Vorlesung:Einführung in die Sozialstrukturanalyse * Institut für Soziologie * Universität...

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Vorlesung: Einführung in die Sozialstrukturanalyse* Institut für Soziologie * Universität Erlangen- Nürnberg * Sommersemester 2007 * PD Dr. J. Renn * 4te und 5te Sitzung: 15. Mai - 22. Mai 2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel (klass.: Soziale Sicherung und Bevölkerung):

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Vorlesung:„Einführung in die Sozialstrukturanalyse“* Institut für Soziologie * Universität Erlangen-Nürnberg *

Sommersemester 2007 * PD Dr. J. Renn *

4te und 5te Sitzung: 15. Mai - 22. Mai2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel (klass.: Soziale Sicherung und Bevölkerung):

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Vorlesung:„Einführung in die Sozialstrukturanalyse“

2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Auf- und Abstieg der Wohlfahrtsstaaten: Arbeit und Wandel der Bevölkerung• Fragen:• 1. Wie lassen sich Typen des Wohlfahrtsstaates unterscheiden?• 2. Was bedeutet der demographische Wandel für sozialstaatliche Institutionen?• 3. Was unterscheidet Rechtsansprüche auf Sozialleistungen von karitativer Fürsorge?• 4. Wie wirkt sich die Kritik am Sozialstaat und die Globalisierungsrethorik auf die

„Normalarbeitsverhältnisse“ aus?

• 3. * Butterwegge, Christoph (2005): Das „goldene Zeitalter“ des Wohlfahrtsstaates: Auf-, Ab- und Ausbau des Systems sozialer Sicherung, in: ders. Krise und Zukunft des Sozialstaates, Wiesbaden VS Verlag, S. 37-75.

• 4. * Kaufmann, Franz Xaver (1997): „Das Veralten des wohlfahrtstaatlichen Arrangements“ und „Die demographische Herausforderung: der so genannte Generationenvertrag“, in: ders., Herausforderungen des Sozialstaates, Ffm: Suhrkamp, S. 49-83.

• Wohlfahrtsstaat:• 1. Entstehung: Solidarität und Rechtsanspruch statt Caritas/Phasen• 2. Typen: Esping Anderson• 3. Kritik und Krisen:• 3.a.: Gefahr des Bürokratismus, des Paternalismus etc.• 3.b.: strukturelle Arbeitslosigkeit und Demographischer Wandel

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Wohlfahrtsstaat: 3. Kritik und Krisen:• 3. a.: Kritik:

• Ökonomische Bremse?, z.B. Entschärfung des Konkurrenzkampfes (Arbeitsmarkt), Standortnachteile (bei transnationaler Liberalisierung von Produkt- und Finanzmärkten) – Lohnnebenkosten, Staatsquote (Abschöpfung von Investitionsmitteln) -

• Modellrechnungen (IAB Nürnberg): Senkung der Sozialabgaben (Freibetragssenkung gegenüber linearen Kürzungen bevorzugt) „fördert Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme und Einstellung“

• Bürokratisierung?: Abhängigkeit von administrativen Eliten bzw. regierenden Parteien oder auch politischem mainstream, mangelnde Flexibilität sozialstaatlicher Instrumente – Fehlplanung bzw- -investition.

• Paternalismus: Habermas: Verrechtlichung und Monetarisierung (Austausch des Kommunikationsmediums: statt kommunikativem Handeln vermitteln Recht und Geld unterstützende Interaktionen)

• Mögliche Folgen: (innerer und äußerer) Autonomieverlust der Klientel, in extremis: Identitätspathologien, paternalistische statt solidarische Unterstützung

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• 3. b.: Krise des Wohlfahrtsstaates:• - „strukturelle Arbeitslosigkeit„ • Vermehrt die Zahl der

Transferanspruchsberechtigten und verringert die Zahl der „Beitragszahler“

• - demographischer Wandel (so genannte „Überalterung“) ↓

• ebenso

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Strukturelle Arbeitslosigkeit:• Seit den 1970er Jahren ist das Ziel der

Vollbeschäftigung „unrealistisch“ geworden,• „jobless growth“: Wachstum der Produktion,

der Vermögenswerte und Investitionen, die sich nicht in Steigerung der Beschäftigtenquote niederschlägt

• Anstieg des Anteils der „Arbeitssuchenden“• (Dt.: trad. relativ geringe Quote der

Erwerbsfähigen in Arbeit – Genderproblem) • sinkender Einfluss nationaler Politik auf

wirtschaftliche Rahmenbedingungen: „Globalisierung“ (Deregulierung vor allem der Finanzmärkte, flottierendes Kapital, anonyme Eigentumsverhält., gesteigert Dividendeerwartung, „shareholder val.“

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Wohlfahrtsstaat = Wohlstandsstaat ?• Zusammenhang: gesellschaftliche

Umverteilung und Risikoabsicherung (sozialisierte Lebensrisiken) und gesellschaftliche Prosperität

• Reaktionen:• Deregulierung: Prekarisierung von Arbeit

(verminderter Anteil sozialversicherungspflichtiger Stellen und tarifvertraglich regulierter Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeit („ge-gendert“ bzw. ethnisiert (USA), )

• Privatisierung von Lebensrisiken (wachsender Anteil privater Krankheits- und Altersvorsorge)

• Semantische Verschiebung: von der Förderung zur Forderung (Dramatisierung von Mißbrauch); Akzeptanz von Lohnspreizung / Ungleichheit

• Wachsende Einkommensschere• Von allen Markteinkommen in Deutschland

entfielen auf das/ die…

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1992 2001

1. Zehnt.

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unt. Hälft.

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Strukturelle Verlagerungen:• rechts oben: Verteilungsverschiebung

„zugunsten“ der Extreme

• links unten: deutsche Spezialität: Steuerentlastung

• Rechts unten: relativer Rückgang der Einkommen aus abhängiger Beschäftigung

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• „Globalisierung“ und Konkurrenzverschärfung als Argument in Arbeitskämpfen:

• So oft wurde je nach Größe des Betriebs eine Standortverlagerung diskutiert/vollzogen (Quelle: Hans Böckler Stift. - WSI-Betriebsrätebefragung 2004/05) (rechts oben)

• Verminderung des Anteils der „Normalarbeitsverhältnisse“

• Verschiebung zwischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (svB) und geringfügig entlohnten Beschäftigten (gfB) in Mio. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Stat. Bundesamt 2007): (rechts unten)

• Standortverlagerung als „Argumentationshilfe in betrieblichen Auseinandersetzungen um Lohn und Arbeitszeit“:

• In so vielen Betrieben, in denen eine Standorterlagerung angedroht/realisiert wurde, wurden Löhne und Gehälter gekürzt (LuG-gk.) oder betriebliche Arbeitszeiten verlängert (ArZt-vlg.) links

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Geschlechtsspezifische. Arbeitsteilung:• Faktor im Verhältnis

Erwerbsquote/Arbeitslosigkeit/Beitragszahler etc.: Anteil der Frauen am „Erwerbsleben“

• Von links nach rechts:• Vollzeit/Teilzeit-Männer/Frauen• (zweite Säule: • intendierte Arbeitsteilung in D.)• Ungleiche Entlohnung• Teilzeit-Frauen EU Vergl.

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andere

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Demographischer Wandel:• Begriff „Geburtenrate“ (o.a.: Geburtenziffer): Quotient der

Lebendgeborenen auf 1.000 • Einwohner: „rohe Geburtenrate“)• („altersspezifische Geburtenrate“: Untergliederung der „rohen

Geburtenrate“ nach den einzelnen Altersjahren des gebärfähigen Alters

• Begriff „Fertilität“: Fortpflanzungsverhalten einer Bevölkerung• Begriff „Sterberate“ (o.a.: Sterbeziffer): Quotient der

Sterbefälle auf 1.000 Einwohner(auch hier: „rohe Sterberate“ und „altersspezifische Sterberate“ – analog zur Geburtenratedifferenzierung)

• Begriff „Mortalität“: Niveau der Sterblichkeit einer Bevölkerung

• Alterstruktur in Deutschland:

Abb.3:

Modell des demographischen ÜbergangsDem Modell zufolge bleibt in Phase I die Bevölkerung stabil bei hohen Geburten- und Sterbeziffern (jeweils ca. 30/1000). Phase II: Zunächst Sterblichkeits-, dann Fruchtbarkeitsrückgang. Phase III: neues Gleichgewicht.

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Unter 6 Jahre 6 bis unter 15 Jahre

15 bis unter 65 Jahre 65 und mehr Jahre

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Demographischer Wandel:

• Einzurechnen ist die Zuwanderung (wohlfahrtsstaatlich relevant: Zuwanderer sind im Schnitt jünger und kinderreicher, Nettobilanz: Zuwanderer zahlen in die sozialen Sicherungssysteme mehr ein als sie erhalten.

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Begriff „Nettoreproduktionsrate (NRR)“ Die NRR misst, in welchem Maße eine Frauen- bzw. Elterngeneration durch ihre

Nachkommen (ohne Wanderungen) ersetzt wird. Sie lässt sich messen durch die Zahl der Mädchen, die bei einem bestimmten Niveau der Mortalität pro Frau geboren werden.

• NRR > 1 NRR = 1 NRR < 1• Bevölkerung wächst Bevölkerung stationär Bevölkerung

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2. Wandel der Wohlfahrtstaaten und demographischer Wandel

• Altersaufbau in Deutschland: