Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

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Vorschau des Verbrecher Verlags für das Frühjahr 2016.

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VerlagVerbrecher Verlag Jörg Sundermeier Gneisenaustraße 2a10961 Berlintel 030/28 38 59 54fax 030/28 38 59 [email protected]

VertriebKristine Listautel 030/28 38 59 54fax 030/28 38 59 [email protected]

Presse & LesungenKulturagentur RahmEvelyn RahmGneisenaustraße 2a10961 Berlintel 030/39 37 51 29fax 030/28 38 59 [email protected]@kulturagentur-rahm.de

Rechte & LizenzenHerbach & HaaseLiterarische [email protected]

FilmrechteDiadik GmbHRoland [email protected]

Theaterrechteschaefersphilippen™Marc Schäfers und Tobias [email protected]

Verlagsvertretung SchweizAndreas MeiselHedingerstrasse 13CH-8905 Arnitel +41 (0)56 634 24 28fax +41 (0)56 634 24 [email protected]

Verlagsvertretung DeutschlandBüro indiebookBothmerstr. 2180634 Münchentel 089 / 12 28 47 04fax 089 / 12 28 47 05www.buero-indiebook.de

Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vor -pommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, ThüringenRegina [email protected]

Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-HolsteinChristiane [email protected]

Baden-Württemberg , Bayern, Rheinland-Pfalz,SaarlandNicole Grabertc/o Vertreterbüro WürzburgHuebergasse 197070 Würzburgtel +49 (0) 931 / 1 74 05fax +49 (0) 931 / 1 74 [email protected]

Auslieferung Deutschland /ÖsterreichLKG Leipziger Kommissions- undGroßbuchhandels gesellschaft mbHAn der Südspitze 1–1204579 Espenhaintel +49 (0)3 42 06 65 - 124 fax +49 (0)3 42 06 65 -17 56 [email protected]

Auslieferung SchweizKaktus VerlagsauslieferungUnterlachenstrasse 32 / Postfach 3120CH-6002 Luzerntel +41 (0)41 202 14 17fax +41 (0)41 202 14 [email protected]

Konditionen für den BuchhandelWir würden uns freuen, wenn Sie einen oder mehrere der hiervorgestellten Titel in Ihr Sortiment aufnehmen. Reiserabatt40 %, Partien 11/10 sind selbstverständlich. Unsere Bücher sindauch über die Barsortimente Umbreit, KNV und LIBRI zu be-ziehen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Kristine Listau.

Verbrecher VersammlungenJeden zweiten Dienstag im Monat ruft der Verbrecher Verlag ab20:30 Uhr zur Verbrecher Versammlung in der Fahimi-Bar in der Skalitzer Straße 133 in 10999 Berlin-Kreuzberg. Dort wird gelesen, gehört, gesehen und diskutiert. Das jeweilige Pro-gramm finden Sie auf unserer Webseite.

LesungenUnsere Autorinnen und Autoren stehen gerne für Lesungen zurVerfügung. Bitte wenden Sie sich an Evelyn Rahm.

Weitere Informationen zu unserem Verlagsprogramm und denAutorinnen und Autoren finden Sie unter www.verbrecherei.de

Der Verbrecher Verlag unterstützt die Arbeit der Kurt Wolff Stiftung, Leipzig.

VERBRECHER VERLAG

Liebe Leserinnen und Leser,

kaum sind die Feierlichkeiten für unseren 20. Geburtstagabgeschlossen, schon kommt das nächste Programm –auch diesmal bieten wir wieder einen spannenden Mixaus Literatur und Sachbuch, aus Gesellschaftskritik undKunst.

Besonders betonen möchten wir an dieser Stelle, dasswir seit dem Oktober 2015 die Literaturzeitschrift meta-morphosen vertreiben können. In der aktuellen neuenNummer 12 – siehe Cover – finden Sie Texte über Salbei -trips und Art Garfunkel, unend liche Treppen und nichtenden wollende Flucht, über die Poesie der Sprach -algorithmen und gegen die Macht der Konzerne. Oderanders gesagt: Tao Lin meets Ron Winkler, es schreibenMarc Degens, Joshua Groß, Afsane Ehsandar, GregorWeichbrodt, Jörg Piringer, Sophie Weigand und DanielKehlmann. Das Heft erscheint im Januar 2016. Interes-senten wenden sich bitte an Kristine Listau, siehe unten.

Ein schönes Lesen wünschen Ihnen

die VerbrecherInnen

metamorphosenMagazin für Literatur und KulturErscheint vierteljährlich

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David Wagner, geb. 1971, lebt in Berlin. 2013 erhielt er den Preis der Leipziger Buch-messe für seinen Roman »Leben«, 2014 den Kranichsteiner Literaturpreis. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt. Im Verbrecher Verlag erschienen zuletzt»Welche Farbe hat Berlin« (2011) und »Mauer Park« (2013).

DaviD Wagner

sich verlieben hilFtüber bücher und serien

spaziert zu Neuerscheinungen von Krisztina Tóth, Emmanuel Carrère oderNicholson Baker, besichtigt Klassikerwie »Robinson Crusoe« und »Der Grafvon Monte Christo« oder liegt mit demNotebook im Bett und schaut Serien.Dabei zeigt er sich, wie Michael Busel-meier im Saarländischen Rundfunklobte, als »einfühlsamer, fabelhaft locke-rer und witziger Essayist«.

David Wagner streift durch Bücher undBibliotheken, liest auf Elba, in Österreichund im Internet. Er findet Bücher auf derStraße und in seiner Küche, wandert mitdem »Goldenen Esel« des Apuleiusdurch Thessalien, fährt mit Tony Soprano durch New Jersey und mit Iris Hanika zu Ikea in Berlin-Spandau.

Wagner erzählt vom Lesen und vomSchreiben in London und Venedig,

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David WagnerSICH VERLIEBEN HILFTÜber Bücher und SerienLeineneinbandca. 160 Seiten, 19 € ISBN 9783957321572Erscheint im Februar 2016Auch als E-Book erhältlich

»Die Prosa David Wagnersist makellos.«

Die Zeit

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ausmachen; die auf Männer steht, die ineiner geselligen Runde dabeisitzen undinteressant schweigen, sich höchstensmal mit einem kurzen Kommentar ein-klinken und dann aufstehen und irgend-was reparieren.

Zweitens: Dieses goldene Schweigenist vielleicht gar nicht so sympathisch,wie ich immer dachte, sondern hat auchviel mit Faulheit zu tun. Zu faul, seineIdeen zu formulieren; zu träge für einenGedankenaustausch; zu leidenschaftslos,den anderen von etwas zu überzeugen.

Drittens: Da ich also so eine faule Saubin, tut mir ein Mensch, der derartig vielAnsprache und Auseinandersetzung for-dert, vielleicht ganz gut. Ich war nämlich,so merkte ich jetzt, mit der Zeit sogar vormir selbst zu faul gewesen, Gedankenfestzuhalten und auszubauen.

Ich konnte mich immer mehr in dasLeben an der Seite eines hysterischen,exzentrischen Mannes einfinden; ichmachte meinen Frieden damit. War ichvorher genervt gewesen von dem ewigenBedürfnis nach Austausch, sah ich jetztdie Chance, aus meiner Lethargie he-rauszukommen.

Ich hatte noch nie einen so redseligenFreund gehabt. Und auch wenn es teil-weise Patterns waren, die bei passendenGelegenheiten immer wieder herausge-holt wurden, fing ich an, einiges zu be-greifen.

Erstens: Ich rede, also bin ich. DieserZusammenhang war mir bisher eherfremd gewesen. Denn ich gehöre zu derSorte Mensch, die alles mit sich alleine

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TEXTAUSZUG

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Almut Klotz hat mit ihrem Text eine genaue Beschreibung eines Künstler -lebens gegeben und eine wunderschöneLiebesgeschichte mit allen Höhen undTiefen erzählt.

Bis zu ihrem Tod hat sie an »Fender -fotzenschweine« gearbeitet, der Text er-scheint nun erstmals und ungekürzt ausihrem Nachlass.

Die Musikerin und Autorin Almut Klotzbeschreibt in diesem Buch ihre Liebes -geschichte mit dem Musiker und AutorRev. Christian Dabeler – den sie im Mai2013 heiratete. Zugleich aber ist »Fender-fotzenschweine« eine Abrechnung mitder Indie-Pop-Szene und den alten undneuen Frauenrollen darin. Almut Klotzschreibt leidenschaftlich und mitrei-ßend, offen und ohne Denkverbote.

BELLETRISTIK 5

Almut Klotz FENDERFOTZENSCHWEINEHerausgegeben von Aaron Klotzund Rev. Christian Dabeler, mit einem Nachwort von Jörg Sundermeier Hardcoverca. 200 Seiten, 19 € ISBN 978-3-95732-165-7Erscheint im Februar 2016Auch als E-Book erhältlich

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Almut Klotz-Dabeler, 1962 in Pforzheim geboren, kam 1985 nach Berlin. Mit Funny vanDannen und Christiane Rösinger gründete sie die Band Lassie Singers, die sich 1998nach zehn Jahren auflöste. Mit Rösinger betrieb sie auch das Label Flittchen Recordsund die Flittchenbar. Den Popchor Berlin gründete sie 2001, der Chor nahm Coverver-sionen bekannter Popsongs auf. Mit Rev. Christian Dabeler bildete sie ein Duo, diePlatte »Klotz + Dabeler« erschien 2007.Klotz arbeitete auch als freie Autorin, von 2001 an erschienen zehn Jahre lang ihre Ko-lumnen in der Berliner Zeitung. 2005 veröffentlichten Klotz und Dabeler den gemein-sam verfassten Roman »Aus dem Leben des Manuel Zorn«, der Erzählungsband»Tamara und Konsorten« erschien 2008.Almut Klotz starb im August 2013. Das Album »Lass die Lady rein«, das sie gemeinsammit Dabeler aufgenommen hatte, erschien eine Woche nach ihrem Tod.

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Beim Hinaustragen der Müllsäcke begeg-nete ich Frau Baumdorf. Ich wünschteihr einen guten Morgen und stellte mei-nen Müllsack achtlos ab. Frau Baumdorfbrachte einige Minuten damit zu, die gesammelten Müllsäcke zu ordnen.

Frau Schattenberg kam mit ihremHund Chibi in die Gasse. »Was ist dasdoch für eine schöne Clematis.«

»Gibt es auch ein japanisches Wortfür Clematis?«, fragte ich.

»Jeder sagt Clematis«, sagte sie nach einigem Grübeln. »Wie geht es IhrerKatze?«

»Kootje geht es gut. Sie schläft. Aufder Veranda. Sie ist gerade vorhin voneiner anstrengenden Nacht zurück -gekommen.«

»Ich habe Ihre Frau schon eine Weilenicht gesehen. Ist sie auf Geschäfts-reise?«

»Nein, sie ist im Büro.«Frau Baumdorf trippelte in einem

kleinen Bogen um mich herum. Siewurde langsamer, zeigte nach oben:»Darf Ihre Clematis eigentlich an denelektrischen Leitungen entlang -klettern?«

»Die Leitung ist alt. Da fließt nichtsmehr durch«, antwortete ich verärgert.

»Oh, wie gut Sie doch Japanisch sprechen«, sagte Frau Baumdorf, eineFormulierung, die für Ausländer be-stimmt war, die im Ringen mit der Sprache den Kürzeren zogen.

Ich schob mein Fahrrad den Hügel hinauf. Auf halber Strecke traf ich FrauSuzuki, die auf dem Heimweg war. »Wogehen Sie hin?«

»Zu meiner Japanischstunde.«»Geben Sie Unterricht?«, fragte sie

erstaunt.»Ich nehme Unterricht.«»Ach, Sie nehmen Unterricht«, sagte

sie mit einem Lächeln über den altern-den Mann in seiner kurzen Hose, dernoch immer zur Schule ging.

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Detlev van heest

junglaubjahre in japan

Detlev van HeestJUNGLAUBJahre in Japan

RomanAus dem Niederländischen über-setzt von Gerd Busse und Ulrich FaureHardcoverca. 540 Seiten, 24 €ISBN 978-3-95732-158-9Erscheint im Februar 2016Auch als E-Book erhältlich

BELLETRISTIK 7

DETLEV VAN HEEST

JUNGLAUBJAHRE IN JAPANROMAN

Japan zur Jahrtausendwende. Ein nieder-ländisch-deutsches Ehepaar lebt seit Jah-ren in Chōfu, in einer Siedlung genanntJunglaub, einer kleinen Stadt etwa zwan-zig Kilometer vom Zentrum Tokios ent-fernt. Er, Detlev van Heest, die Japanernennen ihn Heesto-san, arbeitet als Aus-landskorrespondent für niederländischeZeitungen, seine Frau Annelotte in einerjapanischen Importfirma für holländi-sche Blumen.

Heestos Produktivität als Journalist istversiegt, stattdessen schreibt er überseine Nachbarn, wie die zunehmend ver-gessliche, liebenswerte Frau Suzuki,einen krebskranken Friseur Herrn Bohr-insel, das bitterarme MusikerehepaarHerrn und Frau Siebenseen, den KochKenzo, der es an keiner seiner zahlrei-chen Arbeitsstellen lange aushält oderden steinalten Herrn van Tricht, bei demnicht ganz klar ist, ob er während des

Zweiten Weltkriegs als japanischer Sol-dat in Südostasien an Kriegsverbrechenbeteiligt war …

Im großen Roman »Junglaub« lebendie Menschen ihr Leben, meist nebenei-nanderher und manchmal auch ein biss-chen miteinander. Sie kämpfen mit ihrenkleinen und großen Alltagssorgen, klat-schen, trinken grünen Tee, grübeln, wer-den krank, sterben. Und alle reden siemit Herrn Heesto. Der wiederum dieseGespräche festhält und sie in seinemBuch präsentiert – und damit dem Lesereinen neuen, anderen Blick auf Japan er-möglicht.

»Junglaub« zeichnet den allmähli-chen Zerfall einer vergreisenden Gesell-schaft am Beispiel seiner zahlreichenProtagonisten. Sein Autor Detlev vanHeest schildert in seinem Debütromanden Mikrokosmos des heutigen Japan.

Detlev van Heest, geboren 1956, studierte Geschichte und arbeitete in Japan als Kor-respondent mehrerer Tageszeitungen und einer Wochenzeitschrift. Noch im Jahr sei-nes Debütromans »Junglaub« (im Original »De verzopen katten en de Hollander«,2010) erschien die in Neuseeland spielende Fortsetzung »Pleun«. In 2011 folgte »Hetverdronken land«, eine Rückkehr zu den Hauptpersonen von »Junglaub«. Mit»Junglaub« wurde van Heest u. a. für den Librisprijs nominiert. 2014 gab er gemein-sam mit Lousje Voskuil die besten Rezensionen von J. J. Voskuil aus 50 Jahren heraus.Heute lebt er in Amsterdam und arbeitet als Parkraumüberwacher in Noordwijk.

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In Wiesbaden angekommen beschlossich, Marvin als Ersten abzusetzen.Anna küsste ihn auf den verschlosse-nen Mund, er nahm seinen Seesack,sagte: »Bis morgen.«Fröhlich winkte sie ihm nach, bis er

durch die Glastür des Hochhauses ver-schwunden war. Ihr schien nicht aufzu-fallen, dass er sich nicht nach ihr um-drehte. Als wir weiterfuhren, versuchteich, sie auszufragen, doch alles, was sieerzählte, klang für mich wie Geschich-ten aus einer Parallelwelt: Sie sei soglücklich, dass sie nicht aufgegebenhabe, Marv sei so ein liebevoller Mann,noch nie hätte sie sich so aufgehobengefühlt … »Hast du nicht das Gefühl, dass mit

ihm was nicht stimmt?«, fragte ich.»Quatsch. Er ist eben ein schweig -

samer Typ«, gab sie lachend zurück. »Er hat doch wahnsinnig abgenom-

men, oder?«»Ein bisschen. Glaube, er macht

sich Sorgen wegen seiner Magister -arbeit.«»Wie seid ihr eigentlich zusammen-

gekommen?«Wieder lachte sie. »Das war ein

Ding! Ich wollte noch einen letztenVersuch machen, bin mit zwei FlaschenSekt unterm Arm unangekündigt beiihm aufgekreuzt, und weil er michnicht rausgeworfen hat, hab’ ich michin sein Bett gelegt und bin einfach ge-blieben. Ganz ohne Worte – das mussman sich vorstellen! Leider hat er soviel mit seiner Arbeit zu tun, dass ersich kaum um mich kümmern kann. Istokay. Ich liebe es, auf seiner Matratzerumzulümmeln und ihm beim Denkenzuzusehen. Manchmal starrt erstunden lang die Wand an, dannbraucht man ihn gar nicht anzuspre-chen, er hört sowieso nichts.«Mir wurde immer unwohler. Lieber

nicht weiter fragen, dachte ich. Abernun legte sie los: »Mit dem Sex ist esirgendwie komisch. Meistens kann ernicht oder will nicht. Vielleicht mache

ich was falsch. Weißt du, alles geht vonmir aus, er liegt einfach da. Vielleichtbraucht er ja was Besonderes? Hast dunicht eine Idee, ihr redet doch sicherüber so was?«»Nein«, log ich und war froh, dass

wir endlich vor ihrem Haus waren. Ichsetzte sie ab, fuhr los und hielt zweiStraßenecken weiter wieder an, weilmir plötzlich speiübel war.»Früher haben wir in der Nacht vor

Heiligabend doch immer Punsch gemacht«, hatte Micha am Telefon gesagt. »Das werden wir wiederbele-ben! Ich lade alle ein, die sonst auchdabei waren, die ganze Bande. Wirhören Sisters of Mercy und Yazoo, betrinken uns schrecklich und erzäh-len uns all die lustigen Geschichtenvon früher – verstehst du, Dicker? Wirholen Marv zurück in den Schoß derFamilie – dann muss er reden. GuteIdee?«Nein, dachte ich, als ich endlich

weiter fahren konnte, die dämlichsteIdee aller Zeiten.

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opfern, Sextouristen und Colonel-Kurtz-Selbstdarstellern aus Bristol, Stuttgart oderBukarest lösen sich seine Probleme nichtauf.

Zurück in Berlin ergeht es ihm übel –Freundschaften zerbrechen, Geliebte ver-schwinden, Drogen kommen ins Spiel.Doch während alles untergeht, bricht Maxauf in das ecstasyumwölkte Land derLiebe. Berauscht streift er durch seinenAlltag – und verliert jede Hemmung.

Markus Liske hat mit seinem mitreißenderzählten Roman »Glücksschweine« einPanorama der Neunzigerjahre geschrie-ben, ohne Beschönigung und moralischVerbrämtes. Es ist eine Reise in das »Herzder Finsternis«, das direkt vor der Haustürliegt.

Mitte der Neunzigerjahre, Berlin. Marvinist depressiv und suizidgefährdet. Aberseine Freunde bemerken es nicht, dennein jeder ist mit sich selbst beschäftigt.Micha schreibt ein wenig, Max schreibtein wenig, sogar Marvin schreibt. DieEndzwanziger träumen von einem Bo-heme-Leben, sie lesen Peter Weiss, Gott-fried Benn oder Lautréamont – doch alldas reicht ihnen nicht. Sie warten auf Er-lösung.

Max, der Ich-Erzähler, ist mit Nina zu-sammen, möchte aber eigentlich mitPebbles zusammensein, die wiederumnicht weiß, mit wem sie zusammen seinmöchte. Daher flieht Max erstmal in dasbürgerkriegsgeplagte Kambodscha, umsein persönliches »Herz der Finsternis«zu suchen. Aber auch zwischen Minen -

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Markus LiskeGLüCKSSCHWEINERomanHardcoverca. 400 Seiten, 22 € ISBN 9783957321626Erscheint im Mai 2016Auch als E-Book erhältlich

ROMAN

MARKUS LISKE

GLÜCKS-SCHWEINE

Markus Liske, 1967 in Bremen geboren, lebt in Berlin. Er ist Autor und Teil der Band»Der singende Tresen«. Nach mehreren Bänden mit Satiren und Essays gab er 2011 ge-meinsam mit Manja Präkels und Karsten Krampitz die erzählerische Anthologie »Kalt-land – Eine Sammlung« heraus. Für den Verbrecher Verlag stellte er mit Präkels das Erich-Mühsam-Lesebuch »Das seidihr Hunde wert!« (2014) und den Band »Vorsicht Volk! Oder: Bewegungen im Wahn?«(2015) zusammen. »Glücksschweine« ist sein erster Roman.

marKus lisKe

glücKsschWeine

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Ich habe alles versucht. Ich habe geweint.Ihnen das Schrecklichste vorausgesagt:dass wir uns nie wiedersehen würden,wenn sie jetzt abfuhren. Wenn sie michjetzt hier allein zurückließen … Nie wie-der im Leben habe ich so verzweifelt aufjemanden eingeredet. Stundenlang. Dieganze Nacht. Mit Engelszungen. Trotz-dem: Als ich sie anderntags zum Schiffbrachte, als sie an Bord gingen, war mirzumute, als hätte ich versagt.«

»Nein«, erklärte sie, »ich komme bisheute nicht darüber hinweg. Ich habealles versucht, aber es war nicht genug.Man kann darüber nicht hinwegkom-men. Bis heute denke ich an die letzteNacht. Wir haben nicht geschlafen. Dieganze Nacht am Tisch gesessen und alleszum hundertsten Mal besprochen. Ichhabe sie beschworen, nicht nach Deutsch-land zurückzugehen. Sechsunddreißig …Die Nürnberger Gesetze waren bereits er-lassen. Eigentlich hätte man sehen kön-nen, wohin es ging. Ich wusste natürlichnicht so gut Bescheid. Ich war damalsfünfzehn. Außerdem ein Mädchen. MeinVater sprach mit mir wie ein Erwachsenerzu einem Kind. Er fing wieder von seinenPatienten an und erklärte mir geduldig,dass er sie nicht im Stich lassen könnte.

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chaim noll

schlaFlos in tel aviv »Schlaflos in Tel Aviv« versammelt Er-zählungen aus mehr als fünfundzwanzigJahren, realistische und fantastische,über Begegnungen und Begebenheiten.Chaim Noll erzählt von einem Jungen inBerlin, der versucht, sich Geld für eineFahrkarte zu erbetteln, von jungen Män-nern, die das erste Mal aus Israel nachDeutschland fliegen, von einer jungenDeutschen, die der Liebe wegen nach Is-rael zieht, und einem Mann im Ruhr -gebiet, der überall schwarze Hunde sieht.

Nolls klarer Blick auf die Menschenprägt diesen Band. Zugleich spiegelt sichin den Geschichten sein bewegtes Lebenin der DDR, im West-Berlin der Achtzi-ger- und frühen Neunzigerjahre und seinLeben in Israel heute.

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CHAIM NOLL

SCHLAFLOS IN TEL AVIV

Chaim Noll SCHLAFLOS IN TEL AVIV Hardcoverca. 250 Seiten, 21 EuroISBN: 978-3-95732-167-1Erscheint im April 2016

Chaim Noll wurde 1954 in Ost-Berlin geboren. Sein Vater war der Schriftsteller DieterNoll. Er reiste 1983 nach West-Berlin aus, 1991 verließ er mit seiner Familie Deutsch-land und lebte in Rom. Seit 1995 lebt er in Israel, in der Wüste Negev. 1998 erhielt erdie israelische Staatsbürgerschaft. Chaim Noll unterrichtet neben seiner schriftstelle-rischen Tätigkeit an der Universität Be’er Sheva und reist regelmäßig zu Lesungen undVorträgen nach Deutschland.

Im Verbrecher Verlag erschienen die Romane »Der Kitharaspieler« (2008), »Feuer«(2010), »Der goldene Löffel« (überarbeitete Neuausgabe, 2010), »Die Synagoge«(2014), der Erzählungsband »Kolja. Geschichten aus Israel« (2012), der Lyrikband»Kolibri und Kampfflugzeug« (2015) sowie seine Erinnerungen unter dem Titel»Der Schmuggel über die Zeitgrenze« (2015).

Siehe auch: chaimnoll.com

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Die historisch-kritische Ausgabe der»Tagebücher« wird von Chris Hirte und Conrad Piens herausgegeben. Sie er-scheint in 15 Bänden im Verbrecher Ver-lag und zugleich als Online-Edition miteinem umfassenden Anmerkungsapparatunter www.muehsam-tagebuch.de.Zudem erscheinen die »Tagebücher inEinzelheften« auch als E-Book-Edition.

Während Tucholsky, Ossietzky, Pfemfertund Weinert die Weimarer Republik inder linken Presse auf den Prüfstand stellen konnten, war Erich Mühsam, all -bekannt als schärfster Kritiker des natio-nalen Größenwahns, in bayerischerFestungshaft zum Schweigen verurteilt.Was ihm blieb, waren seine privatenTage bücher, denen er alles anvertraute,was ihm helfen konnte, unter unmensch-lichen Bedingungen Mensch zu bleiben.So wurde Mühsam zum Zeugen undChronisten eines Strafregimes, in dem erbereits das Wesen des heraufziehendenNationalsozialismus erspürte.

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Erich Mühsam, geboren 1878 in Berlin, war Dichter, Anarchist und politischer Publi-zist. Seit 1909 lebte er in München. Als zentrale Figur der Schwabinger Boheme warer befreundet mit Heinrich Mann, Frank Wedekind, Lion Feuchtwanger, Fanny zuReventlow und vielen anderen. Er war maßgeblich an der Ausrufung der MünchnerRäte republik beteiligt, wofür er zu 15 Jahren Festungshaft verurteilt wurde. 1933 wurdeer verhaftet und 1934 im KZ Oranienburg ermordet.

Erich MühsamTAGEBüCHERBand 10 – 1922Herausgegeben von Chris Hirteund Conrad PiensLeinen mit Lesebandca. 450 Seiten, 30 EuroISBN: 978-3-940426-86-4Erscheint im Mai 2016

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Erich Mühsam: Tagebücher — Editionsplan

Band 1 – 1910–1911: erschienen 2011Band 2 – 1911–1912: erschienen März 2012Band 3 – 1912–1914: erschienen Dezember 2012 Band 4 – 1915: erschienen Mai 2013 Band 5 – 1915–1916: erschienen November 2013 Band 6 – 1919: erschienen Mai 2014 Band 7 – 1919–1921: erschienen November 2014 Band 8 – 1921: erschienen Juni 2015

Band 9 – 1921: erscheint Januar 2016 Band 10 – 1922: erscheint Mai 2016 Band 11 – 1922: erscheint Herbst 2016 Band 12 – 1922–1923: erscheint Frühjahr 2017Band 13 – 1923: erscheint Herbst 2017 Band 14 – 1923–1924: erscheint Frühjahr 2018 Band 15 – 1924: erscheint Herbst 2018

erich mühsam

tagebücher banD 10 – 1922

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BELLETRISTIK 13

J. J. VOSKUIL

UND AUCHWEHMÜTIGKEITDAS BÜRO 5

J. J. VoskuilUND AUCH WEHMüTIGKEIT DAS BüRO 5RomanAus dem Niederländischen vonGerd BusseLeinen mit Leseband, ca. 1200 Seiten, 32 €ISBN 978-3-95732-010-0Erscheint im Mai 2015Auch als E-Book erhältlich

Johannes Jacobus Voskuil, ge-boren 1926 in Den Haag, war einniederländischer Volkskundler.Bereits 1963 veröffentlichte er sei-nen ersten Roman, doch zur Be-rühmtheit der niederländischenLiteratur wurde er erst mit demRomanzyklus »Das Büro«, des-sen erster Teil 1996 und dessenletzter 2000 erschien. Er wurde1997 mit dem Ferdinand Borde-wijk Prijs und 1998 mit dem Li-bris Prize ausgezeichnet. 2008starb Voskuil in Amsterdam.

Der siebenbändige Romanzyklus »DasBüro« von J. J. Voskuil über das Amster-damer Institut für Volkskunde ist einpreisgekrönter, niederländischer Bestsel-ler. Er wurde in den Niederlanden zumKult, weil er das Büroleben mit all seinenZumutungen und Absurditäten zeigt.Und da der Büroalltag überall ähnlich ist,wurde er auch hierzulande begeistertaufgenommen, sowohl von der Literatur-kritik als auch von den Leserinnen undLesern.

In den Jahren 1979 bis 1982, in denen die-ser Band spielt, prägen Arbeitslosigkeitund Wirtschaftskrise das Leben in denNiederlanden. Obwohl man in MaartenKonings Amsterdamer Büro gut zu tunhat, spürt man die Zeichen der Zeit: DasMinisterium schickt einen Fragebogenzur »Selbstevaluierung«, um Einsparpo-tenziale zu ermitteln, und benutzt darinein Wort, das die Kollegen im Wörter-buch nachschlagen müssen: »Output«.

Doch wenigstens ein Gutes hat dasGanze: In der Not steht man zusammen,um den Angriff der feindlichen Außen-welt abzuwehren, und es herrscht fastschon so etwas wie Harmonie zwischenden Abteilungen – wenn da nicht derVorschlag einer politisch engagiertenMitarbeiterin Maartens wäre, im Kaffee-raum statt des konventionellen fortannur noch fair gehandelten Kaffee aus-schenken zu lassen …

»Es ist ein einzigartiges Zeit- undMentalitätsgemälde von den 50ernbis in die 80er Jahre, aber dabei zeit-los und aktuell.«Nicola Steiner / SRF - Der Literaturclub

Das Büro — Editionsplan

Das Büro 1. Direktor Beerta – 978-3-95732-006-3(Neuausgabe im Verbrecher Verlag: voraussichtlich Frühjahr 2016.Der erste Band ist zurzeit beim Verlag C. H. Beck erhältlich.)

Das Büro 2. Schmutzige Hände – 978-3-95732-007-0 (Herbst 2014)Das Büro 3. Plankton – 978-3-95732-008-7 ( Juni 2015)Das Büro 4. Das A. P. Beerta-Institut – 978-3-95732-009-4 (Dezember 2015)Das Büro 5. Und auch Wehmütigkeit – 978-3-95732-010-0 (Mai 2016)Das Büro 6. Abgang – 978-3-95732-011-7 (September 2016)Das Büro 7. Der Tod des Maarten Koning – 978-3-95732-012-4 (Mai 2017)

j. j. vosKuil

Das büro5. banD: unD auch WehmütigKeit

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Karsten Krampitz

1976Dennoch wurde Carrillos Rede unge-kürzt im Neuen Deutschland gedruckt.

1976 starben zwei Menschen an derGrenze: Michael Gartenschläger, ein frei-gekaufter Ex-Häftling, der innerhalbeines Monats dreimal an dieselbe Stelleder Grenze gegangen war, um dortSelbstschussapparate abzumontieren,und Benito Corghi, ein italienischerFernfahrer, der von einem DDR-Grenzeram Grenzübergang erschossen wurde.Doch anders als Gartenschläger warCorghi kein »Provokateur«, vielmehr einFamilienvater, der seiner Arbeit nachge-hen wollte und noch dazu Mitglied derKommunistischen Partei Italiens war. Am18. August geschah das Unvorstellbare:Auf dem Marktplatz in Zeitz übergosssich ein gewisser Oskar Brüsewitz mitBenzin und zündete sich an.Karsten Krampitz, Schriftsteller und His-toriker, liefert mit »1976. Die DDR inder Krise« einen profunden Beitrag zurAufarbeitung der Aufarbeitung – ohneVerklärung und ohne Dämonisierungder DDR. Seit dem 30. November läuft ein wöchent -licher Vorabdruck in 14 Teilen im NeuenDeutschland.

Es hätte so schön sein können: Vor vier-zig Jahren wurde der Palast der Republikeröffnet. Bei den Olympischen Sommer-spielen in Montreal errang die DDR vier-zig Goldmedaillen, der »Arbeiter- undBauernstaat« war zur olympischen Welt-macht aufgestiegen. Erich Honeckerlöste Willi Stoph im Amt des Staatsrats-vorsitzenden ab und war nun auch nomi-nell der erste Mann im Staat.

Und doch war das Jahr 1976 eineZäsur in der Geschichte der DDR. EinErosionsprozess nahm seinen Anfang,der schließlich den SED-Machtapparateinstürzen ließ.

Denn Erich Honecker hatte im Früh-jahr nichts Besseres zu tun als eine Anthologie zu verbieten: »Berliner Ge-schichten«, herausgegeben von denSchriftstellern Ulrich Plenzdorf, KlausSchlesinger und Martin Stade. Evangeli-sche Bischöfe stritten über das Programmim Vorfeld des IX. Parteitags der SED. InOstberlin ätzte Santiago Carrillo gegenBreschnews »Betonkommunismus« –und im SED-Zentralkomitee zeigte mansich entsetzt, ob der »unqualifiziertenAusfälle« des spanischen KP-Chefs.

14 VERBRECHER VERLAG

Die DDR in der Krise

1976

KARSTEN KRAMPITZ

Karsten Krampitz1976Die DDR in der Krise EssayBroschurca. 140 Seiten, 18 € ISBN 978-3-95732-145-9Erscheint im Januar 2016Auch als E-Book erhältlich

Die Ausbürgerung Biermannsund die Selbstverbrennung desPfarrers Brüsewitz jähren sichzum 40. Mal

Karsten Krampitz, Jahrgang 1969, ist Schriftsteller und Geschichtswissenschaftler. 2004 erhielt Krampitz das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin. In Klagenfurt wurde er 2009 beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb mit demPublikumspreis ausgezeichnet, im folgenden Jahr war er Klagenfurter Stadtschreiber. Krampitz hat diverse Romane und Erzählungen veröffentlicht, unter anderem: »Affentöter« (2000), »Der Kaiser vomKnochen berg« (2002) und »Heimgehen« (2009). Auch gab er zahlreiche Anthologien heraus. Zuletzt erschien von ihm derRoman »Wasserstand und Tauchtiefe« im Verbrecher Verlag.

Page 15: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

Ausgerechnet der damalige CDU-Kreis-vorsitzende Alfred Lautenschläger gabder Volkspolizei zu Protokoll, sich zurTatzeit in unmittelbarer Nähe derMichaelis kirche aufgehalten zu haben,an jenem 18. August 1976 im provinzsäch-sischen Zeitz. Er habe gesehen, wie diesePerson aus dem Auto gestiegen sei, be-kleidet mit einem langen schwarzenTalar, und die hintere Klappe des PKW-Kombi geöffnet habe, »und ich sah, wieer Schilder herausnahm und diese auf dasDach seines Autos befestigte«. Danachhabe der Mann eine Milchkanne aus demWagen geholt, eine Flüssigkeit über sichgeschüttet und im nächsten Moment inFlammen gestanden. Daraufhin habe

Lautenschläger umgehend im nahe -liegenden VP-Revier die Polizei geholt:»Mit zwei VP-Angehörigen ging ich so-fort zum Ort des Geschehens zurück, umzu helfen. Ich machte diese auf die Trans-parente aufmerksam und beseitigte diesemit. Meines Erachtens können nicht vieledieses Transparent gelesen haben, da esnur kurze Zeit auf dem Auto stand undfalsch zusammengestellt war.« Währendein Mensch in Flammen über den Platzlief, räumte ein CDU-Politiker mit derPolizei erst einmal die Plakate weg.

Nach der Wende erinnerte sich nochein anderer CDU-Funktionär, der seinenNamen nicht genannt haben wollte: »Ersah uns wortlos an, blickte von einem

zum anderen mit seinem verbranntenGesicht, die gelblich pergamentfarbenenHände in seinem Schoß.« Der zweiteCDU-Mann war es auch, der OskarBrüse witz einen Stuhl heranschaffte, aufdem der schwer verletzte Pastor in eineDecke gehüllt Platz nahm, bis sechs Mi-nuten später der Rettungsdienst eintraf.Brüsewitz stand auf und ging zumKranken wagen.

An etwa 80 Prozent der Körperober -fläche hatte er überwiegend Verbrennun-gen zweiten Grades erlitten. Ohne dassseine Angehörigen noch einmal zu ihmgelassen wurden, erlag Oskar Brüsewitzvier Tage später, am 22. August gegen18 Uhr, seinen Verletzungen.

Karsten Krampitz

Der Fall brüseWitzstaat unD Kirche in Der DDr

Reaktionen der Bevölkerung auf denBrüsewitz diffamierenden Kommentarim Neuen Deutschland »Du sollst nichtfalsch Zeugnis reden« vom 30. August1976. Dieser eine Artikel im SED-Zen-tralorgan (flankiert von einem ähnlichenKommentar im CDU-Blatt Neue Zeit)löste in der DDR-Gesellschaft eine Welleder Kritik und des Protests aus, die dasVerhältnis von Staat und Kirche nachhal-tig veränderte.

Die ursprüngliche Kontroverse, ob derPfarrer aus Rippicha nun ein Märtyrerim Kampf gegen den Kommunismus ge-wesen ist oder ein Psychopath, wurde niegeklärt. Vierzig Jahre später geht KarstenKrampitz in seiner Promotionsschriftden Gründen nach, die Oskar Brüsewitzzu seiner radikalen Tat bewegt habenkönnten. Er stellt fest: Nicht der öffentli-che Feuersuizid war das die DDR er-schütternde Ereignis, sondern die

SACHBUCH 15

Staat und Kirche in der DDR

DER FALLBRÜSEWITZ

KARSTEN KRAMPITZ

Karsten KrampitzDER FALL BRüSEWITZStaat und Kirche in der DDRBroschurca. 480 Seiten, 42 € ISBN 978-3-95732-159-6Erscheint im Februar 2016Auch als E-Book erhältlich

TEXTAUSZUG

Page 16: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

ICH HEISSEERIK SATIEWIE ALLEANDERENAUCH

THOMAS BÄCHLI

Tomas BächliICH HEISSE ERIK SATIE WIEALLE ANDEREN AUCHBroschurca. 200 Seiten, 22 € ISBN 978-3-95732-161-9Erscheint im April 2016Auch als E-Book erhältlich

Gefüge gegenübergestellt, das essenziellvon einem Mangel an Sicherheit, »Mei-nung« und »Identität« bestimmt wird.

Nach den Anschlägen vom 13. Novem-ber 2015 überprüft Stadelmaier die Gültig -keit seiner zu Jahresbeginn ent wickeltenThesen.

»Die mittleren Regionen« ist ein aufrüt-telnder Essay, entstanden unmittelbar inder Folge des Anschlags auf die Redak-tion von Charlie Hebdo am 7. Januar2015.

In Form eines Tagebuchs nimmt Philipp Stadelmaier eine polemische Dekonstruktion der Konzepte »Mei-nung«, »Karikatur« und »Terror« vor.Dabei zeichnet er die Metapsychologieder Figur der Meinung nach. Dieser wirdmit den »mittleren Regionen« ein un-stabiles, geografisch-geschichtliches

Der Pianist und MusikschriftstellerTomas Bächli erklärt die Musik Saties amKlavier: zudätzlich gibt es eine Web-Ver-sion mit Audio- und Videofiles. Bächlibetrachtet den legendären Erik Satie al-lerdings auch unter anderen Aspekten –als Beteiligen an Filmproduktionen, alsbildenden Künstler, als Messie.

Erik Saties Musik kommt aus der Ein-samkeit und berührt uns tief. »Es istmein Herz, das schaukelt«, heißt es inseinem Kommentar zu »Balançoire«,während die linke Hand des Klavierspie-lers über die rechte hin und her hüpft.Das ist musikalisch präzise formuliertund doch offen in seiner Bedeutung.

16 VERBRECHER VERLAG

NENOIGER

NERELTTIMEIDREIAMLEDATSPPILIHP

gnunieMdnurorreTTerebÜ

Philipp StadelmaierDIE MIttLEREN REGIONENÜber Terror und MeinungEssayBroschur144 Seiten, 13 € ISBN 978-3-95732-155-8Erscheint im Januar 2016Auch als E-Book erhältlich

Philipp Stadelmaier, geboren 1984 inStuttgart, lebt in Paris. Er arbeitet aneiner Dissertation über Serge Daney undveröffentlicht regelmäßig Filmkritiken inder Süddeutschen Zeitung.

philipp staDelmaier

Die mittlerenregionenüber terror unD meinung

tomas bächli

ich heisse eriK satie

Tomas Bächli wurde 1958 in Zürich geboren und studierte Musik am KonservatoriumZürich. Ohne sich darauf zu spezialisieren, führt er in seinen Konzerten vorwiegendWerke der jüngeren und jüngsten Musikgeschicht e auf. Auf der Suche nach einer Ver-mittlung, die sowohl der Musik als auch dem Publikum gerecht wird, experimentierter dabei oft mit neuen Konzertformen.

Page 17: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

zoni Weisz

ein gutes leben2011 hielt Zoni Weisz eine viel beachtete

Rede vor dem Deutschen Bundestag, im Januar 2016 wird er vor den Vereinten Nationen in New York sprechen.

Auf den beiden CDs erzählt Zoni Weiszohne Skript aus seinem Leben. Er sprichtüber seine Eltern und seine Geschwister,über das freie Leben im Pferde wagen, überdie Angst während der Besatzungszeit,über seine Zeit als Lehrling und das Wun-der der Pflanzenwelt sowie über sein politisches Engagement. So entsteht einvielschichtiges Porträt dieses ganz beson-deren Menschen.

Der 1937 in Den Haag geborene SintoZoni Weisz muss als Kind miterleben,wie seine Eltern und seine Geschwistervon den Nazis deportiert werden, erselbst kann Dank der Hilfe eines nieder-ländischen Polizisten in letzter Minutegemeinsam mit seiner Tante entkom-men. Seine Eltern und seine Geschwisterwerden allesamt ermordet.

Nach dem Krieg beendet Weisz dieSchule und wird Florist – schließlichsogar einer der wichtigsten Repräsentan-ten der niederländischen Floristik. So er-stellt er etwa das größteBlumenarrangement der Welt und erhältdafür einen Eintrag in das Guinnessbuchder Rekorde. Die niederländische Köni-gin Beatrix ernennt Zoni Weisz zum Of-fizier des Ordens von Oranien-Nassau.

Seit vielen Jahren bemüht sich Weisz,der lange über seine Vergangenheit ge-schwiegen hatte, um die Erinnerung andie Opfer des Nationalsozialismus undengagiert sich sehr für die Wahrneh-mung der Rechte von Sinti und Romain Europa.

HÖRBUCH 17

BELSETUGNIEARGOIBENIESTLTHÄZREZSIEWINOZ

NEBEIFA

Zoni WeiszEIN GUTES LEBENZoni Weisz erzählt seine BiografieProduziert von Isabel Raabe undAndreas Roth unter Mitarbeit vonTobias Hülswitt und Jörg Sunder-meier2 CDsca. 100 Minuten Spieldauer, 25 EuroISBN 978-3-95732-168-8Erscheint im Februar 2016

Page 18: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

volKer issbrücKer unD christian hippe (hg.)

brecht unDnaturWissenschaFt

ingar solty / enno stahl (hg.)

richtige literaturim Falschen?

ten den Schnittpunkt zwischen Literaturund Naturwissenschaften und verfolgenBrechts Faszination für die Natur -wissenschaften als substanzielle Dimen-sion seines Schaffens.

Mit Beiträgen von Reinhard Jirgl, Alexander Karschnia, Armin Petras, Holger Teschke, B. K. Tragelehn, Florian Felix Weyh und anderen.

Brechts Affinität zu den Naturwissen-schaften griff so tief, dass er sich biswei-len selbst als Naturwissenschaftler zuinszenieren pflegte. Er behauptete sogar,dass er »ursprünglich Natur wissen schaf -ten studiert habe« – eine wohlwollendeAuslegung seiner Studienlaufbahn. Spä-ter wähnte sich Brecht in der Rolle eines»Einsteins der neuen Bühnenform«.Die hier versammelten Beiträge beleuch-

Schulze, Michael Wildenhain und RaulZelik mit den Theoretikern Jan Loheit,Helmut Peitsch, David Salomon undThomas Wagner – unter lebhafter Betei-ligung des Publikums.Dieser Band zeichnet die Tagung nachund präsentiert darüber hinaus aktuelleStatements der Beteiligten.

Was ist die Rolle von Literatur im globa-len Kapitalismus? Dieser Frage widmetesich im April 2015 eine Schriftstellerta-gung, die im Literaturforum im Brecht-Haus stattfand. Moderiert von IngarSolty und Enno Stahl diskutierten AnnCotten, Annett Gröschner, Joachim Hel-fer, Thomas Meinecke, Norbert Nie-mann, Monika Rinck, Kathrin Röggla,Stefan Schmitzer, Erasmus Schöfer, Ingo

18 VERBRECHER VERLAG

RICHTIGELITERATURIM FALSCHEN

INGAR SOLTY UND ENNO STAHL (HG.)

Ingar Solty / Enno Stahl (Hg.)RICHTIGE LITEraTURIM FALSCHEN? Schriftsteller – Kapitalismus – Kritiklfb texte 3Broschurca. 300 Seiten, 21 € ISBN 9783957321633Erscheint im Mai 2016

BRECHT UNDNATURWISSEN -SCHAFTEN

VOLKER ISSBRÜCKER UND CHRISTIAN HIPPE (HG.)

Volker Ißbrücker und ChristianHippe (Hg.)BRECHT UND NATUR -WISSENSCHAFTENlfb texte 2Broschurca. 250 Seiten, 19 € ISBN 978-3-95732-156-5Erscheint im März 2016

Page 19: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

Die Ausstellung »Die schwarzen Jahre. Geschichten einer Sammlung. 1933–1945« findet bis zum 31. Juli 2016 in der »Neuen Galerie« im Hamburger Bahnhof Berlin–Museum für Gegenwart – Berlin statt.

Die schWarzen jahrewaren. Im Prolog wird ein Bildertauschmit dem faschistischen Italien unterMussolini dokumentiert, durch den1932/1933 fünfzehn Gemälde italienischerKünstler wie Giorgio de Chirico, CarloCarrà oder Mario Sironi in die National -galerie kamen.

Aus den Geschichten der einzelnenObjekte ergibt sich so ein vielgestaltigerBlick auf Kunst, Politik und Museums -geschichte in der Zeit des Nationalsozia-lismus.

In »Die schwarzen Jahre« sind Kunst-werke der Nationalgalerie versammeltund umfangreich kommentiert, die zwi-schen 1933 und 1945 entstanden, damalsin die Sammlung kamen oder aber durchdie Nationalsozialisten beschlagnahmtwurden.

Es geht um Hauptwerke von Pablo Picasso oder Ernst Ludwig Kirchnerebenso wie um neu in die Sammlung gekommene Stücke sowie Arbeiten, dieseit über 75 Jahren nicht mehr ausgestellt

Ob seidig und glatt, verzottelt oder wi-derspenstig – Haare sind eine alltäglicheHerausforderung, die wir morgens vordem Spiegel in Ordnung bringen. So un-scheinbar ein einzelnes Haar zunächstwirken mag, bei genauerer Betrachtungzeigt es sich als ein schillerndes Dingund als ein machtvolles Symbol. Haaresind Teil unseres Körpers, sie könnenObjekt unseres Begehrens ebenso seinwie politische, modische und soziale

Zeichen, wissenschaftlicher Forschungs-gegenstand, juristisches Beweisstück undzauberhaftes Ding mit magischen Quali-täten. Mit Blick auf diese Vielfalt undFülle ihrer Erscheinungsformen lädt dasBuch »Im Dickicht der Haare« ein, sichausgehend vom Kosmos der BrüderGrimm den mannigfaltigen Bedeutun-gen der Haare zu nähern.

KUNST 19

IM DICKICHT DER HAAREHerausgegeben von GRIMM-WELT Kassel und A. Hürlimann,M. Frye, N. LeppBroschur, 80 Seiten, zahlreichevierfarbige Abbildungen, 19,90 €ISBN 978-3-95732-133-6Bereits erschienen

DIE SCHWARZEN JAHREGeschichten einer Sammlung. 1933–1945Für die Nationalgalerie, StaatlicheMuseen zu Berlin, herausgegebenvon Dieter Scholz und MariaObenausBroschur, 288 Seiten, zahlreichevierfarbige Abbildungen, 25 €ISBN 978-3-95732-150-3Bereits erschienen

im DicKichtDer haare

Page 20: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

tem sowie Stadtraum werden ausgelotetund Fragen der Partizipation und Ge-meinschaft erörtert. Das Lesebuch»STADT/BILD« ist die Begleitpublika-tion zu vier gemeinsam und unter einemthematischen Dach eröffneten Ausstel-lungen der herausgebenden Institutio-nen. Es ist gewissermaßen die »fünfteAusstellung«.

Das Lesebuch »STADT/ BILD« nähertsich dem Themen komplex »Stadt« ausverschiedenen Blickwinkeln. In Bildstre-cken, Geschichten, Essays und Gedich-ten werden Strukturen und Prozesse derInstitution Museum, bauliche Entwick-lungen sowie soziale, ästhetische undkulturelle Aspekte untersucht. Die Gren-zen zwischen Öffentlichem und Priva-

20 VERBRECHER VERLAG

STADT/BILDEin LesebuchHerausgegeben von BerlinischeGalerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie undArchitektur; Deutsche BankKunstHalle; KW Institute forContemporary Art; National -galerie – Staatliche Museen zuBerlinBroschur, 304 Seiten, zweispra-chig englisch/deutsch, mit Abbil-dungen, 16 € ISBN: 978-3-95732-132-9Bereits erschienen

Mit Texten von Ellen Blumenstein, Daniel Cremer, Sarah Diehl, Jörg Fauser, MarieGamillscheg, Annett Gröschner, Tamami Iinuma, Manuel Karasek, Thomas Köhler,Karsten Krampitz, Léa Lescure, Olga Martynova, Michael Müller, Simon Njami, LucOggier, Manja Präkels, Filipa Ramos, Jovana Reisinger, Kathrin Röggla, Thibaut deRuyter & Jörg Sundermeier, Lisa Marei Schmidt, Yuliya Sorokina, Anke Stelling und Stephan Wackwitz sowie zahlreichen Bildbeiträgen.

michael Dreyer

theorie unD plastiK

staDt / bilD

Michael Dreyer über die Werke undWerkbezüge, die der Künstler in 25 Jah-ren geschaffen hat.

Kommunikative Situationen bilden inDreyers Arbeit stets den Ausgangspunkteiner ebenso theatralen wie medialen,psychologischen wie sozialen Problema-tisierung.

Michael Dreyer, geboren 1953 in Coburg,ist Künstler und Gestalter. Er ist zudemProfessor für Visuelle Kommunikationan der Merz Akademie, Stuttgart. Seit2006 leitet Dreyer den AusstellungsraumW. O. Scheibe Museum in Stuttgart.

»Theorie und Plastik« ist ein Beitrag zur»Plastizität« aktueller Vorstellungs -weisen von Publikum, Autorschaft,»künstlerischer Forschung« und institu-tionellen Bedingungen am Beispiel derArbeit des Künstlers, Gestalters undHochschullehrers Michael Dreyer. DerAnklang des Titels an »Soziale Plastik«(Beuys) wird von Dreyer kritisch-inte-ressiert in Kauf genommen. DieAutor_innen befragen Aspekte wie dieRolle und Darstellbarkeit des Publikums(Kai van Eikels), Selbstfiktionalisierung(Barbara Buchmaier) und die Performa-tivität im Künstlerfilm (Felix Ensslin).Helmut Draxler korrespondiert mit

Michael DreyerTHEORIE UND PLASTIK Herausgegeben vonHelmut DraxlerHardcover, durchgehend vier -farbigca. 192 Seiten, 32 € ISBN 9783957321640Erscheint im April 2016

Page 21: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

barbara breitenFellner

FaKe territoriesShaw, Unica Zürn u. a.), benutzt sie ihreProtokolle für verdichtete und verfrem-dete, oft absurde oder ironische Darstel-lungen des Kunstmachens, Kunstzeigensund Künstlerseins.

Barbara Breitenfelnner, 1969 in Kufsteingeboren, Master of Fine Art an der Glas-gow School of Art, lebt und arbeitet in Berlin.

Barbara Breitenfellner hat in den letztensiebzehn Jahren Träume, die von Kunsthandeln, notiert. Ihre Installationen sindInszenierungen dieser nächtlichen Auf-zeichnungen. Der Traumtext ist oft zu-gleich Arbeitsanweisung und Titel desWerks. In der Tradition anderer Künstlerund Schriftsteller, die sich mit Traumer-innerungen auseinandersetzen (WilliamS. Burroughs, Heinar Kipphardt, Jim

KUNST 21

Barbara Breitenfellner FAKE TERRITORIESLeinen, durchgehend vierfarbig184 Seiten, 28 € ISBN 978-3-95732-151-0Erscheint im Januar 2016

re-Discovery»Re-Discovery« beschränkt sich jedochnicht allein auf das Ausstellen dieser Posi-tionen im Sinne einer verdienten Wieder-entdeckung. Vielmehr wurde einResonanzraum geschaffen, in dem ältereArbeiten auf zeitgenössische Werke stoßen, mit ihnen korrespondieren oderSpannungen hervorbringen, durch dieneue Sichtweisen und Kontexte entstehen. Künstler_innen waren Gerry Bibby, Shan-non Bool, Laura Buckley, Erik Bünger,Carla Filipe, David Hammons, Nina Hoff-mann, Sture Johannesson, Matt Keegan,Ivan Kožarić, Julika Rudelius, JeremyShaw, Peter Rose, Marianne Wex und Katarina Zdjelar.

»Re-Discovery« dokumentiert eine Aus-stellungs- und Veranstaltungsreihe, in derdie Arbeiten von älteren Kunstlern in denDialog mit denen von jungen treten. Siefand im Autocenter Berlin von März 2014bis Dezember 2015 statt. Von Inke Arns,Janneke de Vries, Francesca Gavin, Mar-tin Germann und Ulrich Loock konzi-piert, handelt es sich bei den älterenPositionen wie David Hammons, IvanKožarić, Sture Johannesson, Peter Roseund Marianne Wex um Kunstler, die inDeutschland unbekannt, wenig bekanntoder eher dafür bekannt sind, blinde Fle-cken in der zeitgenössischen Kunstge-schichtsschreibung zu sein.

RE-DISCOVERY Herausgegeben von Maik Schier-loh und Joep van Liefland, Auto-center BerlinBroschur, durchgehend vierfarbig80 Seiten, 20 € ISBN 978-3-95732-154-1Bereits erschienen

Page 22: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

clauDia reinharDt

tomb oF love Claudia Reinhardt untersucht diese

Doppelsuizide als Fotografin und schafftintime Bilder, die die Toten nicht denun-zieren, sondern ihre Würde betonen.

Claudia Reinhardt, geboren 1964 inViernheim, begann nach einigen JahrenLehrerfahrung als Fotoassistentin in di-versen Fotostudios ihr Studium an derKunst Akademie Hamburg. Sie arbeitetseit 2000 als freie Künstlerin in Berlinund als Assistant Professor an der Natio-nal Art Akademie/Bergen in Norwegen.Ihre Arbeiten werden national und inter-national in Gruppen- und Einzelausstel-lungen gezeigt. Im Verbrecher Verlagerschien zuletzt ihr Band »No place likehome« (2005).

In ihrer Arbeit »Killing Me Softly«(2004) inszenierte die Fotografin Clau-dia Reinhardt den Freitod von berühm-ten Künstlerinnen. Hier geht es nun umPaare, die sich gemeinsam töteten. Diemeisten starben in Liebe.

Sich mit dem Tod zu beschäftigenheißt, sich für das Leben zu interessieren.Wer waren diese Menschen? Was be-drängte sie? Bei vielen der Freitodewaren politische Zwänge die Ursache. Sodrohte der Familie Gottschalk die De-portation durch die Nationalsozialisten.Stefan Zweig konnte zwar emigrieren, er-trug aber »die Zerstörung seiner geisti-gen Heimat Europa« nicht, und seineFrau Lotte Altmann, erst dreißig Jahrealt, folgte ihm in den Tod.

22 VERBRECHER VERLAG

Claudia ReinhardtTOMB OF LOVE Broschur, durchgehend vierfarbig96 Seiten, 29,90 € ISBN 978-3-95732-153-4Erscheint im Februar 2016

oliver grajeWsKi

abenD im abenDlanDOliver Grajewski, geboren 1968, lebt inBerlin und arbeitet als bildender Künst-ler konzeptionell mit dem MediumComic. 2009 erschien »tokio, rückwärts-tagebuch« zusammen mit Kathrin Röggla. 2014 erschien seine GraphicNovel »Ein Tag im Moor«. Seit 1999sind fünf »Tigerboy«-Ausgaben auto-biografischer Geschichten im VerbrecherVerlag erschienen.»Abend im Abendland« erscheint in Kooperation mit Breitkopf Editionen.

»Neo Rauch würde ich den Arsch abma-len!« Im Widerstreit zu den etabliertenKünsten zeichnet Grajewski ein Bild vonEuropa, wie es knalliger kaum seinkönnte. Mit überraschenden grafischenDetails, abstrusen Bild-Text-Kombina-tionen und starker visueller Poesie. DerAutor überschreitet die üblichen Gren-zen des Mediums und schafft ein BuchGEGEN den Dämmerzustand der Bour-geoisie und FüR den Reichtum unsererpopulären Alltagskultur.

Oliver Grajewski ABEND IM ABENDLANDBroschur, durchgehend vierfarbigca. 164 Seiten, 28 € ISBN 978-3-95732-149-7Bereits erschienen

Page 23: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

Rolf Aurich, geboren 1960, ist Lektor,Redakteur und Autor an der Deut-schen Kinemathek, Berlin. Er lebt inPotsdam.

rolF aurich

Kalanagim Tross des Reichsministers AlbertSpeer nach Nordeuropa und zaubertezur »Weihnachtsfreude« der deutschenBesatzungssoldaten.

Sein Entnazifizierungsverfahren bliebvoller Widersprüche. Mochte SchreibersFilmkarriere auch beendet sein, gelangihm schon unmittelbar nach der Wäh-rungsreform 1948 als Berufszauberer»Kalanag« ein sagenhafter Neuaufstieg,seine Show wurde weltbekannt. Auf denFilm als bestes Kontrollinstrument sei-ner magischen Arbeit mochte er indesnicht verzichten.

Unter Nutzung bislang unbekanntenFilm- und Archivmaterials nähert sichdieser Band dem rätselhaften Komplex»Kalanag«.

Helmut Schreiber (1903–1963), der seitden 1920er-Jahren untern dem Namen»Kanalag« auftrat, pflegte nicht nurUmgang mit den Größen des Films unddes magischen Metiers, sondern auchmit denen des Naziregimes.

Mehrere Auftritte vor Hitler auf demObersalzberg waren die Höhepunkte sei-ner Karriere als Magier. Zudem hattesich Schreiber des Films bemächtigt undbegegnete als Aufnahmeleiter in Mün-chen um 1923 unter anderem AlfredHitchcock.

In Berlin stand er in engem Kontaktzu jüdischen Filmproduzenten und -künstlern und stieg in der frühen Ton-filmzeit zum Produktionsleiter auf. Seineinstiger Freund, Max Heilbronner, flohschon aus Deutschland, die gemeinsameProduktionsfirma gehörte nun Schrei-ber. Eine seiner letzten Berliner Produk-tionen war 1939 das antisemitischeMusical »Robert und Bertram«, im Anschluss wurde er 1942 Bavaria-Pro-duktionschef in München. 1943 reiste er

FILIT 23

Rolf AurichKaLANAGDie kontrollierten Illusionen des Helmut SchreiberFilit Band 15Broschur, ca. 120 Seiten, mit Ab -bildungen, 14 EuroISBN 978-3-95732-152-7Erscheint im April 2016

Page 24: Vorschau Verbrecher Verlag Frühjahr 2016

24 VERBRECHER VERLAG IN DEN MEDIEN

»Imran Ayata lässt Trainer und Sponsor zu Wort kommen, einen deutschen Schiedsrich-ter von der Begegnung des Vereins mit einem sehr deutschen Club und dessen Fans be-richten, eine Spielerinnenmutter ihren westlich-weißen Feminismus verteidigen, ArdasSchwester laut über Sex nachdenken. [...] Ayata schafft es, dass man alle und keinen ver-steht, aber am Ende weiß man ganz sicher: Die Wahrheit liegt fast nie auf dem Platz.«Zoë Beck / SWR 2 – Forum Buch

imran ayata: ruhm und ruin. roman in elf geschichtenhardcover, 200 seiten, 19 €, isbn: 978-3-95732-125-1

»Die für Schädlich typische feinnervige Beobachtungsgabe, mit der er das Verhältniszwischen den Mächtigen und den Un-Mächtigen beleuchtet, ist trotz des fragmentari-schen Charakters der Aufzeichnungen deutlich herauszulesen.«Cornelia Staudacher / Deutschlandfunk – Büchermarkt

hans joachim schädlich: catt. ein Fragmentleinen mit leseband, 112 seiten, 19 €, isbn: 978-3-95732-123-7

»Markus Liske und Manja Präkels geht es um eine kritische wie fundierte Analyse dereingebildeten Angst angeblich besorgter Bürger vor einer vermeintlichen überfremdungund um den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft, der nicht zuletzt auch von der he-gemonialen Europapolitik der Großen Koalition gespeist wird.«Karla Klein / neues deutschland

markus liske / manja präkels (hg.): vorsicht volk! oder: bewegungen im Wahn?broschur, 192 seiten, 18 €, isbn: 978-3-95732-121-3

»Sehr lesens- und bedenkenswert!«Antje Schrupp / die Standard

Kirsten achtelik: selbstbestimmte norm. Feminismus, pränataldiagnostik, abtreibungbroschur, 224 seiten, 18 €, isbn: 978-3-95732-120-6

»Besonders stark macht das Buch, dass es objektive Tatsachen, Strukturen und Pro-bleme benennt und aufdeckt – beispielsweise die amtliche Tendenz, die eingewandertenRoma wieder loswerden zu wollen. Gleichzeitig schildert es aber auch die Vielfalt derHoffnungen, Wünsche, Charaktere.«Rolf-Bernhard Essig / MDR Figaro

eva ruth Wemme: meine 7000 nachbarnbroschur, 240 seiten, mit abbildungen, 14 €, isbn: 9-783-95732-080-3