von Zugewanderten abhängig. Denn die Stadt Berlin braucht Zuwanderung für ihre demografische Entwicklung und wirtschaftlichen Erfolg.

Das Integrationskonzept als umfassendes und weit reichendes Programm zur Förderung von Integration wurde 2007 novelliert und beinhaltet ein großes Projekt- und Maßnahmen-spektrum für die politische Gestaltung der Integration in Berlin. Verpflichtende Sprachstan-derhebung im Rahmen der Schulanmeldung und ein verbindlicher Sprachkurs vor der Ein-schulung sollen die sprachlichen Kompetenzen der Kinder mit Migrationshintergrund verbes-sern. Gleichzeitig besteht ein dauerhaft angebotenes Bildungsprogramm der Volkshoch-schulen zur Integration von Migranten/-innen aller Altersgruppen. Dort werden zur Förderung der Kompetenzen die gesetzlich vorgeschriebenen Integrationskurse angeboten, „Mütter-/

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Elternkurse“, breit gefächerte Bildungsangebote zur Berufsvorbereitung sowie sprach- und persönlichkeitsbildende Kurse. Das Projekt „Inter@ktiv Deutsch – Perspektiven für bil-dungsferne Eltern und deren Kinder in sozialen Brennpunkten“ fördert ebenfalls in erster Linie Menschen aus Migrantenfamilien. Für jugendliche Migranten/-innen steht im Rahmen der Kampagne „Ausbildung in Sicht“ eine Sprachförderung und Berufsorientierung bereit, die 2008/2009 fortgesetzt werden soll.

Förderung der sozialen Stabilität im sozialen und räumlichen Ansatz

Parallel zu den Veränderungsprozessen des demografischen Wandels ist eine wachsende sozialräumliche Polarisierung von Bevölkerungsgruppen festzustellen. Die zunehmende gesellschaftliche Heterogenität findet in Berlin wie auch in anderen Städten ihr räumliches Abbild. Berlin hat im Zuge dessen der Marginalisierung von Bevölkerungsgruppen entgegen zu wirken.

Die Rahmenstrategie Soziale Stadt hat eine dauerhafte Verankerung des räumlichen Ansat-zes (Sozialraum) in den Fachplanungen zum Ziel. Die Umsetzung erfolgt zunächst mit Pilot-projekten im Jahre 2008. Ziel des Maßnahmenprogramms Soziale Stadt mit den unter-schiedlichen Quartiersverfahren ist insbesondere die Verbesserung individueller Lebens-chancen (Bildung und Ausbildung), die Förderung der Integration (Erwerbsarbeit und Sprachbefähigung), die Aktivierung der Bewohner/-innen für ihr Wohngebiet sowie die Bin-dung sozial stabilisierender Bewohnergruppen an das jeweilige Quartier. Künftig sollen auch im Rahmen einer indikatorgestützten Steuerung des öffentlichen Gesundheitsdienstes sozialräumliche Problemlagen berücksichtigt werden.

4.3.2 Weiterer Diskussionsbedarf Für das Handlungsfeld „Weltoffene und soziale Stadt“ fällt auf, dass es im Vergleich viele Ansätze der Berliner Senatsverwaltungen gibt, die auf die zuvor beschriebenen Herausfor-derungen reagieren. Grund dafür ist das bereits beschlossene Berliner Integrationskonzept, das inhaltlich weite Bereiche des Handlungsfelds abdeckt. Diese Projektvielfalt ist jedoch nicht zu verstehen als flächendeckende Lösung von Problemen, sondern bietet für die genannten Handlungsfelder Lösungsansätze.

Im Vergleich zu den Herausforderungen des demografischen Wandels fallen wenige Berei-che auf, die bislang nicht ausdrücklich mit Ansätzen bedacht sind.

Image

(Inneres) Standortmarketing i.S. der Herausstellung der spezifischen Profile und Potentiale der Stadt (Dynamik, Kreativität, Jung und Alt leben zusammen, Toleranz etc.)

Internationalität der Stadt stärker herausstellen und nutzen

Angst- und diskriminierungsfreie Räume

Zuwanderung

Vorschläge zur Steuerung von Zuwanderung

Stärkung der ethnischen Ökonomie

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4.4 Handlungsfeld „Langes Leben in der Stadt“ Die steigende Lebenserwartung der Gesellschaft führt zu einem höheren Anteil von alten Menschen, die für ihr Leben und ihr Altwerden in Berlin veränderte Anforderungen an die Infrastruktur und das Leben in sozialer Gemeinschaft haben. Die Zielgruppen der jungen, aktiven Alten wie auch die Gruppe der Hochbetagten stehen mit ihren jeweils spezifischen Anforderungen an die Nachbarschaft und die Infrastruktur im Fokus dieses Handlungsfeldes. Angesichts des steigenden Anteils älterer Menschen gilt es in Berlin, die Kompetenzen und Potentiale von älter werdenden Menschen für das Gemeinwesen

zu nutzen und eine Kultur des Mitmachens bzw. eine Kultur der Teilhabe zu entwickeln, ein neues positives Altersbild zu entwickeln und zu transportieren, eine barrierefreie Ausgestaltung der Infrastruktur für das Mobilitätsverhalten und die

Wohnbedürfnisse der alternden Gesellschaft im Bereich des selbstbestimmten Wohnens, der niedrigschwelligen Dienstleistungen und der Pflegeeinrichtungen sicher zu stellen,

einen Mentalitätswechsel im Kontext alternder Belegschaften in den Unternehmen der Privatwirtschaft und den Einrichtungen des öffentlichen Dienstes herbeizuführen,

der steigenden Altersarmut insbesondere von Frauen entgegenzuwirken und die Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe der älteren Generation einschließ-

lich der älteren Migrantinnen und Migranten zu erhalten und zu stärken.

Die politischen Rahmenbedingungen für eine positive Bewältigung des demografischen Wandels sollen so gesetzt werden, dass die hohen und vielfältigen Potentiale, die Berlin gerade älteren Menschen an Kultur, Wohnumfeldqualitäten, Mobilität und sozialer Teilhabe und Mitverantwortung bietet, erhalten, gestärkt und weiterentwickelt werden. Leitbild muss dabei die generationsgemischte Nachbarschaft sein und bleiben. Dies sichert die Attraktivität der Stadt nicht nur für ihre Bewohnerinnen und Bewohner, sondern macht sie auch für zu-ziehende ältere Menschen besonders attraktiv.

Strategische Ziele Handlungsfeld „Langes leben in der Stadt“

Ermöglichung des selbst-bestimmten Wohnens im

Alter durch Anpassung des Wohnungsbestandes und

Wohnumfeldes

Erschließung von Kompeten-

zen, Wissen und Mitwir-kungsbereitschaft der alternden Gesellschaft

Sicherstellung einer qualitati-

ven und quantitativen Ver-sorgung und Pflege der hilfe-

bedürftigen, alternden Gesellschaft

4.4.1 Strategische Ziele „Langes Leben in der Stadt“ Ermöglichung des selbstbestimmten Wohnens im Alter durch Anpassung des Wohnungsbestandes und Wohnumfeldes

Die wachsende Anzahl von Älteren und insbesondere von Hochbetagten (über 80 Jährigen) bei gleichzeitig fortschreitender Singularisierung kann zu einem drastischen Mehrbedarf bei Pflegeeinrichtungen führen. Ein möglichst langes selbstbestimmtes Leben älterer Mitbürger in ihren eigenen vier Wänden ist ein sinnvoller Weg, diesen Mehrbedarf so gering wie mög-lich zu halten. Dementsprechend ist der Wohnungsbestand und das Wohnumfeld zu gestalten und zu qualifizieren.

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Seit 2005 läuft die „BIWIA – Berliner Initiative Wohnen im Alter“, die das Ziel der Sicherung und – soweit erforderlich - Verbesserung der Voraussetzungen für selbstbestimmtes Woh-nen im Alter sowie den Erhalt und Stärkung der Attraktivität Berlins als Standort für das Wohnen im Alter hat. Die Unterstützung der Herausbildung von neuen Lebens- und Wohn-formen im Alter, die Alternativen zum nicht freiwilligen Singleleben von älteren, oft verwit-weten Frauen bieten, ist sehr wichtig. Ab 2008 bis zunächst 2009 wird die Informations- und Beratungsstelle Generationsübergreifendes Wohnen eingerichtet, die sowohl die Attraktivität der Innenstadt als Wohnstandort für Familien mit Kindern und für Menschen der „Generation 50+“ erhalten und verbessern will als auch die Anpassung der Wohngebäude und Woh-nungsbestände an die Wohnbedürfnisse dieser Zielgruppen unterstützen soll. Umgesetzt werden diese Ziele in Form von Informationsveranstaltungen und von Beratung, beispiels-weise im Rahmen der Koordinierungsstellen „Rund ums Alter“ auf Bezirksebene, der zentralen Koordinierungsstelle „Barrierefreies Bauen in Berlin“, des Handbuchs „Barriere-freies Planen und Bauen in Berlin“ und des breiten Informationsangebots im Internet.

Darüber hinaus sind im Zuge der Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Mitwirkungs-rechte der Seniorinnen und Senioren am gesellschaftlichen Leben im Land Berlin (Senio-renmitwirkungsgesetz) direkte Mitwirkungsmöglichkeiten von Vertretern des Landessenio-renbeirats in diesbezüglichen inhaltlichen Arbeitsgruppen des Senats entstanden, die bisher bereits Vertretern des Landesbehindertenbeirats offen standen.

Im Zusammenhang mit der Sicherung der Nahversorgung sind seitens des Handels und der Privatwirtschaft bereits erste Anpassungen auf die sich ändernden Nachfragestrukturen zu beobachten. Die Aufmerksamkeit der Privatwirtschaft für dieses Thema wird weiter steigen, z.B. in Form von innovativen Angeboten der Informationsvermittlung durch neue Technolo-gien sowie bedarfsgerechten Produktpaletten.

Erschließung von Kompetenzen, Wissen und Mitwirkungsbereitschaft der alternden Gesellschaft

Die wachsenden Anteile von Älteren bergen wichtige Potentiale für die zukünftige Entwick-lung Berlins. Dies macht zum einen neue Formen der Mitwirkung von Senioren notwendig. Zum anderen kann das Bürgerschaftliche Engagement zu einem bedeutenden Pfeiler einer ausgewogenen zukunftsfähigen Entwicklung der Hauptstadt entwickelt werden.

Die Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung der Mitwirkungsrechte der Seniorinnen und Senioren (Seniorenmitwirkungsgesetz) soll über die Erschließung konkreter Partizipations- und Mitwirkungsmöglichkeiten auf Bezirks- und Landesebene den Kompetenz- und Wis-senstransfer voranbringen und auf diese Weise die gesellschaftliche Teilhabe von Seniorin-nen und Senioren stärken. Die Förderung der Arbeit der Seniorenvertretungen und des Lan-desseniorenbeirats sichert den dafür notwendigen organisatorischen Rahmen.

Darüber hinaus werden im Kontext der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements – die ältere Generation hat hierbei die größten Zuwächse – durch eine fördernde Infrastruktur (Seniorenbegegnungsstätten, Stadtteilzentren sowie Freiwilligenagenturen) sinnvolle Betäti-gungs- und Engagementbereiche auch für ältere Menschen erschlossen.

Ferner besteht ein umfassendes Bildungsprogramm der Volkshochschulen für außer- und nachberufliche Lebensphasen, welches der Unterstützung einer sinnvollen und kreativen Freizeitgetaltung, der Förderung der gesellschaftlichen Partizipation älterer Menschen, der Förderung der Gesunderhaltung älterer Menschen und deren Qualifikation für ehrenamtliche und bürgerschaftliche Aufgaben dient.

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Sicherstellung einer qualitativen und quantitativen Versorgung und Pflege der hilfe-bedürftigen, alternden Gesellschaft

Aus der steigenden Anzahl von Älteren, insbesondere von Hochbetagten (über 80-jährigen), und der gleichzeitigen Zunahme von 1 Personen-Haushalten in dieser Altersgruppe kann ein erheblicher Mehrbedarf an Pflegeeinrichtungen resultieren. Neben der barrierefreien Gestaltung der physischen Umwelt sind daher zusätzliche Angebote bei der häuslichen Pflege, aber auch bei der stationären Pflege notwendig. Der Erhalt und die Verbesserung der Versorgung, Pflege und Betreuung der alternden Gesellschaft in allen relevanten Bereichen ist ein wichtiges Ziel, welches mit zahlreichen Ansätzen hinterlegt wird.

Ein Monitoring von Angebot und Nachfrage dient dazu, das Land Berlin frühzeitig über Män-gel in der abgestimmten, leistungsfähigen und zahlenmäßig ausreichenden Pflegeinfra-struktur zu informieren und notfalls entgegensteuern zu können. Die bereits erfolgte Einbe-rufung eines „Runden Tisches zur Pflegequalität“ und die Einführung „Freiwilliger Transpa-renz- und Qualitätsberichte“ sind unterstützend eingesetzte Kommunikationsinstrumente, um die Versorgung der alternden Gesellschaft zu analysieren und sicherzustellen. Programmati-sche Ziele werden zur Förderung von Transparenz in der Pflege, hinsichtlich der Deckung des Bedarfs an Pflege in Pflegeeinrichtungen und zur Bereitstellung einer ausreichenden Infrastruktur im pflegeflankierenden Bereich formuliert. Im Pflegebereich sind Frauen sowohl als Pflegende als auch als Gepflegte bisher überrepräsentiert. Übergreifende programmati-sche Ansätze werden auch für die Zielgruppe der älteren Menschen mit Migrationshinter-grund genannt, die durch bereits laufende Maßnahmen und Projekte, wie zum Beispiel die Beförderung kultursensibler Arbeit und interkultureller Öffnung der Pflegeeinrichtungen, die Förderung von Migrantensozialdiensten, Koordinierungsstellen rund um das Alter und Mobi-litätshilfsdienste konkretisiert werden.

Dies schließt aber ausdrücklich auch die ethnische Ausrichtung von Diensten und Pflegeein-richtungen für Menschen mit Migrationshintergrund nicht aus, deren Integration vor dem Erreichen der Pflegebedürftigkeit nicht erreicht wurde.

4.4.2 Weiterer Diskussionsbedarf Bisher von den Senatsverwaltungen genannte Maßnahmen für das Handlungsfeld „Langes Leben in der Stadt“ betreffen vor allem den Bereich der Versorgung/Pflege, das alters-gerechte Wohnen sowie das lebenslange Lernen. Daneben gibt es weiteren Diskussions-bedarf, der auf unterschiedliche Akteursebenen gerichtet ist und die folgenden Bereiche betrifft:

Arbeitsmarkt

Einstellungspraxis/Altendiskriminierung

Reduzierung und Vermeidung von Altersarmut

Attraktivität des Wohnumfeldes und Aufenthaltsqualität/Alltagsorganisation

Qualität und Eignung des öffentlichen Raumes

Nutzungsmischung und Nahversorgung sichern

Nichtmotorisierter Verkehr und öffentliche Verkehrsangebote

Infrastrukturunterhaltung

Neue Formen der Netzwerkbildung zur Alltagsgestaltung älterer Menschen (Informati-onsvermittlung, neue Technologien, bedarfsgerechte Produktpaletten etc.)

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Übernahme von Tätigkeiten im Bereich der Pflege durch Männer stärker anstreben

Prävention/Gesundheit

Medizinisches Angebot

Präventive Gesundheitspolitik (Masterplan „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“)

Querschnittsorientiert:

Altenbild in der Gesellschaft

generationenübergreifende Strukturen unterstützen

Ansätze zur Neuorientierung des bürgerschaftlichen Engagements im Alter (Männer und Frauen)

Die Dimension absehbarer Altersarmut für die staatliche Daseinsvorsorge und für den persönlichen Handlungsspielraum der Betroffenen muss erforscht werden.

5. Weiteres Verfahren Im weiteren Verfahren zum Demografie-Konzept steht die Erarbeitung und Auswahl von Leitprojekten/-ansätzen und weiteren demografierelevanten Maßnahmen im Vordergrund. Dies basiert auf bestehenden Handlungsansätzen, darüber hinaus werden in manchen Bereichen auch neue Politikansätze zu entwickeln sein. Leitprojekte/-ansätze meinen bedeutsame ressortübergreifende Ansätze, mit denen die demografischen Veränderungs-prozesse beeinflusst werden können. Es kann sich um bestehende oder um neue Pro-gramme, Initiativen oder Projekte handeln. Weitere Maßnahmen meinen Programme, Initia-tiven und Projekte der Senatsverwaltungen, die den demografischen Wandel oder seine Konsequenzen beeinflussen.

Es gilt dabei folgende Sachverhalte zu klären:

1. Welche Themen sind für Leitprojekte/-ansätze geeignet und sind vorhanden, welche neuen Leitprojekte/-ansätze werden für die Gestaltung des demografischen Wandels benötigt?

2. Welche weiteren Maßnahmen (rahmengebend, umsetzungsorientiert, informativ) sind vorhanden, welche neuen oder erweiterten Maßnahmen werden für das Demografie-Konzept benötigt?

Damit wird die inhaltliche Erarbeitung des Demografie-Konzepts fortgesetzt. Parallel soll ein Diskurs mit anderen Senats- und Bezirksverwaltungen, der Fachpolitik- und -öffentlichkeit, Vereinen und Verbänden sowie interessierten Dritten initiiert werden. Es ist beabsichtigt, das Demografie-Konzept dem Abgeordnetenhaus bis zum Dezember 2008 vorzulegen.