WEKA VOB für Ihr Gewerk

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Mangelfreiheit prüfen Teil 11/2 Seite 1 Teil 11: Gewährleistung/ Mängelhaftung 11/2 Prüfen Sie, ob ein Mangel vorliegt 11/2.1 Kriterien für Mängel Vorschriften § 633 BGB § 13 Nr. 1 VOB/B Die Leistung des Auftragnehmers muss man- gelfrei sein. Das gilt sowohl für Leistungen nach BGB- als auch nach VOB-Vertrag (§ 633 BGB, § 13 Nr. 1 VOB/B). Mangelfrei ist ein Werk aber nur, wenn es zum Zeitpunkt der Abnahme die vereinbarte Beschaffenheit hat, den anerkannten Regeln der Technik ent- spricht und sich, wenn keine bestimmte Beschaffenheit vereinbart wurde, für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder gewöhnliche Verwen- dung eignet. Diese Erscheinungsformen des Mangels sind voneinander unabhängig. Es kann also sein, dass die Leistung den anerkannten Regeln der Tech- nik entspricht, aber dennoch nicht die vereinbar- te Beschaffenheit hat. Genauso ist es denkbar, dass das Werk die vereinbarte Beschaffenheit aufweist, aber nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

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Mangelfreiheit prüfen

Teil 11/2 Seite 1

Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

11/2

Prüfen Sie, ob ein Mangelvorliegt

11/2.1

Kriterien für Mängel

Vorschriften

– § 633 BGB

– § 13 Nr. 1 VOB/B

Die Leistung des Auftragnehmers muss man-gelfrei sein. Das gilt sowohl für Leistungen nachBGB- als auch nach VOB-Vertrag (§ 633 BGB,§ 13 Nr. 1 VOB/B).

Mangelfrei ist ein Werk aber nur, wenn es zumZeitpunkt der Abnahme

die vereinbarte Beschaffenheit hat,

den anerkannten Regeln der Technik ent-spricht und

sich, wenn keine bestimmte Beschaffenheitvereinbart wurde, für die nach dem Vertragvorausgesetzte oder gewöhnliche Verwen-dung eignet.

Diese Erscheinungsformen des Mangels sindvoneinander unabhängig. Es kann also sein, dassdie Leistung den anerkannten Regeln der Tech-nik entspricht, aber dennoch nicht die vereinbar-te Beschaffenheit hat. Genauso ist es denkbar,dass das Werk die vereinbarte Beschaffenheitaufweist, aber nicht den anerkannten Regeln derTechnik entspricht.

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Teil 11/2 Seite 2

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Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Beispiele

Im Vertrag ist hinsichtlich der Baustoffe ein be-stimmter Hersteller vereinbart. Der Auftragnehmerbaut technisch einwandfreie Baustoffe ein, aller-dings die eines anderen Herstellers. Er hält sämt-liche anerkannten Regeln der Technik ein, ins-besondere die DIN-Bestimmungen. Dennoch istsein Werk mangelhaft, da mit der Festlegung desHerstellers eine Beschaffenheitsvereinbarung ge-troffen wurde, die der Auftragnehmer nicht erfüllthat.

Der Auftragnehmer verbaut den vom Auftrag-geber vorgeschriebenen Baustoff und erfüllt so dievereinbarte Beschaffenheit. Die Verwendung ver-stößt aber gegen die anerkannten Regeln der

Technik. Deshalb ist das Werk mangelhaft.

11/2.2

Fehlen der vertraglich vereinbartenBeschaffenheit

Vorschriften

– § 633 BGB

– § 13 Nr. 1 VOB/B

Was ist unter Beschaffenheit zuverstehen?

Mit Beschaffenheit ist letztlich nichts anderesgemeint als der

tatsächliche Zustand

der Sachebzw. der Bauleistung. Damit sind sämtliche derBauleistung anhaftenden Eigenschaften ge-meint.

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Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

Beispiele

Fabrikat

Hersteller

Farbe

Tragfähigkeit einer Decke oder einer Wand

Wie wird eine bestimmte Beschaffenheitvereinbart?

Eine Beschaffenheit wird vereinbart, wenn sichbeide Vertragsparteien über bestimmte Eigen-schaften des Werks einig sind. Das kann z.B.durch

das Leistungsverzeichnis,

die Bezugnahme auf DIN-Normen oder

sonstige Absprachen und Festlegungen

geschehen. Unerheblich ist, von wem dabeidie Initiative ausging, d.h., ob die Festlegun-gen auf Wunsch des Auftraggebers oder Auf-tragnehmers getroffen wurden.

Die Beschaffenheitsvereinbarung ist an keinebestimmte Form gebunden. Sie kann deshalbsowohl schriftlich, mündlich als auch stillschwei-gend erfolgen. Aus Beweisgründen sollten derInhalt und der Umfang der Beschaffenheits-vereinbarung aber stets schriftlich festgelegtwerden.

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Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Jede Abweichung von der Beschaffen-heitsvereinbarung führt zur Haftung

Ein Sachmangel (= Baumangel) liegt immer dannvor, wenn die tatsächlich ausgeführte Beschaf-fenheit von der vertraglich vereinbarten Beschaf-fenheit abweicht.

In der Rechtsprechung ist dies in folgenden Fäl-len bejaht worden:

Beispiele

Im Leistungsverzeichnis ist das Fabrikat des Her-stellers A genannt. Der Auftragnehmer baut das –technisch mindestens gleichwertige – Produkt desHerstellers B ein. Ein Mangel liegt vor, wenn nichtder Einbau eines gleichwertigen Produkts aus-drücklich erlaubt war.

Im Bauvertrag ist eine konkrete Energieeinsparungim Zusammenhang mit dem Einbau einer neuenHeizungsanlage von 12 % je Betriebsjahr fest-gelegt, was allerdings mit der Anlage nicht erreichtwird.

Gleiches gilt, wenn ein vereinbarter Wärmedurch-lasswert bei Dämmstoffen (U-Wert) nicht erreicht

wird.

Hinweis für die Praxis

Nehmen Sie Beschaffenheitsvereinbarungen ernst.Wollen Sie abweichend von der vereinbarten Be-schaffenheit bauen, dann weisen Sie den Auftrag-geber darauf ausdrücklich hin. Holen Sie sich vomAuftraggeber schriftlich die Zustimmung ein. An-sonsten kann Ihnen der Auftraggeber eine mangel-hafte Leistung vorwerfen – selbst dann, wenn Sie

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Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

etwas Besseres einbauen als vereinbart. Auch diebessere Ausführung weicht von der vereinbarten Be-

schaffenheit ab und ist mangelhaft!

Geringfügige Abweichung ausreichend

Weicht die tatsächliche Bauausführung von derBeschaffenheitsvereinbarung ab, führt dies ohneWeiteres zu einem Baumangel. Es muss sichnicht um eine wesentliche Abweichung handeln.Jede noch so kleine Abweichung genügt.

Beispiel

Ein Rohbauunternehmer hatte den Auftrag, einenIndustrieboden für den Neubau eines Hochregal-lagers zu erstellen. Zwischen den Vertragsparteienwerden erhöhte Anforderungen im Hinblick auf Eben-heitstoleranzen vereinbart. Dem Bauunternehmergelingt es, die vertraglichen Anforderungen zu 99 %zu erfüllen. Dennoch liegt ein Mangel vor, da dienach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauchstaug-

lichkeit gemindert ist (99 % sind eben nicht 100 %).

11/2.3

Verstoß gegen die anerkannten Regelnder Technik

Vorschriften

– §§ 633 ff. BGB

– § 13 VOB/B

Das Bauwerk ist nur dann mangelfrei, wenn esden anerkannten Regeln der Technik entspricht.Eine mangelhafte Bauleistung liegt deshalb auch

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Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

immer dann vor, wenn der Auftragnehmer beider Ausführung seiner Leistungen gegen dieanerkannten Regeln der Technik verstößt (§ 13Nr. 1 VOB/B). Das gilt auch für den BGB-Werk-vertrag, auch wenn sich in § 633 Abs. 2 Satz 1BGB keine entsprechende ausdrückliche For-mulierung findet.

Was versteht man unter den anerkanntenRegeln der Technik?

Darunter sind Anleitungen für handwerklicheoder industrielle Verfahrensweisen zur Herstel-lung von Bauwerken zu verstehen. Als allgemeinanerkannt gelten die Regeln der Technik dann,wenn sie nach Ansicht der Mehrheit der Fach-leute

wissenschaftlich richtig sind und

sich in der Baupraxis bewährt haben.

Es ist zwar nicht erforderlich, dass die Regeln derTechnik schriftlich niedergelegt sind, doch istdies oftmals der Fall.

Beispiele

Zu den anerkannten Regeln der Technik gehören u.a.

die DIN-Normen des Deutschen Instituts für Nor-mung e.V.,

Eingeführte Technische Baubestimmungen (ETB),

Bestimmungen des Deutschen Ausschusses fürStahlbeton,

Bestimmungen des Verbands Deutscher Elektro-techniker (VDE) und des Vereins Deutscher Inge-nieure (VDI),

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Mangelfreiheit prüfen

Teil 11/2 Seite 7

Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

Unfallverhütungsvorschriften der Bauberufsgenos-senschaften,

Bestimmungen des Deutschen Vereins des Gas-

und Wasserfaches (DVGW).

Herstellervorschriften können, müssen aber kei-ne anerkannten Regeln der Technik enthalten.Das ist im Einzelfall zu prüfen. Zu beachten istaber: Häufig ist die Einhaltung der Herstellervor-schriften vereinbart, was als Beschaffenheitsver-einbarung anzusehen ist.

Bedeutung der DIN-Normen

Die DIN-Vorschriften werden oft als Beispiel füranerkannte Regeln der Technik genannt. Das istallerdings nicht ganz richtig. Zum einen müssenanerkannte Regeln der Technik nicht schriftlichniedergelegt sein. Es gibt also auch anerkannteRegeln der Technik, die in keiner DIN-Norm auf-tauchen.

In Einzelfällen ist es auch denkbar, dass derInhalt einer DIN nicht anerkannte Regel derTechnik ist, weil die dort genannte Verfahrens-weise z.B. wissenschaftlich nicht anerkannt ist.Der Argumentationsaufwand ist hier für denAuftragnehmer allerdings hoch. Er muss dar-legen und nachweisen, dass es eine von der ein-schlägigen DIN-Norm abweichende allgemeinanerkannte Regel der Technik gibt. Dies gelingtaber nur sehr selten.

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Teil 11/2 Seite 8

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Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Problem: Fortentwicklung der Regeln der Tech-nik nach Vertragsabschluss

Die Leistung des Auftragnehmers muss „zumZeitpunkt der Abnahme“ frei von Mängeln sein.Bei der Frage der Mangelfreiheit ist also dasDatum der Abnahme ausschlaggebend. Was giltnun, wenn sich nach Vertragsabschluss, aber vorder Abnahme, die anerkannten Regeln ändern,insbesondere verschärfen?

Der Auftragnehmer muss dann die bei der Ab-nahme geltenden Regeln einhalten. Ansonstenist sein Werk mangelhaft. Das ist in der VOB/Bausdrücklich geregelt (§ 13 Nr. 1 VOB/B), giltaber auch für den BGB-Werkvertrag.

Hinweise für die Praxis

Sie sind als Auftragnehmer bei der nachträglichenÄnderung der anerkannten Regeln der Technik kei-neswegs rechtlos. Sie müssen zwar grundsätzlich diebei der Abnahme geltenden Vorschriften einhalten,können dafür aber regelmäßig einen Nachtrag gel-tend machen:

Würde Ihr Werk den geänderten Regeln wider-sprechen, so müssten Sie Ihren Vertragspartnerhierauf gem. § 4 Nr. 3 VOB/B unverzüglich schrift-lich hinweisen und auf die Folgen für die mangel-freie Erstellung der Werkleistung aufmerksammachen. Setzen Sie eine Frist zur Rückäußerung.

Ordnet der Auftraggeber daraufhin die Einhaltungder neuen Bestimmungen an, können Sie einenNachtrag gem. § 2 Nr. 5 VOB/B verlangen.

Belässt es der Auftraggeber trotz Ihres Hinweisesbei der ursprünglichen Bauausführung, sind Sie

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Teil 11/2 Seite 9

Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

von Ihrer Gewährleistungspflicht gem. § 13 Nr. 3

VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 3 VOB/B befreit.

Vorgaben des Auftraggebers entlasten den Auftragnehmer nicht

Auftragnehmer sind häufig der Ansicht, dass siedie anerkannten Regeln der Technik nicht ein-halten müssen, wenn dies nach den Vorgabendes Auftraggebers (z.B. Plänen) nicht möglichist. Das ist nur in – seltenen – Ausnahmefällenrichtig.

Beispiel �

Nach der Planung des Auftraggebers wird der nachder DIN notwendige Mindestabstand zwischen zweiBauteilen unterschritten. Der Auftragnehmer baut wiegeplant. Der Auftraggeber rügt dies als Mangel.

Der Auftragnehmer haftet in solchen Fällen fürdie Verletzung der anerkannten Regeln derTechnik. Etwas anderes gilt nur, wenn der Auf-traggeber über die Verletzung der DIN voll-umfänglich informiert war. Davon kann der Auf-tragnehmer aber nicht ausgehen. Vielmehrmuss er Bedenken gem. § 4 Nr. 3 VOB/B anmel-den und den Auftraggeber vollständig infor-mieren. Bei besonders schweren Verstößen wirdsogar eine ausdrückliche Haftungsfreistellungdurch den Auftraggeber notwendig sein. Nurdann kann der Auftragnehmer der Haftung ent-gehen.

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Teil 11/2 Seite 10

Mangelfreiheit prüfen

Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Verletzt der Auftragnehmer die anerkannten Re-geln der Technik, so haftet er. Auf ein Verschul-den kommt es nicht an. Ebenso wenig darauf, obdem Auftragnehmer die anerkannten Regeln derTechnik überhaupt bekannt waren. Der Auftrag-nehmer muss sich stets über die technischen Re-geln für sein Gewerk informieren.

Es kommt auch nicht darauf an, ob der Verstoßbereits zu konkreten Schäden (z.B. Risse, Was-serschaden usw.) geführt hat. Es genügt, wennsich durch den Verstoß das bloße Risiko einesSchadens für den Auftraggeber erhöht hat. DerAuftraggeber muss keinesfalls warten, bis sichdieses Risiko realisiert hat.

11/2.4

Fehlende Eignung für den Verwendungs-zweckIn keinem Bauvertrag kann die Beschaffenheitdes Bauwerks bis in alle Einzelheiten (z.B. bishin zur kleinsten Schraube) beschrieben wer-den. Auch die anerkannten Regeln der Technikenthalten nicht sämtliche denkbaren Anforde-rungen. Das bedeutet aber nicht, dass der Auf-tragnehmer insoweit bei der Ausführung freieHand hat. Auch ohne ausdrückliche Vereinba-rung muss der Auftragnehmer ein Bauwerkerstellen, welches sich für die vertraglich vo-rausgesetzte Verwendung eignet. Ist keine Ver-wendung vereinbart, so muss sich das Werk fürdie gewöhnliche Verwendung eignen (§ 13 Nr. 1Satz 3 VOB/B, § 633 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 1 BGB).Dass diese Anforderung an Bauleistungen nichterfüllt wird, ist die häufigste Ursache für Bau-mängel.

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Mangelfreiheit prüfenTeil 11/2 Seite 11

Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

Wann ist eine Verwendung „vertraglichvorausgesetzt“?Welche Verwendung vertraglich vorausgesetztwurde, richtet sich vornehmlich nach den Äuße-rungen des Auftraggebers zur späteren Verwen-dung des Bauwerks. Das können mündliche,aber auch schriftliche Aussagen und Festlegun-gen (z.B. Pläne) sein. Auch äußere, erkennbareUmstände kommen in Betracht.

Beispiele �

■ Ist für den Auftragnehmer erkennbar, dass er seineArbeiten in einem Mietshaus erbringen soll, somuss er die für Mietshäuser geltenden Regelwerke(z.B. für den Schallschutz) beachten.

■ Dem Auftragnehmer ist bekannt, dass der Auf-traggeber die zu errichtende Halle mit Lkws befah-ren will. Der Auftragnehmer muss die Hallentoremit der dazu notwendigen Höhe herstellen, selbstwenn ihm konkrete Maße nicht vorgegebenwurden.

Die Verwendung ist aber nur dann „vertrag-lich“ vorausgesetzt, wenn die entsprechendenÄußerungen oder Umstände für den Auftrag-nehmer schon bei Vertragsabschluss erkennbarwaren. Ist das nicht der Fall, so muss der Auf-tragnehmer (nur) die gewöhnliche Verwendungvoraussetzen (vgl. nachfolgende Ausführun-gen).

Ist das Bauwerk für die vertraglich vorausgesetz-te Verwendung nicht geeignet, so ist es mangel-haft.

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Teil 11/2 Seite 12

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Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Hinweis für die Praxis �

Nicht jede schiefe Wand und jede Unebenheit einesFußbodens stellt einen Mangel dar. Dies ist nur dannder Fall, wenn die Maßabweichungen außerhalb derfür das entsprechende Gewerk maßgeblichen Tole-ranzen liegen. Der Auftraggeber kann nicht erwarten,dass der Auftragnehmer solche zulässigen Toleran-zen nicht ausnutzt. Etwas anderes gilt nur dann,wenn zwischen den Bauvertragsparteien gegenüberden einschlägigen DIN-Vorschriften bestimmte er-höhte Anforderungen vereinbart sind.

Das Bauwerk muss mindestens für die gewöhnliche Verwendung geeignet seinDiese Fallgruppe kommt nur in Betracht, wennkeine bestimmte Beschaffenheit vereinbart undkeine Verwendung vertraglich vorausgesetztwurde. Dann muss sich die Bauleistung oder dasBauwerk zumindest für die gewöhnliche Ver-wendung eignen und zudem eine Beschaffenheitaufweisen, die bei Werken der gleichen Art üb-lich ist und die der Auftraggeber nach der Art desWerks erwarten kann (§ 13 Nr. 1 Satz 3b VOB/B,§ 633 Abs. 2 Ziff. 2 BGB).

In der Baupraxis wird nur sehr selten diegewöhnliche Verwendung ausschlaggebendsein. In aller Regel vereinbaren die Parteiennämlich eine bestimmte Beschaffenheit desBauwerks oder setzen eine bestimmte Verwen-dung voraus (s.o.). Das muss nicht immer aus-drücklich geschehen, sondern kann auch kon-kludent („stillschweigend“) erfolgen. Auf diegewöhnliche Verwendung kommt es dann nichtmehr an.

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Teil 11:Gewährleistung/Mängelhaftung

Ein Werk muss sich dann (nur) für die gewöhn-liche Verwendung eignen, wenn die Parteienkeine Beschaffenheitsvereinbarung getroffenund keine Verwendung vorausgesetzt haben,weil z.B. der Auftragnehmer von der späterenVerwendung des Bauwerks keine Kenntnishatte.

Beispiel �

Für den Auftragnehmer war bei Vertragsabschlussnicht erkennbar, dass der Auftraggeber in einemWohngebäude später ein Ladengeschäft betreibenwill. Der Auftragnehmer schuldet deshalb die Einhal-tung der Anforderungen für Wohnräume, denn dasist die gewöhnliche Verwendung.

11/2.5

Sonderfälle mangelhafter Bauleistung

Minderleistung gilt als MangelMangelhaft ist eine Bauleistung auch dann,wenn zwar kein qualitativer Mangel, dagegenaber eine quantitative Abweichung vom verein-barten Bausoll vorliegt. Dies ist für den BGB-Werkvertrag ausdrücklich in § 633 Abs. 2 Satz 3BGB geregelt. Gleiches gilt für den VOB-Bauver-trag, auch wenn sich in der entsprechenden Vor-schrift des § 13 Nr. 1 VOB/B hierzu nichts findet.

Beispiel �

Statt mit der im Bauvertrag vorgesehenen Wohn-und Nutzfläche von 156 m2 wird das Einfamilienhausnur mit einer Fläche von 135 m2 gebaut.

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Mangelfreiheit prüfen

Teil 11:Gewährleistung/ Mängelhaftung

Schönheitsfehler gelten als Mangel Auch sog. bloße Schönheitsfehler, also rein opti-sche Beeinträchtigungen, stellen einen Mangeli.S.v. § 633 Abs. 2 BGB bzw. § 13 Nr. 1 VOB/Bdar.

Beispiele �

■ Nasenbildung bei Lackierarbeiten

■ ungleichmäßiges Fugenbild beim Sichtmauer-werk

■ Kratzer an einer eingesetzten Fensterscheibe bzw.an Decken aus Spiegelglas

Verschleiß ist kein MangelKein Mangel liegt vor, wenn die Funktionsbeein-trächtigung lediglich auf Abnutzung oder Ver-schleiß einer ansonsten vertragsgerecht erbrach-ten Leistung zurückzuführen ist. Hier bestehenzugunsten des Auftraggebers keine Mängelan-sprüche.

Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Abnutzungschon nach verhältnismäßig kurzer Zeit zeigt,weil der Baustoff für die Verwendung ungeeig-net ist.

Beispiele �

■ Das in einem Ladengeschäft verlegte Parkett zeigtschon nach kurzer Zeit deutliche Kratzer undAbplatzungen, weil es nur für Wohnflächen ge-eignet ist.

■ Die lackierten Flächen verblassen in der Sonneschon nach wenigen Wochen.