Vorsorge und Steuern - vvp.ch · Referent Max Ledergerber Betriebsökonom FH/HWV Tätigkeit bis...

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Vorsorge und Steuern Aktuelle Fragen und Knackpunkte 1 + VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Vorsorge und Steuern

Aktuelle Fragen und Knackpunkte

1

+

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Referent

Max LedergerberBetriebsökonom FH/HWV

Tätigkeit bis 30.11.2016:

Vorsteher-Stellvertreter Kantonales Steueramt Aargau,

Mitglied der Arbeitsgruppe Vorsorge SSK

Tätigkeit seit 1.12.2016:

Geschäftsführer/Mitinhaber L&L Steuerberatung+Treuhand GmbH

Rikon im Tösstal ZH, www.ll-steuerberatung.ch

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Themenübersicht

1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug

2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung

3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge

3VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Themenübersicht

1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug

2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung

3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge

4VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Art. 79b Abs. 3 BVGbei mehreren Vorsorgeverhältnissen

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Gesetzliche Grundlagen

Art. 79b Abs. 3 BVG

3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die Vorbezüge zurückbezahlt sind.

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Rechtsprechung und Praxis (1)

Leitentscheid BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:

Sachverhalt

• Einkäufe 2004, 2005 und 2006 total CHF 80’000;

• Bezug Alterskapital 2007 CHF 432’884;

• Rentenbezug aus Einkäufen (inkl. Zinsen) CHF 83’636= monatliche Rente CHF 460.

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Rechtsprechung und Praxis (2)

Leitentscheid BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:

E. 3.3.2

«Die konsequente – und grundsätzlich ausnahmslose – Gleichsetzung von Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist mit missbräuchlicher Steuermini-mierung erweist sich auch im hier zu prüfenden Einzelfall als zutreffend…

… das Hin und Her nicht als sachgerechte Verbesserung des Versicherungs-schutzes, sondern als vorübergehende und steuerlich motivierte Geld-verschiebung erscheinen muss. Dagegen wendet sich Art. 79b Abs. 3 BVG (im hier massgebenden steuerrechtlichen Rahmen) einheitlich und verbindlich, indem die Abzugsberechtigung immer dann zu verweigern ist, wenn innerhalb der Sperrfrist eine Kapitalauszahlung erfolgt.

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Rechtsprechung und Praxis (3)

Folgen für die Steuerpraxis:

� Grundsätzlich ist jeglicher Einkauf steuerlich nicht abziehbar,wenn innerhalb von 3 Jahren ein Kapitalbezug erfolgt

auf den Tag genaue Berechnung der Frist;

� Steuerumgehung muss nicht nachgewiesen werdenverobjektivierte Sperrfrist;

� Ausnahme: Geringfügige Beiträgeim Ermessen der Kantone (z.B. ZH = CHF 12’000)

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Rechtsprechung und Praxis (4)

Analyse der Schweizerischen Steuerkonferenz zum BGE 2C_658/2009 vom 12. März 2010:

• Konsolidierte Betrachtungsweise bei mehreren Vorsorgeverhältnissen oder Vorsorgeplänen;

• Begründung: Für die steuerrechtlichen Auswirkungen spielt es keine Rolle, ob der Einkauf und der Kapitalbezug in denselben bzw. aus demselben Vorsorgeplan oder in dieselbe bzw. aus derselben Vorsorgeeinrichtung erfolgen oder nicht.

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Rechtsprechung und Praxis (5)

Auslegung BSV (Mitteilungen berufliche Vorsorge Nr. 88, 93):

� betroffen von der Kapitalbezugssperre gemäss Art. 79b Abs. 3 BVG ist nur der dem Einkauf entsprechende Betrag inkl. Zinsen;

� das vor dem Einkauf erworbene Vorsorgeguthaben ist davon nicht betroffen.

Kapitalauszahlung ist aus vorsorgerechtlicher Sicht auch dann zulässig, wenn ein Einkauf in den vergangenen 3Jahren erfolgte.

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BGE vom 15. Januar 2015 (2C_488+489/2014)

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Sammel-einrichtung

Spital

Verbands-vorsorge-

einrichtung

Sachverhalt:− Chefarzt an Kantonsspital – BVG-versichert bei BVG Spitalpersonal− Selbständige Arztpraxis – BVG-versichert bei Verbandsvorsorgeeinrichtung− Altershalbe Erwerbs- und Praxisaufgabe im Jahr 2011

Einkauf Beitragsjahre150'000 im Jahr 2009

Rentenbezug 2011 Kapitalbezug 2011 (keineEinkäufe in den letzten3 Jahren)

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Erwägungen des Bundesgerichts

� Wie das Bundesgericht bereits im Urteil 2C_243/2013 vom 13.9.2013 (ASA 82 S. 232) festgehalten habe, bilde das Vorsorgekapital eine Einheit und müsse gesamtheitlich betrachtet werden ("forme un tout et doit être pris dans son ensemble") (Erw. 2.3);

� da eine direkte Verknüpfung zwischen Einkauf und Leistung nicht bestehen müsse, sei kein Grund ersichtlich, weshalb der vorliegende Fall anders beurteilt werden sollte, bloss weil der Einkauf in die eine und der Kapitalbezug aus der anderen Vorsorgeeinrichtung stamme (Erw. 3.2);

� aus Gründen der Gleichbehandlung ist schwer einzusehen und mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip kaum vereinbar, wenn einem BVG-Versicherten mit Zugang zu mehreren Vorsorgeeinrichtungen erweiterte Möglichkeiten zur Verfügung stehen würden (Erw. 3.3).

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Folgerung des Bundesgerichts

� der Einkauf von CHF 150'000 im Jahr 2009 wurde zu Recht nicht zum Abzug zugelassen;

� ein Vertrauensschutz konnte nicht geltend gemacht werden:

� die für die Steuerpflichtigen ungünstigen Steuerfolgen stellen bloss das Ergebnis der richtigen Anwendung der bereits am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Bestimmung von Art. 79b Abs. 3 BVG auf den vorliegenden Sachverhalt dar.

� ab dem Bekanntwerden des Urteils 2C-658/2009 vom 12. März 2010 war bekannt, dass das Bundesgericht die genannte Norm unter steuerlichen Gesichtspunkten anders interpretiert als das Bundesamt für Sozialversicherung unter sozialversicherungsrechtlichen.

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Folgerungen für die Praxis

� Für die Beurteilung, ob die Kapitalbezugssperre gemäss Art. 79b Abs. 3 BVG verletzt ist, muss stets eine konsolidierte Betrachtung über alle Vorsorgeverhältnisse erfolgen;

� Bei einem Anschluss derselben Person an mehrere Vorsorgeeinrichtungen liegt die Verantwortung in Bezug auf die steuerrechtliche Einhaltung der Sperrfrist bei der versicherten Person (und nicht bei der einzelnen Vorsorgeeinrichtung!).

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Finanzierung Einkauf Beitragsjahre BVGmit Mitteln der Säule 3a

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BSV Mitteilungen berufliche Vorsorge Nr. 136

� Eine vorzeitige Ausrichtung der Leistung ist zulässig bei Auflösung des Vorsorgeverhältnisses, wenn die ausgerichtete Leistung u.a. für den Einkauf in eine Pensionskasse verwendet wird (Art. 3 Abs. 2b BVV3);

� Teilübertragungen sind nur zulässig, wenn die Vorsorge-lücke im BVG damit vollständig ausfinanziert wird;

� Keine Teilübertragung für Teildeckung Vorsorgelücke!

� keine Verpflichtung zur Einbringung der Säule 3a in das BVG bei Deckungslücken.

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Bezug Säule 3a – zeitnaher Einkauf BVG

Sachverhalt:

� Selbständige Erwerbstätigkeit, Alter 62 Jahre;� Deckungslücke gemäss Vorsorgeausweis CHF 600’000

Geplante teilweise Ausfinanzierung der Deckungslücke BVG:� Auflösung Konto 1 Säule 3a CHF 100’000 (Alter 62)� Auflösung Konto 2 Säule 3a CHF 200’000 (Alter 63)� Fälligkeit Vorsorgepolice 3a CHF 140’000 (Alter 64)

Steuerliche Folgen aus dem geplanten Vorgehen?

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Bezug Säule 3a – zeitnaher Einkauf BVG

Rechtsprechung:

� SGE AG vom 22.01.2009 (= AGVE 2009, 313 ff.)

Auszahlung Altersguthaben 3a und Einkauf Säule 2 stellen zwei voneinander unabhängige Vorgänge dar;

� StRG ZH vom 20.08.2012 (1 DB.2012.95/1 ST.2012.108)

Auflösung des Vorsorgeverhältnisses gemäss Art. 3 Abs. 1 BVV3 (Altersleistung) � keine vorzeitige Ausrichtung gemäss Art. 3 Abs. 2 BVV3

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Schlussfolgerung

� Es liegt kein missbräuchliches Vorgehen im Sinne einer Steuerumgehung vor;

� Das geplante Vorgehen ist unter dem Aspekt der Steuerplanung zulässig und zu akzeptieren.

Steuerfolgen:

� Jahressteuer zum privilegierten Vorsorgetarif auf den einzelnen Auszahlungen Säule 3a (mit Progressionsvorteil wegen der gestaffelten Auflösung der Verhältnisse über 3 Jahre);

� Voller Abzug der Einkäufe von Beitragsjahren in den Steuererklärungen der betreffenden Jahre.

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Einkauf Scheidungslücke und nachfolgender Kapitalbezug

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Gesetzliche Grundlage

Art. 79b BVG

3Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden...

4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Falle der Ehescheidung...

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Auffassung Arbeitsgruppe Vorsorge SSK

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• Für Wiedereinkäufe nach der Scheidung gilt die 3-jährige

Sperrfrist aufgrund des Wortlautes von Art. 79b Abs. 4

nicht.

• Vorbehalten bleibt die Prüfung einer Steuerumgehung im

Einzelfall.

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (1)

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Sachverhalt :

• Scheidung von A im Jahr 1999;

• Überweisung aus VE von A auf FZK Ehefrau CHF 163'000;

…. die Zeit vergeht…

• Mutter von A gewährt A am 15.8.2013 ein Darlehen in der Höhe von

CHF 160'000 (ausdrückliche Zweckbestimmung: Einkauf in PK);

• A macht am 26.8.2013 einen Einkauf in die PK (Scheidungslücke) in der

Höhe von CHF 81'500;

• Pensionierung von A per 31.5.2015 mit Kapitalbezug aus der PK von CHF

1'224'906.50 (gesamte Altersleistung; kein Rentenbezug).

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (2)

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Verweigerung des Abzuges für den Einkauf

Begründung der Steuerbehörde:

• Verletzung der Kapitalbezugssperre Art. 79b Abs. 3 BVG;

• Gestützt auf den italienischen Wortlaut bezieht sich Abs. 4

von Art. 79b auf Abs. 1 und nicht auf Abs. 3 (!);

• Das Vorgehen mache aus Sicht der Verbesserung des

Vorsorgeschutzes keinen Sinn und stellt eine

Steuerumgehung dar.

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (3)

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Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG durch Bger (1):

• Aus vorsorgerechtlicher Sicht ist die Kapitalbezugssperre

nicht auf Wiedereinkäufe nach der Scheidung anwendbar

(Mitteilungen BSV Nr. 84 und Nr. 98);

• vorsorgerechtliche Stellungnahmen des BSV sind für die

steuerrechtliche Beurteilung nicht direkt massgeblich oder

gar verbindlich (BGE 2C_658/2009 vom 12.3.2010).

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (4)

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Auslegung von Art. 79b Abs. 4 BVG durch Bger (2):

• Dem verpflichteten Ehegatten soll es nach einer Scheidung

möglich sein, sich vorsorgemässig wieder gleich zu stellen

wie vor der Scheidung;

• Um diese Gleichstellung zu ermöglichen, erscheint es

erforderlich, die Ausnahme von Art. 79b Abs. 4 BVG so zu

verstehen, dass Wiedereinkäufe nach einer Scheidung von

der 3-jährigen Sperrfrist auszunehmen sind (Erw. 3.3.4).

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (5)

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Zwischenergebnis

Der Abzug des Einkaufs im Jahr 2013 kann nicht gestützt auf Art. 79b Abs. 3 BVG verweigert werden.

28VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (6)

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Prüfung eines steuerlichen Missbrauchs

Ausnahmeregelung in Art. 79b Abs. 4 BVG bedeutet nicht, dass

die Frage der Steuerumgehung damit abschliessend geregelt ist

(Erw. 4.1); eine Steuerumgehung liegt vor, wenn

1. die gewählte Rechtsgestaltung ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich,

jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint;

2. anzunehmen ist, dass diese Rechtsgestaltung nur zum Zwecke der

Steuereinsparung getroffen wurde, und

3. das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuereinsparung führt.

29VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (7)

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Ergebnis der Prüfung im konkreten Fall (1)

• Vorsorgeschutz wurde durch den Einkauf nur marginal

verbessert;

• wirtschaftlich und aus vorsorgetechnischen Gründen ergibt

es keinen Sinn, eine Einzahlung zu tätigen und innert von 2

Jahren den gleichen Betrag wieder zu beziehen;

• anzunehmen, dass 2014 ein weiterer Einkauf mit der

zweckbestimmten Darlehensgewährung geplant war.

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BGE 2C_966+967/2015 vom 18.7.2016 (8)31

Ergebnis der Prüfung im konkreten Fall (2)

• Wiedereinkauf 2013 führte zu einer Steuereinsparung von

CHF 25'210; Steuereinsparung 2014 im ähnlichen Rahmen;

• nach Abzug der Steuern auf dem Kapitalbezug verbliebe eine

effektive Steuereinsparung von insgesamt rund CHF 36'500;

• Vorgehen bezweckte lediglich die Einsparung von Steuern

= Tatbestand der Steuerumgehung erfüllt!

31VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Folgerungen aus dem BGE32

Publizierte Praxis der Arbeitsgruppe Vorsorge SSK wurde

bestätigt:

• Für Wiedereinkäufe nach der Scheidung gilt die 3-jährige

Sperrfrist aufgrund des Wortlautes von Art. 79b Abs. 4 nicht.

• Vorbehalten bleibt die Prüfung einer Steuerumgehung im

Einzelfall.

Nicht jeder Einkauf einer Scheidungslücke kurz vor der

Pensionierung gilt als Steuerumgehung! Zu prüfen ist vielmehr

der Einzelfall anhand der konkreten Umstände.

32VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Fallbeispiel - Sachverhalt

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Abgrenzung (1)

Jahr Ereignisse

1998 Scheidung mit Überweisung von CHF 140’000 in die VE der geschiedenen Ehefrau

2012 Erbschaft der Eltern CHF 200’000

2012 Einkauf Scheidungslücke CHF 40’000

2013 Einkauf Scheidungslücke CHF 50’000

2014 Einkauf Scheidungslücke CHF 50’000

2015 Pensionierung mit 50 % Rentenbezug und 50 % Kapital (Kapitalbezug CHF 350’000)

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Fallbeispiel – Steuerliche Würdigung

• Der Wiedereinkauf der Scheidungslücke erfolgt zeitnah nach der Erbschaft;

• Bei Pensionierung werden die Altersleistungen teilweise in Renten- und teilweise in Kapitalform bezogen.

Keine Steuerumgehung, sondern legale Steuerplanung!

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Abgrenzung (2)

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Reihenfolge der Einzahlungen

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1. Einkauf der Scheidungslücke

2. Rückzahlung von allfälligen Vorbezügen WEF*

3. Einkauf von weiteren Vorsorgelücken

*Sofern der WEF-Vorbezug vor der Scheidung erfolgte. Vorbezüge nachder Scheidung sind mit 1. Priorität zurückzuzahlen.

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Vorbezug WEF undEinkauf von Beitragsjahren

bei Scheidung

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Sachverhalt (1)

- Kauf EFH zu je ½ Miteigentumsanteil vor 10 Jahren

- Finanzierung CHF 170’000 WEF-Vorbezug Ehemann

- Scheidung 2014 – Übertragung EFH an Ehefrau

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Vorher: ½ Miteigentum nachher: Eigentum Frau

Übertragung Vorbezug WEF

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Steuerliche Folgen bei der Übertragung

Die Übertragung des WEF-Vorbezugs vom Ehemann auf die Ehefrau erfolgt im Rahmen der scheidungsrechtlichen Teilung des Vorsorgeguthabens.

Steuerlich neutraler Vorgang!

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Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (1)

Sachverhalt A:

Nach der Scheidung zahlt die geschiedene Ehefrau den WEF-Vorbezug von CHF 170’000 in die Vorsorgeeinrichtung ihres Arbeitgebers ein.

Welche steuerlichen Folgen ergeben sich?

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Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (2)

Art. 14 WEFV

…2 Bei Rückzahlung des Vorbezugs wird der bezahlte Steuerbetrag ohne

Zins zurückerstattet…

3 Für die Rückerstattung des Steuerbetrages ist ein schriftliches Gesuch

an diejenige Behörde zu richten, die ihn erhoben hat. Der Gesuchsteller

hat eine Bescheinigung einzureichen über:

a. die Rückzahlung;

b. das im Wohneigentum investierte Vorsorgekapital;

c. den für den Bund, den Kanton und die Gemeinde aufgrund eines

Vorbezuges oder einer Pfandverwertung bezahlten Steuerbetrag.

Frist zur Geltendmachung: 3 Jahre seit Wiedereinzahlung.

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Steuerliche Folgen bei der Rückzahlung (3)

An wen erfolgt die Rückzahlung der Steuer?

Er hat die Steuern Sie macht dieseinerzeit bezahlt. die Rückzahlung.

Steuerliche Folgen Sachverhalt A

� Rückzahlung an die Frau, da die Anmerkung im Grundbuch auf ihren Namen lautet, und sie die Rückzahlung finanziert.

� Berücksichtigung der Steuern bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung in der Scheidungskonvention empfehlenswert.

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (1)

Sachverhalt B

Die Frau ist erwerbstätig und hat folgende Deckungslücke

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Bezeichnung Betrag

Maximal mögliches Guthaben 340’000

Vorhandenes Guthaben -80’000

Ausstehender WEF-Vorbezug aus Scheidung -170’000

Ausgewiesene Deckungslücke 90’000

Kann sie die Deckungslücke mit steuerlich abziehbaren Einkaufsbeiträgen ausfinanzieren?

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (2)

Art. 79b BVG

…3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen

innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge

zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung

getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die

Vorbezüge zurückbezahlt sind.

4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Fall der

Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft

nach Artikel 22c FZG.

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (3)

Steuerliche Folgen Sachverhalt B

� Die Frau muss zuerst den Vorbezug WEF von CHF 170’000 zurückzahlen (unter Rückerstattung der bezahlten Steuern);

� Erst nach der Rückzahlung WEF kann die zusätzliche Deckungslücke durch steuerlich abziehbare Einkäufe ausfinanziert werden.

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (4)

Sachverhalt C

� Die Liegenschaft verbleibt im Eigentum des Ehemannes;

� Im Rahmen des Scheidungsausgleiches wurde CHF 200’000 an die Vorsorgeeinrichtung der Frau überwiesen;

� Der Mann hat folgende Deckungslücke:

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Bezeichnung Betrag

Maximal mögliches Guthaben 440’000

Vorhandenes Guthaben -60’000

Ausstehender WEF-Vorbezug -170’000

Ausgewiesene Deckungslücke 210’000

Kann er die ausgewiesene Deckungslücke mit steuerlich abziehbaren Einkäufen ausfinanzieren?

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (5)

Art. 79b BVG

…3 Wurden Einkäufe getätigt, so dürfen die daraus resultierenden Leistungen

innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge

zurückgezogen werden. Wurden Vorbezüge für die Wohneigentumsförderung

getätigt, so dürfen freiwillige Einkäufe erst vorgenommen werden, wenn die

Vorbezüge zurückbezahlt sind.

4 Von der Begrenzung ausgenommen sind die Wiedereinkäufe im Fall der

Ehescheidung oder gerichtlichen Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft

nach Artikel 22c FZG.

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Steuerliche Folgen bei Einkäufen (6)

Steuerliche Folgen Sachverhalt C

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2. WEF-Vorbezug zurückzahlen (CHF 170’000; Steuern zurück)

1. Priorität: Scheidungslücke füllen (CHF 200’000; abziehbar)

Vorhandenes Guthaben

3. Priorität weitere Vorsorgelücke (CHF 10’000; abziehbar)

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Themenübersicht

1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug

2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung

3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge

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Einkauf Arbeitgebermit zeitnahem Kapitalbezug Arbeitnehmer

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Kapitalabfindungen – Abgrenzungen

� Kapitalleistungen aus Vorsorgeeinrichtungen= privilegierte Besteuerung zum Vorsorgetarif

� vorsorgeähnliche Leistungen des Arbeitgebers= privilegierte Besteuerung zum Vorsorgetarif

� Übrige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers= Besteuerung (Lohnbestandteil) mit übrigem Einkommen;= eventuell Steuersatzreduktion (Art. 37 DBG)

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Vorsorgeähnliche Leistung Arbeitgeber

Definition gemäss ESTV KS Nr. 1 vom 3.10.2002:

� Vollendung Alter 55 beim Verlassen des Unternehmens;

� Definitive Aufgabe der (Haupt-)Erwerbstätigkeit;

� Künftige Vorsorgelücke.

Rechtsprechung zu diesen Kriterien:

� die definierten Kriterien "Alter 55" und "Aufgabe der (Haupt-) Erwerbstätigkeit" sind zu absolut; es sind die Umstände des Einzelfalles angemessen zu würdigen.

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Übrige Kapitalabfindungen

• Treueprämie für langjährige Dienste;

• "Schmerzensgeld" für den Verlust der Arbeitsstelle;

• Überbrückungsleistung bis zum Antritt neue Stelle;

= Besteuerung als ordentliches Lohneinkommen

• Abfederung Erwerbsausfall bis zur Pensionierung.

= Besteuerung als ordentliches Lohneinkommen; für dieSteuersatzbestimmung Aufteilung auf Anzahl Jahre biszur ordentlichen Pensionierung. Voraussetzung: Abfindung ist höher als ein Jahreslohn

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Einkauf Arbeitgeber

Kapitalabfindung mit direkter Einzahlung in PK

� Zweckbestimmung:- Schliessung bestehende oder künftige Vorsorgelücke.

� Voraussetzungen:- bestehendes Arbeitsverhältnis;- Einkauf gemäss Vorsorgereglement vorgesehen;- Nachweis bestehende und künftige Vorsorgelücke.

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Arbeitgeberfinanzierter Einkauf

Sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Folgen:

� Abrechnung Sozialversicherungsbeiträge (keine reglement. Beiträge);

� Bescheinigung als Lohnbestandteil + Abzug als Einkaufsbeitrag.

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vom AG übernommen

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Fallbeispiel

Sachverhalt

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Beendigung Arbeitsverhältnisinfolge Umstrukturierung per

31. Juli, Alter 61 Jahre,Aufgabe der Erwerbstätigkeit

Rentenbezug BVG ab 1. August

Teilkapitalbezug CHF 400’000 zurAmortisation der Hypothek auf dem Eigenheim am 4. August

Aktives Vorsorgeverhältnis

Kapitalabfindung ArbeitgeberCHF 150’000 zum Ausgleich der Vorsorgelücke; direkte Einzahlung in die PK

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (1)

Arbeitgeberfinanzierte Einkäufe

� stellen für eine logische Sekunde steuerbaren Lohn dar;

� sind dem Arbeitnehmer zurechenbare Einkäufe und

� unterliegen der Kapitalbezugssperre (Art. 79b Abs 3 BVG)

(VGE AG vom 1.6.2011; WBE.2010.337)

� Sperrfrist ist eine verobjektivierte Frist, die keine Ausnahmen erlaubt und auch für arbeitgeberfinanzierte Einkäufe gilt.

(StRG ZH vom 29.1.2015, 1 DB.2014.142, 1 ST.2014.172)

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Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (2)

� Kapitalbezugssperre (Art. 79b Abs. 3 BVG) ist verletzt;

� arbeitgeberfinanzierter Einkauf ist nicht abziehbar;

� von der Kapitalauszahlung ist der nicht gewährte Einkauf für die Besteuerung in Abzug zu bringen;

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Kapitalbezugssperre AG-Einkäufe (3)

Keine steuerlichen Nachteile, wenn

� die vom Arbeitgeber in die Pensionskasse einbezahlte Abfindung eine "vorsorgeähnliche Leistung" darstellt; und

� das kantonale Steuergesetz analog Art. 17 Abs. 2 DBG eine privilegierte Besteuerung von solchen Leistungen vorsieht.

Anwendungsfall A.3.1.12 "Vorsorge und Steuern", und

VGE AG vom 1. Juni 2011; WBE.2010.337

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Themenübersicht

1. Zeitnaher Einkauf und Kapitalbezug

2. Arbeitgebereinkauf und Zwangspensionierung

3. «Missbräuchliche» Kapitalbezüge

59VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Barauszahlung beiAufnahme selbständige Erwerbstätigkeit

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Gesetzliche Grundlagen (1)

Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein

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Gesetzliche Grundlagen (2)

ParallelitätUSE u. SE

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Frist für Bezug der Mittel

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• Gesuch um Barauszahlung hat innert Jahresfrist nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit zu erfolgen;

• Bei Übergang in selbständige Erwerbstätigkeit in Teilschritten beginnt Frist erst zu laufen, wenn versicherte Person nicht mehr der obligatorischen Versicherung in der 2. Säule untersteht;

• Erfolgt die Bestätigung/Anerkennung der AHV-Ausgleichskasse nach Ablauf der Jahresfrist, so ist das Gesuch rechtzeitig erfolgt, wenn es «unmittelbar» nach der Bestätigung/Anerkennung gestellt wird.

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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SelbständigeErwerbstätigkeit

1.9.2016 bis 30.11.2016

Sachverhalt

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Unselbständige Erwerbstätigkeit

Drittarbeitgeber

31.8.2016

Kapitalleistung aus

Säule 2: CHF 500’000

UnselbständigeErwerbstätigkeit

Eigene GmbH

Ab 01.12.2016Auftragsabwicklung übereigene GmbH

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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BGE 2C_156/2010 vom 7.6.2011

65

«Gemäss Art. 113 Abs. 2 lit. a BV soll die berufliche Vorsorge zusammen

mit den Leistungen der Eidgenössischen Versicherungen „die Fortsetzung

der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise“ ermöglichen. Um

dem Verfassungsauftrag Nachachtung zu verschaffen, ist daher die

steuerliche Privilegierung der Kapitalleistung in Art. 38 DBG nicht

extensiv zu interpretieren. Das spricht dafür, die steuerliche Privilegierung

der Kapitalleistungen in Art. 38 DBG auf die in Gesetz und Verordnung

umschriebenen Fälle zu beschränken. Die Verweisung in Art. 38 auf Art.

22 DBG („Einkünfte aus … Einrichtungen der beruflichen Vorsorge“)

kann daher nicht so verstanden werden, dass auch eine von vornherein

rechtswidrige bezogene Kapitalleistung aus einer Vorsorgeeinrichtung

steuerlich privilegiert behandelt werden müsste.»

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Bundesgericht unterscheidet zwei Fallgruppen*:

• Barauszahlungsgrund ist von Anfang an nicht gegeben oder

• Barauszahlung wird nicht zweckentsprechend verwendet.

Missbräuchlicher Bezug Vorsorgemittel (1)

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* Urteil Bundesgericht vom 7. Juni 2011 (2C_156/2010), E. 4.3

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Steuerliche Würdigung des Sachverhalts:

• Angesichts der kurzen Dauer der selbständigen Erwerbstätigkeit muss davon ausgegangen werden, dass diese nur zum Zweck des Kapitalbezugs missbräuchlich erfolgt ist;

• Der Barauszahlungsgrund ist nicht gegeben.

Steuerliche Folgen?

Missbräuchlicher Bezug Vorsorgemittel (2)

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Folgen

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• Rückerstattungspflicht zu Unrecht bezogener Leistungen;• Steuerbehörde muss Möglichkeit zur Rückabwicklung

geben (BGE 2C_204/2016 vom 9. Dezember 2016).

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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Steuerfolgen bei fehlender Rückerstattung

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• Ordentliche Besteuerung der Kapitalleistung zusammen mit den übrigen Einkünften (wie Lohneinkommen);

• Bereits rechtskräftig erfolgte Veranlagung der Jahressteuer auf der Kapitalleistung ist zu revidieren(BGE 2C_200/2014 vom 4. Juni 2015, E. 2.4.4.1).

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• Die Vorsorgeeinrichtungen müssen im Einzelfall mit der gebotenen zumutbaren Sorgfalt prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG erfüllt sind;

• Als Richtschnur gelten die Regeln gemäss BSV Mit-teilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 137, Rz 904.

BGE 9C_109/2016 vom 29. Juni 2016; BSV Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 143, Rz 953

Hinweis für die Vorsorgeeinrichtungen

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Fall A

• Die selbständige Erwerbstätigkeit ist überraschend erfolgreich → nach 1 Jahr erfolgt (u.a. aus Ha\ungs-gründen) die Umwandlung in eine AG.

→ Kein steuerlicher Missbrauch erkennbar.

Fall B

• Der erho]e Erfolg bleibt leider aus → nach 11 Monatenfindet die Person eine neue Anstellung im Beruf.

→ Kein steuerlicher Missbrauch erkennbar.

Abgrenzungen (1)

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Fall C

• Ein Jahr nach der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit mit Kapitalbezug erfolgt ein (freiwilliger) Anschluss BVG an eine Verbandsvorsorgeeinrichtung;

• Im darauf folgenden Jahr werden Einkäufe von Beitragsjahren geleistet.

Steuerliche Folgen:

• Die Einkaufsbeiträge werden als Rückzahlung betrachtet (analog WEF-Rückzahlung); kein steuerlicher Abzug bis zur Höhe des Kapitalbezugs, aber entsprechende Rückerstattung der bezahlten Steuern.

Abgrenzungen (2)

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Aufnahme selbständige Erwerbstätigkeit –Mittelverwendung bei Barauszahlung

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Sachverhalt

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Unselbständige Erwerbstätigkeit

Drittarbeitgeber

31.8.2016

Selbständige ErwerbstätigkeitAb 1.9.2016 bis auf Weiteres

Kapitalleistung aus

Säule 2: CHF 500’000

Missbräuchliche Verwendung Vorsorgemittel?

Investition in Betrieb:CHF 50’000

Private Kapitalanlage:CHF 450’000

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Zweckwidrige Verwendung?

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* Urteil Bundesgericht vom 7. Juni 2011 (2C_156/2010), E. 4.3

Bundesgericht unterscheidet zwei Fallgruppen:

• Barauszahlungsgrund ist von Anfang an nicht gegeben oder

• Barauszahlung wird nicht zweckentsprechend verwendet

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BGE 2C_248/2016 vom 2.10.2015 (1)

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«Wie das Bundesgericht bereits in BGE 139 V 367 festgehalten hat, ist der Wortlaut von Art.

5 Abs. 1 lit. b FZG klar. Die Barauszahlung setzt (kumulativ) die Aufnahme einer

selbständigen Erwerbstätigkeit und das Fehlen eines Versicherungsobligatoriums voraus. Es

sind keine Gründe ersichtlich, vom Wortlaut des Gesetzes abzuweichen. Ratio legis von Art. 5

Abs. 1 lit. b FZG ist die finanzielle Unterstützung beim Aufbau einer Unternehmung; dies

als Ausnahme vom Grundsatz, dass das Vorsorgeguthaben als Altersvorsorge erhalten

bleiben soll. Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass der Aufbau einer

selbständigen Existenz als Grundlage für eine ausreichende Altersvorsorge durch

Selbstvorsorge dient, weshalb der Versicherte keiner beruflichen Vorsorge mehr bedarf

(…).»

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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«Eine rechtliche Verpflichtung zur Investition des freigewordenen Vorsorgegeldes in das

Geschäftsvermögen lässt sich daraus aber nicht ableiten. Eine solche Bindung würde sich

namentlich dann als unzweckmässig erweisen, wenn die Freizügigkeitsleistung als

Kompensation für das weggefallene Arbeitseinkommen vorerst für den Lebensunterhalt

herangezogen werden muss oder wenn die selbständige Erwerbstätigkeit nur auf wenige

Betriebsmittel angewiesen ist. Der Gesetzgeber geht zudem davon aus, dass die selbständig

erwerbende Person für die Erhaltung ihres Vorsorgeschutzes selbst verantwortlich ist.»

BGE 2C_248/2016 vom 2.10.2015 (2)

77

«Wenn daher die Vorinstanz vom Beschwerdeführer verlangt, dass er die

Freizügigkeitsleistung entweder in der beruflichen Vorsorge belässt oder in die selbständige

Erwerbstätigkeit investiert, besteht hierfür keine gesetzliche Grundlage. Das verletzt

Bundesrecht.»

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Vorbezug WEF mitzeitnaher Wiederaufstockung der Hypothek

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Sachverhalt (Säule 3a)

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30.12.201131.03./4.4.2011

CHF 30’929 CHF 57’225

Amortisation CHF 82’929

Hypothek

WiederaufstockungHypothek

CHF 40’000

VVP-Seminar 2017 vom 10. Mai 2017

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BGE 2C_325/2014 vom 29.1.2015

80

«Die Amortisation einer Hypothek für selbst genutztes Wohneigentum mit gleichzeitiger

oder kurz darauf erfolgender Erhöhung einer anderen Hypothek auf dem gleichen Objekt

kann nicht als Rückzahlung von Hypothekardarlehen im Sinne von Art. 3 Abs. 3 lit. c BVV

3 anerkannt werden. Diese Bestimmung dient dem Vorsorgeschutz und ist daher eng,

jedenfalls aber nicht extensiv auszulegen. Andernfalls hätte es der Versicherte in der Hand

durch das „Umparkieren“ von Geldern die in der Vorsorge gebundenen Mittel in den frei

verfügbaren Privatbereich zu transferieren. Art. 38 DBG ist strikt auf die im Gesetz und in

der Verordnung umschriebenen Fälle zu beschränken»

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Folge

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• Es ist kein Barauszahlungsgrund gegeben, als Folge istnicht zu prüfen, ob eine Steuerumgehung gegeben ist;

• Keine privilegierte Besteuerung des WEF-Vorbezugs imUmfang der Wiederaufstockung der Hypothek (sondernBesteuerung mit dem übrigen Einkommen);

• Gleiche Folgen auch bei WEF-Vorbezügen BVG; Möglichkeit der Rückabwicklung muss angeboten werden.

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Abgrenzungen

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• Kritischer zeitlicher Rahmen zwischen Vorbezug WEF undWiederaufstockung der Hypothek = als Richtschnur 1 Jahr;

• Kein missbräuchlicher WEF-Vorbezug, wenn die zeitnaheWiederaufstockung der Hypothek im Zusammenhang miteiner Investition oder Sanierung der selbstbewohntenLiegenschaft steht;

• Einkauf BVG von CHF 140’000 und nachfolgender WEF-Vorbezug Säule 3a von CHF 200’000 stellt keine Steuerumgehung dar (BGE 2C_46/2014 vom 18.6.2015).

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit !

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