Was kann die anthroposophische Medizin hier leisten?

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76 MMW-Fortschr. Med. Nr. 22 / 2012 (154. Jg.) PHARMAFORUM Immer mehr stressbedingte Störungen Was kann die anthroposophische Medizin hier leisten? _ 80% der Deutschen empfinden ihr Le- ben als stressig, ein Drittel klagt sogar über dauerhaften Stress, wie eine Umfrage der Techniker Krankenkasse (TKK) zeigte. Symptome, die bei Stress auftreten kön- nen, sind vielgestaltig. Dr. Tobias Sprenger, Köln, nannte Infektanfälligkeit, Immun- schwäche, Migräne, Tinnitus, Schlafstö- rungen, nervöse Magen-Darm-Beschwer- den, Kreislaufprobleme und Herzrasen. In der ärztlichen Praxis würden insbesondere stressbezogene Störungen des Herz-Kreis- lauf-Systems eine Rolle spielen. Bei der Behandlung dieser Beschwer- den mit der anthroposophischen Medizin spielt der „Blickwinkel“ eine wichtige Rolle: das Herz ist nicht „nur“ eine große Pumpe. Vielmehr ist es ein Wahrnehmungsorgan mit großer Lebenskraft und Dynamik. Sei- ne Fähigkeiten und Aufgaben sind umfas- sender als rein anatomisch-physiologische. Deshalb gehört zur Behandlung von Herz- beschwerden immer auch eine Lebensfüh- rungberatung mit dem Ziel, einen gesun- den, natürlichen Rhythmus wiederherzu- stellen. Herz-Regulationskräfte stärken Spenger nannte Cardiodoron® als einen Baustein. Die Kombination von Auszügen aus Schlüsselblume, Bilsenkraut und Esels- distel ziele darauf ab, die Regulationskräfte des Herzens zu stärken. Unregelmäßig- keiten beim Blutdruck und Herzrhythmus oder Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus ließen sich damit ausgleichen. Martin Straube, Hamburg, definierte Stress als ein Zuviel bei den Anforde- rungen. Stress sei bedingt durch Sinnes- reizüberflutung oder auch durch eine ver- minderte Stressresistenz. Die anthroposo- phische Medizin setzt hier Medikamente ein, die die Reaktionen des Organismus auf die Überforderung harmonisieren und be- ruhigen. Mittel wie das mineralisch aufge- baute Neurodoron® (Komposition aus Ka- lium phosphoricum, Aurum und Ferrum- Quarz) können demnach Stress lindern und die Selbstregulation steigern. Gabi Kannamüller Quelle: Presseworkshop „Anthroposophische Medizin gegen Stress und Burnout“, Kitzbühel, August 2012 (Veranstalter: Weleda) Angina pectoris Nicht immer ist eine Stenose der Auslöser _ In einer amerikanischen Registerstudie hatten 60% von fast 400 000 Patienten mit stabiler Angina pectoris (AP) eine obs- truktive KHK, d. h. keine über 50%ige Hauptstamm-Stenose oder 70%ige Steno- se eines anderen Gefäßes, und bei 20% konnte überhaupt keine Stenose festge- stellt werden. Auch andere Ursachen wie eine endotheliale Dysfunktion, die Small Vessel Disease (SVD), diastolische Dysfunk- tion oder Mutationen in Ionenkanälen können eine myokardiale Ischämie auslö- sen. Diese Ursachen sind prognostisch re- levant, sagt Prof. Dirk Westermann, Berlin. So hatten in einer Studie AP-Patientinnen mit einer SVD (n = 189) ein 20% erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (Pepine et al. 2010). In solchen Fällen können hämodynamisch wirksame Therapien die Symptomatik oft nicht dauerhaft verbessern. AP, Dyspnoe und eine eingeschränkte Belastbarkeit werden für den Patienten zum Alltag. Direkt an der Herzmuskelzelle wirksam „All diese Ursachen resultieren in einer Er- höhung des späten Natriumstroms in die Zelle,“ erklärt Prof. Samuel Sossalla, Göttin- gen. Dadurch komme zu einer erhöhten Wandspannung, die eine extravaskuläre Kompression kleiner Gefäße zur Folge ha- be, den Blutfluss reduziere und Sauerstoff koste. Ranolazin (Ranexa®) setzt direkt an der Herzmuskelzelle an: es hemmt selektiv den erhöhten späten Natriumeinstrom, da- mit verbessert sich die diastolische Relaxa- tion und Mikrozirkulation, Sauerstoff- und Energieverbrauch nehmen ab. Herzfre- quenz und Blutdruck werden nicht beein- flusst. Die Substanz habe Effekte bei Ischä- mien, die nicht durch eine Stenose verur- sacht seien, verdeutlicht Sossalla anhand einer kleinen randomisierten, placebokon- trollierten, doppelblinden Querschnitts- studie (Mehta et al. 2011). Bei 20 Frauen, bei denen eine KHK mittels Koronarangio- grafie ausgeschlossen wurde, die aber ty- pische AP-Beschwerden und klare Ischä- miezeichen aufwiesen, verbesserte sich – quantifiziert mit dem Seattle Angina Questionnaire-(SAQ-)Score – nach vierwö- chiger Ranolazin-Gabe die AP (+25 Punkte), körperliche Aktivität (+14,4) sowie die Lebensqualität (+8,3) signifikant im Vergleich zu Placebo. Ranolazin sei somit für Patienten, die trotz einer Basismedika- tion und guter Einstellung von Herzfre- quenz und Blutdruck eine wiederkehrende AP haben, eine zusätzliche Therapieoption, so Sossalla. Veronika Schlimpert Quelle: Satellitensymposium „Herausforderung in Klinik und Praxis – Die rezidivierende myokar- diale Ischämie“, DGK-Herbsttagung, Hamburg, Oktober 2012 (Veranstalter: Berlin-Chemie) Ranolazin setzt direkt an der Herz- muskelzelle an. © Catherine Yeulet/Photos.com

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76 MMW-Fortschr. Med. Nr. 22 / 2012 (154. Jg.)

PHARMAFORUM

Immer mehr stressbedingte Störungen

Was kann die anthroposophische Medizin hier leisten? _ 80% der Deutschen empfinden ihr Le­ben als stressig, ein Drittel klagt sogar über dauerhaften Stress, wie eine Umfrage der Techniker Krankenkasse (TKK) zeigte.

Symptome, die bei Stress auftreten kön­nen, sind vielgestaltig. Dr. Tobias Sprenger, Köln, nannte Infektanfälligkeit, Immun­schwäche, Migräne, Tinnitus, Schlafstö­rungen, nervöse Magen­Darm­Beschwer­den, Kreislaufprobleme und Herzrasen. In der ärztlichen Praxis würden insbesondere stressbezogene Störungen des Herz­Kreis­lauf­Systems eine Rolle spielen.

Bei der Behandlung dieser Beschwer­den mit der anthroposophischen Medizin spielt der „Blickwinkel“ eine wichtige Rolle: das Herz ist nicht „nur“ eine große Pumpe. Vielmehr ist es ein Wahrnehmungsorgan

mit großer Lebenskraft und Dynamik. Sei­ne Fähigkeiten und Aufgaben sind umfas­sender als rein anatomisch­physiologische. Deshalb gehört zur Behandlung von Herz­beschwerden immer auch eine Lebensfüh­rungberatung mit dem Ziel, einen gesun­den, natürlichen Rhythmus wiederherzu­stellen.

Herz-Regulationskräfte stärkenSpenger nannte Cardiodoron® als einen Baustein. Die Kombination von Auszügen aus Schlüsselblume, Bilsenkraut und Esels­distel ziele darauf ab, die Regulationskräfte des Herzens zu stärken. Unregelmäßig­keiten beim Blutdruck und Herzrhythmus oder Störungen des Tag­Nacht­Rhythmus ließen sich damit ausgleichen.

Martin Straube, Hamburg, definierte Stress als ein Zuviel bei den Anforde­rungen. Stress sei bedingt durch Sinnes­reizüberflutung oder auch durch eine ver­minderte Stressresistenz. Die anthroposo­phische Medizin setzt hier Medikamente ein, die die Reaktionen des Organismus auf die Überforderung harmonisieren und be­ruhigen. Mittel wie das mineralisch aufge­baute Neurodoron® (Komposition aus Ka­lium phosphoricum, Aurum und Ferrum­Quarz) können demnach Stress lindern und die Selbstregulation steigern.

■ Gabi Kannamüller Quelle: Presseworkshop „Anthroposophische Medizin gegen Stress und Burnout“, Kitzbühel, August 2012 (Veranstalter: Weleda)

Angina pectoris

Nicht immer ist eine Stenose der Auslöser_ In einer amerikanischen Registerstudie hatten 60% von fast 400 000 Patienten mit stabiler Angina pectoris (AP) eine obs­truktive KHK, d. h. keine über 50%ige Hauptstamm­Stenose oder 70%ige Steno­se eines anderen Gefäßes, und bei 20% konnte überhaupt keine Stenose festge­stellt werden. Auch andere Ursachen wie eine endotheliale Dysfunktion, die Small Vessel Disease (SVD), diastolische Dysfunk­tion oder Mutationen in Ionenkanälen können eine myokardiale Ischämie auslö­sen. Diese Ursachen sind prognostisch re­levant, sagt Prof. Dirk Westermann, Berlin. So hatten in einer Studie AP­Patientinnen mit einer SVD (n = 189) ein 20% erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (Pepine et al. 2010). In solchen Fällen können hämodynamisch wirksame Therapien die Symptomatik oft nicht dauerhaft verbessern. AP, Dyspnoe und eine eingeschränkte Belastbarkeit werden für den Patienten zum Alltag.

Direkt an der Herzmuskelzelle wirksam„All diese Ursachen resultieren in einer Er­höhung des späten Natriumstroms in die

Zelle,“ erklärt Prof. Samuel Sossalla, Göttin­gen. Dadurch komme zu einer erhöhten Wandspannung, die eine extravaskuläre Kompression kleiner Gefäße zur Folge ha­be, den Blutfluss reduziere und Sauerstoff koste. Ranolazin (Ranexa®) setzt direkt an der Herzmuskelzelle an: es hemmt selektiv den erhöhten späten Natriumeinstrom, da­mit verbessert sich die diastolische Relaxa­tion und Mikrozirkulation, Sauerstoff­ und Energieverbrauch nehmen ab. Herzfre­quenz und Blutdruck werden nicht beein­flusst.

Die Substanz habe Effekte bei Ischä­mien, die nicht durch eine Stenose verur­sacht seien, verdeutlicht Sossalla anhand einer kleinen randomisierten, placebokon­trollierten, doppelblinden Querschnitts­studie (Mehta et al. 2011). Bei 20 Frauen, bei denen eine KHK mittels Koronarangio­grafie ausgeschlossen wurde, die aber ty­pische AP­Beschwerden und klare Ischä­miezeichen aufwiesen, verbesserte sich – quantifiziert mit dem Seattle Angina Questionnaire­(SAQ­)Score – nach vierwö­chiger Ranolazin­Gabe die AP (+25

Punkte), körperliche Aktivität (+14,4) sowie die Lebensqualität (+8,3) signifikant im Vergleich zu Placebo. Ranolazin sei somit für Patienten, die trotz einer Basismedika­tion und guter Einstellung von Herzfre­quenz und Blutdruck eine wiederkehrende AP haben, eine zusätzliche Therapieoption, so Sossalla.

■ Veronika SchlimpertQuelle: Satellitensymposium „Herausforderung in Klinik und Praxis – Die rezidivierende myokar­diale Ischämie“, DGK­Herbsttagung, Hamburg, Oktober 2012 (Veranstalter: Berlin­Chemie)

Ranolazin setzt direkt an der Herz-muskelzelle an.

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