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Weltbürger Strawinsky 1. – 5. November 2006

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Weltbürger Strawinsky1. – 5. November 2006

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Mittwoch, 1. November 2006, 20:00Renard – Les noces

Freitag, 3. November 2006, 20:00Fürst Igor, Strawinsky – Histoire du soldat

Samstag, 4. November 2006, 20:00Apollon musagète – Konzert für Klavier

und Blasinstrumente – Pétrouchka

Sonntag, 5. November 2006, 18:00Symphonie de psaumes – Œdipus Rex

Von Oranienbaum nach Hollywood Impressionen aus dem Leben und

Schaffen des Weltbürgers Igor Strawinsky

von Egbert Hiller

Biografien

Kinder- und Schülerkonzerte

Jugendprojekte

Impressum

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Weltbürger Strawinsky

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Mittwoch, 1. November 2006, 20:00

Weltbürger Strawinsky 1

Katia Labèque Klavier

Marielle Labèque Klavier

Jean-Yves Thibaudet Klavier

Kirill Gerstein Klavier

Pokrovsky Ensemble

Birmingham Contemporary Music Group

Thomas Adès Dirigent

Hochzeitslieder aus dem Norden Russlands

Igor Strawinsky 1882–1971

Renard (Reinecke Fuchs) (1915–16)

Burleske in Liedern und Tänzen

für zwei Tenöre, zwei Bässe und kleines Orchester

Evgeny Kharlamov (Hahn) – Alexey Tabatchikov (Fuchs) –

Andrey Samsonov (Kater) – Vladimir Korolev (Bock)

Pause

Hochzeitsritual aus dem Südwesten Russlands

Igor Strawinsky

Les noces (Die Hochzeit) (1914–23)

Russische Tanzszenen mit Gesang und Musik

für Solisten, gemischten Chor, vier Klaviere

und sechs Schlagzeuger

Teil I

Erstes Bild: »Der Zopf«

Zweites Bild: Beim Bräutigam

Drittes Bild: Die Verabschiedung der Braut

Teil II

Viertes Bild: Das Hochzeitsmahl

Olga Yukecheva (Braut) – Svetlana Dorokhova,

Marina Cherkashina (Mütter) – Maria Nefedova

(Brautwerberin) – Irina Shishkina,

Svetlana Sorokina-Subbotina (Brautjungfern) –

Oleg Dobrynin (Bräutigam) – Vladimir Korolev,

Aleksey Reshetnikov (Väter) – Evgeny Kharlamov,

Alexey Tabatchikov (Brautführer) – Andrey Samsonov,

Mikhail Stepanich (Freunde)

19:00 Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke

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Russische Hochzeitslieder

Igor Strawinskys Renard und Les noces schöpfen beide aus den reichhaltigen musi-

kalischen Volkstraditionen Russlands. Ihre Nähe und ihr Abstand dazu werden glei-

chermaßen erfahrbar, wo sie, wie am heutigen Abend, mit authentischen Volks- und

Hochzeitsliedern konfrontiert werden. Dazu präsentiert das Pokrovsky Ensemble

jeweils eine Auswahl von Liedern, die es auf seinen Reisen durch Russlands Dörfer

selbst gesammelt hat. Die erste bietet Lieder aus dem Norden, die zweite bedient

sich aus dem Fundus der Zeremonien und Bräuche des Südens. Diese Lieder den

Werken Strawinskys voranzustellen, schafft die reizvolle Möglichkeit eines Ver-

gleichs zwischen Original und Adaption.

Igor Strawinsky: Renard (1915–16)

Seine Arbeit an Les noces, die bis zur Pariser Uraufführung im Juni 1923 gut zehn

Jahre dauerte, hat Igor Strawinsky wiederholt und oft für längere Zeit unterbrechen

müssen und wollen. Neben der Histoire du soldat (Geschichte vom Soldaten) war

auch die Komposition der Burleske Renard ein Grund dieser letztlich der finanziel-

len Notwendigkeit geschuldeten Unterbrechungen. Im April 1915, Strawinsky diri-

gierte in Paris seinen L’oiseau de feu, bestellte die Prinzessin Edmond de Polignac,

eine von Strawinskys Pariser Mäzeninnen und eine große Liebhaberin kammermu-

sikalischer Spielstücke, bei ihm ein passendes Werk, für das er ein Honorar von 2500

Die »russische« Periode

Igor Strawinsky 1921 im Landhaus L’Argente bei Biarritz

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Schweizer Franken erhalten hat. Das war der äußere Anlass für Renard, eine Fabel

über Reinecke Fuchs, Hahn, Kater und Ziegenbock, deren Libretto Strawinsky nach

altrussischen Tiergeschichten selbst zusammenstellte. Die Textgrundlage bildete ein

Volksmärchen aus der Märchensammlung von Alexander Afanasjew, der Strawinsky

auch den Plot für die Geschichte vom Soldaten entnahm.

Die Fabel: Ein Hahn sitzt auf seiner Stange im Hof; ein Fuchs nähert sich ihm als

Priester verkleidet und fordert ihn auf, zur Beichte herabzusteigen. Als der Hahn am

Boden ist, fängt ihn der Fuchs. Der Hahn ruft um Hilfe. Ein Kater und ein Bock eilen

herbei und jagen den Fuchs davon. Der Hahn kehrt auf seine Stange zurück. Erneut

erscheint der Fuchs im Hof. Nun lockt er den Gockel mit Kuchen und Erbsen. Der

Hahn steigt wieder herab und lässt sich erneut fangen, um sogleich nach Hilfe zu ru-

fen. Auch jetzt eilen Kater und Bock herbei und retten den Hahn aufs Neue – nur dass

die beiden Helfer diesmal den Fuchs ärgern und ihn schließlich in Stücke reißen.

Das Musikstück Renard, dessen französische Nachdichtung Charles Ferdinand

Ramuz besorgte, wurde am 18. Mai 1922 in der Pariser Grand Opéra uraufgeführt;

der Dirigent war wie bei so vielen Strawinsky-Premieren in jenen Jahren Ernest

Ansermet. Der Komponist Darius Milhaud (1892–1974), der die Pariser Premiere

besucht hatte, schrieb wenige Wochen später in der Wiener Zeitschrift Musikblätter

des Anbruch: »Die Musik des Renard ist überaus schwungvoll. Nichts geht verloren;

die Melodien sind von geradezu arithmetischer Präzision, verlaufen und greifen

ineinander wie das Räderwerk einer Maschine. Die Anlage des Werkes ist einfach,

deutlich, mit unfehlbarer Sicherheit disponiert. Das vokale Element belebt die

Partitur, gibt ihr Kolorit und Stimmung. Die deutlich ausgeprägte Rhythmik, welche

Strandleben in Biarritz, um 1925

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das Schlagwerk unaufdringlich, jedoch vollkommen unterstreicht, wird durch das

Cimbalom ergänzt.«

Das aus der ungarischen Volksmusik stammende Cimbalom, eine mit Schlegeln

zu spielende Zither, war damals in den westeuropäischen Ländern nicht allzu sehr

verbreitet. Als Strawinsky es aber in seinen Schweizer Jahren kennenlernte, war er

so begeistert, dass er sogleich eines kaufte, sich selbst im Spiel übte und es außer in

Renard und im Ragtime für elf Instrumente (1918) auch für Les noces vorsah, den Plan

dann aber verwarf. Das Cimbalom erinnerte ihn an einen Klang seiner Kindheit in

St. Petersburg, nämlich den Klang des alten russischen Volksinstruments Gusli, eine

allerdings zu zupfende Brettzither mit Metallsaiten und einem rechteckigen

Korpus, die in den 1920er-Jahren aber schon fast ausgestorben war. Das »Ersatz-

instrument« Cimbalom hat nun zuweilen das Glucken und Krähen des Hahns zu

imitieren. Und auch den anderen Instrumenten vertraute Strawinsky den ein oder

anderen konkreten Effekt an, um so beispielsweise das rege Treiben auf dem

Bauernhof zu suggerieren. Und wie in so manchem Renaissance-Madrigal haben

die im Orchester sitzenden Sänger in Renard einige onomatopoetische Klänge zu

produzieren, dürfen sich an den Lauten des Hahnes, dem Stöhnen und Geheul ver-

suchen, üben sich im Zählen und im Aufsagen bedeutungsloser Silben, oder müs-

sen hie und da mal ins Falsett springen. All diese »sprechenden« Klangmitteln die-

nen einer überaus plastischen wie packenden Darstellung der Szenerie, der kurz-

weilig-humorvollen Geschichte vom listigen Reinecke Fuchs, den der Mut und die

Schlauheit von Kater und Bock zu Fall bringen.

Igor Strawinsky: Les noces (1914–23)

Im Sommer 1914 beschäftigte sich Igor Strawinsky intensiv mit russischen Hoch-

zeitsliedern, die der Slawist und Volksliedforscher Petr Wassiljewitsch Kirejewsky ge-

sammelt und 1911 als Buch veröffentlicht hatte. Fasziniert von den in den Texten

beschriebenen Ritualen bäuerlicher Hochzeitsfeiern, entwickelte Strawinsky bei der

Lektüre die ersten Ideen zu Les noces (Die Hochzeit). Während er die Libretto-Texte

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aus der Sammlung herausschrieb, notierte er auch erste musikalische Gedanken ne-

ben die russischen Verse – kleine Melodien, motivische Fragmente, einzelne

Rhythmen, Intervalle oder ein paar Akkorde. Zugleich entstanden die ersten

Entwürfe für die Besetzung: 150 Instrumentalisten, Chor und Solisten. Von diesem

Plan verabschiedete sich Strawinsky aber bald und reduzierte den gewaltigen

Klangkörper auf ein kleineres Instrumentalensemble, das nun neben Bläsern auch

aus einem mechanischen Klavier, einem elektrischen Harmonium und zwei

Cimbaloms bestehen sollte. Aber auch diese Besetzungskonzeption verwarf

Strawinsky.

Die definitive Fassung, die am 13. Juni 1923 im Pariser Théâtre de la Gaîté Lyrique

unter der Leitung von Ernest Ansermet uraufgeführt worden ist, sah nun einen vier-

stimmig gemischten Chor und vier Solo-Stimmen vor, zudem vier Klaviere und

Schlagzeug, das sich aus gestimmten und ungestimmten Instrumenten zusammen-

setzt. Man muss die Klaviere in diesem Zusammenhang als Schlaginstrumente mit

fixierten Tonhöhen auffassen wie Xylophon, Pauken und Glocken, denen diverse

Klangerzeuger wie Trommeln, Schellen und Kastagnetten mit unbestimmten Ton-

höhen gegenüberstehen. Nebenbei bemerkt: Strawinsky begriff das Klavier generell

als Schlaginstrument. Für Les noces erfand er ein für das Klangdenken der frühen

1920er-Jahre außergewöhnliches Orchester, dem man aus jener Zeit noch George

Antheils Ballet mécanique (1924) für acht Klaviere zur Seite stellen kann.

Zweifellos ist das perkussive Klangensemble eines der besonderen Merkmale von

Les noces, deren russischen Originaltext der in Nachdichtungen bewährte Dichter-

freund Charles Ferdinand Ramuz – natürlich mit Hilfe des Komponisten – ins Franzö-

sische übertrug. Eine weitere Besonderheit der Russischen Tanzszenen mit Gesang

und Musik, wie Strawinsky Les noces im Untertitel genannt hat, ist das dramaturgi-

sche Konzept, das die Linearität des Plots ebenso frei handhabt wie die ansonsten in

jener Zeit jedenfalls im Musiktheater noch verbindliche Einheit von Raum und Zeit,

von Sänger und Rolle. Die vier Bilder, in die das zweiteilige Werk gegliedert ist, schil-

dern die Stationen einer Hochzeitszeremonie im zaristischen Russland: 1. Der Zopf

[das rituelle Flechten der Brautzöpfe], 2. Beim Bräutigam [das rituelle Drehen seiner

Locken, die Bitte um den elterlichen Segen], 3. Die Verabschiedung der Braut [auf

dem Weg zur Kirche; der Mütter Klage um den Verlust ihrer Kinder], 4. Das Hoch-

zeitsmahl [mündet in die Hochzeitsnacht]. Diese Ereignisse werden weder beschrie-

ben noch linear erzählt oder inszeniert. Die Choreografie verstand Strawinsky, so

sein wichtiger Weggefährte, der amerikanische Dirigent Robert Craft, »als eine

Fortsetzung der Musik: Gesten und Bewegungen sollten stilisiert den Rhythmen der

Musik folgen und keine folkloristischen Tänze imitieren«.

»Es kam mir«, so der Komponist in seinen Chroniques de ma vie, »nicht darauf an,

die Gebräuche einer ländlichen Hochzeit genau nachzuzeichnen; ich hatte keiner-

lei Vorliebe für ethnografische Fragen. Ich wollte vielmehr selber eine Art szeni-

scher Zeremonie erfinden, und ich bediente mich dabei ritueller Elemente aus

jenen Gebräuchen, die in Russland seit Jahrhunderten bei ländlichen Hochzeiten

üblich sind. Diese Elemente dienten mir nur als Anregung, ich bewahrte mir durch-

aus die Freiheit, sie so zu verwenden, wie es mir passte.« Und das tat Strawinsky

auch. So sehr er sich für das Libretto des folkloristischen Vorrats bedient hat, den

Kirejewskys Sammlung ihm zur Verfügung stellte, so wenig lassen sich auf der

musikalischen Ebene konkrete russische Volksweisen oder orthodoxe Sakralge-

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sänge feststellen. Nikolaj Rimskij-Korsakow bemerkte 1931 in einem Brief an Béla

Bartók: »Strawinsky gab nie die Quelle seiner Themen an, zweifellos, weil er seine

Gleichgültigkeit gegenüber der Frage zu verstehen geben will. Er hat das Recht für

sich beansprucht, jedes musikalische Material in seinen Werken zu verwenden, das

er für nützlich hält, und gesagt, dass es, sei es einmal verwendet, auf eine Art wirk-

lich sein eigenes Material werde. Da mir die Dokumente fehlen, kann ich die The-

men, die er in seiner ›russischen‹ Periode selber erfunden, und die er Volksliedern

entnommen hat, nicht bestimmen. Aber eines ist gewiss: wenn es unter Strawinskys

Themen solche gibt, die er selber erfunden hat, sind sie außergewöhnlich schlaue

und außergewöhnlich genaue Nachahmungen von Volksliedern.«

Strawinskys Vertrauter Robert Craft vermutete, dass fast alles in Les noces des

Komponisten Fantasie entstammt – mit dem Ergebnis, dass nahezu alle Klangdetails

dieses Werks archaisch-bukolisch echt wirken, aber dennoch keine Originale sind.

Stefan Fricke

Strawinsky an der Seine, 1913

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Freitag, 3. November 2006, 20:00

Weltbürger Strawinsky

Stephen Richardson Bass

Graham F. Valentine Soldat, Teufel, Vorleser

Eine Tänzerin Prinzessin

Birmingham Contemporary Music Group

Franck Ollu Dirigent

Mauricio Kagel *1931

Fürst Igor, Strawinsky (1982)

für Bass-Stimme und Instrumente

Pause

Igor Strawinsky 1882–1971

Histoire du soldat (Geschichte vom Soldaten) (1918)

Gelesen, gespielt und getanzt in zwei Teilen

Teil I

Einführung

Marsch des Soldaten. Marschmelodien

Musik der 1. Szene: Kleine Stücke am Bachufer

Musik der 2. Szene: Pastorale – Kleine Stücke am

Bachufer (Reprise)

Musik der 3. Szene: Kleine Stücke am Bachufer (Reprise)

Teil II

Marsch des Soldaten. Marschmelodien (Reprise)

Der Königsmarsch

Kleines Konzert

Drei Tänze: Tango – Valse – Ragtime

Couplet des Teufels

Kleiner Choral

Des Teufels Lied

Großer Choral

Triumphmarsch des Teufels

19:00 Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke

Zu diesem Konzert findet in Schulen ein Jugendprojekt

der KölnMusik statt, das vom Kuratorium KölnMusik e.V.

gefördert wird.

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Mauricio KagelFürst Igor, Strawinsky

Umsonst nach Ruhe sucht mein gramerfülltes Herz.

Die müden Augen finden keinen Schlummer.

Vergangenes steigt auf in der Erinnerung,

der Freiheit fernes Glück:

Noch steht vor mir das Himmelszeichen.

Klar sehe ich den Trug des Ruhmes,

zu wahr gesprochen hat der Himmel,

in heißer Schlacht verlor ich meine Ehr’,

ich bin besiegt, ich bin gefangen.

Nun seh ich oft in dunkler Nacht Leichen.

Sie klagen an! Du hast uns geopfert.

Geschändet ist mein Ruhm und meine Ehre;

Die ferne Heimat verflüchtet mich. Weh!

Nur Schimpf und Schmach, welch ein grausames

Geschick.

Weit besser wär für mich der Tod!

O, gebt mir meine Freiheit wieder,

damit ich sühne meine Schuld und Schmach.

Noch kann ich meine Ehre retten,

befreien Russland von dem Feind.

Ich sitze machtlos hier, gefangen schon seit Tagen,

und weiß, in Russland tobt der Feind!

Er, ein wildes Tier! Russland stöhnt in seinen

Krallen und dafür gibt man mir die Schuld!

O, gebt mir meine Freiheit wieder,

mit meinem Blute sühne ich die Schmach

und rette Russland vor dem Feind!

In Not und Zweifeln quält mein Herz sich ruhelos.

Die Nacht bringt keinen Schlummer, keine

Linderung.

Vergangenes steigt auf in der Erinnerung,

und rufet mich zur Tat. Wie rette ich mein Land?

Ach, wehe, wehe mir, nirgends ein Ausweg,

mir bleibet nur der Tod.

Deutsche Fassung des russischen Originaltextes von

Alexander Borodin aus der Oper Fürst Igor (Arie des

Fürsten aus dem zweiten Akt) von Hubert Franz

und Winfried Zillig. Abdruck mit freundlicher

Genehmigung von C. F. Peters / Henry Litolff’s

Musikverlag.

Mauricio Kagel, 2001 in Köln

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Mauricio Kagel: Fürst Igor, Strawinsky (1982)

Mauricio Kagel liebt die Tradition – die musikalische wie die literarische. Auf seiner

privaten Liste wichtiger Bücher finden sich neben etlichen Titeln der großen

Autoren des 20. Jahrhunderts wie Beckett, Borges, Brecht, Canetti, Machado oder

Jandl auch manche aus dem 18. und 19. Jahrhundert, etwa Goethes Faust I, der

ganze Heine, Hölderlins Lyrik, Hoffmanns Dunkle Nächte oder Kierkegaards Furcht

und Zittern. Eine Liste für ihn wichtiger Kompositionen oder Komponisten hat Kagel

bisher nicht zugänglich gemacht. Doch der Blick in sein Œuvre erlaubt manche

Rückschlüsse. An Gott zweifeln – an Bach glauben, wie Kagels Essay zum 300. Ge-

burtstag des Thomaskantors lautet, ist zweifellos ein großes Bekenntnis zu dessen

Werk, und Kagels im selben Jahr entstandene und in Berlin uraufgeführte Sankt-

Bach-Passion die ästhetisch-kompositorische Analyse desselben. Solche Allianzen

von literarischer Flankierung, kompositorisch Gesagtem und musikalisch Ge-

deuteten gibt es im Gesamtwerk des seit 1957 in Köln lebenden Künstlers zuhauf.

Das Klangdenken Monteverdis, Haydns, Mozarts, Beethovens, Schuberts,

Schumanns, Wagners, Brahms’ oder Mahlers hat deutliche Spuren im weitverzweig-

ten Kagel’schen Schreiben von und über Musik hinterlassen. Daneben sind die

ästhetischen Konzeptionen der Väter der Moderne natürlich von zentraler Bedeu-

tung, auch weil sie für Kagel der direkte Ausgangspunkt des eigenen Schaffens

waren: Arnold Schönberg, bei dem Kagel ursprünglich studieren wollte – als sein

Vater ihm diesen Wunsch nach langem Drängen endlich erlaubte, war Schönberg

gerade gestorben –, Edgard Varèse und Anton Webern. Das Œuvre Bartóks oder

Strawinskys spielte für ihn indes lange Zeit eine weniger nachhaltige Rolle.

1982 widmete Kagel dann Igor Strawinsky – für Adorno der große Antipode

Schönbergs – eine eigene Komposition: Fürst Igor, Strawinsky, ein gut zwölfminüti-

ges Stück für Bass-Stimme und Instrumente (Englischhorn, Horn, Tuba, Bratsche

und allerlei Schlagzeug). Äußerer Anlass der Komposition war ein Auftrag der

Biennale di Venezia zur Feier von Strawinskys 100. Geburtstag. Die Uraufführung

von Kagels Widmungsstück fand am 5. Oktober 1982 in der Kirche der Isola San

Michele, der Friedhofsinsel von Venedig, statt, wo Strawinsky einst auf eigenen

Wunsch beigesetzt worden war. Kagel leitete damals selbst ein Instrumental-

ensemble, Boris Carmeli sang die Vokalpartie.

Unmittelbar vor der Premiere hielt der Komponist eine kurze Rede, in der er u. a.

sagte: »Es ist für mich gewiss eine Auszeichnung, Strawinsky hier und in diesem

öffentlichen Forum zu ehren. Ich gehöre zu einer Komponistengeneration, die die

unangenehme Erbschaft eines Familienstreites vorfand, zu der sie eigentlich nichts

wesentlich Neues für oder dagegen beizutragen hatte. Ob ›Tonal-oder-Atonal?‹ –

das ist lange her und eher zu einer Frage der Sensibilität und der intelligenten An-

wendung, als zu der des eisernen Prinzips geworden. Kompositionsmethode mit

der Ästhetik des Handwerks zu verwechseln, ist für uns heute kein Diskussions-

Musik für offene Augen

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thema mehr. Ich hoffe, dass es für eine lange Periode der Musikgeschichte so bleibt.

Strawinsky hat allen, die Musik als geistige Disziplin betreiben, viel gegeben. Wir

Komponisten, die in der Möglichkeit des musikalischen Ausdrucks die Bestätigung

für manches finden, das unser Leben lebenswert macht, stehen ihm darum in

Schuld. Die bloße Existenz eines Klassikers, insbesondere aber – oh Sarkasmus! –

wenn es sich um einen Klassiker der Moderne handelt, ist eine vollendete Heraus-

forderung an all jene, die sich der Erfindung der musikalischen Gegenwart widmen.

Möge mein Stück Fürst Igor, Strawinsky dem Geehrten bezeugen, dass Wider-

sprüche und Gegensätze, aber auch ernsthaftes Augenzwinkern ein guter Teil sei-

ner Haltung und Lehre gewesen sind. In diesem Sinne ist meine Komposition eine

Hommage ohne Zweideutigkeit – senza doppio (colpo) di lingua.«

Kagels Fürst Igor, Strawinsky – Opernkenner haben es am Titel sicher erkannt – ist

mit Alexander Borodins Oper Fürst Igor verwandt, ein Werk, an dem der russische

Komponist von 1869 bis zu seinem Tod 1887 unermüdlich gearbeitet hat. Dennoch

blieb sein Hauptwerk Fragment und wurde schließlich von Nikolaj Rimskij-

Korsakow und Alexander Glasunow komplettiert. Aus dem zweiten Akt dieser Oper

hat Kagel die Arie Igors entnommen. Der Text hätte ihn an Strawinsky erinnert und

könnte ebenso gut auch von diesem selbst sein, so Kagel. Wie im Original lässt er

russisch singen und auch sprechen – mal schluchzend, mal flüsternd, mal sehr

erregt, mal das japanische Theater karikierend (Strawinsky hat bekanntlich einige

Lieder »à la japonais« geschrieben), mal nur lachend. Diese den Text und seinen

Inhalt ausdeutend-verdeutlichenden Stimm- und Haltungstechniken werden

durch den Instrumentalpart verstärkt und kommentiert. Gerade den beiden Per-

kussionisten kommt dabei große Bedeutung zu. Unter ihrem Instrumentarium fin-

den sich Eisenketten, einige lose Holzbretter, Steine, Kokosnuss-Schalen oder das

sogenannte ›Löwengebrüll‹, das in etwa so klingt, wie es heißt. Mit diesen spre-

chenden Klangmitteln – ähnlich narrative Effekte haben auch die »normalen«

Instrumente zu realisieren – gelingt es Kagel, eine Art Live-Hörspiel im Konzertsaal

zu inszenieren. »Tradition«, so bemerkte Mauricio Kagel einmal, »ist nichts anderes

als das, was heutiges Komponieren ermöglicht.« Und zu dieser Tradition gehört

neben Strawinsky und vielen anderen mittlerweile eben auch Kagel selbst.

Igor Strawinsky, 1922

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Igor Strawinsky: Histoire du soldat (1918)

Igor Strawinskys Histoire du soldat (Geschichte vom Soldaten) wurde am 28. Sep-

tember 1918 am Théâtre Municipal in Lausanne uraufgeführt. Der Komponist lebte

zu diesem Zeitpunkt bereits seit vier Jahren in der Schweiz, auch um den Wirren des

Ersten Weltkriegs und der russischen Novemberrevolution von 1917 zu entfliehen.

Das Werk ist eine Gemeinschaftsarbeit des von Strawinsky so bezeichneten

»Quartetts der Freunde«, zu dem neben ihm selbst der Schriftsteller und Librettist

Charles Ferdinand Ramuz (1878–1947), der Maler und Bühnenbildner René

Auberjonois (1872–1957) sowie der Dirigent Ernest Ansermet (1883–1963) zählten.

Obgleich Strawinsky zweifellos die erste Idee zur Geschichte vom Soldaten gehabt

hat, wäre das Stück wohl ohne die drei Freunde und den Winterthurer Mäzen Werner

Reinhart, der die Produktionskosten trug und dessen Bruder Hans die deutsche

Nachdichtung des französischen Originals verfasste, kaum sobald zur Uraufführung

gelangt. Kriegsbedingt waren die Preise nämlich auch in der Schweiz in die Höhe

geschossen. Holz, Stoff, Farben für die Bühne, Papier für den Druck von Plakaten und

Handzetteln waren nicht mehr aus eigener Tasche zu bestreiten. Die Eigenfinan-

zierung des Projektes der Geschichte vom Soldaten war aber ein wesentlicher Grund-

gedanke gewesen. Schließlich, so der ursprüngliche Plan der Künstler, sollte das

Stück, das bewusst auf große Besetzung und pompöse Ausstattung verzichtete, als

wanderndes Musiktheater zunächst durch die Schweiz und später auch anderswo

aufs Land geschickt werden, ganz in der Tradition der italienischen Commedia

dell’Arte. Der Plot entstammt allerdings nicht dem Commedia-dell’Arte-Repertoire.

Strawinsky fand die Vorlage der Geschichte vom Soldaten in der 1855 erstmals publi-

zierten Anthologie des russischen Märchenforschers Alexander Afanasiev. Zeile für

Zeile übersetzte er das Märchen aus dem Russischen ins Französische und gab es

dann dem Freund Ramuz, der daraufhin das Libretto schrieb und darin einen

Vorleser (Rezitation), den Soldaten (Rezitation), den Teufel (Rezitation/Tanz) und die

Prinzessin (nur Tanz) vorsah.

Die Geschichte vom Teufelspakt in zwei Teilen ist rasch erzählt: Im ersten Teil wird

ein Soldat auf Urlaub vom Teufel überredet, seine Geige gegen ein magisches Buch

zu tauschen, das Reichtum verspricht. Der Soldat willigt ein und gewährt dem Teufel

drei Tage Geigenunterricht. In Wirklichkeit sind es aber drei Jahre. Als der Soldat end-

lich in sein Heimatdorf kommt, kennt ihn dort niemand mehr. Die Liebste hat einen

anderen geheiratet. Der Teufel rät ihm, das Zauberbuch zu nutzen. Der Soldat wird

reich, bleibt aber allein. Vor lauter Verzweiflung will er auf seiner Geige spielen, um

seine Einsamkeit zu lindern. Plötzlich kommt der Teufel als altes Weib verkleidet

daher und zeigt ihm die Geige. Der Soldat nimmt sie und will auf ihr spielen, doch

kein Ton erklingt. Zornig wirft er sie zu Boden; er zerreißt auch das Zauberbuch. Im

zweiten Teil hört der wieder arm gewordene Soldat von einem König, der die Hand

seiner Tochter demjenigen verspricht, der sie von ihrem Leiden heilt. Angekommen

im Schloss erfährt der Soldat vom Teufel, dass nur das Geigenspiel sie genesen lässt.

Listig verschafft er sich nun die Geige und spielt sie solange, bis die Prinzessin wie-

der gesund ist und der Teufel erschöpft zu Boden sinkt. Denn immer, wenn die Geige

erklingt, muss der Teufel tanzen. Als der Teufel erwacht und den Verrat bemerkt,

warnt er den Soldaten, er solle nie wieder in seine Heimat zurückkehren, andernfalls

widerfahre ihm Böses. Der Soldat schlägt die Warnung in den Wind. Der Teufel siegt.

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So knapp und gerafft die Geschichte, so konzis ist die musikalische Dramaturgie,

die Strawinsky einem Emsemble von sieben Instrumenten mit einem Dirigenten

anvertraut. »Ich habe immer«, so Strawinsky, »einen Abscheu davor gehabt, Musik

mit geschlossenen Augen zu hören, also ohne dass das Auge aktiv teilnimmt.« Die

Musiker sind neben der eigentlichen Bühne für Soldat, Teufel und Prinzessin plat-

ziert; auf der anderen Seite sitzt der Vorleser hinter einem Tisch. »Nach unserem

Plan«, so Strawinsky, »sollten diese drei Elemente bald einander das Wort abwech-

selnd überlassen, bald sich wieder zu einem Ensemble vereinigen.« Dadurch ergibt

sich eine ebenso abwechslungsreiche wie klare Dramaturgie. Schon die Titel der

Sätze, die Strawinsky sowohl zu einer selbstständigen Konzertsuite als auch zu einer

Kammermusik für Klarinette, Geige und Klavier bearbeitet hat, künden bereits von

der bildhaften Klarheit: Kleine Stücke am Bachufer heißt es da etwa, oder Der

Königsmarsch oder Des Teufels Lied. Besonderes Merkmal der Musik in der Geschichte

vom Soldaten ist ihre Prägnanz. Strawinsky verwendet vertraute Satztypen wie

Marsch und Choral und verfremdet sie ironisch. Oder er greift auf modische Tänze

vom Beginn des 20. Jahrhunderts wie den Tango und den jazznahen Ragtime zurück

und stellt so direkte Bezüge zur Lebenswirklichkeit des zeitgenössischen Publikums

her. Denn abgesehen davon, dass sich das »Quartett der Freunde« mit der Geschichte

vom Soldaten eigentlich die leeren Taschen etwas auffüllen wollte, ist das anvisierte

mobile Musiktheater für Leute auf dem Lande in der Operngeschichte ein

Ausnahmewerk.

Stefan Fricke

Charles Ferdinand Ramuz,1936 in Lausanne

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Samstag, 4. November 2006, 20:00

Weltbürger Strawinsky 2

Kirill Gerstein Klavier

City of Birmingham Symphony Orchestra

Sakari Oramo Dirigent

Igor Strawinsky 1882–1971

Apollon musagète (1927–28, rev. 1947)

Ballett in zwei Szenen für Streichorchester

Erste Szene (Prolog): Geburt Apollons

Zweite Szene: Variation Apollons – Pas d’action –

Variation Kalliopes – Variation Polyhymnias –

Variation Terpsichores – Variation Apollons –

Pas de deux – Coda – Apotheose

Konzert für Klavier und Blasinstrumente (1923–24)

Largo – Allegro – Più mosso –

Maestoso (Largo del principo)

Largo – L’istesso tempo ma poco rubato –

Cadenza (poco rubato) – Più mosso –

Doppio valore. Tempo primo

Allegro – Tempo primo – Agitato – Lento – Stringendo

Pause

Pétrouchka (1910–11, rev. 1946–47)

Burleske in vier Bildern

für Orchester

Teil I: Jahrmarkt in der Fastnachtswoche

Teil II: Bei Petruschka

Teil III: Der Mohr

Teil IV: Jahrmarkt in der Fastnachtswoche

und Tod Petruschkas

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Apollon musagète (1927–28, rev.1947)

»Ich wollte eine Tanzszene komponieren über einen Stoff aus der griechischen Götter-

welt, deren Choreographie sich streng an die Formen des klassischen Balletts halten

sollte. Als Thema wählte ich den ›Apollon musagète‹, den Gott, der die Musen in den

Künsten unterwies. Ihre Zahl beschränkte ich auf drei: Kalliope, Polyhymnia und

Terpsichore, weil sie am vollkommensten die Kunst der Choreographie verkörpern.«

(Igor Strawinsky)

Den Auftrag zu Apollon musagète erhielt Strawinsky von der Library of Congress

in Washington für ein Festival zeitgenössischer Musik, die Uraufführung fand am

27. April 1928 statt. Mehr Gewicht maß der Komponist, der seit 1920 bis zum

Beginn des Zweiten Weltkriegs in Frankreich lebte, jedoch der kurz darauf erfolgten

europäischen Erstaufführung durch Sergej Diaghilews Ballets russes in Paris bei.

1947 – inzwischen hatte der »Weltbürger« seinen Wohnsitz in die USA, und zwar

nach Hollywood, verlegt – unterzog er das Werk einer Revision, die vor allem Metro-

nomangaben und instrumentationsspezifische Feinheiten betraf.

Generell nehmen Ballette in Strawinskys Schaffen einen hohen Stellenwert ein;

schließlich begründeten zumal Pétrouchka und Le sacre du printemps seinen Welt-

ruhm. Insofern hatte Diaghilews Unternehmen, das zwei Jahrzehnte lang (1909 bis

1929) die Geschichte des modernen Balletts prägte, nicht nur großen Anteil an

Strawinskys Erfolgen, sondern auch an dessen künstlerischer Entwicklung. Indes,

gegen die Ballettmusik von Le sacre, die mit ihrer elementaren – und als »barbarisch«

apostrophierten – rhythmischen Durchschlagskraft 1913 einen der größten

Skandale der Musik- und Theatergeschichte verursachte, mutet Apollon musagète

geradezu »sanft« an. Nun liegt dieser Ballettmusik für Streicher auch kein heidni-

sches Opferritual, sondern ein mythologischer Stoff zugrunde, der Strawinsky be-

wog, sich stärker auf ältere Musik, vor allem auf den französischen Barockmeister

Jean-Baptiste Lully (1632–1687), zu beziehen. So ist der Prolog nach dem Vorbild der

maßgeblich auf Lully zurückgehenden dreiteiligen »Französischen Ouvertüre«

gestaltet.

Klassizistische Zähmung – entfesselte Puppen

Strawinsky in seiner Pariser Wohnung, um 1934

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Mit dem antiken Sujet allein, das Strawinsky zudem selbst ausgewählt hat, lässt

sich der stilistische Wandel allerdings nicht erklären. Symptomatisch ist auch sein

Rückgriff auf das klassische Ballett, dessen Klarheit und formale Stringenz er mittels

Diatonik und Betonung der Melodik auf klanglicher Ebene widerspiegeln wollte. Im

Zuge seiner dominanter werdenden Orientierung an der »Klassik«, was freilich

nicht (nur) als Rückschritt oder Kehrtwende, sondern als Erweiterung, Verfeinerung

und Ausdifferenzierung seiner Tonsprache samt der Besinnung auf innermusikali-

sche Konstruktionsprinzipien gedeutet werden muss, strebte Strawinsky nun nach

einem apollinisch disziplinierten Tanztheater – was durch Apollons Geburt im Ein-

gangstableau von Apollon musagète unmittelbar versinnbildlicht wird. In seiner

Musikalischen Poetik (1939/40) unterstrich der Komponist diesen Ansatz nach-

drücklich: »Für den klaren Aufbau eines Werkes – für seine Kristallisation – ist es

entscheidend, dass alle dionysischen Elemente, welche die Vorstellungen des

Schöpfers anregen und den nährenden Saft hochtreiben, rechtzeitig, bevor sie Fie-

ber in uns hervorrufen, gezähmt und schließlich dem Gesetz unterworfen werden.

Dies ist Apolls Befehl«.

Konzert für Klavier und Blasinstrumente (1923–24)

Klassizistisch »gezähmt« erscheint auch sein 1923/24 im französischen Biarritz kom-

poniertes Konzert für Klavier und Bläser – trotz der Einbeziehung von Jazz-Elemen-

ten, die die Anlehnungen an Gestus und Formensprache des Barocks punktuell kon-

terkarieren. Besonders wichtig für Strawinsky wurde das Werk aber nicht allein

wegen des sich in ihm abzeichnenden Spannungsfelds aus »Tradition« und »Mo-

derne«, sondern weil es den Grundstein für eine zweite »Karriere« seines Schöpfers

legte. Dabei hatte Strawinsky zunächst gar nicht daran gedacht, selbst als Klavier-

solist in Erscheinung zu treten. Vielmehr war es Sergej Kussewitzky, der Dirigent der

Uraufführung (am 22. Mai 1924 in der Pariser Oper), der ihm »eifrig zuredete« und

seine anfänglichen ernsten Zweifel zerstreute: »Ich glaubte, es werde mir an Zeit feh-

len, meine pianistische Technik genügend zu entwickeln und ausreichend zu üben;

denn die Ausführung des Klavierparts erfordert durchweg äußerste Anspannung

aller Kräfte. Aber ich überwand diese Bedenken. Es liegt in meiner Natur, dass eine

ununterbrochene Anstrengung mich reizt, es macht mir Freude, Schwierigkeiten zu

begegnen, und außerdem lockte es mich, mein Werk selber zu spielen und durch die

Art der Wiedergabe meine Absichten genau festzulegen«. Äußerst empfindlich war

Strawinsky vor allem hinsichtlich des Tempos, das auf keinen Fall »falsch oder unsi-

cher« sein dürfe. Dass gerade Tempo und Rhythmus eine zentrale Rolle einnehmen,

wird im Kopfsatz des Konzerts für Klavier und Bläser sogleich deutlich – wenn sich der

»barockisierende« Vorhang der Largo-Einleitung erhebt und spritzigen, rhythmisch

komplexen Bewegungsmustern Platz macht. An imaginäre Ballettmusik gemahnt

auch der Finalsatz (Allegro) mit seinen sprunghaft wechselnden »Charakteren«, wäh-

rend der getragene Mittelsatz (Largo) vom beharrlichen Pendeln zwischen nieder-

drückender Schwere und schillernden pianistischen Einwürfen geprägt ist.

Bis 1929 beanspruchte Strawinsky das alleinige Aufführungsrecht für sein Kon-

zert, das er bis dato mehr als 40 Mal vortrug – trotz starken Lampenfiebers, unter

dem er, wie er selbst bekannte, zumal am Beginn seiner Solistenlaufbahn litt.

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Längere Zeit hindurch habe es ihn sehr viel Mühe gekostet, »dieses Gefühl zu über-

winden. […] Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass mich bei meinem ersten

Auftreten plötzlich das Gedächtnis verließ. Glücklicherweise entstand daraus kein

ärgerlicher Zwischenfall. Der erste Satz meines ›Concerto‹ war zu Ende, und nun soll-

te das Largo folgen, das mit einem Klaviersolo anfängt. Da bemerkte ich plötzlich,

dass ich den Anfang völlig vergessen hatte. Ich flüsterte meine Not Kussewitzky zu,

und er gab mir mit leiser Stimme die ersten Noten an. Das genügte, um mich wieder

ins Bild zu setzen, und nun konnte ich mit dem Largo beginnen. […] Ein anderes Mal,

als ich das Konzert spielte, setzte das Gedächtnis aus, weil ich auf einmal von der

Idee besessen war, dass das Publikum eine Sammlung von Puppen in einem Panop-

tikum sei. Noch ein anderes Mal gefror mein Gedächtnis, weil ich plötzlich das

Spiegelbild meiner Finger im Holz am Rande der Klaviatur sah«. (Igor Strawinsky)

Pétrouchka (1910–11, rev. 1946–47)

Auch wenn sich Strawinsky trotz dieser »Zwischenfälle« weltweit als Solist in eige-

ner Sache behaupten konnte, stand seine Identität als Komponist doch stark im

Vordergrund. Und es ist gerade dieses markante Hereinbrechen der Fantasie, etwa

die Vision von den »Puppen in einem Panoptikum«, aus dem sich sein gewaltiges

schöpferisches Potential speiste. Grelle Bilder, die im Übrigen ebenfalls um

»Puppen« kreisen, liegen auch Strawinskys Ballett Pétrouchka zugrunde, das am

13. Juni 1911 mit überwältigendem Erfolg in Paris aus der Taufe gehoben wurde;

Igor Strawinsky (links) mit FrauKovchinsky, Sergej Diaghilew und Leon Bakst, 1915 in Lausanne

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keine Spur also von dem Eklat, den das Nachfolgewerk Le sacre du printemps, das

indirekt gar die Entstehung von Pétrouchka motivierte, bei seinem Erscheinen zwei

Jahre später auslöste. Nach L’oiseau de feu, dem Feuervogel, der ihn 1910 über Nacht

bekannt gemacht hatte, plante Strawinsky zunächst Le sacre, dessen Realisierung er

aber als »bedrückend-schwierig« empfand. Um sich davon abzulenken, wandte er

sich zwischenzeitlich einem Konzertstück für Klavier und Orchester zu. Die szeni-

sche Fantasie ließ ihn jedoch nicht los, und bei der Arbeit an dem Stück bedrängte

ihn – nach eigener Aussage – »die hartnäckige Vorstellung einer Gliederpuppe, die

plötzlich Leben gewinnt und durch das teuflische Arpeggio ihrer Sprünge die Ge-

duld des Orchesters so sehr erschöpft, dass es sie mit Fanfaren bedroht«.

»Petruschkas Schrei«, nannte er diese »schrille« Musik, und als er sie, statt der erwar-

teten ersten Skizzen zu Le sacre, Diaghilew präsentierte, zeigte dieser sich begei-

stert und überzeugte ihn, aus dem »Leben« und Leiden der Gliederpuppe ein

großes Tanzspiel zu gestalten. Das Konzertstück ging sodann als zweites Bild in der

Burleske in vier Bildern auf – wobei die Priorität der klanglichen Seite unmittelbar

Bronislawa Nijinska als Straßentänzerin

bei der Uraufführung von Pétrouchka, 1911

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auf die Aufhebung der Hierarchie zwischen Choreographie und Komposition ver-

weist. Dies bewog den amerikanischen Tanz-Impresario Lincoln Kirstein zu der

Bemerkung, Strawinsky habe eine Musik geschrieben, »die dem Tanz nicht dient,

sondern ihn unterwirft«.

Gemeinsam konzipierten Strawinsky und Diaghilew den groben Ablauf des Ge-

schehens, das Alexandre Benois, der auch Szenenbilder und Kostüme schuf, zu einer

Handlung auf zwei Ebenen verdichtete: »Als Schauplatz wählten wir den Marktplatz,

mit einer Menschenmenge, seinen Buden und den Zauberkünsten des Taschenspie-

lers; die Puppen erwachen zum Leben: Petruschka, sein Rivale und die Ballerina. Das

Drama der Leidenschaft läuft ab und endet mit dem Tod Petruschkas«. (Strawinsky)

Im Kern spielt sich also eine typische Dreiecksgeschichte ab, wie sie durch die

Commedia dell’Arte vorgeprägt ist: Pierrot (Petruschka) begehrt Columbina (Balle-

rina), die wiederum in Harlekin (Mohr) verliebt ist. Umrahmt wird das »Drama« von

wildem Jahrmarktstrubel, der von den alten russischen Fastnachts- und Butter-

wochen inspiriert ist – und dieser volkstümliche Hintergrund spiegelt sich in der

Musik prägnant wider. Schließlich war Strawinskys rhythmisches Denken selbst stark

in der russischen Volksmusik verwurzelt. Indes, die Anregungen, die er daraus

gewann, entwickelte er konsequent weiter, indem er die meisten der verwendeten

Rhythmen nicht in ihrem Rohzustand beließ, sondern punktuell zuspitzte und im

Sinne blockartiger Montage konstruktiv überhöhte. Die solcherart erfolgte Glie-

derung des musikalischen Satzes mittels Collagierung charakteristischer Klang-

objekte erfasste freilich auch die Harmonik, die, statt sich prozesshaft zu entfalten,

von der Aneinanderreihung rhythmisch definierter Sequenzen abhängt – ein Ver-

fahren, das nicht zufällig an den Filmschnitt erinnert: Tradierte Seh- und Hörge-

wohnheiten werden durch die Möglichkeiten der Montage aufgebrochen, über-

kommene Wahrnehmungsmuster pulverisiert. Markant in dieser Hinsicht ist der

Beginn des vierten Bildes, wo sich rasant auf- und abwärts gleitende Skalen in einer

Dichte durchdringen, die kaum Einzelheiten erkennen lässt, sondern, wie Pierre

Boulez es ausdrückte, nur mehr als »statistisches Phänomen« aufzufassen ist.

Das radikal Moderne in der Tonsprache von Strawinskys Pétrouchka hat seinen

Gegenpol in eben dem Rückgriff auf volksmusikalische Quellen. Auch wird solcher-

art der Handlung auf zwei Ebenen entsprochen; ja, in der Musik vertieft eine dritte

Ebene das Ineinandergreifen der beiden Handlungsstränge. Diese dritte Ebene

beruht zwar auf volksmusikalischen Einflüssen, die aber umgedeutet und mithin in

»Kunstmusik« transformiert wurden. So vermittelt sie zwischen den umrahmenden

– und durchaus realistisch oder gar anekdotisch gemeinten – Jahrmarktsszenen,

für die Strawinsky ein grelles Potpourri aus lärmenden Schlagern, bäuerlichen

Festgesängen und Gossenliedern »montierte«, und der Sphäre von Petruschka, die

abstrakter Natur ist und in bizarren Farben leuchtet. Hier setzte Strawinsky auch

harmonisch-melodische Finessen wie den so genannten »Petruschka-Akkord«, der

in Tritonusspannung den C-Dur und Fis-Dur-Dreiklang in sich vereinigt, und eine

künstliche Tonleiter aus Ganz- und Halbtönen ein. Dennoch ist das »Avantgardis-

tische« der Komposition weniger in der Harmonik zu suchen, konnte Strawinsky be-

sagte Finessen doch bereits seinem Lehrer Nikolaj Rimskij-Korsakow (1844–1908)

ablauschen. Das Neuartige liegt vielmehr in der rhythmischen Disposition und der

wechselseitigen Durchdringung heterogener Schichten, die zudem den fulminan-

ten ästhetischen Reiz des Werks wesentlich ausmachen.

Egbert Hiller

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Igor Strawinsky zu Apollon musagète

»Apollon musagète ist ein Stück ohne Intrigen. Es ist ein Ballett, dessen choreogra-

phische Handlung sich aus dem Thema entwickelt. ›Apollon musagète‹ bedeutet

Apollon, Anführer der Musen, der in jeder von ihnen ihre Kunst entwickelt. Das

Ballett beginnt mit einem kurzen Prolog, der die Geburt des Apollon darstellt. Die

Geburtswehen überkommen Leto. Sie wirft ihre Arme um einen Baum, sie drückt

ihre Knie auf einen weichen Rasen nieder, und das Kind springt ans Licht. Zwei

Nymphen eilen herbei, um Apollon zu begrüßen, geben ihm einen weißen Schleier

als Windeln und einen goldenen Gürtel. Sie reichen ihm Nektar und Ambrosia und

nehmen ihn mit zum Olymp. Ende des Prologs.

Apollon bleibt allein, er tanzt (Variation). Am Ende seines Tanzes erscheinen

Kalliope, Polyhymnia und Terpsichore: Apollon verleiht jeder eine Gabe (Pas d’ac-

tion). So wird Kalliope die Muse der Dichtkunst, Polyhymnia die Muse der Gebärde

und Terpsichore zur Muse des Tanzes. Sie bieten ihm nacheinander ihre Kunst dar

(Variation). Apollon empfängt sie mit einem Tanz zu Ehren dieser neu geborenen

Künste (Variation).

Terpsichore, die die Dichtkunst und die Gebärdenkunst in sich vereint, findet den

Ehrenplatz an der Seite des Musagète (Pas de deux). Die anderen Musen verbinden

sich mit Apollon und Terpsichore in einem Tanz, indem sich alle drei um ihren An-

führer scharen (Coda).

Diese allegorischen Szenen enden mit einer Apotheose, in der Apollon die Musen,

Terpsichore an der Spitze, zum Parnass führt, der von nun an ihr Zuhause sein wird«.

(Igor Strawinsky, Programmeinführung 1928)

Tamara Karsawina als Ballerina bei der Uraufführung von Pétrouchka, 1911

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Synopsis zu Pétrouchka

Teil I (Jahrmarkt in der Fastnachtswoche)

Auf einem weiträumigen Platz vor der Admiralität in

St. Petersburg ist ein Jahrmarkt mit Schaubuden,

Karussellen und einem Riesenrad aufgebaut. Die

Bauern sind in die Stadt gekommen, um noch einmal

ausgelassen zu feiern, bevor die Fastenzeit beginnt.

Mehrmals torkeln Betrunkene über den Platz, Künst-

ler und Straßenmusiker unterhalten die große Men-

schenmenge. Zwischen einem Drehorgelspieler und

einem Musikanten mit einer Spieldose kommt es zu

einem kuriosen musikalischen Wettstreit. Inmitten

des bunten Treibens tritt ein alter Zauberer vor seine

Schaubude. Der Vorhang hebt sich, auf der Theater-

bühne sind drei lebensgroße Puppen sichtbar:

Petruschka, der Mohr und die Ballerina. Durch ein

Flötensignal des Gauklers werden sie lebendig und

führen einen russischen Tanz auf. Die Ballerina flirtet

mit dem Mohr. Petruschka, der in die schöne Tänzerin

verliebt ist, wird eifersüchtig. Der Tanz bricht ab.

Teil II (Bei Petruschka)

Die Tür von Petruschkas kleinem, dürftigen Raum

wird jäh aufgerissen und der »russische Hanswurst«

mit einem Fußtritt in die Ecke gestoßen. Der Un-

glückliche beginnt, voller Hoffnungslosigkeit und

Sehnsucht zu tanzen. Da erscheint die Ballerina, doch

sie amüsiert sich nur über seine tollpatschigen und

grotesken Tanzversuche, mit denen er sie beein-

drucken will. Sie wendet sich erschreckt ab und ver-

schwindet fluchtartig. Der verzweifelte Petruschka

weiß nicht mehr, was er noch machen soll, stürzt sich

kopfüber durch sein Fenster – und landet im Raum

des Mohren.

Teil III (Der Mohr)

Auf einem großen Diwan liegt der Mohr und spielt

mit einer Kokosnuss. Doch schon bald beginnt er zu

tanzen. Aus dem Nachbarzimmer taucht die Ballerina

bei ihm auf und tanzt kokettierend zu einer Marsch-

melodie, in der Hand ein Cornet à Piston. Zusammen

tanzen sie einen Walzer, und der Mohr möchte die

Ballerina schon zu seinem Ruhebett führen, als plötz-

lich der wütende Petruschka durch das Fenster stürzt

und die Liebesszene stört. Die beiden Rivalen kämp-

fen heftig miteinander, die Ballerina verschwindet,

und zornig schmeißt der Mohr den ungebetenen

Gast hinaus.

Teil IV (Jahrmarkt und Tod Petruschkas)

Der Trubel auf dem Volksfest hat seinen Höhepunkt

erreicht: Tanzende Kindermädchen, ein Bauer mit sei-

nem Tanzbären und tanzende Zigeunerinnen befin-

den sich unter der ausgelassenen Menschenmenge.

Ein prahlender Kaufmann verstreut großzügig Geld-

scheine und spielt dazu auf seinem Akkordeon.

Ausgelassen tanzt eine Gruppe von Kutschern und

Stallknechten einen russischen Tanz, Maskierte stür-

men herbei und treiben ihre Späße. Sie werden un-

terbrochen, als plötzlich auf der Theaterbühne des

Gauklers Petruschka erscheint, von dem Mohren ver-

folgt. Die Ballerina versucht vergeblich, ihn aufzuhal-

ten. In höchster Not stürzt sich Petruschka von der

Bühne und mischt sich unter das Volk. Aber der Mohr

läuft hinter ihm her und erschlägt ihn vor den Augen

der bestürzten Menge mit seinem Schwert. Der her-

beigerufene Gaukler versichert einem Polizisten, es

sei nur eine leblose Puppe. Doch auf dem Theater-

dach erscheint der unsterbliche Geist Petruschkas

und verhöhnt den Zauberer.

Heidi Rogge

Waslaw Nijinsky als Petruschka, 1911

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Sonntag, 5. November 2006, 18:00

Weltbürger Strawinsky 3

Glenn Winslade Oedipus, König von Theben (Tenor)

Ekaterina Gubanova Jokaste, Mutter und

Frau des Oedipus (Mezzosopran)

James Rutherford Kreon, Schwager des Oedipus und

Der Bote (Bassbariton)

Stephen Richardson Teiresias, Seher (Bass)

Niall Chorell Der Hirte (Tenor)

Peter Simonischek Sprecher

City of Birmingham Symphony Chorus

Simon Halsey Einstudierung

City of Birmingham Symphony Orchestra

Sakari Oramo Dirigent

Igor Strawinsky 1882–1971

Symphonie de psaumes (Psalmensinfonie) (1930, rev. 1948)

für Chor und Orchester

I. Teil: Psalm 38, Verse 13 und 14

II. Teil: Psalm 39, Verse 2, 3 und 4

III. Teil: Psalm 150

Pause

Œdipus Rex (1926–27, rev. 1948)

Opern-Oratorium in zwei Akten nach Sophokles

für Solisten, Sprecher, Männerchor und Orchester

Zu diesem Konzert findet in Schulen ein Jugendprojekt

der KölnMusik statt, das vom Kuratorium KölnMusik e. V.

gefördert wird.

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Riten statt Sentimentalitäten

»Welche Freude bereitet es, Musik zu einer Sprache zu schreiben, die seit Jahrhunderten

unverändert besteht, die fast rituell wirkt und dadurch allein schon einen tiefen Ein-

druck hervorruft. Man fühlt sich nicht an Redewendungen gebunden oder an das Wort

in seinem buchstäblichen Sinn. Die strenge Form dieser Sprache hat schon an sich so

viel Ausdruckswert, dass es nicht nötig ist, ihn durch die Musik noch zu verstärken. So

wird der Text für den Komponisten zu einem rein phonetischen Material. Er kann ihn

nach Belieben zerstückeln und sich nur mit den einfachsten Elementen beschäftigen,

aus denen er besteht: den Silben. Und haben nicht auch die alten Meister des strengen

Stils den Text auf diese Weise behandelt? So hat sich auch die Kirche seit Jahrhunderten

davor bewahrt, sentimental zu werden und dem Individualismus zu verfallen«.

(Igor Strawinsky, Chroniques de ma vie)

Die Symphonie de psaumes (Psalmensinfonie) und das Opern-Oratorium Œdipus Rex

– beide Kompositionen gelten als Schlüsselwerke der »neoklassizistischen« Periode

in Strawinskys Schaffen. Auf sie passt der Begriff »Neoklassizismus« gleich in mehr-

facher Hinsicht: Erstens findet man auf Schritt und Tritt Rückgriffe auf ältere Musik-

stile und -formen. Zweitens sind beide Stücke Zeugnisse von Strawinskys entschie-

den anti-romantischer, anti-emotionaler Auffassung von Musik. Drittens schließlich

bedienen sie sich einer klassischen Sprache – des Lateinischen. Und genau diese

drei Punkte, das macht das Eingangszitat deutlich, hingen für den Komponisten

eng miteinander zusammen.

Igor Strawinsky und Jean Cocteau, 1952 in Paris

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Symphonie de psaumes (1930, rev. 1948)

Wie Strawinsky zur Konzeption der Psalmensinfonie kam, hat er in seinen Erinne-

rungen Chroniques de ma vie in bezeichnender Weise geschildert: Den Auftrag für

ein sinfonisches Werk größeren Umfangs hatte der Dirigent Sergej Kussewitzky

gegeben; Anlass war das 50-jährige Jubiläum des Boston Symphony Orchestra im

Jahr 1930. Strawinsky schreibt, ihm habe eine Sinfonie »mit großer kontra-

punktischer Entwicklung« vorgeschwebt, für die er eben auch entsprechend große

Mittel – also Chor und Orchester – wählen musste. »Was den Text angeht«, liest man

weiter, »so suchte ich nach einer Dichtung, die eigens für Gesang geschrieben ist.

Dabei dachte ich natürlich sogleich an den Psalter«. Als einen Vorteil sah Strawinsky

auch die große Bekanntheit der Psalmtexte – so könne sich nämlich der Zuhörer

ganz auf die Musik konzentrieren. Interessant ist, was hier nicht erwähnt wird: reli-

giöse Empfindungen jedweder Art. Das Sujet, so muss man schließen, scheint sich

mehr oder weniger zufällig ergeben zu haben, als persönliches Bekenntnis ist es

jedenfalls nicht gemeint. Im Gegenteil: Strawinsky nennt als ein weiteres Motiv für

seine Wahl der Psalmtexte den »brennenden Wunsch [...], den zahlreichen

Komponisten entgegenzutreten, die jene autoritativen Verse als Aufhänger für ihre

eigenen lyrisch-sentimentalen Gefühle missbraucht hatten«. Sehr glaubhaft wirkt

diese distanzierte Haltung nicht – vor allem wenn man weiß, dass Strawinsky zur

Zeit der Komposition gerade erst zur orthodoxen Religion zurückgefunden hatte.

Doch Musik, so lautete seine radikale und oft geäußerte These, kann nun einmal

nichts Außermusikalisches »ausdrücken«. Und Texte, das ist die Konsequenz daraus,

sind zumindest in ihrer semantischen Dimension eher Hindernis als Inspiration für

den Komponisten. Höchstens taugen sie noch als »rein phonetisches Material«.

Natürlich widersprechen diese Behauptungen unserer Erfahrung. Musik regt sehr

wohl Gefühle an, und sie wird gebraucht, um Gefühle auszudrücken. Sie ergreift

uns und verstärkt ohne Zweifel die emotionale Wirkung von Worten. Das gilt auch

und gerade für eine Komposition wie die Psalmensinfonie, die bewusst auf schwel-

gerischen Wohlklang verzichtet und die Gemeinplätze der traditionellen Textaus-

deutung meidet. Vielleicht muss man ja, um das Bedürfnis nach einer nüchternen,

Sergej Kussewitzky

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»gereinigten«, »objektiven« Musik zu verstehen, sich das musikalische Umfeld des

frühen 20. Jahrhunderts vergegenwärtigen – die immer noch vorherrschenden

spätromantischen und impressionistischen Klänge, das übertriebene Pathos, die

raffinierte tonmalerische und psychologisierende Wortvertonung. Strawinsky

wandte sich mit allen Mitteln gegen diese ihm verhasste Ästhetik. Interessant ist in

diesem Zusammenhang der von ihm gewählte Klangapparat: Hohe Streicher feh-

len, ebenso die Klarinetten mit ihrer sinnlichen Farbe. Dagegen sind die übrigen

Bläser mit vier Flöten, Pikkoloflöte, vier Oboen, Englischhorn, drei Fagotten, Kontra-

fagott, vier Hörnern usw. ausgesprochen reich besetzt – das ergibt klare, gut durch-

hörbare Klangstrukturen. Hinzu tritt ein Chor, der ohne Solisten auskommt und

somit eher die universale Geltung der Psalmworte als ihre Setzung durch einen

Einzelnen darstellt.

In ihrer Großform ist die Sinfonie klar und einfach angelegt: drei Sätze (oder Teile)

von zunehmendem Umfang, ohne größere Pause ineinander übergehend. Für den

Mittelsatz wählte Strawinsky die strengste, intellektuellste Form der älteren Musik

– die der Fuge. Genauer gesagt handelt es sich um eine Doppelfuge, denn es gibt

zwei Themen, ein instrumentales und ein vokales, die im Verlauf des Satzes auch

miteinander kombiniert werden. Die beiden Ecksätze sind auf motorischen, anein-

andergereihten Ostinatostrukturen aufgebaut, nicht auf den dynamischen Form-

modellen der klassisch-romantischen Sinfonik. Gleichwohl enthalten auch sie ver-

traute Klänge: Man hört Anspielungen auf Renaissance-Motetten und orthodoxen

Kirchengesang, barockisierenden Orchestersatz und manches mehr. Für seine An-

leihen aus der Musikgeschichte verwendete Strawinsky – allerdings mit Bezug auf

die Oper Œdipus Rex – den Begriff der »Haltung«, was eine Art freiwillig angenom-

menen Zwang meint: »Ebenso wie mir das Lateinische, dessen man sich im tägli-

chen Leben nicht mehr bedient, eine gewisse ›Haltung‹ aufzwang, so verlangte

auch die musikalische Sprache selbst nach einer hergebrachten Form, die die Musik

in strengen Grenzen zu halten vermag und den Komponisten daran hindert, sich

Abschweifungen hinzugeben, die dem Werk oft schaden«.

Inhaltlich ist die Gliederung der Psalmensinfonie ebenfalls deutlich: Als Anrufung

und Bußgebet zeigt sich der knappe erste Satz, in dem Strawinsky Vers 13 und 14 aus

dem 38. Psalm verwendet. Der zweite Satz (Psalm 39, Vers 2 bis 4) ist ein Dankgebet

und der dritte (Psalm 150 vollständig) ein hymnischer Lobgesang. Allerdings erhält,

wie schon angedeutet, die traditionelle Textvertonung nur wenig Raum. Das fällt

besonders im dritten Satz auf; hier hätte die Nennung der vielen Musikinstrumente

im Psalm reichlich Anlass zur Tonmalerei gegeben. Doch Strawinsky ignoriert diese

Vorlagen, ja er kümmert sich noch nicht einmal um eine korrekte, einheitliche Dekla-

mation: Die Worte »Laudate Dominum« zum Beispiel werden je nach ihrer Stellung

im Takt ganz unterschiedlich betont. In solchen Passagen dient der Text wirklich als

phonetisches Material – nicht die Bedeutung der Worte, sondern allenfalls noch die

besondere Aura der lateinischen Sprache steigert die »rituelle« Wirkung der Musik.

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Œdipus Rex (1926–27, rev. 1948)

Dass Strawinsky biblische Psalmen lieber in der altehrwürdigen lateinischen

Vulgata-Fassung vertonte als in einer lebenden Sprache, mag noch einleuchten.

Aber warum wählte er bereits einige Jahre zuvor (1926–27) für die Oedipus-Tragö-

die von Sophokles ebenfalls Latein, das hier ja nicht einmal die Ursprungssprache

ist? »Die Idee war die«, so schreibt der Komponist, »dass ein für Musik bestimmter

Text einen gewissen monumentalen Charakter erhalten könnte durch eine sozusa-

gen rückwärtsgerichtete Übersetzung von einer weltlichen in eine religiöse

Sprache«. Strawinsky bat also seinen Freund, den Schriftsteller und Filmautor Jean

Cocteau, um eine Bearbeitung des Dramas, und das fertige französische Libretto

wurde dann durch den katholischen Geistlichen Jean Daniélou ins Lateinische

übersetzt. Tatsächlich kommt Œdipus Rex trotz des heidnischen Sujets einem reli-

giösen Werk ziemlich nahe, und der »monumentale« Charakter des Stoffs wird

durch die tote, gleichsam zu Stein erstarrte Sprache bekräftigt.

Latein hatte für Strawinsky wohl noch einen weiteren Vorteil: Es war und ist den

meisten Zuhörern unverständlich. So wurden Sinn und Inhalt des Textes, die er ja

– zumindest vorgeblich – ohnehin nicht musikalisch darstellen wollte, noch weiter in

den Hintergrund gedrängt. So ganz sicher scheint sich Strawinsky in dieser Hinsicht

allerdings nicht gewesen zu sein: Jedenfalls ließ er zu, dass sein Partner Cocteau

neben den lateinisch singenden Akteuren noch einen Sprecher ins Drama einführte,

der die Geschehnisse der einzelnen Szenen wie ein Conférencier ankündigt – auf

Französisch oder in der jeweiligen Landessprache des Aufführungsortes. Später war

Strawinsky mit dieser Lösung nicht mehr sehr zufrieden, doch sie hat zweifellos eini-

ges für sich: Die verfremdende Gegenüberstellung von Archaik und ironischem

Kommentar sorgt für zusätzliche Distanz, sie verhindert vollends, dass sich das Publi-

kum mit dem »Helden« der Geschichte identifizieren kann. Außerdem erfährt man

schon vorab, was geschieht; damit entfällt das hier unerwünschte Element der Span-

nung oder Überraschung. Der Sprecher vermittelt stattdessen »mit teilnahmsloser

Stimme« jene gleichgültige Haltung, die sich Strawinsky – in extremer Gegenreaktion

auf den Gefühlsüberschwang der Spätromantik – vom Publikum wünschte.

Der Hinweis auf die Ausdrucksexzesse des 19. Jahrhunderts ist notwendig, doch

er reicht vermutlich nicht aus, um Strawinskys Abneigung gegen alles Expressive

und Individuelle, gegen Subjektivität und psychologische Differenzierung zu

erklären. Wie kam er zu dieser fast schon masochistischen Verweigerungshaltung?

Vielleicht verstehen wir ihn besser, wenn wir uns den »Helden« des von ihm

gewählten Dramas einmal näher ansehen. Anfangs erscheint Oedipus ja tatsächlich

noch als dynamischer Held, als einer, der dem Schicksal in den Rachen greift und

den Orakelspruch, er werde seinen Vater töten und die Mutter heiraten, Lügen

straft. Doch dann erweist sich allmählich die furchtbare Wahrheit: Oedipus lief in

sein Verderben, gerade indem er versuchte, diesem Verderben auszuweichen. Er ist

nichts weiter als ein Mensch, dem das Schicksal eine tödliche Falle gestellt hat. Er

hatte nie eine Chance und glaubte nur in seiner Verblendung fast bis zum Schluss,

die Dinge unter Kontrolle zu haben. Geistesgeschichtlich betrachtet hat in den letz-

ten Jahrhunderten die allzu optimistische Selbsteinschätzung des Oedipus viele

Anhänger gefunden. Der Mensch kann ein Held sein, das Schicksal besiegen und

sich sogar dem Status eines Gottes annähern. Doch genau daran zweifelten

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Strawinsky und viele seiner Zeitgenossen. Sie sahen den Individualismus als bloßes

Trugbild und den Menschen als Spielball unerklärlicher Mächte – sicherlich auch

unter dem Eindruck der fortschreitenden Technisierung und der Erfahrungen des

Ersten Weltkriegs.

An der Sophokles-Tragödie interessierte Strawinsky überhaupt nicht das persön-

liche Unglück des Oedipus oder einer anderen Figur – insofern konnte er Ausdruck

vielleicht wirklich als überflüssig betrachten. Sein großes Thema war vielmehr das

blinde Walten des Schicksals, der unentrinnbare Ablauf der Geschehnisse. Dem-

nach legte er das Stück auch nicht als Handlungsdrama an, sondern eher – in

Analogie zum christlichen Gottesdienst – als Vollzug eines vorab festgelegten

Ritus’. In all seinen Äußerungen betonte Strawinsky immer wieder das Starre,

Statische des Stücks – so auch in seinen Anweisungen, die bei einer szenischen Auf-

führung zu beachten sind: Nahezu alle Darsteller, so heißt es im Vorwort der

Partitur, »sind mit stilisierten Gewändern und Masken bekleidet. Sie bewegen nur

den Kopf und die Arme, so dass sie belebten Statuen gleichen«. Auftritte und

Abgänge von Figuren sollen nur mittels Zwischenvorhängen, Versenkung und

Lichtregie bewerkstelligt werden, die Szene darf keine Tiefe haben.

Auch musikalisch geht es Strawinsky um »Einfrostung« – so seine eigene Formu-

lierung. Den dynamischen Entwicklungen des Wagnerschen Musikdramas stellt er

die statische Aneinanderreihung verschiedener »klassischer« Formtypen entgegen

– vor allem Varianten von Chorszenen, von Rezitativen und Arien. Die Chöre sind

vielfach von starrer rhythmischer Deklamation bestimmt, die weitgehend ohne die

ständigen Takt- und Betonungswechsel früherer Werke auskommt. Die Harmonik ist

relativ einfach und nur wenig dissonant gehalten, melodische Gebilde zeigen oft

eine überraschend regelmäßige Periodik. Den Eindruck des Monumentalen,

Statischen vermitteln auch die zahlreichen Ostinati (also hartnäckig wiederholte

Figuren), Orgelpunkte (lange liegende Töne) und Tonrepetitionen, ebenso die

Formen mancher Arien: Sie sind nach dem Schema A-B-A der spätbarocken Dacapo-

Arie konstruiert. A-B-A lässt sich verstehen als Setzung, Infragestellung und

Bestätigung einer Norm – das Schicksal bleibt unabänderlich. Strawinsky nimmt hier

also eine neoklassizistische »Haltung« ein, die seinem Thema sehr angemessen ist.

Jean Cocteau, 1939

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So gleichgültig gegenüber dem Textsinn, wie der Komponist es behauptet, ist

seine Musik auch sonst nicht. Strawinsky nutzt im Gegenteil ganz bewusst Assozia-

tionen, die man mit historischen Idiomen verbindet, um bestimmte Wirkungen zu

erzielen. Das beste Beispiel ist die Partie des Oedipus: Ihm werden geradezu kastra-

tenhafte Höhen zugemutet. Kastraten waren die Helden der Barockoper, und an

ihre virtuose Ornamentik erinnern die Koloraturen des selbstgefälligen Königs zu

Beginn, etwa wenn er von sich als »Ego clarissimus Œdipus« (Ich, der hochberühm-

te Oedipus) spricht. Sobald er das Unglück ahnt (nach Jokastes Erwähnung des

»Trivium«, des Kreuzwegs), verschwinden sofort sämtliche Verzierungen aus sei-

nem Gesang. Kurz vor Schluss spricht sich Oedipus noch einmal trotzig Mut zu:

»Nonne monstrum rescituri« (Nichts Schreckliches kündest du) – Melodielinien und

Begleitung nehmen dabei eine geradezu lächerliche Harmlosigkeit an, wie das

berühmte Pfeifen im Walde. Nachdem Oedipus am Ende die furchtbare Wahrheit

erkennen muss, sind seine letzten Worte: »Lux facta est!« (etwa: Es wurde Licht).

Man kann sich leicht vorstellen, mit welchen Klangorgien mancher frühere Kom-

ponist die Katastrophe illustriert hätte. Strawinskys Orchester dagegen reagiert

äußerst verhalten, und Oedipus stößt keine Verzweiflungsschreie aus, sondern

schließt mit einem stillen, absteigenden h-Moll-Dreiklang. Gerade durch die Unter-

drückung unmittelbarer Expressivität erzielt er eine paradoxe und umso erschüt-

terndere Wirkung: Ausdruck überdauert hinter der Maske des Ausdruckslosen, und

Oedipus bewahrt sich noch im Untergang seine Würde.

Jürgen Ostmann

Bühnenbild zu Œdipus Rex von Strawinskys Sohn Théodore

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Akt II

Nach einer Wiederholung des Schlusschors vom

ersten Akt tadelt die Königin Oedipus und Kreon

wegen ihres öffentlichen Streits in der leidenden Stadt

(»Nonn’ erubeskite, reges«). Orakel, so erklärt sie, lögen

ohnehin immer. Als Beispiel führt sie König Laios an,

der ja an einem Kreuzweg von Räubern erschlagen

worden sei. Wie könne er da von seinem Sohn getötet

worden sein, wie das Orakel geweissagt hatte? Bei

dem Wort »Kreuzweg« (»Trivium«) – der Chor wieder-

holt es eindringlich – ahnt Oedipus erstmals, er selbst

könnte der gesuchte Mörder sein. Er berichtet Jokaste

von seiner Bluttat am Kreuzweg und von seinen Be-

fürchtungen (»Pavesco, maxime pavesco«), doch sie

versucht, ihn von weiteren Nachforschungen abzuhal-

ten (Duett »Oracula mentiuntur«). Nun treten zwei

weitere Personen auf: der Bote, der den neugebore-

nen Oedipus im Gebirge gefunden, und der Hirte, der

ihn zu Polybus gebracht hatte. Der Bote berichtet,

Polybus sei gestorben (»Mortuus est Polybus«); dieser

sei aber gar nicht Oedipus’ leiblicher Vater gewesen

(»Reppereram in monte«). Der Hirte bestätigt das,

obwohl er lieber geschwiegen hätte (»Opportebat

takere«). Oedipus begreift immer noch nicht und will

wissen, wessen Kind er sei (»Nonne monstrum reskitu-

ri«). Als Jokaste sich abwendet und geht, denkt er, sie

sei lediglich beschämt, in ihm ein Findelkind zu erken-

nen. Doch nun lösen Bote und Hirte das Rätsel auf:

Oedipus ist Sohn und Mörder des Laios, und er ist

Sohn und Gatte der Jokaste (»In monte reppertus

est«). Verzweifelt erkennt Oedipus die Wahrheit

(»Natus sum quo nefastum est«) und geht ab. Den

Schluss der Handlung erfährt man durch Boten und

Chor: Jokaste erhängt sich, und Oedipus sticht sich

mit ihrer goldenen Spange die Augen aus (»Divum

Jocastæ caput mortuum!«). Für den unseligen König,

der ins Exil geht, findet der Chor am Ende Worte liebe-

vollen Mitleids (»Ekke! Regem Œdipoda«).

Jürgen Ostmann

Die Vorgeschichte

Laios, König von Theben, lässt seinen neugeborenen

Sohn Oedipus im Gebirge aussetzen, weil ihm

geweissagt wurde, dieser werde ihn töten. Ein Bote

findet das Kind und übergibt es einem Hirten, der es

wiederum Polybus, dem König von Korinth, anver-

traut. Polybus adoptiert Oedipus, verschweigt ihm

jedoch seine Herkunft. Vom Orakel von Delphi erfährt

Oedipus Jahre später, dass er seinen Vater töten und

seine Mutter heiraten werde. Deshalb kehrt er gar

nicht erst nach Korinth zurück, sondern zieht weiter

nach Theben. Unterwegs gerät er in Streit mit ande-

ren Reisenden. Oedipus tötet sie an einem Kreuzweg;

nur ein Diener – es ist der Hirte, der ihn einst zu

Polybus brachte – kann entkommen. Unter Oedipus’

Opfern ist auch König Laios, der auf dem Weg zum

Orakel gewesen war. Er wollte dort erfragen, wie man

die Sphinx, die Theben bedroht, besiegen könne.

Oedipus wandert weiter und befreit Theben, indem er

die Rätsel der Sphinx löst. Das Volk feiert ihn als

Retter, er vermählt sich mit Laios’ Witwe Jokaste und

wird neuer König von Theben. Hier erst setzt die

Handlung von Strawinskys Opern-Oratorium ein.

Akt I

Theben wird von einer weiteren Plage heimgesucht –

der Pest. Die Thebaner flehen Oedipus an, ihnen

erneut zu helfen (»Kædit nos pestis«), was dieser ihnen

zusagt (»Liberi, vos liberabo«). Er habe schon seinen

Schwager Kreon nach Delphi geschickt, um das Orakel

zu befragen. Nun kehrt Kreon zurück und teilt den

Orakelspruch mit: Die Pest sei Theben geschickt wor-

den, weil die Stadt den Mörder von Laios beherberge

(»Respondit deus«). Oedipus verspricht, den Übeltäter

ausfindig zu machen und zu bestrafen (»Non reperias

vetus skelus«). Der Chor begrüßt den blinden Seher

Teiresias (»Delie, expectamus«), doch dieser weigert

sich zunächst, auf die Fragen zu antworten (»Dikere

non possum«). Erst als ihn Oedipus selbst des Mordes

anklagt, bricht er sein Schweigen. Der Mörder des

Königs, so sagt er, sei unter den Anwesenden und

selbst ein König (»Miserande, dico«) – eine Antwort,

die direkt auf Oedipus verweist. Dieser ist sich aber

keiner Schuld bewusst. Er wirft Kreon und Teiresias

eine gemeinsame Verschwörung vor (»Invidia fortun-

am odit«). Mit einem strahlenden »Gloria!« begrüßt

der Chor Jokaste und beendet den ersten Akt.

Synopsis zu Œdipus Rex

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Impressionen aus dem Leben und Schaffen des Weltbürgers Igor Strawinsky

»›Strawinsky‹ kommt von ›Strawa‹, so heißt ein kleiner Nebenfluss der Weichsel im

östlichen Polen. Wir hießen ursprünglich Sulima-Strawinsky – Sulima ist der Name

eines anderen Nebenflusses der Weichsel –, aber als die Russen diesen Teil Polens

annektierten, ließ man aus irgendeinem Grund Sulima wegfallen. Die Sulima-

Strawinsky waren Gutsbesitzer in Ostpolen soweit man sie zurückverfolgen kann.

In der Zeit Katharinas der Großen siedelten sie von Polen nach Russland über« (Igor

Strawinsky im Gespräch mit Robert Craft).

Woher komme ich, wohin gehe ich? – diese (existenziellen) Fragen beschäftigten

Igor Strawinsky in doppeltem Sinne. Allein die politischen Wirren und Kriege des

20. Jahrhunderts zwangen ihn, an verschiedenen Orten zu leben, der mehrfache

Wechsel der Staatsbürgerschaft (1934 wurde er französischer, 1945 dann amerika-

nischer Staatsbürger) zeugt davon. Tiefere Bedeutung haben diese Fragen freilich

auch hinsichtlich seines Schaffens: Strawinsky berief sich zwar immer wieder auf

die eigenen Wurzeln, öffnete sich aber stets neuen und »fremden« Eindrücken. So

kam es, dass der am 18. Juni 1882 in Oranienbaum geborene russische Komponist

einerseits die Herkunft seines Namens genau recherchierte und den Stammbaum

seiner Familie aufzuzeichnen in der Lage war, und andererseits von diesem »hüb-

schen kleinen Ort am Meer« in der Nähe von St. Petersburg aus zu einer einzigarti-

gen musikalischen (Welt-)Reise aufbrechen sollte.

1910 besuchte Strawinsky zum ersten Mal Paris, und die Stadt wurde, schon

wegen der enormen Ausstrahlung seiner französischen Zeitgenossen, für ihn zu

einem Fixpunkt. Indes, die Einflussnahme beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit;

Claude Debussy etwa charakterisierte Strawinskys Musik um 1911 zwar noch als

»kindlich und wild«, bescheinigte ihm aber ein »instinktives Genie für Klangfarben

und Rhythmus«. In Paris hatte er bald auch einen beträchtlichen Freundeskreis, zu

dem Maurice Ravel, Eric Satie, Manuel de Falla, Alfredo Casella und Giacomo Puccini

zählten. Ersterem eignete Strawinsky 1913 seine Trois poésies de la lyrique japonaise

(Drei japanische Lieder) zu. Wie der Titel schon andeutet, spiegelt sich darin die

Tuchfühlung mit der fernöstlichen Kunst wider, die über französische Vermittlung

auch bei ihm ihre Spuren hinterließ. 1912 fiel ihm eine Anthologie japanischer Lyrik

in die Hände, aus der er drei »Frühlingsgedichte« auswählte: »Sie wirkten in gleicher

Weltbürger Strawinsky 1Von Oranienbaum nach Hollywood

Igor Strawinsky, Madeleine und Darius Milhaud

sowie Nadja Boulanger,1947 in Los Angeles

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Weise auf mich wie die Kunst japanischer Holzschnitte. Die Art nun, wie in der japa-

nischen Grafik die Probleme der Perspektive und der körperlichen Darstellung

gelöst werden, reizte mich, etwas Analoges für die Musik zu entwickeln.«

Nun befruchteten sich die (Musik-)Kulturen zu allen Zeiten, in der »Moderne« be-

schleunigte sich jedoch der gegenseitige Austausch – was sich in Strawinskys Wer-

ken, nicht nur in den Drei japanischen Liedern, markant niederschlug. Und dass

besonders die frühe »Moderne« nicht nur mit jähem gesellschaftlichen und kultu-

rellen Wandel einherging, sondern auch eine Zeit der Widersprüche, der Grat-

wanderung zwischen Vergangenheit und Zukunft war, lässt sich gerade in seinen

berühmten Balletten der 1910er-Jahre (L’oiseau de feu, Pétrouchka und Le sacre du

printemps) ablesen. Zum einen scheint in ihnen das Kolorit russischer Volksmusik

und mithin Traditionelles durch, und zum anderen formieren sich rhythmische

Komplexität und eruptive Ausdrucksgewalt zum prägnanten Abbild der »Moder-

ne« – wobei die volkstümlichen Elemente nicht allein den Rückgriff auf Vertrautes

und Überkommenes signalisierten, sondern selbst wiederum dazu dienten, die

Tonsprache in rhythmischer, harmonischer und melodischer Hinsicht mit »unver-

brauchtem Material« anzureichern und zu verfremden. Und noch etwas Wesent-

liches kam hinzu: Nicht nur die Musik, auch der Tanz brach am Anfang des 20. Jahr-

hunderts zu neuen Ufern auf. Er löste sich aus aristokratischer und großbürgerli-

cher Formalisierung und geriet zum Sinnbild für eine neue Freiheit des Körperaus-

drucks – woran Sergej Diaghilews Ballets russes fundamentalen Anteil hatten. So

war die Neuartigkeit des Ansatzes, mit der der von Diaghilew beauftragte Choreo-

graph Waslaw Nijinsky Le sacre du printemps in Szene setzte, mitverantwortlich für

den Skandal, den das Werk bei seiner Pariser Uraufführung am 29. Mai 1913 verur-

sachte. Neuartig war aber auch Strawinskys Musik. Und dass er mit »modernsten«

Mitteln gleichsam die mythische Vorzeit und mithin das Einssein von Mensch und

Natur zum Klingen bringen wollte, wirft ein grelles Licht auf das Spannungsfeld,

in dem er komponierte: »Ich möchte, dass mein Werk das Gefühl der engen

Verbundenheit der Menschen mit der Erde, des menschlichen Lebens mit dem

Boden vermittelt, und ich habe versucht, dies durch einen lapidaren Rhythmus zu

erreichen.«

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Wie Strawinsky seine »lapidaren« Rhythmen kreierte, schilderte der Schweizer

Dirigent Ernest Ansermet (1883–1969), ein herausragender Interpret seiner Musik:

»Er arbeitete viel am Klavier und suchte dort Orchesterklangfarben zusammen, die

er auch – darin hatte er ein besonderes Talent – mit der Stimme imitieren konnte.

Musik war für ihn etwas Konkretes, Fassbares, das er mit dem ganzen Körper erleb-

te. So suchte er auch seine Rhythmen auf Trommeln und einem ganzen Schlag-

instrumentarium zusammen, das er nach und nach erworben hatte.«

Kennengelernt haben sich Ansermet und Strawinsky 1914 – nachdem der Erste

Weltkrieg und seine Folgen den Komponisten bewogen, sich in die neutrale

Schweiz zurückzuziehen. Gleichwohl verstand er es auch im Exil, sich ein inspirie-

rendes Umfeld zu gestalten: »In jeder neuen Wohnung nahm er zunächst große

Veränderungen vor, ließ die Wände in lebhaften Farben anstreichen und stellte alt-

modische Möbel auf, die er hatte aufarbeiten lassen. In Morges plünderte er buch-

stäblich ein Geschäft mit Puppen und altem Hausrat, das ihm empfohlen worden

war, und als er mich später in Genf besuchte, lief er von einem Antiquitätengeschäft

Jean Cocteau, Pablo Picasso,Igor Strawinsky und Olga Picasso,

1926 in Antibes

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zum anderen. Er feilschte, handelte, bettelte und erhielt zum Schluss immer alles,

was er haben wollte, und zu dem Preis, den er zahlen wollte. Nichts und niemand

hat je seinen Wünschen und seinem eisernen Willen widerstehen können« (Ernest

Ansermet).

Mit eisernem Willen trotzte Strawinsky auch seiner angeschlagenen Gesundheit,

denn obwohl er schon als Kind an Tuberkulose erkrankte und dieses Leiden peri-

odisch immer wieder auftrat, erreichte er mit knapp 90 Jahren (er starb am 6. April

1971 in New York) ein beinahe biblisches Alter. Geschont hat er sich indes nie, wo-

rauf allein schon seine intensive Reisetätigkeit schließen lässt, und sein Wille und

Ehrgeiz erstreckten sich laut Ansermet auch auf ganz handfeste Lebensbereiche:

»Auf unseren gemeinsamen Reisen, bei denen wir oft in einem Hotelzimmer wohn-

ten, und während meiner Besuche bei ihm in Morges, Nizza und anderswo mach-

ten wir es uns zur Gewohnheit, unsere Morgengymnastik ebenfalls gemeinsam zu

betreiben. Als er sich eines Morgens nach unseren Übungen zurückgezogen hatte,

um Toilette zu machen, entdeckte ich, dass er in einem anderen Raum seine Übun-

gen wieder aufnahm, um mir gegenüber im Vorteil zu sein. Manchmal beendeten

wir unsere Gymnastik mit einem Ringkampf, bei dem ich, da er muskulöser und

beweglicher war als ich, nur auf mein Gewicht zählen konnte. Es war wie ein Kampf

zwischen einem Füllen und einem jungen Stier.«

Wie wichtig Reiseimpressionen für Strawinsky waren, wie unmittelbar sie seine

schöpferische Fantasie beflügelten, kann anhand zahlreicher Werke nachvollzogen

werden: »Angeregt durch das drollige und unerwartete musikalische Durcheinan-

der der mechanischen Klaviere und Musikautomaten in den nächtlichen Straßen

und kleinen Tavernen von Madrid schrieb ich ein Stück für Pianola, und als Walze für

dieses mechanische Instrument ist es in London […] erschienen«, bemerkte er etwa

über seine Étude pour pianola von 1917. Aber darin spiegeln sich nicht nur akusti-

sche Momentaufnahmen einer pulsierenden Metropole wider, sondern auch die

– im Kontext der »Moderne« stehende – Faszination für Maschinen und deren

scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten, so die des Player-Piano »im Hinblick auf

Präzision, Schnelligkeit und Polyphonie«.

Kurz nach der Étude pour pianola wandte er sich 1918 indes wieder einer ganz

anderen künstlerischen Sphäre zu, der Histoire du soldat (Geschichte vom Soldaten)

nach Märchenerzählungen von Alexander Afanasjew. Und es ist bezeichnend, dass

er mit dem Rückgriff auf die Welt der (russischen) Märchen und Mythen zugleich

eine neue Form des epischen Theaters, die auch auf Bertolt Brecht ausstrahlte, ins

Leben rief. Streifte die Geschichte vom Soldaten im Sinne einer imaginären, literarisch

inspirierten Reise die russische Heimat, so war für die einaktige Ballettkomposition

Pulcinella – eine Zusammenarbeit mit Pablo Picasso – wiederum die direkte An-

schauung ein maßgeblicher Ausgangspunkt. Auf diversen Reisen durch Italien, die

er teilweise gemeinsam mit Picasso unternahm, begeisterte sich Strawinsky für nea-

politanische Volkstanzkomödien, zumal für den komischen Diener, die Hauptfigur

der Commedia dell’Arte: »Der Pulcinella war ein großer betrunkener Tölpel, und jede

seiner Bewegungen, wahrscheinlich auch jedes Wort, wenn ich es verstanden hätte,

war obszön.« Aber Strawinsky wäre eben nicht Strawinsky, wenn Pulcinella nicht

noch ganz andere Dimensionen eröffnet hätte. Auf Vorschlag von Diaghilew bear-

beitete er für das Ballett Fragmente, Zwischenaktmusiken und Sonaten des italieni-

schen Komponisten Giovanni Battista Pergolesi (1710–1736). Und diese »Klangreise«

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in das 18. Jahrhundert geriet zur Initialzündung, sich gezielt mit der Musik vergange-

ner Epochen zu beschäftigen: »›Pulcinella‹ war meine Entdeckung der Vergan-

genheit, eine Epiphanie, durch die mein späteres Werk möglich wurde. Natürlich war

es ein Blick zurück – die erste von vielen Liebesaffären in dieser Richtung – aber es

war natürlich auch ein Blick in den Spiegel.«

Der kühne »Revolutionär«, der mit Le sacre die Musikwelt erschütterte, war eben

nur die eine Seite in Strawinskys Wesen, die andere Seite war sein reflexiver Um-

gang mit mannigfaltigen Einflüssen und ein vielschichtiges Verhältnis zur Musik-

geschichte – wobei er tradierte Elemente nicht einfach übernahm, sondern in

einem komplexen Prozess der Anverwandlung in die eigene Tonsprache überführ-

te: »Ich gebrauche das Wort Tradition nur mit größter Vorsicht; denn heutzutage

scheint es vor allem ›das, was der Vergangenheit gleicht‹ zu bezeichnen, ein Grund

übrigens, weshalb kein guter Künstler gerade glücklich ist, wenn sein Werk als ›tra-

ditionell‹ bezeichnet wird. In Wahrheit braucht das traditionsbildende Werk über-

haupt nicht an Vergangenes zu erinnern, vor allem nicht an unmittelbar Vergan-

genes […]. Tradition ist generisch; sie wird nicht einfach ›weitergegeben‹, von Vater

zu Sohn, sie ist vielmehr ein Lebensprozess: Sie wird geboren, wächst, reift, nimmt

ab und wird – vielleicht – wiedergeboren. Diese Stufen des Wachstums und der Er-

neuerung stehen immer im Gegensatz zu den Stufen einer anderen Anschauung

oder Interpretation: Echte Tradition lebt im Widerspruch. ›Unserem Erbe ging kein

Testament voraus‹, meinte René Char. Das ist, denke ich, die ›Wahrheit‹. Aber es ist

auch wahr, dass der Künstler sein ›Erbe‹ spürt wie den Griff einer sehr kräftigen

Kneifzange.«

Hatte der Erste Weltkrieg die (künstlerischen) Spielräume des »Weltbürgers«

erheblich eingeengt – Aufführungsmöglichkeiten blieben rar und seine Bewe-

gungsfreiheit war, abgesehen von Reisen nach Frankreich, Italien und Spanien, ein-

geschränkt –, so wandelte sich dies in den 1920er-Jahren nachhaltig. Strawinsky

machte Frankreich zu seiner Wahlheimat und erweiterte seinen Horizont in alle

Richtungen. Er trat als Interpret (Pianist und Dirigent) zumal in eigener Sache her-

vor und unternahm viele (Konzert-)Reisen, die ihn 1925 erstmals auch in die USA

führten; er setzte sich nicht nur mit alter Musik, sondern auch mit neuen aufregen-

den Strömungen wie dem Jazz auseinander; er komponierte in nahezu allen Gat-

tungen, und es entstanden exemplarische Werke wie die – nun den Geist des

»Klassizismus« atmenden – Ballette Apollon musagète und Le baiser de la fée (Der

Kuss der Fee), das Konzert für Klavier und Blasinstrumente und das gemeinsam mit

Jean Cocteau entwickelte szenische Opern-Oratorium Œdipus Rex. Cocteau war es

auch, der eine enge »geistige« Verwandtschaft zwischen Strawinsky und Picasso

konstatierte: »Diese innere Jugend, die ich von ihnen habe, sie ist alterslos, und

darum haben ein Strawinsky, ein Picasso kein Alter und werden immer jünger, je

mehr sie sich von den sichtbaren Reizen entfernen, um ihre anderen spielen zu las-

sen und sie der Welt zu lehren, die sie zuerst zurückweist, indem sie mit Hässlichkeit

und Unverständlichkeit verwechselt, was doch nur eine tiefere und immer gehei-

mere (immer weniger mitteilbare) Form der Schönheit ist. Dies will Picassos bewun-

dernswertes Bonmot sagen: ›Man braucht sehr lange Zeit, um jung zu werden‹.«

Strawinsky war bereits über 50 Jahre alt, als sich in den 1930er-Jahren die politi-

sche Situation in Europa wieder massiv zuspitzte. Umso wichtiger wurden seine

Kontakte in die USA, die den Grundstein für seine spätere Emigration legen sollten.

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1936 erhielt er den Auftrag zu dem Ballett Jeu de cartes (Kartenspiel), das ihn nicht

nur vom Sujet her reizte (Strawinsky war selbst ein leidenschaftlicher Karten-

spieler), sondern auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem Choreographen

George Balanchine. Das weltmännische Erscheinungsbild des Komponisten bei

den Proben in New York beschrieb Lincoln Kirstein, der Gründer des »American

Ballet«, anschaulich: »Er war immer mit größter Sorgfalt gekleidet, in Wildleder-

schuhen, wundervoll karierten Anzügen und schönen Krawatten, der vollendete

Dandy, eine elegante Pariser Ausgabe englischer Schneiderkunst. Während des

Durchprobierens pflegte er wie ein Metronom den Takt auf seinen Knien für die

Tänze zu schlagen; dann plötzlich bat er um Unterbrechung und schlug eine Ände-

rung vor, indem er heftig gestikulierte, um sich verständlich zu machen. Diese

Vorschläge machte er nie versuchsweise, sondern mit dem Gefühl eines Menschen,

dessen Autorität keinen Widerspruch duldet, weil er es besser weiß.«

Als die Nationalsozialisten begannen, Europa mit Krieg und Verfolgung zu über-

ziehen, sah sich auch Strawinsky gefährdet – zumindest seine kompositorische

Das Ehepaar Strawinsky mit John F. Kennedy und Gattin Jacqueline, 1962 im Weißen Haus in Washington

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Arbeit, da seine Musik als »Entartete Kunst« diffamiert wurde. Persönliche

Schicksalsschläge traten hinzu; so starben 1938/39 seine erste Frau, seine Mutter

und seine älteste Tochter, und er selbst erkrankte erneut schwer an der Tuber-

kulose. Kurz nach Beginn des Krieges folgte er einer Einladung,Vorträge an der Har-

vard University zu halten – er blieb in den USA und ließ sich in Hollywood nieder.

Uraufführungen in Chicago, Boston, Los Angeles und vor allem in New York (etwa

der Symphony in three movements) markierten die künstlerischen Höhepunkte der

Kriegsjahre.

Nicht nur seine Schöpferkraft war ungebrochen – als erstes Hauptwerk nach dem

Krieg entstand die englischsprachige Oper The Rake’s Progress –, auch nahm

Strawinsky seine weltumspannende Reisetätigkeit wieder auf. 1951 kam er nach 15

Jahren wieder nach Deutschland und eröffnete im Funkhaus des damaligen NWDR

in Köln die bis heute existierende Konzertreihe »Musik der Zeit«. Zu diesem Anlass

dirigierte er ausschließlich eigene Werke aus den 1920er-Jahren: Symphonies d’in-

struments à vent, Œdipus Rex und eine gekürzte Fassung von Apollon musagète.

1959 ging er auf Konzerttournee nach Ostasien, zwei Jahre später besuchte er

schließlich Russland – ein emotional bewegendes Erlebnis, das Nikolas Nabokov in

seiner Strawinsky-Biografie festhielt: »Er sah Russland nach 47 Jahren der Abwesen-

heit zum ersten Mal wieder. Er wurde wie ein König empfangen und von jedermann

mit großer Ehrerbietung behandelt. Dieser Empfang muss Strawinsky mit einem

Gefühl innerer Genugtuung erfüllt haben, nachdem er in der stalinistischen Ära

von der sowjetischen Kulturpropaganda als ›serviler Lakai des Wall-Street-Imperia-

lismus‹ und ›dekadenter Formalist‹ gebrandmarkt worden war.«

Strawinsky in Washington, 1962

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Solche politisch motivierten »Urteile« schmerzten Strawinsky zwar, künstlerisch

anfechten konnten sie ihn freilich nicht. In seinen letzten Lebensjahren rückten

geistliche Werke und die Auseinandersetzung mit der von Arnold Schönberg – sei-

nem vermeintlichen Antipoden – erfundenen Zwölftontechnik gleichermaßen in

den Vordergrund. Statt »extrovertierten« Ausdruckskonzepten dominierten nun

lyrische Verinnerlichung und elegischer Charakter, auch im Sinne von Trauermusi-

ken, die er für verstorbene Freunde und geschätzte Persönlichkeiten komponierte.

Zu einer groß angelegten Synthese geriet das Requiem Canticles, in dem er auf

Texte aus der lateinischen Totenmesse sein breites stilistisches Spektrum Revue

passieren ließ und zu einer Einheit verdichtete. Ganz unspektakulär und leise kam

dann 1968 das Ende seiner musikalischen Reise: Die Bearbeitung zweier geistlicher

Lieder von Hugo Wolf stellt Strawinskys letzte abgeschlossene Partitur dar. Es sei

»Wolfs wunderbares Ohr und seine ebenso wunderbare Intuition« gewesen, die

ihn zu diesem Werk motivierten. Die Eigenschaften, die er Wolf zuschrieb, charak-

terisieren freilich auch sein eigenes Schaffen; denn »mit wunderbarem Ohr und

wunderbarer Intuition« vermochte es der »Weltbürger«, der inneren Konsequenz

seiner schöpferischen Entwicklungsprozesse nachzugeben und dabei auch den

(untergründigen) Wandel der Zeiten seismographisch wahrzunehmen und in

Klang zu transformieren: »Ich lebe weder in der Vergangenheit noch in der

Zukunft: ich bin in der Gegenwart. Ich weiß nicht, was Morgen sein wird, ich kann

nur für das eintreten, was mir heute als wahr gilt« (Igor Strawinsky, Chroniques de

ma vie).

Egbert Hiller

Strawinsky in einem Schuhgeschäft in Venedig, 1951

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Biografien

Thomas Adès

Thomas Adès, geboren 1971 in London, studierte an der Guildhall School

of Music and Drama und am King’s College in Cambridge. Als Dirigent und

Pianist ist er weltweit gefragt und tritt regelmäßig mit anderen Künst-

lern auf, wie etwa mit Ian Bostridge und dem Belcea Quartet. Er dirigier-

te u. a. das BBC Symphony Orchestra, das Orchestre national de France,

das Dänische Nationale Radio-Sinfonieorchester Kopenhagen, das

Finnische Radio-Sinfonieorchester Helsinki und das City of Birmingham

Symphony Orchestra. Er arbeitete mit der London Sinfonietta, dem

Ensemble Modern und der Birmingham Contemporary Music Group

zusammen. Seit 1999 ist er künstlerischer Leiter des Aldeburgh Festivals.

Zahlreiche CDs hat er als Komponist, Pianist und Dirigent eingespielt –

mit seiner eigenen Musik und von Komponisten wie Janácek, Schubert,

Castiglioni, Strawinsky, Grieg und Busoni. Zahlreiche seiner Werke ent-

standen als Auftragskompositionen, u. a. für das Hallé Orchestra

Manchester, für das Cheltenham Festival (die Oper Powder her Face), für

Sir Simon Rattle und das City of Birmingham Symphony Orchestra sowie

für das Royal Opera House Covent Garden in London. Für seine Musik

erhielt er zahlreiche Preise, darunter der Preis der Royal Philharmonic

Society (1997), der in New York verliehene Elise L. Stoeger Award (1998),

der Preis der Salzburger Osterfestspiele (1999), ein Förderpreis der Ernst

von Siemens Musikstiftung (1999), der Grawemeyer Award (2000), der

Hindemith-Preis (2001) und 2005 erneut der Preis der Royal Philhar-

monic Society. Im Oktober 2005 brachte das Cleveland Orchestra unter

Franz Welser-Möst bei uns Adès’ Chamber Symphony op. 2 zur Auffüh-

rung. Als Dirigent ist Thomas Adès heute in der Kölner Philharmonie zum

ersten Mal zu Gast.

Niall Chorell

Der irisch-finnische Tenor Niall Chorell nahm 1995 sein Gesangsstudium

auf und wurde zwei Jahre später Student an der Sibelius-Akademie in

Helsinki. Seine wichtigsten Lehrer waren Tom Krause und Jorma

Hynninen. Seit seinem Debüt als Konzert- und Oratoriensänger im Jahr

2000 hat er regelmäßig Werke von Händel, Bach, Beethoven, Haydn,

Mozart, Gounod, Strawinsky und Rautavaara mitaufgeführt. Von seinen

jüngsten Auftritten ist besonders das Bach- und Händel-Rezital in der

Wigmore Hall im Mai 2005 mit dem Helsinki Baroque Orchestra unter

Thomas Adès

Niall Chorell

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Leitung von Aapo Häkkinen hervorzuheben. Auf der Opernbühne hat er

neben Standardrepertoire von Mozart und Rossini auch Barockpartien,

etwa aus Marc-Antoine Charpentiers Les Arts Florissants, oder Partien aus

modernen finnischen Opern wie aus Tapani Länsiös Sulka von 2001 ge-

sungen. In der vergangenen Saison war er u. a. an Produktionen von

Richard Strauss’ Der Rosenkavalier und Salome sowie Puccinis Manon

Lescaut an der Finnischen Nationaloper beteiligt. Niall Chorell hat an

mehreren finnischen Gesangswettbewerben erfolgreich teilgenommen.

So gewann er 2001 den Ersten Preis beim Lohja Tenor Competition, 2002

den Zweiten Preis und den Oratorien-Spezialpreis beim nationalen

Gesangswettbewerb in Lappeenranta sowie den Dritten Preis beim Timo-

Mustakallio-Wettbewerb. Im Januar 2005 wurde er mit dem Dalton-

Baldwin-Preis beim internationalen Gesangswettbewerb Francisco Viñas

in Barcelona ausgezeichnet. Niall Chorell ist heute zum ersten Mal in der

Kölner Philharmonie zu Gast.

Stefan Fricke

Stefan Fricke, geboren 1966 in Unna, Westfalen, war nach seinem

Studium als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fachrichtung Musik-

wissenschaft an der Universität des Saarlandes tätig. 1989 gründete er

gemeinsam mit Sigrid Konrad in Saarbrücken den PFAU-Verlag, dessen

Programm sich auf Publikationen zur zeitgenössischen Musik konzen-

triert. Stefan Fricke erhielt Lehraufträge und leitete Workshops an ver-

schiedenen akademischen Institutionen, zuletzt an der Privatuniversität

Konservatorium Wien und am Musikkonservatorium Shanghai. Er arbei-

tet für die ARD-Rundfunkanstalten, für Konzertveranstalter und CD-

Labels. Daneben ediert er Schriftenreihen zur zeitgenössischen Musik, ist

Redakteur der Neuen Zeitschrift für Musik und Vizepräsident der Deut-

schen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). Er

lebt in Berlin. In der Kölner Philharmonie bietet er regelmäßig Konzert-

einführungen an, zuletzt im März 2006.

Kirill Gerstein

Seine musikalische Ausbildung erhielt Kirill Gerstein zunächst im russi-

schen Voronezh, wo er eine Musikschule für besonders begabte Kinder

besuchte. 1993 wurde er dann mit 14 Jahren der jüngste Student in der

Geschichte des Berklee College of Music in Boston, nachdem er auf einem

Jazzfestival in Polen entdeckt worden war. Nach seinem zweiten Besuch

der Sommerkurse in Tanglewood wechselte er an die Manhattan School

of Music und studierte bei Solomon Mikowsky. 2000 debütierte Kirill

Gerstein mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter David Zinman in

Europa, 2002 beim Ravinia Festival mit dem Chicago Symphony Orchestra

unter Christoph Eschenbach. In der aktuellen Saison tritt Kirill Gerstein

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Stefan Fricke

Kirill Gerstein

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mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra, dem City of Birmingham

Symphony Orchestra, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Hong

Kong Philharmonic Orchestra, dem Detroit Symphony Orchestra, dem

Indianapolis Symphony Orchestra sowie dem Zürcher Kammerorchester

und auf einer großen Tournee durch Deutschland mit den Moskauer

Philharmonikern auf. Mit Soloabenden gastiert er erneut im Konzerthaus

Wien, in Madrid, Las Palmas und Badenweiler. Verschiedene Kammer-

musikprojekte mit Steven Isserlis, Kolja Blacher, Clemens Hagen und

Tabea Zimmermann führen ihn durch ganz Europa. Zuletzt erschien in

Zusammenarbeit mit dem Klavier-Festival Ruhr und der Zeitschrift

FonoForum eine Live-CD von Kirill Gerstein. Bei uns ist er regelmäßig zu

Gast, zuletzt im Dezember 2005 mit Rachmaninows drittem Klavier-

konzert.

Ekaterina Gubanova

Die 1979 geborene Mezzosopranistin Ekaterina Gubanova erhielt ihre

Ausbildung zur Opernsängerin am Moskauer Konservatorium und stu-

dierte bei Larissa Nikitina und Vera Kudriavsteva. Seit ihrer Aufnahme an

der Sibelius-Akademie in Helsinki im Jahr 2000 wird sie dort von der

renommierten Stimmlehrerin Liisa Linko-Malmio unterrichtet. Schon als

Studentin trat sie mit dem Helsinki State Orchestra und in der Estonian

National Opera auf. Sie wurde 2002 das jüngste Mitglied des Vilar Young

Artist Programms am Royal Opera House Covent Garden und ist dort seit-

dem regelmäßig zu hören. Zu ihrem Repertoire gehören Partien aus

Opern von Mozart, Verdi, Donizetti, Dvorák, Mussorgsky, Offenbach,

Richard Strauss, Berg und Britten. 2003 eröffnete sie die Prokofjew-

Saison mit dem BBC Philharmonic in der Bridgewater Hall in Manchester

als Solistin in der Kantate Alexander Newski. Es folgten Auftritte mit dem

Royal Philharmonic Orchestra bei den BBC Proms, mit dem Liverpool

Philharmonic Orchestra, der Sinfonia Varsovia und Mahlers Lied von der

Erde, dem RTÉ National Symphony Orchestra und dem Finnischen Radio-

Sinfonieorchester Helsinki. 2005 gab sie die Brangäne in Wagners Tristan

und Isolde mit großem Erfolg an der Opéra National de Paris und kehrte

mit der Partie der Suzuki aus Puccinis Madame Butterfly wenig später

dorthin zurück. Im gleichen Jahr sang sie die Adalgisa in Bellinis Norma

am Theater St. Gallen und gab ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen.

2006 trat sie in Verdis Requiem unter Leitung von Riccardo Muti erstmals

in Japan und Italien auf. Ihr Debüt an der Metropolitan Opera ist für 2007

geplant. In der Kölner Philharmonie ist Ekaterina Gubanova heute zum

ersten Mal zu hören.

Ekaterina Gubanova

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Katia und Marielle Labèque

Katia und Marielle Labèque, Töchter von Ada Cecchi, einer Studentin von

Marguerite Long, begannen in früher Kindheit mit dem Klavierspiel. Zum

Klavierduo ausgebildet, widmeten sie sich schon bald der zeitgenössi-

schen Musik, insbesondere Werken von Komponisten wie Boulez, Berio,

Ligeti und Messiaen. Ihr Repertoire umfasst eine große Bandbreite unter-

schiedlichster Stilrichtungen, und sie wechseln mit Vorliebe von Werken

von Bach, Brahms, Liszt, Mozart, Strawinsky, Gershwin, Bernstein,

Takemitsu oder Lutosl/awski zu solchen junger zeitgenössischer Kom-

ponisten. Katia und Marielle Labèque konzertieren mit Orchestern wie

den Berliner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig, den

Wiener Philharmonikern, dem London Symphony Orchestra und dem

London Philharmonic Orchestra sowie den großen Orchestern aus Los

Angeles, Boston, Chicago, Cleveland und Philadelphia. Sie arbeiten mit

Dirigenten wie Semyon Bychkov, Sir Colin Davis, Charles Dutoit, Zubin

Mehta, Seiji Ozawa, Antonio Pappano, Sir Simon Rattle, Esa-Pekka

Salonen, Leonard Slatkin, Christoph Eschenbach und Michael Tilson

Thomas. Regelmäßig gestalten sie Programme bei bedeutenden interna-

tionalen Festivals. Katia und Marielle Labèque sind auch erfolgreiche

Interpretinnen alter Musik, mit Ensembles wie Il Giardino Armonico unter

Giovanni Antonini, den English Baroque Soloists unter Sir John Eliot

Gardiner und dem Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon. Ihre

erste Aufnahme von Gershwins Rhapsody in Blue erhielt unmittelbar

nach ihrem Erscheinen eine Goldene Schallplatte. Seitdem haben Katia

und Marielle Labèque zahlreiche Aufnahmen für führende Plattenfirmen

eingespielt. Bei uns waren sie zuletzt im Juli 2005 zu Gast.

Franck Ollu

Franck Ollu, geboren 1960 in La Rochelle, studierte Musik in Paris. Neun

Jahre lang war er Erster Hornist beim Ensemble Modern in Frankfurt. Sein

Dirigentendebüt gab er 1999, als er an der Seite von John Adams als

zweiter Dirigent bei Charles Ives’ vierter Sinfonie assistierte. Mittlerweile

dirigiert er überall in Europa, Amerika and Australien. Regelmäßig tritt er

mit Ensembles wie der London Sinfonietta, dem Ensemble Modern oder

der Birmingham Contemporary Music Group auf. Jüngste Höhepunkte als

Orchesterdirigent waren Konzerte mit dem Symphonieorchester des

Bayerischen Rundfunks und dem Orchestre national de Lyon; zukünftige

Auftritte bestreitet er mit dem Orquesta Sinfónica de Castilla y León, dem

Iceland Symphony Orchestra und dem Philharmonia Orchestra. Er ist

außerdem Künstlerischer Leiter des KammarensembleN, einem schwedi-

schen Ensemble für Neue Musik in Stockholm. Franck Ollu leitete zahlrei-

che Uraufführungen zeitgenössischer Werke, u. a. von Hans Zender, Peter

Eötvös, Emmanuel Nunes, Brian Ferneyhough, Wolfgang Rihm und Heiner

Goebbels. Als Dirigent ist Franck Ollu bei den Berliner Festwochen, beim

Katia und Marielle Labèque

Franck Ollu

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Lincoln Center Festival in New York, im Teatro Colón in Buenos Aires,

Musica Nova in München, beim Festival d’Automne in Paris und beim

Festival Musica Nova in Helsinki in Erscheinung getreten. In der Spielzeit

2004/05 dirigierte er das Ensemble Modern bei der Erstaufführung der

neuen Oper ... ce qui arrive ... von Olga Neuwirth mit Aufführungen

in Graz, Wien, Köln, Paris, Brüssel, Frankfurt und Amsterdam. Im

November dieses Jahres leitet er beim Festival d’Automne in Paris das

Ensemble Modern bei einem Projekt, das der Musik von George Benjamin

gewidmet ist. In der Kölner Philharmonie dirigierte er zuletzt im

November 2004 .

Sakari Oramo

1965 in Helsinki geboren, studierte Sakari Oramo Violine an der dortigen

Sibelius-Akademie und am Konservatorium in Utrecht. Während seiner

Zeit als Konzertmeister beim Finnischen Radio-Sinfonieorchester

Helsinki schrieb er sich 1989 in Jorma Panulas Dirigierklasse an der

Sibelius-Akademie ein. Als er 1993 einen erkrankten Dirigenten kurz-

fristig vertreten musste, feierte er großen Erfolg als Orchesterleiter, wor-

auf man ihn zum Ersten Gastdirigenten des Finnischen Radio-Sinfonie-

orchesters ernannte, dessen Chefdirigent er 2003 wurde. Seit 1998 ist er

außerdem Chefdirigent des City of Birmingham Symphony Orchestra

(CBSO), seit 1999 auch dessen Musikalischer Direktor. Mit dem CBSO ging

er auf Tourneen durch Österreich, Belgien, Kroatien, Estland, Frankreich,

Finnland, Deutschland, Irland, Italien, Japan, Litauen, die Niederlande,

Rumänien, Spanien, die Schweiz und Taiwan. Hinzu kommen jährliche

Auftritte beim Aldeburgh Festival, dem Three Choirs Festival und den BBC

Proms. Als Gastdirigent trat er mit den Berliner Philharmonikern, dem

New York Philharmonic, dem Orchestre de Paris, dem Royal Stockholm

Philharmonic, dem Oslo Philharmonic Orchestra, dem Los Angeles

Philharmonic, dem Königlichen Concertgebouworchester Amsterdam

und dem hr-Sinfonieorchester auf. Seit der letzten Saison ist er außer-

dem Chefdirigent an der Oper im finnischen Kokkola. Mit dem CBSO rief

er das Festival Floof! ins Leben; im Juni 2005 begannen Orchester und

Dirigent die Konzertserie IgorFest, die innerhalb von drei Jahren das

Gesamtwerk von Strawinsky präsentiert. Von Sakari Oramo liegen zahl-

reiche CD-Einspielungen vor, darunter je ein Zyklus mit Saint-Saëns’ und

Rachmaninows Klavierkonzerten sowie mit den Sinfonien von Sibelius.

Sakari Oramo war bei uns zuletzt im Rahmen der MusikTriennale 2004 zu

erleben.

Sakari Oramo

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Stephen Richardson

Stephen Richardson wurde in Liverpool geboren, studierte Musik an der

University of Manchester und erhielt seine Ausbildung als Sänger am

Royal Northern College of Music. Er hat inzwischen viele der führenden

Bassrollen im Opernrepertoire übernommen. Daneben sang er zahlreiche

Partien in Uraufführungen neuer Opern, darunter Thomas Adès’ The

Tempest, Tan Duns Orchestral Theatre II und Tea: A Mirror of Soul, Gerald

Barrys The Triumph of Beauty and Deceit und The Intelligence Park, John

Taveners Eis Thanaton, The Apocalypse und Fall and Resurrection sowie

Poul Ruders’ The Handmaid’s Tale. In der vergangenen Saison gab er sein

Debüt in der Titelrolle des Falstaff und als Sarastro in Die Zauberflöte an

der Opera Australia in Melbourne. Im Sommer sang er den Bartolo in Le

nozze di Figaro an der Grange Park Opera in Winchester. Außerhalb Groß-

britanniens ist er an der Nederlandse Opera, an der Vlaamse Opera, der

Opéra National de Paris, dem Teatro alla Scala, an der Lyric Opera of

Chicago, beim Istanbul Festival, bei den Salzburger Festspielen und an

der Reisopera in Enschede hervorgetreten. Als Konzertsänger ist Stephen

Richardson für sein breites Repertoire bekannt. Er trat u. a. auf mit dem

BBC Symphony Orchestra unter Martyn Brabbins, dem BBC Concert

Orchestra unter Charles Hazlewood, beim Strawinsky-Festival der BBC

unter Andrew Davis, mit dem Cleveland Orchestra und mit der London

Sinfonietta. Zuletzt hat er in Thomas Adès’ Powder her Face mit dem

London Symphony Orchestra unter der Leitung des Komponisten mitge-

wirkt. Zu seinen Rollen in der laufenden Saison gehören der Monterone

in Verdis Rigoletto und Hobson in Brittens Peter Grimes an der Opera

North. Bei uns ist Stephen Richardson zum ersten Mal zu Gast.

James Rutherford

James Rutherford wurde in Norwich geboren und studierte zunächst

Theologie an der Universität von Durham, bevor er am Royal College of

Music und am National Opera Studio in London seine Gesangsausbildung

begann. Mit mehreren Stipendien und Preisen ausgezeichnet, wurde er

im Jahr 2000 BBC New Generation Artist. Zuletzt gewann er im August

den neuen internationalen Wagner-Wettbewerb der Seattle Opera.

Engagements als Opernsänger führten James Rutherford nach Paris,

London, Berlin, Wales, Montpellier und Innsbruck. Auf der Konzertbühne

trat er u. a. mit dem BBC Symphony Orchestra unter Leonard Slatkin, dem

BBC National Orchestra of Wales, dem London Symphony Orchestra unter

Sir Colin Davis, dem Royal Scottish National Orchestra, den Berliner

Philharmonikern, dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR und

dem Orchestra of the Age of Enlightenment auf. In Großbritannien ist er

bekannt für seine Liederabende, die ihn u. a. in die Londoner Wigmore

Hall, die Bridgewater Hall in Manchester und zu den internationalen

Festivals in Bath, Buxton, Chester und auf die Isle of Man führten. Zu sei-

Stephen Richardson

James Rutherford

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nen jüngsten Engagements zählen die Partie des Donners in Wagners

Rheingold mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment unter Sir Simon

Rattle bei den BBC Proms, bei den Festspielen in Baden-Baden sowie an

der Londoner Royal Opera und die Lyric Opera of Chicago, die Partie des

Jochanaans in Strauss’ Salome an der Opéra National de Montpellier, des

Leporellos im Don Giovanni an der Scottish Opera sowie Aufführungen

von Brittens War Requiem, Waltons Belshazzar’s Feast und Elgars The Light

of Life. In der Kölner Philharmonie war James Rutherford zuletzt vor zwei

Jahren in Ralph Vaughan Williams’ Sea Symphony zu hören.

Peter Simonischek

Peter Simonischek wurde in Graz geboren und erhielt an der dortigen

Theaterakademie seine Ausbildung zum Schauspieler. Bereits während

der Studienzeit trat er am Schauspielhaus Graz auf, danach folgten

Engagements am Stadttheater St. Gallen sowie in Bern, Darmstadt und

am Schauspielhaus Düsseldorf. Ab 1979 gehörte er zwanzig Jahre lang

dem Ensemble der Berliner Schaubühne an, wo er vor allem mit Peter

Stein zusammenarbeitete, aber auch unter Regie von Luc Bondy, Andrea

Breth, Klaus Michael Grüber und Edith Clever in Werken u. a. von

Aischylos, Euripides, Kleist, Hofmannsthal, Schnitzler, Horváth, Jean

Genet, Georg Kaiser, Botho Strauß, Franz Xaver Kroetz und Yasmina Reza

zu sehen war. Bei den Salzburger Festspielen konnte man Peter

Simonischek in Inszenierungen von Peter Stein, Axel Corti und Klaus

Michael Grüber erleben. Seit dem Sommer 2002 spielt er in Christian

Stückls Jedermann-Produktion die Titelrolle. Mit Beginn der Saison

1999/2000 wurde Peter Simonischek Ensemblemitglied des Wiener

Burgtheaters, wo er mit Andrea Breth, Yoshi Oida, Andreas Kriegenburg,

Karin Beier und Thomas Langhoff zusammenarbeitet und in Rollen zu

sehen ist, deren stilistische Bandbreite von Schiller und Kleist über Ibsen

bis hin zu Ödön von Horváth, Jon Fosse, Johann Nestroy und Albert

Ostermaier reicht. Zuletzt gestaltete er die Titelrolle in Hofmannsthals

Der Unbestechliche und den Martin in Die Ziege oder Wer ist Sylvia? von

Edward Albee. Seit Ende der siebziger Jahre ist Peter Simonischek auch

regelmäßig im Kino zu sehen, zuletzt in Hierankl von Hans Steinbichler. Er

ist Träger mehrerer wichtiger Preise und Auszeichnungen, u. a. des Adolf-

Grimme-Preises mit Gold 2006. Bei uns ist Peter Simonischek heute zum

ersten Mal zu Gast.

Peter Simonischek

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Jean-Yves Thibaudet

Jean-Yves Thibaudet wurde in Lyon geboren, wo er mit fünf Jahren den

ersten Klavierunterricht erhielt und mit sieben Jahren seinen ersten

öffentlichen Auftritt absolvierte. Seine wichtigsten Lehrer waren Lucette

Descaves, eine Freundin und Mitarbeiterin von Ravel, und Aldo Ciccolini,

bei dem er mit zwölf Jahren am Pariser Konservatorium zu studieren

begann. Jean-Yves Thibaudet ist heute ein vielseitiger Pianist von inter-

nationalem Rang, der in allen Sparten zu Hause ist. Als Klavierbegleiter

arbeitet er gegenwärtig mit Renée Fleming, Cecilia Bartoli, Angelika

Kirchschlager, Yuri Bashmet und dem Rossetti String Quartet. Regelmäßig

gastiert er bei den BBC Proms, beim Spoleto Festival und beim

Tanglewood Music Festival. Höhepunkte der letzten Jahre waren die

internationale Tournee mit dem Orchestre National de France unter Kurt

Masur, ein Soloauftritt im Herbst Theatre San Francisco und ein Lieder-

abend mit Angelika Kirchschlager in Warschau. Mit vielen internationa-

len Preisen und einer Grammy-Nominierung ausgezeichnet, hat der

Pianist mehr als 30 CD-Aufnahmen veröffentlicht. Im November 2004

übernahm er das Präsidentenamt des renommierten Hospice de Baune,

einer jährlichen Wohltätigkeitsveranstaltung in Burgund. Jean-Yves

Thibaudet lebt heute in Paris und Los Angeles. In der Kölner Philhar-

monie war er zuletzt im November 2005 zu Gast.

Graham F. Valentine

Graham F. Valentine wurde in Schottland geboren und studierte an der

École internationale de théâtre Jacques Lecoq in Paris. Seit vielen Jahren

arbeitet er frei an Theatern und bei Projekten in Großbritannien,

Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Viel gespielt hat er

britisches Repertoiretheater – von Shakespeare bis Agatha Christie. Er war

zu sehen in Berios Un re in ascolto am Royal Opera House Covent Garden

und an der Opéra Bastille sowie als Mackie Messer in der Dreigroschenoper

an der Scottish Opera. Daneben trat er in Deborah Warners Kick Theatre

Company und am Royal National Theatre in London auf. In den letzten

Jahren hat er hauptsächlich mit Christoph Marthaler zusammengearbei-

tet und war am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, an der Berliner

Volksbühne, am Wiener Burgtheater und bei den Wiener Festwochen zu

erleben. 1996 wirkte er in Klaas de Vries’ Oper A King, Riding mit, einer

Koproduktion des Théâtre de la Monnaie und des Holland Festivals, und

übernahm die Partie des Vokalsolisten in Marthalers Inszenierung von

Schönbergs Pierrot Lunaire bei den Salzburger Festspielen, in New York,

Zürich und bei der RuhrTriennale. Von 2000 bis 2004 war er festes

Ensemblemitglied am Schauspielhaus Zürich. Zurzeit arbeitet Graham

F. Valentine am Theater Basel mit Anna Viebrock zusammen, in deren als

»Beste Uraufführung des Jahres« ausgezeichneter Produktion von Hans-

Joachim Hespos’ Oper iOpal er 2005 in Hannover mitgespielt hatte.

Jean-Yves Thibaudet

Graham F. Valentine

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Jenseits der Bühne ist Graham F. Valentine in Filmen u. a. von Peter

Greenaway (Restoration, Black Beauty, The Baby of Mâcon) oder Gérard

Corbiau (Farinelli) und in Hörspielen unter Regie von Ulrich Gerhardt,

Heike Tauch und Oliver Sturm zu erleben. In der Kölner Philharmonie war

Graham F. Valentine zuletzt im Rahmen des Programms Metamorphosen

der Melancholie im September 2005 zu Gast.

Glenn Winslade

Der Australier Glenn Winslade studierte in Sydney und Wien. Bekannt

geworden ist der Tenor sowohl in Australien als auch in Europa zunächst

mit Mozart-Rollen. Später kamen Partien in Opern von Beethoven, von

Weber, Saint-Saëns, Strauss und vor allem Wagner hinzu. 2001 sang er in

Sydney seinen ersten Lohengrin, 2002 seinen ersten Tannhäuser bei den

Bayreuther Festspielen. Als Kaiser in Strauss’ Die Frau ohne Schatten de-

bütierte er 2003 an der Metropolitan Opera in New York und war an-

schließend in dieser Rolle auch in Wien, Hamburg und Berlin zu hören.

2004 verkörperte er die Titelrolle in Brittens Peter Grimes in London und

New York sowie den Siegmund in Wagners Die Walküre in Melbourne.

Neben seiner Operntätigkeit ist er ein gefragter Konzertsänger, dessen

Repertoire von Verdi (Messa da Requiem) über Elgar (The Dream of

Gerontius) bis zu Mahler (Das Lied von der Erde) und Schönberg (Gurre-

lieder) reicht. Zuletzt war er als Konzertsänger in der Londoner Royal

Albert Hall, im Konzerthaus Berlin, im Leipziger Gewandhaus, in Dresden

und in der Münchner Philharmonie, in der Zürcher Tonhalle, im Concert-

gebouw Amsterdam sowie in Monte Carlo, Madrid, Lissabon, Hamburg

und Wien sowie beim Edinburgh International Festival und beim

Schleswig-Holstein Musik Festival zu hören. Zukünftig singt er Partien in

Berlioz’ Les Troyens, Janáceks Jenufa, Hindemiths Mathis der Maler,

Wagners Die Meistersinger von Nürnberg und Strauss’ Ariadne auf Naxos.

In der Kölner Philharmonie war er zuletzt 1996 zu Gast.

Glenn Winslade

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Pokrovsky Ensemble

Die Mitglieder desPokrovsky Ensembles

Marina Cherkashina

Oleg Dobrynin

Svetlana Dorokhova

Evgeny Kharlamov

Vladimir Korolev

Aleksey Reshetnikov

Andrey Samsonov

Irina Shishkina

Svetlana Sorokina-Subbotina

Mikhail Stepanich

Alexey Tabatchikov

Olga Yukecheva (Bühnenregie)

Maria Nefedova

(künstlerische Leiterin)

Pokrovsky Ensemble

Das Pokrovsky Ensemble wurde 1973 von Dmitry Pokrovsky (1944–1996)

in Moskau zur Wiederentdeckung der russischen Volkstraditionen ge-

gründet. Pokrovskys Ziel war es, einer neuen Generation die Vitalität

authentischer Dorfkultur in Musik, Tanz, Theater und religiösen Ritualen

zu erhalten und zu vermitteln.Von Moskau aus reiste das Ensemble durch

ganz Russland und dokumentierte die Traditionen, die es in den ländli-

chen Regionen entdeckte. Das Repertoire des Ensembles umfasst mittler-

weile über 1000 Lieder, darunter mittelalterliche russische Dorfmusik,

religiöse Musik und moderne Werke russischer Komponisten. Das

Pokrovsky Ensemble trägt traditionelle russische Dorftrachten und musi-

ziert auf alten Instrumenten. Einige ihrer wiederbelebten Dorflieder,

Tänze und ländlichen Rituale sind mehr als 2000 Jahre alt. Seit seiner

Gründung war das Ensemble auf Tournee in den USA, in Deutschland,

Österreich, England, der Schweiz, in Kanada, Australien, den Nieder-

landen, in Israel, Finnland, Japan, Italien und der ehemaligen UdSSR.

Auch nach Dmitry Pokrovskys Tod setzt das Ensemble seine Arbeit fort

und verbindet nationalkulturelle russische Traditionen mit der gegen-

wärtigen Musikkultur. Daher hat das Ensemble auch eine Vielzahl klassi-

scher Kompositionen in seinem Repertoire. Die Breite seiner Interessen

zeigt sich in der Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten,

Theaterregisseuren und Filmemachern. Das Ensemble hat bereits sechs

CDs eingespielt, darunter auch eine Aufnahme von Strawinskys Les noces.

In der Kölner Philharmonie sind das Pokrovsky Ensemble und seine

künstlerische Leiterin Maria Nefedova nun zum ersten Mal zu Gast.

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Birmingham Contemporary Music Group

Die Birmingham Contemporary Music Group (BCMG) wurde 1987 von Mit-

gliedern des City of Birmingham Symphony Orchestra gegründet und hat

sich als eines der führenden europäischen Ensembles etabliert. Sie unter-

hält enge Beziehungen zu den assoziierten Künstlern Oliver Knussen und

John Woolrich sowie zu Thomas Adès, der das Ensemble in der aktuellen

Saison außer in Köln auch in Birmingham, Paris und London leitet und

2008 in der Carnegie Hall in New York dirigieren wird. Die BCMG wurde mit

einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, zuletzt 2005 von der Royal

Philharmonic Society. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Aufführung neuer

Musik. Die Gruppe hat bereits über 90 Werke der führenden britischen und

amerikanischen Komponisten uraufgeführt. Sie ist regelmäßig in Groß-

britannien unterwegs sowie auf internationalen Tourneen, häufig unter

Leitung ihres Gründungsschirmherrn Sir Simon Rattle wie etwa im Jahr

2000. Konzerte in Berlin, Dänemark, Schweden und Portugal gehören

ebenso zu den Aktivitäten des Ensembles wie eine Indientournee oder

Auftritte bei Festivals wie Présence von Radio France und Wien Modern. Zu

seinen jüngsten Erfolgen zählen die Teilnahme beim Aldeburgh- und

Cheltenham-Festival und mit der Birmingham Opera Company bei den

BBC Proms. Im April 2006 ging die BCMG mit dem New Yorker Jazztrom-

peter Dave Douglas auf Englandtournee. Die BCMG veranstaltet ausge-

dehnte Unterrichtsprogramme. Projekte mit Schülerinnen und Schülern

sowie mit Erwachsenen auf Gemeindeebene werden ergänzt durch die

populären kostenlosen Rural Tours, durch Late-Night-Auftritte und

Veranstaltungen, die das Publikum mit Komponisten zusammenbringen.

Die BCMG hat zahlreiche CDs eingespielt und etliche Produktionen für

Radio und Fernsehen, u. a. für die BBC, aufgenommen. Ihre jüngste CD prä-

sentiert die Musik von Simon Holt, dirigiert von Sir Simon Rattle und

Martyn Brabbins. In der Kölner Philharmonie war die Birmingham

Contemporary Music Group zuletzt im Oktober 2000 zu hören.

Musiker der Birmingham Contemporary Music Group

Die Besetzung der Birmingham Contemporary Music Group

Marie-Christine Zupancic

Flöte, Piccolo *

Melinda Maxwell

Oboe, Englischhorn * +

Joanne Patton Klarinette

Andrew Barnell Fagott

Mark Phillips Horn I * +

Peter Currie Horn II *

Jonathan Holland

Trompete, Kornett

Anthony Howe Posaune + #

Graham Sibley Tuba +

Julian Warburton Schlagzeug

Adrian Spillet Schlagzeug *

Huw Ceredig Schlagzeug *

Cliff Pick Schlagzeug *

Ed Cervenka

Schlagzeug, Cimbalom *

Damien Harron Schlagzeug +

Peter Hill Pauken *

Robert Heard Violine I

Jane Sidebottom Violine II *

Michael Jenkinson Viola *

Christopher Yates Viola +

Ulrich Heinen Violoncello *

John Tattersdill Kontrabass

* Mittwoch 1.11.2006, 20:00+ Freitag 3.11.2006, 20:00

# Sonntag 5.11.2006, 15:00

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City of Birmingham Symphony Chorus

Seit seinem Debüt 1974 hat sich der City of Birmingham Symphony Chorus

(CBSC) zu einem der besten Klangkörper seiner Art entwickelt. Er war

bereits an allen bedeutenden Spielstätten Großbritanniens zu hören.

Ausgedehnte Tourneen führten ihn durch Europa, Nordamerika, Aus-

tralien und Asien. Er tritt regelmäßig mit dem City of Birmingham

Symphony Orchestra (CBSO) auf und wird daneben häufig von anderen

Weltklasse-Orchestern angefragt. Mit dem CBSO und seinem Leiter Sakari

Oramo hat der Chor ein breites Repertoire einstudiert. Zu den Höhe-

punkten der letzten Jahre zählen die Aufführung von Brittens War

Requiem in Coventry und der Kathedrale von Gent 2002, Verdis Requiem

und Beethovens neunter Sinfonie 2003 sowie von Elgars The Dream of

Gerontius in der Symphony Hall und im Amsterdamer Contertgebouw

2004. Seit Beginn des laufenden Jahres standen Mahlers zweite Sinfonie,

Haydns Schöpfung und Strawinskys Le Rossignol auf dem Programm. Bei

seinen Auftritten mit anderen Orchestern wird der Chor zu einem wichti-

gen kulturellen Botschafter Birminghams. Herausragend waren dabei die

Aufführung von Mahlers achter Sinfonie bei der Eröffnungsveranstaltung

des Sydney Olympic Arts Festivals 2002, oder die Konzerte und Aufnah-

men mit Beethovens neunter Sinfonie gemeinsam mit dem BBC Philhar-

monic, Auftritte mit dem National Youth Orchestra of Great Britain bei

den BBC Proms oder mit den Wiener Philharmonikern, beide unter Lei-

tung von Sir Simon Rattle, sowie die Zusammenarbeit mit dem Fin-

nischen Radio-Sinfonieorchester Helsinki. Das Jahr 2006 begann für den

Chor mit einer einwöchigen Hong Kong-Tournee und Auftritten mit dem

Hong Kong Philharmonic Orchestra. Der CBSC hat bei über 30 CD-Produk-

tionen mitgewirkt, fünf davon wurden inzwischen mit Preisen ausge-

zeichnet. Die jüngsten Einspielungen sind Four American Choruses, eine

Auftragskomposition von Julian Anderson für das CBSO, sowie eine

Sammlung beliebter englischer Chorstücke exklusiv mit dem CBSC. Der

City of Birmingham Symphony Chorus wird von Simon Halsey geleitet.

Bei uns war der Chor zuletzt im April 1999 mit einem Sibelius-Programm

zu Gast.

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Hannah McFarland

Dawn Mullard

Clare Noakes

Sarah Rees

Victoria Roberts

Sarah Russell *

Sally Ryan

Jennifer Scholes

Marion Scholey

Jean Scott *

Victoria Shirtliff

Helen Smallwood

Emily Smith

Helen Smith

Sarah Snelling

Wendy Spinner

Yvonne Sutton

Sarah Tambling

Emma Thickens

Diane Todd

Elizabeth Venner

Linda Ward

Rosemary Watts

Naomi Wellings

Lucy Woolls

Lynne Evans

Marta Fontanals-Simmons

Catherine Foster

Nancy Gillio-Terry

Naomi Goldsworthy

Lucy Griffiths

Prue Hawthorne *

Alison Haynes

Anna Hodgkinson

Robyn Jennings

Diana King *

Annabel Kings

Sheila Koch

Nicole Lamartine

Kathryn Langley

Clare Langstone

Katherine Lawson

Alison Marlow

Catherine Mason

Valerie Matthews *

Heledd McBride

Sopran

Joanna Allchin

Gillian Austin

Rachael Baylis

Sarah Beedle

Jane Belfield

Caroline Belt

Louisa Blankson

Kay Bodley *

Claire Bolton

Dianne Charles

Julie Coley *

Miranda Collins

Tanya Cutts

Helen Davies

Sheila Davies *

Kathy Deakin *

Isobel Edgar

Lisa Elkington-Bourne

Die Mitglieder des City of Birmingham Symphony Chorus

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Alt

Anne Almond

Janet Bellinger *

Tracy Bowden

Alison Bownass *

Rebecca Buswell

Kathleen Campbell *

Christine Chadwick

Helen Chamberlain

Gill Cole *

Medina Cole *

Deborah Dakin *

Helen Delaney

Catherine Duke

Sarah Ennis *

Sylvia Fox *

Judy Frodsham *

Louise Fullbrook

Christine Giles

Clare Graves

Tahlia Green

Hazel Hughes *

Barbara Hulse

Ruth Humphreys

Harriet Kirk

Susan Lawrence

Deborah Madden

Kate Marriott

Jennifer Mason *

Josephine Mesa Bandrés

Lorna Morris

Lesley Nickell *

Elizabeth Oughton

Barbara Parker

Elizabeth Parkin

Jane Paul

Carolyn Prentice

Lucy Quarmby

Alison Sadler

Laura Taylor

Christine Trethowan

Sarah Trinder

Sally Walker

Christina Warner *

Margaret Wilson *

Toni Wright

Gillian Yates

Alison York

Tenor

David Barber

Charles Barwell

Millar Bownass

Raymond Bray

Nigel Chew

Richard Cook

Peter Davies

Michael Delany

Michael Ennis

Michael Foster

Paul Glossop

Stephen Harper

Simon Judge

Robin Lewis

Howard Marriott

Bradley Minchin

William Nealon *

Peter Philps

David Richardson

Allen Roberts

Matthew Robinson

Lawrie Rumens

Harpreet Sandhu

Paul Sheldon

Gareth Thomas

Hugh Thomson

Michael Whitewood *

Jon Wilson

Alan Winwood

David Young

Bass

Steve Ash

Lawrence Bacon *

John Bayley *

Philip Beynon

Paul Bodley *

Martin Brown *

Anthony Butler

Paul Chambers

Mark Checketts

Chun Fai Cheuk

Michael Claridge *

Robert Cleal

Julian Davey

Mike Dernie

Dominic Edgar

David Ennis

Andrew Fellowes

Richard Fullbrook

Stephen Gibbs

Michael Hartley

Thomas Henderson

Richard Horley

Hugh Houghton

John Keast

Peter Leppard

Stuart Mitchell

Martin Monks

Chris O’Grady

Andrew Packer *

Andrew Parker

Richard Prew

Phillip Rawle *

James Ridgway

Calum Robarts

Mark Senior

Michael Smith

Gordon Thornett *

Christopher Wellings

Alan White

Tony Whitehouse

* Träger des CBSC

Long Service Award

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Violine I

Laurence Jackson

Robert Heard

Judith Templeman

Anne Parkin

Colin Twigg

Jane Sidebottom

David Gregory

Robert Bilson

Mark Robinson

Ruth Lawrence

Julia Beisswanger

Sheila Clarke

Andrew Szirtes

Felipe Rodriguez-Garcia

Violine II

Briony Shaw

Paul Smith

Michael Seal

Graeme Littlewood

David Arlan

Heather Bradshaw

Brian Horgan

Byron Parish

Austin Rowlands

Amy Marshall

Gabriel Dyker

Deborah White

Viola

Christopher Yates

Robin Ireland

Eugen Popescu

Michael Jenkinson

Angela Swanson

Carol Millward

Ulf Aberg

Ella Brinch

Julian Robinson

Elizabeth Fryer

Violoncello

Ulrich Heinen

Eduardo Vassallo

David Powell

Kate Setterfield

David Russell

Helen Edgar

Jacqueline Tyler

Catherine Ardagh-Walter

Ian Ludford

Toby Turton

Kontrabass

John Tattersdill

Julian Atkinson

Charles Wall

Thomas Millar

Mark Goodchild

Mark Doust

Sally Morgan

Julian Walters

Flöte

Marie-Christine Zupancic

Colin Lilley

Robert Manasse

Elizabeth May

Andrew Lane Piccolo

Oboe

Melinda Maxwell

Karen O’Connor

Louise Braithwaite

Catherine Senter

Peter Walden Englischhorn

Klarinette

Marie Lloyd

Joanna Patton

Mark O’Brien Bassklarinette

Fagott

Andrew Barnell

John Schroder

Sarah Nixon

Margaret Cookhorn Kontrafagott

Tuba

Graham Sibley

Pauke

Peter Hill

Schlagzeug

Huw Ceredig

Annie Oakley

James Strebing

Harfe

Robert Johnston

Klavier

Clive Williamson

Alistair Young

Horn

Elspeth Dutch

Peter Currie

Mark Phillips

Peter Dyson

Martin Wright

Trompete

Jonathan Holland

Mark O’Keefe

Wesley Warren

Jonathan Quirk

Robert Miles

Posaune

Philip Harrison

Anthony Howe

Alwyn Green Bassposaune

Die Besetzung des City of BirminghamSymphony Orchestra

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City of Birmingham Symphony Orchestra

Das City of Birmingham Symphony Orchestra (CBSO) wurde 1920 gegrün-

det und zählt heute zu den international führenden Klangkörpern. Es ist

das Hausorchester der Symphony Hall in Birmingham und hat seit seinem

ersten Konzert im November 1920, welches Sir Edward Elgar leitete, mit

zahlreichen führenden Dirigenten zusammengearbeitet. Internationale

Anerkennung erlangte er vor allem durch die 18-jährige Zusammen-

arbeit mit Sir Simon Rattle. Unter der Leitung des finnischen Dirigenten

Sakari Oramo, der 1998 Chefdirigent und 1999 Musikdirektor wurde, eta-

blierte sich das CBSO zunehmend. Im Sommer 2005 wurde ein neuer

Posten als Assistant Conductor für Michael Seal geschaffen. Neben den

regulären Konzerten in der Symphony Hall von Birmingham bietet das

Orchester zahlreiche Reihen an, darunter eine Kammermusikserie im

CBSO Centre sowie Lunchtime-Konzerte. Außerdem werden zahlreiche

Workshops und umfassende Programme für Familien, Kinder und

Schulen durchgeführt – mit einem breiten Repertoire, von Chaplin bis

Tschaikowsky, von Rafi bis Rachmaninow und von Sinatra bis

Schostakowitsch. Das CBSO ist Mentor von mehreren Amateurchören, in

denen Erwachsene, Jugendliche und Kinder singen. 2004 wurde das CBSO

Youth Orchestra ins Leben gerufen, das die besten jungen Musiker der

Midlands-Region vereint. Zusätzlich zu den regelmäßigen Auftritten bei

den BBC Proms, dem Three Choirs Festival und dem Aldeburgh Festival

tritt das City of Birmingham Symphony Orchestra regelmäßig internatio-

nal auf, vergangene Tourneen führten es quer durch Europa und nach

Taiwan. Das Orchester ist stolz darauf, als Botschafter von Birmingham

und der Region Midlands zu fungieren. Jedes Jahr spielt das CBSO vor

über 300.000 Menschen und erreicht mehrere Millionen Zuhörer durch

regelmäßige Radio- und TV-Auftritte. Unter Sakari Oramo hat das

Orchester zahlreiche Schallplatten-Auszeichnungen erhalten, u. a. 2002

für die Aufnahme der Klavierkonzerte von Saint-Saëns mit Stephen

Hough als Solist (Gramophone Record of the Year). Außerdem erschien

eine international beachtete CD mit Musik von John Foulds. Zwischen

2005 und 2008 gestaltet das Orchester gemeinsam mit anderen

Ensembles wie dem Birmingham Royal Ballet und Ex Cathedra in

Birmingham das IgorFest, einen Zyklus, bei dem sämtliche Werke Igor

Strawinskys aufgeführt werden. Auf dem Podium der Kölner Philhar-

monie war das City of Birmingham Symphony Orchestra bereits mehr-

fach zu Gast, zuletzt im April 2004 im Rahmen der MusikTriennale Köln.

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Kinder- und Schülerkonzerte

Freitag, 3. November 2006, 10:00 und 12:00

Weltbürger Strawinsky Konzert für Schüler

City of Birmingham Symphony Orchestra

Sakari Oramo Dirigent

Igor Strawinsky 1882–1971

Pétrouchka (1910–11, rev. 1946–47)

Burleske in vier Bildern

Konzertkarten nach Anmeldung bei

Agnes Rottland (Jugendprojekte der KölnMusik) unter

0221 20408-350 oder [email protected]

Sonntag, 5. November 2006, 15:00

Weltbürger Strawinsky Kinderkonzert für Kinder ab 10

Graham F. Valentine Soldat, Teufel, Vorleser

Eine Tänzerin Prinzessin

Birmingham Contemporary Music Group

Franck Ollu Dirigent

Igor Strawinsky 1882–1971

Histoire du soldat (Geschichte vom Soldaten) (1918)

Gelesen, gespielt und getanzt in zwei Teilen

Igor Strawinsky mit seinen Kindern Théodore, Swjatoslaw-Soulima, Milèna

und Ludmilla, 1915 in Morges

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Am 3. November finden vormittags zwei Konzerte mit Strawinskys Pétrouchka statt,

zu denen explizit Schulklassen eingeladen wurden. Fast 50 Schulklassen haben sich

angemeldet und sich in den Fächern Musik und Kunst einige Wochen kreativ mit

dem Stück auseinandergesetzt. So komponierten sie zum Beispiel eine eigene

»Wut-Musik«, um den emotionalen Ausbrüchen Petruschkas auf die Spur zu kom-

men. Bilder, Marionetten oder Stabpuppen aus dem Kunstunterricht verwandeln

das Foyer der Kölner Philharmonie an diesem Tag in einen »Jahrmarkt«.

Fünf weitere Schulklassen, die das Abendkonzert am 3. November besuchen,

haben sich im Deutsch-, Geschichts-, Kunst- und Musikunterricht mit der Entste-

hung, den zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen und dem Libretto von

Strawinskys Geschichte vom Soldaten beschäftigt.

Für das Kinderkonzert am 5. November, in dem ebenfalls die Geschichte vom Sol-

daten aufgeführt wird, haben sich mehrere Unterstufenklassen angemeldet. Auf

das Abendkonzert am 5. November mit der Psalmensinfonie und Œdipus Rex bereite-

ten sich mehrere Schulklassen in den Fächern Religion, Literatur und Musik vor.

Wir freuen uns darüber, dass etwa 1500 Schülerinnen und Schüler aus Köln und

Umgebung an diesem Strawinsky-Wochenende teilhaben, und danken dem

Kuratorium KölnMusik e.V. für die Unterstützung.

Wenn Sie Informationen über unsere Jugendprojekte haben möchten,

besuchen Sie uns unter www.koelner-philharmonie.de oder schreiben

Sie uns:

KölnMusik GmbH

Kinder- und Jugendprojekte

Agnes Rottland

Bischofsgartenstr. 1

50667 Köln

Telefon: 0221–20408-350

E-Mail: [email protected]

Jugendprojekte der KölnMusik

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Impressum

Herausgeber:

KölnMusik GmbH

Louwrens Langevoort,

Intendant der Kölner Philharmonie

und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH

Postfach 102163, 50461 Köln

www.koelner-philharmonie.de

Redaktion:

Andreas Günther

Redaktionelle Mitarbeit:

Dr. Tilman Fischer, Heidi Rogge

Fotorecherche:

Eva Schütz

Bildnachweis:

akg-images S. 11, 15, 17, 18, 20, 21, 31; akg-images/AP S. 23, 36;

akg-images/Bianconero S. 37; Celine Barsley S. 43 oben;

Decca/Michael Tammaro S. 45 oben; EMI Classics/David Thompson

S. 38 oben; Lebrecht Music & Arts S. 24, 32; Catherine Milliken S. 41

unten; Chris Nash S. 48; picture-alliance/akg-images S. 4/5;

picture-alliance/dpa S. 13, 35; picture-alliance/Photoshot S. 27;

Klaus Rudolph S. 39 unten; SONY/Richard Avedon Cover; Brian Tarr

S. 43 unten; Théodore Strawinsky Fond./Lebre S. 3, 7, 28, 54/55;

Hyou Vielz S. 9

Für die freundliche Überlassung der übrigen Fotos danken wir den

Künstlern und Künstleragenturen.

Textnachweis:

Die Texte von Stefan Fricke, Dr. Egbert Hiller und Jürgen Ostmann sind

Originalbeiträge für diese Publikation.

Gestaltung:

ROT Designteam, Düsseldorf

Produktion:

adHOC Printproduktion GmbH, Köln

Bitte beachten Sie noch folgende Hinweise:

Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys bei sich haben:

Bitte schalten Sie diese in der Kölner Philharmonie zur Vermeidung

akustischer Störungen aus. Danke!

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen in der

Kölner Philharmonie aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet

sind.

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