Wasserwelten

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Badekunst und Technik

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Badest du nicht in Etruskus’ Thermen,Oppian, so stirbst du ungebadet!So wird dir kein anderes Wasser wohl tun ...Nirgends bietet sich so klarer, heiterer Himmel:Länger dauert sogar des Tages Licht hierUnd verschwindet an keinem Orte später.Vom Taygetus grünet dort der Marmor;Dort wetteifert Gestein in buntem Schmucke,das der Libyer und der Phryger ausgrubfettig haucht der Onyx trockene Glut aus,Serpentin wärmt gelinde Flamme. Wenn Lakonerbräuche dir gefallen,kannst du, mit dem Heißluftbade dich begnügend,in die Virgo oder Marcia tauchen,die so frisch und klar glänzend blinket,dass kein Wasser du dort wähnen solltest,sondern glaubst, der leere Marmor schimmere.3

In der Antike wurde nicht so streng zwischen Thermen und Balnea unterschieden. Heute hat man sich darauf geeinigt, die besonders großen und umfassenden Bäder, die zudem zur öffentlichen Benutzung frei standen, als Thermen zu bezeichnen. Es gibt eine größere Anzahl unterschiedli-cher Bäder, die jedoch grundsätzlich vergleichbare Ein-richtungen enthalten. Balneae publicae (balnea publica) waren öffentliche Bäder, die jedem zur zumeist kostenlo-sen Benutzung offen standen. Sie wurden oft von reichen Privatleuten gestiftet. Balnea meritoria hingegen waren Miet- oder Pachtbäder, die für eine gewisse Zeit von einem Pächter (conductor) gemietet wurden, der für die Benut-zung Eintrittsgeld verlangte. Die lex metalli Vipascensis, eine Pachtordnung aus dem Bergwerksdorf Vipasca gibt nähere Aufschlüsse über die Rechte und Pflichten des Päch-ters. Der Pachtvertrag wurde über ein Jahr abgeschlossen. Der Pächter erhielt die Kosten für das Heizmaterial, er war

BALNEA, VINA, VENUS CORRUMPUNT CORPORA NOSTRA, SED VITAM FACIUNT: BALNEA, VINA, VENUS 1

Die Bäder, die Weine, die Liebe: sie richten unseren Körper zugrunde; aber sie machen das Leben aus: Die Bäder, die Weine, die Liebe.

Die römische Badekultur ist legendär. Der Besuch einer Therme bot den Römern nicht nur die Möglichkeit, sich gründlich zu reinigen, sondern ein Freizeitvergnügen, das den Vergleich mit den heutigen Spaß- oder Erlebnisbädern nicht scheuen muss.

Quid Nerone peius? Quid thermis melius Neronianis?2

In der römischen Kaiserzeit, im 1. bis 3. nachchristlichen Jahrhundert befand sich die Badekultur auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Heute beeindrucken sowohl das bauli-che Wissen um die richtigen Bausubstanzen, die technische Raffinesse der Unterbodenheizungen, der Kanalisation, der Wasserzufuhr und Abwasserversorgung als auch der Um-fang und die prachtvolle Ausstattung der Thermenanlagen, von denen es allerorts noch steinerne stumme Zeugen zu bewundern gibt. In nur wenigen Jahrhunderten entwickel-ten sich die römischen Badanlagen von ihren bescheide-nen Ursprüngen, die von Seneca als „Schabenbäder“ (weil Schaben die Dunkelheit bevorzugen) bezeichnet werden, hin zu prachtvollen lichtdurchfluteten Wellness-Tempeln, die kaum Wünsche offen ließen.

Abb. 1 Grabfigur, Sandstein, Wintersdorf. Der lebensgroße Treverer schreitet zum Bade. Er hält in der rechten Hand ein Henkelkännchen und einen Strigilis.

Baden wie die Römer – Badespaß, Saunagenuss und Wellness pur

Karen Aydin

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aber verpflichtet, das Personal, das hierfür notwendig war, zu bezahlen. Das Bad wurde von der ersten bis zur siebten Stunde des Tages für Frauen, von der achten Stunde bis zur zweiten der Nacht für Männer geöffnet. Der Eintritt war für die Frauen doppelt so hoch (1 AS) wie für die Männer (1/2 AS). Daneben gab es Militärbäder, Kastellbäder und Legions-lagerbäder, von denen erstere wohl auch von der Zivilbe-völkerung benachbarter Orte benutzt wurden. Zwar sind sie nicht so luxuriös ausgestattet und eher zweckmäßig, die notwendigen Räumlichkeiten waren aber vorhanden. In der Nähe von Thermal- oder Mineralquellen wurden Heilbäder erbaut, deren Ausstattung stark von den örtli-chen Gegebenheiten abhing (s. u. zu dem wohl bekanntes-ten Heilbad in Baiae). Zu den nicht-öffentlichen Bädern zählten natürlich dann auch die zahlreichen privaten Badanlagen in den Villen, deren Ausstattung stark von dem Vermögen und den Vor-lieben des Besitzers abhingen.

Wer hat’s erfunden?

Die Griechen waren es. Sie übernahmen die Badekultur aus den altorientalischen Hochkulturen und formten sie ihren Bedürfnissen entsprechend um.4 Das Bad war ein Er-lebnis, ein solches zu bereiten, bereits in homerischer Zeit Zeichen der Gastfreundschaft.

Sondern sie webt‘ ein Gewand, im innern Gemach des Palastes, Doppelt und blendend weiß, und durchwirkt mit mancherlei Bildwerk. Jetzo rief sie umher den lockigen Mägden des Hauses, Eilend ein groß dreifüßig Geschirr auf Feuer zu stellen, Zum erwärmenden Bade, wann Hektor kehrt‘ aus der Feldschlacht.5

Das Wasser wurde in der Nähe der Wanne auf einem Dreifuß in einem Kessel erwärmt und anschließend in die Wanne gegossen. Die Holzkohlebecken oder Öfen konnten

Abb. 2 Römische Wasserleitung in Tonröhren in den Ruinen der Häuser am Fuße der Akropolis.

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zusätzlich den Raum aufheizen. Aus der Zeit um 800 v. Chr. existieren keine Abbildungen, die uns nähere Einzelheiten zu diesen frühen Bädern verraten. Die frühesten Darstel-lungen auf Vasen datieren ins 6. Jahrhundert und führen uns in eine andere soziale Welt.6 Im griechischen Kulturraum begegnen erstmals öffentliche Badanlagen, die nicht allein kultischen Zwecken dienten, sondern vor allem der Kör-perpflege, besonders nach einer sportlichen Betätigung. Eine der ältesten griechischen Anlagen wurde von Hans Schleif in den Jahren 1940/41 in Olympia ausgegraben. Es konnten mehrere Bauabschnitte festgestellt werden. Der älteste Befund datiert in das frühe 5. Jahrhundert v. Chr. (Periode I). Es handelt sich um einen rechteckigen Bau-

körper (21,50 x 5,50 m), der noch nicht als regelrechte Badanlage, sondern als eine Art von Waschhaus angespro-chen werden kann, das über einen Brunnen versorgt wur-de.7 Um 450 v. Chr. wurde an die Südwand (Periode II) ein Anbau mit den Maßen 9,34 m x 5,94 m angefügt, in dem sich 11 geräumige Sitzbadewannen mit kleinen Sitzbänk-chen (die Wannen zu je 1,20 m x 60 cm) und einer in den Boden eingetieften halbkugeligen Marmorschale für die Entwässerung befanden, von denen sechs auf der Nord-seite und fünf auf der Ostseite angebaut waren. Auf der Südseite konnte zudem eine Apsis nachgewiesen werden, im Winkel zwischen den Wannenreihen ein tieferes Ein-zelbecken. In der südwestlichen Ecke wurde zudem eine

Abb. 3 Porphyrwanne, Ägypten, 2. Jh. n. Chr., 70 x 228 x 112 cm. Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. MA438.

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per Leiter zugängliche Stehbadewanne gefunden. Versorgt wurden die Wannen über einen Frischwasserbehälter, der ein Fassungsvermögen von 700 Litern besaß. Ob warmes Wasser verwendet wurde, konnte nicht nachgewiesen wer-den. Im Außenbereich befand sich zudem ein Schwimmbad (24 x 16 m) unter freiem Himmel. Das verbrauchte Was-ser wurde nach Süden abgeleitet. Die Fußböden und die Wände waren ebenso wie auch das Freibad mit einem was-serdichten Mörtel verkleidet. Südöstlich des Gebäudes lag ein separates Schwitzbad, das ebenfalls ins 5. Jahrhundert datiert wird. Das Bad der Periode IIa aus dem 4. Jahrhun-dert v. Chr. besitzt einen Heizkanal und einen eingebauten, heizbaren Heißwasserkessel. Das Heizungssystem wurde in der Periode III verbessert. Der alte Wasserbehälter wur-de höher gelegt, damit der Druck ausreichte, einen Kessel in der Südostmauer der Anlage zu befüllen. Unter diesem befand sich eine Feuerstelle. Der Befund der Periode IV um 100 v. Chr. wurde von Schleif als „griechisches Hy-pokaustenbad“ bezeichnet, es enthielt einen Warmbadesaal mit größerem Warmwasserbecken, einer halbrunden Apsis und einer Pfeiler-Hypokaustenanlage. Wir können also schon folgende grundlegende Elemente festhalten, die in späterer Zeit als typisch römische Er-rungenschaften bezeichnet wurden: das Wissen um und die Fertigkeit zur Herstellung von wasserdichten Bauma-terialien, eine Zu- und Ableitung von Badewasser, Vor-richtungen zur Erwärmung des Wassers, eine Heizungs-anlage sowie die Komplexität der Anlage, die dem Gast mehr bot, als eine Möglichkeit, sich gründlich zu reinigen. Über die griechischen Städte der tyrrhenischen Küste tra-fen die Römer mit der griechischen Kultur zusammen. Sie übernahmen die Grundelemente der Badekultur, bauten sie weiter aus und perfektionierten sie. An keiner anderen Stelle lässt sich die Entwicklung der Badekultur von ihren griechischen Anfängen bis hin zur kompletten römischen Thermenanlage so gut aufzeigen wie anhand der Stabianer Thermen von Pompeji, die in den 50er Jahren des 19. Jahr-hunderts ausgegraben wurden. Sie befinden sich in der südlichen Hälfte der Insula I der Regio VII. In der ersten Bauperiode wurde in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. (zeitgleich mit dem beschriebenen Bad aus Olympia), als Pompeji von Griechen und Oskern bewohnt wurde, ein

kleines Athletenbad nach griechischem Vorbild errichtet, das einer großen Palästra angegliedert war. Es umfasste ca. 170 m2 und war vom Sportplatz aus zu betreten. Das Bad bestand aus einer Zeile mit 5 Baderäumen, von denen vier verschließbar und jeweils mit einer Sitzbadewanne ausge-stattet waren, der fünfte Raum beinhaltete drei Wannen und war nicht verschlossen. Die Wasserversorgung wurde über eine Zisterne und einen Tiefbrunnen gesichert. Bis ins Jahr 36 v. Chr. gab es in Pompeji kein öffentliches Wassernetz. In der zweiten Bauperiode, im 4./3. Jahrhundert v. Chr. wurde ein Neubau mit Erweiterung nach Westen errichtet, der 5 Badezellen mit Liege- statt Sitzbadewannen enthielt. Im 3. Jahrhundert wurde die Badanlage abermals erwei-tert, unterschiedlich temperierte Baderäume lassen sich aber erst in der vierten Bauperiode in der Mitte des 2. Jahr-hunderts nachweisen. Hier wurde der bedeutendste Schritt in Richtung Thermen gemacht, der gesamte Ostflügel auf Kosten der Palästra neu bebaut und nach Geschlechtern getrennte Anlagen errichtet. Eigene Kaltbaderäume gab es wohl noch nicht, es wird davon ausgegangen, dass ein Kaltwasserbecken in den Auskleideräumen zur Benutzung stand. Die Sportanlage wurde zunehmend verkleinert. Auch dies ist ein typisches Merkmal, das griechische von römischen Bädern unterscheidet. In den griechischen An-lagen stand die sportliche Betätigung im Vordergrund, das Bad spielte nur eine Nebenrolle. In römischer Zeit rückte das Bad in den Mittelpunkt, zusätzlich wurde in den Ther-men auch Sport getrieben (s. u.). Es stand eine Abfolge von Caldarium, Tepidarium und Apodyterium /mit Frigidarium zur Verfügung. Hier zeigt sich deutlich römischer Ein-fluss, noch vor dem Einbezug Pompejis in das römische Imperium um 80 v. Chr. Der letzte Umbau in der sechsten Bauperiode sorgte für die Anlage eines Schwimmbeckens (natatio) im Westen. Auch die Heiztechnik wurde im Laufe der Zeit zunehmend verbessert, das Frauen-Tepidarium wurde hypokaustiert und die Warmbaderäume tubuliert, d. h. die Wände wurden mit Hohlziegeln versehen, durch die die warme Luft geleitet wurde. Das Erdbeben im Jahr 62 n. Chr. zerstörte auch große Teile der Stabianer Ther-men. Bis zum Vulkanausbruch im Jahr 79 n. Chr. konnte der Badebetrieb noch nicht wieder voll aufgenommen wer-den, es war wohl nur die Frauenanlage wieder benutzbar.

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Die Ausstattung der Bäder

Ebenso wenig wie es möglich wäre, heute einen idealtypi-schen Ablauf eines Besuches eines Spass- oder Erlebnis-bads zu rekonstruieren, lässt sich eine verbindliche Ab-folge für die Antike bestimmen, die sicherlich auch von individuellen Vorlieben abhängig war. Die Reihenfolge, mit der im Folgenden kurz die einzelnen Räume beschrie-ben werden, leitet sich aus der architektonischen Abfolge ab.8 Zwar empfiehlt Galen im 2. Jahrhundert n. Chr. eine Rei-henfolge, die sich jedoch an Kranke richtet: Nach ihrem Eintreten halten sie [die Kranken] sich zuerst im Warmluft-zimmer auf, darauf steigen sie ins warme Bad, dann gehen sie hinaus und steigen ins kalte, schließlich reiben sie sich den Schweiß ab. Es dient der erste Akt des Bades dazu, die

Stoffe durch den ganzen Körper zu erwärmen und zu lösen und ihre Ungleichheiten auszugleichen, endlich die Haut aufzulockern und, was sich unter ihr angesammelt hat, zu entleeren. Der zweite dagegen, falls jemand bei trockener Körperkonstitution ihn anwendet, heilsame Feuchtigkeit in die trockenen Teile des Körpers zu bringen. Der dritte Teil des Badevorganges, wenn wir nämlich das Kaltbad an-wenden, soll den ganzen Körper abkühlen, die Hautporen schließen und die Kräfte stärken. Der vierte soll den Kör-per durch Schweißfluss entleeren, ohne ihn einer Gefähr-dung durch die Abkühlung auszusetzen.9 Die Reihenfolge, den Körper zunächst zu erwärmen und im Anschluss abzukühlen, beschreibt auch Petronius in sei-nem Gastmahl des Trimalchio:So betraten wir die Baderäume, schwitzten uns heiß und gingen augenblicklich zur kalten Dusche weiter.10

Abb. 4 Caldarium (Warmbaderaum) der Forumsthermen in Pompeji.

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Der erste Raum ist das Apodyterium (Auskleideraum). Dieser lässt sich bei frühen Bädern archäologisch nicht in jedem Fall identifizieren, da er im Gegensatz zu den Bade-räumen meist aus Holz bestand. In den Vesuvstädten fan-den sich Einzelnischen (loculi), hölzerne, verschließbare Boxen, in denen die Kleidung zum Schutz vor Diebstahl aufbewahrt wurde. Wohlhabende Bürger beauftragten in den Thermen wohl auch zusätzlich Sklaven damit, auf ihre Sachen zu achten (Capsarius). Eine Warnung vor Kleider-dieben findet sich in den Thermen von Aphrodisias in der heutigen Türkei. Gelegentlich umfassen die Apodyterien auch Waschgelegenheiten oder kleinere Waschbecken so-wie auch mit Sitzbänken ausgestattete Warteräume (z. B. in Herculaneum), in denen sich die Besucher bei Überfüllung die Zeit vertreiben konnten. Im Gegensatz zu den Empfeh-lungen des Galen folgt von der Raumabfolge her betrachtet das nicht unterheizte Kaltbad (Frigidarium), das in der Re-gel rechteckig war und mit einem oder mehreren Kaltwas-serbecken ausgestattet war. An das Kaltbad schloss sich bei größeren Anlagen oft ein Freibecken (natatio) an.

Auf ein großes, freundliches Auskleidezimmer folgt der Kaltbaderaum, in dem sich ein geräumiges, im Schatten lie-gendes Bassin befindet. (…) an den Kaltbaderaum schließt sich der Mittelraum an, der reichlich Sonne hat.11 Der von Plinius als solcher bezeichnete Mittelraum, das Tepidari-um, war ein zumeist kleiner, lauwarmer Raum, der auch als cella media bezeichnet wurde. Er ist als Ruhe-, Über-gangs- oder Anpassungsraum zwischen den kalten und warmen Räumen zu verstehen und enthielt nur in seltenen Fällen Wasserbecken. Allerdings konnte er als Salbzimmer (Unctorium) dienen, wenn kein separater Raum vorhan-den war. Das Herzstück der Badanlagen und Höhepunkt des Badevergnügens stellt das Warmbad (Caldarium) dar, das über eine hohe Raumtemperatur verfügte und stets hy-pokaustiert war. Um die Sonneneinstrahlung zu nutzen, empfiehlt Vitruv, es nach Süden oder Südwesten hin anzu-legen. In ihm standen eine oder mehrere Wannen mit hei-ßem Wasser, wohl Gemeinschaftswannen, die in Nischen integriert waren. Der Badegast konnte sich zwischendurch zusätzlich am labrum, einem Handwaschbecken mit spru-

Abb. 5 Plan eines großen Privatbades in Pompeji (Haus des Kryptoporticus). Apodyterium (d); frigidarium (f); tepidarium (g); caldarium (h) und triclinium (i).

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delndem, kaltem Wasser erfrischen. Die Raumtemperatur wird etwa um 50 Grad gelegen haben, ein indirektes Zeug-nis dafür, dass der Boden in diesem Raum sehr heiß gewe-sen sein muss, liefert Plinius: Er [Larcius Macedo] war beim Baden in seiner Villa in Formiae; plötzlich umstellten ihn seine Sklaven, einer packte ihn an der Gurgel, ein andrer schlug ihm ins Ge-sicht, ein dritter zerschund ihm die Brust, den Leib und sogar – scheußlich! – die Scham, und als sie ihn für tot hielten, warfen sie ihn auf den glühend heißen Estrich, um zu sehen, ob er noch lebe. Sei´s, dass er wirklich nichts fühlte, sei´s, dass er nur so tat, als fühlte er nichts – er lag unbeweglich ausgestreckt da und erweckte so den Ein-druck, dass der Tod eingetreten sei.12

Das Laconicum und die Schwitzräume (Sudationes) sol-len nach Vitruv mit dem Warmbad verbunden sein. Sehr gut ist das Laconicum der Stabianer Thermen in Pompeji erforscht. Es war nicht hypokaustiert. In der Mitte des Rau-mes stand ein mit Holzkohlegut gefülltes Bronzebecken. In die Wände waren Nischen eingelassen, in die sich der Ba-degast wohl von Zeit zu Zeit zurückziehen konnte, um die direkte Hitze des Kohleofens zu meiden. Der Raum war in der Regel rund, damit die heiße Luft gleichmäßig von den Wänden reflektiert werden konnte. Kennzeichen des trocken-heißen Laconicums ist also der Wärmeherd in der Mitte, als Sudatorien wurden alle anderen Schwitzräume bezeichnet, die jedoch nicht unbedingt feucht-heiß gewe-sen sein müssen. Möglicherweise war die Hitze aber nicht so scharf wie im Laconicum, das Seneca in einem Brief scharf kritisiert: Was habe ich mit diesen Warmwasserbecken? Was mit Schwitzräumen, in denen trockene Hitze, die Körper zu entlasten, erzeugt wird? Aller Schweiß soll vor Anstren-gung fließen.13

War eine Sporthalle (palaestra) vorhanden, so schloss sie sich zumeist an den Auskleideraum an. Hier wurden gym-nastische Übungen durchgeführt oder Ball gespielt. Wir vergessen also alles Leid, kleiden uns sorgfältig an und sagen zu Giton, der mit Vergnügen Sklavendienst versah, er solle uns in Bad folgen. Selber begannen wir einstwei-len, noch angezogen umherzuschlendern, richtiger gesagt, Kurzweil zu treiben und uns an Spielergruppen anzuschlie-ßen, als wir plötzlich einen alten Kahlkopf erblickten, der

in roter Tunika unter Burschen Ball spielte. Dabei hatten nicht so sehr die Burschen, obwohl es sich gelohnt hätte, unsere Augen auf sich gezogen als der Hausvorstand selbst, der in Sandalen mit grünen Bällen übte, und wenn einer davon den Boden berührt hatte, verwendete er ihn nicht weiter, sondern ein Sklave hielt einen vollen Beutel bereit und versorgte die Spieler.14 Zusätzlich war häufig auch ein Schwimmbecken (natatio) vorhanden. Das Uncto- rium (von lat. ungere = salben), der Raum, in dem der Kör-per gesalbt und geölt, manchmal auch massiert wurde, war wohl in der Regel in den beheizten Teilen der Bäder zu fin-den, ebenso wie das Destrictarium, der Raum zur Entfer-nung der Körperhaare. In den Stabianer Thermen in Pom-peji war das Unctorium an das Laconicum angegliedert, in kleineren Badanlagen befand sich dieser Salbraum auch direkt im Tepidarium. Zusätzlich beinhalteten die Thermen Arztpraxen, Bibliotheken und Vortragsräume, Gast- und Imbissstuben sowie natürlich Latrinen (s. u.). Einen lebendigen Einblick in das bunte Treiben in einem Bad gibt Seneca, der in einem Brief die Eindrücke schil-dert, die er in einer Mietwohnung über einem öffentlichen Bad in Baiae gewonnen hatte:

Ich will zugrundegehen, wenn so notwenig ist, wie es scheint, Stille für den in seine Studien vertieften. Sieh von allen Seiten umdröhnt mich vielfältiger Lärm: unmittelbar über einer Bade-anstalt wohne ich. Stell dir nun alle Arten von Geräuschen vor, die Haß auf die eigenen Ohren verursachen können: wenn kräftigere Männer trainieren und ihre mit Blei beschwerten Fäuste schwingen, wenn sie sich anstrengen oder so tun, dann höre ich Stöhnen sooft sie den angehaltenen Atem ausströmen lassen, Zischen und heftiges Aufatmen; wenn ich an irgendeinen Menschen, der träge und mit dieser ordinären Einsalbe-rei zufrieden, geraten bin, höre ich Klatschen, sooft die Hand auf die Schultern schlägt, die wie sie flach aufschlägt oder gewölbt, so auch die Tonart wechselt. Wenn aber ein Ballspieler dazu kommt und zu zählen beginnt die Bälle ist es aus. Füge nun hinzu einen Streithammel und einen Dieb, einen ertappten und jenen, dem die