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Di Marino/Linder MB1 Sachinformationen Feste im Licht In diesem Papier haben wir einige für die Unterrichtseinheit "Feste im Licht" grundlegende Sachinformationen zusammengestellt. Wir gliedern diesen Text in vier Teile: 1. Das Phänomen Fest 2. Feste in den fünf Weltreligionen 3. Lichterfeste in den fünf Weltreligionen 4. Das Symbol Licht 1. Das Phänomen Fest Feste zeichnen sich durch das aus, was im Alltag oft nicht ausgedrückt oder betätigt wird: Gefühle und Beziehungen, Glaube und Überzeugungen, Ästhetik und Körperkraft, Musse und Meditation, Musik und Tanz, Spiel und Wettkampf, gutes Essen und Fasten, Wünsche und Gebete, Gedichte und Lesung usw. Diese Elemente sind in den verschiedenen Kulturen und Religionen ganz unterschiedlich ausgeprägt (Sieg 2003, S. 146). Feste können auch als Kompensatoren der Alltagslasten wirken und haben einen Erholungscharakter. Man kann sich von der Arbeit entfernen und von der Arbeit feiern (ebd.). Feste verleihen neue Kraft, sie vergewissern den Sinn der Arbeit, der Familie und Gemeinschaft, des Wertes des eigenen Lebens, der Einbettung in einen grossen Zusammenhang (ebd.). Feste strukturieren das Leben und die Zeit in Abschnitte mit Anfang und Ende, planbar und überschaubar. Die natürliche Zeitstruktur wird durch die Feste sichtbarer und zugänglich: Die natürlichen Anfänge und Endpunkte werden mit Gebeten, besonderen Riten und Festen verbunden (ebd.). Zeiträume zwischen den Festen sind Übergänge zu Phasen, die besonders krisenhaft sein können: Sie können besondere Arbeitsleistung und Konzentration beanspruchen und besonderen Zusammenhalt und Solidarität der Gemeinschaft (ebd.). Vorher und Nachher versichern sich die Menschen in den Festen der Hilfe Gottes und der Verlässlichkeit der zwischenmenschlichen Beziehungen (ebd., S. 147). Durch Feste offenbaren die Menschen, die einer Religion angehören, ihre Daseinsberechtigung und ihren Stellenwert, ihren Anspruch auf Religionsfreiheit und gesellschaftliche

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Sachinformationen Feste im LichtIn diesem Papier haben wir einige für die Unterrichtseinheit "Feste im Licht" grundlegende

Sachinformationen zusammengestellt. Wir gliedern diesen Text in vier Teile:

1. Das Phänomen Fest

2. Feste in den fünf Weltreligionen

3. Lichterfeste in den fünf Weltreligionen

4. Das Symbol Licht

1. Das Phänomen FestFeste zeichnen sich durch das aus, was im Alltag oft nicht ausgedrückt oder betätigt wird: Gefühle und

Beziehungen, Glaube und Überzeugungen, Ästhetik und Körperkraft, Musse und Meditation, Musik

und Tanz, Spiel und Wettkampf, gutes Essen und Fasten, Wünsche und Gebete, Gedichte und

Lesung usw. Diese Elemente sind in den verschiedenen Kulturen und Religionen ganz unterschiedlich

ausgeprägt (Sieg 2003, S. 146). Feste können auch als Kompensatoren der Alltagslasten wirken und

haben einen Erholungscharakter. Man kann sich von der Arbeit entfernen und von der Arbeit feiern

(ebd.). Feste verleihen neue Kraft, sie vergewissern den Sinn der Arbeit, der Familie und

Gemeinschaft, des Wertes des eigenen Lebens, der Einbettung in einen grossen Zusammenhang

(ebd.). Feste strukturieren das Leben und die Zeit in Abschnitte mit Anfang und Ende, planbar und

überschaubar. Die natürliche Zeitstruktur wird durch die Feste sichtbarer und zugänglich: Die

natürlichen Anfänge und Endpunkte werden mit Gebeten, besonderen Riten und Festen verbunden

(ebd.). Zeiträume zwischen den Festen sind Übergänge zu Phasen, die besonders krisenhaft sein

können: Sie können besondere Arbeitsleistung und Konzentration beanspruchen und besonderen

Zusammenhalt und Solidarität der Gemeinschaft (ebd.). Vorher und Nachher versichern sich die

Menschen in den Festen der Hilfe Gottes und der Verlässlichkeit der zwischenmenschlichen

Beziehungen (ebd., S. 147). Durch Feste offenbaren die Menschen, die einer Religion angehören, ihre

Daseinsberechtigung und ihren Stellenwert, ihren Anspruch auf Religionsfreiheit und gesellschaftliche

Anerkennung (ebd.). "Durch die öffentliche Wahrnehmbarkeit der Feste wird auch die Pluralität der

Gesellschaft wahrnehmbar." Die Menschenmenge strukturiert sich, die Unterschiede werden

ersichtlich und machen die Veränderung der Gesellschaft deutlich (ebd.). Was eine Religion

ausmacht, wird von den Inhalten der Feste zusammengefasst. Die Feste erzählen die

Gründungsgeschichten und thematisieren die jeweils wesentlichen Glaubensinhalte (ebd.). Die

Rangordnung der Feste und der theologischen Inhalte werden von der Länge und dem Reichtum der

Ausgestaltung gekennzeichnet. Der Festkreis einer Religion kann Einstieg und Wegweiser in die

Lebenspraxis und Theologie einer Religion sein (ebd.). In den Festen werden die Religionen öffentlich

wahrnehmbar, oft wird die Wahrnehmung der Religion von der Wahrnehmung der Feste bestimmt. Die

Feste sind aber auch Chancen zur Selbstdarstellung (ebd., S. 148).

Feste ermöglichen die Annäherung und einen kurzzeitigen, gastweisen Aufenthalt in einer Religion.

Sie sind griffiger, anschaulicher und überschaubarer als umfangreiche theologische Systeme. Feste

bieten die Möglichkeit, Fremde unbedenklich einzuladen, oft ist dies gar empfohlen oder konstitutiv für

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ein Fest (ebd.). Viele Feste erleichtern die Begegnung und das Kennenlernen, auf diese Weise

können Feste nicht nur den Einstieg zum Dialog sondern auch dauerhafte Beziehungen ermöglichen

(ebd.). Feste sind eine gute Gelegenheit für einen ersten Kontakt; Feste mit Gemeinsamkeiten regen

das gemeinsame Feiern an (ebd., S. 158).

Eine wesentliche Motivation für das Feiern von Festen ist, dass sich einladendes, schenkendes

Verhalten auf der Ebene von sozialen Werten wie familiärem Glück und menschlicher Verbundenheit

lohnt (Schaufelberger/Zangger 2007, S. 9). Religiöse Feste werden auch im Glauben gefeiert, dass

eine Gottheit (oder ein Heiliger) zu einer bestimmten Zeit die Menschen besucht, um ihnen besonders

nahe zu sein. Die Rolle von Gastgebern oder Gästen werden von ihnen wechselseitig eingenommen,

sodass sich die Feiernden als Schenkende und Beschenkte erleben können (ebd., S. 10). In den

Festen geht es darum, sich um den Nächsten besonders um den bedürftigen Nächsten zu kümmern.

Die Gemeinschaft ist sehr wichtig: "Ein Fest wird erst zum Fest, wo menschliche Einsamkeit

überwunden wird." (ebd., S. 11). Wichtige Phasen im Übergang zum Fest sind das Ablegen vom

Alltag, die Vorbereitungen, das augenblickliche Innehalten an der Schwelle zum Fest, somit trennen

sich die Beteiligten vom Alltag und stimmen sich auf das kommende Fest ein (ebd., S. 14). Die

Vorbereitungen sind oft aufwändig. Man reinigt und schmückt Räume, die Menschen waschen sich

und machen sich schön: Die äussere Reinigung der Räume entspricht der inneren körperlich-

seelischen Reinigung (ebd., S. 13). Schönheit (Ordnung), Überfluss und die Betonung der besonderen

Würde von bedeutungsvollen Ereignissen oder Hauptpersonen charakterisieren die Feste und lassen

sie vom Alltag unterscheiden (ebd., S. 15). Das Haus wird gereinigt und schön dekoriert, der Tisch

wird mit wertvollem Geschirr gedeckt. Die Menschen machen sich schön, ziehen schöne Kleider an

und tragen wertvollen Schmuck. Mit wichtigen Gegenständen wird sorgfältig und bewusst

umgegangen; einem arrangierten Handlungsablauf wird gefolgt, in welchem alles eine besondere

Bedeutung hat (ebd., S. 14). Feste betonen einen Moment des Überflusses und der

überschäumenden Freude: Es wird gegessen und getrunken, getanzt und gesungen. Durch Bilder,

Spiele, Musik usw. werden oft Inhalt und Bedeutung des Festes sinnlich vermittelt. Somit wird bei den

Beteiligten eine feierliche Stimmung und starke Emotionen geweckt (ebd., S. 15). Feste rhythmisieren

den Alltag und die Tätigkeiten der Menschen. Sie vermitteln auch ein Gespür für Lebensrhythmen und

eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod (ebd., S. 18). Sie markieren Punkte im Jahreskreis, an

denen die Menschen eine veränderte Haltung einnehmen sollen, weil eine neue Phase im Kreislauf

der Natur beginnt während die Vergangene zu Ende geht. Der Kreislauf der Natur führt Gesetze vor

Augen, denen sich auch der Mensch unterworfen erlebt: Sterben und Werden (ebd.). Manchmal sind

naturbezogene Feste mit der Erinnerung an wichtige geschichtliche Ereignisse verbunden (ebd., S.

21). Naturbezogene Feste verbanden sich zu einem Fest von vorrangig historischer Bedeutung, die

alten naturreligiösen Feste hinterliessen Spuren in der neuen Tradition (ebd., S. 20). Offenbar wurden

auch uralte Symbole wiederaufgenommen. Aufgrund der Migration oder religiöser Mission bewegten

sich die Menschen und mit ihnen auch ihre Traditionen, die sich am neuen Ort mit ansässigem

Brauchtum verbinden können (Inkulturation) (ebd., S. 22). Die Datierung von Festen hat oft eine

symbolische Bedeutung. Durch die Aufnahme von Elementen aus anderen Traditionen können

religiöse Feste einen starken Naturbezug bewahren (ebd.).

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Für die kindliche Entwicklung und für die Identität einer Religionsgemeinschaft sind Feste und Feiern

Schlüsselerlebnisse (ebd., S. 28). Feste und Feiern sind in Familien und besonders für die Kinder

bedeutsame Ereignisse. Kinder lieben und brauchen Feste, die durch die vielen Zuwendungen und die

sinnlichen Freuden Inseln des Wohlgefühls sind (ebd., S. 27). Da die Feste das Urvertrauen in die

Welt festigen und vertiefen, sind sie für die kindliche Entwicklung sehr wichtig. Ein Gefühl des

Getragen-, Geliebt- und Genährtsein begleiten das Kind, welches mit dem Erwachsenwerden oft diese

Fähigkeit zur kindlichen Festfreude verlieren kann (ebd.). In Migrantenfamilien zeigt sich die

Neuentdeckung von Bräuchen und Festen im Zusammenhang mit der nachkommenden Generation

eindrücklicher (ebd.).

Die Religion und das Festbrauchtum werden oft viel bewusster als im Herkunftsland gepflegt. Die

Situation am neuen Ort zwingen zu mehr Improvisation und Flexibilität, die Familie als Ort der

Traditionsvermittlung gewinnt an Bedeutung (ebd.). Die Kinder werden aktiver in die Festgestaltung

einbezogen. Die Bräuche, Symbole und Festinhalt werden ihnen sinnlich und anschaulich erläutert:

Ihre Vermittlung geschieht dementsprechend elementar, sinnlich, emotional und handlungsorientiert

(ebd., S. 28). Feste vermitteln Heimat, überliefern uraltes Wissen, ermöglichen das Überleben der

Tradition, inszenieren Fülle und Schönheit und fördern die Identifikation mit der eigenen Kultur (ebd.).

2. Feste in den fünf Weltreligionen2.1 JudentumIn den Festen ist fast die ganze jüdische Geschichte und Lehre verkörpert, die die Traditionen in

Geschichten, Handlungen, Liedern, Speisen usw. von Generation zu Generation weiterreichen

(Breuilly et al. 2009, S. 19). Jüdische Feste und Gedenktage machen für die Feiernden ein Ereignis

der jüdischen Geschichte zur Gegenwart: Durch das Nachvollziehen der alten Ereignisse in

Symbolen, Riten und Erzählungen entsteht eine tiefgründige, identitätsstiftende Verbundenheit mit den

Vorfahren, der Geschichte und den ethischen und religiösen Zusagen und Herausforderungen (Sieg

2003, S. 10). Konnte für das jüdische Volk die Gefahr mit Gottes Hilfe abgewendet werden, sind

Freudenfeste entstanden, konnte man es nicht, sind Trauertage entstanden (ebd.). Traditionell werden

die Feste in vier Kategorien eingeteilt: Feiertage aus der Tora (Schabbat. Rosh ha-Schana, Jom

Kippur, Sukkot, Pessach, Schawuot) Feste der Rabbiner (Chanukka, Purim, Simchat Tora, die

Fastentage), Nationale Feiertage, Trauertage (Shoah-Gedenktag, 10. Tewet, 17. Tamus und 9. Aw.)

(ebd.). Der wichtigste Feiertag ist der wöchentliche Schabbat, der den jüdischen Kalender strukturiert.

Im Judentum dauert der Tag von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang, der Schabbat beginnt am

Freitagabend, die Feiertage beginnen jeweils am Tag vor dem angegebenen Datum (ebd.). Einige

Feste sind für Kinder besonders bedeutsam, weil sie Geschenke bekommen oder mit Spielen daran

beteiligt sind (ebd., S. 14). Jüdische Feste sind aber auch sehr "pädagogisch": Sie bieten viele

Gegenstände und Riten, die den Inhalt eines Festes greifbar und erfahrbar machen, und die

Möglichkeit, an derer Vorbereitungen und Durchführungen sich vielfach zu beteiligen (ebd., S. 14–15).

2.2 ChristentumKatholische Feste sind von einer über tausendjährigen Tradition getragen, die sich sowohl in Würde

und Reichtum der Liturgie als auch in der Tiefe der Anteilnahme und Andacht der Gläubigen

niederschlägt (Sieg 2003, S. 32). "In den christlichen Festen steht Jesus Christus mit dem, was er

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zwischen Gott und den Menschen bewirkt hat, im Mittelpunkt." (ebd., S. 28). Marienfeste haben in

katholischen und orthodoxen Kirchen auch eine grosse Bedeutung. Weitere Feste sind den

christlichen Zeugen bzw. ihren Reliquien sowie Engeln gewidmet, oder sie gehen von Andacht und

Busse der Gläubigen aus (ebd.). "Die Grundüberzeugung ist, dass Gott in Jesus Christus die ganze

Welt und jeden einzelnen Menschen von den Sünden erlöst hat. Indem Gott in Jesus Christus Mensch

wurde, ist das Reich Gottes angebrochen. Diese Verbindung von Himmel (Himmel ist eine Chiffre für

Gott) und Erde wird in den Festen aktualisiert und in der grundlegenden Bedeutung für Glauben und

Leben der Christen bekräftigt und entfaltet." (ebd.). "Im Zentrum jedes Festes steht der Gottesdienst,

der reich an Farben, Gesten und Symbolen ist." (ebd., S. 32). Es werden Feste des Herren und Feste

der Heiligen unterschieden: Jeder Tag ist einem oder mehreren Heiligen gewidmet, sie werden in

bestimmten Gegenden von Berufsgruppen oder Orden besonders verehrt. Zu den Heiligenfesten

gehören auch die Marienfeste (ebd.). Weihnachten, Epiphanie, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten,

Fronleichnam, Herz-Jesu-Fest und Christ-Königs-Fest sind Herrenfeste und bilden die Grundlinie des

Kirchenjahres (ebd.). Viele der katholischen Feste gehören auch in das protestantische Festjahr,

werden aber selten mit Gottesdiensten gefeiert und sind kaum noch im öffentlichen Bewusstsein

(ebd.).

Während katholische und orthodoxe Traditionen grossen Wert auf Feste, Farben und Zeremonien

legen, legen die Protestanten aus historischen Gründen weniger Wert auf Zeremonien und Feste, die

für sie die Tradition verkörpern und gegen die sie rebelliert haben (Breuilly et al. 2009, S. 42). In der

protestantischen Kirche wurden viele Feste abgeschafft oder auf den Sonntag verlegt, um den

Wohlstand zu heben und Arbeitszeit zu gewinnen. Marien- und Heiligenverkehrung wurde, um klar zu

stellen, dass die Menschen ausschliesslich durch den Glauben an Jesus Christus erlöst und mit Gott

versöhnt werden, bekämpft (Sieg 2003, S. 28). Wissen, Verstehen und Tun wurden wichtiger als

Feiern, die Predigt wurde wichtiger als die Riten des Gottesdienstes. Die Reduktion hat aber auch

Raum für eine reiche Kirchenmusik geschaffen (ebd.). In den protestantischen Kirchen verschwand

das Fasten fast völlig, die Askese wurde in den Alltag verlegt, Spenden an Bedürftige und soziales

Engagement traten auf. Heute werden katholische Traditionen häufig wieder aufgegriffen (ebd., S. 28–

29).

Traditionell wird von den orthodoxen Kirchen der Julianische und nicht der Gregorianische Kalender

verwendet: Im Julianischen Kalender liegen alle Termine 13 Tage später als im Gregorianischen

Kalender (Breuilly et al. 2009, S. 46). Im Zentrum orthodoxer Feste steht die Göttliche Liturgie. "Durch

die spirituelle Kraft der Liturgie werden die Grenzen zwischen Erde und Himmel, Gegenwart und

Zukunft bzw. Endzeit überschritten: Die irdische Liturgie wird zur himmlischen, die irdische Gemeinde

vereinigt sich mit der himmlischen zum gemeinsamen Gotteslob." (Sieg 2003, S. 36). Eine orthodoxe

Eigenheit sind die Ikonen, nach besonderen Vorschriften gemalte und für den liturgischen Gebrauch

geweihte Bilder: Jesus, Maria, Apostel, Trinität, Heilige und Engel werden durch die Ikone

vergegenwärtigt und zum jeweiligen Fest ins Zentrum des Gottesdienstes gestellt (ebd.).

2.3 IslamBei islamischen Festen wird nichts anderes gemacht als sonst auch: Vom Essen, Beten, Reden wird

etwas mehr, intensiver und geruhsamer und vom Arbeiten etwas weniger gemacht (Sieg 2003, S. 67).

Es gibt nur wenige festgesetzte Rituale und kein Arbeitsverbot, Festriten sind meist im Umfeld der

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Feste entstandene Volkstraditionen, die je nach Herkunftsland verschieden sein können (ebd.). Dies

entspricht dem theologischen Gehalt der Feste: Es geht um die Erneuerung und Stärkung des

Glaubens und der Hingabe an Gott, die ein Muslim geleitet durch Gottes Zeichen und das Vorbild der

Propheten leisten kann, was das Leben eines Muslims jeden Tag bestimmen sollte (ebd.). Eine

besondere Bedeutung hat für die Muslime das Fasten im Ramadan: Man sollte auf Essen, Trinken,

sexuelle Aktivitäten, auf Rauchen usw. verzichten, man sollte auch starke emotionale Ausbrüche

vermeiden, dabei den Mitmenschen freundlich und grosszügig begegnen (ebd., S. 72). Zum Fasten

gehört vor allem das Üben von Selbstbeherrschung und das Entwickeln von Mitgefühl mit Armen und

Bedürftigen, das Empfinden von Dankbarkeit für Gottes Gaben, das Erleben von Gemeinschaft beim

Fasten und beim gemeinsamen Fastenbrechen und das Gewinnen an Zeit und Offenheit für spirituelle

Erfahrungen (ebd.). Die Beachtung von Gottes Befehlen im täglichen Leben und einige jährliche

Bräuche werden in der Ausübung des Islam betont, deswegen ist das Feiern von Festen weniger

wichtig als in anderen Religionen (Breuilly et al. 2009, S. 67). Die grossen Feste des Islam, welche

alle Moslems feiern, sind die beiden Ids und die drei heiligen Nächte. Das arabische Wort Id ("Zeit"

oder "Jahreszeit") ist für Feste reserviert, die Mohammed einführte. Das gemeinsame Freitagsgebet in

der Moschee ist auch ein Id, weil es eine periodische freudige Zeit ist (ebd., S. 72). Die Ids können

zwei oder drei Tage dauern und die vorgeschriebenen Gebete und Rituale müssen am ersten Tag des

Festes ausgeführt werden. Im Islam hat es viele lokale Feste mit eignen Traditionen, einige Gruppen

haben ihren eigenen Feiertag (ebd.). Der islamische Kalender ist ein reiner Mondkalender ohne

Angleichung an den Sonnenkalender, jeder Monat beginnt mit der Beobachtung der Mondsichel nach

Neumond (ebd.). Muslimische Feste können in unterschiedlichen Ländern auf verschiedene Tage

fallen, weil je nach Wetter und Breitengrad die Beobachtung des Neulichts anders sein kann (ebd.).

2.4 HinduismusIm Hinduismus gibt es über 1000 bekannte Feste, also mehr als das Jahr Tage hat: An diesen Tagen

werden die einzelnen Göttinnen und Götter noch mehr als im Alltag verehrt (Sieg 2003, S. 128). Es

gibt drei Gruppen von Festen: Tempelfeste, bei denen die Bilder der Tempelgottheiten in

Prozessionen gefeiert werden, Feiern der Geburtstage von göttlichen Inkarnationen und Puranische

Feste, die inhaltliche Legenden und Ereignisse haben und moralische Beispiele geben (ebd.).

Der Kalender der Hindus besteht aus 12 lunaren Monaten zu jeweils 30 lunaren Tagen, die Monate

sind in Hälften von je 15 Tagen geteilt (Breuilly et al. 2009, S. 86). Am Tag des Neumondes beginnt

die lichte Hälfte des Monats, mit dem Vollmond die dunkle Hälfte des Monats (ebd.). Da das lunare

Jahr nur ungefähr 354 Sonnentage dauert, werden alle zwei oder drei Jahre der lunare und der solare

Kalender durch den Einschub eines lunaren Extra- Monats synchronisiert (ebd.). Wegen der

differenzierenden Jahreszeiten in den diversen Teilen Indiens variieren der Beginn des neuen

Agrarjahres (traditionell als Neujahr) und der Beginn der lunaren Monate (ebd.). Um agrarische

Ereignisse zu feiern oder historischen Personen und Begebenheiten zu gedenken, finden in Indien

eine Vielzahl von lokalen und regionalen Feste zu Ehren von Gottheiten eines Gebietes oder einer

Gemeinschaft statt (ebd.). In Bezug auf religiöse Rituale, besondere Speisen und die zugrunde

liegenden Überlieferungen, gibt es regionale Unterschiede (ebd.).

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2.5 BuddhismusDer südliche oder Theravada-Buddhismus wird in Thailand, Myanmar, Kambodscha, Laos und Sri

Lanka und in Teilen von Indien, Bangladesch und Vietnam praktiziert (Breuilly et al. 2009, S. 110). Die

wesentlichsten religiösen Feste werden durch einen Mondkalender festgesetzt, doch Neujahr wird

nach dem Sonnenjahr berechnet. Zur Angleichung an den Sonnenkalender wird alle zwei bis drei

Jahre ein zusätzlicher Monat eingeschoben (ebd.). Für die Monate wurden Pali-Namen verwendet, der

Pali-Kalender beruht auf dem antiken indischen Sanskrit-Kalender (ebd.). Die meisten buddhistischen

Kalender beginnen mit dem Todestag Buddhas, welcher nicht als sein endgültiger Tod, sondern als

sein endgültiger Übergang in das Nirvana gilt (ebd.). Der Festtagskalender umfasst in buddhistischen

Ländern diverse Feierlichkeiten, welche direkt buddhistisch oder mit buddhistischen Ritualen oder mit

lokalem Brauchtum, regionalen oder internationalen Ereignissen verbunden sind (ebd.). Die Menschen

haben an diesen Festen gewöhnlich frei und feiern mit ihren Familien; es gibt oft Paraden, Kapellen,

Strassentheater, Imbissstände usw. (ebd.).

Der östliche Buddhismus wird hauptsächlich in China, Vietnam, Japan und Korea praktiziert. Viele

Buddhisten haben in diesen Ländern starke Verbindungen zu anderen grossen religiösen Traditionen

(ebd., S. 118). Es ist gewöhnlich, dass die Feste verschiedener Traditionen ebenso intensiv gefeiert

werden. Das Jahr folgt einem Mondkalender und beginnt im Januar oder Februar. Ein Mondjahr ist um

zehn, elf oder zwölf Tage kürzer als ein Sonnenjahr (ebd.). Um Mond- und Sonnenkalender

angleichen zu können, wird alle zwei bis drei Jahre ein zusätzlicher Monat eingeführt (ebd.). In

grossen Städten und im Osten Japans wurden religiöse Feste nach und nach an Sonnendaten

angepasst, für manche religiöse Zeremonien in kleinen Gemeinden und im Westen Japans sind die

Monddaten gültig (ebd., S. 119).

Der nördliche Buddhismus wird in Tibet, der Mongolei, Teilen Chinas und in den Himalaya- Regionen

von Bhutan, Nepal und Indien praktiziert. Der Festkalender folgt dem tibetischen Kalender mit zwölf

Mondmonaten (ebd., S. 124). Neujahr fällt auf den ersten Tag des ersten Mondmonats, jeder Monat

beginnt mit einem Neumond. Zur Einpassung an den Sonnenkalender wird alle drei Jahre ein

Schaltmonat eingefügt (ebd.). Nach der Unterdrückung des tibetischen Buddhismus und der Flucht

des Dalai Lama wurden die öffentlichen Feiern verboten (ebd.). Das Religionsverbot wurde zu Beginn

der 80er-Jahre ein wenig gelockert und kleine Feste zugelassen. Traditionen des tibetischen

Buddhismus werden heute durch eine weit verstreute tibetische Gemeinde bewahrt (ebd.). Die

meisten Feste des tibetischen Jahres werden auch in anderen Regionen des tibetischen Buddhismus,

oft unter anderen Namen, gefeiert. Jedes Land und jede Region kennt auch eigene Feste (ebd., S.

125).

3. Lichterfeste in den fünf Weltreligionen3.1 Chanukka (25. Kislew – 1. Tewet)Mit Chanukka wird einerseits Gottes Macht, hoffnungslose Situationen zu verändern, gefeiert.

Anderseits gedenkt es eines erfolgreichen Aufstandes gegen Fremdherrschaft und die Bewahrung der

religiösen Authentizität (Breuilly et al. 2009, S. 30). Chanukka ist ein acht Tage dauerndes Lichterfest,

das an die Wunder der Makkabäerzeit erinnert. Das Fest bedeutet "Einweihung" und wird in der

dunkelsten Zeit des Jahres um die Wintersonnenwende gefeiert (Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Dabei

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wird ein neunarmiger Leuchter angezündet und in guter Stimmung den Abschluss eines guten Jahres

gefeiert (Sieg 2003, S. 18). Die Makkabäer waren jüdische Freiheitskämpfer, die die griechische

Eroberung und die Vernichtung des jüdischen Volkes verhinderten (ebd.). Über diesen Freiheitskampf

wird in den zwei Makkabäerbüchern, die nicht zur hebräischen Bibel der Juden gehören, berichtet. Die

Rabbiner haben nach 160 v. Chr. Chanukka als das jüngste Fest des jüdischen Kalenders eingeführt,

in dem man das Überleben der Nation feierte (ebd.). Unter Antiochus IV. Epiphanes wurden die Juden

verfolgt und der Tempel in Jerusalem entweiht, unter Judas Makkabäus wurde der Tempel im Jahre

164 v. Chr. von den Juden zurückerobert, von griechischen Götzenbildern gereinigt und neu

eingeweiht (ebd., S. 11). Das koschere Öl, das für die Weihe des Tempels notwendig war, war nur in

kleiner Menge vorhanden, diese reichte aber auf wunderbare Weise für acht Tage (ebd.). Aus diesem

Grund gibt es für Chanukka in jeder Familie einen neunarmigen Leuchter: An jedem Tag wird von

rechts nach links (entsprechend der Leserichtung im Hebräischen) eine von acht weiteren Kerzen mit

Hilfe einer neunten Kerze, des Schamasch ("Diener") angezündet (ebd.). Traditionell wird ein Leuchter

mit Öllämpchen verwendet, welcher an das zugrundeliegende Ereignis erinnert, auch Leuchter mit

Kerzen sind aber beliebt. Einfache Chanukkia können auch aus Holz oder Ton angefertigt werden

(Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Der Leuchter soll so platziert werden, dass man ihn von aussen sehen

kann, um das Wunder zu verkünden (Breuilly et al. 2009, S. 30). Dabei werden Segensworte rezitiert,

Lieder gesungen, mit dem Trendel (oder Dreidel) gespielt, Geschichten erzählt, Besuche gemacht und

die Kinder beschenkt (Sieg 2003, S. 11). Das Trendel – halb Kreisel, halb Würfel und aus

verschiedenen Materialien – wurde von den in Deutschland lebenden Juden schon im Mittelalter für

das Spielen zum Andenken an das Chanukka-Wunder entwickelt (ebd., S. 16-17). Auf den vier Seiten

des Trendels stehen die vier hebräische Buchstaben Nun, Gimel, He und Schin, die mit "Ein grosses

Wunder (das Chanukka-Wunder) geschah dort" übersetzt werden können, und aus denen man die

Spielregeln ableiten kann (ebd.). Das Spiel geht darauf zurück, dass die fremden Machthaber den

Juden verboten hatten, die Tora zu studieren, und die Kinder mit dem Trendel spielten, wenn Soldaten

auftraten (Bernhard/Ebel 2011, S. 18). Zu Chanukka werden spezielle in Öl gebratene Speisen wie

Latkes und Sufganiot zubereitet, die an das Wunder vom Öl, das nicht ausging, erinnern (Breuilly et al.

2009, S. 31). Auch wenn man die Feste nicht vermischen sollte, gibt es Gemeinsamkeiten zwischen

Chanukka und Weihnachten (Sieg 2003, S. 19). Beide Feste finden am 25. des Monats statt, da aber

die jüdischen Monate gemäss den Mondphasen kürzer sind als die des Sonnenjahres, liegt der 25.

Kislew meist früher im Dezember: Auch mit dem 25. Dezember fängt eine achttägige Festzeit an, in

der der erste und der letzte Tag die Bedeutendsten sind (ebd., S. 18). Beide Festtage wurden auf das

Datum eines heidnischen Festes gelegt (Chanukka auf das Fest der syrischen Gottheit Baal

Schamem und Weihnachten auf das römische Natalis Solis Invicti) und sind durch die Abwehr und

Konkurrenz gegenüber ein und demselben heidnischen Kult und Fest verbunden (ebd., S. 19).

Dennoch sind beide Feste mit dem Gedanken der Errichtung des Königtums Gottes (für Christen: des

Reiches Gottes) auf der Erde und beide sind Feste der Hoffnung auf eine bessere Welt und feiern das

"Licht der Welt" (ebd.).

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3.2 Advent (ab vierter Sonntag vor Weihnachten) und Weihnachten (25. Dezember und 7. Januar)Advent, welcher "Ankunft" bedeutet, ist eine Vorbereitungszeit auf die Ankunft Christi als

Neugeborener und Weltenrichter am Ende der Zeit (Sieg 2003, S. 29). Christen bereiten sich darauf

vor, Weihnachten mit der Familie zu feiern und zu bereiten, aber auch Jesus in ihr Inneres im Geiste

zu empfangen (Breuilly et al. 2009, S. 48). Der 1. Advent eröffnet das Kirchenjahr und wird sehr oft als

Familiengottesdienst gefeiert (Sieg 2003, S. 29). Die Zeit der Adventsfeiern und Weihnachtskonzerte,

Proben für Krippenspiele und Backen, Weihnachtspost und Weihnachtsmärkte usw. beginnt. Es

beginnt aber auch die Zeit der Besinnung bei Kerzenschein, der Spendenfreudigkeit, der

Wohltätigkeitsveranstaltungen (ebd.). In den dunklen und kalten Wintern Nordeuropas waren grüne

Zweige, Kranz und Licht schon immer ein Zeichen des Segens und der Hoffnung auf neue

Lebensmöglichkeiten. Gottes Segen und Hoffnung beruhen für Christen auf Jesus Christus, dessen

Geburtstag, das Weihnachtsfest, im dunklen und kalten Winter liegt (ebd., S. 23). Der Adventskranz

wurde von dem evangelisch-lutherischen Theologen und Erzieher Heinrich Wichern eingeführt. Knapp

hundert Jahre später war er auch in katholischen Gegenden zu finden (ebd., S. 29). Wichern wollte die

Kinder und Jugendlichen seines Waisenheims "Rauhes Haus" beglücken: Er liess einen grossen,

runden Kerzenleuchter aus Holz aufhängen, der vom 1. Advent an für jeden Wochentag eine kleine

rote und für jeden Sonntag eine grosse weisse Kerze trug, die täglich bei der Andacht angezündet

wurden (ebd.). Zu dem Anzünden der Kerzen wurde ein Vers der Bibel vorgelesen, der das Leben wie

ein Licht erhellen machen konnte. An Weihnachten erstrahlte dann der ganze Kranz (ebd., S. 23).

Heute wird der Adventskranz mit vier Kerzen geschmückt, zu jedem Adventsonntag wird eine Kerze

angezündet bis zu Weihnachten alle vier brennen (Breuilly et al. 2009, S. 48). Das zunehmende Licht

des Adventskranzes weist auf die Annäherung der Ankunft des Lichts hin, womit die Geburt Jesu

gemeint ist (Bernhard/Ebel 2011, S. 16).

Weihnachten, dessen Name von der germanischen Festzeit der geweihten Nächte stammt, erinnert

an die Geburt Jesu Christi gemäss der Weihnachtsgeschichten des Matthäus- und Lukasevangeliums

(Sieg 2003, S. 29). Das Geburtsdatum ist nicht überliefert, die moderne Leseart datiert es etwa in das

Jahr 4 v. Chr. (Breuilly et al. 2009, S. 49). Die Angaben im biblischen Geburtsbericht (Lk 2,1–20)

führen zu keinem eindeutigen Ergebnis und geben keine Hinweise auf Jahreszeit oder Tag

(Bernhard/Ebel 2011, S. 16). Das Fest wurde aus theologischen Gründen auf die dunkelste Zeit des

Jahres gelegt, in vielfältiger Weise wird an diesem Fest Lichtsymbolik eingesetzt (ebd.). Um dem

römischen Fest des Sol Invictus, des unbesiegbaren Sonnengottes, christlich zu besetzen, wurde ab

217 n. Chr. an diesem Tag die Geburt Jesu gefeiert (Sieg 2003, S. 29). An Weihnachten wird die

Geburt Jesu, der Sohn Gottes, gefeiert. Somit wird das Kommen Gottes auf die Erde gefeiert, welcher

die Gestalt eines Menschen annimmt und bis zum Tod am Kreuz Höhen und Tiefen menschlichen

Lebens durchgeht (Bernhard/Ebel 2011, S. 16).

In der ganzen Welt unterscheiden sich die Gottesdienste am Weihnachtstag stark in Lage und

Charakter, ebenso wie öffentliche und private Feiern (Breuilly et al. 2009, S. 51). Da um Mitternacht

der Christtag beginnt, feiern viele Kirchen am 24. Dezember spätabends eine Messe (ebd.). In

verschiedenen Ländern wird vor allem am Tag vor dem Weihnachtsfest, an Heilig Abend gefeiert: Die

Geschenke liegen unter dem Tannenbaum, Weihnachtgebäck und weitere Süssigkeiten füllen den

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Tisch (Sieg 2003, S. 29). Das Weihnachtsmahl unterscheidet sich von Land zu Land sehr und hängt

häufig davon ab, was für ein Festmahlvorhanden ist (Breuilly et al. 2009, S. 51). Am Nachmittag

werden im Gottesdienst meist Krippenspiele aufgeführt, abends stehen Weihnachtslieder und

Weihnachtsgeschichte und um Mitternacht die Lichtsymbolik im Mittelpunkt (Sieg 2003, S. 29).

Gottesdienste, Spenden an Bedürftige, Bescherung, Festessen und Zusammenkommen von Familien

und Freunden sind Bestandteile des Festes (ebd.). Das Weihnachtsfest mit seinen Symbolen und

Geschichten fasziniert und wirkt weit über das Christentum hinaus (ebd., S. 39).

"1223 wollte der heilige Franz von Assisi armen Menschen die Armut und Mühsal der Geburt Jesu

näherbringen." (Breuilly et al. 2009., S. 50). Er brachte einen Esel und einen Ochsen in eine Höhle im

Wald und streute Heu über einen Stein, so sahen und begriffen viele seiner Zuhörer während der

Predigt, wie ein lebendes Kind im Heu lag und strampelte (ebd.). Franz von Assisi war nicht der Erste,

der eine Weihnachtskrippe herstellte, seine Verehrung sorgte aber dafür, dass sich diese Sitte schnell

in Europa verbreitete. Heute ist Krippenschnitzerei ein weltweites Brauchtum, welches lokale

Kunstformen aufgreift (ebd.).

Die Sitte des Weihnachtsbaums geht auf Martin Luther zurück. Während er am Weihnachtsabend

nach Hause ging, sah er die Sterne glitzern und fand es so schön, dass er versuchte dieses Bild mit

der Befestigung der Kerzen auf einem Tannenbaum darzustellen (Breuilly et al. 2009, S. 51). Der

Weihnachtsbaum wird seit dem 16. Jahrhundert in unzähligen Haushalten, in Kirchen und öffentlichen

Plätzen Jahr für Jahr aufgestellt (Bernhard/Ebel 2011, S. 17). Der Lichterglanz, der Geruch des

Nadelbaums, die Rolle bei der Bescherung der Geschenke gehören zu Weihnachten und machen der

Weihnachtsbaum bei Kindern und Erwachsenen sehr beliebt (ebd.). Baum und Baumschmuck haben

eine hohe symbolische Bedeutung: Der 24. Dezember ist nach römisch-katholischer Tradition der

Namenstag von Adam und Eva (ebd.). In früheren Zeiten wurden an diesem Abend Paradiesspiele

durchgeführt: Hinter diesem Brauch steht der Gedanke, dass die Menschen erlösungsbedürftig sind

und, dass durch Jesus Christus die Sünde Adams und Evas aufgehoben wird (ebd.). Rote Äpfel

wurden in Anlehnung an die Schöpfungsgeschichte an immergrüne Pflanzen gehängt, aus diesen

entwickelten sich die Weihnachtsbaumkugeln (ebd.). Der Stern, welcher auf die Baumspitze gesetzt

wird, erinnert an den Stern von Bethlehem, der die Weisen zum Jesuskind führte (Mt 2,1–12) (ebd.).

Als Christbaumschmuck werden in Deutschland und der Ukraine falsche Spinnweben und in

Schweden Schmuck aus Stroh verwendet (Breuilly et al. 2009, S. 51). Mistelzweige, Stechpalme und

Efeu gehören auch zu den Weihnachtspflanzen. Die Benutzung von immergrünen Pflanzen ist älter

als das Christentum: Die Römer verwendeten Stechpalmen beim Saturnalienfest, Mistelzweige

wurden im Altnordischen mit dem Tod und Auferstehung des Sonnengottes Baldur in Verbindung

gesetzt (ebd.).

3.3 ʼId al-Fitr – Fest des Fastenbrechens (1.–3. Schawwal)Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Kalenders, welcher zu verschiedenen Jahreszeiten

stattfindet, da der Islamische Kalender ein Lunarkalender ist (Breully et al. 2009, S. 74). Es ist der

Monat, in dem der Engel Gabriel dem Propheten den Koran gegeben haben soll. Während dieses

Monats fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang alle ausser Kinder, Schwangere, Reisende

und Schwerkranke (ebd.). Kinder werden schrittweise in das Fasten eingeführt: Zuerst versuchen sie

es einen Teil des Tages, dann einen Tag der Woche, dann an aufeinanderfolgenden Tagen (ebd.).

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Wer krankheitshalber oder aus anderen Gründen nicht fasten kann, holt es nach; wer gar nicht fasten

kann, spendet Geld oder Nahrung. Essen und Trinken in der Öffentlichkeit ist verboten, deswegen

muss derjenige, der nicht fasten kann, zu Hause essen und trinken (ebd.). Der Ruf zum Gebet am

Abend zeigt das Ende des Tagesfastens an, in der Moschee werden in jeder Nacht etwa ein Drittel

des Korans rezitiert und besondere Gebete gesprochen (ebd.). Abends versammeln sich Familie und

Gäste, besucht man Freunde und Verwandte, versucht man zerstörte Beziehungen zu heilen.

Tagsüber arbeitet man, die Arbeitszeit ist aber oft um eine bis zwei Stunden verkürzt (ebd.). Jede

Kultur hat ihre besonderen Ramadan-Speisen, es gibt keine speziellen Regeln. Gegen Ende des

Ramadans säubern Muslime ihr Haus, bereiten Geschenke und neue Kleider vor und planen das

zweite Hauptfest des Islam (ebd., S. 75). Am Ende des Monats Ramadan beginnt mit dem Erscheinen

der Mondsichel das Fest des Fastenbrechens (Sieg 2003, S. 69). Dank und Freude bezeichnen diese

drei Tage: Dank an Gott, der das Einhalten des Fastens ermöglicht und den Glauben gefestigt hat;

neue Lebensfreude, die durch Geselligkeit, Geschenke und Glückwünsche ausgedrückt wird (ebd.).

Während dieser drei Tage werden Süssigkeiten verschenkt, deswegen wird das Fest auch mit dem

türkischen Namen Seker Bayram "Zuckerfest" bezeichnet (ebd.). Um die grossen Mengen aufnehmen

zu können, finden die frühmorgendlichen Id-Gebete oft im Freien statt. Später werden die Gräber der

Verwandten besucht, Geschenke getauscht und gefeiert (Breuilly et al. 2009, S. 75). Spezialität des

Festes sind kandierte Mandeln, Schokolade und Nüsse, zum Hauptfest wird oft ein gefülltes Lamm mit

verschiedenen Beilagen serviert (ebd.). In Anerkennung von Gottes guten Gaben, der weltweiten

Familie des Islams und der Bedürfnisse der Hungrigen, wird am Ende des Ramadans ein Zakat

gespendet (ebd.). Dies ist der Zakat al-fitr, welcher zusätzlich zum verpflichtenden Zakat, der eine der

fünf Säulen des Islams bildet, gespendet wird (ebd.). Viele Muslime spenden ihn vor dem Ende des

Ramadan, obwohl dieser vor dem Beginn des Id-Gebets gespendet werden soll, auf diese Weise

können auch die Bedürftigen das Fest vorbereiten, (ebd.).

3.4 Diwali (13. Tag der dunklen Hälfte im Ashvina)"Diwali ist das Lichterfest zu Ehren von Vishnu und Laksmi, das den Jahreslauf beschliesst." (Sieg

2003, S. 128). Die Feier beginnt am Abend einer Neumondnacht (Oktober/November). Tausende

kleine Öllämpchen leuchten in der Dunkelheit; Bäume und Bildstöcke, Berge und Seen sind

wundervoll beleuchtet (ebd.). Zauberhaft wird die Feier an den Flüssen: Die Lichter werden auf kleine

Flösse und Holzstämme gesetzt und werden langsam flussabwärts getrieben. Alle schauen den

Lichtern nach, bis sie im Dunkel verlöschen, sie sollen die Dämonen vertreiben (ebd., S. 128–129).

Die Öllämpchen dienen als Wegweiser für die Göttin Lakshmi, die Glück und Wohlstand beschert

(Bernhard/Ebel 2011, S. 19). Das Lichterfest dauert fünf Nächte, ausserindische Hindu-

Gemeinschaften begnügen sich oft mit zwei Tagen (Breuilly et al. 2009, S. 100). In den Tagen vor

Diwali werden bei Türschwellen und in Höfen Rangolimuster angelegt, um Lakshmi willkommen zu

heissen. Die Muster sind aus Reis, Sand, Kreide oder Pulver und zeigen Gottheiten, religiöse

Symbole, Tiere, Bäume oder sind geometrisch. Manchmal werden Fussabdrücke als Lakshmis

Spuren dargestellt (ebd., S. 101). Zu den Ritualen des Festes gehört es, Süssspeisen zu essen und

Süssigkeiten Kindern, Nachbarn und Freunden zu schenken. Es ist ein Fest des Neubeginns und des

Beginns eines neuen Geschäftsjahres (Bernhard/Ebel 2011, S. 19).

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Das Fest ehrt Lakshmi, Gemahlin Vishnus und Göttin des Wohlstands und des glücklichen Geschicks

und feiert die Rückkehr von Sita und Rama in ihr Königreich nach 14 Jahren im Exil (Breuilly et al.

2009, S. 100). Diwali stammt aus "Deepavali" her ("Lampenreihe") und steht symbolisch für den

Triumph des Lichts und des Guten über die Finsternis und das Böse. Das Lichterfest bedeutet für

manche Hindus den Beginn des neuen Jahrs, eine Phase der Erneuerung und markiert traditionell das

Ende des Wirtschaftsjahres (ebd.). Das Haus wird gesäubert, Karten und Geschenke werden

ausgetauscht, Diwas ("Tonlampen") werden als Willkommen für Lakshmi entzündet (ebd.). Diwali wird

auf vielfältige Weise zelebriert, Rituale und Gottheiten, die geehrt werden, unterscheiden sich gemäss

regionaler Traditionen (ebd.). Lakshmi wird am 13. Tag der dunklen Hälfte im Ashvina mit

Dhantrayodashi ("Wohlstand" und "13. Tag") als Göttin des Reichtums und der Grosszügigkeit verehrt.

Es wird um Wohlstand gebetet, der Reichtum muss aber nicht missbraucht werden (ebd., S.100–101).

Lakshmi wird in der Puja rituell gereinigt, bekleidet, mit Girlanden geschmückt; Blumen, Früchte,

Süsses und Ghee ("geklärte Butter") werden geopfert (ebd., S. 101). Auf den indischen Märkten findet

man während des Festes Diwali-Waren wie Diwas, Kerzen, Feuerwerk, Diwali-Süssigkeiten und -

Leckereien und Hatri (kleine Tongebilde mit Abbildern Lakshmis) (ebd.). Süssigkeiten, meist auf

Ghee-Basis werden unter Verwandten und Freunden geschenkt und sind eine traditionelle Opfergabe

an die Göttin (ebd., S. 100). Einige Gerichte wie Barfi sind in ganz Indien beliebt, es gibt aber auch

viele regionale Spezialitäten (ebd., S. 103). In der dritten Nacht, in der der Neumond den Beginn des

Monats Kartika anzeigt, werden farbenprächtige Feuerwerke und Knallkörper als Zeichen für das

Licht, das die Finsternis überwindet, angezündet (ebd., S. 100). Durch Familientreffen, den Austausch

von Geschenken und Karten und gemeinsame Festessen werden Differenzen beigelegt und

Freundschaftsbande gestärkt (ebd.). Diwas werden mit Öl oder Ghee gefüllt und in Fenster, auf

Dächer und um Höfe herum aufgestellt; häusliche und Tempel- Schreine werden auch von Diwas

umkränzt (ebd.). Abends wird Lakshmi und das glückliche Geschick, welches sie bringt, von Kerzen

begrüsst. In der ersten Nacht wird auch Yama, der Gott des Todes geehrt: Die Andachten sollen den

verfrühten Tod von Familien fernhalten und daran erinnern, dass der Tod ein Teil des natürlichen

Zyklus ist (ebd., S. 101). Der nachfolgende Tag heisst Narak Chaturdashi ("Hölle" und "14. Tag") und

erinnert an den Dämon Naraksur, der 16'000 Frauen versklavte und von Vishnu besiegt wurde. In

Westbengalen wird der Sieg von der Göttin Kali über den Dämonen Raktavija und in Südindien

Narasimhas Sieg über den Dämonenkönig Hiranyakashipu zelebriert (ebd.). An Narak Chaturdashi

baden und parfümieren sich die Menschen, dann teilen Familie und Freunde ein festliches Frühstück.

Untertags werden Vishnu, Kali oder andere Gottheiten die Puja, abends werden entlang von Wegen,

in Fenstern, in Höfen und auf Dächern Diwas entzündet (ebd.). Der dritte Tag von Diwali und der letzte

in Ashvina sind ganz speziell Lakshmi gewidmet. Geschäftsbücher werden geschlossen, Puja werden

im Tempel oder vor einem häuslichen Schrein dargebracht. Mit dem Ritual wird Lakshmi für den Erfolg

im vergangenen Jahr gedankt und um ihren Segen für das kommende Jahr gebeten (ebd., S. 102).

Die Diwas, die überall erstrahlen, erinnern an die Lichter, die zu Ehren von Sitas und Ramas Rückkehr

in das Königreich Ayodyha entzündet wurden (ebd.). Der vierte Tag ist ein Familientag: Kinder

bekommen Geschenke, Frauen bekommen von ihren Ehemännern einen neuen Sari oder

Goldschmuck. Viele besuchen den Tempel mit Speiseopfern, die nach dem Ende der Pujas als

Prashad geteilt werden (ebd.). Der zweite Kartika und letzte Tag von Diwali ist als Bhaibij

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("Geschwistertag") bekannt und erinnert an den Besuch des Gottes Yama bei seiner Schwester

Yamuna, der Göttin des Flusses Yamuna (ebd.). An diesem Tag besuchen Brüder ihre Schwestern

und weiblichen Verwandten zur Stärkung der Familienbande: Sie tauschen Geschenke aus und

geniessen ein von Frauen zubereitetes Mahl (ebd., S. 103).

3.5 Loy KrathongLoy bedeutet "schwimmen oder schweben", Krathong ist ein kleines Floss aus Bananen- oder

Palmenblättern, Loy Krathong bedeutet also "Lichter schwimmen auf Schiffchen" (Bernhard/Ebel

2011, S. 19). Das buddhistische Lichterfest hat hinduistische Wurzeln und findet im Oktober oder

November in der Vollmondnacht des zwölften Mondmonats nach dem Ende der Regenzeit statt, der

Termin richtet sich nach dem Mondkalender (ebd., S. 19). Buddhisten, vor allem aus Thailand, danken

der Wassergöttin für massgerechten Regen, der für Wachstum, aber nicht für Überschwemmungen

gesorgt hat (ebd.). Nach dem Monsunregen zwischen Juni und Oktober sind die Flüsse aufgewühlt

und bedrohen mit ihren Fluten Leben und Habe der Reisbauern (Asien-Feste 2011). Um

Überschwemmungen abzuwenden und als Dank für den Regen, der eine gute Reisernte verspricht,

wird den Wassergeistern und der Wassergöttin Mae Khongka sowie die Reisgötttin Mea Bhosop

geopfert (ebd.). Sie werden besänftigt und für das, was die Menschen den Gewässern antun, um

Verzeihung gebeten (ebd.). Zur Entstehung dieses Festes gibt es viele farbige Mythen und Legenden

(ebd.). Nach einer dieser Legenden sind die Wurzeln des Festes im alten Königreich von Sukothai zu

suchen, wo Nang Nobhama, eine Hofdame im Palast des Reichsgründers Ramakhamhaeng, die

ersten Krathongs schwimmen liess (ebd.). Der König war von den Krathongs so begeistert, dass er die

Hofdame zur Frau nahm und die Vollmondnacht des zwölften Monats zum Loy Krathong-Festtag

erklärte (ebd.). Loy Krathong aus Bananen- und Palmenblättern, mit Blüten und Räucherstäbchen

geschmückt und mit Münzen, Nahrungsmitteln und persönlichen Beigaben bestückt, schwimmen auf

allen Gewässern (Bernhard/Ebel 2011, S. 19). Die Flüsse, Teiche, Kanäle bieten ein zauberhaftes

Bild, wenn die leuchtenden Schiffchen sie in Lichtergärten verwandeln (Asien-Feste 2011). Nach

einem alten thailändischen Sprichwort wird das kommende Jahr umso glücklicher je länger man das

Kerzenlicht sehen kann (ebd.). Heute sind die Krathongs wahre Kunstwerke geworden, in manchen

Städten finden auch Wettbewerbe statt, bei denen die originellsten und schönsten Krathongs

ausgezeichnet werden (ebd.). Chiang Mai feiert das Fest, welches drei Tage dauert, unter dem

Namen Yi Peng: Der Nachthimmel wird von unzähligen Laternen, die von Heissluftballons angetrieben

werden, erhellt. Die Wahl einer Miss Loy Krathong gehört auch zu den Traditionen des Festes

(Bernhard/Ebel 2011, S. 19).

4. Das Symbol LichtIn vielen Festen werden Symbole verwendet: Das Symbol kann das Verbindende sein, das sich in den

unterschiedlichen Festen andersartig konkretisiert (Sieg 2003, S. 20). Das Symbol Licht bietet sich als

gemeinsames Thema an: Die Bedeutung von Licht als Symbol und Metapher ist in den verschiedenen

Kulturen, Religionen, Sprachen ähnlich und kann leicht erschlossen werden (ebd.). Licht steht für Gott

und Gottes Wort, Vollkommenheit, Heiligkeit, Weisheit, Rettung und Heil, Klugheit und Verstand. Das

Wechselspiel zwischen Dunkelheit und Licht lässt sich vielfältig erkunden, erleben und gestalten

(ebd.).

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Licht gehört zu den Ursymbolen der Menschheit. Licht bedeutet Leben, Orientierung und Wärme. Die

Gegenseite des Lichts ist die Dunkelheit, welche Orientierungslosigkeit, Bedrohung und Todesgefahr

bedeutet (Bihler 1999, S. 47). Die Götter (z. B. bei den Griechen) wohnen im Licht und repräsentieren

strahlende Helligkeit, in einigen Religionen ist die Gottheit selbst Licht (Bihler 1992/2009, S. 12). Auch

im Christentum ist die Lichtsymbolik von grundlegender Bedeutung: Die Herrlichkeit Gottes wird z. B.

mit einem unbeschreiblichen Lichtglanz beschrieben. Jesus selbst beschreibt sich als "Licht der Welt",

das Leben schenkt und seine Jüngern fordert, selbst Licht in der Welt zu sein (ebd.). Liturgie und

Brauchtum des Kirchenjahres durchzieht die Lichtsymbolik: vom Adventskranz, dem wachsenden

Licht, zu den vielen Lichtern am Weihnachtsbaum, über das Fest der Darstellung des Herrn mit der

Kerzenweihe bis zum feierlichen Licht der Osternacht. Kein Gottesdienst ist ohne Kerzenlicht denkbar,

das "ewige Licht" (ebd.). Verkörperungen der Lichtsymbolik sind die Sonne, die Sterne, der

Regenbogen, das Feuer, die Kerze (Bihler 1999, S. 47). Die Sonne bestimmt den Tagesablauf,

vertreibt das Dunkel der Nacht, spendet Leben. Die Sterne lassen die Finsternis nicht so finster

erscheinen, bestimmen die Jahreszeiten und sind Wegweiser (ebd.). Der Regenbogen ist ein Symbol

des Glücks, entsteht durch die Begegnung der Sonne mit dem Regen, ist ein Zeichen für die

Wiederspiegelung des Lebens (ebd.). Das Feuer ist ambivalent: Feuer ist etwas Bedrohliches, kann

aber auch Licht, Wärme, Geborgenheit und Gemütlichkeit bedeuten (ebd.).

Licht ist ein zentraler Bereich religiöser Symbolik und so grundlegend, dass Kinder schon vor der

Schulzeit von Lichterfahrungen betroffen werden (Halbfas 1993, S. 263). Die Aussagefähigkeit und die

Wandlungsmöglichkeit der Lichtsymbolik sind so reich wie kein anderes Symbolfeld. Man begegnet ihr

in allen Kulturstufen, in allen Religionen und – metaphorisch – von den Anfängen der Philosophie bis

in die Gegenwart hinein (ebd.). Licht kann die wegweisende Leuchte im Dunkeln, die Entmachtung der

Finsternis, aber auch die blendende Überfülle und die allgegenwärtige Helle sein, in der alles

darinsteht (ebd.). Licht und Finsternis können die absoluten metaphysischen Gegenmächte

repräsentieren, die sich ausschliessen und das Weltgefüge zustande bringen (ebd.). Das Licht enthüllt

die Nichtigkeit des Dunkels; Licht schafft Raum, Distanz, Orientierung, angstloses Schauen. Bei den

Griechen bedeutet das Wort phôs, Licht, die Helligkeit und die Erhelltheit des Daseins, das zum Leben

gehört (ebd., S. 263–264). Die Freude am Licht gehört zum griechischen Lebensgefühl: Die

olympischen Götter wohnen im Licht, glänzende Helligkeit repräsentiert Zeus, zum Symbol dessen die

Lichtkuppel des Himmels steht (ebd., S. 264). Die Anschauung, dass die Gottheit selbst Licht ist bzw.

aus Lichtsubstanz besteht, begegnet uns in verschiedenen Religionen: Charakteristisch dafür ist die

Gnosis (ebd.). Im Neuen Testament handelt es sich um die dóxa Gottes, was "Herrlichkeit", "Klarheit"

oder "Glanz" bedeutet; von ähnlichen Lichterlebnissen sprechen auch die Mystiker (ebd.). Ganz

anderer Art sind einige Lichtsentenzen der Evangelien, wo das Licht metaphorisch verstanden wird,

ohne dass Übergänge zum Symbol im kultischen Bereich ausgeschlossen werden. Christus erscheint

als "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet", er fordert auch seine Jünger auf, Licht zu sein

und das Licht weiterzugeben (ebd., S. 265). Diese neutestamentliche Lichtmetaphorik findet ihre

Weitergabe und kultische Gestaltung in der Liturgie des Kirchenjahres: Der weihnachtliche Festkreis

feiert den Sieg des Lichtes über die Finsternis; in der Feier der Osternacht geht das "Lumen Christi"

auf (siehe Osterkerze, Osterfeuer ...) (ebd., S. 265–266). Die Sonnensymbole der vorchristlichen Zeit,

die den Sieg des Neuen Jahres über die winterliche Kälte und Dunkelheit darstellten, partizipieren an

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der allgemeinen Übertragung elementarer Symbolik in christlichem Kult und Brauchtum (ebd., S. 266).

Die weihnachtliche Festzeit entfaltet ihr Mysterium in Bräuchen der Lichtsymbolik: Adventskranz und

Christbaum verheissen das "neue Licht". An der österlichen Lichtsymbolik nimmt auch die Feier der

Sakramente teil, vor allem die Tauffeier und die Wortverkündigung, die ohne brennende Kerze nicht

geschieht (ebd.). Vor dem Tabernakel brennt das ewige Licht, welches an die Gegenwart des Lichtes

der Welt erinnert; das Sonnenlicht, welches in den gotischen Kirchenraum einfällt, gilt ebenfalls als

Licht Christi (ebd.). Dunkel und Licht sind aufeinander bezogen: Ohne Dunkel wäre das Licht nicht

Licht und umgekehrt. Das Leben braucht verschiedene Zonen und Übergänge von Licht und Dunkel

(ebd., S. 267). Licht treibt die Finsternis aus, hält die Dämonen auf und nimmt die Angst, mit dem

Aufgang der Sonne verschwinden Spuk und Zauber. Durch alle Jahrtausende belegen Volksglaube

und Religionsgeschichte diese Einstellung (ebd., S. 284). Künstliche Lichtträger – Fackel, Lampe,

Laterne, Kerze – haben im Kampf gegen dämonische Kräfte eine grössere Bedeutung als bannende

Lichter gewonnen: Diese treffen für alle vorchristlichen Kulturen und Religionen zu (ebd.). Nach einem

anfänglichen Sträuben gegen die Übernahme heidnischer Lichtbräuche, gab es gleich zahlreiche

Anleihen und Übernahmen, so dass es eine Verbindung vorchristlicher und christlicher Elemente

entstand (ebd.). Im Totenkult erfolgte die Übernahme des brennenden Lichts, im Evangelienkult wurde

der Brauch des Kerzentragens bezeugt, in den Händen der Neugetauften tauchte die brennende

Kerze auf usw. (ebd.). Die immer reichere Verwendung von Kerzen bei allen gottesdienstlichen

Handlungen in und ausserhalb der Kirche wirkte als die beste Voraussetzung für die Erhaltung und

Ausgestaltung volkstümlicher Lichtbräuche (ebd.). Brennende Lampen und Lichter sollen gegen den

Teufel und seine Helfershelfer schützen und abwehren: Die Abwehrkraft der geweihten Kerze

verstärkte sich (ebd.). Die brennende Kerze ist auch als reinigender Feuerbrand bei den wichtigen

Ereignissen des Lebens wie Geburt, Hochzeit, Tod benutzt (ebd.). Die christliche Symbolik versuchte

die primitive Anschauung – durch Lichter dunkle Mächte bannen – zu überwinden und das brennende

Licht als "ewiges Licht", also als Symbol des göttlichen Lebens zu deuten (ebd., S. 285). Die heutige

eher diffuse Anschauung bewahrt alle Mischungen von christlicher und abergläubischer Deutung. Mit

der brennenden Kerze werden auch Licht und Leben gleichgesetzt: Die antike Philosophie und Kunst

kannte die Vorstellung von einem Lebenslicht, das mit dem "göttlichen Funken" im Menschen in

sympathetischer Bindung stand. "Mit dem Erlöschen des Lichtes war auch der Tod dieses Menschen

gekommen." (ebd.). Sowohl in Märchen und Sagen als auch in der moderneren Literatur wird dieses

Motiv oft ausgeführt. Die heutigen Licht- und Kerzenbräuche sind weiterhin mannigfaltig: die

herbstlichen Laternengänge, Martinszug, Adventskranz, Weihnachtsbaum, Geburtstagskerzen,

Taufkerze/Osterkerze, Kerze bei der Erstkommunion, Kerze bei der Hochzeitsfeier, Grablichter, Votiv-

und Andachtskerzen (ebd.).

Tage (Licht) und Nächte (Finsternis) folgen aufeinander in unabänderlichen Rhythmus, erst

zusammen ergeben sie ein neues Datum (Früchtel 1991, S. 42). Im Jahresablauf gibt es Phasen, in

denen es spät hell und früh dunkel wird und andere, in denen früh die Sonne aufgeht und die Tage

sich ausdehnen. Diese Vorgänge sind in einen langfristigen Rhythmus eingebunden (ebd.). Tag und

Nacht haben je für sich ihre "Licht- und Schattenseiten", wir erfahren sie als ambivalent. Die Nacht hat

für uns Wohltaten und Gefahren bereit: Die Ruhe der Nacht gibt uns die Möglichkeit, uns zu erholen

und ins Land der Träume zu wandern. Die Kälte und der Frost der Nacht, das Schweigen der Nacht,

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die Angst und die Einsamkeit repräsentieren ihre Schattenseite (ebd., S. 43). Am Tage können wir

arbeiten, feiern, die Wirklichkeit gestalten, über besondere Leistungen stolz sein usw. Der Tag kann

sich aber auch in monotonen Arbeitsvollzügen, in Ereignislosigkeit, in Untätigkeit oder in

unverschuldeter Arbeitslosigkeit dahinziehen (ebd.). Wir ordnen dem Tag und der Nacht

unterschiedliche Verhaltensweisen nach der Natur der Sache zu: Die Nacht ist eher die Zeit der

Passivität und der Tag eher die Zeit der Aktivität. "Die natürliche Korrespondenz von

Verhaltensweisen und Tageszeiten verleitet Menschen dazu, sie 'widernatürlich' einzuebnen oder in

ihr Gegenteil zu verkehren." (ebd.). Unsere Wertvorstellungen darüber, was dem Tag und der Nacht

angemessen ist, wird durch gesellschaftliche Trends verändert. Man spricht gewöhnlich von der

Dunkelheit, die alles bedeckt, in der man versinken und verschwinden kann, in der man nichts

unterscheiden kann, in der alles undefinierbar und undifferenziert wirkt, was bei Tage nicht der Fall ist.

In der Nacht ist unser wichtigstes Sinnesorgane, das Auge, ausser Kraft: Wir können nichts sehen,

aber auch nichts erkennen (ebd., S. 44). In unserer Bewusstseinsbildung und in unseren

Erkenntnisprozessen ist das Wahrnehmen- und Unterscheidenkönnen sehr wichtig. Im hellen Licht

des Tages sind die Unterschiede deutlich zu sehen, für denjenigen, der sehen will. Unsere

Sehfähigkeit kann sich während dem Tag steigern, so können Erkenntnisprozesse voranschreiten

(ebd., S. 45). Die Nacht mit ihrer Dunkelheit und ihrer Finsternis wird als bedrohlich und destruktiv

erlebt, umgekehrt erscheint der Tag mit seiner Helligkeit und seinem Licht. Der Mensch wird ein

lebendiger Mensch, wenn er "das Licht der Welt" erblickt, hingegen wenn "sein Lebenslicht erlischt"

wird er von der "Nacht bzw. Finsternis des Todes umfängt" (ebd.). Das sind keine natürlichen

Kontraste, sondern konträre Mächte, die einander ausschliessen oder widerstreiten. Tag und Nacht

werden ambivalent erlebt mit Vor- und Nachteilen; Licht und Finsternis sind nicht wertneutral, sie sind,

im Guten wie im Bösen, eindeutig (ebd.). "Tag und Nacht sind Naturgegebenheiten, Licht und

Finsternis sind Existenzgegebenheiten." Finsternis kann sowohl in der Nacht als auch am Tag

erfolgen und beide umfangen; Licht kann am Tag und in der Nacht aufstrahlen und die menschliche

Finsternis verändern. Der seelische Zustand von Licht oder Finsternis kann in sein jeweiliges

Gegenteil verwandelt werden (ebd., S. 50). Licht und Finsternis sind nicht nur Naturgegebenheiten,

sondern Symbole für menschliche Verhaltensweisen und Symbole, die die Beziehung Menschen-Gott

charakterisieren (ebd., S. 57).

LiteraturverzeichnisAsien-Feste (2011), Die Homepage über Feste in Südost-Asien,

www.asien-feste.de/Beschreibungen/Loy_Krathong/loy_krathong.html [2. März 2017]

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Bihler, Elsbeth (1992/2009): Symbole des Lebens – Symbole des Glaubens, Band I: Licht – Feuer.

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Sie, was Ihre Nachbarn bei Chanukka feiern? Warum sie Ramadan halten? Wien.

Früchtel, Ursula (1991): Mit der Bibel Symbole entdecken, Göttingen.

Halbfas, Hubertus (1993): Religionsunterricht in der Grundschule. Lehrerhandbuch 1, 6. Aufl.

Düsseldorf.

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Schaufelberger, Christine / Zangger, Michael (2007): Feste und Feiern. Impulsheft zum Themenfeld

Religion und Kultur, Zürich.

Sieg, Ursula (2003): Feste der Religionen. Werkbuch für Schulen und Gemeinden. Mit Festkreisen

und Freiarbeitsmaterial, Düsseldorf.