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Wandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche) Bildung internationale Perspektiven Werner Eichhorst, IZA BIBB / GIZ Fachtagung Siegburg, 28. September 2016

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Wandel der Arbeit und Anforderungen an die

(berufliche) Bildung – internationale Perspektiven

Werner Eichhorst, IZA

BIBB / GIZ Fachtagung

Siegburg, 28. September 2016

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Einleitung

Die Zukunft der Arbeit hat mehrere Aspekte:

1. Triebkräfte der Entwicklung in entwickelten Industriestaaten wie in

Deutschland

2. Ableitbare und zu erwartende künftige Veränderungen auf dem

Arbeitsmarkt und in der Arbeitswelt

3. Gestaltungsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen der Politik,

der Betriebe und des Individuums

Fortschreibung empirisch beobachtbarer Entwicklungen

Behaftet mit Unsicherheiten (Trendbrüchen, Interaktionen,

unerwarteten Nebenwirkungen oder Veränderung des Verhaltens

der Akteure)

Institutionen, politische Entscheidungen und Rahmensetzungen

spielen eine wichtige Rolle

2

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Triebkräfte der Entwicklung in entwickelten

Industriestaaten

3

Entwicklung der Arbeitsmärkte und Arbeitswelt in den entwickelten

Industriestaaten Europas wird von vier zentralen Triebkräften

beeinflusst:

Globalisierung

Demographischer Wandel

Institutioneller Wandel

Technologischer Wandel: Digitalisierung und Vernetzung

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Globalisierung

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Die weiter fortschreitende weltwirtschaftliche Integration und

Globalisierung wirkt auch auf die Zukunft der Arbeit

Die Möglichkeit, Arbeit in Länder mit günstigem Verhältnis von

Produktivität und Arbeitskosten zu verlagern, hat unmittelbare

Rückwirkungen auf die Tätigkeiten und Geschäftsbereiche, die in

Europa verbleiben

Wettbewerbsdruck der Globalisierung erhöht die Notwendigkeit für

technische Innovationen und Produktivitätssteigerungen

Länder wie Deutschland erzielen am ehesten Wettbewerbsvorteile

bei höherwertigen Produkten und Dienstleistungen (wie schon

bisher), diese Gewinnen an Bedeutung bezogen auf Beschäftigung

– Prämie auf Schnelligkeit, Innovation, Kundennähe

Nutzung modernster, kapitalintensiver Produktionstechnologie und

der Potenziale internationaler Zulieferstrukturen

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Demographischer Wandel

5

Alle Staaten Europas sind mehr oder weniger vom

demographischen Wandel beeinflusst

Alterung und Schrumpfung der inländischen Arbeitskräftepotenziale

ist als gegeben anzusehen; Deutschland ist eines der stärksten

alternden Länder in Europa

Konsequenzen für die Arbeitsmärkte: hoher Ersatzbedarf an

Arbeitskräften (neben Expansionsbedarf in bestimmten Bereichen)

Angebotsseite: Stärkere Mobilisierung von Arbeitskräften,

insbesondere von Frauen, älteren Arbeitskräften und Zuwanderern

+ Investitionen in Ausbildung – Faktoren: Köpfe, Zeit, Produktivität

Nachfrageseite: Zunehmende Notwendigkeit, Leistungen der

Gesundheit und Pflege für eine alternde Gesellschaft zu erbringen

In Zukunft ist mit einer weiter wachsenden Nachfrage nach

Fachkräften mit mittlerer und höherer Qualifikation zu rechnen –

Entwicklung und Nutzung von technologischen Neuerungen kann

das zum Teil dämpfen

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Institutioneller Wandel

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Auch Veränderungen der institutionellen Rahmenbedingungen

trugen zu einer stärkeren Erwerbsintegration von Frauen, Älteren

und Migranten in Europa bei

1. Ausbau von Kinderbetreuung und Pflegedienstleistungen

2. Schließung von Frühverrentungsmöglichkeiten

3. Öffnung der europäischen Arbeitsmärkte für Zuwanderung

4. Zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Erwerbsformen

und Entlohnungsstrukturen (innerhalb und außerhalb von

Tarifverträgen)

5. „Aktivierende“ Arbeitsmarktpolitik

Unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten durch gesetzliche,

tarifvertragliche und betriebliche Änderungen, vgl. atypische

Beschäftigungsformen wie befristete Arbeitsverträge, Zeitarbeit

sowie flexible Arbeitszeiten

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Technologischer Wandel: Digitalisierung und

Vernetzung

7

Bereits in der Vergangenheit gerieten einige Tätigkeitsstrukturen

und Berufsbilder unter Druck, insbesondere Stellen mit

Routinetätigkeiten

Mit zunehmender Digitalisierung und Vernetzung rückt allerdings

eine potenziell neue, radikale Veränderung in den Vordergrund

Zwei treibende Kräfte: Veränderungen durch global verfügbares,

schnelles und mobiles Internet sowie durch Robotik und künstliche

Intelligenz

Zwei gegenläufige Effekte: Anstieg der Produktionsmöglichkeiten

(komplementäre Berufe profitieren) sowie Verdrängung von

Arbeitsplätzen durch Automatisierungstechnologien (Roboter als

Substitut) – kann auch demographisch bedingte Engpässe

entschärfen durch höhere Kapitalintensität

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Technologischer Wandel: Digitalisierung und

Vernetzung

8

Studie der Oxford Martin School (Frey und Osborne, 2013) sorgt für

großes Aufsehen: 47 Prozent aller Jobs in den USA durch

Automatisierung und Computerisierung bedroht − Studie schätzt für

verschiedene Berufe die Wahrscheinlichkeiten, in Zukunft durch

Robotik, Big Data oder künstliche Intelligenz substituiert werden zu

können

Übertragung dieser Studie auf Deutschland durch das ZEW (ZEW

Kurzexpertise Nr.57, 2015)

Etwa 42 % der Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Berufen mit

hoher Automatisierungswahrscheinlichkeit – aber nur etwa jeder

achte Arbeitsplatz unmittelbar bedroht

Negativer Zusammenhang zwischen Automatisierungs−

wahrscheinlichkeit und Bildungsniveau bzw. Komplexität der

Tätigkeiten

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Substitutionsrisiko

9 Quelle: OECD Employment Outlook (2016), calculations based on the Survey of Adult Skills (PIAAC) 2012

“Task-Based-Approach” für 21 OECD-Länder: gestiegene Beschäftigungsungleichheit wird durch veränderte

berufliche Tätigkeiten (Tasks) erklärt

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Jobs at risk of significant change Jobs at high risk of automation

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Zusammenhang zwischen

Automatisierungswahrscheinlichkeit und Bildung

10 Quelle: Arntz, Gregory and Zierahn (2016), OECD, calculation based on the Survey of Adult Skills (PIAAC) (2012)

In allen 21 OECD-Ländern

sinkt das Substitutionsrisiko

mit dem Ausbildungsniveau

der Beschäftigten

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Beschäftigungsquoten 1991 und 2014

11 9/9/2016 IPSP – Chapter 7

20

40

60

80

100

Em

plo

ym

en

t-P

opu

lation

Rate

, 2

014

20 40 60 80 100Employment-Population Rate, 1991

Low-Income Countries Middle-Income Countries

High-Income Countries 45-degree line

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Mehr Polarisierung am Arbeitsmarkt?

12

Mit weiter fortschreitender Automatisierung und Digitalisierung wird

die Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften zunehmen, die

komplexere kognitive, analytische oder interaktive Tätigkeiten

ausüben

Anteil solcher Fachkräfte wird am gesamten Arbeitsmarkt weiter

zunehmen, und deren Arbeitsbedingungen werden sich

überdurchschnittlich gut entwickeln

In Bezug auf Qualität der Arbeitsbedingungen wird die berufliche

Entwicklungsmöglichkeit in einfacheren Tätigkeiten der Industrie

und im Dienstleistungssektor begrenzt sein

Weniger eindeutig ist die absehbare Entwicklung im mittleren

Qualifikationsbereich

Im Vergleich zu anderen Ländern zeichnet sich Deutschland durch

eine relativ stabile „Mitte“ des Arbeitsmarktes aus

Zukünftig ist für die mittlere Gruppe entscheidend, inwieweit durch

Aus- und Weiterbildung ein Aufstieg ermöglicht wird

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13

100 150 200 250 300

Informatiker

Kreative Berufe

Unternehmensleitung und -beratung

Geistes- und naturwissenschaftliche Berufe

Sozial- und Erziehungsberufe

Hotel-/Gaststättenberufe, Haus-/Ernährungswirtschaft

Reinigungs- und Entsorgungsberufe

Lager-, Transportarbeiter

Stärkste Wachstumsberufe in Deutschland, 1993 bis 2011 (1993 = 100)

Quelle: Mikrozensus, eigene Auswertung.

Wandel der Berufe: Gewinner und Verlierer

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Stark schrumpfende Berufsgruppen in Deutschland, 1993 bis 2011 (1993 = 100)

Quelle: Mikrozensus, eigene Auswertung.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Druckberufe

Bergleute

Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe

Berufe in der Landwirtschaft

Hochbauberufe

Berufe in der spanlosen Metallverformung

Keramik-, Glasberufe

Textil- und Bekleidungsberufe

Wandel der Berufe: Gewinner und Verlierer

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Erwerbstätigkeit (Veränderung in %), 1996-2011

15

-40%

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

92 51 91 93 52 61 42 74 83 71 73 82 32 33 72 41 81 24 34 11 23 31 12 22 21

7x: v.a. Handwerk, Facharb.,

83: mobile Anlagen/Fahrzeuge

51: Personenbez. DL,

91: Hilfskräfte Verkauf

32: Fachkräfte

Gesundheit,

33: Lehrer

24: sonst. Wissenschaftler,

34: sonst. Fachkr.

81:

Anlagenbediener

21: Naturwiss,

22: Bio/Med.

Quelle: Mikrozensus, eigene Berechnungen; Berufsgruppen nach ISCO-88 sortiert nach Medianlöhnen 2010 aus SIAB.

12:

Geschäfts

-leiter

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Polarisierung in Europa

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Quelle: European Jobs Monitor 2016, Eurofound (2016), Figure 6, based on EU-LFS.

Anteil verschiedener Sektoren am Beschäftigungswachstum 2011-2015 (jeweils Q2),

nach Job-Gehalts Quintil, EU-28 Länder

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IPSP Chapter 7 17

Figure 2: Winners and Losers Globally, 1988-2008 (Milanovic, 2016)

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Vielfältige Erwerbsformen

Durchschnittliche Beschäftigungsdauern in den Betrieben haben

sich nach Angaben der OECD im Zeitvergleich kaum verändert

Vielfalt an Erwerbsformen und Flexibilitätsmustern in einzelnen

Berufen und Wirtschaftszweigen, Angebot und Nachfrage

entscheidend

Flexible oder atypische Beschäftigungsverhältnisse kommen v.a. in

den Bereichen vor, wo Arbeitskräfte leicht verfügbar bzw. ersetzbar

sind

Bereitschaft zu einer auf Dauer angelegten Beschäftigung hängt

stark vom jeweiligen betrieblichen Produktionsmodell und von der

Verfügbarkeit spezifischer Qualifikationen ab

Verlagerung von Risiken auf Arbeitnehmer führt in bestimmten

Bereichen zu mehr atypischer Beschäftigung

Selbstständige ohne abhängig Beschäftigte (freelancer) werden z.B.

in kreativen Berufen, im Gesundheits- und IT-Bereich eher

zunehmen – aber nicht alle werden zu Selbstständigen werden

18

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Erwerbsfähige Bevölkerung nach Haupterwerbsstatus

45% 45% 45% 43% 43% 41% 41% 41% 41% 41% 39% 39% 38% 38% 37% 39% 40% 41% 40% 40% 41% 40% 40%

8% 8% 7% 8% 8% 8% 8% 8% 9% 9% 10% 10% 10% 10% 10%

11% 10% 10% 11% 11% 11% 11% 11%

4% 4% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 4% 3% 3% 3% 3%

3% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 3%

5% 4% 4% 4% 4%

5% 5% 5% 5% 4% 4% 4% 4% 4% 4%

5% 6% 6% 6% 6% 7% 7% 7% 1% 1% 2% 2% 2% 2%

2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 2% 1% 1%

2% 2% 2% 2% 1% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 4% 4% 4%

5% 5% 5% 4% 5% 5% 5% 6% 6% 6% 6% 6%

6% 6% 7% 7% 7% 6% 6% 7% 6% 7%

7% 6% 7% 7% 7% 7% 7% 7%

0% 0% 1% 1% 1%

1% 1% 1% 1% 1% 1% 1% 1% 1% 1%

1% 1% 1% 1% 1% 1% 1% 1%

6% 6% 7% 7% 7% 8% 7% 6% 5% 6% 7% 7% 8% 8% 8%

7% 6% 7% 7% 6% 6% 6% 6%

26% 25% 26% 26% 26% 27% 27% 26% 26% 25% 25% 24% 24% 23% 23% 21% 20% 20% 19% 20% 19% 19% 18%

1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014

Vollzeit unbefristet Teilzeit unbefristetAusbildung BefristetZeitarbeit MinijobSelbständig Arbeitslos und erwerbstätig

Quelle: SOEP 1992-2014, Querschnittsgewichtung für Personen, eigene Berechnungen.

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Die zwei Seiten flexiblerer Arbeitsorganisation

Nicht-Routinetätigkeiten erfordern ein höheres Maß an

Kommunikation, (Selbst-)Organisation und der Disposition zu

eigenständigem, flexiblen Arbeiten

Kann die psychische Arbeitsbelastung erhöhen, Arbeit gleichzeitig

aber auch vielfältiger und ‚reicher‘ machen

Tendenziell bieten Nicht-Routinetätigkeiten mehr Spielräume für

autonomes Gestalten und Entscheiden, was generell mit höherer

Arbeitszufriedenheit verbunden ist; Entwicklungsmöglichkeiten

hängen negativ mit Burnout-Symptomen zusammen

Einhergehende leistungsabhängige Bewertung und Bezahlung

können den psychischen Druck auf die Erwerbstätigen erhöhen

Vereinbarkeit von Privatleben, Familie und beruflicher Tätigkeit

sowie die betriebliche Effizienz lassen sich durch flexible

Arbeitsformen im Hinblick auf Ort und Zeit prinzipiell verbessern –

abhängig von Vereinbarungen im konkreten Arbeitskontext

20

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Arbeitsorganisation durch Unternehmen

Für Unternehmen stellt sich die Frage, wie die

Mitarbeiterkoordination in dieser neuen Arbeitswelt geregelt wird

Es ist für Unternehmen essenziell, Koordination und Steuerung so

zu gestalten, dass Potenziale der Wissensarbeit in Hinblick auf

Kreativität, Innovation und Motivation angehoben werden

Höhere Ansprüche an Arbeit gehen dann mit hohem Engagement

und Arbeitszufriedenheit einher, wenn entsprechende Autonomie

gegeben ist

Starke Anreize der Unternehmen, Hierarchieebenen abzubauen und

die Verantwortung auf die Mitarbeiter zu verlagern

zukunftsträchtige Arbeitsmodelle: Stärker zielorientierte Führung mit

größeren Handlungsspielräumen ─ gleichzeitig Verlangen nach

mehr Selbstständigkeit und besserer Qualifikation der Mitarbeiter

Deutschland hat erhebliche ungenutzte Potenziale bei der

Entwicklung zukunftsfähiger Arbeitsmodelle mit weniger

hierarchischer Steuerung und mehr Autonomie auf der Ebene der

Einzelnen und der Arbeitsgruppen

21

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Veränderung der psychischen Belastung in

Deutschland

22

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

93 Hilfsarbeiter Baugewerbe

92 Landwirt. Hilfsarbeiten

91 Verkaufskräfte

83 Fahrzeugführer

82 Maschinenbediener, Montierer

81 Bediener stationärer Anlagen

74 Sonstige Handwerksberufe

73 Präzisionsarbeiter

72 Metallarbeiter, Mechaniker

71 Mineralgewinnungs-, Bauberufe

61 Fachkräfte Landwirtschaft

52 Modelle, Verkäufer, Vorführer

51 Personenbez. Dienstleistung

42 Büroang. mit Kundenkontakt

41 Büroang. ohne Kundenkontakt

34 Sonstige Fachkräfte

33 Nicht-wiss. Lehrkräfte

32 Biowiss. Fachkräfte

31 Technische Fachkräfte

24 Sonstige Wissenschaftler

23 Wissenschaftliche Lehrkräfte

22 Biowissenschaftler, Mediziner

21 Physiker, Mathematiker

13 Leiter kleiner Unternehmen

12 Geschäftsleiter

11 Leit. Verwaltungsbedienstete

Psychische Belastung 2006

Psychische Belasung 2012

MW 2006

MW 2012

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 und 2012, eigene Berechnungen. MW = Mittelwert. Bemerkung: Hochgerechnete, standardisierte Werte basierend auf ungewichteten Scores der gepoolten Daten von 2006 und 2012 für Männer und Frauen. Werte sind positiv transformiert. Berufsklassifikation nach ISCO88.

Standardisierte Scores

Page 23: Wandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche ... · PDF fileWandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche) Bildung – internationale Perspektiven Werner Eichhorst,

Relation zwischen Autonomie und Fehlzeiten in

Deutschland

23

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0,4

0,45

0,5

0 0,5 1 1,5 2 2,5

Feh

lzei

ten

Mitunternehmertum

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0,4

0,45

0,5

0 0,5 1 1,5 2

Entscheidungsspielraum

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 und 2012, eigene Berechnungen. Bemerkung: Hochgerechnete, standardisierte Werte basierend auf ungewichteten Scores der gepoolten Daten von 2006 und 2012 für Männer und Frauen. Werte sind positiv transformiert. Berufsklassifikation nach ISCO88.

Page 24: Wandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche ... · PDF fileWandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche) Bildung – internationale Perspektiven Werner Eichhorst,

Arbeitsorganisation durch Unternehmen

24

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

Arbeitsplatz ist nicht von einer direkten Kontrolle des Vorgesetzten

betroffen, in %

Quelle: Eurofound, EWCS 2010, Frage q46e. European Commission, 2014.

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Arbeitsorganisation durch Unternehmen

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Teammitglieder entscheiden über die Aufgabenteilung selbst, in %

Quelle: Eurofound, EWCS 2010, Frage 57a. European Commission, 2014.

0

0,1

0,2

0,3

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0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

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Beschäftigungspolarisierung in Europa:

Anforderungen an die Bildung

26

Quelle: Maselli (2012).

Ungleiche Verteilung in den Beschäftigungschancen:

– Entwicklung hin zu mehr kompetenzintensiven Arbeitsplätzen sowie wie

zu mehr Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor

→ Mehrheit der neuen Arbeitsplätze wird ein höheres Wissens- und

Kompetenzniveau voraussetzen

Wird die Qualifikations- und Bildungsstruktur der Bevölkerung

diesen Tendenzen gerecht?

Qualifikationsungleichgewichte?

Mangel an den „richtigen“ Kompetenzen?

fehlende Abstimmung zwischen den Fachgebieten?

Und/oder ungenutzte, nicht abgerufene oder aktualisierte

Qualifikationen und Fertigkeiten?

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Beschäftigungspolarisierung in Europa

27 Quelle: Maselli (2012).

Entwicklung von

Qualifikationsangebot

und –nachfrage von

2000 - 2010:

• Anteil von

Geringqualifizierten

gesunken (-15%),

jedoch Anstieg der

Nachfrage in niedrig

qualifizierten Berufen

• Anstieg der

Hochqualifizierten um

45%, die Nachfrage

in hochqualifizierten

Berufen stieg jedoch

nur moderat um 23%

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Bildungsstruktur und Jobstruktur

28

Prozentuale Anteile der Übereinstimmung von Qualifikationsanforderungen und individuellem

Qualifikationsniveau

Quelle: Skills Matter: Further Results from the Survey of Adult Skills, OECD (2016), angelehnt an Figure 5.8b

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Over-skilled and field of study mismatched Over-skilled only

Field of study mismatched only Well matched both

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Bildungsstruktur: berufliche Ausbildung

29 Quelle: OECD, Education at a Glance (2016), Indicator C1, Table C1.3a.

0

20

40

60

80

100

General programmes Other vocational programmes Combined school- and work-based programmes

Bildungsbeteiligung 15- bis 19-Jähriger im Sekundarbereich II, nach

Ausrichtung des Bildungsgangs (2014)

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Erwerbstätigenquote nach Bildungsabschluss

30 Quelle: OECD, education database.

Erwerbstätigenquote der 25-34-Jährigen nach Bildungsabschluss, 2015

0

20

40

60

80

100

Maximal erste Stufe der Sekundarbildung Zweite Stufe der Sekundarbildung Tertiäre Bildung

Page 31: Wandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche ... · PDF fileWandel der Arbeit und Anforderungen an die (berufliche) Bildung – internationale Perspektiven Werner Eichhorst,

Weiterbildungsbeteiligung

31

0

20

40

60

80

100

Tertiäre Bildung Zweite Stufe der Sekundarbildung Maximal erste Stufe der Sekundarstufe

Quelle: OECD, Education at a Glance (2016), Indicator C6

Beteiligung von Erwachsenen an Weiterbildung nach Bildungsabschluss

innerhalb der 12 Monate vor Datenerhebung in %, 2012 oder 2015

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Müssen wir vor der Zukunft der Arbeit Angst haben?

Eher NEIN, denn:

Auch angesichts des technischen Fortschritts und der

Globalisierung wird Erwerbsarbeit weiter zentral bleiben

Unterschiedliche und dynamisch neu entstehende Formen der

Erwerbstätigkeit und Arbeitswelt sind zu erwarten

Umgang mit Komplexität, Interaktion und Innovationsfähigkeit

werden in Berufen und Tätigkeiten an Bedeutung gewinnen

Strukturelle Verschiebungen von einfacher Produktion hin zu

wissensintensiveren und personenbezogenen Tätigkeiten

entwickeln sich auch zukünftig robust

32

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Müssen wir vor der Zukunft der Arbeit Angst haben?

Moderne Technologien verändern menschliche Arbeit, sind in den

(fortbestehenden, dynamischen) Bereichen überwiegend

komplementär

Weniger einfache Routinetätigkeiten als bisher

mehr komplexe, analytische und interaktive Tätigkeiten

Wachstumsbereiche sind etwa Bildung, Forschung und Entwicklung,

IT, Beratung, Gesundheit, Pflege und Tourismus sowie

unternehmens- und industrienahe Dienstleistungen

Günstige Bedingungen für lern- und innovationsfreundliche

Arbeitsprozesse werden entscheidend

Betriebliche Ebene – Organisation, Führung, Personalpolitik – von

zentraler Bedeutung für Produktivität, Innovation und

Arbeitszufriedenheit, Beschäftigungsfähigkeit

Erfahrungen mit Wandlungsprozessen in der Vergangenheit helfen,

ebenso Handlungskapazitäten der Sozialpartnerschaft

33

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Gestaltungsanforderungen für Akteure

Zukunft der Arbeit stellt erhebliche Anforderungen an Politik,

Sozialpartner, Unternehmen und Individuen – verschiedene

Regulierungsebenen

Aus heutiger Perspektive folgende Handlungsfelder entscheidend:

1. Weiterentwicklung und Stärkung des schulischen, beruflichen und

universitären Bildungsbereichs – Zugang zu bestmöglicher Bildung

für alle, mit Bezug zum Arbeitsmarkt, leichtere Übergänge und

Kombinationen

2. Höhere Frauenerwerbstätigkeit – Abbau von Anreizen zu

Erwerbsunterbrechungen oder (kurzer) Teilzeit

3. Qualifizierte Zuwanderung und bessere Arbeitsmarktintegration

von Migranten, auch Flüchtlingen

4. Verlängerung des Erwerbslebens - systematische

Weiterqualifizierung und betriebliche Gesundheitspolitik; Anreize im

Rentensystem – auch Anreize für Arbeitgeber denkbar

34

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Gestaltungsanforderungen für Akteure

5. Entwicklung zukunftsfähiger Arbeitsorganisation auf betrieblicher

Ebene mit entsprechenden flexiblen Regelungen, Vereinbarung

von Produktivität/Innovation und Arbeitszufriedenheit

6. Wandel von starren Hierarchien zu flacheren,

partizipationsorientierten Führungsmodellen, die auf Vielfalt in

Teams und nachhaltige Arbeitsgestaltung ausgerichtet sind

7. Offener und mobilitätsfreundlicher Arbeitsmarkt: Ausgleich

zwischen notwendiger und gewünschter Flexibilität und Sicherheit -

> tragfähige Regeln, die Verwerfungen und Fehlanreize vermeiden,

z.B. Regulierung und Absicherung von hoch flexiblen

Erwerbsformen wie (Solo)Selbstständigkeit oder Zeitarbeit

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Anforderungen an die Berufliche Ausbildung

Attraktivität als Eingliederungsmechanismus und als Instrument zur

Rekrutierung von Nachwuchs auch in Zukunft, da direkt an die

Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gekoppelt, damit wird Mismatch

und Fehl/Überqualifikation gemindert

Herausforderungen in der Anpassung an die Zukunft:

1. Zugang zu beruflicher Bildung für Schulabgänger mit Defiziten ->

Verbindung mit schulischen Bildungsanstrengungen und

vorbereitendem System (Arbeitsmarktpolitik)

2. Attraktivität der beruflichen Ausbildung für Arbeitgeber – Vorteile

der dualen Ausbildung mit Bindung an Nachfrage und laufender

Aktualisierung – angepasst an jeweiligen (nationalen, regionalen,

sektoralen) Kontext

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Anforderungen an die Berufliche Ausbildung

3. Attraktivität beruflicher Ausbildung für Schulabgänger mit

Alternativen, Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs –

Ergänzung mit akademischen Anteilen, duales Studium,

Karrierepfade nach oder parallel zur beruflichen Ausbildung

4. Damit verbunden: „upgrading“ in wissensintensive

Wachstumsbereiche des Arbeitsmarktes: laufende Aktualisierung

und „Aktivierung“ von beruflichen Qualifikationen und deren

Anerkennung, erleichtert Übergänge und Um/Aufstiege, setzt auch

entsprechende Arbeitskulturen voraus

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Werner Eichhorst

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