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Punkten Sie online auf CME.springer.de Teilnahmemöglichkeiten -   kostenfrei im Rahmen des jeweiligen   Zeitschriftenabonnements -   individuelle Teilnahme durch den Erwerb   von CME.Tickets auf CME.springer.de Zertifizierung Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten  zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen  und der Nord  rheinischen Akademie für Ärztliche  Fort- und Weiterbildung und damit auch für  andere Ärzte  kammern anerkennungsfähig.  Hinweis für Leser aus Österreich und der Schweiz Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm  (DFP) der Österreichischen Ärztekammer  werden die auf CME.springer.de erworbenen  CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische  Fortbildung anerkannt. Der Chirurg ist zudem durch die Schweizerische  Gesellschaft für Chirurgie mit 1 Credit pro Modul  anerkannt. Kontakt und weitere Informationen Springer-Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin / Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de Redaktion M. Betzler · Essen H.-J. Oestern · Celle P.M. Vogt · Hannover Chirurg 2011 · 82:539–556 DOI 10.1007/s00104-010-2051-y Online publiziert: 13. April 2011 © Springer-Verlag 2011 W. Schwenk · B. Schinkel Allgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg Perioperative Schmerztherapie Zusammenfassung Wissenschaftliche Untersuchungen haben zweifelsfrei belegt, dass eine optimierte perioperative Schmerztherapie nicht nur den Patientenkomfort verbessert, sondern auch postoperative Kom- plikationen vermeidet, die Rekonvaleszenz beschleunigt und den postoperativen Krankenhaus- aufenthalt verkürzt. Voraussetzung dafür ist die Einbettung der Schmerztherapie in ein periope- ratives multimodales und interdisziplinäres Behandlungskonzept. Lokale oder regionale Anäs- thesieverfahren gewährleisten nach operativen Eingriffen die beste Analgesie und müssen daher immer erwogen werden. Die Optimierung der perioperativen Schmerztherapie durch Peridural- oder Spinalanalgesie und regionale Kathetertechniken wird organisatorisch durch die Etablierung eines Akutschmerzdienstes gewährleistet. Derartige Akutschmerzdienste betreuen aber nur et- wa 15–20% aller chirurgischen Fälle. Die Mehrzahl aller Patienten erhält nur dann eine adäquate Schmerztherapie, wenn die behandelnden Chirurgen über gute Kenntnisse in der perioperativen Schmerztherapie verfügen. Die regelmäßige postoperative Messung des Schmerzempfindens ist die unverzichtbare Grundlage einer optimierten perioperativen Schmerztherapie und erlaubt zu- dem eine verantwortliche Delegation der Applikation von Schmerzmitteln an das Pflegepersonal. Schlüsselwörter Schmerztherapie · Schmerzmessung · Komplikationen · Regionalanästhesie · Lebensqualität Perioperative pain therapy Abstract Scientific studies have proven without doubt that an optimized perioperative pain therapy will im- prove patient comfort, reduce postoperative complications, enhance postoperative recovery and shorten the length of postoperative hospital stay. It is necessary to incorporate the acute pain ther- apy into a perioperative multimodal and interdisciplinary therapeutic concept. Local or regional anesthesia will provide the best analgesic effect after surgery and should be considered in all pa- tients. Optimal treatment of patients with peripheral nerve blocks, spinal or epidural analgesia should be treated by a specialized acute pain service. However, only 15–20% of all surgical cases will be taken care of by such a pain service. Therefore, most surgical patients will only receive ad- equate analgesia if surgeons are familiar with the principles of postoperative pain therapy. Regu- lar assessment of pain perception is the cornerstone of optimized pain therapy. Furthermore, pain assessment will allow the administration and to some extent dosage of analgesic therapy to be del- egated to nursing personnel. Keywords Pain therapy · Pain assessment · Complications · Regional anesthesia · Quality of life CME Weiterbildung · Zertifizierte Fortbildung 539 Der Chirurg 6 · 2011 |

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Chirurg 2011 · 82:539–556DOI 10.1007/s00104-010-2051-yOnline publiziert: 13. April 2011© Springer-Verlag 2011

W. Schwenk · B. SchinkelAllgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg

Perioperative SchmerztherapieZusammenfassungWissenschaftliche Untersuchungen haben zweifelsfrei belegt, dass eine optimierte perioperative Schmerztherapie nicht nur den Patientenkomfort verbessert, sondern auch postoperative Kom-plikationen vermeidet, die Rekonvaleszenz beschleunigt und den postoperativen Krankenhaus-aufenthalt verkürzt. Voraussetzung dafür ist die Einbettung der Schmerztherapie in ein periope-ratives multimodales und interdisziplinäres Behandlungskonzept. Lokale oder regionale Anäs-thesieverfahren gewährleisten nach operativen Eingriffen die beste Analgesie und müssen daher immer erwogen werden. Die Optimierung der perioperativen Schmerztherapie durch Peridural- oder Spinalanalgesie und regionale Kathetertechniken wird organisatorisch durch die Etablierung eines Akutschmerzdienstes gewährleistet. Derartige Akutschmerzdienste betreuen aber nur et-wa 15–20% aller chirurgischen Fälle. Die Mehrzahl aller Patienten erhält nur dann eine adäquate Schmerztherapie, wenn die behandelnden Chirurgen über gute Kenntnisse in der perioperativen Schmerztherapie verfügen. Die regelmäßige postoperative Messung des Schmerzempfindens ist die unverzichtbare Grundlage einer optimierten perioperativen Schmerztherapie und erlaubt zu-dem eine verantwortliche Delegation der Applikation von Schmerzmitteln an das Pflegepersonal.

SchlüsselwörterSchmerztherapie · Schmerzmessung · Komplikationen · Regionalanästhesie · Lebensqualität

Perioperative pain therapy

AbstractScientific studies have proven without doubt that an optimized perioperative pain therapy will im-prove patient comfort, reduce postoperative complications, enhance postoperative recovery and shorten the length of postoperative hospital stay. It is necessary to incorporate the acute pain ther-apy into a perioperative multimodal and interdisciplinary therapeutic concept. Local or regional anesthesia will provide the best analgesic effect after surgery and should be considered in all pa-tients. Optimal treatment of patients with peripheral nerve blocks, spinal or epidural analgesia should be treated by a specialized acute pain service. However, only 15–20% of all surgical cases will be taken care of by such a pain service. Therefore, most surgical patients will only receive ad-equate analgesia if surgeons are familiar with the principles of postoperative pain therapy. Regu-lar assessment of pain perception is the cornerstone of optimized pain therapy. Furthermore, pain assessment will allow the administration and to some extent dosage of analgesic therapy to be del-egated to nursing personnel.

KeywordsPain therapy · Pain assessment · Complications · Regional anesthesia · Quality of life

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Die Grundlagen der postoperativen Akutschmerztherapie müssen von jedem Chirurgen beherrscht werden. Die Pathophysiologie des Akutschmerzes und der Chronifizierung von Schmerzen muss ebenso bekannt sein, wie die herausragende Bedeutung einer regel-mäßigen Schmerzmessung. Ebenso wichtig wie die Kenntnisse der nichtpharmakologi-schen und pharmakologischen Schmerztherapie sind die operativ-technischen Möglichkei-ten der Schmerzreduktion. Periphere Nervenblockaden und epidurale Analgesie müssen als effektivste Schmerztherapie erkannt, ihre Nebenwirkungen und Komplikationen auch vom Chirurg sicher diagnostiziert werden. Die Organisation der postoperativen Schmerz-therapie ist die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Schmerzbekämpfung. Die verantwortliche Delegation der Analgetikaverabreichung an das Pflegepersonal ist unter Beachtung der geltenden Vorschriften möglich.

Pathophysiologie des Schmerzes

Die Erkenntnisse zur Pathophysiologie des Schmerzes sind in den vergangenen Jahren immer wei-ter verfeinert worden. Interessierte Chirurgen seien dazu auf die entsprechenden Standardwerke zur postoperativen Schmerztherapie verwiesen ([38], S3-Leitlinie „Behandlung akuter periopera-tiver und posttraumatischer Schmerzen“, AWMF-Register Nr. 041/001 [52]). Wichtig ist, dass die Schmerzwahrnehmung nicht eine einfache Abbildung des Reizes peripherer Nozizeptoren in der Großhirnrinde darstellt. Vielmehr handelt es sich um eine komplexe Reaktion verschiedener Sys-teme auf eine Gewebeverletzung oder Entzündung mit Aktivierung nozizeptiver Afferenzen. Ne-ben der einfachen Weiterleitung kommt es durch anhaltende Schmerzreize auch zur Modulation der Schmerzverarbeitung. Diese Modulation (oder 7 Neuroplastizität) des Schmerzleitungssystems kann bis zur 7 Verselbstständigung des Schmerzempfindens auch nach Ende des schmerzerzeu-genden Reizes im Sinne eines chronisch persistierenden Schmerzes führen. Neben der rein neuro-logischen Reaktion auf den Schmerz wird das Schmerzempfinden des Patienten durch weitere Fak-toren beeinflusst. Dazu zählen vor allem die emotionale Bewertung des Schmerzes (affektiv-moti-vationale Komponente), frühere Schmerzerfahrungen und die situative Bewertung des Schmerzes

Die Schmerzwahrnehmung ist  eine komplexe Reaktion verschiedener Systeme mit Aktivierung nozizeptiver Afferenzen

7  Neuroplastizität7  Verselbstständigung des

Schmerzempfindens

Tab. 1 Analgetische Effekte verschiedener Substanzgruppen bei der Behandlung postoperativer Schmerzen. (Mod. nach [38])

Substanzgruppe Rezeptor/Zielstruktur Effekt in der klinischen Praxis

Opioide μ-Rezeptorκ-Rezeptorδ-RezeptorOrphanin/Nozizeptinrezeptor

Neuroaxial, systemischSystemisch (?)Systemisch (?), neuroaxial (?)a

Neuroaxial (?)a

Lokalanästhetika Natriumkanäle Neuroaxial, lokal guter Effekt, evtl. systemisch

α2-Agonisten α2-Rezeptor Neuroaxial oder systemisch moderater Effekt mit  relevanten Nebenwirkungen

Adenosin A1-Rezeptor Nur Adenosin als unspezifischer Agonist eingesetzt mit guten systemischen Effekten

COX-Enzymsystem COX-2 Systemisch, sowohl durch spezifische als auch un-spezifische COX-Hemmung, evtl. Opioideinsparung möglich

Prostaglandinhemmer EP1-Rezeptor (?)b

Aminosäurerezeptoren NMDA Systemisch moderater Effekt

Kalziumkanäle N-Typ-Kalziumα2δ-Kalziumkanal-Untereinheit

(?)b

Noradrenalinwiederauf-nahmehemmer

Noradrenalintransporter (?)b

Neurokinine Substanz P NK-1 Moderater systemischer Effekt

Cannabinoide CB1- und CB2-Rezeptoren (?)

ATP P2X-Rezeptoren (?)a

Muskarin- und nikotin-erge Agonisten

ACH-Rezeptoren Neuroaxial (?)b

a Keine spezifische Substanz verfügbar. b  Zu wenig klinische Studien für definitive Aussage verfügbar.ACH Acetylcholin, ATP Adenosintriphosphat, COX Cyclooxygenase.

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(kognitive Komponente), aber auch Reaktionen des autonomen Nervensystems auf die Schmerzrei-ze, wie Tachykardie, Blutdruckanstieg, gesteigerter Atemantrieb (vegetative Komponente). Aufgrund dieser komplexen Verarbeitung von Schmerzreizen vom Ort der Gewebeschädigung bis zur kortika-len Wahrnehmung durch den Patienten kann die Schmerzleitung auf verschiedenen Ebenen phar-makologisch beeinflusst werden (. Tab. 1).

Schmerzmessung und Schmerzdokumentation

Grundlage einer suffizienten Schmerztherapie ist die regelmäßige Messung der Schmerzen, da diese das Schmerzempfinden der Patienten für die behandelnden Berufsgruppen sichtbar macht und eine an die Bedürfnisse jedes Patienten angepasste Analgesie ermöglicht. Eine Umfrage zur postoperati-ven Schmerztherapie [7, 31] zeigte, dass in 52% der teilnehmenden deutschen Kliniken keine post-operative Schmerzmessung erfolgte. Die Beurteilung der Schmerzintensität anhand des Analgeti-kaverbrauchs kann als alleinige Maßnahme nicht empfohlen werden. Die Fremdeinschätzung der Schmerzen durch ärztliches oder pflegerisches Personal ist nicht ausreichend, da das Personal die Schmerzenintensität regelhaft unterschätzt.

Schmerzskalen

Im klinischen Alltag haben sich ausschließlich 7 eindimensionale Schmerzskalen bewährt. Prinzipiell unterscheidet man:F  die numerische Ratingskala (NRS),F  die visuelle Analogskala (VAS) undF  die verbale Ratingskala (VRS; . Abb. 1).

Allgemein wird heute die Grenze der analgetischen Intervention bei einem NRS-Score von 3–4 in Ruhe und >5 bei Belastung (z. B. Hustenstoß nach abdominellen Eingriffen) gesehen. Mehrdimen-sionale Schmerzskalen oder Schmerzfragebögen sind aufwendig und haben sich im klinischen All-tag nicht bewährt. Die Fremdbeurteilung von Schmerzen durch Ärzte oder Pflegende aufgrund des Verhaltens der Patienten ist heute nur noch bei eingeschränkter Bewusstseinslage des Patienten, ko-gnitiver Beeinträchtigung oder fehlender Kommunikationsmöglichkeit indiziert.

Schmerzreduktion und Zufriedenheit mit der Schmerztherapie

Nicht nur die Einschätzung der Schmerzintensität kann bei verschiedenen Patienten mit gleicharti-gen Operationen erheblich variieren, sondern auch die Effektivität einer Schmerztherapie kann sehr unterschiedlich beurteilt werden. Die alleinige Angabe der Schmerzreduktion (z. B. der Schmerz ist um 50% vermindert) wird heute als nicht ausreichend betrachtet, da dies das absolute Maß der Schmerzen nicht berücksichtigt. In Kombination mit der absoluten Messung der Schmerzintensität

Die Schmerzleitung kann auf  verschiedenen Ebenen  pharmakologisch beeinflusst werden 

Die Fremdeinschätzung der Schmer-zen durch ärztliches oder pflegeri-sches Personal ist nicht ausreichend

7  Eindimensionale Schmerzskalen

Die Grenze der analgetischen  Intervention wird bei einem NRS- Score von 3–4 in Ruhe und >5 bei  Belastung gesehen

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

keinSchmerz

stärkstervorstellbarerSchmerz

stärkstervorstellbarerSchmerz

keinSchmerz

NRS

VAS

VRSstärkster

vorstellbarerSchmerz

keinSchmerz

leichterSchmerz

mittlererSchmerz

starkerSchmerz

Abb. 1 7 Numerische  Ratingskala (NRS), visuelle Analogskala (VAS) 

und verbale Ratingskala (VRS) zur Messung der Intensität post-

operativer Schmerzen

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durch NRS oder VAS kann die Angabe der Zufriedenheit mit der erhaltenen Schmerztherapie von erheblicher Bedeutung sein.

Art, Zeitpunkt, Frequenz und Dokumentation der Schmerzmessung

Die ausschließliche Messung der Schmerzintensität in Ruhe ist nicht adäquat. Vielmehr muss neben dem Ruheschmerz auch der Schmerz bei spezifischen Belastungen (z. B. tiefe Atembewegungen bei thorakalen oder abdominellen Operationen oder Bewegung der Extremitäten nach traumato-logischen Operationen) gemessen werden. Auf der Normalpflegestation hat sich die Messung des Schmerzempfindens in Ruhe und unter Belastung 2- bis 3-mal täglich im Rahmen der pflegerischen Patientenvisiten analog zur Messung von Herzfrequenz und Körpertemperatur als weiteres „Vitalzei-chen“ bewährt. Schmerzwerte in Ruhe und unter Belastung sollten in der Krankenakte des Patienten an prominenter Stelle gut sichtbar dokumentiert werden. Dazu können die Werte in unterschiedli-chen Farben ebenso wie Herzfrequenz und Körpertemperatur oder analog zum arteriellen Blutdruck auf der Patientenkurve dokumentiert werden.

Nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Schmerzreduktion

In der gesamten perioperativen Phase bieten sich dem Chirurgen zahlreiche nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Reduktion der postoperativen Schmerzen. Diese schließen sowohl physikalische und physiotherapeutische als auch psychologische Methoden ein. Im Mittelpunkt der nichtmedika-mentösen Konzepte zur Schmerzreduktion stehen aber operativ-technische Maßnahmen.

Physiotherapie und physikalische Maßnahmen

Die Physiotherapie kann durch allgemeine Mobilisation und die rasche Aktivierung des Patienten postoperative Schmerzen lindern. Einfache Maßnahmen, wie die Schulung der Patienten im bauch-muskelschonenden Aufrichten aus dem Liegen nach abdominalchirurgischen Eingriffen, können dazu beitragen, postoperative Belastungsschmerzen zu reduzieren. Klassische Massage, manuel-le Lymphdrainage, Elektro- oder Ultraschalltherapie können bei Eingriffen am Bewegungsapparat schmerzlindernd sein. Nach kleineren Eingriffen an den Weichteilen oder Extremitäten (z. B. Leis-tenhernienreparation, Entfernung von Osteosynthesematerial, Schilddrüsenresektionen) wird die 7 lokale Kälteanwendung als angenehm und schmerzlindernd empfunden. Da die meisten physio-therapeutischen und physikalischen Maßnahmen auf empirischen Erfahrungen beruhen und nicht in randomisierten, kontrollierten Studien überprüft worden sind, ist die Evidenzlage zu diesem Be-reich der Akutschmerztherapie schlecht.

Psychologische Techniken zur Schmerzreduktion

Präoperative Patienteninformation und -schulung können dazu beitragen, das postoperative Schmerzempfinden zu senken. Bereits vor fast 20 Jahren wurde nachgewiesen, dass die präoperati-ve Schulung von Patienten das postoperative Schmerzniveau senkt [13]. Die alleinige präoperative Information der Patienten über das Ausmaß der zu erwartenden postoperativen Schmerzen und die vorhandenen Möglichkeiten der Schmerztherapie führt zu einer Verminderung des postoperativen Schmerzmittelverbrauchs [15, 29]. Allerdings haben andere Untersuchungen diese positiven Effekte der präoperativen Aufklärung nicht nachweisen können [14, 35]. Differenzierte psychologische Ver-fahren wie die Suggestion, 7 progressive Muskelrelaxation oder Imagination könnten postopera-tive Schmerzen reduzieren, der Nachweis der Wirksamkeit dieser Techniken bei größeren abdomi-nal- oder thoraxchirurgischen Eingriffen steht aber bislang noch aus [21].

Intraoperative Maßnahmen

Effektive intraoperative Techniken zur postoperativen Schmerzreduktion beruhen typischerweise auf der 7 Reduktion des Zugangstraumas zum Operationsgebiet. Dabei ist nicht die Länge des Zu-gangs allein, sondern auch die genaue Lokalisation, Richtung und Technik der Inzision sowie die Art des Wundverschlusses von Bedeutung.

Schmerzwerte in Ruhe und unter  Belastung sollten in der  Krankenakte des Patienten gut sichtbar  dokumentiert werden

Physiotherapie kann durch  allgemeine Mobilisation und  rasche Aktivierung des Patienten  postoperative Schmerzen lindern

7  Lokale Kälteanwendung

Präoperative  Patienteninformation und -schulung können  dazu  beitragen, das postoperative Schmerzempfinden zu senken

7  Progressive Muskelrelaxation

7  Reduktion des Zugangstraumas

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Minimal-invasive Chirurgie (MIC)Die Reduktion des Zugangstraumas durch die Anwendung 7 videoendoskopischer Techniken geht in vielen Fällen mit geringeren postoperativen Schmerzen einher. Dies hat vor allem in der Abdomi-nalchirurgie, aber auch in der Thoraxchirurgie zur Verbreitung minimal-invasiver Operationsverfah-ren beigetragen. Die Effektivität der MIC zur Schmerzreduktion ist nach Appendektomie [42], Cho-lezystektomie [27, 47] und Kolonresektionen [43] unbestritten. Nach minimal-invasiven Leistenher-nienreparationen scheint die Inzidenz chronischer Schmerzen etwas niedriger zu sein als nach offe-nen Herniotomien [28, 32]. Auch die videoassistierte Thoraxchirurgie (VATS) reduziert postopera-tive Schmerzen [48, 49]. Bedauerlicherweise fehlen häufig in den Vergleichen konventioneller und minimal-invasiver Operationen detaillierte Angaben zur perioperativen Behandlung, und die durch-geführte Schmerztherapie kann nicht als adäquat betrachtet werden.

In der Gefäßchirurgie haben die überzeugenden Ergebnisse der 7 endovaskulären Techniken zu einer raschen Verbreitung dieser Operationen z. B. zur Ausschaltung infrarenaler Bauchaortenan-eurysmen geführt. Die Vorteile der endovaskulären Aneurysmaausschaltung wurden in großen kon-trollierten, randomisierten Studien bestätigt [12, 39]. Die Verminderung des postoperativen Analge-tikaverbrauchs nach endovaskulären Operationen wurde nur in kleinen Studien nachgewiesen [46].

Die Vorteile arthroskopischer Operationen sind in der unfallchirurgischen und orthopädischen Chirurgie seit Langem bekannt und unumstritten. Gerade weil arthroskopische Eingriffe heute voll-ständig in die operative Routine eingegangen sind, darf ihr Beitrag zur Reduktion postoperativer Schmerzen an dieser Stelle nicht übersehen werden. Interessanterweise wird das Ausmaß postope-rativer Schmerzen nach MIC-Operationen häufig von den Chirurgen unterschätzt. Folgende Maß-nahmen wirken z. B. nach laparoskopischen Cholezystektomien schmerzlindernd:F  Lokalisation der Trokarinzisionen (Unterbauch weniger schmerzhaft als Oberbauch),F  Größe der Trokarinzisionen (2–5 mm weniger schmerzhaft als 5–10 mm Trokarinzisionen),F  Lokalanästhetikaanwendung (Infiltration der Inzisionen und intraperitoneale Instillation),F  Reduktion des Insufflationsdrucks (8–10 mmHg weniger schmerzhaft als 14–16 mmHg).

Art und Richtung der HautinzisionDie Verwendung von Diathermiestrom zur Hautinzision führt zur Reduktion postoperativer Schmer-zen in den ersten 24 h nach der Operation, ohne die Quote an Wundinfektionen zu erhöhen [1]. Nachdem in Metaanalysen randomisierter, kontrollierter Studien die 7 transversale Laparotomie mit geringeren postoperativen Schmerzen einherging als die mediane Laparotomie [9, 19], ist diese Erkenntnis durch neuere randomisierte, kontrollierte Studien infrage gestellt worden [44]. Transver-sale Inzisionen führen allerdings zur Beeinträchtigung einer geringeren Zahl neuraler Segmente als mediane oder vergleichbare Inzisionen, sodass die Effektivität einer Periduralanalgesie bei transver-salen Inzisionen höher sein könnte. In der Thoraxchirurgie zeichnen sich unterschiedliche Formen der Thorakotomie (posterolateral, anterolateral, axillär) offensichtlich durch unterschiedliche post-operative Schmerzintensitäten aus. Wahrscheinlich sind posterolaterale Thorakotomien schmerz-hafter als anterolaterale oder axilläre Eröffnungen des Brustkorbs. 7 Muskelschonende Thorakoto-mien ziehen weniger Schmerzen nach sich, als Thorakotomien, bei denen Brustwandmuskeln durch-trennt werden [2, 22, 33, 34].

WundverschlussVerschiedene Formen der Fasziennaht (ein- oder mehrschichtig, Einzelknopf oder fortlaufend, resor-bierbares oder nichtresorbierbares Material) bei Laparotomien gehen nicht nur mit unterschiedlichen Inzidenzen von Narbenhernien einher, sondern führen auch zu einem unterschiedlichen Schmerz-ausmaß. Wahrscheinlich ist die einschichtig fortlaufende Naht mit langsam resorbierbarem Mate-rial in Bezug auf postoperative akute und chronische Schmerzen die beste Lösung [41]. Beim Ver-schluss einer Thorakotomie kann die Führung der Nähte zur Adaptation der Rippen (transossär besser) und die Resektion des Interkostalgewebes einen positiven Einfluss auf die postoperativen Schmerzen haben [10, 11].

Transversus-abdominis-Blockade und lokale Anästhesie der WundeZwei lokale bzw. regionale Anästhesie- und Analgesietechniken sind in jüngster Vergangenheit er-probt worden und könnten in Zukunft das Arsenal der intraoperativen chirurgischen Maßnahmen zur postoperativen Analgesie ergänzen. Es handelt sich dabei um die Lokalanästhetikainfiltration der

7  Videoendoskopische Techniken

7  Endovaskuläre Techniken

Das Ausmaß postoperativer Schmer-zen nach MIC-Operationen wird häu-fig von den Chirurgen unterschätzt

7  Transversale Laparotomie

7  Muskelschonende Thorakotomien

Verschiedene Formen der Faszien-naht führen zu unterschiedlichem Schmerzausmaß

Lokalanästhetika können über einen Wundkatheter in den subfaszialen Anteil der Wunde instilliert werden

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nervenführenden Schicht im Bereich der lateralen Bauchdecke durch einen sog. Transversus-abdo-minus-Block [36] und die kontinuierliche postoperative Instillation von Lokalanästhetika in den sub-faszialen Anteil der Wunde durch intraoperativ eingelegte Wundkatheter [24].

Postoperative Maßnahmen

MagensondeNasogastrale Sonden werden von den meisten Patienten als sehr unangenehm und schmerzhaft empfunden. Ein systematischer Review mit Metaanalyse randomisierter, kontrollierter Studien an 4194 Patienten konnte nachweisen, dass Magensonden zu einer Verlängerung der postoperativen gastrointestinalen Atonie führen, die Inzidenz von Pneumonien um 35% erhöhen und bei den meis-ten abdominalchirurgischen Operationen keine nachweisbar positiven Effekte haben [30]. Magen-sonden sollten möglichst nicht verwendet werden oder so früh wie möglich wieder entfernt werden.

DrainagenModerne Drainagesysteme führen aufgrund ihrer guten Gewebeverträglichkeit nur noch zu gerin-gen postoperativen Schmerzen. Dennoch fühlen sich viele Patienten durch einliegende Drainagen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und die Mobilisierung der Patienten wird durch Drainage-systeme erschwert. Da Drainagen nach vielen abdominalchirurgischen Operationen keinen wesent-lichen Nutzen haben [37], sollten sie möglichst nicht eingelegt oder so früh wie möglich postopera-tiv entfernt werden. Dies gilt auch für subkutan eingelegte 7 Redon-Drainagen, die in randomisier-ten Studien nicht zu einer Reduktion von Wundinfekten nach abdominalchirurgischen Eingriffen ge-führt haben, aber bei der Entfernung erhebliche Schmerzen bereiten können. Eine besondere Bedeu-tung in der postoperativen Schmerztherapie hat das Vorhandensein von 7 Pleuradrainagen. Diese Drainagen sind für die Patienten äußerst unangenehm [45], und die Entfernung der Pleuradrainage geht ebenfalls mit relevanten Schmerzen einher [16, 40]. Daher sollte die Indikation zur postoperati-ven Pleuradrainage streng gestellt werden und ihre Entfernung frühzeitig erfolgen.

Schmerztherapie durch periphere Nervenblockaden

Der Nutzen peripherer Nervenblockaden bei Eingriffen an den Extremitäten durch einmalige oder kontinuierliche Infiltration mit Lokalanästhetika ist heute unumstritten. Bei schmerzhaften Extre-mitäteneingriffen sollten periphere Nervenblockaden als Schmerztherapie der 1. Wahl immer erwo-gen werden. Die genauen Indikationen für die einzelnen Operationen müssen in jeder Klinik indi-viduell abgestimmt werden. Neuburger und Büttner haben die Indikationsstellungen für periphere Regionalanästhesien an der BG Unfallklinik Murnau in [38] beispielhaft dargestellt (. Tab. 2). Die postoperative Analgesie kann durch die fortlaufende Beschickung von peripheren Nervenkathetern mithilfe elektronischer oder Elastomereinmalpumpen komfortabel und risikoarm, gegebenenfalls sogar bis in den ambulanten Bereich fortgesetzt werden. Dabei sind aber die Art der Katheterfixie-

Magensonden sollten möglichst nicht verwendet oder so früh wie möglich wieder entfernt werden

7  Redon-Drainagen

7  Pleuradrainagen

Bei schmerzhaften Extremitäten-eingriffen sollten periphere Nerven-blockaden als Schmerztherapie der 1. Wahl immer erwogen werden

Tab. 2 Indikationen für periphere Regionalanästhesiekatheter an der BG Unfallklinik Murnau. (Nach [38], S. 87)

Katheterlokalisation Indikation

Interskalenärer Plexuskatheter Schulterarthrotomie, Schultertotalendoprothese, subakromiale  Dekompression, offene Arthrolyse

N.-suprascapularis-Katheter Schultermobilisation, Physiotherapie bei „frozen shoulder“

Axillärer Plexuskatheter Suprakondyläre Humerusfraktur, Handgelenksarthrodese, Radiusfraktur,  Replantation Hand/Finger, Ellenbogenarthrolyse

Psoaskompartmentkatheter Hüftaufbauplastiken, Oberschenkelamputation

N.-femoralis-Katheter („3 in 1“) Kreuzbandersatzplastik, Tibiakopffraktur, Knietotalendoprothese  (Kombination), Arthrodese OSG

N.-ischiadicus-Katheter (trans-gluteal oder am Oberschenkel)

Oberschenkelamputation (Kombination), Kniegelenkstotalendoprothese (Kombination)

Distaler N.-ischiadicus-Katheter Arthrodese OSG (Kombination), Hallux valgus, freier Muskel-Haut-Lappen am Unterschenkel

OSG oberes Sprunggelenk.

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rung, die Lokalanästhetikahöchstdosen und die eventuell erforderlichen Dosisreduktionen bei Pa-tienten mit Leber-, Herz- oder Niereninsuffizienz zu beachten. Eine Betreuung durch einen 7 Akut-schmerzdienst muss während des stationären Aufenthaltes und nach der Entlassung aus dem Kran-kenhaus mit liegendem Schmerzkatheter garantiert sein. Dabei müssen auch mögliche Ursachen für eine ungenügende Analgesie bei liegendem Schmerzkatheter (Katheterdislokation, unzureichende Lokalanästhetikadosierung oder chirurgische Komplikation mit erhöhtem Schmerzniveau) oder die möglichen Komplikationen peripherer Nervenkatheter beachtet werden (. Tab. 3).

Schmerztherapie durch epidurale Analgesie

Rückenmarksnahe Anästhesieverfahren sind in ihrer analgetischen Effektivität allen anderen Anal-gesieverfahren überlegen und reduzieren die Quote postoperativer Komplikationen [8, 50]. Darüber hinaus dämpfen epidurale Analgesieverfahren die postoperativ gesteigerte Sympathikusaktivität, re-duzieren die Stressreaktion, verbessern die postoperativen Organfunktionen und reduzieren die Häu-figkeit postoperativer Komplikationen [4, 25, 26]. Thorakale Epiduralkatheter reduzieren nach ab-dominalchirurgischen Operationen die Dauer der postoperativen 7 gastrointestinalen Atonie [23] und verbessern die postoperative Lungenfunktion [3]. Die 7 kardiale Funktion der Patienten wird durch mehrere Effekte geschützt:F  Verhinderung der sympathikusvermittelten Steigerung von Herzkontraktilität, Herzfrequenz

und Blutdruck und damit auch ein Missverhältnis zwischen myokardialem Sauerstoffangebot und -bedarf,

F  Vermeidung von stressbedingten Plaquerupturen in arteriosklerotisch vorgeschädigten Koro-nargefäßen,

F  Blockade kardialer Sympathikusfasern (Nn. accelerantes),F  Verbesserung der intramyokardialen Sauerstoffverteilung zugunsten subendokardialer, ischä-

miegefährdeter Areale,F  Reduktion der stressbedingt hervorgerufenen postoperativen Hyperkoagulabilität des Blutes

und Verbesserung der Organperfusion.

Die thorakale Epiduralanalgesie senkt die Inzidenz postoperativer Myokardinfarkte, wenn sie für mindestens 24 h nach der Operation weitergeführt wird [5, 6]. Da die Verwendung einer epiduralen Analgesie auch mit erheblichen Komplikationen einhergehen kann, ist ihre Anwendung an die Ein-haltung von Richtlinien zur Anlage, Entfernung und Betreuung von Epiduralkathetern gebunden.

Pharmakologische Grundlagen der Epiduralanalgesie

Die Lokalanästhetikawirkung an den Spinalnerven ist von der Stärke der Myelinschicht der Nerven-fasern abhängig. Zunächst werden die nichtmyelinisierten postganglionären vegetativen Fasern (Va-sodilation), C-Fasern (Verlust von Wärme- und Kälteempfinden) und C-Faser-Nozizeptoren (proto-

7  Akutschmerzdienst

Rückenmarksnahe Anästhesie-verfahren sind in ihrer  analgetischen  Effektivität allen anderen  Analgesieverfahren überlegen 

7  Gastrointestinale Atonie 7  Kardiale Funktion

Tab. 3 Komplikationen peripherer Regionalanästhesiekatheter. (Mod. nach [38], S. 95)

Katheterlokalisation Komplikationen %

Alle Lokalisationen Leichte InfektionenMittlere bis schwere InfektionenNervenschädenTherapieversagerSchwere Komplikationen

3–4,20,1–3,20,2–0,51–3,30,2–0,92

Femoral Infektionen 1,4

Axillär Infektionen 0,2

Interskalenär Infektionen 0,1

Alle Lokalisationen Risikofaktoren für eine Infektion: - Liegedauer des Katheters- Fehlende Antibiotikaprophylaxe- Aufenthalt auf der Intensivstation- Männliches Geschlecht- Katheterlokalisation am Hals- Erfahrung des Anästhesisten

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pathisches Schmerzempfinden) blockiert, während die dick myelinisierten A-α- bis -δ-Fasern (moto-rische Funktionen) erst bei höheren Dosierungen blockiert werden. Im Idealfall resultiert so eine voll-ständige Blockade der Schmerzreize und eine Sympathikolyse bei erhaltener motorischer Funktion.

Epidural verabreichte Opioide blockieren die 7 μ-Opioid-Rezeptoren im Hinterhorn des Rücken-marks. Gleichzeitig werden epidural verabreichte Opioide aber absorbiert und können so systemi-sche Wirkungen und Nebenwirkungen (z. B. Atemdepression) haben. Die Kombination von epidu-ralen und systemischen Opioidgaben sollte vermieden werden.

Lokalisation des Epiduralkatheters

Die korrekte Punktionshöhe ist die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche perioperati-ve Epiduralanalgesie. Wenn die Katheterlage nicht adäquat ausgewählt wird, nimmt die Quote un-erwünschter Nebenwirkungen deutlich zu (z. B. bei hoch lumbaler Punktion anstatt thorakaler Lage durch Häufung von Blasenentleerungsstörungen und motorischen Störungen). Gleichzeitig werden die erwünschten Nebenwirkungen der Epiduralanalgesie, wie die kardiale Protektion und die Ver-meidung einer gastrointestinalen Atonie bei zu tief sitzenden Periduralkathetern nicht erreicht. Die empfohlenen Punktionshöhen sind in . Tab. 4 angegeben.

Dauer und Applikationsform der perioperativen Epiduralanalgesie

Die Epiduralanalgesie sollte möglichst bereits vor dem operativen Eingriff initiiert und postoperativ für mindestens 48 h fortgesetzt werden, um neben der effektiven Analgesie auch eine effektive Pro-phylaxe der gastrointestinalen Atonie und eine gute kardioprotektive Wirkung zu erzielen. Da die Infektionsquote der Epiduralkatheter ab dem 5. postoperativen Tag deutlich ansteigt, sollte der Zeit-punkt der Katheterentfernung zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegen. Bei mittelgroßen abdomi-nalchirurgischen Operationen hat sich die Entfernung am 3. postoperativen Tag bewährt, nach grö-ßeren Operationen oder bei Anzeichen einer beginnenden gastrointestinalen Atonie kann eine län-gere Liegezeit von 4 bis 5 Tagen sinnvoll sein.

Nebenwirkungen der Epiduralanalgesie

Motorische BlockadenMotorische Blockaden an der unteren Extremität treten vor allem nach tiefen thorakalen oder lum-balen Epiduralkathetern auf und können durch höhere Punktionen vermieden werden. Das Ausmaß der motorischen Blockade wird durch den 7 Brommage-Score quantifiziert:F  00: keine Blockade,F  1: Patient kann Fuß gerade anziehen und das Knie gerade bewegen,F  2: Patient kann Fuß nicht anziehen, aber Knie noch anwinkeln,F  3: Patient kann Zehen, Fuß und Knie nicht bewegen.

Eine plötzlich auftretende motorische Blockade, ggf. mit gleichzeitigen anderen neurologischen Sym-ptomen ist immer als Warnsignal für ein epidurales Hämatom oder eine spinale Kathetermigration zu werten und bedarf unverzüglicher diagnostischer bzw. therapeutischer Interventionen.

7  μ-Opioid-Rezeptoren

Die Kombination von epiduralen und systemischen Opioidgaben sollte ver-mieden werden

Bei nicht adäquat  ausgewählter  Katheterlage nimmt die Quote  unerwünschter Nebenwirkungen  deutlich zu 

Die Epiduralanalgesie sollte  postoperativ für mindestens 48 h  fortgesetzt werden

7  Brommage-Score

Eine plötzlich auftretende motorische Blockade ist ein Warnsignal für ein epidurales Hämatom

Tab. 4 Empfohlene Punktionshöhen bei Epiduralanalgesie. (Mod. nach [38], S. 111)

Operativer Eingriff/Trauma Punktionshöhe

Thorakotomie/Thorakoskopie Th6–Th8

Rippenserienfraktur, Thoraxtrauma Abhängig vom betroffenen Dermatom

Ösophagusresektion Th7–Th8

Oberbaucheingriff Th8–Th9

Eingriffe an der abdominellen Aorta, kolorektale Resektionen,  ausgedehnte intraabdominelle Eingriffe

Th8–Th10

Hüftgelenksendoprothese L2–L4

Oberschenkel-, Unterschenkelamputation, Kniegelenksendoprothese, periphere Gefäßchirurgie der unteren Extremität

L3–L5

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MiktionsstörungenMiktionsstörungen entstehen typischerweise nach der Anlage von lumbalen Epiduralkathetern durch die direkte Hemmung des parasympathischen Plexus sacralis (S2–S4). Bei thorakalen Epiduralkathe-tern ist eine Miktionsstörung häufiger Folge einer Opioidnebenwirkung und kann daher durch die reine Lokalanästhetikagabe behandelt werden.

Pruritus, Übelkeit/Erbrechen, AtemdepressionDiese Nebenwirkungen sind ebenfalls durch die epidural verabreichten Opioide bedingt. Der Pru-ritus tritt bei epiduraler Opioidapplikation häufiger auf als bei systemischer Gabe. Die Behandlung erfolgt symptomatisch (z. B. Ondansetron s.l. oder i.v. oder Dexamethason p.o. oder i.v.). Weiterhin kann das Opioid aus der Epidurallösung entfernt werden. Eine Atemdepression ist mit einer Inzi-denz von 0,1–1,2% selten.

Komplikationen der Epiduralanalgesie

Toxische LokalanästhetikakomplikationenDiese Komplikation einer Epiduralanalgesie ist mit einer Inzidenz von 4:10.000 sehr selten und ent-steht wahrscheinlich durch die inzidentelle intravasale Fehllage des Epiduralkatheters in einem Gefäß des Epiduralraumes. Erste Zeichen der Lokalanästhetikaintoxikation sind 7 ZNS-Symptome (z. B. Kribbelparästhesien perioral, Sehstörungen, Ohrensausen, Benommenheit, Schwindel, Sprachstö-rungen), während bedrohliche kardiale Komplikationen meist erst später auftreten (z. B. Hyperten-sion, Bradykardie, AV-Dissoziation, Myokardischämie, Asystolie). Neurologische Symptome der Lo-kalanästhetikaintoxikation sind fast immer reversibel, während Herzrhythmusstörungen durch Lo-kalanästhetikaintoxikation eine sehr schlechte Prognose haben!

Nervenschädigung, epidurales Hämatom und neuroaxiale InfektionenDiese Komplikationen sind die schwerwiegendesten Zwischenfälle einer Epiduralanalgesie, ihre Sym-ptome sollten daher jedem Chirurgen bekannt sein (. Tab. 5) und müssen zur unverzüglichen Diag-nostik und Therapie führen. Neurologische Schäden werden nur sehr selten durch eine Epiduralanal-gesie hervorgerufen (0,013–0,023%). Diese Schäden sind häufig bereits mit Schmerzen bei der Kathe-teranlage verbunden, aber auch bei der Katheterentfernung können radikulär ausstrahlende Schmer-zen auftreten, die einer weiteren Beobachtung bedürfen. Das epidurale Hämatom ist eine weitere sel-tene, aber sehr ernst zu nehmende Komplikation eines epiduralen Katheters. Die Inzidenz schwankt in Abhängigkeit von der Art der Operationen zwischen 1:200.000 bei geburtshilflichen Epiduralan-algesien bis zu 1:3600 bei orthopädischen Eingriffen unter Epiduralanalgesie. Folgende Risikofakto-ren erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eine epiduralen Hämatoms:F  Einnahme antithrombotischer Substanzen,F  Koagulopathien,F  weibliches Geschlecht,F  Alter >50 Jahre,

Der Pruritus tritt bei epiduraler  Opioidapplikation häufiger auf als  bei systemischer Gabe

7  ZNS-Symptome

Neurologische Schäden  werden nur sehr selten durch eine  Epiduralanalgesie hervorgerufen

Tab. 5 Symptome lokaler Komplikationen eines Epiduralkatheters. (Mod. nach [38])

Komplikation Symptom

Epidurales Hämatom Isolierte Muskelschwäche (z. B. Fußheberschwäche)

Starke Nacken- und Rückenschmerzen

Sensorische Defizite

Neurologische Defizite– Motorische Blockade bei thorakaler Epiduralanalgesie– Conus- oder Cauda-equina-Syndrom bei lumbaler Epiduralanalgesie

Radikuläre Symptome– z. B. Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die untere Extremität

Blasen- und Mastdarmstörungen– z. B. unkontrollierter Stuhlabgang

Epiduraler Abszess Rückenschmerzen (>75%)

Fieber (>50%)

Neurologische Ausfallerscheinungen (>30%)

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F  orthopädischer Eingriff,F  Niereninsuffizienz,F  Mehrfachpunktionen oderF  Kathetermanipulationen.

Da vor allem bei älteren Menschen die Anwendung gerinnungsmodifizierender Substanzen zu-nimmt, sind in diesen Fällen die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin zur Verwendung von Epiduralkathetern zu beachten [17, 18]. Dies gilt auch bei der perioperativen Anwendung antithrombotischer Substanzen zur 7 Thromboembolieprophylaxe.

Wenn ein Patient mit einem Epiduralkatheter plötzlich neu auftretende motorische/sensorische Ausfallerscheinungen zeigt, muss die Lokalanästhetikazufuhr über den Epiduralkatheter sofort ge-stoppt werden, um so festzustellen, ob es sich um die Folgen einer Lokalanästhetikaüberdosierung oder ein epidurales Hämatom handelt. Im Zweifelsfall sollte ein sofortiges MRT erfolgen. Sympto-matische epidurale Hämatome müssen nach der Diagnosestellung unverzüglich neurochirurgisch dekomprimiert werden. Wenn das Intervall zwischen den ersten Symptomen und der neurochirur-gischen Therapie größer als 8 h ist, nimmt die Inzidenz bleibender 7 neurologischer Ausfälle deut-lich zu.

Neuroaxiale Infektionen wie der epidurale Abszess treten nur äußerst selten auf, die Inzidenz wird bei einer Epiduralanalgesie aufgrund eines operativen Eingriffs auf 1:5000 bis 1:500.000 geschätzt. Die Inzidenz epiduraler Infektionen und Abszesse nimmt mit zunehmender Liegedauer des Epidu-ralkatheters zu. Weitere prädisponierende Faktoren sind:F  Immunsuppression,F  häufige Punktionen bei der Katheteranlage,F  Diabetes mellitus,F  Vorhandensein maligner Tumoren.

Die Symptomatik des epiduralen Abszesses ist häufig unspezifisch. Die typische Trias aus Rücken-schmerz, Fieber und neurologischen Ausfällen muss auch nach der Entfernung eines Epiduralkathe-ters an einen epiduralen Abszess denken lassen. Die Diagnose wird typischerweise durch ein MRT gestellt, die Behandlung erfolgt durch frühzeitige neurochirurgische Dekompression und Antibio-tikatherapie

Grundsätze der systemischen Schmerztherapie

Nichtopioidanalgetika

Die Nichtopioidanalgetika werden in saure und nichtsaure Analgetika unterschieden. Saure Nicht-opioidanalgetika haben neben der analgetischen Wirkung auch antiphlogistische und antipyreti-sche Wirkungen und werden in Abgrenzung zu den ebenfalls antiphlogistisch wirkenden Glukokor-tikoiden als 7 nichtsteroidale Antiphlogistika („non-steroidal, antiinflammatory drugs“, NSAID) bezeichnet. Verschiedene Nichtopioidanalgetika können bei verschiedenen Schmerzformen unter-schiedlich effektiv sein. Daten, die für ein Analgetikum nach Zahnextraktionen erhoben wurden, müssen nicht bei anderen Prozeduren gültig sein [20].

NSAIDNSAID wirken über die Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase (COX), das die Umwandlung von Arachidonsäure in Prostaglandin G2 katalysiert. Auf diesem Weg beeinflussen die NSAID die Prosta-glandinsynthese. Das COX-Enzym existiert in 2 Isoformen (COX-1 und COX-2), die in unterschied-lichen Geweben exprimiert werden. Die 7 Cyclooxygenase-1 wird in fast allen Geweben syntheti-siert und reguliert unter anderem die Mukosaprotektion, Plättchenaggregation und Nierendurchblu-tung. Die Hemmung dieser COX-1 durch nichtselektive COX-Hemmer erklärt einen Großteil der bekannten Nebenwirkungen dieser Substanzklasse (Erosionen und Ulzerationen im Magen-Darm-Trakt, Hemmung der Thrombozytenaggregation, Nierenfunktionsstörung und Hypertonie).

Die 7 Cyclooxygenase-2 wird meist erst nach Gewebeverletzungen und Entzündungen induziert. Sie wird aber auch im Hinterhorn des Rückenmarks, im Gehirn, in der Niere und in Endothelien syn-thetisiert. Die Hemmung der COX-2 in glomerulären Podozyten und im Gefäßsystem der Niere er-

7  Thromboembolieprophylaxe

7  Neurologische Ausfälle

Die Trias aus Rückenschmerz, Fieber und neurologischen Ausfällen muss an einen epiduralen Abszess denken lassen

7  Nichtsteroidale Antiphlogistika

7  Cyclooxygenase-1

7  Cyclooxygenase-2

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klärt die Nierenfunktionsstörungen als Nebenwirkung der COX-2-Inhibitor-Therapie. Die Induktion endothelialer COX-2 gilt als vasoprotektiver und antiatherogener Mechanismus, dessen Hemmung die kardialen Nebenwirkungen der COX-2-Inhibitoren bedingen kann. Die analgetische Wirkung aller COX-Hemmer basiert auf einer Hemmung der proinflammatorischen Prostaglandinsynthese. Diese Prostaglandine sind nicht selbst schmerzerzeugend, führen aber zu einer peripheren und zen-tralen Schmerzsensibilisierung der Nozizeptoren und nozizeptiver Nervenbahnen.

Nichtsaure NichtopioidanalgetikaDie Wirkungsweise dieser Substanzen ist nicht immer eindeutig geklärt. Am häufigsten werden in Deutschland Metamizol und Paracetamol verwendet. Metamizol blockiert wahrscheinlich im Hin-terhorn des Rückenmarks die spinale COX-2 und hemmt direkt nozizeptive C-Fasern. Metamizol zeigt keine gastrointestinale, renale oder hepatische Toxizität, kann aber eine antikörpervermittel-te Agranulozytose auslösen, deren Inzidenz deutliche geographische Unterschiede zeigt und die für Deutschland mit 1–5:1.000.000 angegeben wird.

Paracetamol bewirkt eine Reduktion von Peroxiden, die wiederum zur Aktivierung der COX be-nötigt werden. Zudem stimuliert Paracetamol absteigende antinozizeptive serotoninerge Bahnen. Wichtig ist die Hepatotoxizität von Paracetamol bei Tagesdosen über 6 g (bzw. >100 mg/kgKG und Tag) auch bei gesunder Leber. Der Abbau von Paracetamol durch das hepatogene Cytochrom-P450-System führt zur Freisetzung des hepatotoxischen N-Acetyl-p-Benzochinonimin, das in höheren Konzentrationen nicht mehr eliminiert werden kann und dann zur Leberzellnekrose führt. Die He-patotoxizität steigt bei eingeschränkter Leberfunktion, weshalb Paracetamol bei derartigen Zustän-den kontraindiziert ist.

Anwendung von NichtopioidanalgetikaDie analgetischen Effekte der Nichtopioidanalgetika sind dosisabhängig und nehmen nach Über-schreiten der empfohlenen Maximaldosen nicht weiter zu, während die Nebenwirkungshäufigkei-ten jenseits dieser Grenze weiter ansteigen. Eine Dosiserhöhung von Nichtopioidanalgetika über die empfohlene Grenze ist bei persistierenden Schmerzen nicht sinnvoll.

OpioidanalgetikaWährend der Begriff Opioide alle natürlichen und synthetisierten Substanzen mit Wirkung auf die Opioidrezeptoren bezeichnet, versteht man unter 7 Opiaten ausschließlich die Alkaloide aus dem Opium und deren halbsynthetische Varianten. Die pharmakologischen Wirkungen der Opioide wer-den über die μ-, δ- und κ-Opioid-Rezeptoren vermittelt. Die wichtigsten unerwünschten Nebenwir-kungen der Opioide sind Atemdepression, Sedierung, Übelkeit und Erbrechen, Obstipation, Mik-tionsstörungen, Vasodilatation und Juckreiz. Die gefährlichste Nebenwirkung der Opioide stellt die Atemdepression dar, die zu Hyperkapnie und Hypoxie bis hin zur Asphyxie führen kann. Alle Neben-wirkungen außer Obstipation und Miosis unterliegen einer Toleranzentwicklung, die auch bei kur-zen Therapiezeiten von 5 Tagen bereits relevant werden kann.

Applikationsformen

In der unmittelbaren postoperativen Phase stellt die intravenöse Verabreichung der Analgetika bei mittleren und größeren Eingriffen die Applikationsform der Wahl dar. Sowohl Opioide als auch Nichtopioidanalgetika wirken nach intravenöser Applikation innerhalb von Minuten und der Erfolg der Analgesie kann rasch beurteilt werden.

Intramuskuläre Analgetikagaben sind nicht zuletzt wegen der möglichen Komplikationen (z. B. Spritzenabszesse, Nervenläsionen, Muskelnekrosen) abzulehnen. 7 Opioidpflaster sind angesichts der unsicheren Resorptionssituation bei perioperativ unberechenbarer Hautdurchblutung zur Be-handlung akuter postoperativer Schmerzen nicht geeignet. Nach kleineren Operationen kann die Schmerzmittelgabe auch in der frühen postoperativen Phase oral erfolgen. Allerdings sollte sicherge-stellt sein, dass die Patienten nicht unter postoperativem Erbrechen leiden, damit die Resorption der oralen Analgetika auch sichergestellt ist. Rektale Verabreichungen von Analgetika stellen eine Alter-native zum oralen Weg dar, sind aber bei Patienten unbeliebt und aufgrund der schwankenden Re-sorption zur Titrierung stärkerer Opioide nicht geeignet.

Metamizol kann eine antikörper-vermittelte Agranulozytose auslösen

Wichtig ist die Hepatotoxizität von Paracetamol bei Tagesdosen über 6 g auch bei gesunder Leber

7  Opiate

Die gefährlichste Nebenwirkung der Opioide ist die Atemdepression

Unmittelbar postoperativ ist die i.v. Verabreichung der Analgetika die  Applikationsform der Wahl

7  Opioidpflaster

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Die sog. patientenkontrollierte Analgesie (PCA) wird fast immer mithilfe spezieller Pumpen und intravenöser Opioidgaben durchgeführt. Dabei sollte keine Basalrate einer kontinuierlichen Opioid-infusion erfolgen, weil dadurch die Vigilanz der Patienten beeinträchtigt wird und opioidinduzier-te Nebenwirkungen häufiger auftreten. Patienten unter einer PCA-Behandlung müssen regelmäßig überwacht und betreut werden.

Analgetikakombinationen

Opioide sollten in der postoperativen Schmerztherapie niemals als Monotherapie verabreicht, son-dern immer mit einem Nichtopioidanalgetikum kombiniert werden. Dies ermöglicht eventuell die

Patienten unter einer PCA-Behand-lung müssen regelmäßig überwacht und betreut werden

Tab. 7 Analgetikaschema einer Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Beispiel der Asklepios Klinik Altona

Schema 1: Leistenhernien, Nabelhernien und andere kleinere Eingriffe an der Körperoberfläche

Oral Kurzinfusion (nur bei Übelkeit/Erbrechen)

Metamizol 40 Tr. = 1 g alle 6 hNur bei Kontraindikationen: Paracetamol 1 g alle 6 hBei Bedarf: Oxygesic akut 5 mg p.o.

Metamizol 1 g Kurzinfusion alle 6 hNur bei Kontraindikationen: Paracetamol 1 g Kurzinfusion alle 6 hBei Bedarf: Piritramid 7,5 mg als Kurzinfusion

Schema 2: Alle anderen Operationen, bei denen keine intravenöse PCA-Therapie oder thorakale Periduralanalgesie erfolgt

Oral Kurzinfusion/i.v. (am Operationstag und bei Übelkeit/Erbrechen)

Metamizol 40 Tr. = 1 g alle 6 hNur bei Kontraindikationen: Paracetamol 1 g alle 6 h

Metamizol Kurzinfusion alle 6 hNur bei Kontraindikationen: Paracetamol 1 g Kurzinfusion alle 6 h

Basisopioid: Oxycodon/Naloxon 10 mg alle 12 h; Steigerung auf 20 mg alle 12 h möglichBei Akutschmerz: Oxycodon 5–10 mg

Piritramid 7,5 mg Kurzinfusion alle 4–6 hBei Akutschmerz: Piritramid 7,5 mg als Kurzinfusion

Alle größeren Operationen, bei denen eine systemische PCA-Therapie erfolgt

Basismedikation (wenn möglich oral) Systemische PCA-Therapie

Metamizol 1 g = 40 Tr. alle 6 h oder Metamizol 1 g i.v. alle 6 h

Nach Angaben des Akutschmerzdienstes

Alle größeren Operationen, bei denen eine thorakale Periduralanalgesie erfolgt

Basismedikation (wenn möglich oral) Thorakale Periduralanalgesie

Metamizol 1 g = 40 Tr. alle 6 h oder Metamizol 1 g i.v. alle 6 h

Nach Angaben und unter Aufsicht des Akutschmerzdienstes

a Bei traumatologisch/orthopädischen Eingriffen könnte Metamizol z. B. durch ein NSAID ersetzt werden.PCA patientenkontrollierte Analgetika.

Tab. 6 Analgetikaliste einer standardisierten Schmerztherapie in einer Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Beispiel der Asklepios Klinik Altona

Form Dosierung Wirkungseintritt Tagesdosis Besonderheiten/Gefahren/Kontraindikationen

Metamizol Basisanalgetikum 1. Wahl

Tabletten, Tropfen,  Kurzinfusion

1 g (40 Tr.) Ab 60 min, ab 30 min

4- bis 6-mal 1g, bei Niereninsuffizienz: 3-mal 1 g

B: Leukopenie!Blutdruckabfall bei rascher Infusion, daher in 20 min infundieren! Schwitzen!

Paracetamol Basisanalgetikum 2. Wahl (bei Allergie oder Kontraindikation gegen Metamizol)

Tabletten, Saft, Kurzinfusion 1 g Ab 60 min, ab 20 min

4-mal 1g, <40 kg: 3-mal 1g B: rasch infundieren!K: Leberinsuffizienz!

Piritramid Bei starken Schmerzen als i.v. Opioid

Kurzinfusion 7,5 mg 1–2 min 4- bis 6-mal 7,5 mg B: Atemdepression, Übelkeit, Bradykardie

Oxycodon nicht retardiert Bei starken Schmerzen als orales Opioid

Tabletten 10–20 mg Unretardiert: 20 min

4-mal 5–10 mg (akut zur Ergänzung,  keine Dauermedikation)

B: Sedierung, Atemdepression, Übelkeit

Oxycodon/Naloxon Oxycodon retardiert

Bei starken Schmerzen als Dauermedikation

Tabletten 10–20 mg 1–2 h (!) 2-mal 10 mg (Steigerung bis 2-mal 20 mg) B: Sedierung, Atemdepression, ÜbelkeitB Besonderheiten, K Kontraindikationen.

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Reduktion der Opioiddosis und führt so zu einer Verminderung von Inzidenz und Schweregrad opioidspezifischer Nebenwirkungen. Zudem hat sich gezeigt, dass Opioide sehr gut gegen Schmer-zen in Ruhe wirksam sind, aber Schmerzen bei Bewegung („dynamische Schmerzen“) nur unzurei-chend beeinflussen. Zu additiven Effekten bei der Kombination verschiedener Nichtopioidanalge-tika liegen derzeit noch keine ausreichenden Daten vor. Die Kombination mehrerer NSAID ist na-türlich nicht sinnvoll, während die Kombination von NSAID mit nichtsauren Nichtopioidanalgeti-ka theoretische Vorteile haben könnte.

Organisation der Schmerztherapie

Entscheidend für die effektive Behandlung postoperativer Schmerzen ist eine für die jeweilige Kli-nik angepasste Organisationsform. Zu diesem Zweck sollten die Verantwortlichkeiten und Zustän-digkeiten in Vereinbarungen zwischen den operativen Fächern und den Anästhesisten unter Einbe-

Entscheidend für die effektive   Behandlung postoperativer  Schmerzen ist eine für die jeweilige Klinik angepasste Organisationsform

Metamizol 1g alle 6hoder

Paracetamol 1g alle 6h

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS ≤ 3

NRS ≤ 3

NRS > 3

Oxycodon 5mg

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS > 3

Oxycodon 5mg

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS > 3

Piritramid 7,5mg als KI

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS > 3

Arzt informieren

Piritramid 3 -7,5mg i. v.titrieren

an die P�egedelegiert

NRS ≤ 3

NRS ≤ 3

Abb. 2 8 Algorithmus zur oralen postoperativen Schmerzmessung und Analgetikatherapie durch Pflege und Ärzte am Beispiel kleiner Eingriffe mit geringen postoperativen Schmerzen (KI Kurzinfusion, NRS numerische Ratingskala)

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ziehung der Pflegedirektion geregelt werden. Prinzipiell gibt es 4 denkbare Modelle der postopera-tiven Akutschmerztherapie:1. Der Anästhesist wird vom Chirurgen von Fall zu Fall im Sinne eines schmerztherapeutischen

Konsils hinzugezogen.2. Der Anästhesist übernimmt als mitbehandelnder Arzt ein durch lokale Absprachen definiertes

Programm schmerztherapeutischer Maßnahmen.3. Dem Anästhesisten wird die gesamte postoperative Schmerztherapie im Rahmen seiner fachli-

chen Zuständigkeit übertragen.4. Es wird ein fachübergreifender Akutschmerzdienst, der sich aus Chirurgen, Anästhesisten und

ggf. Vertretern anderer Fächer zusammensetzt, gebildet. Dieser Schmerzdienst wird von einem Oberarzt aus den beteiligten Disziplinen geleitet.

Metamizol 1g alle 6h oder Paracetamol 1g alle 6h

undPiritramid 7,5mg als KI alle 6h

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS > 3NRS ≤ 3

Piritramid 7,5mg als KI

NRS > 3

Piritramid 7,5mg als KI

NRS > 3

Piritramid 7,5mg als KI

NRS > 3

Arzt informieren

Piritramid 3 - 7,5mg i. v. titrieren

an die P�egedelegiert

regelmäßigeSchmerzmessung

regelmäßigeSchmerzmessung

regelmäßigeSchmerzmessung

NRS ≤ 3

NRS ≤ 3

NRS ≤ 3

Abb. 3 8 Algorithmus zur parenteralen postoperativen Schmerzmessung und Analgetikatherapie durch Pflege und Ärzte am Beispiel kleiner bis mittlerer Eingriffe mit geringen bis mäßigen postoperativen Schmerzen (KI Kurzinfu-sion, NRS numerische Ratingskala)

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In den meisten Kliniken Deutschlands werden heute die Organisationsmodelle 1 und 2 bevorzugt. Oftmals werden dabei die Aufgaben des Anästhesisten durch einen rein anästhesiologischen Akut-schmerzdienst wahrgenommen. Im klinischen Alltag hat sich der Einsatz speziell geschulter Pflege-kräfte als Mitglieder des Schmerzdienstes (sog. 7 „pain nurses“) unter der Aufsicht von Ärzten be-währt. Dieses Konzept ist im Vergleich zu einem rein ärztlich besetzten Schmerzdienst auch ökono-misch günstiger. „Pain nurses“ stellen oft ein erwünschtes Bindeglied zwischen dem Akutschmerz-dienst und dem Pflegepersonal der operativen Stationen dar.

Die überwiegende Anzahl aller operativen Eingriffe in deutschen Kliniken gilt als klein (z. B. Schilddrüsenresektionen, Herniotomien, Cholezystektomien, Appendektomien), sodass eine spezi-fische Betreuung durch einen Akutschmerzdienst nicht erforderlich und möglich ist. Zur optima-len analgetischen Behandlung dieser Patientengruppen sollten eindeutige und schriftlich fixierte Be-handlungsanweisungen existieren. Im Rahmen dieser Behandlungsanweisungen kann z. B. die An-zahl der verschiedenen Analgetika auf ein Minimum reduziert werden (z. B. ein bis 3 Opioide und 2 Nichtopioide). Gleichzeitig können eindeutige Verfahrensanweisungen in Absprache mit dem Pfle-gepersonal zu einer teilweisen Delegation der Schmerzmittelapplikationen an Pflegekräfte führen [51]. Entsprechende Schemata und Algorithmen sind für eine allgemein- und viszeralchirurgische Klinik in . Tab. 6 und 7 sowie . Abb. 2 und 3 beispielhaft dargestellt.

KorrespondenzadresseProf. Dr. W. SchwenkAllgemein- und Viszeralchirurgie, Asklepios Klinik Altona,Paul-Ehrlich-Str. 1, 22763 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehungen hin: WS hat für folgende Firmen gegen  Honorar Vorträge gehalten: BMS, Pfizer, MSD Sharp & Dohme, Mundipharma.

Literatur

7  „Pain nurses“

Zur optimalen analgetischen  Behandlung der Patienten sollten  eindeutige und schriftlich fixierte  Behandlungsanweisungen existieren

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D

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CME

D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de

Welche Aussage zur Epidural analgesie trifft zu? Lokalanästhetika …  führen zu einer 

 Parasympathikolyse.  führen in höheren Dosierun-

gen auch zur Blockierung der motorischen A-Fasern.

 verstärken die Sufentanyl-bindung an den Opioid-rezeptoren im Hinterhorn.

 bewirken eine Vasokonstrik-tion durch Blockierung der  vegetativen Fasern.

 Blockieren als Späteffekt auch die C-Fasern (Temperatur-empfinden).

Ein 66-jähriger Patient beklagt am 3. postoperativen Tag nach einer Hemikolektomie rechts bei noch liegendem Peridu-ralkatheter (PDK) über Nau-sea. Die Körpertemperatur liegt bei 37,2°C. Wegen eines Harnverhaltes hat er einen Bla-senkatheter erhalten. Bei der klinischen Untersuchung fin-det sich ein weiches Abdomen mit spärlicher Peristaltik. Das C-reaktive Protein liegt bei 71 mg/l, und die Leukozyten sind auf 10,8/nl erhöht. Welche Aussage trifft zu?  Der PDK sollte wegen der 

 Infektionsgefahr gezogen werden.

 Die weitere Analgesie über den PDK sollte nur mit einem Lokalanästhetikum fortgesetzt werden.

 Eine weiterführende Analge-sie über den PDK würde die Darmatonie verstärken.

 Wahrscheinlich liegt der PDK zu tief.

 Ein Epiduralhämatom muss mittels Magnetresonanz-tomographie ausgeschlossen werden.

Ein 70-jähriger Patient mit einem thorakalen Peridural-katheter (PDK) beklagt am 1. postoperativen Tag nach konventioneller Narben-hernienversorgung in Sublay-Technik über Pruritus am ge-samten Körper sowie Übelkeit und Erbrechen. Welche Aus-sage zur Nebenwirkung der Epiduralanalgesie trifft zu?  Diese Nebenwirkungen treten 

bei der thorakalen Epidural-analgesie häufiger auf als bei der lumbalen.

 Die Ursache dieser Beschwer-den liegt in einer direkten Hemmung des parasympathi-schen Plexus sacralis.

 Die Entfernung des Opioids aus der Epidurallösung ist eine Möglichkeit der Therapie.

 Die systemische Gabe von z. B. Dexamethason ist hier  wirkungslos.

 Diese Nebenwirkungen treten v. a. bei Katheterfehllage auf.

Eine 74-jährige adipöse Pa-tientin hat vor 3 Wochen eine Knie-Totalendoprothese (TEP) rechtsseitig bekommen. Der lumbale Periduralkatheter (PDK) war am 5. postoperati-ven Tag entfernt worden. 2 Wo-chen nach Entlassung wird die Patientin mit Schüttelfrost wie-der aufgenommen. Wegen seit 5 Tagen bestehenden Rücken-schmerzen habe sie 2 Tage zu-vor eine Injektion beim Haus-arzt rechts gluteal erhalten. Klinisch fällt eine Fußheber-schwäche links auf. Was ist die naheliegendste Diagnose?  Spritzenabszess  Knie-TEP-Infekt  Bandscheibenprolaps  Epiduraler Abszess  Apoplex

In der perioperativen analgeti-schen Therapie werden Nicht-opioidanalgetika oft als Basis-medikation eingesetzt. Welche Aussage zu diesen Medikamen-ten trifft zu?  Die Wirksamkeit ist weitestge-

hend prozedurenunabhängig.  Steroidale Antiphlogistika 

werden bevorzugt eingesetzt.  Die selektiven NSAID („non 

steroidal anti  inflammatory drugs“) hemmen v. a. die  Cyclooxygenase-1.

 Metamizol gehört zu den sau-ren Nichtopioidanalgetika.

 Paracetamol stimuliert u. a. absteigende antinozizeptive Bahnen.

Opioidanalgetika stellen in der perioperativen Therapie einen wichtigen Grundpfeiler der Schmerzbekämpfung dar. Wel-che Nebenwirkungen werden nicht durch diese Medikamen-tengruppe hervorgerufen?  Vasokonstriktion  Atemdepression  Pruritus  Erbrechen  Hyperkapnie

Eine suffiziente Schmerzthe-rapie führt neben einer höhe-ren Patientenzufriedenheit auch zu einer beschleunigten Rekonvaleszenz und verringert postoperative Komplikationen. Welche Aus-sage zur Optimierung der Schmerztherapie trifft zu?  Die Schmerzstärke kann zuver-

lässig aus dem Schmerzmittel-verbrauch abgeleitet werden.

 Die Dokumentation des  Ruheschmerzes ist aus-reichend für die optimale  Analgetikaanpassung.

 Die numerische Ratingskala hat sich im klinischen Alltag bewährt.

 Die Dokumentation der Schmerzmessung ist eine rein ärztliche Aufgabe.

  „Pain nurses“ arbeiten haupt-sächlich mit mehrdimensiona-len Schmerzskalen.

555Der Chirurg 6 · 2011 |

CME-Fragebogen Bitte beachten Sie: F Antwortmöglichkeit nur online unter: CME.springer.deF Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. F Es ist immer nur eine Antwort möglich.

kostenfreie Teilnahme für Abonnenten

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Neben der medikamentösen Schmerztherapie können auch intraoperative Techniken zur Schmerzreduktion beitragen. Welche Aussage hierzu trifft zu?  Die axilläre Thorakotomie 

scheint schmerzhafter zu sein als der anterolaterale Zugang.

 Die Verwendung von Diather-miestrom zur  Hautinzision führt zu vermehrten  postoperativen Schmerzen.

 Unterbauchtrokarinzisionen sind weniger schmerzhaft als Oberbauchinzisionen.

 Die Länge des Zugangsweges ist nicht relevant.

 Die minimal-invasive  Chirurgie (MIC) hat sich nicht  überlegen gezeigt in Bezug auf die Schmerzreduktion bei der  Appendektomie.

Ein 80-jähriger Patient mit einer „frozen shoulder“ soll zur Physiotherapie einen Regional-anästhesiekatheter erhalten. Welche Lokalisation ist hierbei sinnvoll?  Thorakaler Periduralkatheter  Interskalenärer Katheter  Axillärer Plexuskatheter  Intraartikulärer Katheter  N.-suprascapularis-Katheter

Nach einer Sigmaresektion beklagt ein Patient im Auf-wachraum periorale Kribbel-parästhesien sowie Sehstörun-gen. Die präoperativ durchge-führte Periduralkatheter (PDK)-Anlage bei Th8 war schwie-rig und schmerzhaft gewesen. Im weiteren Verlauf fällt eine Bradykardie und Hypotonie auf. An welche Komplikation sollte man denken?  Fehllage des Katheters nach 

lumbal  Epiduralabszess  Toxische Lokalanästhetika-

komplikation  Epiduralhämatom  Opioidüberdosierung epidural

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