Vortrag WH 171008 oe - sachsen-anhalt.de · 1 Institut für Community Medicine, Abt....

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1 Institut für Community Medicine, Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Das AGnES-Konzept Hintergrund, Diskussionsthemen, Perspektive Statussymposium: „Hausarztunterstützende Konzepte und Strukturen – Die Modellprojekte nach dem AGnES-Konzept“ Berlin, 17.10.2008 Hintergrund: Demographie Der Spiegel 10/2006

Transcript of Vortrag WH 171008 oe - sachsen-anhalt.de · 1 Institut für Community Medicine, Abt....

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Institut für Community Medicine,Abt. Versorgungsepidemiologie und Community Health

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Das AGnES-KonzeptHintergrund, Diskussionsthemen, Perspektive

Statussymposium: „Hausarztunterstützende Konzepte und Strukturen –Die Modellprojekte nach dem AGnES-Konzept“

Berlin, 17.10.2008

Hintergrund: Demographie

Der Spiegel 10/2006

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Ambulante VersorgungEntwicklung der Patientenzahlen für ausgewählte Erkrankungen in MV 2005-2020

Bevölkerungsprognose: Stat. Amt MV

Bevölkerungsprognose: Rostocker Zentrum

+20,6% (+1.730) +22,6% (+1.897)Krebs gesamt+76,6% (+4.490) +86,9% (+5.097) Demenz

+28,4% (+197) +30,7% (+213)Krebs (Dickdarm)Inzidenz**

+25,5% (+16.289) +27,4% (+17.518) Osteoporose+14,7% (+4.689) +16,3% (+5.178) Schlaganfall+21,8% (+9.077) +23,5% (+9.816) Myokardinfarkt+19,4% (+22.847) +21,1% (+24.771)Diabetes

+5,4% (+32.979)+6,5% (+39.759)Hypertonie

Prävalenz (20-84 jährige Bev.)*

* SHIP-0 / SHIP-1** Krebs: GKR-NBL (2004), Demenz: Bickel, H. (2002) © ICM EMAU 2008

Ambulante Versorgung

(Datenbasis: Inanspruchnahme - SHIP-1, Bevölkerungsprognose - Rostocker Zentrum, MPI-Demographie)

Hochrechnung: Anzahl der Arztkontakte / Jahrbeim Allgemeinarzt in MV 2005-2020

0

100

200

300

400

500

600

700

25-2930-34

35-3940-44

45-4950-54

55-5960-64

65-6970-74

75-7980-84

Tausend Kontakte

Alter in Jahren

20052020

+8,6%

© Institut für Community Medicine, 2008

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Häuslicher Unterstützungsbedarf(Basis: Amtliche Pflegestatistik, Scientific Use File, Datensatz D, 1999, 2005)

Ärzte Zeitung 2.10.2008

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RÜG11

HGW/OVP27

UER22

NB/MST29

DM3

MÜR20

GÜ22

HST/NVP26

DBR57

PCH28

SN/HWI/NWM60

LWL27

0 km 20 40

Wiederbesetzungsbedarf 2020Sollzahlen Hausärzte

HRO39

83

47

31

35

49

80 48

17

23 52

20

45

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Anzahl Hausärzte für erwarteten Arztkontakte

© ICM EMAU 2008

Wiederbesetzungsbedarf bis 2020: 554 Hausärzte

… Gleichwohl können sich die Verfasser (die obersten Landesgesundheitsbehörden) die Versorgung etwa auf dem Land nicht ohne die Beteiligung arztfremder Berufe vorstellen. …

… Umsatzgarantien haben nach Angaben der KV Brandenburg seit 2003 nur 13 Kollegen zur Niederlassung bewogen. Investitionszuschüsse zwischen 10.000 bis 30.000 Euro pro Praxis lockten nur 7 neue Kollegen. …

… Nach Zählung der KVBB ist die hausärztliche Versorgung trotzdem in 18 Kreisen bedroht. …

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AGnES:Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Healthgestützte, Systemische Intervention

Hausarztunterstützung durch qualifizierte Praxismitarbeiter(innen)(Gesundheits- und KrankenpflegerInnen, med. Fachangestellte, Arzthelferinnen)

Basis: Delegation ärztlicher Tätigkeiten, insbesondere von Hausbesuchen, durch den Hausarzt, Praxisbesche, Hausbesuche

©Institut für C

omm

unity Medicine, 2008

Brandenburg

Sachsen

Sachsen-Anhalt

BrandenburgMedizinisches Zentrum Lübbenau6 Hausärzte3 Krankenschwestern, angestellt beim MVZFinanzierung: ESF

AGnES – Das Netzwerk (Stand 10/2008)(Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Healthgestützte, Systemische Intervention)

Sachsen6 niedergelassene Hausärzte3 Krankenschwestern3 Arzthelferinnen, angestellt bei den HausarztpraxenFinanzierung: ESF, Freistaat Sachsen, KV, Kassen© ICM EMAU 2008

Mecklenburg-Vorpommern (3 Regionen)15 niedergelassene Hausärzte2 Krankenschwestern, 1 Arzthelferin, angestellt bei der KV M-VFinanzierung: Land M-V, KV M-V

Sachsen-Anhalt6 niedergelassene Hausärzte5 Krankenschwestern3 Arzthelferinnen, angestellt bei den HausarztpraxenFinanzierung: KV, AOK, Land Sachsen-Anhalt

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Ausgewählte Ergebnisse (Stand 1.10.2008)

• Anzahl der Patienten: 1.545

• Alter: durchschnittlich 78,7 Jahre

• Multimorbidität: durchschnittlich 6 Diagnosen, Range: 1-33 Diagnosen

• 89,5% der Patienten sind nicht oder nur eingeschränkt mobil

• 40,2% der Patienten haben eine Pflegestufe

• Insgesamt 10.112 Hausbesuche

• 1.203 Medikamentenanamnesen bei 798 Patienten

• 507 Sturzprophylaxen und 2.274 Kontrollen der Empfehlungsumsetzungen

• 383 geriatrische Assessments

Etwa 300 unterschiedliche delegierte Tätigkeiten:• 50%: Erhebung diagnostischer Parameter (z. B. Blutdruck- undBlutzuckerwerte, Puls, Gewicht, Peakflow, Temperatur, EKG)

• 35%: Standardisierte Beurteilung des Gesundheitszustandes, Dokumentation von Symptomen und medizinisch relevanten Ereignissen,Beratung zu z. B. Flüssigkeits-aufnahme, Ernährung, Umgang mit Heil- und Hilfsmitteln

• 15% medizinische Tätigkeiten(z. B. Blutentnahmen, Injektionen und Wund- und Dekubitusbehandlungen,keine regelmäßige Verbandswechsel)

© ICM, 2008

Ausgewählte Ergebnisse (Stand 1.10.2008)

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• AGnES-Grundleistungskomplex: bei jedem Hausbesuch bei allen Patienten• Standardisierte, umfassende Einschätzung und Beurteilung des

Gesundheitszustandes, psychischer Verfassung, soziales Umfeld,Pflegesituation

• Delegierte Leistungen

• Indikationsspezifische Module: bei spezifischen Indikationen• Geriatrisches Assessment• Modul für Palliativmedizin

• Weitere Module: • Arzneimittelkontrolle/Medikamentenanamnese• Sturzprophylaxe• Telecare (alternative/substituierende Überwachung oder weiterführende /

intensivierte Überwachung)

Zuordnung der Tätigkeiten in 3 Leistungsbereichen

AGnES- Evaluation 2008

© ICM, EMAU

• 90.5% der befragten Hausärzte (N=42) bewerten das AGnES-Konzeptals arztentlastend

• Beurteilung der medizinischen Qualität für jeden einzelnen Patienten durch den Hausarzt (beurteilte Patienten N=657):

„Die gemeinsame medizinische Betreuung des Patienten von Hausarzt und AGnES (auf Delegationsbasis) wies im bisherigen Projektzeitraum eine vergleichbare Qualität mit einer üblichen hausärztlichen Betreuung auf.“

für 92.1% bewerteten die Hausärzte diese Aussage mit „stimme sehr zu“(N=503) bzw. „stimme ziemlich zu“ (N=102)

• 88% der befragten Hausärzte (N=42) sind der Meinung, dass sich AGnES positiv auf die Compliance der Patienten auswirkt

Ausgewählte Ergebnisse

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© ICM, EMAU

• 94.3% der Patienten (N=667) können sich vorstellen, dass eine AGnES Hausbesuche und spezielle Themen übernimmt und der Hausarzt nur noch bei dringendem medizinischen Bedarf Besuche durchführt

• 98.7% der befragten Patienten (N=667) sind der Meinung, dass AGnES eine kompetente Ansprechpartnerin bei Gesundheitsfragen ist

AGnES- Evaluation 2008Ausgewählte Ergebnisse

MSOffice1

Diskussionen und „Kontroversen“

Folie 15

MSOffice1 Wenn weitere Ergebnisse gewünscht werden bitte Rückmeldung ; 07.10.2008

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Fachtagung am 22.10.2008

© ICM, EMAU

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„Die Volkssolidarität verfolgt mit Interesse und grundsätzlicher Zustimmung die vor allem in den neuen Ländern auf den Weg gebrachten Modellprojekte, um Defizite in der ärztlichen Versorgung entgegen zu wirken.“

… Wir brauchen keine kostspieligen Modellversuche mit Gemeindeschwestern, sondern eine Unterstützung unserer Arbeit, um mehr Zeit für die Patienten zu haben. …

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… Statt organisatorisch aufwendige Konzepte anzustoßen – Stichwort: Schwester Agnes -, sollten die Kassen die unbürokratische Lösung wählen, nämlich vorhandene Strukturen zu nutzen und Ärzte vernünftig zu bezahlen…

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Aus der Rede von Herrn Dr. med. Theodor Windhorst(Ärztekammer Westfalen-Lippe)

Deutscher Ärztetag, 20. - 23.5.2008, Ulm

Ein Beispiel könnte die sogenannte Schwester Agnes

aus Rügen darstellen, die auf Anweisung des

teilnehmenden Hausarztes auf dem Delegationsweg

Besuche bei chronisch Kranken übernimmt – evtl. mit

medizinisch-digitaler Technik (Audio-Video-Verbindung).

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Ärzte Zeitung, 10.10.2008

KVBB-Chef Dr. Hans-Joachim Helming kritisierte, es handle sich um ein

„nicht mit den Hausärzten entwickeltes und hausärztlichen Interessen

strukturell entgegenlaufendes Modell“.

Sowohl die KV als auch die Hausärzte in Brandenburg bevorzugen nach

seinen Angaben das Modell der mobilen Praxisassistentin („Mopra“).

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Google-Anfrage vom 15.10.2008

15

Deutsches Ärzteblatt, 7.10.2008

Bild.de, 17.8.2008

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… Allerdings müsse die therapeutische Gesamtverantwortung beim Arzt bleiben , forderte Klakow-Franck. Unter diesen Bedingungen halte die BÄK eine Entlastung des Arztes durch ein qualifiziertes Praxisteamoder durch andere Gesundheitsberufe für sinnvoll …

Financial Times Deutschland, 03.05.2006

"Diagnostik macht der Arzt, und auch nur er trifft Therapieentscheidungen", so Hoffmann; "zahlreiche Aufgaben aber können an kompetente Pflegekräfte delegiert werden."

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Kernfrage: Qualifizierung

AGnES M-V 1-3Curriculum

Community Medicine Nursing Curriculum AGnES

EvaluierungCurriculum CMN

Ergebnisse AGnES M-V 4, Sachsen, Brandenburg,

Sachsen-Anhalt

Aus dem Brief an den Bewertungsausschuss, Anlage 2 (RA Kleinke):… Das zentrale Ergebnis der juristischen Bewertung ist, dass das umfängliche Leistungsspektrum im AGnES-Konzept als Ganzes von den „Medizinischen Fachangestellten/Arzthelferinnen“ als auch von den „Gesundheits- und Krankenpflegern“ erbracht werden kann, wenn diese zusätzlich die AGnES-Qualifikation absolviert haben. …

Qualifizierung II

• Primärqualifikation• Berufserfahrungen• Fort- und Weiterbildungen

individuelle Zusammenstellung der Qualifizierungsmodule

Das Berufsbild

AGnES

Das dt. Gesundheits-

sytem

GF und Prävention

Epidemio-logie

Ernährungs-lehre Recht

Familie undHauslichkeit

Patienten-zentrierte

Versorgung

Patienten-überleitung

BWL im ambulanten

Sektor

Organisationeiner

Arztpraxis

Abrechnung im Hausarzt-

sektor

Patienten-information/Edukation I

Kommuni-Kation Pat./Angehörige

Kommunika-tion mit dem

Arzt

PharmazieVerhalten in Notfallsitua-

tionen

Allgemein-medizin

Innere Med./Gerontologie/

Neurologie

Palliativ-med. Chirurgie

HNO/Augen-

heilkunde

Grundlagen der

PC-Arbeit

E-Health im Gesundheits-

wesen

Med.Doku.

Datenmana-gement i.E-

Health Telecare

Telemed. Kommunik.-

systeme

1. PROFESSIONALISIERUNG1. PROFESSIONALISIERUNG

2. 2. AGnESAGnES IM NETZ DER SOZIALENIM NETZ DER SOZIALEN-- UND GESUNDHEITSDIENSTEUND GESUNDHEITSDIENSTE

5. BERATUNG/ GESPR5. BERATUNG/ GESPRÄÄCHSFCHSFÜÜHRUNGHRUNG

6. MEDIZINISCHE KENNTNISSE6. MEDIZINISCHE KENNTNISSE

7. EDV / TELEMEDIZIN7. EDV / TELEMEDIZIN

8. PRAXIS8. PRAXIS

Instru-mente

Patienten-information/Edukation II

3. DIE HAUSARZTPRAXIS ALS UNTERNEHMEN3. DIE HAUSARZTPRAXIS ALS UNTERNEHMEN

4. BASISKOMPETENZEN MEDIZIN4. BASISKOMPETENZEN MEDIZIN

Arzneimittel-lehre

Patientenbe-obachtung

Grundlagen Palliativ-medizin

Grundlagen Chirurgie

Grundlagen Innere Med./

Neuro

dieHA-praxis im Gesundhw.

QM

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Aus der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit vom 12.3.2008 (Drucksache 16/8525):

§28 Abs. 1 Satz 2: Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist.

…Ein Beispiel für die beschriebene Delegation ärztlicher

Leistungen auf nichtärztliches medizinisches Personal ist das seit

2005 in den neuen Bundesländern durchgeführte Modellprojekt

der Gemeindeschwester „AGnES“….

…Der Arzt ist bei dieser Tätigkeit nicht persönlich anwesend.

Die Pflegefachkraft steht jedoch bei Durchführung der Tätigkeiten

in zum Beispiel telemedizinischem Kontakt mit dem Arzt, der auf

diesem Wege seiner Überwachungspflicht nachkommt….

Aus der Begründung durch den GesundheitsausschussAusschussdrucksache 16(11)936neu (5.3.2008)

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Chance Telemedizin

Videokonferenz über (Breitband)UMTSErste Tests und Schulungen Videokonferenzsystem, 11.10.06

© ICM, EMAU

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Satellit- Videokonferenzsystem

Videokonferenz:Ergebnisse AGnES Brandenburg

• erfolgreiche Videokonferenzen bei ca. 1% der Hausbesuche (38/3994)

zwischen April 2007 und September 2008

• zum Vergleich: telefonische Kontaktaufnahme mit dem Hausarzt bei

5,4% der Hausbesuchen (216/3994)

Gründe für Kontaktaufnahme per Video (mehrere Antworten möglich):

• Überprüfung des Gesundheitszustandes durch den Arzt: 38

• Schmerzen: 9

• schlechter Allgemeinzustand: 8

• Wundbeurteilung durch den Arzt: 4

• Wassereinlagerungen: 3

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Durch: Gesundheitsministerien Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,

Sachsen und Sachsen-Anhalt, Hildebrandt Consult Hamburg, Kanzlei am

Ärztehaus (RA Kleinke, Osnabrück), Institut für Community Medicine

• Anschreiben

• Zusammenfassung

• Patientencharakteristika

• Tätigkeiten

• Ergebnisse der Evaluation

• Qualifizierung

• gesundheitsökonomische Ergebnisse

• Ergebnisse der juristischen Prüfung.

* Erstellt in Kooperation mit Herrn RA und FA für Medizinrecht Sören Kleinke

Information an den Bewertungsausschuss

Capital, August 2008

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• AGnES – Modellprojekte mit hoher Akzeptanz bei allen Beteiligten

• Gesetzliche Grundlagen sind hergestellt

• grundsätzliche Zustimmung der Selbstverwaltung

• „Kontroversen“ durch bessere Kommunikation lösbar

• Verah / Mopra = AGnES + innovative Finanzierung (KV + AOK, GEK)

• Wichtige Voraussetzung:

Qualifizierung, qualitätsgesichertes Curriculum

• EBM-Ziffer - Sitzung des Bewertungsausschusses heute!

• Regelversorgung !?

Zusammenfassung

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

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