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Glenn Clark: WALTER RUSSELL — Vielfalt im Einklang „Der Mann, der Zugang zu den Geheimnissen des Universums hatte” Deutsch von Dagmar Neubronner mit einem Vorwort von Enrico Bauer

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Glenn Clark:

WALTER RUSSELL — Vielfalt im Einklang

„Der Mann, der Zugang zu denGeheimnissen des Universums hatte”

Deutsch von Dagmar Neubronnermit einem Vorwort von Enrico Bauer

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Vorwort zur deutschen Erstausgabe

Walter Russell gehört zweifellos zu den größtenGenies unserer Zeit. Er zeigte uns nicht nur, wie wirdurch Kontemplation unsere eigenes kreativesPotential entdecken und es im Dienste für dieMenschheit einsetzen können. Er hinterließ unsneben all seinen künstlerischen, literarischen undphilosophischen Werken vor allem ein grundlegendneues naturwissenschaftliches Paradigma, das bisheute leider noch wenig bekannt und verstandenist. Der berühmte Wissenschaftler und ErfinderNikola Tesla2 war der Ansicht, die Menschheit werdeerst in eintausend Jahren reif sein für das wissen-schaftliche Vermächtnis Walter Russells, das unsden Weg zu völlig neuen Entwicklungen weist, dieim Einklang mit den Gesetzen der Natur sind undnicht gegen sie gerichtet.

Wie viele andere Studenten von Walter Russell undseiner kongenialen Frau Lao Russell3 fand auch ichmeinen Einstieg über Glenn Clarks Büchlein TheMan Who Tapped the Secrets of the Universe, des-sen Herausgabe in deutscher Sprache mir vonAnfang an am Herzen lag. Als sich Dagmar Neu-bronner vom Genius Verlag Aach auf meine Anfragehin spontan für die Übersetzungsarbeit begeisternließ, wusste ich, dass mein Wunsch bald in Erfüllunggehen würde.

Mit seiner enthusiastischen Darstellung des vielfäl-tigen und tiefgründigen Lebens und Werks vonWalter Russell, den er gut kannte, und indem er denMeister oftmals selbst zu Wort kommen lässt, ist es

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Glenn Clark4 mit diesem Büchlein gelungen, hun-derttausende von Leserinnen und Lesern auf derganzen Welt zu begeistern.

Hinsichtlich der manchmal männlich orientiert wir-kenden Sprache Glenn Clarks ist zu bedenken,dass die Formulierungen über fünfzig Jahre alt sind.Zum Weltverständnis Walter (und Lao) Russellsgehörte jedoch die zentrale Bedeutung einer wirk-lichen Gleichberechtigung zwischen Mann undFrau. Insbesondere muss der Text auch aus demkulturellen Kontext des damaligen Amerika verstan-den werden. Als Lesehilfe weist diese deutscheAusgabe nützliche Anmerkungen zu den zahlreicherwähnten historischen Persönlichkeiten auf.

Vor einiger Zeit hatte ich das Privileg, als einer derletzten Zeitzeugen die privaten Wohn- und Arbeits-räume Walter und Lao Russells im damaligen Mar-morpalast in Swannanoa (Virginia) besuchen zudürfen, was ich mit der Gelegenheit verband, ihrenlegendären Home Study Course5 abzuschließen.Ich verdanke dies vor allem der Unterstützung undGastfreundschaft von Laara Lindo, der jetzigenPräsidentin der University of Science and Philo-sophy. Ohne sie wäre dieses Büchlein zu diesemZeitpunkt kaum erschienen.

Ich wünsche den Leserinnen und Lesern eine erhel-lende Reise in die Welt des Walter Russell. Wer sicheinmal mit ihr beschäftigt hat, wird sich ihr kaum jewieder entziehen können.

Enrico Bauer, Dipl. Ing. ETHSils-Maria, (Schweiz), Neujahr 1999.

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WALTER RUSSELL – Vielfalt im Einklang

Kapitel Eins

Wir gehen auf die Suche

Mein Leben lang habe ich nach einem Menschengesucht, der das universale Gesetz entdeckt hat,das der Bergpredigt zugrunde liegt, und diesesGesetz bewusst anwendet, mit vollem Wissen umseine Bedeutung und in vollem Gehorsam gegen-über seinen Prinzipien.

Zehntausende predigen es oder schreiben darüber,verstehen jedoch wenig von seiner Bedeutung. Ichbezweifle, dass es viele Menschen auf der Welt gibt,die diese kosmische Grundlage wirklich hinrei-chend gut kennen, um bewusst danach zu leben.

Wenn ich einen solchen Menschen finden könnte,dachte ich bei mir, wäre er sich des Lichtes Gottesin so allumfassender Weise bewusst, dass er diegeistige Ursache für jede Wirkung kennen würde.So jemand würde ein Super-Genie sein, denn dieverborgenen Geheimnisse des Universums wärenihm offenbar. Er würde das Universum als einGanzes sehen und seine Beziehung zum Uni-versum und zu Gott kennen. Das gesamte Wissenvon der Ursache stünde ihm zur Verfügung undauch die Macht, es einzusetzen.

Eines Tages schrieb Dr. Alexis Carrel6 mir, er wollemich sehen. „Die Welt steht vor einer schrecklichen

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Krise“, sagte er. „Die gesamte Zukunft der Mensch-heit steht auf dem Spiel. Die Menschheit kann nurvon einer Gruppe von Menschen gerettet werden,die so sehr im Urgrund Gottes zentriert sind, dassihre Weisheit ein Teil der All-Weisheit ist, und diedaher so viel Bewusstsein für den Kosmos habenund so sehr Bestandteil dieses Zentrums sind, dasssie in der Lage sind, auf vielen Gebieten klar zu den-ken und nicht auf ein Gebiet allein begrenzt blei-ben. Eine Gruppe solcher Menschen könnte, fallses ihnen gelänge, zueinander zu finden und ihreWeisheit zu teilen, in der Lage sein, einen Kurs anzu-geben, der die Welt retten könnte. Können Sie mirhelfen, solche Menschen zu finden?“

Auf dem Gebiet der Religion hatte ich etliche sol-cher Menschen gefunden. An erste Stelle der Listewürde ich Rufus Jones7 setzen, gefolgt von Per-sönlichkeiten wie Frank Laubach8 und E. StanleyJones9 und vielleicht noch ein paar anderen. DieTatsache, dass alle diese Menschen so viel Demutbesitzen, dass es ihnen selbst nicht in den Sinn kä-me, einen solchen Anspruch für sich zu erheben,ist ein zusätzlicher Beweis dafür, dass sie die Ehre,die ich für sie in Anspruch nehme, wirklich verdie-nen.

Dr. Carrel drängte mich allerdings, jemanden außer-halb des Gebietes der angewandten Religion zusuchen, der jedoch auf mehreren Gebieten wie derGeschäftswelt, der Ingenieurkunst oder den schö-nen Künsten erfolgreich gewesen sein sollte. „Wennes das ist, was Sie suchen“, erwiderte ich, dannwürde ich an allererster Stelle Dr. George Washing-

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ton Carver10 nennen.“ Er nahm meinen Vorschlagbegeistert auf. Ich nannte andere, aber er kam wie-der auf Dr. Carver zurück.

„Helfen Sie mir, Kontakt zu diesem Mann aufzu-nehmen,“ sagte er. „Etwas in mir sagt mir, dass erwahrhaftig klingt.“

Mit großer Freude konnte ich Dr. Carrel und Dr.Carver zusammenbringen. Wochen und Jahre ver-gingen, und Dr. Carrel setzte seine Suche nachMenschen mit kosmischem Bewusstsein fort.Schließlich begann der Zweite Weltkrieg. Dannstarb Dr. Carver, und zuletzt erhielt ich ausFrankreich die Nachricht vom Tode Dr. Carrels. Abersein Traum war nicht erloschen. Ich suche immernoch nach Menschen, die sich der geistigen Quelleder gesamten Schöpfung so sehr bewusst sind,dass ihre Weisheit Teil der All-Wissenheit ist.

„Finde einen solchen Menschen“, sagte mir eineinnere Stimme beständig, „und du wirst eineInspiration für alle anderen finden, die sich in einemZeitalter wie diesem auf ein stärker schöpferischesLeben vorbereiten möchten.“

Und dann wurde ich durch die Güte Gottes zu die-sem Mann geführt:

Ich hatte eine Ausbildungsstätte beziehungsweiseein Trainingszentrum gegründet, dessen Zweck eswar, erstens die Menschen in Gott zu zentrieren,zweitens Wege zu eröffnen, um ihre Weisheit als Teilder All-Wissenheit erkennbar zu machen, und drit-

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tens, die allen Wissenschaften, Künsten und Philo-sophien zugrundeliegenden Zusammenhängenachzuvollziehen, so dass die Schüler auf vielenGebieten klar denken konnten und nicht auf ein Ge-biet allein beschränkt blieben.

Auf meinen ausgedehnten Reisen sagte einesTages jemand zu mir: „Es gibt einen Mann, der inseinem Leben all das verdeutlicht, was Sie gelehrthaben: Walter Russell. Haben Sie noch nicht vonihm gehört?“ Nein, ich hatte noch nie etwas vonihm gehört. Monate später sagte jemand anders:„Alles, was Sie über die Notwendigkeit sagen, daseigene Wissen zu integrieren und die Quelle ken-nenzulernen, von der es stammt, wird von einemMann, den ich kenne, in wunderbarer Weise ver-deutlicht: Walter Russell. Haben Sie ihn einmal ken-nengelernt?“

„Ich habe von ihm gehört,“ erwiderte ich, „aber ichhabe ihn nie kennengelernt.“

„Ich werde Sie zusammenbringen. Ich werde dafürsorgen, dass er Ihrem Vortrag heute abend bei-wohnt.“

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Kapitel Zwei

Wir begegnen dem Menschen

Am Schnitt des Van Dyke-Bartes erkannte ich, dassich mit einem Künstler sprach. Die kräftigen Brauenund die unergründliche Tiefe seiner Augen sagtenmir, dass ich mit einem Philosophen redete. Seineklare, energiegeladene Art zu sprechen offenbartemir den Mann der Tat. Und ein Licht leuchtete inseinen Augen, an dem ich erkennen konnte, dasser zu großen Inspirationen fähig war – dass er inengem Kontakt mit den großen unsichtbarenKräften des Universums lebte. Kurze Zeit spätermachte ich mich auf den Weg zu seinem Atelier inCarnegie Hall.11

Dort wohnte und arbeitete er. Das Atelier selbst wargroß und wurde in angenehmer Weise belebt vonden Statuen und Gemälden, die er geschaffenhatte. Da stand eine lebensgetreue Büste vonThomas Edison12, die erste bildhauerische ArbeitWalter Russells. Weiter gab es zwei Büsten vonFranklin Roosevelt13, eine vor und eine nach PearlHarbor14 entstanden. Die letztere war unlängst imHyde Park enthüllt worden, und Repliken waren anjedes Mitglied von Präsident Roosevelts letztemKabinett gegangen. Reihen berühmter Männer wieVictor Herbert15, Thomas Edison16, Hudson Maxim17,John Philip Sousa18, Sir Thomas Lipton19 OssipGabrilowitsch20, Mark Twain21 Dan Beard22, GeneralDouglas MacArthur23 und Colin Kelly24 blickten mitklaren, verstehenden Augen auf uns herab. Ich habenie einen anderen Bildhauer kennengelernt, der so

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ausdrucksvolle Augen gestalten konnte wie WalterRussell.

„Die meisten Bildhauer begehen den Fehler“, sagteer, „die Augen als dreidimensionale Form zu den-ken und sie daher als kugelige Oberflächen zugestalten. Die Augen sind aber keine kompaktenGebilde, sie sind durchscheinend, und was manwirklich sieht, ist das Licht der Seele in ihnen – unddas versuche ich zum Ausdruck zu bringen.Solange ein Bildhauer nicht in der Lage ist, durchdie Augen hindurch die Seele zu erkennen, ist seinPorträt nur eine Darstellung von Fleisch und Blut.“

Meine Aufmerksamkeit wurde schnell von seinenzwei Meisterwerken gefangengenommen: DerSkulptur zum Gedächtnis an Mark Twain, in derenMitte Mark Twain saß, während die Charaktere sei-ner Bücher um ihn herum gruppiert waren; und die„Vier Freiheiten“, die er auf Bitten von PräsidentRoosevelt geschaffen hatte, in der Hoffnung, dasssie auf dem Potomac-Platz in Washington aufge-stellt würden, wo jetzt das Navy Hospital steht.

Auf dem Tisch lag ein Album mit zahlreichenAusschnitten aus Zeitungen und Zeitschriften, indenen seine wissenschaftlichen Entdeckungenbeschrieben waren. Ein anderes Album enthieltZeitungsausschnitte über die Gebäude im Wert vonzwanzig Millionen Dollar, die er geplant und gebauthatte. Daneben lag ein schönes, handgebundenesGästebuch mit handschriftlichen Unterschriftenund Eintragungen berühmter Besucher seinesAteliers, wie Caruso25, Ysaye26, Elbert Hubbard27,

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Paderewski28, Gabrilowitsch20, Theodore Roosevelt29,Richard Harding Davis30, König Albert von Belgien31

und hunderten anderer.

In drei gebundenen Sammelbänden befanden sich,durch Zellophan geschützt, Briefe von den Großender Welt, wie Rudyard Kipling32, John Masefield33,George Bernard Shaw34, dem Duke von Bedford35,Cordell Hull36, Jesse Jones, Thomas Edison, Micha-el Pupin37, Robert Millikan38, Charles Kettering39, Leede Forest40 sowie von hunderten weiterer Staats-männer, Autoren, Wissenschaftler und genialerKünstler aus allen Bereichen. Man hat ihm gesagt,dass ein Brief von Rudyard Kipling, in dem dieserihm zu seinem Mark-Twain-Denkmal gratuliert, derletzte Brief sei, den Kipling in seinem Lebengeschrieben hat.

Ein verschlossener Kasten enthielt die Manuskriptefür ein umfangreiches Meisterwerk der Philosophie,das er für das Denken des Neuen Zeitalters undseine Anwendung auf alle menschlichen Bezie-hungen fertigstellte, und ein noch größeres Werküber die Wissenschaft der Zukunft, das vermutlichunter dem Titel This Light-Wave Universe erschei-nen wird41. Beide Bände werden Ende 1946 vollen-det sein. Er hat fünfundzwanzig Jahre lang an ihnengearbeitet und hie und da, zur Befremdung dergesamten wissenschaftlichen Welt, Auszüge dar-aus veröffentlicht.

„Warum haben Sie sich die Veröffentlichung für 1946vorgenommen?“ fragte ich. „Und warum hat es solange gedauert, diese Werke niederzuschreiben?“

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„Die Welt war bislang weder darauf vorbereitet, dieneue Kosmologie zu akzeptieren oder auch nur zuverstehen,“ antwortete er, „noch war sie willens undbereit, die Philosophie für das Neue Zeitalter zuakzeptieren. Die Welt musste leiden, um das ein-fachste der universalen Gesetze zu verstehen, dieEinheit des Menschen mit dem Menschen und mitGott. Die Welt der Menschen musste erst die Ernteihrer jahrhundertelangen Saat von Hass, Selbst-sucht und Gier ernten. Sie musste diese Ernte erle-ben, um zu lernen, dass das universale Gesetzunausweichlich und unentrinnbar gilt.

Der Zeitpunkt wurde nicht von mir bestimmt, son-dern von der Quelle, aus der ich mein Wissen undmeine sehr detaillierten und eindeutigen An-weisungen schöpfe. Das Datum habe ich im März1921 aufgeschrieben. Ich war zu diesem Zeit-punkt voll informiert über das Blutbad, das infolgeder Gier und Selbstsucht, die von der Welt gesätworden waren, in der Zwischenzeit stattfinden soll-te.“

Der Mann strahlte beim Sprechen eine eindrucks-volle Bescheidenheit, Ruhe und Würde aus. Dawaren Schlichtheit, Ehrlichkeit und Unbefangenheitund ein wunderbarer Friede. Ich erkannte sofort,dass es von unschätzbarem Wert sein würde, wennich das Geheimnis seiner Kraft herausfinden könn-te.

Als wir inmitten seiner Bilder und Statuen Platzgenommen hatten, wandte ich mich ihm zu.„Können Sie mir das Geheimnis Ihres Lebens nen-

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nen?“ fragte ich. Er zögerte und erwiderte dann:„Ja. Ich glaube einfach, dass jeder Mensch vollen-detes Genie in sich trägt. Manche scheinen nur des-halb mehr davon zu besitzen, weil sie sich dieserTatsache mehr bewusst sind als andere, und dasWissen oder Nichtwissen darum ist es, was jedeneinzelnen zum Meister macht oder in der Mittel-mäßigkeit gefangenhält. Ich glaube, dass Mittelmaßselbst gewählt ist und Genie selbst errungen. Alleerfolgreichen Menschen, die ich je kennengelernthabe, und ich habe sehr viele kennengelernt, tra-gen in sich den Schlüssel, der dieses Bewusstseinentriegelt und die universale Kraft einlässt, die siezu Meistern gemacht hat.“

„Und was ist dieser Schlüssel?“ fragte ich.

„Dieser Schlüssel ist der Wunsch, wenn er freige-setzt wird in die große ewige Energie des Uni-versums.“ – „Können Sie das etwas genauererklären?“

„Ich habe herausgefunden, dass die wirklichenKernbedingungen für die Größe eines Menschennicht in Büchern stehen und nicht in der Schulegelehrt werden. Sie sind in das innere Bewusstseineines jeden eingeschrieben, der bei schöpferischenBestrebungen intensiv nach Vollkommenheit sucht,und sie sind nur solchen Menschen verständlich.

Erfolgreiche Menschen aller Zeitalter haben gelernt,sich zu vervielfachen, indem sie Gedankenenergiezu einem hohen Potential ansammelten und siedann in Richtung auf das beabsichtigte Ziel einge-

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setzt haben. Alle erfolgreichen Menschen, allegroßen Genies haben drei besondere Eigen-schaften gemeinsam. Die offensichtlichste ist, dasssie alle eine riesige Werkfülle erschaffen. Die zwei-te Eigenschaft ist, dass sie keine Müdigkeit ken-nen, und die dritte ist, dass ihr Bewusstsein im Alterzunimmt, statt weniger zu werden. Das Lebengroßer Menschen beginnt mit Vierzig, wo das Lebendes Durchschnittsmenschen endet. Das Geniebleibt bis zum letzten Atemzug ein immerwähren-der Quell schöpferischer Leistungen. Genies habengelernt, Gedankenenergie zu sammeln und zurUmformung ihrer Eingebungen in materielle Gestalteinzusetzen. Das Denken schöpferischer underfolgreicher Menschen richtet sich nie auf eineandere als die beabsichtigte Richtung. Darum brin-gen bedeutende Menschen eine ungeheure Werk-fülle hervor, scheinbar ohne Anstrengung und Er-schöpfung. Die Menge von Werken, die solcheMenschen der Nachwelt hinterlassen, ist erstaun-lich. Wenn man Männer unserer Epoche betrachtetwie Edison12, Henry Ford42 oder Theodore Roose-velt29, wird man feststellen, dass ihnen allen die dreivon mir genannten Eigenschaften gemeinsamsind.“

Walter Russell hat dies in seinem eigenen Lebenunter Beweis gestellt. Die Liste seiner Werke offen-bart eine Vielseitigkeit, Qualität und einen Umfang,der als Lebenswerk von mindestens fünf Männernglaubwürdig wäre, und das gilt ebenso für die sport-liche und vergnügliche Seite des Lebens wie fürseine Arbeit. Er behauptet, nie müde geworden zusein, solange er dem Gesetz gehorchte, aber wenn

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er es bricht, empfindet er ein Gefühl von Schuldbeim leisesten Anzeichen der Ermüdung, welchesihm zeigt, dass er es gebrochen hat. „Wollen Siedamit sagen, dass Sie nie müde werden?“ forsch-te ich.

„Was ist es, das müde wird?“, fragte er. „Kann Ener-gie ermüden oder sich erschöpfen? Sicherlichnicht, denn alle Energie ist die Gedankenenergie deruniversalen Schöpferkraft und vermindert sich nie.Die universale Intelligenz ist konstant und ewig imGleichgewicht.

Kann Intelligenz ermüden? Höchstwahrscheinlichnicht, denn sie ist so beständig wie die universaleEnergie, welche sie manifestiert. Daher kann etwaswie das Bewusstsein nicht müde werden.

Was lässt uns dann sagen, wir seien müde? Nureines: ein Körper im Ungleichgewicht, nichts wei-ter. Wenn wir glauben, müde oder krank zu sein,liegt es nur daran, dass wir etwas getan haben, wasdie körperliche Leitfähigkeit für den universalenelektrischen Strom, der den Körper antreibt, ausdem Gleichgewicht gebracht hat. Genau so lange,wie jede Maschine, organisch oder anorganisch, imausgeglichenen Tempo ihres eigenen normalen,maßvollen Rhythmus arbeitet, gehorcht sie demGesetz der Periode, das der anorganischen Ma-schine eine Normalität von Arbeit und Ruhe verleiht,der organischen eine Normalität von Wachen undSchlafen, und genau so lange, wie eine solcheMaschine ihre verbrauchten organischen oderanorganischen Teile austauscht, geht diese Ma-

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schine so sicher ohne Ermüdung oder Krankheitdurch ihre normale angemessene Lebensspanne,wie die Sonne morgen früh wieder aufgehen wird.

Freude und Glück sind die Anzeiger für dasGleichgewicht in einer menschlichen Maschine,genau so, wie eine Veränderung im vertrautenMotorenbrummen dem geübten Ohr des Mecha-nikers sofort eine Abweichung anzeigt. Eine innereFreudigkeit, die sich zur Ekstase steigert, ist dernormale Zustand des genialen Bewusstseins. Je-des Fehlen dieser Freudigkeit führt zur Entwicklungkörperschädigender Toxine. Diese innere Ekstasedes Bewusstseins ist der geheime Quell fortge-setzter Jugendlichkeit und Kraft bei jedem Men-schen. Wer zu ihr findet, findet Allmacht und All-wissenheit.

Die elektrische Energie, die uns in Bewegung bringt,ist keineswegs in unserem Körper. Sie ist ein Teilder universalen Versorgung, die von der universa-len Quelle mit einer Intensität durch uns hindurchströmt, die von unserem Wunsch und Willenabhängt.

Der grösste Teil der Energie, die wir für dieVerwendung an unserem kostbaren Tag gespei-chert haben, ist oft vergangen, bevor es morgenszehn Uhr geschlagen hat. Nicht so bei Genies underfolgreichen Menschen. Sie wissen, wie man ohne

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FRANKLIN DELANO ROOSEVELT →Vor Pearl Harbor

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Energieverschwendung arbeitet. Um das Beste,das in ihnen liegt, zu nutzen, lernen sie, aus ihrenGedanken und Handlungen alles zu verbannen,was sie von ihrem Zweck abhält. Diese Lektionenerhalten wir alle, aber bei einer großen Mehrheitgehen sie in ein Ohr hinein und zum anderen wie-der heraus. Der bedeutende Mensch allerdingslernt, dass jedes Ereignis und jede Erfahrung sei-nes Lebens jedes andere Ereignis und jede andereErfahrung, die ihm begegnen, beeinflussen. Er lernt,ein Scheitern oder einen Erfolg des Augenblicksnicht nur diesem Augenblick zuzuschreiben, son-dern allen bisherigen Augenblicken seines Lebens.

Daher sage ich Ihnen, dass Müdigkeit und Er-schöpfung Auswirkungen einer Unkenntnis derNatur und Ungehorsam gegenüber ihrem unerbitt-lichen Gesetz sind. Sie können nur in dem Ausmaßüber die Natur herrschen, wie Sie bereit sind, ihr zugehorchen. Sie können nicht Gesetzen Gehorsamleisten, die Sie nicht verstehen. Daher sage ich wei-ter, bitten Sie die Natur darum, eins mit ihr sein zudürfen, und sie wird Ihnen in dem Ausmaß, wie Siebereit sind zu hören, ihre Geheimnisse zuraunen.Suchen Sie die Einsamkeit, um mit der Natur insGespräch zu kommen, und lassen Sie sich so vonihrem mächtigen Wispern in Ihrem Bewusstseininspirieren. Die Natur ist eine eifersüchtige Gottheit,denn sie wird Ihnen ihre inspirierenden Offen-barungen erst zuflüstern, wenn Sie absolut mit ihrallein sind.“

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Kapitel Drei

Wir begegnen dem Künstler

Jeder Leser, der unserem Gespräch bis hierhergefolgt ist, wird darauf brennen, mehr über dasLeben dieses bemerkenswerten Mannes zu erfah-ren. Daher werden wir Ihnen und Walter Russell einePause gönnen, während ich die Grundzüge seinesLebens und seines Werdegangs skizziere.

Er wurde am 19. Mai 1871 in Boston, Massa-chusetts geboren. Die Dorfschule besuchte er nur,bis er fast zehn war, dann wurde er aufgrund fami-liärer Schicksalsschläge arbeiten geschickt.

Er bekam eine Anstellung als Kassierjunge in einemTextilwarenladen, erhielt das großzügige Salär von2,50 Dollar pro Woche und hatte jeden Tag sechsMeilen Weg zur Arbeit und wieder zurück. Aber tiefin seinem Herzen wusste er, dass wir alle die glei-che Verheißung unbegrenzter Unterstützung durchdie universale Intelligenz, die alle Dinge regiert, inuns tragen. Wenn wir Zugang dazu haben wollen,brauchen wir uns nur mit dem Generalschlüsselunseres Wünschens und Vertrauens aufzuschlie-ßen. Von nun an war sein Leben ein beständigerBeweis und eine Erfüllung dieses Glaubens.

Er hatte von Kindesbeinen an Musik gemacht,sicherte sich mit dreizehn Jahren eine Organisten-stelle und ging zu einer Kunstschule. Seit damalshat er seinen Unterhalt vollständig selbst bestrittenund sich autodidaktisch ausgebildet.

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Als er aus der Schule genommen und zur Arbeitgeschickt wurde, machte ihn dies nicht bitter. Erbetrachtete es sogar als einen der größtenGlücksfälle, die ihm je geschehen sind. Denn aufdiese Weise entkam er den enzyklopädischenAusbildungssystemen von Büffelei und Auswen-diglernen, die das Leben anderer Kinder erfüllten,bis sie fünfundzwanzig waren. Er benutzte seinekostbare Jugend dazu, die geheimen Mysterien sei-nes inneren Selbst zu enträtseln. Sein ganzes Le-ben war eine Suche nach dem wahren Selbst undder Beziehung dieses wahren Selbstes zu dem Uni-versum des Wählens, dem er sich als lebendigerTeil zugehörig weiß.

Diese Geheimnisse, die Mutter Natur ihm zuraun-te, einfach weil er fragte, haben ihm nicht nur tiefeEinsicht in das verliehen, was er als „den unsicht-baren Menschen selbst, als Genie oder als Gott-heit“ bezeichnet, sondern sie haben ihm auchgeholfen, ihre schöpferischen Gesetze so gut ken-nenzulernen, dass er begann, sie schon in seinerJugend mit einer solchen Treue gegenüber demGesetz, das alle Schöpfung lenkt, zu befolgen, wiees nur menschenmöglich ist.

Als er fünfzehn Jahre alt war und sich mit Hilfe einerArbeit, bei der er 12 Dollar in der Woche verdiente,seinen Weg durch die Kunstschule bahnte, wies ihnseine damalige Jugendfreundin darauf hin, dass einOpernensemble in die Stadt kommen und eineReihe großer Opern zur Aufführung bringen würde.„Ich möchte, dass du mich in die Oper ausführst“,sagte sie.

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„Genau das habe ich auch vor“, erwiderte er. Damitmeinte er, dass er beabsichtigte, eine Vorstellungmit ihr zu besuchen, aber sie dachte, er würde siezu allen Vorstellungen mitnehmen. Das gesamteAbonnement kostete 79,60 Dollar, eine Summe, diebeisammen zu sehen er noch für Jahre nicht vor-gehabt hatte!

„Alle Aufführungen!“, rief er aus. „Das ist unmög-lich!“

„Hast du ‚unmöglich‘ gesagt?“ erwiderte sie. „Dubist der letzte Mensch, von dem ich jemals erwar-tet hätte, dieses Wort zu hören.“

Er nahm sich ihre Bemerkung zu Herzen. Als dieZeit der Opernaufführungen gekommen war, fander sich mit sechs Dollar in der Tasche am Ende einerlangen Reihe von Menschen stehend, die daraufwarteten, Eintrittskarten zu kaufen – mit dem abso-luten Vertrauen im Herzen, dass er, bis er denSchalter erreichte, die nötigen 79,60 Dollar für dieganze Opernreihe beisammen haben würde.

Er stand die ganze Nacht an, um einen guten Platzzu ergattern. Am Morgen sprach ein Mann ihn an:„Mein Sohn, möchtest Du gern fünf Dollar verdie-nen?“

„Ja, mein Herr, wie denn?“ fragte er.

„Indem du mir deinen Platz in der Schlange ver-kaufst, damit ich um neun im Büro sein kann,“ erwi-derte der Mann.

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Blitzschnell antwortete er: „Ich kann mehr für Sietun als nur das. Geben Sie mir das Geld, und ichwerde Ihnen die Karten bringen.“

Ohne ihn auch nur nach seinem Namen zu fragen,gab ihm der Mann das Geld und seine Adresse, under schrieb sich den Auftrag in sein Notizbuch. Mitdem Geld zwischen den Fingern und Notizbuch undStift in der Hand sah er aus wie ein Buchmacherbeim Rennen und wurde zum Magneten, derScharen von Menschen anzog. Als er den Schaltererreichte, hatte er den nötigen Betrag für alleAufführungen für sein Mädchen und sich verdientund noch 110 Dollar darüber hinaus, genug, um ihmmonatelang die Schule zu finanzieren. DasMerkwürdige war, dass niemand ihn auch nur nachNamen oder Adresse fragte! Wenn man auf dieinnere universale Kraft vertraut, ruft dieses Ver-trauen automatisch das Vertrauen der Menschenhervor, mit denen man zu tun hat.

Eines Sommers nahm er einen Job als Hotelpagean. Das Gehalt betrug nur acht Dollar im Monat,aber man sagte ihm, die Trinkgelder, die Pagenerhielten, würden sich auf etwa hundert Dollar proSaison belaufen. Als ihm allerdings das ersteTrinkgeld angeboten wurde, ließ etwas tief in ihmnicht zu, dass er es annahm. Er stammelte: „Neindanke, mein Herr“ und floh. Er stieg in seine Unter-kunft im Keller hinab und versuchte zu ergründen,warum die innere Stimme so zu ihm gesprochenhatte. Dann hatte er plötzlich eine großartige Vision.„Ich werde der einzige Page der Welt sein, der nieein Trinkgeld annimmt“, rief er aus. „Und ich werde

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der beste Page sein, den die Welt je gesehen hat.Ich verpflichte mich hiermit, so freudig und begei-stert zu dienen wie noch nie ein Page zuvor!“

Von diesem Augenblick an befolgte er jede Bitte mithöchster Geschwindigkeit und Präzision. Er lief sichfür jedermann die Hacken ab. Er stand morgens umfünf auf, um frische Kuhmilch für ein Baby zu besor-gen, das besondere Pflege brauchte, und ging dannwieder ins Bett. Wenn man ihn fragte, warum erkeine Trinkgelder nahm, erwiderte er: „Ich bekom-me ein Gehalt, und ich liebe meine Arbeit.“ DieGäste waren einfach überwältigt. Sie luden ihn zumAbendessen und zu Yachtausflügen ein, und wenndie Hotelverwaltung erklärte, Bedienstete dürftennach den Regeln des Hauses keinen gesellschaft-lichen Umgang mit Gästen haben, sagten diese oft-mals einflussreichen Leute, sie würden nie mehr indem Hotel absteigen, wenn diesem Jungen zulie-be nicht eine Regel gebrochen würde. Er verlebteeinen wunderbaren Sommer.

In seiner Freizeit zeichnete und malte er. Die Gästeinteressierten sich sehr für seine Arbeit, und amEnde der Saison hatte er anstatt 100 Dollar anTrinkgeldern 850 Dollar für den Verkauf seiner Bildererhalten, außerdem fünf Angebote zur Adoption inwohlhabende Familien, wobei es in einer bereitsdrei ungezogene Jungen gab. Die Leute, denen erEiswasser gebracht hatte, wurden seine Freundefürs Leben, und von ihnen und ihren Freundenerhielt er viele Aufträge zum Malen, nachdem er aufdiesem Gebiet berühmt geworden war. Und vieleJahre später ging er zur Hochzeit des Säuglings,

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für den er damals die Milch besorgt hatte!

„Ich habe das absolute Vertrauen“, versichert erimmer wieder, „dass jemand, der auf die unbe-grenzte Hilfe der Universalen Intelligenz vertraut,die in uns ist, buchstäblich alles bekommen kann,so lange er innerhalb des Gesetzes arbeitet undanderen immer mehr gibt, als sie erwarten, und diesfreudig und höflich.“

Er entdeckte früh, dass Reichtum oft mehr hinder-lich als hilfreich ist, weil die Annehmlichkeiten undder Luxus, den er verleihen kann, viele vom Wunschnach einem erfolgreichen Leben ablenkt hin zu demnach einem müßigen Leben. Jedenfalls brachte eskeiner der wohlhabenden Jungen in den Kunst-akademien, in denen er studierte, zu wirklichen Lei-stungen. Gerade diejenigen, die mit der Erkenntnisantraten, dass sie aus eigener Initiative zur Spitzegelangen mussten, haben es geschafft.

Aufgrund seiner Vielseitigkeit und seiner Vorliebedafür, viele Dinge gleichzeitig zu tun, entwickelte erdas Gefühl, fünf Leben auf einmal zu leben. Jedesdieser Leben, so sagte er, schrie nach Verwirkli-chung und nach dem Recht, sich Ausdruck zu ver-leihen. Sein Leben schien in Epochen von fünf biszwanzig Jahren Länge unterteilt zu sein. Jedes neueLeben knüpfte an das vorhergehende an.

Musik zum Beispiel finanzierte seine Bedürfnissewährend der fünf Jahre, in denen er die Kunstschulebesuchte. Mit dreizehn Jahren verdiente er sichwöchentlich 7,50 Dollar durch Orgelspielen in einer

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Kirche, zwei Dollar pro Woche für das Klavierspielnach den Gebetsabenden am Freitag, er gab für 50Cents pro Stunde Musikunterricht, obwohl er selbstnur drei Monate lang eine musikalische Ausbildungerhalten hatte, und einen Sommer lang leitete er einTrio in einem Ferienhotel.

In dieser Zeit hörte Paderewski ihn zufällig eine sei-ner Kompositionen spielen. Dreißig Jahre späterbestand Paderewski bei einem distinguiertenTreffen von Musikern im Studio von Sig. Buzzi-Peccia zu Ehren des Maestros Gatti-Gazazza dar-auf, dass Russell eine seiner Kompositionen spie-len sollte, einen Walzer67. Widerstrebend spielte erihn, und Buzzi-Peccia schrieb ihn nieder. So ist die-ser eine Walzer die einzige von Walter Russells vie-len Kompositionen, die jemals aufgezeichnetwurde, wenn man von fünf Stücken absieht, die erfür 100 Dollar an einen anderen Musiker zurVerwendung unter dessen Namen verkaufte.

In seiner zweiten Phase illustrierte er Bücher undZeitschriften. Von 1897 bis 1898 war er Art Directorvon Collier‘s Weekly43, dann wurde er Illustrator undKorrespondent für Collier‘s und Century44 imSpanisch-Amerikanischen Krieg von 1898. 1900vollendete er sein allegorisches Gemälde „Die Machtder Zeitalter“. Es wurde zuerst in der InternationalenKunstausstellung Turin gezeigt, fand in Italien wohl-wollende Beachtung und wurde dann in ganz Europaausgestellt, was ihm viele Ehrungen in Frankreich,Belgien und Spanien einbrachte, darunter die Mit-gliedschaft in der Spanischen Akademie der Künsteund Literatur in Toledo.

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In seiner dritten Lebensphase malte er hauptsäch-lich Porträts. Seine wichtigsten Lehrer für Malereiwaren Albert Munsell und Ernest Major aus Bostongewesen, Howard Pyle aus Philadelphia und JeanPaul Laurens von der Academie Julian in Paris.Zunächst spezialisierte er sich auf Kinder. Er maltedie Kinder der Prominenz im ganzen Land, darun-ter auch die Kinder von Präsident Theodore Roose-velt, des Governeurs von Massachusetts, Ames,von Thomas Lawson45 und vielen anderen. Auf demGipfel seines Ruhmes als Spezialist für Kinder-porträts wurde er vom Ladie’s Home Journal beauf-tragt, die zwölf hübschesten Kinder des Landesauszuwählen (und quer durch Amerika zu reisen,um sie zu malen).

1914 hörte er auf, Kinder zu malen und erstelltezahlreiche Porträts von Prominenten, darunter vonErzbischof Corrigan, Bischof Alexander C. Garrett,Sir Thomas Lipton19, Hudson Maxim17, Ms. Theo-dore Roosevelt, Alexander Revell, Clayton Sedge-wick Cooper und vielen anderen.

In dieser Zeit schrieb er „The Bending of the Twig67“,„Age of Innocence67“, „The Universal One66“, „TheRussell Genero-Radiative Concept“, „Salutation ofthe Day“, „The Sea Children67“, und hielt hundertevon Vorträgen.

Die größten Dinge, die er in seinem Leben getanhat, geschahen jedes Mal ohne Vorbereitung. Er hatzum Beispiel nie Architektur studiert. Da er jedochden starken Wunsch spürte, bessere Ateliers für

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