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Kurzer Überblick der Änderungen seit 1.1.13

Neue Fachbehörde KESB

Neues (Kindes- und) Erwachsenenschutzrecht:

Eigene Vorsorge (für den Fall der Urteilsunfähigkeit) • Vorsorgeauftrag• Patientenverfügung• Massnahmen von Gesetzes wegen bei Urteilsunfähigkeit im Alltag• Vertretung bei medizinischen Massnahmen• Regelung für Wohn- und Pflegeeinrichtungen• Massgeschneiderte Beistandschaften • Fürsorgerische Unterbringung / Medizinische Zwangsbehandlung

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Inhaltsverzeichnis

– Selbstbestimmung

– Der Vorsorgeauftrag

– Vorsorgevollmacht (als Alternative?)

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Förderung der SelbstbestimmungVorsorge für den Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit

→ Erstreckung der Selbstbestimmung

→ Insbesondere, aber nicht nur im hohen Alter, bei Demenz

Entlastung des Staates durch eigenverantwortliche Vorsorge

→ Vorausschauende Regelung zentraler Lebensfragen und der Vertretung im Rechtsverkehr durch eine noch urteilsfähige Person (statt z.B. KESB)

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Förderung der SelbstbestimmungSelbstbestimmung in dreierlei Hinsicht:

- Bestimmen einer vorsorgebeauftragen Person (und evtl. Ersatzperson)

- Umschreiben der Tätigkeitsfelder

- Erteilen von Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben

Auslegung und Ergänzung von Nebenpunkten durch KESB möglich (Art. 364 ZGB)

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Der Vorsorgeauftrag Art. 360-369 ZGBArt. 360 ZGB

1. Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen,

im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die

Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.

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Der Vorsorgeauftrag Art. 360-369 ZGB

2. Sie muss die Aufgaben, die sie der beauftragten Person übertragen will,

umschreiben und kann Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben erteilen.

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Der Vorsorgeauftrag Art. 360-369 ZGB

3. Sie kann für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist,

den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt,

Ersatzverfügungen treffen.

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Vorsorgeauftrag - Voraussetzungen

Handlungsfähigkeit

Volljährigkeit Art. 14 ZGB

Urteilsfähigkeit Art. 16 ZGB

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Fähigkeit, allgemeine Tragweite des Geschäfts zu erkennen

wird grundsätzlich vermutet, es sei denn die allgemeine

Lebenserfahrung spreche dagegen.

Urteilsunfähigkeit als aufschiebende Bedingung:

Der Vorsorgeauftrag entfaltet erst Wirkung

bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit und verliert seine Wirksamkeit

bei Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit (vgl. Art. 369 ZGB).

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Vorsorgeauftrag – Errichtung

Eigenhändig

von Anfang bis Ende von Hand geschrieben, datiert und

unterzeichnet (analog Testament)

Öffentliche Beurkundung

durch Notariat (erhöhte Beweiskraft der Urteilsfähigkeit)

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Hinterlegungsmöglichkeit

Möglichkeit, die Existenz und den Hinterlegungsort des Vorsorgeauftrags dem Zivilstandsamt zu melden (Art. 361 Abs. 3 ZGB) -> Eintrag im System «Infostar»

Keine Möglichkeit zur Hinterlegung bei der KESB im Kanton Zug

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Vorsorgeauftrag - Wirksamkeit

Validierung durch KESB zwingend notwendig

→ prüft Eintritt der Urteilsunfähigkeit

→ prüft Gültigkeit der Errichtung

→ prüft Eignung der beauftragten Person

→ prüft, ob weitere erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen

notwendig sind

Beauftragte Person erhält Entscheid, der die Befugnisse regelt

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Beispiel für einen Validierungsentscheid1. Der Vorsorgeauftrag vom xx ist gültig errichtet und wird für wirksam erklärt.

2. Als vorsorgebeauftragte Person wird xx, geb. xx, wohnhaft xx, eingesetzt.

3. Die vorsorgebeauftragte Person hat die nachfolgenden Befugnisse.

4. Regelung der Entschädigung

5. Pflichten nach Auftragsrecht OR

6. Rechtsmittelbelehrung

7. Eröffnung an

8. Mitteilung an:

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Vorsorgeauftrag - Inhalt

Die folgenden Bereiche können in einem Vorsorgeauftrag geregelt werden:

Personensorge

Sorge um soziales sowie psychisches und physisches Wohl:

Wohnen, Tagesstruktur / Beschäftigung

Öffnen der (auch persönlichen) Post

Gesundheitlicher Bereich (Patientenverfügung geht vor)

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Vorsorgeauftrag - InhaltVermögenssorge

Verwaltung des (gesamten) Vermögens und Einkommens

Ordentlicher und ausserordentlicher Rechnungsverkehr

Abschluss von sämtlichen Bankgeschäften

Immobilienregelung (Kauf/Verkauf, Renovation, Mietverträge)

Klärung/Widerruf von bestehenden Vollmachten

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Vorsorgeauftrag - InhaltVertretung im Rechtsverkehr / Vertretung bei Rechtshandlungen

Vertretung gegenüber Behörden, Privaten, Gerichten

Abschluss von Verträgen mit Versicherungen und anderen

Unternehmen im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers

Steuererklärung

Anträge auf wirtschaftliche Sozialhilfe,

Sozialversicherungsleistungen wie EL / Hilo etc.

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Vorsorgeauftrag - InhaltGrosser inhaltlicher Gestaltungsspielraum bei der Übertragung von Aufgaben:

•umfassende Personen-, Vermögens- und Rechtsvertretung

•auf einzelne Bereiche begrenzte Anordnungen

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Vorsorgeauftrag - Inhalt

Kombination mit Weisungen für die Auftragserfüllung möglich:

Sind nicht alle Bereiche geregelt, kommt in den nicht geregelten Bereichen allenfalls die gesetzliche Vertretung zum Zug oder es ist eine Beistandschaft zu errichten.

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Vorsorgeauftrag - Inhalt

Entschädigung

Festlegung (Branchenüblichkeit/Entschädigungsverordnung bei Beistandschaft) / Verzicht

Spesen

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VorsorgeauftragWegfall der Vertretungskompetenz von Gesetzes wegen bei Interessenkollision (Art. 365 Abs. 3 ZGB)

Pflicht zur Benachrichtigung der KESB bei Interessenkollision oder Notwendigkeit von Handlungen, die vom Vorsorgeauftrag nicht erfasst sind (Art. 365 Abs. 2 ZGB)

ESR Seite 21

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Vorsorgeauftrag - ErfüllungArt. 365 Abs. 1 ZGB: Erfüllung

1 Die beauftragte Person vertritt im Rahmen des Vorsorgeauftrags die

auftraggebende Person und nimmt ihre Aufgaben nach den Bestimmungen

des Obligationenrechts über den Auftrag sorgfältig wahr.

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Vorsorgeauftrag - ErfüllungArt. 398 Abs. 3 OR: Haftung für getreue Ausführung

3 Er hat das Geschäft persönlich zu besorgen, ausgenommen, wenn er zur

Übertragung an einen Dritten ermächtigt oder durch die Umstände genötigt

ist, oder wenn eine Vertretung übungsgemäss als zulässig betrachtet wird.

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Vorsorgeauftrag - Erfüllung

Art. 399 OR: Bei Übertragung der Besorgung auf einen Dritten

1. Hat der Beauftragte die Besorgung des Geschäftes unbefugterweise einem Dritten übertragen, so haftet er für dessen Handlungen, wie wenn es seine eigenen wären.

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Vorsorgeauftrag - Erfüllung

2. War er zur Übertragung befugt, so haftet er nur für gehörige Sorgfalt bei

der Wahl und Instruktion des Dritten.

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Vorsorgeauftrag - Substitution

Vorsorgeauftrag ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft:

Übertragung des Auftrags an eine andere Person ist unzulässig (vgl. Art. 398 Abs. 3 OR Substitution), da ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.

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Vorsorgeauftrag - Substitution

Beizug von Dritten als Hilfspersonen bei einzelnen Rechtsgeschäften

grundsätzlich möglich, wenn dies nötig oder üblich ist oder wenn die

Ermächtigung der Auftraggeberin vorliegt. Der Vorsorgebe-auftragte bleibt verantwortlich für die korrekte und sorgfältige Ausführung des Auftrags.

D.h. er muss die notwendige Instruktion und Kontrolle der Hilfsperson ausüben können.

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VorsorgeauftragBeendigung

− Durch Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit

− Durch Kündigung mittels schriftlicher Mitteilung an die KESB

-> Regel: 2 Monate Kündigungsfrist

-> Ausnahme: fristlose Kündigung

− Entzug des Mandats durch KESB

− Tod des Auftraggebers, Tod / Handlungsunfähigkeit des

Vorsorgebeauftragten

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Vorsorgeauftrag

Einschreiten der KESB

- Bei Interessengefährdung

- Einschreiten von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person

- Massnahmen nach Art. 368 Abs. 2 ZGB (Inventar, Bericht- und Rechnungserstattung, Weisungen etc.)

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Vorsorgeauftrag oder Vollmacht?

Zeitliches Kriterium

Für Anordnungen, die erst ab Urteilsunfähigkeit Gültigkeit erhalten sollen, ist der Vorsorgeauftrag Art. 360 ff. ZGB angezeigt.

Das Erwachsenenschutzrecht sieht hier höhere formelle Voraussetzungen für die Errichtung eines Vorsorgeauftrags vor als im OR für den einfachen Auftrag und die Vollmacht gelten (Art. 32 ff. OR und Art. 394 ff. OR).

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Vorsorgeauftrag oder Vollmacht?

Akzeptanz im Rechtsalltag

Praxiserfahrung: Banken / Versicherungen und Institutionen akzeptieren häufig keine Vollmachten mehr, die über den Zeitpunkt der Urteilsfähigkeit hinaus erklärt worden sind.

Sicherheitsüberlegungen

Erhöhte Sicherheit beim Vorsorgeauftrag gegenüber Vorsorgevollmacht aufgrund Miteinbezug KESB

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Vorsorgeauftrag oder Vollmacht?

Fazit?

Prüfung der individuellen Situation, allenfalls auch Errichtung einer massgeschneiderten Beistandschaft mit Befreiung von der Pflicht zur Einreichung von Bericht und Rechnung (Art.420 ZGB).

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Beispiele für Vorsorgeaufträge

Empfehlenswerte Vorlagen/Muster sind bei nachfolgenden Institutionen jeweils auf deren Webseite zu finden:

- www.curaviva.ch

- www.alz.ch (Alzheimervereinigung)

- www.beobachter.ch

- www.caritas.ch

KES priMa-Weiterbildung 2014 Zustimmungspflichtige Geschäfte unter ESR Seite 33

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Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Die Patientenverfügung -

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Medizinische Tätigkeiten - Eingriffe

Sind rechtlich Eingriffe in die körperliche und psychische Integrität

(vgl. Art. 28 ZGB)

Widerrechtlich

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Rechtfertigungsgründe:Einwilligung des Patienten (informed consent)

Bei urteilsunfähigen Patienten:

→ Einwilligung der gesetzlichen Vertretung (Eltern, Vormund; neu:

Angehörige; Beistand mit Vertretungsrecht in medizinischen

Angelegenheiten)

→ Vorgehen nach mutmasslichem Willen

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Funktion der Einwilligung

Mittel zur Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts

Begriff umfasst Einwilligung und Ablehnung

Rechtfertigungsgrund

Behandlung ohne Einwilligung rechtswidrig

→ im Zivil-, Straf- und öffentlichen Recht

Heilzweck nicht massgeblich

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Gültigkeitsvoraussetzungen der Einwilligung

Freie Einwilligung

Rechtsgenügende Aufklärung

Urteilsfähigkeit

Erteilung vor dem Eingriff

Keine Rechts- oder Sittenwidrigkeit

→ Art. 27 ZGB, Art. 20 OR

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Situation nach neuem Recht

Bisher:

Kantonal unterschiedliche Regelungen

Verbindlichkeit verschieden geregelt

Neu:

Bundesrechtlich einheitliche Regelung

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Die Patientenverfügung

Art. 370 ZGB

1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen,

welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.

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Die Patientenverfügung

Art. 370 ZGB

2 Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit

mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.

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Die Patientenverfügung

Art. 370 ZGB

3 Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist,

den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.

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Inhalt einer Patientenverfügung

Erlaubnis / Ablehnung von medizinischen Massnahmen

Zu pflegerischen Anordnungen vgl. HRUBESCHMILLAUER/

BRUGGISSER, Gedanken zu pflegerischen Anordnungen in

einer Patientenverfügung

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Inhalt einer Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung kann ebenfalls eine Einwilligung oder

Ablehnung zur Organ-, Gewebe- oder Zellenspende enthalten. Diese

Entscheidung ist allerdings erst ab dem 16. Lebensjahr möglich

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Inhalt einer Patientenverfügung

Bezeichnung einer vertretungsberechtigten Person

→ Weisungen / Leitlinien zur Entscheidfindung

→ ansonsten: Entscheid nach mutmasslichem Willen und

Interessen des Patienten

Hinweise zur Auslegung / Wertehaltung

Behandlungsziele

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Formelle Vorschriften (Art. 371 ZGB)

Schriftlich, mit Datum und Unterschrift

→ Formulare zulässig

→ Formfehler?

Vorhandensein der Patientenverfügung und Ort der Hinterlegung kann

auf Versicherungskarte eingetragen werden

→ Auffindbarkeit liegt in der Verantwortung des Patienten

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Abklärungspflicht (Art. 372 ZGB)

Rechtspflicht des Arztes bei Urteilsunfähigkeit des Patienten

Beschränkt sich auf Versichertenkarte

Ausnahme: dringliche Fälle

Gültigkeit der PV wird nicht routinemässig durch

Erwachsenenschutzbehörde geprüft

„Kontrolle“ durch medizinisches Personal

→ Möglichkeit der Benachrichtigung der KESB

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Wirkung der Patientenverfügung

Wenn und solange Verfasser urteilsunfähig ist

Urteilsunfähigkeit muss vom Arzt eingeschätzt werden

→ zeitliche und sachliche Relativität beachten

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Verbindlichkeit

Art. 372 Abs. 2 und 3

2 Die Ärztin (…) entspricht der Patientenverfügung, ausser wenn diese gegen gesetzliche Vorschriften verstösst oder wenn begründete

Zweifel bestehen, dass sie auf freiem Willen beruht oder noch dem

mutmasslichen Willen der Patientin (…) entspricht.

3 Die Ärztin (…) hält im Patientendossier fest, aus welchen Gründen der Patientenverfügung nicht entsprochen wird.

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Verbindlichkeit

Grundsätzlich verbindlich

Ausnahmen:

- Verstoss gegen gesetzliche Vorschriften

- begründete Zweifel am freien Willen:

Urteilsfähigkeit zum Zeitpunkt des Verfassens der

Patientenverfügung

Kein Willensmangel i.S.v. Art. 23 ff. OR

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Verbindlichkeit

- begründete Zweifel an der Übereinstimmung mit dem mutmasslichen Willen, wenn:

die Errichtung schon längere Zeit zurückliegt und später eine andere Meinung geäussert wurde

Signifikante medizinische Fortschritte und die Entdeckung neuer Behandlungsmöglichkeiten in der Zeit zwischen der Errichtung der Verfügung und dem Eintritt der Urteilsunfähigkeit

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Verbindlichkeit

Weitere Ausnahme: psychiatrische Behandlung im Rahmen einer

fürsorgerischen Unterbringung: hier ist PV nur zu berücksichtigen (Art. 433 Abs. 3 ZGB)

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Unverbindlichkeit – Folgen

Allenfalls nur Teilunverbindlichkeit

Massgeblich ist der mutmassliche Wille und Interessen

→ gesetzliches Vertretungsrecht

Begründung in Patientendossier

Möglichkeit, Erwachsenenschutzbehörde anzurufen

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Gültigkeitsdauer – Widerruf

Grundsätzlich ist PV unbeschränkt gültig

Widerruf jederzeit möglich durch urteilsfähigen Patienten!

Art. 371 Abs. 3 ZGB ist missverständlich formuliert

→ Formloser Widerruf durch urteilsfähigen Patienten

Empfehlenswert, im Patientendossier Widerruf und Urteilsfähigkeit des Patienten festzuhalten

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Auslegung einer Patientenverfügung

So, wie PV in guten Treuen verstanden werden darf und muss

Nicht allein der Wortlaut ist massgebend

→ soweit möglich, wirklichen Willen eruieren

→ Werthaltung

→ Erfahrungshorizont

→ Hilfe bei der Interpretation durch Angehörige

Frage: Ist die PV auf die konkrete Situation anwendbar?

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Anrufung der Erwachsenenschutzbehörde (Art. 373 ZGB)

Anrufungsgründe:

→ wenn der PV nicht entsprochen wird

→ wenn die Interessen des Patienten gefährdet sind

→ wenn die PV nicht auf freiem Willen beruht

Anrufungsberechtigte:

→ nahestehende Personen (inkl. Arzt, Pflegepersonal)

Modalitäten: → schriftlich

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Berücksichtigung des natürlichen Willens?

Begriff: Wünsche und Bedürfnisse des urteilsunfähigen Patienten

Verbindlich ist der im urteilsfähigen Zustand geäusserte Wille

Aber: natürlicher Wille muss berücksichtigt werden

Urteilsunfähige Patienten müssen in die Entscheidungsfindung

einbezogen werden

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Dringliche Fälle (Art. 379 ZGB)

Dringliche medizinische Massnahmen müssen ergriffen werden

Entscheidkriterien:

- mutmasslicher Wille (subjektiv)

- Interessen des urteilsunfähigen Patienten (objektiv)

Dringlichkeit

- Schwere der Gefährdung

- Zeit

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Abgrenzung zum Vorsorgeauftrag

Ein Vorsorgeauftrag kann wie eine Patientenverfügung Anordnungen zu

medizinischen Massnahmen zum Inhalt haben

Materiell werden solche medizinischen Anordnungen in einem

Vorsorgeauftrag als Patientenverfügung qualifiziert

Sie unterstehen den formellen Voraussetzungen der Patientenverfügung

und nicht jenen des Vorsorgeauftrags

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Pro und Contra der Patientenverfügung

Vorteile:

- Patient entscheidet selbst

- Entlastung der Angehörigen

Probleme:

- Antizipation einer ungewissen Situation → Anwendbarkeit?

- Stellenwert des natürlichen Willens

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Pro und Contra der Patientenverfügung

Aufklärung? Oft falsches oder mangelhaftes medizinisches und/oder

juristisches Wissen

→ SAMW empfiehlt Beratungsgespräch vor Abfassen einer

Patientenverfügung

- Problem der Auslegung der Patientenverfügung. Bestimmtheit der

Patientenverfügung keine Voraussetzung der Gültigkeit

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Danke für Ihre Aufmerksamkeit

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