Werkstattbericht zur Umsetzung eines Kooperationsmodells · Organisationsabläufe integrieren....

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Innovatives Gesundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting Werkstattbericht zur Umsetzung eines Kooperationsmodells Das dieser Schrift zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesmi- nisteriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FM07009 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

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Innovatives Gesundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting

Werkstattbericht zur Umsetzung eines Kooperationsmodells

Das dieser Schrift zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesmi-nisteriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01FM07009 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

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Anmerkung

Um die Lesbarkeit des Textes zu sichern, haben die Verfasser durchgängig da-rauf verzichtet, bei der Personenbeschreibung sowohl die männliche als auch die weibliche Form zu verwenden. Wenn also die männliche Form verwendet wird, schließt dies die weibliche mit ein.

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INHALTSVERZEICHNIS

Teil I:  Innovatives Gesundheitsmanagement in einer Modellregion ... 11 

1  Vorgehensmodell zur Netzwerkentwicklung für innovatives Gesundheitsmanagement ........................................................ 11 

1.1  Betriebliche Gesundheitsförderung als externe Dienstleistung ................ 11 

1.2  Betriebliche Gesundheitsförderung als Innovation ................................. 12 

1.3  Netzwerkentwicklung für innovatives betriebliches Gesundheitsmanagement

– InnoGema ................................................................................... 13 

1.4  Zusammenfassung .......................................................................... 17 

2  Standortmonitoring in einer Modellregion Bedarfsanalyse im kleinbetrieblichen Setting ........................................................ 19 

2.1  Gegenstand und Ziel der Untersuchung............................................... 19 

2.2  Methodisches Vorgehen .................................................................... 19 

2.2.1  Festlegung der Untersuchungsregion 19 

2.2.2  Erhebungsdesign 20 

2.2.3  Beschreibung der Stichprobe 20 

2.2.4  Aufbau des Fragebogens 21 

2.3  Untersuchungsergebnisse ................................................................. 22 

2.3.1  Aspekte erfolgreicher Arbeits- und Organisationsgestaltung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen 23 

2.3.2  Kooperation und bisherige Vernetzung der Unternehmen 24 

2.3.3  Bedeutung des Themas Gesundheit und Erfahrung mit Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) 25 

2.4  Handlungsleitende Erkenntnisse für das InnoGema-Projekt .................... 26 

Teil II:  Markterschließung für Gesundheitsdienstleistungen bei kleinen und mittleren Unternehmen (Phase I im Vorgehensmodell: Ansprache und Sensibilisierung) .............................................. 28 

1  Öffentlichkeitsarbeit für betriebliche Gesundheitsdienstleistungen ................................................... 28 

1.1  Zielstellung der Teilaufgabe .............................................................. 28 

1.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 29 

1.3  Relevante Zielgruppen ..................................................................... 31 

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1.4  Charakterisierung der relevanten Zielgruppen ...................................... 32 

1.5  Ergebnisse ...................................................................................... 34 

1.6  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................... 35 

2  Aufschließungsarbeit für Nachfrager nach Gesundheitsdienstleistungen ................................................... 36 

2.1  Zielstellung ..................................................................................... 36 

2.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 36 

2.3  Ergebnisse ...................................................................................... 40 

2.4  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................... 40 

3  Aufschließungsarbeit für Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen ................................................... 41 

3.1  Gesundheitsdienstleistungen – ein unübersichtlicher Markt .................... 41 

3.2  Erste Ansprache .............................................................................. 41 

3.3  Online-Befragung............................................................................. 42 

3.4  Sprechstunde .................................................................................. 42 

3.5  Der Anbieterpool ............................................................................. 43 

3.6  Abschließende Bewertung der Akquiseinstrumente ................................ 45 

4  Aufschließungsarbeit bei Multiplikatoren im Gesundheitsbereich ................................................................. 46 

4.1  Zielstellung der Teilaufgabe ............................................................... 46 

4.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 46 

4.3  Ergebnisse ...................................................................................... 47 

4.4  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................... 47 

5  Markterschließung für Gesundheitsdienstleistungen: Kongressmesse zur betrieblichen Gesundheitsförderung ......... 48 

5.1  Zielstellung der Teilaufgabe ............................................................... 48 

5.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 49 

5.3  Akquiseinstrumente zur Teilnehmergewinnung ..................................... 51 

5.4  Ergebnisse ...................................................................................... 52 

5.4.1  Kongress 52 

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5.4.2  Messe 53 

5.5  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................... 53 

6  Aktionstag zur betrieblichen Gesundheitsförderung im Unternehmensumfeld .............................................................. 55 

6.1  Zielstellung der Teilaufgabe .............................................................. 55 

6.2  Herangehensweise/Methodisches Vorgehen ......................................... 56 

6.3  Ergebnisse ..................................................................................... 58 

6.4  Einschätzung des Aktionstages seitens der Teilnehmer .......................... 60 

6.5  Beurteilung des Aktionstages seitens der Anbieter ................................ 62 

6.6  Weitere Schlussfolgerungen .............................................................. 64 

Teil III: Kooperation mit Anbietern und Nachfragern betrieblicher Gesundheitsdienstleistungen (Phase II im Vorgehensmodell: Analyse und Beratung) ............................................................ 66 

1.  Experteninterview und Mitarbeiterbefragung zur betrieblichen

Gesundheitsförderung ...................................................................... 66 

1.1  Zielstellung ..................................................................................... 66 

1.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 66 

1.3  Ergebnisse ..................................................................................... 70 

1.4  Fazit .............................................................................................. 83 

2  Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) .............................. 86 

2.1  Zielstellung ..................................................................................... 86 

2.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 86 

2.3  Ergebnisse der Mitarbeiterworkshops/ Promotorenworkshops ................. 87 

2.4  Stand der Umsetzung von BGF-Maßnahmen in den Unternehmen ........... 92 

2.5  Barrieren für die Nutzung von Gesundheitsangeboten ........................... 92 

2.6  Konsequenzen für die weitere Vorgehensweise im Projekt ..................... 93 

3  Förderung der Kooperationsbereitschaft und des Netzwerkgedankens bei Gesundheitsdienstleistern ................. 95 

3.1  Zielstellung der Teilaufgabe .............................................................. 95 

3.2  Methodische Vorgehensweise ............................................................ 96 

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3.3  Ergebnisse ...................................................................................... 98 

3.4  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................... 99 

Teil IV: Bildung von Netzwerkpartnerschaften (Phase III im Vorgehensmodell: Bildung von Netzwerkpartnerschaften) .... 100 

1  Das Internetportal als Instrument zur Initiierung von Netzwerkpartnerschaften ...................................................... 100 

1.1  Zielstellung der Teilaufgabe ............................................................. 100 

1.2  Methodische Vorgehensweise .......................................................... 100 

1.3  Ergebnisse .................................................................................... 102 

1.4  Konsequenzen für die Projektarbeit .................................................. 104 

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Phasen des idealtypischen Ablaufs von Innovationsprozessen für Technologieprodukte/Phasen des Innovationsprozesses. .................. 13 

Abb. 2: Vorgehensmodell des Forschungsprojektes ..................................... 15 

Abb. 3: Einflussfaktoren auf den wirtschaftlichen Erfolg ............................... 23 

Abb. 4: Kooperationserfahrungen der befragten Unternehmen ..................... 24 

Abb. 5: Engagement in der Gesundheitsförderung ...................................... 25 

Abb. 6: Gestaltungsvarianten des InnoGema-Logos .................................... 30 

Abb. 7: Vorlage für InnoGema-Informationsblätter ..................................... 30 

Abb. 8: Messestand des Forschungsprojektes ............................................ 31 

Abb. 9: Nutzen des Netzwerkes für Anwender und Anbieter von Leistungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung .............................................. 33 

Abb. 10: Aktive Pause- Yoga ..................................................................... 50 

Abb. 11: Aktive Pausengestaltung, Barmer Ersatzkasse ................................ 51 

Abb. 12: Astrid Kumbernuss informiert sich bei einer Ernährungsberaterin ...... 52 

Abb. 13: Kurs „NIA“ Aktionstag 2009 .......................................................... 59 

Abb. 14: Aktionstag 2009 Interesse der Teilnehmer an Gesundheitsangeboten 61 

Abb. 15: Aktionstag 2009 Bewertung der Trainer durch die Teilnehmer ........... 61 

Abb. 16: Aktionstag 2009 Beurteilung des Aktionstages durch Anbieterpartner 62 

Abb. 17: Aktionstag 2009 Zufriedenheit mit der Teilnehmerzahl ..................... 63 

Abb. 18: Übergabe der Kooperationsvereinbarung ........................................ 64 

Abb. 19: Vorgehen bei der Kooperation mit den Unternehmen als Nutzer von Gesundheitsdienstleistungen ........................................................ 69 

Abb. 20: Führungsklima ............................................................................ 77 

Abb. 21: Zeitdruck ................................................................................... 78 

Abb. 22: Mehraufwand .............................................................................. 79 

Abb. 23: Bewältigungsverhalten ................................................................. 80 

Abb. 24: Ausmaß des erlebten Stresses ...................................................... 81 

Abb. 25: Ausmaß psychosomatischer Beschwerden ...................................... 81 

Abb. 26: Systemlandschaft InnoGema Stufe 1 ........................................... 103 

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Nutzen des zu entwickelnden Netzwerkes InnoGema ....................... 28 

Tab. 2: Angebote auf der Messe ............................................................... 49 

Tab. 3: Kurs- und Vortragsangebote ......................................................... 60 

Tab. 4: InnoGema Kooperationspartner – Unternehmen - ........................... 70 

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Tab. 5: Rahmenbedingungen (1) für betriebliche Gesundheitsförderung ........ 75 

Tab. 6: Rahmenbedingungen (2) für betriebliche Gesundheitsförderung ........ 76 

Tab. 7: InnoGema BGF Bedarfsanalyse Oberbaumcity, Stand: Juni 2009 ....... 83 

Tab. 8: Bedarf an Informationen und Werkzeugen zur Erweiterung der persönlichen Handlungskompetenz ................................................ 88 

Tab. 9: Bedarf an Angeboten zum Thema Entspannung .............................. 89 

Abkürzungsverzeichnis:

BGF: Betriebliche Gesundheitsförderung

BAuA: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

BMBF: Bundesministerium für Bildung und Forschung

BIGA: Berliner Initiative für gesunde Arbeit

GKV: Gesetzliche Krankenversicherung

DIW: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

DLR: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

GEK: Gmünder Ersatzkasse

HTW: Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

IHK: Industrie- und Handelskammer

InnoGema: Innovatives Gesundheitsmanagement

KKH Allianz: Kaufmännische Krankenkasse Allianz Hannover

KKU: Klein- und Kleinstunternehmen

KMU: Kleine und mittlere Unternehmen

LOR: Lebensweltlich orientierte Räume

MA: Mitarbeiter

RWTH Aachen: Rheinisch Westfälische Technische Hochschule Aachen

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Teil I: Innovatives Gesundheitsmanagement in einer Modellregion

1 Vorgehensmodell zur Netzwerkentwicklung für innovatives Gesundheitsmanagement

Autoren: Dieta Simon, Sabine Reszies, Günther Heger

1.1 Betriebliche Gesundheitsförderung als externe Dienstleistung

Immer mehr große Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern vielfältige Maßnah-men zur präventiven Gesundheitsförderung an, die sie flexibel in ihre internen Organisationsabläufe integrieren. Betriebliche Gesundheitsförderung umfasst dabei ein Bündel an Teilleistungen von der Beratung bis zur konkreten Trai-ningsmaßnahme für individuelle Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter. Teilweise wird Gesundheitsprävention als Serviceleistung für die Mitarbeiter von Fachkräften, die eigens dafür eingestellt werden, teilweise von externen Spezialisten konzi-piert und durchgeführt. Die Personalabteilungen treffen auf ein vielfältiges und wachsendes Angebot gesundheitsförderlicher Trainings, Beratungs-, Wellness-, Fitness- und Schulungsleistungen, aus dem sie in Orientierung am Mitarbeiter-bedarf kompatible Maßnahmenpakete für die jeweiligen Mitarbeitergruppen aus-wählen können. Allein die Höhe der Mitarbeiteranzahl erlaubt es ihnen, unterschiedliche Kursangebote zusammenzustellen und auch auszulasten. Große Unternehmen können zudem auf Unterstützung der Krankenkassen rechnen, denn auch sie honorieren zunehmend gesundheitsförderliche Prävention im Betrieb.

Vor einer gänzlich anderen Situation stehen kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Mitarbeiter durch Gesundheitsdienstleistungen bei einer gesunden Le-bensführung unterstützen wollen. Interne Gesundheitsprävention können sie nicht finanzieren und umsetzen. Ihnen fehlen auch Ressourcen, um sowohl nach innen den tatsächlichen Bedarf der Beschäftigten erfassen und bewerten zu kön-nen, als auch auf dem Anbietermarkt nach Präventionspartnern suchen und diese als geeignet qualifizieren zu können. Um Präventionsmaßnahmen darüber hinaus zu einem dauerhaften Bestandteil ihrer Arbeitsorganisation werden zu lassen, fehlen auch Managementkapazitäten, um die sich ändernden Präventi-onsbedarfe der Mitarbeiter in eine rollierende Teilnahmeorganisation zu überführen.

Besonders bedeutsam erweist sich das Bewertungsproblem bei Maßnahmen zur Prävention. Oft wird in den Medien oder auf Veranstaltungen wie „Gesundheits-tagen“ über erfolgsträchtige Leistungen zur Gesundheitsförderung informiert. Auf den Internetpräsenzen fast aller Krankenkassen werden Angebote zur indivi-duellen Gesunderhaltung offeriert. Untersuchungen bestätigen die Wirksamkeit dieser Maßnahmen. Im Gegensatz dazu ist vielfältig aber von nicht erreichten Zielgruppen die Rede, von zunehmenden Gesundheitsrisiken, von nicht ausge-lasteten Präventionskursen, von verhältnismäßig wenigen Unternehmen, die Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung vorhalten, von spärlicher Teil-nahme an Gesundheitstagen. Als Gründe werden immer wieder Zeitmangel, un-regelmäßige Arbeitszeiten, häufige Dienstreisen, konfligierende Anforderungen aus dem familiären Umkreis, aber auch Motivationsdefizite angegeben.

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Wie können nun angesichts dieser Situation kleine und mittlere Unternehmen, die den strategischen Stellenwert von Gesundheitsprävention für die Motivation, Leistungsbereitschaft und -fähigkeit sowie das individuelle und soziale Wohlbe-finden ihrer Mitarbeiter erkannt haben, vorgehen, um aus Einsicht zu aktiv Ge-staltenden zu werden, in ihren Unternehmen betriebliches Gesundheits-management einzuführen?

Bisherige Erfahrungen und die skizzierte Ausgangssituation zeigen deutlich, dass für die Einführung betrieblicher Gesundheitsprävention in kleinen und mittleren Unternehmen ein neuer Weg gesucht werden muss, der den spezifischen Gege-benheiten der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter Rechnung trägt. Zu berück-sichtigen ist dabei besonders, dass Maßnahmen zur Gesundheitsprävention als Dienstleistungen an oder mit einem Subjekt, nämlich dem Menschen, erbracht werden. Selbst eine Rückenmassage erfordert zumindest passives Mitwirken und kontinuierliche Teilnahme, damit sich ein Erfolg einstellen kann. Die in der Regel aktive Beteiligung des Nutzers oder Kunden gilt als eine zentrale Erfolgsbedin-gung für jede Dienstleistungserbringung. Der Chef eines kleinen Unternehmens kann zwar Gesundheitsprävention initiieren, aber für die konkrete Umsetzung ist die aktive Mitwirkung der Mitarbeiter unabdingbar. Mitarbeiter brauchen nicht nur das Gefühl, vom Unternehmen unterstützt zu werden, sondern Rahmenbe-dingungen und flexible Gestaltungsoptionen für die konkrete Umsetzung solcher Maßnahmen und ihre Einpassung in die jeweilige persönliche Lebensorganisa-tion. Dies aber bedeutet, dass passende Maßnahmen nur unter aktiver Beteili-gung derjenigen zu planen und zu realisieren sind, die sie auch durchführen sollen. Mit dieser Vorgehensweise wird die klassische Abfolge der Angebotsent-wicklung verlassen. Gesucht ist ein innovatives Vorgehensmodell, das aufzeigt, wie heterogener und flexibler Bedarf an betrieblicher Gesundheitsprävention mit verfügbaren Leistungspotenzialen ebenfalls kleiner Anbieterunternehmen zu passgerechten, kundenindividuellen Angeboten konfiguriert werden kann.

1.2 Betriebliche Gesundheitsförderung als Innovation

Innovation aus Anbietersicht kann sowohl als Prozess als auch als Ergebnis ge-sehen werden. Ergebnis von Innovation sind Produkte oder Leistungen, die von Unternehmen entwickelt werden, um Bestehendes zu verbessern, auf neue Kun-denbedarfe zu reagieren oder auch um auf Basis neuer Technologien elegantere oder komfortablere Lösungen zu präsentieren. Innovation als Prozess beschreibt den Gestaltungsprozess, der in seinem konkreten Ergebnis, in seinen Abfolgeschritten und auch in den jeweils genutzten Methoden und Instrumenten flexibel und offen ist, aber nach Erkenntnissen der Innovationsforschung grund-sätzlich systematisch strukturiert wird. Es ist der Suchprozess nach einer neuar-tigen Lösung, der immer auch Überraschungspotentiale enthält. Im Vordergrund steht bei der Innovation marktfähiger Produkte und Leistungen stets das verkaufbare Ergebnis, gleichwohl sind Innovationsergebnis und –prozess unmit-telbar miteinander gekoppelt, denn ein neues Produkt erfordert zwangsläufig einen neuen Gestaltungsprozess.

Maßgeblichen Einfluss auf beides, also Ergebnis und Prozess, haben die Leistungspotenziale, die ein Unternehmen für den Innovationsprozess aktivieren kann. Erweitert gehören heute zu den Leistungspotenzialen nicht nur die inter-nen Leistungsvoraussetzungen wie personelle, finanzielle und technische Res-sourcen, sondern auch die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des

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Kunden, für den die Innovation zusätzlichen Nutzen stiften soll, zur Mitwirkung am Innovationsprozess (vgl. Reichwald; Piller, 2008; Simon; Heger, 2009). Durch die Einbindung des Kunden kann die Marktfähigkeit der Innovation einer-seits frühzeitig abgesichert werden, andererseits schleust sie immer auch einen Risikofaktor in den Prozess ein, sollte die Kundenbeteiligung nicht effizient gestaltbar sein. Wird Innovation als Ergebnis betont, dann ist zu überprüfen, was für wen wie neu ist. Eine Innovation kann aus Anbieter- und Abnehmersicht einen unterschiedlichen Neuheitsgrad enthalten. Obgleich ein Innovationsprozess vom Ergebnis her grundsätzlich offen ist, haben sich in der Innovationsforschung Vorgehensmodelle für die Gestaltung von Innovationsprozessen etabliert (vgl. Schneider u.a., 2006).

Dieser wird in Abb. 1 skizziert:

Abb. 1: Phasen des idealtypischen Ablaufs von Innovationsprozessen für Technologieprodukte/Phasen des Innovationsprozesses.

Da bei der Gestaltung innovativer Dienstleistungen zur Gesundheitsprävention der Investitionsaufwand im Vergleich zu technischen Neuerungen relativ gering ist, werden in der Praxis viele Angebote mit einem „Trial-and-error-Vorgehen“ in den Markt eingeführt, ohne Berücksichtigung der skizzierten Abfolge der Ent-wicklungslogik. Insbesondere fehlt häufig eine frühe Prüfung der Marktfähigkeit der neuen Angebote. Das führt auf der einen Seite zu einem Überangebot an nicht bedarfsgerechten Leistungen, auf der anderen Seite zu einer unbefriedig-ten Nachfrage nach Dienstleistungen. So prognostiziert eine aktuelle Studie ein Wachstum des gesamten Gesundheitsmarktes bis 2020 um 26,3 Mrd. Euro (vgl. Kartte; Neumann, 2007). Zugleich stellt die Studie Defizite bei kundengerechten Angeboten fest: “Die Bereitschaft ist vorhanden, noch fehlen aber die passenden Angebote, um tatsächlich mehr für Gesundheit auszugeben“ (Kartte; Neumann, 2007, S. 5)

In Orientierung an den bisherigen Ergebnissen und Erfahrungen der Innovati-onsforschung stellt sich somit die Herausforderung zu prüfen, wie innovative Dienstleistungen zur Gesundheitsprävention in Anlehnung an ein strukturiertes und bewährtes Vorgehensmodell entwickelt werden können. Zu beantworten ist konkret die Frage: Wie müssen Anbieter von Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsprävention vorgehen, um für und gemeinsam mit kleinen und mitt-leren Unternehmen bedarfsgerechte, innovative Angebote zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen?

1.3 Netzwerkentwicklung für innovatives betriebliches

Gesundheitsmanagement – InnoGema

Mit Hilfe eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Eu-ropäischen Sozialfonds geförderten Modellprojektes untersucht ein Forschungs-projekt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin), ob und wie ein Netzwerk heterogener Anbieter von Präventionsleistungen in exemplarischen Modellregionen in der Lage ist, unternehmerisch erfolgreich eine

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innovative Problemlösung für die Einführung und Etablierung betrieblicher Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen zu entwickeln. Da-rüber hinaus wird analysiert, wie ein Geschäftsmodell der Netzwerkgemeinschaft aussehen könnte, um mit innovativen Lösungen dauerhaft Akzeptanz am Markt finden zu können (vgl. Reszies, 2009). Wenn beide Fragen bejaht werden kön-nen, dann steht einer Verbreitung dieses Vorgehens für andere Regionen nichts im Wege.

Das Projekt „Netzwerkentwicklung für innovatives betriebliches Gesundheitsma-nagement“ (InnoGema) konzentriert sich auf zwei Berliner Modellregionen mit jeweils etwa 200 bzw. 100 kleinen und mittleren Unternehmen. Diese Regionen zeichnen sich durch eine räumliche Nähe und einen hohen Anteil an Unterneh-men (Nutzer) aus dem Bereich der Kreativwirtschaft aus. Gemeinsam mit einer Vielzahl an Gesundheitsanbietern entwickeln Management und Belegschaft Strategien für ein langfristiges Etablieren von Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Die interaktive Entwicklung innovativer, kundenspezifi-scher Angebote erfolgt im Rahmen eines an der Innovationsforschung ausge-richteten Vorgehensmodells (vgl. Abb. 2):

• Phase I: Ansprache und Sensibilisierung

• Phase II: Analyse und Beratung

• Phase III: Bildung von Netzwerkpartnerschaften

• Phase IV: Servicecenter Betriebliche Gesundheitsförderung

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Abb. 2: Vorgehensmodell des Forschungsprojektes (vgl. Kather-Skibbe; Hannemann; Reszies, 2009, S. 91)

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Im Folgenden werden die Inhalte der vier Phasen skizziert:

Phase I: Ansprache und Sensibilisierung

Ziel der ersten Projektphase ist das Gewinnen von Partnern, Nutzern und An-bietern von Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsprävention sowie von Multi-plikatoren (Sozialversicherungsträgern, Verbänden, Kammern, Innungen usw.), die gemeinsam mit dem Projektteam der HTW Berlin ein Netzwerkkonzept ent-wickeln und erproben.

Diese Phase hat fast ein Jahr in Anspruch genommen, da nach Unternehmen gesucht wurde, die sich für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter verantwortlich füh-len, die schon vorher auf diesem Gebiet aktiv waren, bislang aber nicht den richtigen Weg gefunden haben. Diese Unternehmen interessieren sich für eine Dienstleistung, die es am Markt noch gar nicht gibt.

Auf Seiten der Anbieter von Präventionsleistungen wurden Partner gesucht, die Interesse an einer Kooperation haben, weil sie in der Entwicklung kollaborativer Angebote für kleine und mittlere Unternehmen ein zukunftsträchtiges neues Ge-schäftsfeld erkennen. Voraussetzung dafür ist, dass sie bereit sind Ressourcen einzubringen und mit dem Forschungsteam von InnoGema nach realistischen Lösungen für tragfähige kollaborative Angebote zu suchen.

Aktuell beteiligen sich sieben Unternehmen als Nutzer und dreiunddreißig Gesundheitsanbieter als Partner am Netzwerk. Die IHK Berlin als Multiplikator unterstützt diese Netzwerkbildung aktiv.

Phase II: Analyse und Beratung

In dieser Phase werden die Grundlagen für die angestrebte Innovation erarbei-tet. Das Projektteam analysierte dafür in den Nutzerunternehmen durch Befra-gungen und Interviews der Mitarbeiter und Führungskräfte die konkrete Ausgangssituation und die Bedarfsschwerpunkte für die Einführung betrieblicher Gesundheitsförderung. Mit Hilfe der Anbieterpartner erprobten die Mitarbeiter verschiedene Angebote und fanden heraus, welche Präventionsaktivitäten zu ihren Ansprüchen auf Gesundheitsförderung passen und welche Form sich am besten in die betrieblichen Abläufe integrieren lässt.

Voraussetzung für die kooperative Angebotsgestaltung der Netzwerkakteure ist der Aufbau einer innovationsfördernden Netzwerkkultur. Dazu wurden und wer-den Workshops auf Nutzer- als auch auf Anbieterseite durchgeführt, in denen zunächst Netzwerkregeln erarbeitet wurden, mit denen die Partner ihre verbind-liche Zugehörigkeit und Mitarbeit im Netzwerk definieren. Zusätzlich vereinbar-ten sie, nach welchen Qualitätsstandards sie ihre Leistungsangebote strukturieren und entwerfen gemeinsam neue kollaborative Wertschöpfungspro-zesse. Ergebnis dieser Phase ist ein Vorgehensmodell für die Herausbildung von Netzwerkpartnerschaften, das die Basis für gemeinsame rechtsverbindliche An-gebotsentwicklung liefert. Dieses Modell wird in der dritten Projektphase erprobt und angepasst.

Phase III: Bildung von Netzwerkpartnerschaften

Gegenwärtig befinden sich die beteiligten Anbieter zu kollaborativen Partner-schaften zusammen, um unternehmensübergreifende Gesundheitsprogramme zu entwickeln und zu evaluieren. Dabei wird das Netzwerk zum Systemanbieter,

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das auf den oder die Nutzer individuell zugeschnittene Angebotspakete berei-thält. Diese bestehen aus den abgestimmten Beiträgen der Anbieterpartner. Die Mitarbeiter des Anwenderunternehmens sind von Anfang an in die Entwicklung der präventiven Gesundheitsdienstleistung einbezogen. Damit ist eine zentrale Voraussetzung für die Akzeptanz der innovativen Angebote erfüllt. Dieses Vor-gehen knüpft an die Erkenntnis der Innovationsforschung an, wonach eine Dienstleistungsinnovation eine noch nicht realisierte Leistung ist und vor der Erbringung vom Nutzer weder anfassbar noch erlebbar ist. Sie existiert lediglich als ein Leistungsversprechen, das für den Kunden im Hinblick auf seine tatsächli-che Kauf- und Nutzungsentscheidung Glaubwürdigkeit vermitteln muss. Dem Abbau von Nutzungsbarrieren der Beschäftigten in den kleinen und mittleren Unternehmen ist daher große Aufmerksamkeit zu widmen. Nicht hoch genug bewertet werden kann die Tatsache, dass viele wertvolle Ideen bei der Entwick-lung bzw. Erstellung der Dienstleistung vom künftigen Anwender, dem Kunden kommen. Diese sollen im Netzwerk bei der Angebotsentwicklung unbedingt einfließen.

Phase IV: Servicecenter Betriebliche Gesundheitsförderung

Die Erfahrungen, Modelle und Instrumente aus den ersten drei Projektphasen werden in einem „Servicecenter Betriebliche Gesundheitsförderung“ gebündelt, das mehrere Funktionen erfüllt:

• Aus den Erfahrungen der Netzwerkpartner lernen

• Informationen und Wissen austauschen

• Kundenintegrierte Angebote entwickeln

• Hilfe zur Selbsthilfe

• Internetportal mit Instrumenten zur Selbstreflexion

• Angebotsevaluation

• Internetportal zur Abwicklung der Buchung von Gesundheitsprogrammen

• Praxishandbuch

• …

Das Servicecenter kann mit seiner Infrastruktur und einem entwickelten Ge-schäftskonzept den Übergang des Netzwerkes aus dem Organisationskontext des Forschungsprojektes in die marktbezogene Selbststeuerung vorbereiten und unterstützen. Es erlaubt eine bessere Verzahnung der Einzelmaßnahmen der regionalen Gesundheitsanbieter, bildet eine Brücke zwischen den unterschied-lichsten Akteursbereichen, ermöglicht kontinuierliches Erfahrungslernen der Netzwerkpartner und entwickelt Instrumente, die im Rahmen des Projektes er-arbeitet und in einem Praxishandbuch festgehalten werden, weiter.

Als Plattform für die Entwicklung innovativer kundenorientierter Gesundheits-dienstleistungen muss es nach Projektende seine Marktakzeptanz unter Beweis stellen.

1.4 Zusammenfassung

Das Projekt „Netzwerkentwicklung für ein innovatives Gesundheitsmanagement – InnoGema“ will modellhaft zeigen, wie in Zusammenarbeit zwischen regionalen kleinen und mittleren Unternehmen und Anbietern präventiver Gesundheits-dienstleistungen selbstorganisierende Kooperationsformen für die Einführung

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betrieblicher Gesundheitsförderung entwickelt und zu einem nachhaltig wirksa-men Netzwerk kollaborativer Gesundheitsprävention für kleine und mittlere Un-ternehmen durch die Einrichtung des „Servicecenters Gesundheit“ ausgebaut werden können. Durch die innovative Kollaboration vieler heterogener Netz-werkanbieter kann es gelingen, auch Belegschaften kleiner und mittlerer Unter-nehmen mit betrieblicher Gesundheitsprävention zu versorgen. So besteht die Chance, dass die Angebote dauerhaft angenommen und weiterentwickelt werden und sich das „Servicecenter Gesundheit“ in der Region als erfolgreiches innovati-ves Geschäftsmodell etablieren kann.

Literaturverzeichnis:

Kather-Skibbe, P., Hannemann, V. & Reszies, S. (2009): Betriebliche Gesund-heitsförderung als kooperative Dienstleistung in einem Netzwerk in Berlin. In: D. Simon & G. Heger (Ed.), Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen (S. 61-93). fhtw-transfer 55-2009.

Kartte, J.; Neumann, K. (2007): Der Zweite Gesundheitsmarkt, Studie, Roland Berger Strategy Consultants.

Reichwald, R.; Piller, F. (2008): Interaktive Wertschöpfung – Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, 2. Aufl., Wiesbaden 2008.

Reszies, S. (2009): Netzwerkentwicklung für innovatives Gesundheitsmanage-ment, in: Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen – Betriebliche Ge-sundheitsförderung als innovative Dienstleistung, hrsg. Von D. Simon und G. Heger, Berlin 2009, S. 31-44.

Schneider, K.; Daun, Ch.; Behrens, H.; Wagner, D. (2006): Vorgehensmodelle und Standards zur systematischen Entwicklung von Dienstleistungen, in: Service Engineering – Entwicklung und Gestaltung innovativer Dienstleistungen, hrsg. von H.-J. Bullinger und A.-W. Scheer, 2. Aufl., Berlin und Heidelberg 2006, S. 113-138.

Simon, D.; Heger, G. (2009): Entwicklung innovativer Dienstleistungen zur Be-trieblichen Gesundheitsförderung durch Integration des Kunden in den Wertschöpfungsprozess, in: Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen – Betriebliche Gesundheitsförderung als innovative Dienstleistung, hrsg. Von D. Simon und G. Heger, Berlin 2009, S. 45-59.

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2 Standortmonitoring in einer Modellregion Bedarfsanalyse im kleinbetrieblichen Setting

Autoren: Mandy Kircheis, Veit Hannemann

2.1 Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Das Hauptziel der vorliegenden Untersuchung bestand darin, eine möglichst umfassende Ausgangsanalyse zu Einstellungen und Erfahrungen der in einem ausgewählten Berliner Stadtgebiet ansässigen Unternehmen zum Thema Be-triebliche Gesundheitsförderung zu erhalten. Die Befragungszielgruppe bildeten vorrangig kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die im Stadtquartier Stralauer Kiez/Oberbaumcity im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ansässig sind.

Es wurden grundlegende Daten zur Unternehmens- und Mitarbeiterstruktur in den ansässigen KMU erhoben und eine Situationsanalyse zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zum Stand der Betrieblichen Gesundheitsförderung (im Folgenden kurz: BGF) durchgeführt. Daneben galt es, durch die gezielte Anspra-che der Geschäftsführer einen Zugang zu den ansässigen Unternehmen zu er-halten, die Einstellung der Geschäftsführer zum Thema Gesundheitsförderung zu ermitteln und sie zugleich für das Thema zu sensibilisieren. Durch die Präsenta-tion der bedeutsamsten Projektinhalte des Forschungsprojekts InnoGema sollte der Zielgruppe bereits während der Befragung der Netzwerkgedanke mit dem Ziel der betrieblichen Gesundheitsförderung näher gebracht und dessen Nutzen aufgezeigt werden.

Die Ziele im Einzelnen bestanden darin,

• den Bedarf an Beratungsangeboten im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu ermitteln,

• Erkenntnisse über die bisherigen Erfahrungen mit Maßnahmen in diesem Themenfeld zu erlangen,

• Ansatzpunkte für die Etablierung der BGF in den Unternehmen zu identifizieren,

• Handlungsempfehlungen für das Projekt InnoGema zu entwickeln,

• und schließlich den Bekanntheitsgrad von InnoGema im Cluster zu steigern und weitere Kooperationspartner zu gewinnen.

2.2 Methodisches Vorgehen

2.2.1 Festlegung der Untersuchungsregion

Am Anfang der Untersuchung stand die wissenschaftliche Abgrenzung des Unter-suchungsgebietes. Den Ausgangspunkt bildete hierbei die Oberbaumcity, die für das Forschungsprojekt InnoGema bereits seit einem Jahr als Modellregion fun-giert und wo u.a. eine Kooperation mit einem Tochterunternehmen des BASF-Konzerns bestand. Berlin ist in Lebensweltlich Orientierte Räume aufgeteilt, so genannte LOR-Gebiete, die lebensweltliche Homogenität abbilden und gleichzei-tig die Vergleichbarkeit der Raumplanungseinheiten gewähren. Der LOR Stralauer Kiez, zu dem die Oberbaumcity gehört, ist im Süden durch die Spree, im Norden durch eine breite Fernbahntrasse, im Osten durch den S-Bahnring

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und im Westen durch das U-Bahnviadukt der Linie 1 begrenzt.1 Die räumlich klare Abgrenzung erleichterte es, eine abgegrenzte Grundgesamtheit für die Be-fragung bilden zu können. Charakterisieren lässt sich das Gebiet zudem wie folgt:

• Dienstleistungs- und Gewerbestandort Oberbaumcity im Zentrum, mit einer hohen Dichte von vorrangig kleinen sowie einigen mittleren Unternehmen,

• dynamische Entwicklung von Büro- und Ladenflächen, Ausstellungsflächen, Restaurants und Tiefgaragen durch Sanierungsarbeiten,

• Wohnort für 6143 Einwohner,

• Unterstützung des Kiezes durch EU-Förderprogramm Urban II und Stadt-umbau Ost zur Überwindung räumlicher und sozialer Barrieren.2

2.2.2 Erhebungsdesign

Zunächst wurde die gesamte Region in drei Untersuchungsabschnitte und die Befragung in drei Zeitphasen aufgeteilt. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass schrittweise alle Unternehmen von den Projektmitarbeitern zur Befragung und Information aufgesucht werden können. Die Adressen der KMU wurden vor-her durch Internet- und Vor-Ort-Recherche ermittelt. Die Geschäftsführer wur-den schriftlich über die Fragebogenaktion und den jeweiligen Zeitraum in Kenntnis gesetzt. Die quantitative Befragung fand durch persönliche durchge-führte Interviews mittels standardisiertem Fragebogen statt. Dieses Vorgehen wurde trotz des höheren Aufwandes bevorzugt, weil es sich zum einen noch um eine überschaubare Anzahl an Unternehmen handelte und zum anderen so si-chergestellt werden konnte, dass wirklich Geschäftsführer/in oder Personalver-antwortlicher (sofern die Funktion überhaupt personell getrennt war) persönlich angesprochen werden konnten und antworteten. Nur wenn der/die Geschäfts-führer wiederholt nicht persönlich zu sprechen war, wurde alternativ dazu der Fragebogen im Unternehmen abgegeben und nach einem vereinbarten Zeitraum wieder abgeholt. Die Befragung wurde zwischen dem 1. Februar und dem 6. April 2009 durchgeführt.

2.2.3 Beschreibung der Stichprobe

Es fand eine gezielte Befragung von Geschäftsführer und leitenden Angestellten statt. Jedes Unternehmen wurde angesprochen und hatte die Möglichkeit zur Teilnahme. Daraus ergab sich nach Beendigung der Untersuchung eine selbst selektive Stichprobe. Von den insgesamt 195 kontaktierten Unternehmen nah-men 60 an der Befragung teil. Das entspricht einer Rücklaufquote von 31 Prozent. Es konnte nicht geprüft werden, ob diese von ihrer Branchen- oder Größenzusammensetzung repräsentativ für die Grundgesamtheit ist.

Von den insgesamt 60 Unternehmen, die schließlich an der Umfrage teilgenom-men haben, gehört gut die Hälfte laut Definition der Europäischen Kommission3 zu den Kleinstbetrieben (unter 10 Mitarbeiter), weitere 40 Prozent zählen zur

1 Vgl. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/baulueckenmanagement/de/informationen/ friedrichshain/friedrichshain_2.shtml. 2 Vgl. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/baulueckenmanagement/de/informationen/ friedrichshain/friedrichshain_2.shtml. 3 Siehe: Amtsblatt der EU-Kommission vom 20.5.2003, S. 4, http://europa.eu/eur-lex/pri/de/oj/dat/2003/l_124/l_12420030520de00360041.pdf

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Kategorie der Kleinunternehmen (unter 50 Mitarbeiter) und lediglich 9,1 Prozent zu den mittelständischen Unternehmen (unter 250 Mitarbeiter). 13 der befragten Unternehmen verfügen über einen Betriebsrat.

Jedes dritte befragte Unternehmen erbringt wirtschaftliche Dienstleistungen, z.B. in den Bereichen Vermietung von Hard- und Software, Steuerberatung, Design, IT und Sicherheitsdienstleistungen. Darunter lässt sich eine größere Gruppe als der Kreativwirtschaft zugehörig identifizieren.4 Diese soll insbesondere durch das Forschungsprojekt InnoGema angesprochen werden. Die Mehrheit dieser Firmen hat ihren Sitz in der OberbaumCity und ist damit im westlichen Teil der LOR an-gesiedelt. Dort hat das Projektteam von InnoGema auch lokal seine Aktivitäten wie z.B. Gesundheits-Aktionstage konzentriert. Ein Viertel der befragten Unter-nehmen ist in den Branchen Handel, Instandhaltung, Reparatur von KFZ und Gebrauchsgütern tätig.

Von insgesamt 1.326 Mitarbeiter aller im Gebiet befragten Unternehmen sind 511 Frauen. Drei Viertel der Unternehmensmitarbeiter sind jünger als 50 Jahre alt und üben vorrangig eine geistig kreative Tätigkeit aus.

Warum schließlich nur 60 (31%) von insgesamt 195 (100%) im Untersuchungs-gebiet identifizierten, kleinen und mittleren Unternehmen an der Befragung teil-nahmen, lässt sich wie folgt begründen: Neben einer geringen Zahl von Unternehmen (8), die auch bei Besuch vor Ort persönlich nicht erreichbar waren und bei einer weiteren kleinen Gruppe (14), in denen keine für die Beantwortung befugte Person erreichbar war, wurde in 113 Fällen (60%) als Begründung an-gegeben, dass kein Interesse bestehe bzw. keine Zeit für die Beantwortung vor-handen sei. Daraus lässt sich zumindest die Vermutung ableiten, dass das Thema Gesundheitsförderung aktuell nicht als prioritär für die Unternehmens-entwicklung angesehen wird.

2.2.4 Aufbau des Fragebogens

Der eingesetzte Fragebogen bestand aus vier Abschnitten mit folgenden Schwerpunkten:

I. Allgemeine Fragen (Fragen 1-7):

• Wichtigste Aspekte für den wirtschaftlichen Erfolg,

• Verbesserungsbedarf im Unternehmen,

• Dienstleistungsbedarf zur optimalen Entwicklung von Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung,

• Erfahrungen mit Dienstleistungen/Dienstleistern, Kooperation und

• Erfahrungen mit Institutionen, Probleme und Unterstützungsbedarf

II. Fragen zur Gesundheitsförderung (Fragen 8-19):

• Wichtigkeit des Themas Gesundheit - für die Führungskraft bzw. für die Mitarbeiter,

4 Zur Kreativwirtschaft werden entsprechend der Clusterbezeichnung des Berliner Senats gezählt: Unternehmen aus Werbung, Software / Multimedia / Internet, Musikwirtschaft, Film- / Rundfunk- und TV-Wirtschaft, Buch- u. Pressemarkt und darstellende Kunst, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, Pressestelle, Kurzinfo ohne Datum

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• bisher und zukünftig genutzte BGF- Maßnahmen,

• dafür genutzte Kommunikationsformen,

• Möglichkeit der Kooperation mit anderen Betrieben,

• Bereitschaft zur Bereitstellung finanzieller Mittel bzw. Freistellung von Mitarbeitern,

• Bekanntheit des Forschungsprojekts InnoGema

III. Fragen zum Unternehmen (Fragen 20-29):

• Unternehmensgröße, Branchenzugehörigkeit,

• Demographie und Gender, Mitgliedschaften in Verbänden und Berufsgenossenschaften,

• Zuständigkeit von Betriebsarzt und Arbeitssicherheitsfachkraft, Vorhandensein eines Betriebsrates

IV. Fragen zur Person:

• Altersgruppe, Geschlecht

• Funktion des Ausfüllers

Der Fragebogen beinhaltete insgesamt 32, vorwiegend geschlossene Fragen. Er wurde auf der Basis von Fragebogeninhalten der Bergbau- und Steinbruchs-Be-rufsgenossenschaft und der BC GmbH Forschungs- und Beratungsgesellschaft erstellt. Für die gemeinsame Arbeit innerhalb der Fokusgruppe von Forschungs-projekten (Überbetriebliche Allianzen) sollten Daten zu einer Vergleichsstudie beigetragen werden. Da es sich ursprünglich um einen Fragebogen handelte, der für die Branche Hotellerie/Gastronomie sowie für Brauereien konzipiert wurde, mussten für den branchenübergreifenden Ansatz von InnoGema einige Inhalte angepasst bzw. ausgelassen werden. Vor allem der erste Fragebereich bildet die Basis für die Vergleichsstudie, war aber gleichzeitig für die Entwicklung projekt-bezogener Handlungsempfehlungen von Bedeutung, während sich der zweite Fragebereich direkt auf InnoGema-Projektinhalte bezieht. Ergebnisse zur Ver-gleichsstudie werden in einer anderen Veröffentlichung dargestellt.

2.3 Untersuchungsergebnisse

Von den befragten Unternehmen haben durchschnittlich 50 die Fragen beant-wortet. Die genaue Anzahl findet nur Erwähnung, wenn sie deutlich darunter liegt. Die Resultate dieser Befragung – auch wenn sie nur den Charakter einer Trendaussage erfüllen - stellen eine wichtige Entscheidungshilfe für die Planung des weiteren Vorgehens in der Modellregion dar.

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2.3.1 Aspekte erfolgreicher Arbeits- und Organisationsgestaltung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen

Auf die Frage, an was zu denken und was zu tun sei, um wirtschaftlich erfolg-reich sein zu können, wählten die Befragten unter insgesamt 11 Aspekten, die ihnen dafür am wichtigsten erschienen, maximal fünf aus: Ein gutes Betriebs-klima stellt demnach mit 79,2% den größten Erfolgsfaktor im Unternehmen dar, während die Förderung der Gesundheit der Beschäftigten lediglich für 17% der Befragten als einer der fünf wichtigsten Aspekte benannt wurde. Allerdings wurde hier auf eine entsprechende Folgefrage mit 33,3% ein großer Verbesse-rungsbedarf diagnostiziert ebenso wie beim „systematischen Arbeitsschutz“ (27,8%). Bezüglich des Betriebsklimas (14,9%) sehen sich die Unternehmen dagegen bereits gut aufgestellt.

Abb. 3: Einflussfaktoren auf den wirtschaftlichen Erfolg

Um eine produktive und optimale Entwicklung der Arbeitsabläufe zu erreichen, betrachten 34,7% Dienstleistungen für die Gesundheitsförderung als hilfreich. Für 32,7% der Befragten ist dies zumindest eine Überlegung wert. Ebenfalls sehr hoch werden Dienstleistungen als besonders hilfreich bewertet, die zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit beitragen. Auslöser für diese Bewertung sind offensichtlich weder ein hoher Krankenstand (12%) und Unfälle (nur 20%). Hier sehen nur 12% bzw. 20% der Befragten einen Unterstützungsbedarf. Insgesamt haben von den 60 Unternehmen bisher nur 24 Erfahrungen mit Gesundheitsdienstleistun-gen gemacht. Die Zufriedenheit damit liegt zudem nur im mittleren Bereich. Bei der höheren Quote der Unternehmen (31), die Erfahrungen mit Dienstleistungen im Arbeitsschutz gemacht haben, fällt die Bewertung dagegen positiver aus.

Um die Arbeits- und Organisationsgestaltung im Unternehmen zu verbessern, würden die Befragten (n=43) am liebsten kurze Leitfäden mit Praxishilfen sowie Informationen über Beispiele guter Lösungen nutzen. Es gibt einige Unterneh-men, in denen bereits ein umfassendes Qualitätsmanagement installiert wurde, was eine gute Ausgangsposition für die Etablierung einer systematischen Gesundheitsförderung bieten könnte. Die Tatsache, dass die einzelnen Arbeits-prozesse dafür bereits systematisch erfasst und beschrieben worden sind, er-leichtert z.B. den Blick auf die im Einzelnen im Prozessverlauf auftretenden Belastungen bzw. zum Einsatz kommenden Ressourcen.

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Geht es um Unterstützungsbedarf zur Lösung von Problemen im Unternehmen, sehen die Befragten ganz deutlich Kommunikations- und Informationsprobleme sowie die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation/Liquidität als vorrangig an. Auf die Frage, welche Berater sie zu welchen Problemen zur persönlichen Beratung anfragen würden, wird deutlich, dass die Verantwortlichen in den Un-ternehmen bisher vorrangig externen Fachkräften aus dem Bereich Qualitätsma-nagement oder Arbeitsschutz vertrauen.

2.3.2 Kooperation und bisherige Vernetzung der Unternehmen

Mit Unternehmensnetzwerken hat knapp die Hälfte der Unternehmen (49%) bis-her noch gar keine Erfahrungen gemacht. Wenn doch, dann fällt die Erfahrungs-bilanz gut aus (keinerlei schlechte und 32,7% positive Erfahrungen). Auffallend ist, dass Unternehmensnetzwerke in erster Linie kontaktiert werden würden, wenn Probleme mit der Arbeitsorganisation (23,9%) bzw. der Mitarbeitermotiva-tion (15,2%) auftraten. Im Fall von Unfällen (4,3%) und bei Problemen mit der Gesundheit der Angestellten (6,5%) würden sich Unternehmer dagegen nur ver-einzelt an Unternehmensnetzwerke wenden. Im Untersuchungsgebiet besteht zudem nach Angaben der Befragten bisher keine regionale Vernetzung.

Abb. 4: Kooperationserfahrungen der befragten Unternehmen

Eine Kooperation mit anderen Unternehmen in Sachen BGF erscheint mehrheit-lich durchaus vorstellbar, nur ein Drittel der Unternehmen lehnt das konsequent ab. 61,8% erwarten, dass der Erfahrungsaustausch schneller zum Erfolg führt. Die Verringerung des organisatorischen und finanziellen Aufwands stellen aus Sicht der Befragten ebenfalls Synergieeffekte einer Zusammenarbeit mit ande-ren Unternehmen dar.

Für die weitere Netzwerkentwicklung und die Anbahnung von Kooperationsbe-ziehungen zwischen Unternehmen war es der Projektgruppe von InnoGema be-sonders wichtig, seinen Bekanntheitsgrad einzuschätzen. In dieser Phase fiel er

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mit 13,8% noch sehr niedrig aus, da bis dato die meisten Unternehmen lediglich Anschreiben und Informationsprospekte erhalten hatten.

2.3.3 Bedeutung des Themas Gesundheit und Erfahrung mit Betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF)

Den Befragten ist es wichtiger, etwas für ihre eigene Gesundheit zu tun als für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter aktiv zu werden. Das könnte damit zusammen-hängen, dass von einem entsprechend hohen Maß an Selbstverantwortung des Einzelnen für dessen Gesundheit ausgegangen wird.

Insgesamt stellt die Gesundheitsförderung für ein Drittel der Unternehmen ein wichtiges Thema dar, das aktiv angegangen wird. Bei 23,4% (fünf Unterneh-men) dieses Drittels herrscht auch die Meinung vor, dass die Förderung der Mit-arbeitergesundheit einen der fünf wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Unternehmen darstellt.

Einige Unternehmen engagieren sich bereits im Rahmen der BGF. Rund die Hälfte gibt an, ergonomische Aspekte zu berücksichtigen und den Nichtraucher-schutz bzw. die Raucherentwöhnung voranzutreiben. In der Zukunft können sich 26,9% am ehesten ein Engagement zum Zweck der Stressbewältigung vorstel-len, gefolgt von Hebe-Trage-Training/Rückenschule (22%), Ergonomie (22,2%) und Führungskräfteschulungen (18,4%).

Abb. 5: Engagement in der Gesundheitsförderung

Zur Etablierung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen wurden in der Vergan-genheit hauptsächlich Mitarbeitergespräche (41,8%), Begehungen (30,2%) und Mitarbeiterbefragungen (23,1%) durchgeführt. Auch die Kommunikation der Maßnahmen erfolgt vorwiegend über die Mitarbeiter (53,5%). Zu beachten ist hier aber ein Ergebnis aus dem ersten Fragenkomplex. Da gut die Hälfte der Unternehmen gern Unterstützung bezüglich Kommunikations- und Informations-problemen hätte, müssen sowohl die Instrumente als auch die Art der Einbin-dung der Mitarbeiter in weitere Überlegungen einbezogen werden.

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Fast ein Drittel (31,6%) der Unternehmen würde kurzfristig finanzielle Mittel zum Zweck der BGF zur Verfügung stellen. Ein ebenso großer Teil (29,8%) kann sich das „vielleicht in der Zukunft“ vorstellen. Lediglich 15,8% lehnen das kate-gorisch ab. Ähnliches gilt für die Freistellung der Mitarbeiter, allerdings ist hier der Anteil der Ablehnenden mit 26,8% deutlich höher.

Von den 18 Unternehmen, denen BGF wichtig ist, sind 61% bereit, auf jeden Fall finanzielle Mittel bereit zu stellen. Bei den befragten Unternehmen im Untersu-chungsgebiet ist zu erkennen, dass sie eher bereit sind monetäre als nicht-mo-netäre Mittel für die Gesundheitsförderung aufzubringen.

2.4 Handlungsleitende Erkenntnisse für das InnoGema-Projekt

Der Bekanntheitsgrad des Forschungsprojekts InnoGema war zum Zeitpunkt der Umfrage mit knapp 14% noch sehr gering. Da inzwischen verschiedene Aktionen in dem Gebiet durchgeführt wurden und weitere Partnerunternehmen gewonnen werden konnten, hat sich die Bekanntheit im Untersuchungsgebiet deutlich ver-bessert. An zwei Aktionstagen im Untersuchungsgebiet wurden die Mitarbeiter der Unternehmen eingeladen, sich in Kurzvorträgen Informationen zu Gesund-heitsmaßnahmen einzuholen und kostenlos durch die Teilnahme an Trainings-einheiten Gesundheitsangebote wie Yoga, TaiJi oder QiGong kennen zu lernen.5 Dies wird sich sicher positiv auf die Glaubwürdigkeit des Projektes auswirken und Vertrauen sowie Transparenz über die Ziele und Vorteile des Netzwerks schaffen. Es wird allerdings in besonderer Weise darauf ankommen, den Nutzen des Netz-werks erfahrbar zu machen und zu demonstrieren, dass der Aufwand für die Ko-operation überschaubar bleibt.

Folgende Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen lassen sich den Umfrageer-gebnissen zufolge zusammenfassen:

• Im Untersuchungsgebiet ist bei ca. einem Drittel der Unternehmen grundsätzliches Interesse und damit ein Entwicklungspotenzial für die BGF vorhanden.

• Weil Unternehmen vorwiegend finanzielle Mittel – eher als Freistellung - für die Gesundheitsförderung bereitstellen würden, könnte die Information über Zuschüsse, die sie zu diesem Zweck beantragen könnten, einen zusätzlichen Antriebsfaktor darstellen.

• Anknüpfungspunkte an bisherige Erfahrungen mit Gesundheitsfördermaß-nahmen scheinen durchaus möglich, in manchen Fällen wird allerdings eine kritische Prüfung der bisherigen Erfolge damit notwendig sein und zur Konzipierung und Erprobung neuer Maßnahmen führen müssen.

• Da das Betriebsklima nach Ansicht der Befragten den größten Erfolgsfaktor darstellt, die Gesundheit der Mitarbeiter dagegen für viele von geringer Bedeutung ist, gilt es herauszustellen, dass durch BGF-Maßnahmen auch Teambildung und Arbeitszufriedenheit und damit schließlich das Betriebsklima weiter verbessert werden können.

• Die Problemstellungen in den Unternehmen und die Identifikation der Ver-änderungsbedarfe lässt es als empfehlenswert erscheinen, die Gesundheitsförderung nicht isoliert zu thematisieren, sondern sie mit

5 Siehe dazu Kapitel II/6 in dieser Veröffentlichung.

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Problemstellungen wie z.B. Kommunikations- und Informationsproblemen in den Unternehmen und damit mit der Gestaltung der Arbeitsprozesse zu verknüpfen ist.

• Dass Gesundheitsförderung dem Erhalt der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter dient und damit entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beiträgt, ist generell sicher bekannt. Welche Maßnahmen dafür allerdings besonders geeignet sind, ist dagegen wenig transparent.

• Im Feld Gesundheitsförderung waren als externe, fachlich qualifizierte Be-ratungspartner bisher Arbeitssicherheitskräfte und zum Teil Vertreter/innen von Krankenkassen in Kontakt mit den Unternehmen. Diese sollten daher unbedingt in die zukünftige Netzwerkstrategie integriert werden.

• Da die Verständigung über Gesundheitsmaßnahmen in den Unternehmen in erster Linie über die Mitarbeiter erfolgt, können ausgewählte Mitarbeiter eventuell als Promotoren für das Thema gewonnen werden. Dadurch könnte zugleich zu einer verbesserten Kommunikation und mehr Transparenz der betriebsinternen Information beigetragen werden.

• Den Unternehmen sollten praktische Hilfestellungen in Form von Leitfäden und Checklisten sowie Basisinformationen über den Nutzen von BGF und einzelnen Gesundheitsförderstrategien zur Verfügung gestellt werden. Die Präsentation von Best-Practice-Beispiele aus dem kleinbetrieblichen Umfeld gehört ebenso dazu.

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Teil II: Markterschließung für Gesundheitsdienstleistungen bei kleinen und mittleren Unternehmen (Phase I im Vorgehensmodell: Ansprache und Sensibilisierung)

1 Öffentlichkeitsarbeit für betriebliche Gesundheitsdienstleistungen

Autorin: Sabine Reszies

1.1 Zielstellung der Teilaufgabe

Die Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit besteht darin, Verständnis und Vertrauen bei der zu erreichenden Zielgruppe aufzubauen, zu erhalten, bzw. zu verbessern. Ein solches Vertrauen kann Türen öffnen und die Bereitschaft zur Zusammenar-beit erhöhen.

Für die Bildung eines Netzwerkes sind die richtigen Partner, die einander Ver-trauen, von essentieller Bedeutung. Nicht alles ist vertraglich regelbar und schon gar nicht auf Einhaltung zu kontrollieren. Das Netzwerk „InnoGema“ soll dabei drei verschiedene Gruppen zu einem gemeinsamen Ziel und Tun vereinen (Gesundheitsdienstleister, Unternehmen und Multiplikatoren).

Für die Konzipierung der Öffentlichkeitsarbeit setzte sich das Team des For-schungsprojektes mit dem Nutzen des zu entwickelnden Netzwerkes für die un-terschiedlichen potenziellen Partner auseinander. Dabei wurde folgender Nutzen aus Sicht der jeweiligen Gruppe angenommen:

Tab. 1: Nutzen des zu entwickelnden Netzwerkes InnoGema

Auch wenn dieser Nutzen sehr augenscheinlich erschien und logisch zu kommu-nizieren ist, so ist doch ein gewisser Bekanntheitsgrad erforderlich, um bei den Zielgruppen Gehör zu finden. Nicht zuletzt darum muss sich ein umsetzungsori-entiertes Forschungsprojekt wie InnoGema mit einer konzeptionellen Öffentlich-keitsarbeit auseinandersetzen.

Die Öffentlichkeitsarbeit des Forschungsprojektes hat mehrere Zielstellungen zu erfüllen:

• Über InnoGema, seine Leistungen und Aktivitäten informieren

• den allgemeinen Bekanntheitsgrad bei Unternehmensinhaber, Mitarbeiter und der Fachwelt von InnoGema erhöhen

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• Image-Aufbau und -Sicherung

• Im Rahmen der Standortöffentlichkeitsarbeit Vertrauen und Akzeptanz von InnoGema vor Ort aufbauen.

Insbesondere zu letzterem Punkt kann das positive Image und der Be-kanntheitsgrad der HTW Berlin genutzt werden. Diese hatte bis vor kurzem in der Oberbaumcity auch einen eigenen Standort und ist mit einem studentischen Modelabel weiterhin vor Ort präsent.

1.2 Methodische Vorgehensweise

Die Betriebliche Gesundheitsförderung gehörte bis dato nicht zu den Forschungs-schwerpunkten der HTW Berlin. So kam es zunächst einmal darauf an, ein auf die Hochschule abgestimmtes Corporate Design zu entwickeln, das für ein Gesundheitsprojekt stehen kann. Dieses sollte zwar einen Wiedererkennungsef-fekt zum Erscheinungsbild der Hochschule enthalten, sich aber bewusst auch unterscheiden, um eine spätere Markenentwicklung zu ermöglichen.

Der Name „InnoGema“ leitet sich aus dem vollständigen Titel des Projekt- antrages ab:

„Netzwerkentwicklung für innovatives Gesundheitsmanagement – Modellhafte Entwicklung und Erprobung von Methoden zur Gestaltung von neuartigen Gesundheitsdienstleistungen mit dem Schwerpunkt auf KMU“.

Dieses Akronym wurde dann auch zur Grundlage des Logos genommen und mit dynamischen Elementen verknüpft. Zudem wurden verschiedene Gestaltungsva-rianten und –regeln entwickelt:

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Abb. 6: Gestaltungsvarianten des InnoGema-Logos

Das Projekt erhielt einheitliches Briefpapier, eine einheitliche Gestaltung für alle Informationsschriften und Faltblätter, sowie Visitenkarten und Postervorlagen.

Abb. 7: Vorlage für InnoGema-Informationsblätter

Auch ein eigener Messestand wurde gestaltet, der den Auftritt des Forschungs-projektes auf den Veranstaltungen unterstützt.

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Abb. 8: Messestand des Forschungsprojektes

Diese Maßnahmen zielten auf eine seriöse Ausstrahlung und einen hohen Wiedererkennungseffekt. Im April 2009 wurde der erste Internetauftritt des Forschungsprojektes online gestellt.

1.3 Relevante Zielgruppen

Die größte Herausforderung für die Öffentlichkeitsarbeit des Forschungsprojektes war die Ansprache der verschiedenen Zielgruppen. Unterschiedliche Interessen, eine zum Teil andere Sprache und ein sehr heterogener Umgang mit dem Thema Betriebliche Gesundheitsförderung erforderten umfassende Überlegungen zur Wort- und Textwahl. Folgende „Gesprächspartner“ konnten für das Projekt aus-gemacht werden:

• Unternehmen, die die Leistungen im Rahmen des Netzwerkes entwickeln sollen und auch als Netzwerkpartner aktiv werden sollen.

• Unternehmen, die zwar nicht Netzwerkpartner sein wollen, aber durchaus die Leistungen des Netzwerkes in Anspruch nehmen wollen.

• Mitarbeiter der oben angeführten Unternehmen, die sich an den Maßnahmen beteiligen sollen.

• Anbieter von Gesundheitsmaßnahmen, die ihre Angebote auf kleine und mittlere Unternehmen zuschneiden und damit ein Alleinstellungsmerkmal erzielen wollen.

• Sozialversicherungsträger, wie Krankenkassen und Berufsgenossenschaften, die per Gesetz den Auftrag haben, Unternehmen auf dem Weg zu mehr Mitarbeitergesundheit zu unterstützen.

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• Verbände/Vereinigungen, die für ihre Mitgliedsunternehmen gesündere Ar-beit unterstützen.

• Die HTW Berlin, die mit Hilfe solcher Projekte ihr praxisbezogenes Transferangebot in der Unternehmenslandschaft Berlins stärken möchte und mit erfolgreichen Projekten auch ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöht.

• Die Politik (Bundes-/Landespolitik), die die Bedeutung von Gesundheit in den verschiedenen Settings erkannt hat.

• Die Forschungscommunity, die nach passenden Wegen und Instrumenten für Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen sucht.

Bei insgesamt neun verschiedenen Zielgruppen ist eine Prioritätensetzung un-umgänglich und so konzentrierte sich das Projektteam auf die am schwersten zu erreichende Zielgruppe, die kleinen und mittleren Unternehmen. In zweiter Linie richteten sich die Kommunikationsinstrumente an den Anbietern von Gesund-heitsdienstleistungen aus. Diese Zielgruppe konnte sehr schnell über eine On-line-Befragung, extra eingerichtete Sprechstunden und einen spezifischen Themenabend erreicht werden. Für die weitere Qualifikation des Netzwerkes um kombinierte Angebote erstellen zu können und auch für ein Weiterbetreiben des Netzwerkes nach Ablauf des Förderzeitraumes erscheinen die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen als treibende Kraft. Sie können sich über das Netzwerk profilieren und ihren eigenen Bekanntheitsgrad erhöhen. Insofern ist Öffentlichkeitsarbeit des Netzwerkes auch Öffentlichkeitsarbeit seiner Partner.

1.4 Charakterisierung der relevanten Zielgruppen

Für die beiden Hauptzielgruppen – Anwender und Anbieter von Leistungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung wurde der Nutzer näher untersetzt:

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Abb. 9: Nutzen des Netzwerkes für Anwender und Anbieter von Leistungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung

Der aus Anbietersicht wichtigste Nutzen ist sicher die Gewinnung von Aufträgen und das Erschließen eines zusätzlichen Marktes. In Gesprächen mit den Partnern wurde aber auch dem gemeinsamen Austausch untereinander eine große Be-deutung beigemessen. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die meis-ten Anbieter Einzelunternehmer sind und darum nach Partnern für ihre eigene Weiterentwicklung suchen.

Aus Anwendersicht konnte im Laufe des Projektes noch ein weiterer Nutzen her-auskristallisiert werden: Insbesondere in Unternehmen mit einem hohen Anteil an kreativ arbeitenden Beschäftigten wird schon heute der Fachkräftemangel deutlich. Kleine und mittlere Unternehmen stehen im Wettbewerb mit größeren Unternehmen, wenn es darum geht, die besten Fachleute zu akquirieren und zu binden. Unternehmen mit einem umfangreichen direkten Beratungsangebot für den Kunden beeinträchtigt ein häufiger Personalwechsel, da das Vertrauensver-hältnis oft über persönliche Kanäle gebildet wird. So bessert ein Unternehmen, das sich zu gesünderer Arbeit und damit zu seinem Humankapital bekennt sein Image als Arbeitgeber auf. Aus diesem Grund erfolgte auch eine öffentlichkeits-wirksame Übergabe von Partnerurkunden an Unternehmen.

Die oben angeführten Nutzenargumente bildeten den Schwerpunkt in den Texten von InnoGema. Dabei wurde eine einfache Sprache, ohne Fachbegriffe aus der Welt der Prävention gewählt. Da in einem Projekt zahlreiche Abstimmungspro-zesse erfolgen müssen und im Projektverlauf ein umfangreiches Internetportal

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entstehen soll, wurde als Hauptkommunikationsmedium das Internet bzw. die E-Mail gewählt. Zusätzlich entstanden eine Reihe weiterer Kommunikationsinstru-mente wie Flyer, eine Anbieterbroschüre und zu den jeweiligen Veranstaltungen (Kongressmesse, Aktionstag) Informationsblätter und Plakate.

Die Informationsmaterialien wurden weit verteilt. Besonders dicht wurden die Informationen in der Oberbaumcity verstreut, um dort nachhaltige Präsenz zu zeigen. Zu den Angeboten des Netzwerkes (Kurse und Aktionstage) wurden re-gelmäßig Plakate an konstanten Stellen aufgehängt und es erschienen Artikel in den „Oberbaumcity-Lights“, einer Informationsschrift der Hypo-Vereinsbank-Immobilien, dem Vermieter vor Ort.

Eine umfassende Pressearbeit, sollte den Bekanntheitsgrad des Projektes über das Cluster Oberbaumcity hinaus erhöhen. So erschien ein Informationsblatt auf den Seiten des Projektträgers DLR im Mai, als Projekt des Monats. Pressemittei-lungen zu unseren Themenabenden erschienen bei Prävention online, auf den Seiten von Gesundheit Berlin e.V., in lokalen Anzeigenblättern und in der Berli-ner Zeitung. Alle unsere Partner, Anbieter, Anwender und Multiplikatoren haben ihre Internetpräsenzen mit InnoGema verlinkt. So ist das Projekt unter anderem auf den Seiten der IHK Berlin, der Gmünder Ersatzkasse oder aber von BIGA Berlin, einer Initiative für gesündere Arbeit, zu finden. Mit Vorträgen auf wissen-schaftlichen und regionalen Veranstaltungen trägt das Team von InnoGema zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades bei. Fachbeiträge zu Veröffentlichungen des BMBF, der Fokusgruppe, aber auch eigene Veröffentlichungen, wie der Reader mit Berichten über die erste Projektphase, unterstützen dieses Vorgehen.

1.5 Ergebnisse

An der zunehmenden Beteiligung an Veranstaltungen des Projektes, der Kon-taktwünsche über das Internet und per Telefon lässt sich erkennen, dass das Projekt im Verlauf eines Jahres sehr an Bekanntheit gewonnen hat. Einen be-sonderen „Klang“ hat der Name „InnoGema“ natürlich in der Oberbaumcity. Die Marketingleiterin des Hauptvermieters der Gewerbeimmobilien vor Ort, der HypoVereinsbank Immobilien, kommentierte diese Tatsache mit dem Satz: “InnoGema ist in der Oberbaumcity eine Institution”.

In zunehmendem Maß erreichen das Projektteam Anfragen von Anbietern, die Interesse an einer Mitarbeit im Projekt zeigen oder auch Vereinen und Institutio-nen, die über den aktuellen Stand informiert werden wollen. Aber auch Unter-nehmen fragen konkrete Dienstleistungen nach. So gibt es die Anfrage eines Sozialträgers mit fünf Standorten in Berlin nach Unterstützung bei der Einrich-tung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements, eines sozialen Trägers von Kindereinrichtungen nach einem Angebot für Raucherentwöhnung und Ernäh-rungsberatung sowie eines IT-Unternehmens aus Charlottenburg nach Angebo-ten zur Rückenstärkung. Ein großer bundesweit tätiger Bildungsträger mit sieben Standorten in Berlin suchte bei uns Hilfe für eine effektivere Umsetzung der steuerlichen Entlastungen der Bundesregierung zu Prävention für seine insge-samt 400 Mitarbeiter. Die Geschäftsleitung hatte aus drei unterschiedlichen Quellen von der Projektarbeit erfahren. Die Öffentlichkeitsarbeit wirkt!

Überregional konnte der Projektverlauf in Veröffentlichungen dokumentiert wer-den. So gab es eine Veröffentlichung mit Partnerprojekten zum Thema „Überbe-triebliche Allianzen zur Prävention in kleinen und mittleren Unternehmen“, die

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auf bundesweiten Veranstaltungen verteilt wird. Ein erster zusammenfassender Beitrag zum Projekt konnte im Frühjahr 2009 erscheinen (Simon; Heger, 2009).

1.6 Konsequenzen für die Projektarbeit

Für die weitere Projektarbeit ist das Beibehalten der gegenwärtigen Präsenz wichtig. Dies schafft Kontinuität und damit Vertrauen in den Bestand des Netz-werkes. Mit den Anbieterpartnern vorbereitete und durchgeführte Veranstaltun-gen erzeugen ein Gemeinschaftsgefühl und tragen dazu bei, Verantwortung zu entwickeln.

In einem nächsten Schritt werden Netzwerkregeln erarbeitet, zu denen auch die Kommunikationsregeln und der Umgang mit den Öffentlichkeitsinstrumenten (InnoGema-Logo u.ä.) gehören. Dazu ist es nötig, das Profil des Netzwerkes zu schärfen und das Qualitätsniveau transparent zu machen.

Literaturverzeichnis:

Simon, D.; Heger, G (2009): Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen: Betriebliche Gesundheitsförderung als innovative Dienstleistung, Berlin, fhtw-transfer 55-2009.

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2 Aufschließungsarbeit für Nachfrager nach Gesundheitsdienstleistungen

Autor: Veit Hannemann

2.1 Zielstellung

Zielstellung des InnoGema-Projektes ist es, möglichst Kleinunternehmen zu er-reichen, die bisher betriebliche Gesundheitsförderung nicht systematisch betrie-ben haben. Der Vorerfahrung nach fehlen ihnen vor allem die Kenntnisse und Ressourcen, um diese Thematik in betriebliche Handlungsabläufe zu integrieren. Etliche stehen dem Thema auch nicht aufgeschlossen gegenüber, halten Ge-sundheit nicht für eine betriebliche Aufgabe oder zweifeln an der Wirksamkeit von gesundheitsfördernden Maßnahmen. Die Unterstützungsleistungen der Krankenkassen für eine betriebliche Gesundheitsprävention erreichen sie zudem meistens nicht. Kleinunternehmen sollten durch Information über die Vorteile einer Netzwerklösung und die Vorbereitung auf eine Kooperation mit Gesund-heitsdienstleistern in einem regionalen Netzwerk vorbereitet werden.

Ein besonderer Fokus der InnoGema-Projektkonzeption liegt auf Kreativunter-nehmen, in denen die Arbeit für die Mitarbeiter in besonderem Maß - so die An-fangsannahme – von widersprüchlichen Arbeitsanforderungen geprägt ist. Untersuchungsergebnisse aus der IT-Branche zeigen, dass beim Typus, der in diesen Branchen üblichen Wissens- oder Projektarbeit, besondere psychische Belastungen bestehen.

Der Aktionsbereich des InnoGema-Projekts wurde zunächst auf den gesamten Berliner Stadtbezirk „Friedrichshain-Kreuzberg“ ausgerichtet. Das Untersu-chungsgebiet wurde nach Bildung der ersten Unternehmenspartnerschaften auf zwei Teilgebiete (Cluster) eingegrenzt, weil hier jeweils eine hohe Dichte an Kleinunternehmen, insbesondere Kreativunternehmen vorzufinden ist. Zu den Kreativunternehmen werden entsprechend der Berliner Clustereinteilung fol-gende Branchen gezählt: Software/Multimedia/Internet, Werbung, Musikwirt-schaft, Film- und TV-Wirtschaft, Buch- und Pressemarkt, Architektur und kulturelles Erbe, Kunstmarkt und darstellende und unterhaltungsbezogene Kunst.

Weitere Partnerunternehmen wurden dann vorrangig in diesen Clustern und in Kreativbranchen gesucht. Da für die Netzwerkkooperation des InnoGema-Pro-jekts allerdings der regionalspezifische Ansatz vorrangig ist, wurden auch Unter-nehmen aus anderen Branchen als Partner einbezogen. Dies sind ein Personaldienstleister und zwei Druckbetriebe.

2.2 Methodische Vorgehensweise

Erstansprache über eine telefonische Befragung

Zu Beginn des Projekts wurde eine Stichprobe zu Interesse und Vorerfahrung mit Betrieblicher Gesundheitsförderung unter Kreativunternehmen im Stadtbe-zirk durchgeführt. Im Rahmen einer telefonischen Befragung antworteten insge-samt 50 Unternehmen. 38 der Antwortenden gab an, bisher keine Erfahrung in der Kooperation mit Gesundheitsdienstleistern zu haben. Zwar räumte eine große Mehrheit der Befragten persönlich der Gesundheit einen hohen Stellenwert

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ein, auf die Frage wie wichtig es ihnen sei, etwas für die Gesundheit der Mitar-beiter zu tun, fiel die Zustimmung deutlich zurückhaltender aus. Zudem hatte nur eine kleine Minderheit Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Krankenkas-sen und Berufsgenossenschaften.

Dieses Vorgehen ermöglichte eine erste Einschätzung dazu, welchen Stellenwert das Thema in Kleinunternehmen der Kreativwirtschaft überhaupt hat. Zudem war es in diesem Stadium der Projektumsetzung für das Projektteam von InnoGema wichtig, Kontakte zu Unternehmen aufzubauen, einzelnen Geschäfts-führer für die Gesundheitsförderung zu sensibilisieren und für eine Netzwerk-partnerschaft zu gewinnen.

Nach Bildung erster Unternehmenspartnerschaften wurde das Untersuchungsge-biet weiter eingegrenzt und die Ansprache weiterer Unternehmen wurde auf zwei Teilgebiete bzw. Cluster konzentriert. Bei dem ersten handelt es sich um einen großen, traditionsreichen Gewerbehof (Elisabethhof am Erkelenzdamm in Berlin-Kreuzberg) sowie zwei etwas kleinere Gewerbekonzentrationen in derselben Straße, in denen ausschließlich Klein- und Kleinstunternehmen ansässig sind. In diesem Gebiet besteht zugleich eine hohe Dichte an Kreativunternehmen aus der Software-, Webdesign-, Werbe- und Grafikbranche.

Das zweite Gebiet (die Oberbaumcity in Berlin Friedrichshain), in dem inzwischen sechs Partnerunternehmen einbezogen werden konnten, zeichnet sich ebenfalls durch eine hohe Dichte an Kreativunternehmen aus. Hier ist allerdings z.B. mit der BASF Services Europe GmbH (derzeit 700 Mitarbeiter) auch ein größeres Unternehmen InnoGema-Partner geworden. In der Oberbaumcity wurde eine flächendeckende Befragung aller Unternehmen durchgeführt. Diese zweite, um-fassendere Befragung sollte in differenzierterer Weise Einstellung, Vorerfahrun-gen und Bedarf zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz feststellen.

Aus der Befragung wird deutlich, dass zwar ein hoher Prozentsatz der Befragten der Gesundheit und ihrer Förderung im Unternehmen einen hohen Stellenwert einräumt, dass aber auf der anderen Seite selbst ein Verbesserungsbedarf diag-nostiziert wird. Knapp ein Drittel zeigt sich bereit, Mittel zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen bzw. Mitarbeiter zu diesem Zweck freizustellen. Erfahrun-gen mit Gesundheitsförderung scheinen jedoch nur wenige vorhanden, die Ko-operation mit Gesundheitsdienstleistern nur bedingt zufriedenstellend und eine Kooperation im Netzwerk wurde bisher selten erprobt. 6

Zudem bot auch diese Befragung in dem Gebiet, in dem weitere Unternehmens-partner für das Netzwerk gewonnen werden sollten, die Möglichkeit mit Verant-wortlichen in den Unternehmen intensivere Gespräche zu führen. Dies gelang in vielen Fällen nur, weil InnoGema-Mitarbeiter zur Befragung direkt in die Unter-nehmen gingen.

Projektpräsentationen in Unternehmen

Zeigten Unternehmen im Rahmen der Befragungen weitergehendes Interesse am Thema betriebliche Gesundheitsförderung oder an einer Netzwerkbeteiligung, wurde angeboten, das Projekt ausführlicher vorzustellen und dabei die Vorteile einer Beteiligung sowie den dafür erforderlichen Aufwand genauer zu beschrei-

6 Weitere Ergebnisse zur Unternehmensbefragung im Untersuchungsgebiet siehe Kapitel I/2

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ben. Es wurden Projektpräsentationen und Gespräche in den Partnerunterneh-men sowie in acht weiteren Unternehmen durchgeführt. Bei den Projektpräsentationen konzentrierten sich die Rückfragen der Unternehmen zu-meist auf die Kalkulation des Aufwandes und die Implementierung von Maßnah-men. In der Umsetzung stelle sich dann heraus, dass die Ergebnisse der Befragungen ausführlich betrachtet und ernst genommen wurden.

Themenabende als Aufschließungsinstrument für Unternehmen

Um Unternehmen für die Thematik Gesundheitsförderung zu sensibilisieren, wurden verschiedene Veranstaltungsformen gewählt: Gleich zu Beginn des Pro-jektes wurde eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „InnoGema-Themen-abend“ gestartet, die Inhalte entweder zu einzelnen Gesundheitsaspekten (z.B. Ernährung, Stress), zu wichtigen aktuellen Untersuchungsergebnissen (z.B. nach Befragungen im Gebiet) oder zu der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen relevanten Handlungsfeldern bot (z.B. Kreativitätsförderung). Nach Bildung der ersten Netzwerkpartnerschaften im Cluster Oberbaumcity wurden auch diese Veranstaltungen im Gebiet durchgeführt. Als Veranstaltungsort wurde fast im-mer ein Unternehmen vor Ort ausgewählt, um auch untereinander die Bekannt-heit zu erhöhen und möglicherweise die eine oder andere informelle Verbindung anzustoßen.

Die Veranstaltungen dienten nicht nur der Information und Sensibilisierung für bestimmte Problemstellungen sondern in der zweiten, informellen Veranstal-tungshälfte auch dem persönlichen Austausch untereinander. Hauptsächliche Zielgruppe der InnoGema-Themenabende sind die Unternehmer selbst, die Ge-schäftsführer oder die Personalverantwortlichen aus den Unternehmen. So ent-stehen intensivere Kontakte zu den Unternehmen und natürlich auch zwischen den Unternehmen aus dem Untersuchungsgebiet. Der informelle Rahmen und die jeweiligen praxisbezogenen Informationen waren dazu geeignet, mit einzel-nen Unternehmern leichter ins Gespräch zu kommen und sie dann auch in meh-reren Fällen für die Teilnahme am Projekt zu gewinnen.

Insgesamt wurden insgesamt acht Themenabende zu folgenden Themen durch-geführt:

1. „Kreativ bis zum Burn Out? Wie betriebliche Gesundheitsförderung zur Attrak-tivität des Unternehmens beiträgt“.

14 Personen haben an diesem Themenabend teilgenommen, wovon eine Person das Unternehmen Dekra-Medienakademie vertreten hat. Gemeinsam mit einem Vertreter der IAS-Stiftung wurde entlang der Frage diskutiert, wie BGF im Unternehmen etabliert werden und was sie leisten kann.

2. „Vernetztes Marketing für Gesundheitsdienstleister“

Dieser Themenabend war konzipiert für die Gesundheitsdienstleister. Die 15 teilnehmenden Personen diskutierten Vermarktungschancen für ein Netzwerk der Gesundheit. In der Diskussion zeigten sich viele positive Synergieeffekte für ein Netzwerk dieser Art. (s.a. Kapitel II, 3)

3. „Irrgarten Arbeits- und Gesundheitsschutz“

Es haben 12 Personen an diesem Themenabend in den Räumlichkeiten der Pixel-park AG teilgenommen, wovon zwei Personen Unternehmen vertreten haben.

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Gemeinsam mit zwei Vertretern der Verwaltungsbetriebsgenossenschaft wurden Lösungen für die Integration arbeitsschutzrechtlicher Aufgaben in den betriebli-chen Alltag von Kleinunternehmen diskutiert. Aktuelle Herausforderung der an-wesenden Unternehmen konnten ebenfalls besprochen werden.

4. „Wettbewerbsfähigkeit und Kreativität am Standort Friedrichshain-Kreuzberg“

21 Teilnehmer nahmen an diesem Tag teil. Zwei vertraten das Unternehmen ID Media AG. Zu Beginn der Veranstaltung stellte ein InnoGema-Mitarbeiter die Ergebnisse der Online-Befragung unter Berliner Kreativunternehmen vor. Ein Vertreter des Kreativunternehmens ID-Media stellt die gesundheitsrelevanten Aktivitäten seines Unternehmens vor. Ausgangspunkt der weiteren Diskussion war die Frage, ob sich Mitarbeiter kleiner Unternehmen am Standort wohlfühlen und ob gute Arbeitsbedingungen und Gesundheitsförderung als Faktoren dazu beitragen können.

5. “Work-Life-Balance. Ein Thema für Führung und Mitarbeiter in kleinen und mittelständischen Unternehmen“

38 Teilnehmer zählte dieser Themenabend, wovon 10 Personen die BASF Europe GmbH vertraten. Die Personalverantwortliche des gastgebenden Unternehmens erläuterte, wie die BASF die Herausforderungen im Bereich Gesundheitsförde-rung betrachtet und welche Maßnahmen sie anstrebt. Eine Beraterin und Traine-rin brachte dem Publikum dann aus ganz praktischer Sicht nahe, wie jede/r Einzelne für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und den anderen Be-reichen des Lebens (Familie) sorgen kann.

6. „Mit einem Minimum an Stress zu maximalem Erfolg. Wie Mitarbeiter Stress reduzieren und sich Handlungsspielräume schaffen“

An diesem Themenabend haben 34 Personen teilgenommen. 11 Personen haben das Modeprojekt „30 Paar Hände“ vertreten. In einem Eingangsreferat erläuterte eine Fachreferentin was unter Stress zu verstehen, wie das Stressempfinden individuell zu beeinflussen ist und mit welchen Methoden Stress bewältigt wer-den kann. Aus der betriebsärztlichen Sicht ergänzte ein Vertreter der Verwaltungsberufsgenossenschaft die Ausführungen.

7. „Energiekiller Schnell-Essen? Man ist, was man isst“

Es haben 11 Personen an diesem Themenabend teilgenommen. Zwei waren da-von Vertreter der Oktoberdruck AG. Eine Ärztin und Ernährungsberaterin er-läuterte aktuelle Trends, die deutlich machen, worauf es nach neuesten wiss. Erkenntnissen bei gesunder Ernährung ankommt. Eine Bio-Köchin erläuterte die Herstellung von einfachen Snacks für die Arbeitspause und präsentierte Häpp-chen bei einer Verköstigung.

8. „Innovativ und kreativ arbeiten. Neue Erkenntnisse, um Kreativität und Ge-sundheit zu erhalten“

30 Personen, wovon neun Unternehmer vertreten waren, nahmen an diesem Themenabend teil. Zwei Referenten der Universitäten in München berichten auf der Grundlage ihres im Auftrag der BAUA durchgeführten Forschungsprojektes zu „Kreativität und Gesundheit im Arbeitsprozess“. Die Diskussion entspinnt sich in erster Linie zu Fragen, wie förderliche Arbeitsbedingungen auch in

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Kleinbetrieben geschaffen werden können, um die Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten.

2.3 Ergebnisse

Die Themenabende haben sich als ein gutes Instrument herausgestellt, das InnoGema-Projekt unter Verbänden, Berufsgenossenschaften und Krankenkas-sen bekannter zu machen. Zudem trugen sie vor allem dazu bei, interessierte Unternehmen an das Netzwerk zu binden. Solange InnoGema noch weitgehend unbekannt war, blieb die Beteiligung gering. Da Themenabende jedoch vorwie-gend im Projektgebiet und in Räumen verschiedener Unternehmen durchgeführt wurden, dienten sie dazu, das Netzwerkprojekt anderen Unternehmen in der Umgebung nahe zu bringen. Zudem nutzten immer wieder verschiedene Perso-nen aus den Partnerunternehmen die Veranstaltungen. Schließlich wurden ver-einzelt auch Unternehmen erreicht, die zwar nicht im Zielgebiet ansässig sind, aber die Gelegenheit suchten, sich mit InnoGema in Verbindung zu setzen und das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung anzusprechen. Vor allem der weitgehend informelle Charakter der Veranstaltung ermöglichte es verschiede-nen Personenkreisen – Unternehmen, Anbietern von Gesundheitsdienstleistun-gen, Verbandsvertretern oder Sozialversicherungsträgern – Informationen einzuholen und persönlich Kontakt aufzunehmen.

Für die Neuakquise von Unternehmen erscheint dagegen das Format der The-menabende weniger bedeutend, auch wenn zwei der Partner auf diesem Weg gewonnen werden konnten. Insgesamt hat sich dafür die Ansprache entweder auf der Basis persönlicher Kontakte oder über breitere Informationskanäle (Mai-lings, Anschreiben, telefonische Befragung) als geeigneter erwiesen.

2.4 Konsequenzen für die Projektarbeit

Anfänglich wurden Themenabende in kürzerer zeitlicher Abfolge und für ver-schiedene Zielgruppen durchgeführt. Nachdem z.B. die Anbieterseite mit spezi-fisch auf diese Zielgruppe ausgerichteten Workshops erreicht wurde, konzentrierten sich die Themenabende auf die Zielgruppe Unternehmen. Die Anzahl der Veranstaltungen konnte, nachdem InnoGema in den Zielgebieten bekannter geworden war und zudem dort Aktionstage veranstaltet wurden, ver-ringert werden.

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3 Aufschließungsarbeit für Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen

Autor: Veit Hannemann

3.1 Gesundheitsdienstleistungen – ein unübersichtlicher Markt

Um Gesundheitsdienstleistungen in Unternehmen zu bringen, müssen qualifi-zierte Anbieter zur Verfügung stehen, die zudem für die Kooperation in einem regionalen Netzwerk offen und geeignet sind.

„Wie sollen wir auf dem unübersichtlichen Markt der Gesundheitsdienstleistun-gen passende Partner finden?“, war eine Frage, die in den Unternehmen mehr-fach formuliert wurde. Eine der Leistungen, die man sich also auf Unternehmensseite vom InnoGema-Netzwerk erhoffte, war, den Markt transpa-renter zu machen bzw. unter den Anbietern eine Vorauswahl zu treffen. Ziel von InnoGema ist also die Bildung eines verlässlichen Anbieterpools mit Gesund-heitsdienstleistern, die den heterogenen Bedarf der heterogenen Unternehmen abdecken können und die Bereitschaft mitbringen, sich auf einen Netzwerkpro-zess zur Entwicklung innovativer Angebote einzulassen. Im Pool sollten ver-schiedene Spezialisten für Gesundheitstechniken aus den vier Handlungsfeldern des Präventionsleitfadens (Bewegung – Ernährung – Stress – Führung und Or-ganisation) vertreten sein. Das Anliegen, diese Anbieter dann mit dem Bedarf der Unternehmen zu konfrontieren und sie auf die Zusammenarbeit mit ihnen vorzubereiten, wurde auf Unternehmensseite ebenfalls positiv aufgegriffen.

3.2 Erste Ansprache

Um einen Anbieterpool zusammenstellen zu können, war es erforderlich Kontakt zu Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen aufzunehmen. Zunächst konnten auch persönliche Kontakte genutzt werden, um einzelne Anbieteradressen zu gewinnen und das Netzwerkkonzept unter Gesundheitsdienstleistern bekannt zu machen. Ausgehend von einem regionalen Netzwerkansatz wurde die Suche nach Dienstleistern verschiedener Gesundheitsbranchen auf einen Stadtteil in Berlin begrenzt, in dem auch mit Unternehmen zusammengearbeitet werden sollte. Handlungsleitend war der Gedanke, dass eine lokale Unternehmensver-netzung sinnvoll wäre und dass somit Anbieter möglichst in der Nähe der Nutzer angesiedelt sein sollten, um Wege und Zeitaufwand für die Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten. Dies ist vor allem bei Anbietern von Fitnesskursen oder Methoden notwendig, die über größere Räume vor Ort verfügen müssen oder die langfristige Angebote (Kursprogramme) anbieten. Zum Anderen wurden Anbieter ausgewählt, die explizit mobil sind (Bsp. mobile Massage), ihr Equipment mit-bringen und ihre Leistungen direkt im Unternehmen anbieten können. Dazu zählen z.B. auch Berater oder Coachs.

Durch das Vorstellung des Netzwerkskonzepts bei Organisationen mit Multiplikatorfunktion wie z.B. Weiterbildungseinrichtungen für Gesundheitsberufe oder Projektträger, die Gesundheitsdienstleistern kooperierten, entstand schnell ein Schneeballeffekt. Immer häufiger meldeten sich Gesundheitsdienstleister im Netzwerkbüro. Das lässt sich wahrscheinlich darauf zurückführen, dass sich die Netzwerkpartner auf der Anbieterseite von einer Zusammenarbeit Aufträge versprechen.

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Insgesamt wurden in den ersten sechs Monaten 185 qualifizierte Adressen von Anbietern verschiedener Dienstleistungen zusammengetragen. Diese bilden den Grundstock für einen bis heute ständig erweiterten und aktualisierten Adress-verteiler, über den Gesundheitsdienstleister über die Entwicklung im Netzwerk informiert werden. Zu Beginn der Adressrecherchen wurde eine vorläufig breit gefächerte Kategorisierung der Anbieter vorgenommen.7

3.3 Online-Befragung

Um die Akquisition von Anbietern zu unterstützen und Voraussetzungen für die Auswahl zu haben, wurde zwischen Mai und Juli 2008 eine Online-Befragung durchgeführt. Mit ihr konnten weitere Erkenntnisse über Anbieter gewonnen werden. Zugleich gelang es tatsächlich, so weitere Interessenten auf Anbieter-seite für die Mitarbeit zu gewinnen. 56 Anbieter konnten mit einem Kurzfragebo-gen erfasst werden. Von diesen wurden schließlich 11 Anbieter als Kooperationspartner gewonnen.

Die Ergebnisse der Befragung belegten die Annahme, dass es sich auf der An-bieterseite überwiegend um Soloselbständige und recht junge Unternehmen handelt. 52% der Unternehmen waren nach 2000 gegründet worden. Auf die Frage, mit wem sie vorrangig kooperierten, stellte sich heraus, dass vorrangig mit anderen freiberuflichen Trainern, Schulen, sozialen Trägern und Organisati-onsentwicklern zusammengearbeitet wird. In zweiter Linie wird mit Ärzten und Physiotherapeuten kooperiert. Netzwerkerfahrung war dagegen kaum vorhan-den. Obwohl ca. 60% der Befragten angab, bereits mit Unternehmen zu koope-rieren, stellte sich in Einzelgesprächen mit Anbietern heraus, dass die meisten ein Interesse daran hatten, aus diesem Bereich mehr Kunden zu gewinnen. Die befragten Anbieter signalisierten zudem große Bereitschaft an der Erarbeitung neuer Produkte. Die Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere Projektpräsentationen auf Veranstaltungen und das Bekanntmachen der Internetseite, trugen ebenfalls zur Akquisition auf der Anbieterseite bei.

In einer Reihe von Themenabenden trug vor allem einer, der explizit für die Ziel-gruppe der Gesundheitsdienstleister durchgeführt wurde, zur Gewinnung neuer Partner bei. Von den Teilnehmern dieser Veranstaltung unter dem Titel „Ver-netztes Marketing für Gesundheitsdienstleister“ am 12. Juni 2008 wurden später acht zu Netzwerkpartnern.

3.4 Sprechstunde

Aus der großen Zahl an inzwischen kontaktierten Anbietern sollte nach ca. vier Monaten ein qualifizierter Pool gebildet werden, damit ein kleinerer Kreis mit dem angemessenen Angebotsmix bereitgestellt werden könnte. Dies wurde fast ausschließlich über Vorgespräche in einer Sprechstunde bewirkt. Die Anbieter stellten sich ausführlich vor und brachten dazu Unterlagen mit, die ihre Qualifi-kation und Erfahrung (Referenzen) belegten. Insgesamt wurden 33 Anbieter in der Sprechstunde empfangen, mit denen ein ca. 60-minütiges Gespräch geführt wurde. Von diesen unterzeichneten schließlich 21 eine Kooperationsvereinba-rung. Später wurden zwei Partnerschaften vorzeitig beendet, eine ruht derzeit.

7 Siehe Kather-Skibbe / Hannemann / Reszies (2008), S. 72 ff.

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Zunächst wurde weder eine Krankenkassenzulassung noch eine langjährige Er-fahrung zur Aufnahmebedingung gemacht. Das InnoGema-Projekt hat zum Ziel, aus der Kooperation der Anbieter heraus einen neuen Angebotsmix zu entwi-ckeln – also auch neue Kursprogramme oder Angebotskombinationen. Insofern kann für diese per se keine Kassenzulassung bestehen. Zum anderen ist es ein Ziel von InnoGema auch die Anbieterseite weiter zu qualifizieren und wettbe-werbsfähiger zu machen. Dazu gehören auch bisher im Markt noch weniger er-fahrene, junge Unternehmen, die mit ihren Angeboten aber recht gut zu jüngeren Kreativunternehmen passen könnten.

3.5 Der Anbieterpool

Für die Zusammensetzung des Pools erschien zunächst entscheidend, Anbieter verschiedener Rubriken, zu berücksichtigen. Je mehr Befragungsergebnisse aus den Unternehmen vorlagen, umso genauer konnten die Bedarfe umrissen und die Zusammensetzung des Pools zielgerichtet gesteuert werden. Mit der Zeit wurden nur noch Anbieter hinzugenommen, für deren Angebot eine zusätzliche Nachfrage festgestellt werden konnte (z.B. autogenes Training, Raucherentwöh-nung).

Es wurden immer mehrere Anbieter aus der gleichen Branche in den Pool aufge-nommen. Zum einen, um einen internen Wettbewerb herzustellen und möglichst innovative neue Ideen und einen Mix verschiedener Anbieterkonstellationen zu ermöglichen. Zum anderen wurde davon ausgegangen, dass ein Anbieter alleine, nicht die gesamte Nachfrage aus den Unternehmen würde abdecken können. Schließlich sollten sich Anbieter im Bedarfsfall auch untereinander vertreten können.

Voraussetzung für die Aufnahme in den Anbieterpool war die Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung, die die Anbieter unter anderem verpflichtet,

• sich und ihre Leistungen auf der InnoGema-Website zu präsentieren,

• sich an Workshops (Partnertreffen) zur Vorbereitung der Kooperation mit Unternehmen zu beteiligen und Angebotspakete zu entwickeln,

• einmalig kostenlose Schnupper-Angebote in Unternehmen zu machen,

• sich an Aktionstagen im Gebiet und an Kongressmessen zu beteiligen,

• ihre erbrachten Leistungen durch die Teilnehmer (Mitarbeiter aus Unter-nehmen) bewerten zu lassen.

Anfänglich verfügten sechs der Anbieterpartner über eine Kassenzulassung, in-zwischen haben mehrere eine Zulassung beantragt. Der Anbieterpool wurde ge-schlossen, als erkennbar war, dass aus fast allen Bereichen der Gesundheits-dienstleistungen mindestens zwei Anbieter vertreten waren und die Größe des Pools für die Befriedigung der Angebote ausreichend sein würde. Zudem er-schien eine größere Anzahl an Akteuren in einem Netzwerk, zumal wenn sie ge-meinsam neue Angebotsformen entwickeln sollen, als nicht mehr praktikabel.

Derzeit umfasst der Pool 33 Anbieter aus folgenden Bereichen:

• Ernährungsberatung (5 Anbieter),

• Stressbewältigung, autogenes Training, progressive Muskelentspannung und Achtsamkeitstraining (9 Anbieter),

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• Massage (3 Anbietern),

• Augentraining (1 Anbieter),

• Bewegungstherapien: Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Feldenkrais, Life-Kinetik und Tanz (9 Anbieter/innen),

• Fitness und Laufsport (5 Anbieter),

• Rückenfitness und Physiotherapie (3 Anbieter),

• Organisationsberatung, Beratung zum betrieblichen Gesundheitsmanage-ment sowie Salutogenese-Coaching (9 Anbieter).

(Da zahlreiche Anbieter mehrere Angebotsschwerpunkte haben, ergeben sich hier Mehrfachnennungen).

Die Anbieter aus dem Pool stellen sich auf der Webseite des InnoGema-Projekts in einheitlicher Form mit einer Kurzbeschreibung ihrer Person, ihres Angebots und ihrer Motivation zur Mitarbeit im Netzwerk vor. Alle Anbieter wurden in einer Broschüre zusammengefasst, die zur Präsentation in Unternehmen genutzt wird. Nach dem Schließen des Anbieterpools wurden Anbieter, die Interesse an einer Netzwerkintegration zeigten, auf eine Warteliste gesetzt, um bei Bedarf nach-zurücken. Im Laufe der intensiveren Vorbereitungsphase für die Kooperation sind fünf Anbieter wieder aus dem Pool ausgeschieden. Sollten neue Anfragen auf Unternehmerseite formuliert werden, können auch neue Anbieter in den Pool nachrücken. Dies ist bereits für die Suchtprävention absehbar, insbesondere wurden bereits Angebote zur Rauchentwöhnung angefragt.

Gründe für die Entscheidung, nicht Kooperationspartner von InnoGema zu wer-den oder wieder aus dem Pool auszusteigen, waren:

• eine zu kurzfristige Erfolgserwartung,

• die Einschätzung, zu wenig Zeit für den Netzwerkprozess zu haben,

• eine Veränderung der beruflichen oder privaten Situation,

• die Annahme einer Konkurrenzstellung zum gesamten Netzwerk, da sie bereits Teil eines eigenen Netzwerkes mit einer differenzierten Angebots-palette waren.

In der folgenden Phase wurden die Partner in Workshops zu den Themen Marke-ting, Preisbildung und betriebliche Gesundheitsförderung in Unternehmen qualifi-ziert und auf die Kooperation mit Unternehmen vorbereitet. Standen in der Akquisitionsphase die Workshops noch allen Gesundheitsdienstleister offen, wurde die Teilnahme an weiterführenden Workshops auf den Kreis der Anbieter beschränkt, die eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet hatten (Anbieter-pool). Die Workshop-Inhalte konzentrierten sich dann stärker auf die Erarbeitung von Netzwerkregeln, rechtliche Fragen oder die Entwicklung von konkreten An-gebotspaketen für die nachfragenden Unternehmen. (siehe Kapitel III, 2).

Seit dem Schließen des Pools erfolgten diverse Angebotsanfragen durch Unternehmen. In einzelnen Fällen auch aus Unternehmen, die nicht InnoGema-Partner sind. Beispielsweise wurden Massagen oder ein Stressseminar sowie Rückenfitness gebucht. Systematischer wurden seit Mitte 2009 Leistungen in dem Gebiet angeboten, in dem die meisten Unternehmenspartner von InnoGema angesiedelt sind und ein Raum für die Durchführung der Kurse angemietet wurde.

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3.6 Abschließende Bewertung der Akquise-Instrumente

Insgesamt wurden innerhalb des ersten Projektjahres mit über 60 Anbietern ausführlichere Gespräche geführt, entweder in der Sprechstunde oder bei Veran-staltungen insbesondere auf Aktionstagen und in Workshops für diese Ziel-gruppe.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ähnlich wie bei Marketingstrate-gien mehrfache Kontakte schließlich zielführend waren. Nach der ersten Kon-taktaufnahme durch die Online-Befragung kamen mehrere der befragten Gesundheitsdienstleister zu Veranstaltungen, um sich genauer zu informieren und persönlich Kontakt aufzunehmen.

Als wirkungsvollstes Instrument für die Bildung des Anbieterpools stellte sich die Sprechstunde heraus, da hier genügend Zeit zum Kennenlernen und zur syste-matischen Erfassung der Anbieter gegeben war. Sie wurde auch am meisten genutzt. Aus Anbietersicht schien wichtig, einschätzen zu können, welcher Auf-wand mit einer Netzwerkkooperation verbunden sein würde. Aus Sicht des InnoGema-Projekts stand die persönliche Einschätzung der potenziellen Partner im Vordergrund. Zudem ging es darum zu verdeutlichen, dass eine gewisse Ver-bindlichkeit der neuen Netzwerkpartner und ein längerer Atem in der Anfangs-phase der Netzwerkbildung notwendig seien. Um dies auch ein Stück zu formalisieren, wurde die Unterzeichnung der Kooperationserklärung für die Auf-nahme in den Anbieterpool vorausgesetzt.

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4 Aufschließungsarbeit bei Multiplikatoren im Gesundheitsbereich

Autorin: Sabine Reszies

4.1 Zielstellung der Teilaufgabe

Eine dritte wichtige Zielgruppe für eine Netzwerkbildung zur Betrieblichen Gesundheitsförderung sind die Multiplikatoren. Das sind Sozialversicherungsträ-ger, Kammern und Verbände, Gewerkschaften und Arbeitgebervertretungen so-wie Vereine und andere Netzwerke, die sich für gesunde Arbeit engagieren und insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in ihren Bemühungen unterstüt-zen wollen. Multiplikatoren haben in unterschiedlichem Maße Erfahrungen und Instrumente gesammelt, die ein Netzwerk wie InnoGema gut nutzen kann. Ziel dieser Teilaufgabe ist es, das umfassende Know-how und die Kompetenz der Multiplikatoren für das Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Im Ausgleich dazu bietet InnoGema dieser Gruppe einen Zugang zu den kleinen und mittleren Un-ternehmen und natürlich deren Mitarbeiter/innen, die alle Mitglied einer Kran-kenkasse sind.

4.2 Methodische Vorgehensweise

Die Gesundheitsreform und die damit verbundenen strukturellen Veränderungen innerhalb der Gesetzlichen Krankenkassen, das Zusammengehen der Kranken-kassen, die Fusion von Berufsgenossenschaften und die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie stellten im Jahr 2009 eine große Herausforderung für die Multiplikatoren im Projekt InnoGema dar. Dieser Kooperationsprozess ist auch längst nicht abgeschlossen. Trotz guter persönlicher Kontakte des Projektteams mit Vertretern von Sozialversicherungsträgern konnten bisher keine Vereinba-rungen zu einem gemeinsamen Vorgehen getroffen werden. Einzig die Industrie- und Handelskammer Berlin unterstützte uns konkret in unserer Öffentlichkeits-arbeit und unterzeichnete dazu eine Kooperationsvereinbarung. In diesem Rah-men konnte über den Verteiler und über den Internetauftritt das Projekt und seine Aktivitäten bekannt gemacht werden. Die IHK Berlin ist einer der Initiato-ren der Berliner Initiative für gesunde Arbeit (BIGA), die zum Ende des Jahres 2008 gegründet worden ist.

Weitere Initiatoren sind: der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Bran-denburg, die Handwerkskammer Berlin, die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin und die Vereinigung der Unternehmens-verbände in Berlin und Brandenburg. Sie präsentieren – erstmalig in Berlin – ein umfassendes Forum für alle, denen gesunde Arbeit wichtig ist.

BIGA möchte mit einer umfangreichen und durch die Politik unterstützten Öf-fentlichkeitsarbeit jedem Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz Aufmerk-samkeit und vorhandene Schwierigkeiten bei der Umsetzung durch ein gemeinsames Miteinander überwinden helfen.

Das Projekt „InnoGema“ gehörte zu den ersten fünf Teilnehmern der Initiative. Dieses führte unter anderem zu einer stärkeren Aufmerksamkeit auf Seiten der Gmünder Ersatzkasse, die an das Forschungsteam mit der Bitte um ein gemein-sames Pilotprojekt herantrat. Eine intensive Zusammenarbeit konnte auch mit

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der Verwaltungsberufsgenossenschaft entwickelt werden, die bei diversen Themenabenden unterstützend mitwirkte und gleichfalls das Projekt und seine Veranstaltungen über ihre Kommunikationskanäle bekannt machte.

Im Rahmen des Arbeitskreises „Betriebliche Gesundheitsförderung“ des Gesund-heit Berlin e.V. arbeitete das Projektteam von InnoGema aktiv an der Erarbei-tung von Qualitätskriterien für Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförde-rung mit. Diese sollen Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Auswahl des richtigen Dienstleisters sowohl für Aktivitäten auf dem Gebiet der Verhältnis- als auch der Verhaltensprävention helfen.

4.3 Ergebnisse

Neben der bereits bestehenden Partnerschaft mit der IHK Berlin und der intensi-ven Zusammenarbeit mit der Verwaltungsberufsgenossenschaft, gibt es aktuell Gespräche mit der KKH Allianz und der Gmünder Ersatzkasse zu einer Kooperation.

Mit der Gmünder Ersatzkasse und der Berufsgenossenschaft Metall Nord-Süd ist ein Projekt ins Leben gerufen worden, in dem vier Unternehmen mit maximal 50 Mitarbeiter beim Aufbau einer Betrieblichen Gesundheitsförderung unterstützt werden. Es wird ein Entwicklungsprozess mit den Modulen Bedarfserhebung, Zielbeschreibung, Maßnahmenumsetzung und Erfolgskontrolle initiiert. Beson-deres Augenmerk wird auf die Partizipation der Mitarbeiter an dem Prozess ge-legt. Die ausgewählten vier Unternehmen setzen im Rahmen dieses Pilotprojektes Maßnahmen zur Verhältnis- und zur Verhaltensänderung um. Das Forschungsteam der HTW wird die Experteninterviews mit den Entscheidungs-trägern und die Mitarbeiterbefragung unter Beteiligung der Gmünder Ersatzkasse durchführen. In darauf folgenden Gesundheitszirkeln erarbeiten die Beschäftig-ten ihr eigenes Maßnahmenprogramm und erkennen, welche organisatorischen Änderungen im Unternehmen vorgenommen werden müssen. Dabei werden sie vom Projektteam im Rahmen des Forschungsprojektes unterstützt. Durch eine begleitende Prozessberatung werden evtl. anfallende Defizite in der Verhältnis-prävention aufgenommen und die Evaluation des gesamten Vorgehens gewähr-leistet. Maßnahmen auf der Verhaltensebene werden modellhaft mit finanzieller Unterstützung von Seiten der Unternehmen bzw. der Beschäftigten eingeführt und erprobt.

4.4 Konsequenzen für die Projektarbeit

Die GEK gibt dem Netzwerk mit der erfolgreichen Durchführung des Modellpro-jektes die Chance, Maßnahmen, die derzeit noch nicht im Maßnahmenkatalog der Gesetzlichen Krankenkassen enthalten sind, zu entwickeln und in und mit den Unternehmen zu erproben. Besonders hilfreich ist für die Unternehmen die finanzielle Unterstützung durch die GEK. Lässt sich im Rahmen dieses Projektes die Wirksamkeit des Vorgehens nachweisen, könnten die gemachten Erfahrun-gen auch bundesweit umgesetzt werden.

Im Januar 2010 werden sich die am Netzwerk InnoGema interessierten Multipli-katoren zu einem gemeinsamen Workshop treffen und diskutieren, wie sie die Netzwerkpartner auf ihrem Weg zu mehr Gesundheit im Unternehmen im Rah-men ihrer Möglichkeiten besser fördern können.

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5 Markterschließung für Gesundheitsdienstleistungen: Kongressmesse zur betrieblichen Gesundheitsförderung

Autorin: Jana Hering

5.1 Zielstellung der Teilaufgabe

Eines der Ziele des Forschungsprojektes „InnoGema“ ist die Sensibilisierung der kleinen und mittleren Unternehmen für den Nutzen der Betrieblichen Gesund-heitsförderung. Dafür wurde ein umfassendes Konzept für Öffentlichkeitsarbeit entwickelt. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Konzeptes ist die Durchführung von Veranstaltungen in unterschiedlichen Formen. So wurden neben Themen-abenden, Workshops, Sprechstunden und Partnertreffen auch größere Veran-staltungen im Rahmen des Projektes geplant. Sie sollten eine besonders große Aufmerksamkeit der verschiedenen Zielgruppen auf sich ziehen und gleichzeitig als eine Art Meilensteintreffen das Erreichte im jeweiligen Projektabschnitt auf-zeigen. So wurde für den November 2008 die erste Kongressmesse zur Betriebli-chen Gesundheitsförderung konzipiert.

Zentrale Fragestellung bei der inhaltlichen und organisatorischen Planung war:

Wie kann das Wissen zum Thema Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen sowohl für das Management als auch für die Mitar-beiter ansprechend und informativ aufbereitet werden?

Nach Gesprächen mit den Geschäftsführungen der ersten gewonnenen Partnerunternehmen wurde deutlich, dass, bei diesen Informationsbedarf zu den verschiedenen Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung als auch zu den möglichen Herangehensweisen besteht. Daraus entstand die Idee einer zweigeteilten Veranstaltung. Eine „Kongressmesse“ mit dem Titel „Gesund Kreativ Innovativ“. Der Titel sollte vor allem Unternehmen der Kreativwirtschaft ansprechen, die im Untersuchungsfeld des Forschungsprojektes in größerer Zahl angesiedelt sind. Die Bezeichnung „Kongressmesse“ benennt einerseits den Kongressteil der Veranstaltung, der Angebote für Führungskräfte und Fachleute für Betriebliche Gesundheitsförderung bereithalten sollte und andererseits den Messeteil, auf dem Mitmach- und Informationsangebote für die Beschäftigten präsentiert werden sollten. Durch diese Herangehensweise galt es die folgenden Zielstellungen zu erreichen:

• Präsentation der vorhandenen Angebote für Betriebliche Gesundheitsförde-rung von Seiten der Gesundheitsdienstleister, der Krankenkassen und der Berufsgenossenschaften.

• Information und Diskussion von aktuellen Konzepten zur Umsetzung Be-trieblicher Gesundheitsförderung, von Qualitätsfragen zu Angeboten auf diesem Gebiet sowie zu Potenzialen von Netzwerken der Betrieblichen Gesundheitsförderung.

Aufgrund des Umfanges der Themenkomplexe wurde entschieden, die Veran-staltungen an zwei aufeinander folgenden im November 2008 durchzuführen.

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5.2 Methodische Vorgehensweise

Da das Forschungsprojekt einen regionalen Ansatz verfolgt und zwei Modellregi-onen im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg in den Fokus genommen hat, lag es nahe, diese Veranstaltung im Einzugsbereich der Untersuchungsre-gion durchzuführen. Dazu wurde eine ehemalige Mälzerei ausgewählt, die zwei größere Räume für die Messe und mehrere kleinere Räumlichkeiten für die Durchführung von Workshops im Rahmen des Kongressteils bereithielt.

Das Team von InnoGema suchte für die Durchführung der Veranstaltung Unter-stützung sowohl bei Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen als auch bei Krankenkassen und Berufsgenossenschaften. So entstand ein Messekonzept mit 19 Informationsständen, woran sich Gesundheitsdienstleister, die Verwaltungs-berufsgenossenschaft, die Techniker Krankenkasse, die Barmer Ersatzkasse und die KKH Allianz beteiligten. Eine detaillierte Auflistung der Messeaussteller findet sich in der Tabelle 2.

Gesundheitsdienstleister Sozialversicherungsträger

Entspannung Gesetzliche Krankenversicherung

Massagen am Arbeitsplatz, Christina Beckmann Techniker Krankenkasse (TK)

Massage, Mandy Kietzke KKH Allianz

Physio plus- mobiler Service Berlin

Oya- Praxis für emotionale Balance

Qi Gong-Massage-Meditation-Body-Mind-Coaching, Stéphane Seckin

Ernährungsberatung Gesetzliche Unfallversicherung

Ernährungsberatung, M. Y. Penaluna Verwaltungsberufsgenossenschaft

Studio für Ernährungsberatung, Brigitte Schulz

Ess Coaching, Sabine Grohn

Ernährungsberatung/Körpertherapie,Dr. Edda Breitenbach

Ernährungsberatung, Monika Aust

Führung/ Organisation

Kommunikationskunst, Antonia von Fürstenberg

Weiterführende Institutionen

Management Innovation Dresden

AHAB-Akademie GmbH

Elixia Deutschland GmbH

Fit Sportstudio

relax GbR

Tab. 2: Angebote auf der Messe

Das Messeangebot richtete sich primär an Mitarbeiter aus kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch an Kongressbesucher und sollte diese informieren und zum Mitmachen bewegen. Angeboten wurden (Mitmach-) Aktionen, die ihnen Hilfestellungen aufzeigten, ihre Gesundheit und Arbeitsfähigkeit im Unterneh-mensalltag zu stärken. Bezogen waren diese, auf Maßnahmen der Stressbewälti-gung, der Verpflegung am Arbeitsplatz, als auch auf das Bewegungsverhalten. Neben der Präsentation am Stand, konnten die Gesundheitsdienstleister in der

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Speakers-Corner über ihre Präventionsmaßnahme berichten bzw./oder diese auf der Aktionsfläche präsentieren. So wies z.B. eine Yoga-Trainerin (siehe Abb. 10), Anbieterin im Netzwerk „InnoGema“, auf der Aktionsfläche die Teilnehmer der Messe und des Kongresses in die Kunst des Yoga ein.

Abb. 10: Aktive Pause mit Yoga

Da eine der Zielsetzungen des ersten Meilensteintreffens in der Darstellung des vorhandenen Ist-Zustandes zur Betrieblichen Gesundheitsförderung lag, wurden auf dem Kongress, Themen aufgenommen, die diesen Zustand gut abbildeten.

Im Rahmen des Kongresses wurden Vorträge angeboten, die sich den Themen Kundenintegration und Dienstleistungsinnovation und der Sensibilisierung von Unternehmen für die Thematik der Betrieblichen Gesundheitsförderung annah-men. Auch wurden vier Workshops angeboten, die auf die Zielgruppe KMU aus-gerichtet waren und folgende Schwerpunkte aufwiesen:

1. „Mit dem Blick auf die Ressourcen die Herausforderungen angehen - Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen“

Im Fokus des Workshops standen die Arbeitsbedingungen in kleinen Un-ternehmen. Hier wurde aufgezeigt, welche vorrangigen Problemstellungen, unter Berücksichtigung der Ressourcen im Unternehmen bestehen, wenn es um den Erhalt der Leistungsfähigkeit und die Kreativität der Mitarbeiter geht.

2. „Ansprache und Instrumente müssen stimmen – praxiserprobte Einführung von Betrieblicher Gesundheitsförderung in KMU“

Im zweiten Workshop wurden Instrumente beleuchtet, die für die Einführung von betrieblicher Gesundheitsförderung in den Unternehmen bereits erprobt sind.

3. „Betriebliche Gesundheitsförderung als vernetzte Dienstleistung - Netzwerke als Kooperationsplattform für Wettbewerber“

Der dritte Workshop konzentrierte sich darauf, aktive Netzwerke für Gesundheitsdienstleistungen und deren Zielsetzungen und Leistungsan-

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gebote aufzuzeigen. Dabei wurde herausgearbeitet, welche Strukturen sich für unterschiedliche Zielsetzungen dieser Netzwerke bewährt haben.

4. „Qualitätssicherung von Dienstleistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung“

Im letzten Workshop wurden bislang eingesetzte Qualitätsbewertungs-modelle, wie Qualitätsrichtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, Qualitätssiegel von Verbänden, wie SportPro Gesundheit und Qualitätspreise diskutiert und Schlussfolgerungen für deren Weiterentwicklung gezogen.

Mit u.a. Kathrin Möslein8, Astrid Kumbernuss9, Erich Latniak10, und Ulrich Pröll11 konnten für die Vorträge und die Workshops hochrangige Referenten gewonnen werden, die zur hohen Qualität der Veranstaltung beitrugen.

Um dem innovativen Projektansatz gerecht zu werden, wurde sich beim Kon-gress einem besonderen Methodenmix angenommen. So wurden für die Kon-gressteilnehmer, wie in der Abbildung 11 dargestellt, aktive Pausen durch die Barmer Ersatzkasse organisiert.

Abb. 11: Aktive Pausengestaltung, Barmer Ersatzkasse

Der zu erreichenden Zielgruppe entsprechend, wurde für den Besuch der Messe kein Eintritt erhoben. Der Besuch des Kongresses, der auch eine Abendveran-staltung umfasste, erforderte einen finanziellen Beitrag.

5.3 Akquise-Instrumente zur Teilnehmergewinnung

Entsprechend des Veranstaltungskonzeptes erfolgten drei verschiedene Ver-marktungsabschnitte. Zunächst wurden die möglichen Messestandplätze interes-sierten Anbieter, Krankenkassen und Berufsgenossenschaften offeriert. Dieses erfolgte über Direktansprache aus dem zu diesem Zeitpunkt bereits entwickelten Adresspool des Projektes. Dieser Abschnitt beanspruchte sehr wenig Aufwand, so dass innerhalb von drei Monaten alle Messeplätze vergeben waren.

8 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre 9 Abteilungsleiterin Marketing & Vertrieb und Markenbotschafterin der BARMER Ersatzkasse 10 Institut für Arbeit und Qualifikation, Gelsenkirchen (IAQ), Universität Duisburg Essen, Abteilung Arbeitszeit und Arbeitsorganisation 11Sozialforschungsstelle, Technische Universität Dortmund, Forschungsbereich 6: Nachhaltige Organisations- und Technikgestaltung

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Für die Akquise der Kongressteilnehmer wählte der Bereich Öffentlichkeitsarbeit des Forschungsprojektes InnoGema verschiedene Wege der Ansprache. So wurde bereits Monate vor der Veranstaltung eine Informationskarte mit einer Terminankündigung erstellt und an potenzielle Kongressbesucher/innen verschickt. Nachdem das Programm festgelegt war, wurden ein Flyer und dazu passende Einladungen erstellt, die mittels Direktmarketing an ausgewählte Personen per Werbebrief und an andere Teilnehmer per E-Mail versandt wurden. Mit dieser Anspracheform sollte ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zu jedem einzelnen Empfänger hergestellt werden (Bruhn, 2005, S. 656 zitiert nach Mast, C., 2008, S. 310) und diesen direkt zur Teilnahme motivieren. Die Einladungen wurden nicht nur regional, also in den Bundesländern Berlin und Brandenburg, sondern auch überregional verschickt. Außerdem wurden an diverse Institutionen Flyer und Poster gesendet, unter denen z.B. Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Gewerkschaften, Verbände, Hochschulen aber auch die Berliner Bezirksämter vertreten waren. Informationen zur Veranstaltung konnten die Interessenten auf der Projekt-Webseite www.innogema.de erhalten. Dort waren u.a. das Veranstaltungsprogramm, die Referentenliste und die Anfahrtsskizze zum Veranstaltungsort veröffentlicht. Neben diesem verwiesen auch die Partner des Netzwerkes, wie die IHK Berlin, auf ihren Internetpräsenzen auf die InnoGema-Veranstaltung. Eine Pressemitteilung wurde auf allen einschlägigen Presseportalen veröffentlicht. Mit Astrid Kumbernuss, der ehemaligen Olympiasiegerin im Kugelstoßen, konnte eine bekannte Sportlergröße gewonnen werden, die für die Veranstaltung als Testimonial agierte.

Abb. 12: Astrid Kumbernuss informiert sich bei einer Ernährungsberaterin

5.4 Ergebnisse

5.4.1 Kongress

An dem Kongress nahmen insgesamt 86 Personen aus unterschiedlichen Institu-tionen teil. So wurden z.B. Unternehmen, wie die BASF Services Europe GmbH, die Deutsche Bahn Station und Service AG und die Unternehmensberatung Fensch Group von dem Kongress angesprochen. Neben Unternehmensvertretern nahmen auch nahmen Vertreter von Sozialversicherungsträgern, wie der Barmer Ersatzkasse, der KKH Allianz, der Techniker Krankenkasse, der Gartenbau Be-

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rufsgenossenschaft, der Verwaltungsberufsgenossenschaft und der Berufsgenos-senschaft Metall Nord- Süd teil. Zudem wurden Teilnehmer aus der Wissenschaft und Forschung registriert. Vertreten waren dabei beispielsweise die RWTH Aa-chen, die Universität zu Köln, die Technische Universität Dortmund und die Freie Universität Berlin.

Den Teilnehmern wurde die Möglichkeit gegeben im Rahmen einer schriftlichen Befragung den Kongress zu bewerten. Es galt geschlossene Fragen zur Zufrie-denheit in Bezug auf den Kongress, zur Organisation der Veranstaltung, zu den Inhalten der Workshops und zu den Fähigkeiten der Moderatoren zu beantwor-ten. An dieser Befragung nahmen 19 Personen (p= 86) teil. Dieses entspricht einer Rücklaufquote von 22,09 Prozent. Von 19 Teilnehmenden äußerten ca. 68,42 Prozent dass sie mit dem Kongress sehr zufrieden bis zufrieden waren. Vor allem schätzte ein Großteil (89,5 Prozent) der Untersuchungsteilnehmer die Veranstaltungsorganisation als „sehr gut“ bis „gut“ ein. Eine sehr gute bis gute Bewertung fiel auf die Inhalte der Workshops. Dieses schätzen 77,78 Prozent der Teilnehmer ein. Diese Workshops wurden zudem als „sehr gut“ bis „gut“ mode-riert, wie 83,3 Prozent der Befragten beurteilten. Auch das Mischverhältnis der Veranstaltungen, bei dem es darum ging, die Teilnehmer in den Pausen, auch aktiv über die Bewegung, für das Themenfeld der betrieblichen Gesundheitsför-derung zu sensibilisieren, wurde von 84,2 Prozent der Untersuchungsteilnehmer mit „sehr gut“ bis „gut“ bewertet. Zudem schätzten 63,15 Prozent der Befragten den Besuch der Messe als „sehr gut“ bis „gut“ ein.

5.4.2 Messe

Auch für die Messebesucher wurde ein quantitatives Erhebungsinstrument entwi-ckelt, anhand dessen die Teilnehmer die Themenfelder Messeatmosphäre, In-formationsgehalt und Neuigkeitsgrad bewerten sollten. Die Messeatmosphäre bewerteten acht der 12 Untersuchungsteilnehmer, als „gut“, was einem prozen-tualen Anteil von 66,66 Prozent entspricht. Aus dieser Aussage ist abzuleiten, dass sich über die Hälfte der Befragten, auf der Messe wohlfühlten und dort ein angenehmes Klima vorfanden. Ebenso wurde der Informationsgehalt der Messe von 66,66 Prozent der Befragten als „gut“ bewertet. Dieses hohe Informations-potenzial konnte geboten werden, da sich eine Vielzahl an Anbietern aus unter-schiedlichen Disziplinen, wie Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Gesundheitsdienstleistern auf der Messe präsentierten.

Bezugnehmend auf den Aspekt „Neuigkeit“ wünschten sich 58,33 Prozent der Befragten einen höheren Standard auf der Messe. Auf zukünftigen Veranstaltun-gen kann dieser Standard erreicht werden, da neuartige Präventionskonzepte, die noch im Entwicklungsprozess des Projektes sind, dort vorgestellt werden können.

5.5 Konsequenzen für die Projektarbeit

Basierend auf den vorhandenen Ergebnissen zeigte sich, dass eine Veranstaltung als Form der Veröffentlichung von Netzwerkergebnissen und als Förderung des Netzwerkgedankens durchaus positiv ist. Jedoch musste erkannt werden, dass es trotz einer intensiven Ausrichtung auf die Zielgruppe Unternehmen und der direkten Ansprache der Partnerunternehmen nicht gelungen ist, ein größeres Teilnehmerfeld aus dieser Gruppe zu generieren. In anschließenden Gesprächen

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konnten dafür folgende Gründe ausgemacht werden. So gaben die Verantwortli-chen der Unternehmen an, dass eine zweitägige Veranstaltung für sie zu umfas-send sei. Demnach hielten sie eine längere Abwesenheit vom Tagesgeschäft für ein - aus ihrer Sicht - weniger prioritäres Thema als nicht angemessen. Zudem wurde deutlich, dass der Ort als ungünstig für die Mitarbeiter der Oberbaum City eingestuft wurde, da die Anfahrt für einen kurzen Messebesuch (etwa 20 min.) zu lang war. Diese Anhaltspunkte sollten im Rahmen der Planung einer weiteren Veranstaltung berücksichtigt werden. So empfiehlt es sich nach Aussagen der Unternehmen die nächste Veranstaltung möglicherweise ausschließlich an einem Tag durchzuführen. An diesem sollte versucht werden, den Unternehmern einen kurzen und prägnanten Einblick in die Neuerungen der betrieblichen Gesund-heitsförderung zu geben. Zudem ist zu überlegen, das Event in unmittelbarer räumlicher Nähe der Zielgruppe, d.h. der kleinen und mittleren Unternehmen in der Modellregion, zu veranstalten.

Literaturverzeichnis:

Bruhn, M. (2005): Unternehmens- und Marketingkommunikation. Handbuch für ein integriertes Kommunikationsmanagement. Vahlen: München.

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6 Aktionstag zur betrieblichen Gesundheitsförderung im Unternehmensumfeld

Autorin: Christina Nagel

6.1 Zielstellung der Teilaufgabe

Aktionstage zählen zu den Aufschließungsinstrumentarien von InnoGema für das Akquirieren von weiteren Partnern für das Netzwerk und stellen Schwerpunkte der Öffentlichkeitsarbeit von InnoGema dar. Die Erfahrungen und Schlussfolge-rungen der Kongressmesse waren der Ausgangspunkt für die Planung und Reali-sierung des ersten Aktionstages, der Ende März 2009 in der Oberbaum City als weiterer Meilenstein des Projektes InnoGema stattfand und mit dem Slogan „Gesund durch den Tag“ ganz im Zeichen der Gesundheitsförderung stand.

Zu diesen Schlussfolgerungen zählte, dass Veranstaltungen, mit denen die Un-ternehmen der Modellregion angesprochen werden sollen, unmittelbar im Unter-nehmensumfeld stattzufinden haben. Dies galt es umso mehr zu berücksichtigen, als dass vier weitere Unternehmen aus der Oberbaum City in der Zwischenzeit als Partner akquiriert wurden. Darüber hinaus sollten Größe und Umfang der Kongressmesse neu überdacht werden. Diese Erkenntnisse be-rücksichtigend, wurde die Entscheidung getroffen, einen Aktionstag zu gestalten, der, anders als die Kongressmesse, darauf ausgerichtet ist, vor allem die Mitar-beiter/innen der Unternehmen in der Oberbaum City aktiv in Gesundheitsange-bote einzubeziehen und neugierig auf mehr Gesundheitsprävention zu machen.

Ziel war es außerdem, Gesundheitsanbietern des bestehenden Anbieterpools die Chance zu geben, mit kostenlosen Schnupperkursen, wie Rückenfitness, Stress-bewältigung und Ernährungsberatung Mitarbeitern von kleinen und mittleren Unternehmen vor allem der Oberbaum City in der Praxis zu zeigen, welche Mög-lichkeiten der Gesundheitsprävention es gibt und ihnen mit der entsprechenden Beratung ganztägig zur Verfügung zu stehen. So sollten durch ganz konkrete Aktionen die Mitarbeiter, Unternehmensleitungen und punktuell auch Anwohner der Oberbaum City für das Thema Gesundheitsförderung sensibilisiert werden und entsprechende Aktivitäten selbst ausprobieren können.

Die Ziele im Überblick:

• Mitarbeitern von kleinen und mittleren Unternehmen am praktischen Beispiel zeigen, was zur Gesundheitsförderung unmittelbar im Unternehmensumfeld getan werden kann

• Präsentation der Anbieterpartner

• Gewinnung neuer Netzwerkpartner unter diesen Unternehmen

• Erhöhung des Bekanntheitsgrades von InnoGema insgesamt (gesellschafts-politisch) sowie des Netzwerkes sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Mitarbeitern

• Imageförderung des Projektes

• Darstellung der Ziele und der Aufgabenstellung von InnoGema und dem Netzwerk - Transparenz schaffen in die Aufgaben des Projektes und Netzwerkes

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• Erhöhung der Ausstrahlung von InnoGema in Modellregion (wichtig hin-sichtlich der zu gründenden wirtschaftlichen Einheit – Geschäftsmodell)

Ausgehend von den Zielstellungen dieses Aktionstages mussten folgende Ziel-gruppen durch entsprechende Maßnahmen erreicht werden:

• Unternehmer von kleinen und mittleren Unternehmen in der Modellregion Oberbaum City

• Mitarbeiter der kleinen und mittleren Unternehmen der Oberbaum City

• Presse und Öffentlichkeit

6.2 Herangehensweise/Methodisches Vorgehen

Im Rahmen der Instrumentarien der Unternehmenskommunikation wurde das „Event“ als das am besten geeignete angesehen, um die Botschaften zur be-trieblichen Gesundheitsförderung den Unternehmen der Modellregion im unmit-telbaren Unternehmensumfeld nahezubringen. Das immer häufiger gewählte Instrument der „Events“ hat an Bedeutung gewonnen, um mit Partnern zu kommunizieren und sie mit entsprechenden Botschaften zu erreichen (vgl. Mast; Huck; Güller, 2005, 119 ff).

Von dieser Erkenntnis ausgehend, wurde eine neue Veranstaltungsform, der so-genannte „Aktionstag“ zum Thema Gesundheit, kreiert und ein Konzept für die Durchführung der Veranstaltung erstellt, in dem Termine und Verantwortlich-keiten für die einzelnen Aufgabengebiete/ Arbeitsbereiche definiert wurden.

1. Erarbeitung des inhaltliches Konzeptes der Veranstaltung/ Programmgestaltung

Grundlage für die inhaltliche Gestaltung der Veranstaltung bildeten die Erfahrun-gen und Schlussfolgerungen der Kongressmesse, die Erfahrungen bereits reali-sierter Aktionen auf dem Gebiet der betrieblichen Gesundheitsförderung sowie die Kenntnisse moderner Unternehmenskommunikation. Darauf aufbauend wurde zielführend das inhaltliche Konzept ausgerichtet. Es galt, dem Wort „Akti-onstag“ gerecht zu werden und diverse Gesundheitsdienstleistungen zum Anfas-sen und Mitmachen anzubieten. Mitarbeiter der Unternehmen sollten Gelegenheit erhalten, Gesundheitsdienstleistungen zu testen und ihnen noch nicht bekannte Methoden näher zu bringen/kennen zu lernen. Es war deshalb das Ziel, eine möglichst breite Palette von Kursen, Individualanwendungen, Kursvorträgen und Präsentationen von Workshop- oder Coaching-Konzepten anzubieten. Darüber hinaus war es wichtig, die Veranstaltung in unmittelbarer Nähe der Zielgruppe, d.h. direkt im Unternehmensumfeld zu organisieren, damit Unternehmer und ihre Mitarbeiter vor oder nach der Arbeit oder auch in der Mittagspause Gele-genheit haben, Anbieter und deren Gesundheitsangebote zu erleben. Der Titel wurde im Rahmen des InnoGema-Teams entwickelt. Die Entscheidung fiel auf: „Gesund durch den Tag – Aktionstag in der Oberbaum City“.

Für die Gestaltung eines solchen Events mussten diverse Anbieterpartner aus dem bereits existierenden Anbieterpool von InnoGema akquiriert werden.

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2. Anbieterpartner akquirieren

Die ca. 30 Anbieterpartner von InnoGema wurden per E-Mail über das Vorhaben informiert und gebeten, Angebote für die Gestaltung des Programms abzugeben. Darüber hinaus wurden die Anbieterpartner auf einem Partnertreffen über die Zielstellung und den Ablauf des Aktionstages ausführlich informiert. Die Bereit-schaft, sich zu beteiligen war sehr groß. Aus den abgegebenen Angeboten wurde ein sehr abwechslungsreiches Programm mit vielen unterschiedlichen Kursen, Vorträgen und Massagen erstellt.

3. Festlegung des Zeitpunktes der Veranstaltung

Die Auswahl des Zeitpunktes des Aktionstages erfolgte unter Einbeziehung der Anbieterpartner und unter Berücksichtigung von Ferienzeiten sowie bereits fest-gelegter Termine von InnoGema.

4. Auswahl Veranstaltungsort(e)

Für die Wahl des Ortes, an dem der Aktionstag stattfinden sollte, war die inhalt-liche Orientierung der Veranstaltung ausschlaggebend. Es wurden Räumlichkei-ten direkt in der Oberbaum City gesucht, die sowohl für die Durchführung von Kursen, als auch parallel dazu für Vorträge geeignet waren.

Im Anbieterpool befand sich u.a. die Inhaberin einer Tanzschule, die ihr Objekt zur Verfügung stellte. Darüber hinaus wurde Kontakt mit der HVB Immobilien AG, dem Verwalter und Vermieter der Räume der Oberbaum City, aufgenom-men, die zum Zeitpunkt der Veranstaltung ein leer stehendes Büro-Objekt in der Rotherstraße 7 anbot. Nach Begehung der Räumlichkeiten wurde die Entschei-dung getroffen, an diesen beiden Standorten den Aktionstag durchzuführen. Es wurden anhand der Grundrisse Pläne für die Gestaltung beider Räumlichkeiten und die Aufteilung der Kurse und Vorträge erarbeitet.

5. Programmgestaltung

Aus den abgegebenen Angeboten der Anbieterpartner wurde ein abwechslungs-reiches und interessantes Programm für diesen Aktionstag gestaltet. Die Anzahl der Räumlichkeiten in der Rotherstraße boten die Möglichkeit, den Teilnehmern parallel Kurse, Vorträge und Massagen anzubieten. Ganztägig erhielten darüber hinaus vier Anbieterpartner (Dr. Gola Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung & Stressbewältigung Ulrich GbR, AHAB Akademie, Fit Sportstudios) die Gelegen-heit, Informationsstände aufzubauen. In der Tanzschule wurden im 30 Minuten-Takt unterschiedliche Kurse und gesunde Ernährung in Form eines Power Breakfast und Healthy Business Lunches eingeplant. Natürlich wurde auch die Präsentation des Projektes InnoGema an beiden Standorten vorgesehen. Einige Anbieterpartner präsentierten auch Outdoor-Angebote, so dass durch die Pro-grammgestaltung viele unterschiedliche Interessensgruppen angesprochen wur-den. Darüber hinaus waren die meisten Anbieterpartner auch bereit, an diesem Tag bei Bedarf in die Unternehmen zu gehen, d.h. dass auch Inhouse-Angebote zur Auswahl standen.

6. Öffentlichkeitsarbeit

Basierend auf den Erfahrungen der Kongressmesse stand die Öffentlichkeitsar-beit im Fokus der gesamten Projektvorbereitung. Es galt, die richtigen

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Anspracheinhalte und -formen für die definierten Zielgruppen herauszuarbeiten und durch entsprechende Maßnahmen der Zielgruppe zugänglich zu machen.

Durch eine E-Mail-Aktion wurde die Zielgruppe der Unternehmensleitungen in der Oberbaum City über das Ereignis ca. drei Wochen vorher informiert und zu dem Event eingeladen. Sie wurden gebeten, ihre Mitarbeiter an diesem Tag für gelegentliche Besuche von Kursen und Kurzvorträgen freizustellen und zu dem abendlichen Abschlusstermin eingeladen. Darüber hinaus wurde das im Vorfeld dieses Aktionstages durchgeführte und teilweise noch parallel laufende Standortmonitoring (Befragung von Unternehmen des Stralauer Kiezes hinsicht-lich der Einstellungen der Unternehmensleitungen zur Betrieblichen Gesund-heitsförderung, Prävention und Arbeitsorganisation) genutzt, um Aufmerksamkeit für das Ereignis zu erzeugen. Es wurden im Rahmen einer gro-ßen Briefaktion die Unternehmensleitungen über dieses Standortmonitoring in-formiert und dadurch auch InnoGema in der Modellregion bekannter gemacht. Während der Befragung der Unternehmensleitungen wurden dann persönliche Einladungen für das abendliche Get-together ausgesprochen und auch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, Inhouse-Angebote für die Mitarbeiter in Anspruch zu nehmen oder diese zu den Veranstaltungen freizustellen.

Um die Mitarbeiter direkt anzusprechen, wurden Flyer entwickelt, gedruckt und 14 Tage vor Beginn der Veranstaltung in der Modellregion Oberbaum City ver-teilt. Darüber hinaus wurde das Event durch Plakate in der Region sehr intensiv beworben. Auf den Internetseiten von InnoGema wurde sehr früh auf den Aktionstag hingewiesen. Die gesamte Anmeldung für die Kurse, Massagen und Vorträge lief über das Internet (E-Mail-Funktion) und war, da noch keine programmierte Bestellfunktion zur Verfügung stand, sehr arbeits- und zeitaufwändig. Vor allem terminliche Verschiebungen und Absagen erhöhten den zeitlichen Aufwand sehr.

Parallel zu den Werbeaktionen direkt vor Ort wurden über den Presseverteiler von InnoGema die wichtigsten Redaktionen über das Stattfinden dieses Ereignis-ses informiert. Ausgewählte Partner (z.B. HTW Berlin, das Medienportal mstreet, Gesundheit Berlin e.V., IHK) berichteten in der Termin- und Veranstaltungs-spalte ihrer Websites über den Aktionstag.

Darüber hinaus wurden in einem Artikel in der Wochenzeitschrift „Berliner Woche“ des Berliner Stadtbezirkes Friedrichshain /Kreuzberg der Aktionstag angekündigt.

6.3 Ergebnisse

Die Bereitschaft seitens der Anbieterpartner, den Aktionstag zu nutzen, um der Zielgruppe – die Beschäftigten der kleinen und mittleren Unternehmen der Oberbaum City - anhand von praktikablen Beispielen zu zeigen, was für die Gesundheitsförderung getan werden kann, war sehr groß. Am Aktionstag wurden von 20 Anbieterpartnern insgesamt 20 verschiedene Kurse, Vorträge und Mas-sagen angeboten (davon einige zweimal, d.h. vormittags und nachmittags).

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Abb. 13: Kurs „NIA“ Aktionstag 2009

Einige Kurse (8) sind ausgefallen, weil zu wenig Interesse seitens der Teilnehmer bestand. Die Zielstellung der Veranstaltung, die Mitarbeiter der in der Oberbaum City ansässigen Unternehmen zu erreichen und für eine aktive Teilnahme an diversen Kursen und Vorträgen zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu ge-winnen, wurde erreicht. Anhand ausgelegter Teilnehmerlisten wurden 69 Teil-nehmer aus 10 Unternehmen der Oberbaum City registriert. Diese 69 Teilnehmer nahmen an 115 Kursen/Vorträgen/Massagen teil (siehe Tabelle 3).

Einige von ihnen waren recht aktiv und belegten mehrere Veranstaltungen. Die Mehrzahl (40) der Teilnehmer kam, wie beabsichtigt, von unseren Partnerunter-nehmen in der Oberbaum City und zwar von ODS (13 Mitarbeiter), united com-munication (4 Mitarbeiter) und von BASF (23 Mitarbeiter). Die Entscheidung, den Mitarbeitern die Vielfalt der Gesundheitsangebote direkt im Unternehmensumfeld zu präsentieren, sie neugierig zu machen und dauerhaft für die aktive Teilnahme zu interessieren, hat sich bewährt.

Die Beteiligung der Mitarbeiter an den angebotenen Kursen und Vorträgen war in beiden Veranstaltungsorten sehr unterschiedlich. So muss festgestellt werden, dass die Tanzschule als Veranstaltungsort sehr schlecht angenommen wurde. Hier konnten nur sehr wenige Teilnehmer registriert werden. Die Gründe dafür waren nicht zu identifizieren. Das Fazit lautet, dass sich die Verteilung der Kurs- und Vortragsangebote auf zwei Veranstaltungsorte nicht bewährt hat. Zwei Un-ternehmen machten von Inhouse-Angeboten Gebrauch, d.h. die Anbieterpartner besuchten sie direkt.

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Kurse/Vorträge Anzahl Teilnehmer

Kurse/Vorträge Anzahl Teilnehmer

Massage 22 Yoga 4

Gesunde Teams 11 Touch for Health 4

Rückenschule 9 Omega Health - Akupunktur-Klopftechnik

4

Achtsamkeitstraining 9 Salutogenese 4

Autogenes Training 6 Tai Chi/Atemtechnik 4

Genusstraining 6 Gesundes Sehen 3

QiGong 6 Feldenkrais 3

Ernährungsberatung 5 Aktives Sitzen 3

NIA 5 Aktive Pause 2

Schreibtischyoga 4 Solotanz 1

Gesamt 115

Tab. 3: Kurs- und Vortragsangebote

6.4 Einschätzung des Aktionstages seitens der Teilnehmer

Um für die Vorbereitung und Durchführung weiterer Aktionen ein entsprechen-des Feedback zu haben, wurden sowohl an die Teilnehmer von Kursen, Vorträ-gen und Massagen als auch an die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen kleine Evaluationsbögen ausgegeben. Die Ergebnisse stellen eine wichtige Grundlage für die Gestaltung weiterer Aktivitäten in der Modellregion dar und sollen vor allem Aufschluss über das Interesse an Gesundheitsdienstleistungen geben. Von 46 Teilnehmern wurden Evaluationsbögen abgegeben.

Die Teilnehmer wurden nach ihrem Interesse an dem jeweiligen Kurs, Vortrag oder der Massage gefragt und hatten die Leistung des jeweiligen Trainers zu bewerten. Da die Anzahl der abgegebenen Fragebögen keine repräsentative Aussage hinsichtlich der Bewertung der einzelnen Aktivitäten und der Leistungen des anbietenden Trainers zulässt, wird auf diese detaillierte Auswertung ver-zichtet und nur das Gesamtergebnis betrachtet.

Hinsichtlich der Bewertung des Interesses an einzelnen, in Anspruch genomme-nen Gesundheitsdienstleistungen hatten die Teilnehmer folgende Auswahl:

+ = positiv

0 = neutral

- = negativ

k.A. = keine Aussage

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Abb. 14: Aktionstag 2009 - Interesse der Teilnehmer an Gesundheitsangeboten

Anhand der Grafik ist erkennbar, dass bei der Mehrzahl der Teilnehmer durchaus Interesse an den angebotenen Gesundheitsdienstleistungen besteht. Ein Hinweis dafür, in dieser Modellregion entsprechende Kurse fest zu etablieren.

Im Rahmen der Evaluierung hatten die Teilnehmer auch die Leistungen der Trai-ner (Anbieterpartner) einzuschätzen.

Abb. 15: Aktionstag 2009 - Bewertung der Trainer durch die Teilnehmer

Die Grafik zeigt, dass die Teilnehmer mit den Anbieterpartnern von InnoGema, die das Programm gestalteten, sehr zufrieden waren.

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6.5 Beurteilung des Aktionstages seitens der Anbieter

Wie bereits erwähnt, wurden auch die Anbieterpartner gebeten, einige Aspekte des Aktionstages zu bewerten, um Hinweise für weitere Veranstaltungen zu er-halten. Insgesamt wurden neun Feedback-Bögen abgegeben. Die Berechnung der Werte erfolgte auf der Grundlage des gewichteten arithmetischen Mittels.

Abb. 16: Aktionstag 2009 Beurteilung des Aktionstages durch Anbieterpartner

Codierung: „Ich stimme zu“ = (1)

„neutral“ = (2)

„Ich stimme nicht zu“ = (3)

Am besten wurde die Organisation des Aktionstages und die Betreuung der An-bieterpartner durch das InnoGema-Team bewertet. Es waren sich alle Befragten einig, dass sie gut betreut wurden und die Organisation ihren Vorstellungen ent-sprach.

Ein entscheidender Aspekt für die Organisation weiterer Kurse und Vorträge für die Mitarbeiter der in der Oberbaum City ansässigen Unternehmen und vor allem unserer Partnerunternehmen ist natürlich die Teilnehmerzahl. Deshalb wird die-ser Aspekt der Bewertung seitens der Anbieterpartner detailliert dargestellt. Nicht zufrieden mit den Teilnehmerzahlen waren 44% der Anbieter gegenüber 33%, die sich mit der Teilnahme doch zufrieden zeigten.

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33,3%

22,2%

44,4%

Ich war mit der Teilnehmerzahl zufrieden

"ich stimme zu"

"neutral"

"ich stimme nicht zu"

Abb. 17: Aktionstag 2009 Zufriedenheit mit der Teilnehmerzahl

Es gab für die Anbieterpartner auch die Möglichkeit, auf dem Evaluationsbogen Hinweise für InnoGema zu geben. Folgende Bemerkungen wurden notiert:

• Kann Kurse ab Mai geben; mit der Tanzschule schon besprochen, Finanzie-rung über Kursgebühr oder bei mehreren Anbietern pauschal

• Praktische Angebote sollten zeitnah evtl. vor der Sommerpause (einplanen) angeboten werden

• Eventuell Präsentation an einem Standort

• Vermisst werden Teilnehmer, Interessenten und ein ruhiger Raum.

Diese Hinweise gilt es bei der Organisation eines weiteren Events zu berücksich-tigen und in die Gestaltung einfließen zu lassen. Es bleibt abzuwarten, ob nach der insgesamt mäßigen Resonanz ein „Nutzen“ sprich: eine Nachfrage entsteht.

Der Aktionstag ging mit einem „Get-together“ zu Ende. Dazu waren Unterneh-mer von in der OberbaumCity ansässigen Unternehmen eingeladen. Es war das Ziel, bei einem Imbiss miteinander ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen aus-zutauschen und eine erste Resonanz bezüglich des Aktionstages zu erhalten.

Diese Gelegenheit wurde auch genutzt, um vier Unternehmenspartnern (Wes-sendorf Software + Consulting GmbH, united communication GmbH, Oktober-druck AG und ODS) und der IHK als wichtiger Multiplikator des Netzwerkes die Kooperationsvereinbarung zu überreichen. Leider waren darüber hinaus nicht sehr viele Unternehmer aus der Oberbaum City der Einladung gefolgt, was durchaus am Zeitpunkt (Freitagabend) gelegen haben kann und bei weiteren Planungen berücksichtigt werden sollte.

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Abb. 18: Übergabe der Kooperationsvereinbarung

6.6 Weitere Schlussfolgerungen

Ausgehend von diesen Ergebnissen kann eingeschätzt werden, dass die Ent-scheidung, ein Event als Aufschließungs- und Marketinginstrument im unmittel-baren Unternehmensumfeld, d.h. direkt in der Modellregion, durchzuführen, sich als richtig erwiesen und bewährt hat. Durch die breitangelegte Öffentlichkeitsar-beit und Werbung, vor allem in der Oberbaum City, sind InnoGema und die Pro-jektidee bekannter geworden. Es wurde den Mitarbeitern vor Ort die Gelegenheit geboten, selbst auszuprobieren, was sie für mehr Gesundheit tun können.

Es wurde durch die Organisation des Aktionstages Aufmerksamkeit für Gesund-heitsdienstleistungen geweckt, was durch die Teilnahme von Mitarbeitern unter-schiedlicher Unternehmen der Oberbaum City an verschiedenen Kursen und Vorträgen belegt werden kann. Durch die Vorankündigung des Aktionstages in der Wochenzeitung des Stadtbezirkes Friedrichshain-Kreuzberg „Berliner Woche“ konnte die Ausstrahlung im Stadtbezirk erhöht werden. Diese Art der Öffentlichkeitsarbeit sollte ausgedehnt und vertieft werden.

Die Anbieterpartner haben die Gelegenheit genutzt, die große Vielfalt ihrer An-gebote an Gesundheitsdienstleistungen zu präsentieren und einen ersten Schritt zu gehen, um das Interesse für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz dauerhaft zu etablieren. Aufgrund der Befragungsergebnisse wurde entschieden, ab Mai 2009 dauerhaft Gesundheitsangebote in der Oberbaum City anzubieten. Für weitere Aktionen sollte im Vorfeld noch intensiver vor allem mit den Partnerunternehmen gearbeitet werden, um sicher zu stellen, dass gerade diese Zielgruppe (die Mitarbeiter dieser Unternehmen) noch aktiver Gebrauch davon macht, sich vor Ort von den Gesundheitsdienstleistungen zu überzeugen und neue kennenzulernen. Das Ziel ist es, kontinuierlich Kurse für diese Mitarbeiter im Unternehmensumfeld zu etablieren.

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Literaturverzeichnis:

Mast, C. (2008): Unternehmenskommunikation. Ein Leitfaden mit Beiträgen von Simone Huck und Monika Hubbard. 3. neu bearbeitete und erweiterte Auflage mit 61 Abbildungen. Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH: Stuttgart 2008.

Mast, C.; Huck, S.; Güller, K. (2003): Kundenkommunikation. Ergebnisse einer Befragung der Top-500-Unternehmen in Deutschland. Reihe Kommunikation und Management. Band 4. Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft und Journalistik. Ohne Verlagsangabe Stuttgart.

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Teil III: Kooperation mit Anbietern und Nachfragern be-trieblicher Gesundheitsdienstleistungen (Phase II im Vorgehensmodell: Analyse und Beratung)

1. Experteninterview und Mitarbeiterbefragung zur betrieblichen

Gesundheitsförderung

Autorin: Petra Kather-Skibbe

1.1 Zielstellung

Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)12 setzen auf der personenbezogenen Ebene (Verhaltensprävention) und der bedingungsbezoge-nen Ebene (Verhältnisprävention) an (vgl. Ulich, 2004, S. 486; Frieling; Sonntag, 1999, S. 209 f.). Da ein enger Zusammenhang zwischen der Verhal-tens- und der Verhältnisprävention besteht, sollte ein Konzept zur nachhaltigen Etablierung von BGF im Unternehmen beide Ebenen berücksichtigen und durch die Unternehmensleitung gestützt werden. Zudem ist es für die Akzeptanz der Maßnahmen förderlich, alle betrieblichen Akteure am Prozess zu beteiligen. Aus diesem Grund wurde für die Arbeit in den Unternehmen ein ganzheitliches Vor-gehen gewählt, das die Unternehmensleitung und die Mitarbeiter gleichermaßen in den Prozess einbindet. Im Folgenden werden die Ziele, die Instrumente und Ergebnisse der Phase II des Forschungsprojektes „Analyse und Beratung“13 mit den Netzwerkpartnern „Unternehmen“ dargestellt.

Folgende Ziele wurden in der Phase II verfolgt:

1. die (subjektive) Einschätzung der Verantwortlichen und Mitarbeiter zur Arbeitssituation im Unternehmen zu erfassen,

2. die persönliche Einstellung der Verantwortlichen zum Thema Gesundheit kennenzulernen,

3. den Bedarf für Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung im Unternehmen zu erheben,

4. die Rahmenbedingungen und die Machbarkeit für die Etablierung von BGF- Maßnahmen im regionalen Cluster abzuschätzen.

1.2 Methodische Vorgehensweise

Als Ergebnis der Aufschließungsarbeit bei den Unternehmen als Nachfrager von Gesundheitsdienstleistungen14 konnten sieben Kooperationspartner gewonnen werden. Nach einem erfolgreichen Erstgespräch und der gegenseitigen Unter-zeichnung einer Kooperationsvereinbarung wurden 11 leitfadengestützte Exper-teninterviews mit der Geschäftsführung und/ oder der Personalleitung und dem Betriebsrat durchgeführt. Ziel der Interviews war es, die subjektive Einschätzung der Verantwortlichen zur Arbeitssituation ihrer Mitarbeiter zu erhalten, die per-sönliche Einstellung der Verantwortlichen zum Thema Gesundheit kennen zu

12 Zur Definition von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und betrieblichen Gesundheitsförderung siehe Kather-Skibbe, P. (2009), S. 11 ff. 13 Zum Vorgehensmodell im InnoGema-Projekt siehe den Bericht von Reszies, S., in diesem Beitrag, S. 2 f. sowie den Beitrag von Kather-Skibbe, P., Hannemann, V. & Reszies, S. (2009).80 f. 14 Zur Aufschließungsarbeit und Zielgruppe siehe den Beitrag von Hannemann, V., in diesem Band, S. 20 f. sowie Kather-Skibbe, P., Hannemann, V. & Reszies, S. (2009), 61 f.

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lernen sowie zu erfahren, wie die Experten die Umsetzbarkeit von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in ihrem Unternehmen beurteilen. Der Interviewleitfaden bestand aus folgenden Themenkomplexen:

• Allgemeine Angaben zum Unternehmen (z.B. Geschäftsfeld, Mitarbeiterportfolio, Unternehmensphilosophie)

• Ressourcen- und Belastungssituation der Mitarbeiter (z.B. Arbeitsbedingungen, Arbeitsanforderungen, Teamklima, Belas-tungsfaktoren)

• Gesundheit (z.B. persönliche Sicht auf Gesundheit, Gesundheitsverhalten der Mitarbeiter)

• Rahmenbedingungen für betriebliche Gesundheitsförderung (z.B. zeitliche Verfügbarkeit der Mitarbeiter, räumliche Situation, Finanzierung)

Die Experteninterviews wurden protokolliert. Die Niederschriften wurden an-schießend mit den interviewten Personen abgestimmt und von ihnen frei gege-ben.

In Absprache mit der Geschäftsführung bzw. den Personalverantwortlichen wur-den nach den Experteninterviews in sechs Partnerunternehmen anonymisierte Mitarbeiterbefragungen mittels standardisiertem Fragebogen durchgeführt. Die Mitarbeiterbefragung im siebten Unternehmen ist noch nicht abgeschlossen.

Der Leitfaden für das Experteninterview und der Mitarbeiterfragebogen basieren auf dem theoretischen Konzept der Widersprüchlichen Arbeitsanforderung (WAA) von Manfred Moldaschl (Moldaschl, 1991, S. 72 f.). In Abgrenzung zu anderen Belastungs- und Beanspruchungskonzepten geht das WAA-Konzept davon aus, dass belastende Arbeitsbedingungen nur im Zusammenhang mit den gestellten Anforderungen und Ressourcen bestimmt werden können (vgl. Moldaschl, 2007, S. 298).

Für das weitere Verständnis ist es notwendig, die Begriffe Ressource und Belas-tung zu klären. Als Ressource wird im WAA-Konzept alles bezeichnet, was in einem konkreten Handeln für einen bestimmten Zweck benötigt wird. Zu den wichtigsten Ressourcen zählen Werkzeuge (materielle und immaterielle); Wissen im allgemeinsten Sinn, also explizites und inkorporiertes (implizites Wissen, Können); und Zeit (vgl. Moldaschl, 2007, S. 301). Dabei geht das Konzept je-doch von der Annahme aus, „dass Ressourcen an sich keine Wirkung haben, sondern sich diese erst im Gebrauch entfalten “, es also davon abhängt, „wer wie auf dieses Vermögen zugreift“ (Moldaschl, 2007, S. 296). Als Belastungen werden in der Arbeitspsychologie objektive, von außen auf den Menschen ein-wirkende Größen und Faktoren definiert. Die daraus individuell resultierenden Folgen bei den Beschäftigten werden als Beanspruchungen bezeichnet (vgl. Frieling; Sonntag, 1999, S. 193). Belastungen können hier positiv oder negativ sein. Im Sinne des WAA-Konzepts wird Belastung negativ wahrgenommen. Be-lastung tritt dann auf, wenn die Entscheidungskompetenzen und Ressourcen nicht ausreichen, um die Balance zwischen konfligierenden Zielen eigenständig, sowie mit subjektiv vertretbarem Aufwand und Risiko herzustellen (vgl. Moldaschl, 2007, S. 303). Als mögliche Belastungen werden im WAA-Konzept fünf Diskrepanzen in den äußeren Bedingungen modelliert: 1. zwischen Zielen und Ressourcen, 2. zwischen Zielen und Regeln, 3. zwischen Ressourcen und

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Regeln, 4. zwischen Aufgabenzielen, oder zwischen expliziten Zielen und infor-mellen Erwartungen und 5. zwischen Regeln (vgl. Moldaschl, 2007, S. 298). Des Weiteren werden die möglichen Handlungsmodi „planen“, „ausführen“ und „aus-werten“ des Mitarbeiter für seine Tätigkeit berücksichtigt, um einen Rückschluss auf den Handlungs- und Gestaltungsspielraum des Mitarbeiters zu ermöglichen. Ziel- und Rollenkonflikte, die der Beschäftigte zu bewältigen hat, sind aus der Perspektive des WAA-Konzeptes nicht per se als Belastungen zu werten. Das Konzept geht von der Annahme aus, dass eine Arbeit umso qualifizierter und „interessanter“ ist, je mehr solcher divergenter Anforderungen eine Person in Balance zu halten hat. Die Anforderungen werden in dem Moment zur Belastung, in dem die Beschäftigten durch „weitere Bedingungen systematisch daran gehin-dert werden, die Balance herzustellen; und wenn sie zusätzlich dazu noch für eventuelle Fehl- oder Minderleistungen, die auf solche Restriktionen zurückge-hen, verantwortlich gemacht werden“ (vgl. Moldaschl, 2007, S. 299). Das WAA-Konzept konzeptualisiert somit psychische Belastungen als Widersprüche zwi-schen Handlungsanforderungen und Handlungsmöglichkeiten. Eine arbeitsbezo-gene Belastung ist immer dann gegeben, wenn die Beschäftigten „nicht die Macht haben, die ihr Arbeitshandeln behindernden Bedingungen zu verändern oder die vorgegebenen Ziele anzupassen“ (Moldaschl, 2007, S. 299).

Ziel der Mitarbeiterbefragung war es erstens, die Belastungs- und Ressourcen-situation im Unternehmen aus der Mitarbeiterperspektive zu erfassen (13 Kon-strukte, 72 Fragen (Items)). Gefragt wurde nach den Ressourcen und Hindernissen für die Bewältigung der Arbeit, nach Wirkungen der Arbeit auf das persönliche Wohlbefinden, nach Beschwerden und Zukunftssorgen sowie dem persönlichen Gesundheitsverhalten. Das Befragungsinstrument basiert auf Ar-beiten der Forscher Gerlmaier und Latniak und Forschungsergebnissen aus dem Projekt DiWa-IT (Gerlmaier & Latniak, 2009). Des Weiteren wurde im zweiten Teil des Fragebogens der Bedarf an Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheits-förderung und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen erhoben (29 Fragen). Die Ergebnisse zur Belastungs- und Ressourcensituation basieren auf der Aus-wertung von 55 Fragebögen aus fünf Unternehmen. Den Ergebnissen zur Be-darfssituation von BGF-Maßnahmen liegen 182 ausgewertete Fragebögen aus sechs Unternehmen zu Grunde. Die unterschiedliche Anzahl von ausgefüllten Fragebögen liegt daran, dass in dem sechsten Unternehmen nur ein gekürzter Fragebogen eingesetzt werden konnte, da es unmittelbar im Vorfeld eine umfas-sende Mitarbeiterbefragung gab. In diesem Unternehmen wurden nur die The-menkomplexe: bisheriges Bewältigungsverhalten, Bedarf an Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderungen und die notwendigen Rahmenbedingun-gen erhoben.

Nach der Auswertung der Fragebögen mit der Software SPSS wurden die Ergeb-nisse mit der Geschäftsführung und/ oder den Personalverantwortlichen disku-tiert und der Rahmen für die weitere Vorgehensweise im Unternehmen festgelegt. Um den Transfer der Ergebnisse zu den Mitarbeitern zu gewährleis-ten, wurde als nächster Schritt in den kleinen Unternehmen ein Mitarbeiterwork-shop oder eine Präsentationen vor der Belegschaft durchgeführt. In unserem großen Partner-Unternehmen war es strukturell erforderlich, die Ergebnisse über die mittlere Führungsebene und über Promotoren (Kapitel III, 1) zu transportieren. Im Rahmen weiterer Workshops (Mitarbeiterworkshops/ Promotorenworkshops) wurden dann gemeinsam mit den Beschäftigten unternehmensspezifische Maßnahmen der Gesundheitsförderung erarbeitet.

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Die Abbildung 19 gibt einen Überblick über die Vorgehensweise von InnoGema in den kooperierenden Unternehmen.

Abb. 19: Vorgehen bei der Kooperation mit den Unternehmen als Nutzer von Gesundheitsdienstleistungen (erweitert in Anlehnung an Kather-Skibbe, P., Han-nemann, V. & Reszies, S. (2009), S. 84)

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1.3 Ergebnisse

Beschreibung der Stichprobe

Im Zeitraum von Februar 2008 bis Juli 2009 wurden 11 Experten aus sieben Unternehmen mittels leitfadengestützten Interviews befragt (siehe Tab. 4). Die Partnerunternehmen sind überwiegend kleine Dienstleistungsunternehmen, de-ren Geschäftsfelder der Kreativwirtschaft15 zuzuordnen sind. In mehreren der befragten Unternehmen hat eine Hybridisierung von Geschäftsfeldern aus unter-schiedlichen Branchen stattgefunden (siehe Tab. 4). Aus diesem Grund ist die eindeutige Zuordnung der einzelnen Unternehmen zu einer Branche nach dem europäischer Branchenschlüssel nicht möglich.

Aufgrund dessen, dass es in der 1. Akquise-Phase (Januar 2008-Mai 2008) sehr schwierig war, kleine Unternehmen der Kreativwirtschaft als Kooperationspartner zu gewinnen, wurde diese Eingrenzung in der 2. Akquise-Phase (Juni 2008-Mai 2009) aufgehoben und einem regionalen Clusteransatz untergeordnet.

Unternehmen

(Mitarbeiterzahl zum Zeitpunkt der Befragung)

Firmenbestehen/ Branchen 16)

Interview durchgeführt mit:

Rücklauf- quote der Fragebögen N

Unternehmen 1

(18 Beschäftigte)

11 Jahre/ Erbringen von Dienstleistungen der Informationstechnologie

Geschäftsführer A, Geschäftsführerin B

18

Unternehmen 2

(480 Beschäftigte)

3 Jahre/ Finanzdienstleistungen, Sonstige Dienstleistungen (Human Resources)

Personalleiterin, Betriebsrat

127

Nur Erhebung zum Bedarf von BGF-Maßnahmen

Unternehmen 3

(4 Beschäftigte)

12 Jahre/ Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie, Unternehmensberatung

Mit dem Geschäftsführer wurden 2 Vorgespräche, aber kein leitfadengeführtes Interview geführt

4

Unternehmen 4

(33 Beschäftigte)

14 Jahre/ Herstellung von Druckerzeugnissen, Werbung, Post-, Kurier- und Expressdienste, Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie

Geschäftsführer , Qualitätsbeauftragte

15

Unternehmen 5

(24 Beschäftigte)

36 Jahre/ Herstellung von Druckerzeugnissen

Geschäftsführerin Aufsichtsratsmitglied

8

Unternehmen 6

(20 + Freelancer)

14 Jahre/ Public-Relations-Beratung; Werbung und Marktforschung

Geschäftsführer 10

Unternehmen 7

(6 Beschäftigte)

10 Jahre/ Erbringen von Dienstleistungen der Informationstechnologie; Informationsdienstleistungen

Geschäftsführer A Geschäftsführer B

Läuft

Tab. 4: InnoGema Kooperationspartner – Unternehmen

Wie der Tabelle 4 zu entnehmen ist, bestehen fast alle befragten Unternehmen länger als 10 Jahre. Überwiegend sind mehr Männer als Frauen in den Unter-nehmen beschäftigt und das durchschnittliche Alter der Beschäftigten liegt unter 40 Jahren. Das Unternehmen 2 ist durch eine Vielfalt unterschiedlicher Nationen

15 Zur Kreativwirtschaft gehören z. B. IT-Dienstleister, Multimedia, Werbung, Film-, Rundfunk- und Filmwirtschaft und Medien- und Kommunikationsdienste (Kather-Skibbe, 2009, S. 16) 16 Branchenzuordnung gemäß: N.N. (2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden.

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gekennzeichnet. Hier arbeiten Beschäftigte aus 23 Nationen, da die Tochterge-sellschaften europaweit tätig sind.

Auswertung der Experteninterviews

Wie bereits erläutert, war es das Ziel der Interviews, die subjektive Einschätzung der Verantwortlichen zur Arbeitssituation ihrer Mitarbeiter zu erhalten, die per-sönliche Einstellung der Verantwortlichen zum Thema Gesundheit kennen zu lernen sowie zu erfahren, wie die Experten die Umsetzbarkeit von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in ihrem Unternehmen beurteilen. Im Folgenden werden die Antworten zu den befragten Themenkomplexen zusam-menfassend dargestellt:

Allgemeine Angaben zum Unternehmen (Geschäftsfeld, Mitarbeiterportfolio, Unternehmensphilosophie)

Das Unternehmen 1 ist nach der Firmengründung rasch auf 20 Beschäftigte an-gewachsen. Es bestehen flache Hierarchien (Geschäftsführerebene/ Team-ebene). Eine Vergrößerung des Unternehmens wird nicht angestrebt. Der Krankenstand und die Fluktuation sind gering. Die meisten Mitarbeiter sind seit der ersten Expansionsphase dabei.

„Wir gucken, dass wir in einer bestimmten Nische aktiv sind, die wir als kleine Firma gut bedienen können ohne aggressive Wachstumsziele zu verfolgen. Und das war von Anfang an das Ziel, dass wir auf dem Level, den wir jetzt auch ha-ben, stehen bleiben. … Das ist überschaubar, da kann es noch flache Führungs-strukturen geben.“

Das Unternehmen 2 ist seit der Firmengründung vor drei Jahren rasend gewach-sen. Dieses Wachstum soll bis 2009 anhalten. Monatlich werden ca. 20 - 30 neue Mitarbeiter eingestellt. Die Fluktuation liegt zwischen 20% - 25%. Der Kranken-stand ist niedrig.

Das Unternehmen 4 ist seit der Gründung gewachsen und hat stetig neue Ge-schäftsfelder entwickelt, um flexibel auf die Markterfordernisse reagieren zu können. Das Unternehmen wird von 2 Geschäftsführern geführt und ist in vier Abteilungen gegliedert. Innerhalb der Abteilungen arbeiten die Beschäftigten in Teams. Die Fluktuation ist gering. Der Krankenstand ist niedrig.

Das Unternehmen 5 ist ein selbstverwaltetes Unternehmen. Nach der Maueröff-nung 1989 ist das Unternehmen von 20 Mitarbeitern auf 45 Mitarbeiter gewach-sen. Anfang der 90er Jahre erfolgte aus diesem Grund eine Veränderung der Organisationsstruktur, die bis dahin flachen Hierarchien wurden aufgebrochen, eine Abteilungsleiterebene eingezogen. Bedingt durch einen ökonomischen Ein-bruch in den vergangenen Jahren sank die Mitarbeiterzahl auf derzeit 24 Be-schäftigte. Die Fluktuation ist niedrig. Die Bindung einzelner Mitarbeiter durch finanzielle Anreize im Rahmen der Selbstverwaltung nicht umsetzbar. Der Kran-kenstand wird als niedrig eingeschätzt.

Das Unternehmen 6 entwickelte sich seit Firmengründung parallel zu den Kon-junkturverläufen insgesamt. Es gab in den vergangenen Jahren stärkere Wachstumsphasen und gelegentlich einen Geschäftsrückgang. Die aktuelle Krise ist spürbar. „Wir sind Dienstleister und stehen am Ende der Futterkette. Die Si-tuation draußen ist schon dramatisch, aber wir sind gut aufgestellt“. Es gibt

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keine Abteilungsstruktur mit starren Leitungsfunktionen (Geschäftsführerebene/ Teamleiterebene). Die Bearbeitung der Aufträge erfolgt in ständig wechselnden Teams (projektbezogen Zusammensetzung der benötigten Fachkräfte). Der Krankenstand ist niedrig. Die Fluktuation ist unterdurchschnittlich für die Bran-che. Wenn Beschäftigte gehen, sind es eher die Jüngeren. Zahlreiche Mitarbeiter sind bereits seit 8-10 Jahre im Unternehmen.

„Wenn die Kunden bei einer Agentur bleiben, wollen sie nicht ständig neue An-sprechpartner/innen. Sonst können sie sich gleich eine neue Agentur suchen.“

Das Unternehmen 7 verzeichnet seit seiner Gründung ein stetiges Wachstum (Umsatz und Mitarbeiterzahl). Die Firma wird seit Beginn durch die beiden Grün-der als Geschäftsführer geführt. Seit 2006 gibt es festangestellte Mitarbeiter im Unternehmen. Bisher gibt es keine Fluktuation. Der Krankstand ist fast null. „Alle Mitarbeiter zusammengezählt übersteigen 5 Krankentage im Jahr nicht.“

Ressourcen- und Belastungssituation der Mitarbeiter (z. B. Arbeitsbedingungen, Arbeitsanforderungen, Teamklima, Belastungsfakto-ren)

Die Interviews ergaben, dass alle befragten Experten sensibel für die Arbeitssi-tuation ihrer Beschäftigten sind. Ihnen ist bewusst, wie wichtig das Wohlbefin-den ihrer Mitarbeiter für den Unternehmenserfolg ist und sie haben erkannt, welche Potenziale Betriebliche Gesundheitsförderung bietet. In allen Unterneh-men sind die grundsätzlichen Anforderungen, die sich aus dem Arbeitsschutzge-setz ergeben (z. B. Gefährdungsbeurteilung, ergonomische Arbeitsplätze) umgesetzt.

Im Unternehmen 1 arbeiten viele Mitarbeiter in beratender Tätigkeit im gesam-ten Bundesgebiet sowie gelegentlich im Ausland. Fast alle Mitarbeiter arbeiten in Projekten und in der Regel in verschiedenen Projekten gleichzeitig. Die Mitar-beiter werden entsprechend ihrer Qualifikation und Neigungen eingesetzt. „Wir versuchen (…), dass sich jeder so ein bisschen in die Richtung entwickelt, dass er Dinge tut, die er gern tut.“ Durch umfangreiche und häufig kurzfristige Kun-denaufträge und enge Zeitrahmen entsteht regelmäßig Stress. Die Steuerung der Arbeitszeiten erfolgt über die Ergebnis- und Gruppenverantwortung. Es wird durch die Experten darauf geachtet, dass die Mitarbeiter nach arbeitsintensiven Projektphasen Erholungsphasen haben. Das Teamklima wird als „gut“ einge-schätzt. Die Möglichkeit, sich von Kollegen Unterstützung und Hilfe einzuholen wird „positiv“ bewertet. Als die entscheidenden Belastungsfaktoren werden die Unberechenbarkeit und Unplanbarkeit von Arbeitsort und Arbeitszeit z. B. durch kurzfristige Kundenaufträge von den Experten benannt.

Die Mitarbeiter im Unternehmen 2 arbeiten überwiegend am Berliner Standort. Der Arbeitsinhalt ist entsprechend der Aufgaben sehr individuell. Er wird als spannend und interessant aber auch als belastend umschrieben. Als Ursache werden permanente Veränderungen und Erweiterungen der Aufgabenfelder an-geführt. Ein Teil der Mitarbeiter hat ein hohes Arbeitspensum. Überstunden sind die Regel. Des Weiteren gibt es Peaks zum Monatesende bzw. Jahresende (Ab-rechnungsrhythmus). Die Eigenverantwortung für Mitarbeiter und Führungs-kräfte ist hoch. Es gibt Vertrauensarbeitszeit. Mitarbeiter, die seit der Firmengründung dabei sind, sind sehr motiviert, weil sie die Firma als „ihre Firma“ betrachten. Hier besteht den Experten zufolge die Gefahr von falsch ver-

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standenem Ehr- und Pflichtgefühl. Das Teamklima ist im Allgemeinen gut, jedoch wird das Teamgefühl durch neue Mitarbeiter erschwert. „Ein Team ist nie für längere Zeit eine Konstante.“

Für die Mitarbeiter im Unternehmen 4 ist die Vorhersehbarkeit des Arbeitsortes gegeben. „Zeitengpässe sind klassisch. (…) 2/3 der Daten vom Tag gehen am Abend als Brief raus.“ Des Weiteren führen Änderungswünsche von Kunden zu kurzfristigen Änderungen der Produktionsplanung. Gelegentlich wird nachts oder am Wochenende gearbeitet. Vor allem im letzten Quartal des Jahres fallen viele Überstunden an, die dann bis spätestens zum 31.8. des kommenden Jahres ab-gebaut sein müssen. Die Stimmung in den Teams wird als gut eingeschätzt. Kollegen unterstützen sich gegenseitig. Als Belastungsfaktoren werden physische Belastungen (Heben und Tragen, Lärm) im produzierenden Bereich und Belas-tung durch Bildschirmarbeit angeführt.

Das Unternehmen 5 versteht sich als „Werkstatt für Zusammenarbeit“. Gemein-sam wird geprüft was geht und was nicht geht. In der Produktion gibt es Einzel-arbeit pro Maschine. Im Vertrieb arbeiten die Mitarbeiter projektbezogen/ kundenbezogen. Vertriebsmitarbeiter werden nach Kundenbedürfnissen/ -cha-rakteristika ausgewählt. „Passung wichtig!“. Nichts kommt wie geplant, es gibt viel zu wenig Zeit für die Planung und viele Ad hoc-Aufträge. In der Produktion arbeiten die Teams in Schichten. Die Teams werden unterschiedlich zusammen-gesetzt. Es gibt Kernarbeitszeit. Als physische Belastungsfaktoren werden „He-ben und Tragen“ in der Druckerei benannt.

Im Unternehmen 6 sind die Mitarbeiter sehr stark gefordert. Hier erfolgt Team-arbeit auf einem hohen Niveau mit sehr komplexen Aufgaben. Beratung, Erstel-len von Kommunikationskonzepten, Texten, Grafik, Publikationen, Websites und Präsentationen sind die wichtigsten Tätigkeiten. „Es gibt nicht den Standardjob, die Standardabläufe. Jobs, die wir vor 10 Jahren gemacht haben, gibt es nicht mehr, sie verändern sich jährlich.“ In der Kommunikation mit den Kunden ent-stehen häufig wechselnde Anforderungen, Dinge müssen im Nachhinein konkre-tisiert werden, dies muss dann zur Umsetzung intern neu kommuniziert werden. „Drähte zwischen Kunden und Abteilung müssen hergestellt und sehr vage Ge-schichten konkretisiert werden.“ „Dauernde Herausforderung. Weil jeder Job eine neue Herausforderung und in der Regel überaus komplex ist, gibt es keine Pa-tentrezepte. Wir müssen deshalb dauernd neu justieren. Das ist nur mit einem hochmotivierten Team möglich.“ Die Teams haben enormen Zeit- und Verant-wortungsdruck. Insgesamt gibt es eine recht offene unterstützende Kommunika-tion. Es gilt Vertrauensarbeitszeit. Als belastend wird der enorme Innovationsdruck angesehen. Von den Mitarbeitern/ innen wird erwartet, dass sie sich über die aktuelle gesellschaftliche und wirtschaftliche Situation infor-mieren und fundierte Kenntnisse über einzelne Branchen haben. „Der Erfolg hängt davon ab, dass wir die Nase vor dem Kunden haben.“ Stress entsteht durch kurzfristige Änderungen durch den Kunden und Zeitdruck. Der Innovati-onsdruck (lebenslanges Lernen) wird für bedeutender gehalten als der Zeitdruck. Die örtliche Vorhersehbarkeit ist grundsätzlich gegeben.

Im Unternehmen 7 wird überwiegend projektbezogen allein gearbeitet. Einzelne Mitarbeiter haben mehrere Projekte oder Kunden. Es gibt „kleine“ Kunden, die regelmäßig betreut werden bzw. Service bekommen und andere für die um-fangreiche, für die ganz neue Programme aufgelegt werden. Das Arbeitspensum

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ist hoch. Jeder Mitarbeiter arbeitet 40h/Woche. „Es kann auch vorkommen, dass der eine oder andere Mitarbeiter mal länger arbeitet“. Arbeitsbelastungen wer-den aufgrund von Zeitdruck und der Übernahme neuer Arbeitsbereiche gesehen. Das Teamklima wird als gut eingeschätzt. Es existiert eine gute Zusammenarbeit unter den Kollegen. Man kann immer auf jemanden zurückgreifen. Jeder Mitar-beiter regelt weitgehend seine Arbeitszeit selbst. Die „Schnelllebigkeit“ durch den Wandel der Projekte, der Kundenansprüche, die hohe Erwartung an Flexibi-lität und selbstverantwortlichem Handeln und vor allem der Anspruch an Auto-nomie und Entscheidungskompetenz sei in den letzten Monaten stark gestiegen.

Gesundheit (z. B. persönliche Sicht auf Gesundheit, Gesundheitsverhalten der Mitarbeiter, Erfahrungen mit BGF-Maßnahmen)

Das Thema Gesundheit ist für alle Experten zentral und es nimmt aus ihrer Sicht einen hohen Stellenwert ein. In den meisten befragten Unternehmen sind die Experten selbst sportlich aktiv und nehmen somit eine Vorbildfunktion ein. Sie versuchen, persönlich auf eine Work-life-Balance zu achten. Vereinzelt wird von den Experten angemerkt, dass das Thema Gesundheit, aufgrund der wenigen Zeit, im persönlichen Alltag zu kurz kommt. Allen Experten liegen die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter am Herzen. „Wir haben (…) ein paar Sor-genkinder, für die man vielleicht irgendwie mal einen Weg finden müsste.“ Im Folgenden beispielhaft einige Zitate der Experten, wodurch ein gesunder Mitar-beiter aus ihrer Sicht gekennzeichnet ist:

„Gesundheit bedeutet zunächst: „frei von Beschwerden sein“, „Sich bewusst er-nähren und körperlich betätigen.“ U1

„Ein gesunder Mitarbeiter ist ausgeglichen, es geht ihm gut und er achtet auf Ausgleich zum Job.“ U1

„Ein gesunder Mitarbeiter hat einen Weg gefunden, mit dieser Stressbelastung umzugehen, die ich halt nicht vermeiden kann, einigermaßen gut, für ihn gut und gesund umzugehen.“ U1

„Ein gesunder Mitarbeiter drückt sich durch Lebenslust aus. Mit sich selbst im Reinen sein, ausbalanciert sein, Lebenslust ausstrahlend.“ U2

„Wenn man einigermaßen gesund lebt und Sport treibt, ist man auch gesund. Man braucht ja einen Ausgleich zur Arbeit.“ U4

Über das Gesundheitsverhalten und Freizeitverhalten einzelner Mitarbeiter wis-sen die Experten Bescheid. Einen Überblick über die Aktivitäten und das Verhal-ten der gesamten Belegschaft besteht nicht. Die Bereitschaft, Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung zu fördern und zu unterstützen besteht bei allen Experten. Nachdrücklich wird betont, dass ebenfalls jeder Mitarbeiter für seine Gesundheit Verantwortung übernehmen muss. „Jeder kann auf sich ach-ten, die Rahmenbedingungen sind da.“

Im Großen und Ganzen haben die Experten wenig Erfahrung mit Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung:

Unternehmen 1: Das Unternehmen stellt Getränke (Wasser, Kaffee) und Obst.

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Unternehmen 2: Es gibt eine Kooperation mit einem Fitnessstudio und als Be-triebssport wird derzeit Fußball und Drachenbootfahren angeboten. Es gibt eine Laufgruppe

Unternehmen 4: Getränke (Wasser, Tee, Kaffee) werden gestellt. Es gibt eine Laufgruppe, die auch schon an Halbmarathons teilgenommen hat. Die Firma unterstützt die Laufgruppe auch materiell (Ausstattung). Gelegentlich finden Teamevents statt wie z.B. Segeln.

Unternehmen 5: Erfahrungen mit Feldenkrais- und Shiatsu-Angeboten. Jahre-lang eigene Küche. Coaching und Supervision für Mitarbeiter in Führungspositio-nen wird angeboten.

Unternehmen 6: Erfahrungen mit BGF: Nicht systematisch. Das Unternehmen stellt Getränke (Wasser, Kaffee) und Obst.

Unternehmen 7: Bisher keine. Ausprobiert wurde lediglich einmal für ein halbes Jahr eine Nintendo Wii-Konsole.

Rahmenbedingungen für betriebliche Gesundheitsförderung (z. B. zeitliche Verfügbarkeit der Mitarbeiter, räumliche Situation, Finanzierung)

Bezug nehmend auf den vorhergehenden Abschnitt verfügen bisher wenige der befragten Experten über umfangreiche Erfahrungen mit Maßnahmen der Be-trieblichen Gesundheitsförderung. Desweiteren finden es die Experten schwierig, Mitarbeiter dafür zu motivieren. Hier werden praktikable Lösungsansätze und Handlungshilfen gesucht um Angebote in den betrieblichen Alltag zu integrieren. Dabei soll der Aspekt „Spaß“ für den Mitarbeiter im Vordergrund stehen. Zwang und der „erhobene Zeigefinger“ werden von den Experten abgelehnt. Die Mitar-beiter sollen über „den Kopf“ erreicht werden. In den Interviews wurden Rah-menbedingungen abgefragt, die aus Sicht der Experten die Etablierung von Angeboten begünstigen würden. Die Tabelle 5 gibt einen Überblick.

Anbieternähe Kursangebote

Unternehmen 1 wichtig Flexibilität nötig, ein Kursangebot mit fixen Terminen kommt nicht in Frage.

Flexibilität der Angebote wichtig. Spontane Nutzung (Pauschalangebote) von Interesse.

Unternehmen 2 wichtig Angebote, die Spaß machen. Mitarbeiter bis Mitte 30 wünschen ein anderes Angebot (z. B. Schattenboxen) als ältere Mitarbeiter (Entspannung, Yoga, Pilates, Massage)

Unternehmen 4 wichtig Als besonders sinnvoll wird zudem eingeschätzt, dass Angebote auch direkt in der Firma umgesetzt werden (z.B. aktive Pause an Bildschirmarbeitsplätzen)

Unternehmen 5 Könnte von Vorteil sein. Nicht einschätzbar, wie viele Mitarbeiter/innen sich an gemeinsamen Aktivitäten beteiligen würden.

Unternehmen 6 Kann ein beeinflussender Faktor sein.

Für sehr wichtig wird die Qualität der Angebote gehalten „Das Niveau sollte erstklassig sein.“, zum anderen die notwendige Bandbreite, damit die Bedarfe auch wirklich getroffen werden

Unternehmen 7 Die Nähe zum Anbieter ist wichtig. Die mögliche Laufweite fördert grundsätzlich die Motivation der Teilnahme.

Dies wäre auch des chronischen Parkplatzmangels wegen sinnvoll

Als wichtiger Faktor, dass das Kollegium an einer BGF-Maßnahme teilnimmt, wird Spaß genannt. „Rückenschule“ klingt nicht spaßig.

Tab. 5: Rahmenbedingungen (1) für betriebliche Gesundheitsförderung

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Des Weiteren wurden die Experten befragt, welchen Ressourcen (Arbeitszeit und/ oder Geld und/ oder Infrastruktur) sie in ihrem Unternehmen zur Umset-zung der Maßnahmen sehen.

Räumliche Situation Kosten Zeitliche Verfügbarkeit der Mitarbeiter

Unternehmen 1 Keine geeigneten Räume in der Firma

k. A. Vertrauensarbeitszeit, Mitarbeiter häufig außerhalb

Unternehmen 2 Keine geeigneten Räume in der Firma

Eine Kostenbeteiligung des Unternehmens ist denkbar.

Eine Teilnahme an den Maßnahmen während der Arbeitszeit ist möglich durch die Vertrauensarbeitszeit.

Unternehmen 4 Keine geeigneten Räume in der Firma

Die Unterstützung durch Angebote wird als sinnvoll angesehen. Dilemma: „Freiräume die man gibt, müssen die Leute auch nutzen wollen.“

Da es für die einzelnen Abteilungen unterschiedliche Anfangszeiten gibt, besteht für viele eine gewisse Flexibilität, um auch morgens oder in der Mittagszeit Angebote nutzen zu können.

Unternehmen 5 Seminare möglich, Weiterbildung intern

einzelne Angebote gehen auch am Arbeitsplatz

Grundsätzlich bereit, sich an den Kosten zu beteiligen. 1x im Jahr wird die Weiterbildung übernommen. Bisher kein Budget um Sportaktivitäten zu unterstützen. Die Mitarbeiter können über eine gemeinschaftliche Finanzierung von Sportaktivitäten abstimmen. „Wir können nur das ausgeben was wir haben.“

Unternehmen 6 Im Unternehmen steht ein Besprechungsraum zur Verfügung. Er könnte für einen kleineren Kreis von max. 10 Personen genutzt werden.

k.A. Wann die Mitarbeiter sich für gesundheitsfördernde Maßnahmen Zeit nähmen, ist schwer einzuschätzen.

Unternehmen 7 Keine geeigneten Räume in der Firma

Das zeitliche Fenster während der Arbeitszeit ist eng bemessen, dennoch kann jeder Mitarbeiter seine Pausen frei einteilen (z.B. Dauer).

Tab. 6: Rahmenbedingungen (2) für betriebliche Gesundheitsförderung

Zur Erhebung des Bedarfes aus Mitarbeitersicht wurden nach den Experteninter-views umfassende Mitarbeiterbefragungen durchgeführt.

Auswertung der Mitarbeiterbefragung

Die Mitarbeiterbefragung wurde anonym in fünf kleinen Unternehmen mit insge-samt 99 Beschäftigten durchgeführt. Die Rücklaufquote lag bei 55,6%. Aufgrund der Stichprobenwahl und -größe sind die Befragungsergebnisse für die Branche nicht repräsentativ. Die Daten bieten dennoch gute Ansatzpunkte, um in den befragten Unternehmen Betriebliche Gesundheitsförderung bedarfsgerecht zu thematisieren. Die folgenden Abbildungen dokumentieren Teilaspekte der durch die Befragten wahrgenommene Ressourcen- und Belastungssituation in drei ver-

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gleichbaren Unternehmen der Kreativwirtschaft17. Die Beantwortung der Fragen erfolgte auf eine 5-stufigen Skala (fast immer, oft, manchmal, selten, fast nie).

Wie bereits erläutert, wird im Konzept der Widersprüchlichen Arbeitsanforderun-gen alles als Ressource bezeichnet, was in einem konkreten Handeln für einen bestimmten Zweck benötigt wird (siehe 1.2 Methodische Vorgehensweise). Da das Konzept außerdem von der Annahme ausgeht, „dass Ressourcen an sich keine Wirkung haben, sondern sich diese erst im Gebrauch entfalten“, es also davon abhängt, „wer wie auf dieses Vermögen zugreift“ (Moldaschl, 2007, S. 296) ist es wichtig zu analysieren und zu bewerten, auf welche Ressourcen die Mitarbeiter tatsächlich zurückgreifen können.

Führung und Unterstützung durch Kollegen sind entscheidende Einflussfaktoren der Arbeitszufriedenheit und des Wohlbefindens der Beschäftigten. Die Beant-wortung der Fragen zum Führungsklima zeigt, dass die Mitarbeiter der drei Un-ternehmen mehrheitlich mit dem Führungsstil in ihren Unternehmen einverstanden sind (Abb. 20).

Abb. 20: Führungsklima

Auffallend ist, dass die Beantwortung der Frage 1 „Man erhält ausreichend Aner-kennung und Rückendeckung durch den/ die Vorgesetzte/n.“ mit 51,7% (fast immer/ oft) im Vergleich zu den beiden anderen Antworten wesentlich schlechter ausfällt. 13,8% der Mitarbeiter gaben sogar an, dass sie „selten/ fast nie“ aus-reichend Anerkennung und Rückendeckung durch ihre Vorgesetzten erhielten. Kritisch ist an dieser Stelle anzumerken, dass aufgrund der Fragestellung keine Differenzierung zwischen Anerkennung und Rückendeckung möglich ist. Aus der Sicht der Führung stellen sich insofern zwei Fragen: 1. Welche Formen von An-erkennung könnten für die Beschäftigten eine wichtige Rolle spielen? Und 2. Welche Gründe könnte es dafür geben, dass 48,3% der Beschäftigten das Gefühl haben „manchmal bis fast nie“ ausreichend Anerkennung und Rückendeckung von ihrem Vorgesetzten zu erhalten? Bezogen auf den empfundenen Zeitdruck (Abb. 21) und den empfundenen Mehraufwand (Abb. 22) könnte der Rückhalt

17 Zum theoretischen Konzept siehe Abschnitt „Methodische Vorgehensweise“

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beim Vorgesetzten z. B. bei Differenzen/Abstimmungen mit dem Kunden als eine mögliche Antwort in Betracht kommen.

Abb. 21: Zeitdruck

Zeitdruck spielt heute in unterschiedlichen Tätigkeiten und verschiedenen Bran-chen eine bedeutende Rolle und ist ein Resultat von Arbeitsverdichtung. Er wird von der Mehrheit der Beschäftigten als die häufigste Ursache von Stress und gesundheitliche Beeinträchtigungen empfunden. 66,7 % der Befragten geben an, dass sie „fast immer bis oft“ unter großen Zeitdruck stehen um Termine einzu-halten. Desweiteren empfinden 36,7 % der Befragten eine hohe Diskrepanz zwi-schen ihren Ansprüchen an die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse und der zur Verfügung stehenden Zeit. Arbeitsunterbrechungen und zu leistender Mehrauf-wand (Abb. 22) können weitere Verursacher für den hohen Zeitdruck sein. Des Weiteren fühlen sich 26,7% der Befragten „fast immer bis oft“ bei der Arbeit vom Vorgesetzten oder Kollegen angetrieben, was darauf hindeuten könnte, dass diese Beschäftigten das Gefühl haben, ihre Arbeitsleistung werde „nicht gesehen“.

Neben dem Führungsklima stellt die soziale Unterstützung eine wichtige Ein-flussgröße für das Wohlbefinden dar und ist als wichtige Ressource zu betrach-ten, wenn es darum geht, Stress zu bewältigen und die Gesundheit zu erhalten. Setzt man die Möglichkeit der Befragten, aktiv für ihre Arbeitssituation eine funktionierende Balance herzustellen, in Bezug zum Zeitdruck, ist festzustellen, dass von 67% der Befragten die großen Zeitdruck aufgrund von Terminvorgaben empfinden, nur 20% über die Möglichkeit verfügen, in der Regel „fast immer/ oft“ auf den Fertigstellungstermin und das Arbeitsvolumen Einfluss nehmen zu können, 35% geben an, im Bedarfsfall „fast immer/ oft“ Aufgaben an ihre Kolle-gen delegieren zu können und 30% der Befragten haben die Möglichkeit „fast immer/ oft“, mit dem Vorgesetzten das Arbeitsvolumen und die Terminvorgaben neu auszuhandeln, wenn der Arbeitsanfall zu groß wird. Im Sinne des WAA-Kon-zeptes ist es notwendig, die Anforderungen an die Befragten und deren Hand-lungsmöglichkeiten in einem persönlichen Gespräch und/ oder Workshop gegenüberzustellen, um ggf. auf eine Belastung schließen zu können. Hier be-steht aus Sicht von InnoGema Handlungsbedarf, da Widersprüche zwischen den

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Anforderungen an die Beschäftigten und deren aufgabenbezogenen Handlungs-möglichkeiten erkennbar sind.

Abb. 22: Mehraufwand

Betrachtet man das individuelle Bewältigungsverhalten der Befragten (Abb. 23) geben 76,7% der Befragten an, dass sie in Überlastungssituationen ihre Pausen einschränken. 63,3% der Befragten versuchen, die Situation durchzustehen. „In Überlastungssituationen denke ich „Augen zu und durch“. Lediglich 40% der Be-fragten versuchen, sich in Überlastungssituationen „immer/ oft“ Hilfe von ihren Kollegen oder Vorgesetzten zu holen. 33,3% der Beschäftigten tun dies „selten/ fast nie“.

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Abb. 23: Bewältigungsverhalten

Des Weiteren sprechen 43,3 % der Befragten „immer/oft“ in Überlastungssitua-tion weniger mit Kollegen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wel-chen Einfluss wechselnde, projektbezogene Teams und die damit verbundenen Bedingungen z.B. verändertes Teamklima, auf das Gefühl der Befragten haben, sich ausreichend Unterstützung bei den Kollegen einholen zu können. Hinweise inwiefern diese Belastungen bereits Auswirkungen auf das individuelle Wohlbefinden haben könnten, geben (Abb. 24) „Ausmaß des erlebten Stresses“ und (Abb. 25) „Ausmaß psychosomatischer Beschwerden“. Den Experteninter-views mit der Geschäftsführung folgend, haben die Befragten anspruchsvolle Tätigkeiten, bei denen hohe Anforderungen an sie gestellt werden. In diesem Zusammenhang ist mit den Unternehmen zu reflektieren, wie sich die Arbeitssi-tuation in den letzten Monaten entwickelt hat und ob es zwischendurch Regene-rationsphasen für die Beschäftigten gibt, damit diese langfristig ihre Leistungsfähigkeit erhalten können.

Eine ausgeglichene Work-Life-Balance trägt zu einer individuell guten Ressour-censituation bei. So können eine gute Partnerschaft und Familie einen wichtigen Ausgleich zur beruflichen Belastungssituation schaffen. Soziale Kontakte, Zeit für Hobbies und Sport erleichtern das Abschalten von beruflichen Problemstellungen und stärken die Gesundheit. Umgekehrt können allerdings auch Belastungen im Privatleben (z.B. Krise in der Partnerschaft, Sorgen um Kinder) dazu beitragen, dass in beruflichen Belastungssituationen schneller Beanspruchungen entstehen.

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Abb. 24: Ausmaß des erlebten Stresses

Abb. 25: Ausmaß psychosomatischer Beschwerden

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Von den Befragten treiben 10 von 32 Befragten (31,3%) regelmäßig Ausdauer-sport (Laufen, Rad fahren, Schwimmen o.ä.). Entspannungsübungen praktizieren regelmäßig 3 von 32 Befragten (9,4%). 18 von 32 Befragten (56,3%) achten regelmäßig auf genügend Schlaf.

Die Abfrage nach den Interessen und Bedarfen der Mitarbeiter wurde im Verlauf des Projekts differenziert und durch zusätzliche Informationen zu Gesundheits-angeboten, Schnupperkursen und Aktionstage (siehe Nagel, 2010) ergänzt. Den Ergebnissen zur detaillierten Abfrage der Bedarfe von BGF-Maßnahmen im Rah-men der Mitarbeiterbefragung (Tab. 7) liegen 164 ausgewertete Fragebögen aus fünf Unternehmen zu Grunde18. Neben der Erhebung der gewünschten Maßnah-men wurde auch erfragt, unter welchen Rahmenbedingungen diese Maßnahmen wahrgenommen werden können.

18 Stichprobenbeschreibung siehe Kapitel 1.3

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„Von den unten angegebenen gesundheitsfördernden Maßnahmen würde ich am ehesten folgende wahrnehmen (Doppelnennungen):“

Gesamt N=164

trifft

völli

g

zu

trifft

eher

zu

Gesamt

Fitness/ Bewegung

Fitnesstraining 5 8 13

Nordic Walking 5 19 24

Laufsport/ Joggen 18 37 55

Rückenschule 8 10 18

Stressbewältigung/ Entspannung

Progressive Muskelentspannung 11 24 35

Feldenkrais 2 9 11

Tai Chi 15 20 35

Qi Gong 15 15 30

Yoga 33 30 63

Seminare/ Trainings

Autogenes Training 19 28 47

Achtsamkeitstraining 16 19 35

Kommunikation 1 2 3

Konfliktbewältigung 2 2 4

Teamentwicklung 1 3 4

Raucherentwöhnung 6 5 11

gesunde Ernährung 45 38 83

Sehtraining 6 6 12

Teilnahme möglich:

vor der Arbeit 8 8 16

mittags 11 20 31

nachmittags nach 16:00 Uhr 25 28 53

abends nach 18:00 Uhr 62 40 102

Tab. 7: InnoGema BGF Bedarfsanalyse Oberbaumcity, Stand: Juni 2009

1.4 Fazit

Kennzeichnend für alle interviewten Personen ist die hohe Sensibilität, sich nachhaltig um das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter kümmern zu wollen. Es be-steht eine hohe Bereitschaft der Geschäftsführungen, den Mitarbeitern Angebote zur Betrieblichen Gesundheitsförderung zu ermöglichen und diese ggf. zu för-dern. Das Thema „Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter“ ist für alle Experten zentral und sie sehen für ihre Belegschaften Handlungsbedarf, obgleich die Fluktuation und der Krankenstand z. Z. überwiegend gering sind. Insbesondere der „ge-sunde“ Umgang mit Stress wird von allen Experten als akutes Thema benannt. Von allen Experten werden die Ressourcen „Teamklima“ und „Unterstützung durch Kollegen“ als „gut“ eingeschätzt. Als erster Schritt um Maßnahmen der

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betrieblichen Gesundheitsförderung zu etablieren, stehen Angebote auf der Ver-haltensebene im Blickpunkt des Interesses der interviewten Experten. Hier wer-den von den Experten praktikable Lösungsansätze und Handlungshilfen gesucht, damit die Angebote von den Mitarbeitern/innen auch angenommen werden. Bedarfsgerechte Angebote, auf der Basis einer Mitarbeiterbefragung sehen alle Experten als einen erfolgsversprechenden Ansatz. Unternehmensübergreifende Angebote in unmittelbarer Nähe werden von allen Experten als eine interessante Variante befürwortet, um die notwendigen Teilnehmerzahlen für einzelne Ange-bote zu erhalten.

Die überwiegend gute Beteiligung der Belegschaft an den Befragungen lässt vermuten, dass die Mitarbeiter daran interessiert sind zu erfahren, wie ihre ei-gene Belastungssituation beurteilt wird und wie sie sich im Vergleich zu anderen darstellt. Mehrheitlich arbeiten die Befragten in einem für sie angenehmen Füh-rungsklima. Diese Aussage stimmt mit der persönlichen Einschätzung der inter-viewten Experten überein. Das Klima unter den Kollegen wird ebenfalls von beiden befragten Personengruppen positiv bewertet. Bei der Beurteilung der der-zeitigen Arbeitssituation benennen die Mitarbeiter und Experten einen hohen, teilweise prozessbedingten Zeitdruck und daraus resultierende Stresssituationen. Die Möglichkeiten der Mitarbeiter arbeitsbedingte zeitliche Engpässe zu entzer-ren sind häufig nicht gegeben. Im Sinne des WAA-Konzeptes ist es notwendig, die konkreten Anforderungen an die Befragten und deren Handlungsmöglichkei-ten in einem persönlichen Gespräch und/ oder Workshop gegenüberzustellen, um ggf. auf Belastung schließen zu können. Hier besteht aus Sicht von InnoGema Handlungsbedarf, da Widersprüche zwischen den Anforderungen an die Beschäftigten und deren aufgabenbezogenen Handlungsmöglichkeiten auf Grund der Ergebnisse zu vermuten sind. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass auf Mitarbeiterebene als erstes beim individuellen Bewältigungsverhalten ange-setzt werden sollte. Grundsätzlich besteht seitens der Mitarbeiter laut Bedarfser-hebung ein Interesse an Angeboten zur Betrieblichen Gesundheitsförderung. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass in den befragten Unternehmen sowohl der Bedarf als auch ein offenes Klima als Voraussetzung zur Umsetzung von Maßnahmen für Betriebliche Gesundheitsförderung besteht.

Literaturverzeichnis:

Frieling, E; Sonntag, K. (1999): Lehrbuch Arbeitspsychologie, Verlag Hans Huber, Bern

Gerlmaier, A. & Latniak, E. (2009): Stress und Burnout in der Erwerbsspanne - eine geschlechtsdifferenzierte Analyse bei IT-Fachleuten. In: Gesellschaft für Arbeitswissenschaften e.V. (Hrsg.), Arbeit, Beschäftigungsfähigkeit und Produk-tivität im 21. Jahrhundert, GfA-Press, Dortmund, S. 497-500.

Kather-Skibbe, P. (2009): Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mit-tleren Unternehmen. In: D. Simon & G. Heger (Ed.), Neue Wege für mehr Ge-sundheit in Unternehmen - Betriebliche Gesundheitsförderung als innovative Dienstleistung, S. 9-29, FHTW transfer Nr. 55-2009.

Kather-Skibbe, P., Hannemann, V. & Reszies, S. (2009): Betriebliche Gesund-heitsförderung als kooperative Dienstleistung in einem Netzwerk in Berlin. In: D. Simon & G. Heger (Ed.), Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen (pp. 61-93). fhtw-transfer 55-2009.

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Moldaschl, M. (2007): Ressourcenorientierte Analyse von Belastung und Bewälti-gung in der Arbeit. In: M. Moldaschl (Ed.), Immaterielle Ressourcen, S. 285-321, Hampp, München u.a.

Moldaschl, M. (1991): Frauenarbeit oder Facharbeit?, Campus Verlag, Frank-furt/M. u.a.

Nagel, Christina (2010): Aktionstag zur betrieblichen Gesundheitsförderung im Unternehmensumfeld. In Simon, D.; Heger, G. (Hrsg.), Innovatives Gesund-heitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting, S. 54ff

Ulich, E. (2004): Arbeitspsychologie, Zürich: vdf Hochschulverlag. AG an der ETH Zürich u.a.

Internetquellen:

N.N. (2008): Klassifikation der Wirtschaftszweige, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, URL:http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/ Internet/DE/Content/Klassifikationen/GueterWirtschaftklassifikationen/klassifikationwz2008__erl,property=file.pdf., 14.09.2009.

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2 Entwicklung und Umsetzung bedarfsgerechter Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)

Autorin: Petra Kather-Skibbe

2.1 Zielstellung

Die Entwicklung und Etablierung passgenauer Angebote zur Betrieblichen Gesundheitsförderung auf der Basis der Ressourcen- und Belastungsanalyse sowie unter Berücksichtigung des Bedarfes in den Unternehmen (siehe Kather-Skibbe, III, 1) sind Zielstellungen des InnoGema-Projektes (Simon et. al., I, 1). In der Phase 2, Teil 2/ Beratung wurden in Vorbereitung auf die Phase 3 „Bildung von Netzwerkpartnerschaften“ die folgenden Teilziele verfolgt:

1. die Geschäftsführung und die Belegschaft über die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung zu informieren,

2. die Unternehmen hinsichtlich des erkannten Handlungsbedarfs zu beraten,

3. gemeinsam mit der Geschäftsführung und den Beschäftigten die BGF-Maßnahmen für die Mitarbeiter zu konkretisieren sowie

4. Strukturen aufzubauen, die die nachhaltige Etablierung von BGF-Maßnah-men in den betrieblichen Alltag fördern.

2.2 Methodische Vorgehensweise

Nach der Auswertung der Mitarbeiterfragebögen mit der Software SPSS wurden die Ergebnisse mit der Geschäftsführung und/ oder den Personalverantwortlichen diskutiert und der Rahmen für die weitere Vorgehensweise im Unternehmen festgelegt. Um den Transfer der Ergebnisse zu den Mitarbeiter/innen zu ge-währleisten, wurde als nächster Schritt in den kleinen Unternehmen ein Mitar-beiterworkshop oder eine Präsentationen vor der gesamten Belegschaft durchgeführt. Dieses Vorgehen ermöglicht allen Beschäftigten die Befragungser-gebnisse zu erfahren, sie gemeinsam zu interpretieren sowie daraus Maßnahmen abzuleiten. Auf dieser Basis können dann die nächsten Schritte zur Umsetzung von BGF-Maßnahmen geplant werden. Des Weiteren bietet die Offenlegung der Ergebnisse für alle Befragten den Vorteil, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit hat, seine Wahrnehmung der Situation mit der Wahrnehmung der Situation durch die Kollegen abzugleichen. In kleinen Betrieben stellt die Beteiligung der Mitarbeiter auch über eine Befragung hinaus kein großes Problem dar. Inhaber oder Geschäftsführer der Unternehmen, die sich auf diesen Prozess einlassen, sind vielmehr daran interessiert, dass sich die Mitarbeiter einbringen. Sie gehen davon aus, dass die Befragung nach Einstellungen und Interessen der Beleg-schaft Voraussetzung dafür sind, dass Maßnahmen aufgelegt werden können, die dann auch akzeptiert und wahrgenommen werden19. Partizipation in größeren Unternehmen bedarf einer anderen Herangehensweise. In dem großen Partner-Unternehmen (Unternehmen 2) mit zum Zeitpunkt der Befragung etwa 500 Be-schäftigten war es strukturell erforderlich, die Ergebnisse über die mittlere Füh-rungsebene und über Promotoren (s.u.) zu transportieren. Es wurde darum ein

19 Zu den Besonderheiten kleiner- und mittlerer Unternehmen siehe Kather-Skibbe, 2009, S. 15.

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Vorgehensmodell für die Arbeit mit Promotoren entwickelt, das dann auch auf die Zusammenarbeit mit den kleineren Unternehmen übertragen wurde.

Grundsätzlich besteht in allen kooperierenden Unternehmen die Frage, wie das Thema Gesundheit im Unternehmen kommuniziert und die Beschäftigten sensi-bilisiert, motiviert und angeleitet werden können, etwas für den Erhalt ihrer Ar-beitsfähigkeit zu tun. Die Projektgruppe von InnoGema setzt in dieser Frage auf die Schlüsselrolle von ausgewählten Personen im Unternehmen, die als Förderer (Promotor) benannt und ausgebildet werden, um unternehmensintern und -übergreifend im Netzwerk für das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung zu agieren. Die Promotoren sollen die Gesundheit zu ihrer eigenen Sache machen und im Unternehmen diesbezüglich produktive Unruhe stiften. Sie sind die Fachleute für den Alltag, da sie den Gefährdungsherden viel näher sind und sie beständig und nicht nur punktuell erleben wie die Arbeitsschutzexperten (vgl. Reindl, 2008, S. 168). Parallel zu den Promotoren im Unternehmen 2 wurden in allen Partnerunternehmen Promotoren benannt, die von der Geschäftsführung die Unterstützung bekommen sollten. Zur Rolle eines Promotors gehört es:

• Ansprechpartner für die Kollegen für gesundheitsfördernde Themen zu sein,

• die Kollegen zu animieren und zu motivieren mehr für ihre Gesundheit zu tun sowie

• Vorbild für die Kollegen zu sein

Diese Rollen wurden in Workshops mit den Aktiven diskutiert und untersetzt. Als weitere Unterstützung der Arbeit der Promotoren ist die Zusammenstellung einer Handlungshilfe geplant. Bei dieser liegt der Schwerpunkt auf der Erarbeitung eines Kommunikationstrainings (Argumentationsstrategie, Risikokommunikation, Ansprache unterschiedlicher Typen etc.), die den Promotoren bei der „Überzeu-gung“ ihrer Kollegen und Kolleginnen Werkzeuge in die Hand gibt.

2.3 Ergebnisse der Mitarbeiterworkshops/ Promotorenworkshops

Mitarbeiterworkshop

Die Auswertung der Mitarbeiterfragebögen ergab, dass bei den Mitarbeitern auf drei verschiedenen Handlungsebenen angesetzt werden sollte, um nachhaltig einen Beitrag für den Erhalt ihrer Arbeitsfähigkeit zu leisten. Die drei Handlungs-ebenen werden wie folgt benannt:

a) Die persönliche Handlungskompetenz des Mitarbeiters erweitern

b) Kontinuierliche BGF-Maßnahmen installieren

c) Organisatorische Belastungen reduzieren

Alle drei Handlungsebenen wurden in dem Mitarbeiterworkshop gemeinsam mit den Beschäftigten thematisiert und auf dieser Basis Lösungsansätze in der Gruppe erarbeitet. Anhand des Unternehmens 1 werden im folgenden Abschnitt beispielhaft die Aufgabenstellungen an die Workshop-Teilnehmer in kleinen Un-ternehmen sowie deren Ergebnisse dargestellt.

Ziel des Workshops war es, auf der Grundlage der Befragungsergebnisse für die oben genannten Handlungsebenen gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten. Der Workshop wurde mit der Geschäftsführung und den Mitarbeitern und Mitar-

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beiterinnen im Unternehmen durchgeführt. Der Zeitrahmen betrug 2,5 Stunden. Zu Beginn des Workshops wurden die Befragungsergebnisse von Mitarbeitern des Projektes InnoGema präsentiert und mit den Teilnehmern die Belastungsfaktoren, Symptome und deren Tragweite diskutiert. Die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Arbeitssituation – so die Vermutung des Projektteams- ist bereits durch das Aufgreifen der Gesundheitsthematik durch die Geschäftsführung und die Befragung verstärkt worden. Im Mittelpunkt des Workshops stand die Frage: „Was kann getan werden, wenn die Praxis zeigt, dass Stress immer wieder auftreten wird und nicht vermieden werden kann?“

zu a. Die persönliche Handlungskompetenz erweitern

Der Arbeitsauftrag an die Mitarbeiter und die Geschäftsführung lautete:

Welche Informationen und Hilfsmittel benötige ich, um mein Wohlbefinden un-mittelbar am Arbeitsplatz zu steigern?

Ergebnisse:

Thema Handlungsbereiche (Nennungen der Mitarbeiter/innen, Geschäftsführung)

Pausengestaltung - Pausenverhalten

- Ablenkung durch andere Medien

- Zugang zu einem entspannenden Artikel/ Musikstück

- Wissen über nützliche Übungen (egal welcher Art)

- Darf ich in der Pause Bücher lesen?

- Ortswechsel/Spaziergang, was gibt es in der Nähe?

- Gelegenheit für Pausen

- Pause ohne Telefon/extra Raum

Motivation - Informationen, wie Motivationslöcher überwunden werden können

- Ablenkung durch andere Medien

- Methoden, den „toten Punkt“ zu überwinden

- Möglichkeiten zur Entspannung

Entspannung - Übungen, um Verspannungen zu mildern

- Anleitung für Arbeitsplatztraining

- Welche Sitzposition soll ich absolut vermeiden

- 5 min Entspannung oder Lockerung oder Sandsack

- Nahrung/ Getränke (Was? Welche Menge?)

Ergonomische Gestaltung (Arbeitsplatz und Umgebung)

- ergonomischer Stuhl/Tisch

- Raumtemperatur, Sonnenschutz

- bequeme Liege für kurze Entspannung

- Head-Sets für die Telefone

Tab. 8: Bedarf an Informationen und Werkzeugen zur Erweiterung der persönli-chen Handlungskompetenz

zu b. Kontinuierliche Aktivitäten installieren

Der Arbeitsauftrag an die Mitarbeiter und die Geschäftsführung lautete:

Stellen Sie in Ihrer Gruppe fest, welche Angebote Sie ausprobieren oder lang-fristig nutzen wollen. Klären Sie untereinander, zu welchen Zeiten und in wel-chem Umfang Sie diese Angebote nutzen wollen. Bilden Sie dazu drei Arbeitsgruppen zu den Themenfeldern Bewegung, Entspannung und Ernährung!

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Ergebnisse der Gruppenarbeit:

Maßnahmenplan: Schnupperangebote

Bewegung:

Sportart: Feldenkrais (Interessenten: 5 Mitarbeiter/ innen) Yoga (Interessenten: 2,5 Mitarbeiter/ innen) Nordic Walking (Interessenten: 1 Mitarbeiter/ in) Tai Chi (Interessenten: 8 Mitarbeiter/ innen )

Zeit: Mittagspause

Zeiteinheit: 30-60 min, mind. 1 Mal pro Woche Wochentag: Tendenz: Montag oder Freitag frei wählbar

Ziel: selbständiges Training soll möglich sein, auch ohne Trai-ner z. B. auf der Dienstreise

Einschränkung: Eigene Räumlichkeiten stehen nicht zur Verfügung.

Sonstige Interessen: Tischtennis, Bogenschießen, Tanzkurs, Rudern

Entspannung:

Maßnahme Progressive Muskelentspannung

Qi Gong/Tai Chi

Massage

Art der Maßnahme Firmenseminar Probestunde Massagen im Büro

Zeit Tag variabel, 14-15 Uhr, außer Freitag

Tag variabel, 14-15 Uhr, außer Freitag

Turnus 1 mal pro Woche

Interessent 9 Mitarbeiter/ innen

Sonstiges „Kein esoterisches Gedöns!“

Zeitlich flexible Trainer

Tab. 9: Bedarf an Angeboten zum Thema Entspannung

Ernährung

• Alternativen zu Bringediensten

• Ernährungsberatung

• Snacks (Kekse) überdenken

zu c. Organisatorische Belastungen zu reduzieren

Die Befragungsergebnisse machten deutlich, dass es häufiger Zeitdruck, Arbeits-unterbrechungen und Mehraufwand gibt. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass installierte Instrumente (z.B. Pflichtenheft, Projektdokumentation) über-dacht werden sollten. Des Weiteren gab es Hinweise, wie die Kommunikation innerhalb des Teams optimiert werden könnte bzw. einzelne Aspekte mit den Kunden konkreter zu formulieren. Einzelne Mitarbeiter zeigten Interesse an Qua-lifizierungsmaßnahmen (unternehmensintern oder durch externe Dozenten) zu

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Instrumenten der Projektsteuerung, welche die Geschäftsführung zeitnah auf-greifen wollte.

Der konkretisierte Bedarf an BGF-Maßnahmen wurde nach dem Workshop als Anfrage an die Gesundheitsdienstleister im InnoGema-Pool weitergeleitet. Die Gesundheitsdienstleister haben ihrerseits dann mit der Geschäftsführung Kon-takt aufgenommen und ein Angebot abgegeben.

Promotorenworkshops

Im Unternehmen 2 wurden von der Personalleitung in Absprache mit der Be-triebsrätin Promotoren benannt, die das Thema Gesundheitsförderung in die verschiedenen Abteilungen tragen sollen. Als Promotoren wurden Mitarbeiter gewählt, die diesbezüglich eine Vorreiterrolle einnehmen und persönlich sehr engagiert sind. Die Promotoren sollen in Zukunft ihren Kollegen als Gesprächs-partner für das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung zur Verfügung stehen und unternehmensübergreifend im InnoGema-Netzwerk aktiv sein. An den Pro-motoren-Workshops nahm der Betriebsrat teil. Es wurde ein Curriculum für drei Workshops erstellt. Dazwischen erhielten die Beteiligten „Hausaufgaben“, um das Erarbeitete zu festigen und die offenen Fragestellungen zum nächsten Work-shop herauszustellen.

In dem ersten von drei Promotorenworkshops wurde mit den ausgewählten Mit-arbeitern ihre Rolle als Promotor erarbeitet. Die Dokumentation wurde mittels Metaplantechnik umgesetzt.

Der Arbeitsauftrag an die Mitarbeiter lautete: Welche Rolle nehmen Sie als Promotor/ in aus Ihrer Sicht ein?

Antworten:

• Promoten der Teilnahme an Gesundheitsdienstleistungen

• Ansprechpartner für die Kollegen zu sein

• Informieren über Gesundheitsdienstleistungen

• Motivieren der Kollegen

• Kollegen zur Prävention zu animieren

• Zu erkennen, wo der Stress ungesund wirkt: (Arbeit + körperlich)

• Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu gesundheitsfördernden Übungen anzuleiten

• Schaffen, dass die Kommunikation unter den Kollegen stärker wird => Seele in Ruhe => gesunder Körper => volle Leistung geschäftlich und privat

• Die Kommunikation mit ausländische Kollegen erhöhen

• Als interner Kursleiter Angebote bieten

Einvernehmlich wurde geäußert, dass die Rolle des Promotors in folgenden Auf-gaben besteht:

• Ansprechpartner für die Kollegen für gesundheitsfördernde Themen sein,

• die Kollegen zu animieren und zu motivieren mehr für ihre Gesundheit zu tun sowie

• Vorbild für die Kollegen zu sein

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Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde dann mit den Promotoren erarbeitet, welche Unterstützung sie benötigen, damit sie ihre Rolle wahrnehmen können.

Der Arbeitsauftrag an die Mitarbeiter lautete: Was brauchen Sie, damit Sie ihre Rolle als Promotor/ in wahrnehmen können?

Antworten:

• Promotorenleitfaden (Konkrete Motivationshilfe, die helfen soll, andere Kollegen zu überzeugen an gesundheitsfördernden Aktivitäten teilzuneh-men.)

• Zeitplan und kontinuierliche Information über den InnoGema-Projektstand

• Konkrete Angebote, verschiedene Sportangebote

• Ansprechpartner bei InnoGema, um mir Rat und Informationen zu holen

• Angebote und Anleitung (z. B. Anleitungen, wie die Kollegen am Arbeitsplatz 5 Minuten abschalten können)

• Gute Argumente

• Informationsmaterial, das man weitergeben kann

• Greifbare Tipps und Tricks

• Experimentierraum

• Raum (physisch)

• Die zur Verfügung gestellten Materialien/ Texte in englischer und deutscher Sprache

• Aktivitäten in der Nähe von der Arbeit (preiswert und einfach zu erreichen)

Zum Abschluss des ersten Workshops fand eine Ideenwerkstatt statt. Hierbei stand folgende Frage im Mittelpunkt: Wie können Sie als Promotor/in Ihre Kol-legen/ Kolleginnen zur Teilnahme an Gesundheitsmaßnahmen gewinnen? Das Ziel dieser Aufgabenstellung war es, dass sich die Promotoren praxisnah mit ihrer neuen Rolle auseinander setzen und gemeinsam Ideen entwickeln, wie sie diese umsetzen möchten.

Antworten/ Aufgaben:

• Flyer am Eingang verteilen, evtl. in Kombination mit einem Molkeriegel/ Apfel etc.) => Information zum Projekt, Erhöhung des Bekanntheitsgrad seiner Promotoren

• Obst verteilen mit InnoGema-Zeichen (turnende Glühbirne)

• Einen „Marktplatz“ finden, d. h. einen Ort, wo die Informationen zum Projekt, zu den gesundheitsfördernden Maßnahmen, zu den Promotoren etc. für viele Mitarbeiter sichtbar sind.

• Plakat erstellen

• Schnupperkurse anbieten (Die Promotoren können dann ihre Begeisterung an diesen Kursen weitergeben und somit andere Mitarbeiter dafür gewinnen.)

• Protokolle und News ins Intranet stellen

• Einen „Ausprobiertag“ organisieren

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An das Projektteam von InnoGema wurde als Arbeitsauftrag aus dem ersten Workshop die zeitnahe Erarbeitung einer Handlungshilfe für Promotoren befür-wortet. Parallel zu den Promotorenworkshops im Unternehmen 2 wurde die Mit-arbeiterbefragung zur Erhebung des Bedarfs für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durchgeführt (Kapitel III, 1). In dem zweiten Promoto-renworkshop wurden die Befragungsergebnisse durch das Team von InnoGema vorgestellt und mit den Teilnehmern diskutiert. Des Weiteren wurden im Rah-men des Workshops 2 Methoden der Gesundheits- und Stressbewältigung (Fel-denkrais und Progressive Muskelentspannung) durch zwei Gesundheitsdienst-leisterinnen aus dem InnoGema-Anbieterpool praktisch vorgestellt. Als nächster Schritt wurde die aktive Beteiligung am geplanten InnoGema-Aktionstag be-schlossen (Kapitel II, 6). Der dritte Promotorenworkshop beinhaltete die Detail-planung für den InnoGema-Aktionstag.

2.4 Stand der Umsetzung von BGF-Maßnahmen in den Unternehmen

Ungeachtet der Vielzahl von Aktivitäten des InnoGema-Netzwerkes (Aktionstage, regelmäßige Kursangebote, Werbung) in der OberbaumCity und in den Partner-unternehmen haben bisher nur wenige Mitarbeiter regelmäßig Gesundheitsange-bote des Netzwerkes wahrgenommen. Aus dem Unternehmen 1 nehmen derzeit vier Mitarbeiter an einem Yoga-Kurs im Unternehmensumfeld teil. Hier haben sich auf Grund einer telefonischen Umfrage von Mitarbeiterinnen von InnoGema weitere Beschäftigte eines benachbarten Unternehmens angeschlossen. Außer-dem wurde ein Entspannungstraining gebucht. Ein Tai Chi-Kurs, zu dem fünf Mitarbeiter aus einem Unternehmen kommen, die keine Kooperation mit dem Projekt InnoGema haben, konnte durch die Öffentlichkeitsarbeit des Projektes etabliert werden. Die ursprünglich darauf gebuchten Mitarbeiter von Unternehmen 1 sind zurückgetreten. Im Unternehmen 2 findet 1x im Monat eine Rückenschule statt. Massagen werden dazu vergleichsweise häufig von Mitarbeitern verschiedener Unternehmen nachgefragt.

Insgesamt ist aber eine enttäuschende Teilnahme festzustellen, für die es galt, die Ursachen zu erfahren.

2.5 Barrieren für die Nutzung von Gesundheitsangeboten

Auf Grund der hohen Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der Bedarfserhebung und der Teilnahme an den Gesundheitsangeboten wurden die Geschäftsleitung und die Promotor der Partnerunternehmen schriftlich bzw. telefonisch gebeten, bei ihren Mitarbeitern die Gründe für die hohe Zurückhaltung zu erfragen. Fol-gende Argumente wurden genannt:

Der Faktor Preis:

„Für manche Mitarbeiter/innen bzw. Unternehmen sind die Angebote zu teuer. Selbst bei Kursen, die von Krankenkassen finanziert werden, müssen die Mitar-beiter die Kosten vorschießen. Da sind manchmal 100,- Euro schon zu viel.“

„Da nicht alle angebotenen Kurse von der Krankenkasse bezuschusst werden, stellt es für viele Mitarbeiter/innen zusätzlich zum Zeitfaktor eine hohe finanzi-elle Belastung dar. Die Förderung durch unser Unternehmen ist im Moment schwierig durch die wirtschaftliche Gesamtlage und wichtige vorrangigere Pro-jekte/neue Geschäftsfelder, die unsere Zukunft als Unternehmen sichern sollen.“

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Der Faktor Zeit/ Terminplanung:

„Die Mitarbeiter/innen kleiner Firmen sind in Produktionsbetrieben an feste Zei-ten gebunden, die eine Kursteilnahme zur Mittagszeit nicht zulassen, obwohl aufgrund der Beanspruchungen eine Arbeitsunterbrechung durch Teilnahme an einer Gesundheitsmaßnahme sinnvoll wäre. Hat die Arbeit zu körperlicher und/oder psychischer Erschöpfung geführt, fehlt die Energie zur Teilnahme an einem abendlichen Angebot.“

„In kleinen Kreativunternehmen arbeiten Mitarbeiter/innen häufiger nach kurz-fristigen Kundenansprüchen und können den Zeitpunkt des Arbeitsendes daher oft nicht vorhersehen. Andere sind in beratender Tätigkeit häufiger unterwegs und auch zum Ende des Arbeitstages nicht am Firmenstandort bzw. nicht am Kursort.“

„Bei uns ist die Arbeitszeit im Büro zwar zeitversetzt mit Früh- und Spätschicht von 8.00-19.00 Uhr, aber die meisten möchten ihre Mittagszeit für frische Luft schnappen und gemütlich Mittagessen verwenden und eigentlich schafft es kei-ner aus dem Bürobereich, pünktlich oder geplant Feierabend zu machen, um vielleicht einen Kurs ab 16.30 Uhr zu belegen. Dazu ist unser Geschäft zu flexi-bel, die Abläufe nicht starr (Kundenaufträge kommen zu allen Zeiten, Telefonate (Kundenbetreuung) ebenso, es ist schwierig zu planen); in der Produktion wird in der Regel von 10.00-18.30 Uhr gearbeitet, die Mittagszeit ist festgelegt von 13.00-13.30 Uhr, ansonsten stehen die Kollegen an Maschinen, da ist kaum Freiraum für andere Pausenzeiten und vor oder nach der Arbeit wollen die meisten nicht- hängt u.a. mit langen Anfahrtswegen zur Arbeit (1 h und mehr) zusammen oder nach körperlich anstrengender Arbeit einfach keine Energie/Lust mehr.“

„Eine zu lange Pause zwischen der Planung der Maßnahmen und ihrem Zustan-dekommen. Und: Die geringe Möglichkeit der Mitarbeiter der Unternehmens sich auf einen Termin festzulegen.“

Der Faktor Vereinbarkeit Beruf und Familie

„Mehrere von uns sind in der letzten Zeit Vater geworden. Wir haben uns die Arbeit daher so eingerichtet, dass wir sie über den Tag verdichtet haben, um dann um 18 Uhr lieber nach Hause zu unseren Familien gehen zu können. Da bleibt nur gelegentlich mal Zeit für Gesundheitsprävention.“

2.6 Konsequenzen für die weitere Vorgehensweise im Projekt

Selbst bei Rahmenbedingungen, die viele Belange der Mitarbeiter berücksichti-gen (z. B. Angebotspalette an den Aktionstagen im Cluster Oberbaum City) ist die Resonanz auf die Gesundheitsangebote gering. Insofern ist zu vermuten, dass auf der einen Seite verstärkt beim individuellen Gesundheitsverhalten der Mitarbeiter angesetzt werden muss und auf der anderen Seite die Schwelle zur Annahme von Angeboten sehr niedrig zu gestalten ist. Hier verfolgt das Projekt InnoGema in Phase 3 „Entwicklung von Netzwerkpartnerschaften“ (Simon et.al., 2010) vier parallele Ansätze:

1. Bildung und Begleitung von Netzwerkpartnerschaften (Partnerschaften zwi-schen Gesundheitsdienstleistern sowie Kooperationen zwischen

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Gesundheitsdienstleistern und Partnerunternehmen zur Konzeptionierung unternehmensinterner und unternehmensübergreifender Gesundheitsprogramme)

2. Erstellung eines Handbuches zur Einführung von betrieblicher Gesundheitsförderung in kleinen Unternehmen der Kreativwirtschaft

3. Entwicklung eines Internetportals zur Bereitstellung von Informationsmaterial zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (Hering & Schröder, 2010) und Handlungshilfen für die Geschäftsführung, Mitarbeiter und Promotoren sowie für die Angebotsentwicklung und die Vermarktung von Netzwerkleistungen.

4. Erweiterung des regionalen Clusters zur Vergrößerung der potenziellen Teilnehmer, da erfahrungsgemäß max. 10% der Mitarbeiter eines Unternehmens aktiv werden.

Des Weiteren ist geplant, die Arbeit mit den Promotoren unternehmensüber-greifend zu intensivieren.

Literaturverzeichnis:

Hering, J.; Schröder, J. (2010): Das Internetportal als Instrument zur Initiierung von Netzwerkpartnerschaften. In Simon, D.; Heger, G. (Hrsg.), Innovatives Ge-sundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting, S.99.

Kather-Skibbe, P. (2010): Experteninterview und Mitarbeiterbefragung zur be-trieblichen Gesundheitsförderung. In Simon, D.; Heger, G. (Hrsg.), Innovatives Gesundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting, S.65.

Kather-Skibbe, P. (2009): Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mit-tleren Unternehmen. In: D. Simon & G. Heger (Hrsg.), Neue Wege für mehr Ge-sundheit in Unternehmen - Betriebliche Gesundheitsförderung als innovative Dienstleistung, FHTW transfer Nr. 55-2009, S. 9-29.

Nagel, C. (2010): Aktionstag zur betrieblichen Gesundheitsförderung im Unternehmensumfeld. In Simon, D.; Heger, G. (Hrsg.), Innovatives Gesund-heitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting, S. 54.

Reindl, J. (2008): Neue Aufgaben für Multiplikatoren: Die Mobilisierung der Laienkompetenz. In Henning, K; Leisten, I. & Hees, F. (Hrsg.), Innovationsfähig-keit stärken - Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Präventiver Arbeits- und Gesund-heitsschutz als Treiber. Tagungsband zur 2. Jahrestagung des BMBF-Förderschwerpunkts, S. 167-173.

Simon, D.; Reszies, S.; Heger, G. (2010): Vorgehensmodell zur Netzwerkent-wicklung für innovatives Gesundheitsmanagement. In Simon, D.; Heger, G. (Hrsg.), Innovatives Gesundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting, S.10.

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3 Förderung der Kooperationsbereitschaft und des Netzwerkgedankens bei Gesundheitsdienstleistern

Autorin: Sabine Reszies

3.1 Zielstellung der Teilaufgabe

“Ein Netzwerk definieren wir als komplex-gegenseitige, eher kooperative denn wettbewerbliche und relative stabile Beziehung zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich zumeist unabhängigen Organisationen und/oder Individuen. Ge-nerelles Ziel der Beziehungen im Netzwerk ist es, durch eine Abstimmung der komplementären Fähigkeiten der am Netzwerk Beteiligten Synergieeffekte zu erreichen, die den Nutzen der Beteiligten mehren“ (Teller; Longmuß, 2007, S. 17).

Diese Synergieeffekte stellen sich nicht von allein ein. Benötigt werden Partner, die dem Netzwerk eine gemeinsame Orientierung, ein Ziel geben und dieses bereit sind umzusetzen. Zudem benötigt ein Netzwerk eine eigene Organisation und eine Kultur. Beides gilt es für jedes Netzwerk speziell herauszubilden. Der Anbieterpool und damit die Netzwerkpartner auf Anbieterseite entstand bis zum Frühjahr 2009 in erster Linie mit der Absicht, alle Handlungsfelder der Be-trieblichen Gesundheitsförderung abzubilden (siehe Kapitel II, 3). Bis zu dieser Phase der Netzwerkbildung wurde dieses Ziel zunächst von außen, also durch das Forschungsteam von InnoGema vorgegeben. Die konkrete Ausprägung des Netzwerkes, seine Ziele, seine Struktur, die Kultur sowie der Nutzen für jeden Einzelnen müssen im Folgenden herausgebildet werden. Nur wenn Aufwand und Nutzens des Netzwerkes für Jeden klar erkennbar ist, kann die Bereitschaft erwartet werden, Zeit und Arbeit zu investieren. Außerdem ist der Aufbau eines Wir-Gefühls, ein gewisser Stolz, ein Teil eines Großen und Ganzen zu sein, wichtig für den Fortbestand dieser Kooperationsform, die auf Freiwilligkeit basiert. Nur so kann auch eine Verantwortlichkeit jedes Einzelnen für das Netzwerk entwickelt werden.

Zu den Eigenschaften eines Netzwerkes gehört es in der Regel, dass alle Partner zunächst einmal gleichberechtigt sind, die Zusammenarbeit also basisdemokra-tisch gesteuert wird. Gemeinsame Veranstaltungen, das Einrichten einer Form der Netzwerkkommunikation und das miteinander Lernen fördern das Vertrauen untereinander und ermöglichen so eine Konsenzbildung. Im Rahmen des For-schungsprojektes InnoGema wurden für diesen Zweck Partnertreffen und Work-shops durchgeführt.

Partnertreffen

Ziele der Partnertreffen waren:

• das Kennenlernen der Partner untereinander aber auch das Kennenlernen des Forschungsteams. Nur aus einem gegenseitigen Kennen kann das für eine Netzwerkbildung nötige Vertrauen erwachsen,

• das Herausbilden eines Netzwerkprofiles mit einer gewissen Netzwerkkultur,

• das Ausprägen von Verantwortung für das Netzwerk als Ganzes bei den Partnern.

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Workshops

Die im Rahmen des Projektes durchgeführten Workshops dienen in erster Linie dem Schließen von Wissenslücken im kaufmännischen, organisatorischen und kooperativen Bereich.

3.2 Methodische Vorgehensweise

Obwohl das geplante Netzwerk aus drei Partnergruppen (Anbieter, Anwender und Multiplikatoren) besteht, haben wir uns im Rahmen des Forschungsprojektes entschlossen, zunächst mit den Anbietern verstärkt zu arbeiten. Mit dem vorläufigen Schließen des Anbieterpools (siehe Kapitel II, 3) wurden die Sprechstunden für die Anbieter eingestellt und für die Partnertreffen organisiert. Das erste Partnertreffen fand im Januar 2009 statt und hatte einen geplanten Aktionstag in der Oberbaumcity zum Gegenstand. Hintergrund eines solchen Tages war die Bereitschaft der Anbieter, die Unternehmen über ihre Leistungen zu informieren und teilweise unbekannte Angebote ausprobieren zu lassen. Zunächst erfolgte das in den Unternehmen selbst. Es gab diverse Schnupperangebote für die ersten drei Partnerunternehmen. Spätestens mit der Aufnahme von BASF Services Europe GmbH stellte sich aber der Aufwand für die Anbieter als zu groß heraus. Etwa 700 Mitarbeitern eine Reihe von kostenlosen Leistungen anzubieten, überstieg die Kapazität der Anbieter. So entstand die Idee, für alle Unternehmen und ihre Mitarbeiter in der Oberbaumcity einen Aktionstag zu organisieren, um konzentriert diverse Angebote kennenzulernen und auszuprobieren. Das Team von InnoGema sollte in diesem Zusammenhang die Organisation und die Öffentlichkeitsarbeit übernehmen, die Anbieter stellten sich und ihre Kompetenz für ein buntes Programm zur Verfügung (siehe Kapitel, II, 6,). In Vorbereitung dieses Aktionstages entstand eine Broschüre, in denen sich die Anbieter nach einem einheitlichen Raster vorstellten und gleichzeitig über die Wirksamkeit ihrer Angebote informierten. Diese Broschüre stellte den ersten einheitlichen Außenauftritt der Anbieterpartner dar.

In einem Netzwerk sollen sich die Partner gegenseitig empfehlen bzw. gemein-sam in Projekten arbeiten. Dazu ist es nötig, einander als Persönlichkeit und die Art zu arbeiten kennenzulernen. An das Projektteam wurde deshalb die Bitte herangetragen, ein gemeinsames Kennenlernen zu organisieren. Dazu wurde die Sporthalle der HTW Berlin gemietet und die Partner zu ihren Auftritten ange-sprochen. Konkret zeigten dann lediglich sechs Partner ihre Bereitschaft an, ihr Angebot vor anderen Partnern zu präsentieren. Daraufhin wurde dieser Termin abgesagt und auf die Möglichkeit, einander am Aktionstag kennenzulernen, ver-wiesen.

Das Partnertreffen im Februar stand ganz im Zeichen der Vorbereitung des ers-ten gemeinsamen Aktionstages im März 2009. Ein möglichst einheitliches Auf-treten wurde angestrebt.

Im März 2009 wurde erstmalig der Gedanke gemeinsamer Netzwerkregeln ver-folgt. Es wurde zu den Ein- und Austrittsregeln diskutiert und beschlossen, bei der Erarbeitung der Netzwerkregeln schrittweise vorzugehen. Der Rahmen des Aktionstages wurde dazu genutzt, den Partner Urkunden zur Bestätigung der Teilnahme im Netzwerk zu überreichen.

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Die Evaluation des Aktionstages war Gegenstand des Partnertreffens im Monat April. An diesem Tag wurde auch heftig über die Ein- und Austrittsregeln im Netzwerk diskutiert und beschlossen, die Netzwerkregeln insgesamt in einem längeren Treffen im September 2009 abschließend festzulegen. Wichtig war den Anbieterpartnern auch die Klärung der rechtlichen Konsequenzen ihres Vorge-hens. Können freiberuflich Tätige gemeinsame Angebote entwickeln und anbie-ten? Wie sieht die Versicherung eines solchen Angebotes auf. Treten die anbietenden Partner dann bereits als Gesellschaft auf? Wie sieht es mit der Zu-lassung eines Paketangebotes durch die Gesetzlichen Krankenkassen aus? Es wurde beschlossen, diese Fragen im Partnertreffen im Juni zu diskutieren.

Die Anbieter für Organisations- und Teamentwicklung im Netzwerk verfolgten im Frühjahr 2009 die Gründung einer Arbeitsgruppe, um sich und ihre Leistungen im Netzwerk besser zu präsentieren und damit dem Netzwerkmanagement pas-sende Akquiseinstrumente in die Hand zu geben. Seit dieser Zeit trifft sich die Arbeitsgruppe Organisationsberater regelmäßig, um sich gegenseitig auszutau-schen. Dieses ist unbedingt als eine positive Netzwerkleistung zu betrachten. Einmal pro Monat treffen sich „potenzielle Wettbewerber“, um sich für den Markt besser aufzustellen. Das passt sehr gut zu der Netzwerkidee, die Kooperation vor Konkurrenz stellt.

Der Fortschritt der Entwicklung des Internetportales und die zu erwartenden Vorteile wurden im Partnertreffen im Mai diskutiert. Seit diesem Monat gibt es auch regelmäßige Angebote für die Unternehmen in der Oberbaum City und am Erkelenzdamm. So wurden per E-Mail, auf Plakaten und im Internet die Massa-geangebote, die Yogakurse und Tai Chi-Stunden offeriert. Das führte dazu, dass im Cluster Erkelenzdamm ein Yogakurs und eine Tai Chi-Gruppe beginnen konnten. Das Prozedere der Auswahl dieser Angebote wurde heftig in den Partnertreffen diskutiert. Die ersten Angebote basierten auf den Anfragen der Mitarbeiter, die am Aktionstag teilgenommen haben. Bedauerlicherweise konnte trotz Reaktion des Netzwerkes auf genau diese Anfragen kein Kurs in der Oberbaumcity zustande kommen.

Ein Rechtsanwalt zeigte im Partnertreffen im Monat Juni die verschiedenen Mög-lichkeiten des Fortbestandes des Netzwerkes nach der Projektlaufzeit auf. So kann das Netzwerk als Makler, als Verein oder eine eigenständige GmbH auftre-ten. Es wurde sich darauf geeinigt, sich im Herbst 2009 mit der möglichen Zu-kunft des Netzwerkes über die Projektlaufzeit hinaus zu beschäftigen.

Eine wichtige Forderung der Anbieterpartner und eine Nachfrage von Seiten der Unternehmen ist die Qualitätssicherung. Das Netzwerk muss sich bestimmte Qualitätskriterien geben, die offen gelegt werden müssen und damit ein Merkmal dieser Gemeinschaft darstellen. Das Herausarbeiten solcher Qualitätskriterien konnte nicht im Rahmen der Partnertreffen erfolgen. Dazu wurde eine Arbeits-gruppe gebildet, die aus Mitarbeiter des Projektteams und Anbieter des Netz-werkes besteht und für die Vollversammlung der Partner eine Vorlage erarbeitete. Diese Vorlage war Diskussionsgegenstand des Treffens im Juli und zeigte, wie unterschiedlich die Ansprüche der Partner an sich und ihre Arbeit sind. Eine vom Forschungsprojekt erarbeitete Maske für die Bewertung der eige-nen Qualität wurde hart diskutiert. Schließlich wurde vereinbart, diese Maske weiterzuentwickeln und für die einzelnen Fachgruppen anzupassen. Dieser Pro-zess konnte auch im November 2009 noch nicht auf einen ersten Stand gebracht

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werden. Es hat den Anschein, dass die Bewertung von Qualität von Dienstleis-tungen im Vorhinein schwierig ist, da es sich ja eher um ein Leistungsverspre-chen, denn um ein fertiges Produkt handelt.

Zwei bedeutsame Partnertreffen fanden im September und Oktober 2009 statt. Die Veranstaltungen, die erstmals extern moderiert wurden, drehten sich um die Ziele, die Kommunikation und die Zukunft des Netzwerkes über die Pro-jektlaufzeit hinaus. Auch der Nutzen des Netzwerkes wurde intensiv diskutiert, zumal die Erwartungen einiger Partner/innen an eine steigende Auftragslage eher nicht erfüllt werden konnten. Trotzdem wurde vereinbart, das Netzwerk zukunftsfähig zu etablieren. Im Ergebnis der Veranstaltungen wurden eine Ar-beitsgruppe zur Zielvereinbarung und Netzwerkregeln und eine Arbeitsgruppe zur Zukunft von InnoGema gegründet. Diese erarbeiten mögliche Rechtsformen und die notwendigen Formalitäten dazu (etwa eine Vereinsgründung) und über-legen sich, was aus dem Forschungsprojekt erhalten werden soll.

Ergebnis dieses Prozesses werden neue Kooperationsvereinbarungen der Partner sein, die dann auch zu den beiden anderen Gruppen – Unternehmen und Multi-plikatoren – passen können und der Netzwerkentwicklung eine neue Ernsthaftig-keit geben.

Das Projektteam unterstützt diese Entwicklung, um die Nachhaltigkeit des Netz-werkes zu sichern. Ein wichtiges Ziel des Netzwerkes ist die Entwicklung passgenauer Angebotspakete. Die Partner kamen mit sehr unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen in der Arbeit mit den Unternehmen als Kunden in das Netzwerk. Deshalb entschloss sich das Projektteam, mit Hilfe von Workshops das Wissen bei den Anbieter anzureichern und so eine einheitliche Grundlage für eine gemeinsame Angebotsentwicklung zu legen. Folgende vier Workshops mit jeweils 7 bis 15 Teilnehmer fanden statt:

• „Passgenaue Angebote für Unternehmen als Kunden“

• „Eines für alle – alle für eines“ Angebotsentwicklung in Kooperation mit Partnern

• „Der Preis ist heiß?“ Preiskalkulation für Dienstleistungen

• „Was kostet das Ganze?“ Angebotsentwicklung in Kooperation mit Partnern

Die Inhalte der Workshops zielten auf konkrete Praxisfälle ab und dienten unter anderem auch dazu, sich gegenseitig besser kennenzulernen. Das in den Work-shops erarbeitete Vorgehen führte dazu, dass ab Juli 2009 Angebotspakete von bis zu drei Partner vorgelegt werden konnten und eine Unternehmensanfrage hinsichtlich eines Kombinationsangebotes Raucherentwöhnung und Ernährungs-beratung innerhalb von einer Woche mit fünf verschiedenen Angeboten beant-wortet werden konnte.

3.3 Ergebnisse

Von derzeit 30 Anbieterpartnern sind derzeit etwa die Hälfte aktiv und bringen sich und ihre Ideen in die Netzwerkentwicklung ein. Neben der Teilnahme an den Partnertreffen und den Workshops gehört dazu auch die qualifizierte Antwort auf Mailanfragen, die Zuarbeit zu den Netzwerkdokumenten oder aber die Mitarbeit in Arbeitsgruppen. Aktuell arbeiten drei Arbeitsgruppen. Eine Gruppe beschäftigt sich mit der Positionierung der Organisationsberater im Netzwerk, eine andere

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Gruppe hat einen Vorschlag für Qualitätskriterien erarbeitet und eine dritte Gruppe fühlt sich für die Organisation des zweiten Aktionstages des Netzwerkes verantwortlich.

Im März 2009 fand ein Aktionstag für über hundert Mitarbeiter in der Oberbaum City statt, ein zweiter folgte im Oktober 2009. An diversen Themenabenden ha-ben unsere Anbieterpartner ihr Wissen den eingeladenen Unternehmen präsen-tiert und damit auch die Kompetenz des Netzwerkes sichtbar gemacht.

Besonders beachtlich sind die Fortschritte in der Angebotsentwicklung. So haben sich die Anbieterpartner in verschiedenen Konstellationen zusammengefunden und zunächst einmal aus ihrer Sicht sinnvolle Angebotspakete entwickelt, die unter anderem auf dem nächsten Aktionstag vorgestellt werden. Derzeit liegen zehn vermarktungsfähige Angebotspakete vor.

3.4 Konsequenzen für die Projektarbeit

Die Standardisierbarkeit und die Notwendigkeit der Standardisierung der Pro-zesse nehmen mit dem Reifegrad des Netzwerkes zu. Die dazu notwendigen Ab-sprachen und Vereinbarungen müssen getroffen werden.

In einem nächsten Schritt werden die beiden Gruppen Unternehmenspartner und Multiplikatoren in das Netzwerk eingebunden. Auch hierfür muss das Regelwerk gefunden werden.

Von besonderer Wichtigkeit im letzten Jahr des Forschungsprojektes werden das schrittweise Herausnehmen der Forschungsgruppe aus dem operativen Geschäft und die Übergabe des Netzwerkes an die künftigen Betreiber sein. Hierfür wer-den Geschäftsmodelle entwickelt, die einen zumindest kostendeckenden Betrieb ermöglichen und die Grundlage für die Suche nach Betreibern bilden werden.

Literaturverzeichnis:

Hannemann, V.; Kather-Skibbe, P.; Reszies, S. (2009): Betriebliche Gesund-heitsförderung als kooperative Dienstleistung in einem Netzwerk in Berlin. In: Simon, D.; Heger, G.: Neue Wege für mehr Gesundheit im Unternehmen, Berlin 2009.

Teller, M.; Longmuß, J. (2007): Netzwerkmoderation – Netzwerke zum Erfolg führen, Augsburg 2007.

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Teil IV: Bildung von Netzwerkpartnerschaften (Phase III im Vorgehensmodell: Bildung von Netzwerkpartnerschaften)

1 Das Internetportal als Instrument zur Initiierung von Netzwerkpartnerschaften

Autoren: Jana Hering, Judith Schröder

1.1 Zielstellung der Teilaufgabe

Ziel des Internetportals ist, die Arbeitswelt für das Themengebiet der Betrieblichen Gesundheitsförderung zu sensibilisieren. Das bedeutet, es sollen kleinen- und mittleren Unternehmen Erhebungsinstrumente, wie Fragebögen zur Verfügung stellen, die die gegenwärtige Gesundheitssituation eines Unter-nehmens analysieren helfen. Auch Geschäftsführer, die nach Hilfestellungen für die Einführung Betrieblicher Gesundheitsförderung in ihrem Unternehmen su-chen, werden durch das Portal bedient. Dazu wird ein Online- Praxishandbuch zur Verfügung gestellt, welches diverse Werkzeuge, wie einen Promotorenleitfa-den, bietet. Neben der Nutzung von Handlungsleitfäden können die Geschäfts-führer ebenso Gesundheitsdienstleistungen nachfragen. Dabei handelt es sich um präventive Angebote von internen Netzwerkanbietern, aber auch von exter-nen Dienstleistern. Diesem Vorgehen entsprechend, soll die Kommunikations-plattform dazu dienen, schon bestehende Netzwerkpartnerschaften zu festigen oder neue - virtuelle Bezugsgruppen - zu entwickeln (vgl. Zerfaß, A.; Boelter, B., 2005, S. 80). Über das Kommunikationsinstrument können Firmeninhaber über den Bedarf im Unternehmen kommunizieren und mit den Gesundheitsdienst-leistern über Interventionsstrategien für das betriebliche Arbeitsumfeld disku-tieren. So sollen Unternehmer dazu angehalten werden, sich aktiv an der Konzipierung von Gesundheitsdienstleistungen für ihre Beschäftigten, zu beteili-gen. Ziel des Ganzen ist es, Interventionen zu entwickeln, die den Beschäftigten des Unternehmens einen höheren Nutzen stiften und deren Bedarf tatsächlich abdecken. Diese Form der Lösungsentwicklung zwischen Leistungsanbietern und Leistungsabnehmern wird als Kundenintegration bezeichnet (vgl. Simon, D.; Heger, G. 2008, S. 362 f.). Direkt vermarktet und verwaltet, werden die innova-tiven Dienstleistungen mit Hilfe des Internetportals. Über das System, können dann Präventionsleistungen gebucht und über individuelle Nutzerkonten verwal-tet werden. Mit diesen Funktionalitäten soll erreicht werden, zentrale Arbeitspro-zesse aus dem Forschungsprojekt bzw. dem Netzwerkmanagement herauszulösen und den damit entstehenden administrativen Aufwand zu redu-zieren.

1.2 Methodische Vorgehensweise

Zu Beginn der Entwicklung der Internetpräsenz www.innogema.de des For-schungsprojektes InnoGema wurde sich der Zielgruppenanalyse und der Defini-tion der Nutzeranforderungen gewidmet. Auf dessen Basis konzipierte das Team unter wesentlicher Mitwirkung zweier studentischer Mitarbeiter, einer IT- Spezia-listin und einem Grafiker, den Internetauftritt.

Zunächst wurden verschiedene Content Management Systeme (CMS) wie z.B. Joomla, typo3 und Liferay verglichen. Die Entscheidung fiel auf typo3, da dieses

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CMS eine Trennung von Inhalten und Design ermöglicht. Durch die Nutzung des typo3-Systems wird ein komfortables Editieren und Anlegen von Inhalten er-reicht. Zudem handelt es sich bei diesem System, um eine Open Source Soft-ware, für dessen Nutzung langfristig keine Lizenzgebühren anfallen. Ein weiterer Vorteil des Systems ist es, das es problemlos erweiterbar ist, da eine Vielzahl an kostenlosen Extensions bereitsteht. Auch bietet das System bei der Wahl späte-rer Dienstleister eine hohe Unabhängigkeit. Ein besonderes Kriterium, welches für die Wahl des Systems ausschlagend war, ist das sich das CMS an die Maßga-ben des World Wide Web Consortiums (W3C) hält.

Die Inhalte der Webseite beschränkten sich zu Beginn ausschließlich auf eine Beschreibung und ein Vorgehensmodell des Projektes. Kurz darauf wurden Kurz-vorstellungen der Gesundheitsanbieter und der Partnerunternehmen aus dem Netzwerk eingestellt. Im Rahmen der Fortentwicklung des Projektes erschienen diese Inhalte, welche eine überregionale Gültigkeit hatten, nicht mehr hinrei-chend. Das Forschungsvorhaben konzentrierte sich regional zwei ausgewählte Cluster im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg.

Auf der Webseite wurden für die Modellregionen Erkelenzdamm und Oberbaum City differenzierte Kursangebote mit Terminen und Informationen zu den Gesundheitsanbietern hinterlegt. Auch Einladungen zu Themenabenden, Anbie-terworkshops und Partnertreffen wurden auf der Internetpräsenz veröffentlicht.

Im Forschungsprojekt kam es zu einer Steigerung des Arbeitsaufwandes durch die Koordination von Teilnehmern für die Kursangebote und die Veranstaltungen. So lag es nahe, eine Weiterentwicklung der Internetpräsenz anzustreben, um die Koordinationstätigkeiten, welche bisher per Hand ausgeführt wurden, zu auto-matisieren. Dieses sollte durch ein Portal erreicht werden. In diesem Sinne trieb das Forschungsprojekt InnoGema die Portalentwicklung voran. Zunächst sollte ein Pflichtenheft erstellt werden, in dem die Funktionalitäten des Portals aufgeführt wurden. Mit dem Einrichten diverser Funktionalitäten sollte erreicht werden, den administrativen Aufwand für das Netzwerk InnoGema zu minimieren und die Kommunikation zwischen den Gesundheitsanbietern, den Unternehmern und dem Netzwerkmanagement zu verbessern. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Erstellen eines Pflichtenheftes nicht allein innerhalb des Forschungsteams realisierbar war. Es fehlten Sachkenntnisse, die für die Erstellung eines Pflichtenheftes von Nöten sind. Demnach wurde nach Hilfestellungen gesucht, um dieses Problem zu bewältigen. Es wurde ein studen-tischer Mitarbeiter aus dem Bereich der IT (Informationstechnologien) einge-stellt, der sich der Bearbeitung des Pflichtenheftes annahm. Jedoch reichten auch hier, die Kenntnisse nicht aus, um dieses Pflichtenheft zielführend zu bear-beiten. Im Rahmen weiterer Sitzungen mit Mitarbeitern des Forschungsprojek-tes, aber auch mit Mitarbeitern aus dem Rechenzentrum der HTW Berlin, wurde die Entscheidung getroffen, einen externen IT-Dienstleister mit der Erstellung des Pflichtenheftes zu beauftragen. Den Zuschlag erhielt eine erfahrene Firma aus dem Bereich der Informationstechnologien in Berlin. Dabei handelte es sich, um die Computer Manufaktur GmbH aus einer der Modellregionen des Forschungsprojektes, dem Erkelenzdamm. Hier wurde mit Hilfe von drei Workshops ein Pflichtenheft erarbeitet. An der Erstellung beteiligt waren der Geschäftsführer und ein Projektleiter der IT-Firma sowie die gesamte Forschungsgruppe. Bei dem Pflichtenheft handelt es sich um ein wichtiges Hilfsinstrument, welches klare Vorgaben für die Entwicklung des Portals aus

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technischer Sicht gibt. Auch soll es eine Hilfestellung bei der Beauftragung eines externen Dienstleisters bieten. Durch das Pflichtenheft ist genauestens aufgeschlüsselt, welche Module der zu beauftragende IT-Dienstleister umzusetzen hat. So kann die Portalentwicklung konkret und zeitsparend erfolgen.

1.3 Ergebnisse

Das Pflichtenheft umfasst mehrere Ausbaustufen. In der Ausbaustufe 1 soll die Internetpräsenz die benannten, Arbeitsprozesse des Netzwerkes in einem klei-neren Umfang online abbilden. Diese Ausbaustufe soll als Vorführ- und Testver-sion bis zum Ende November 2009 realisiert werden.

Die Systemlandschaft, gemäß Abbildung 26 sollen Gruppen, wie (1) InnoGema, (2) Gesundheitsanbieter, (3) Unternehmer und (4) Teilnehmer nutzen. So sollte das Netzwerkmanagement InnoGema über die Plattform einen umfassenden Administratorzugriff erhalten. Umfassend heißt, dass InnoGema die Rechte erhält, Befragungen zur thematischen Sensibilisierung und zur Bedarfsermittlung der Unternehmen ins System einzustellen, zu verwalten und die Ergebnisse zur Auswertung exportieren zu können. Auch verfügt die Nutzergruppe (1) über einen Zugriff auf alle Nutzungsstatistiken. Des Weiteren, erhalten die Mitarbeiter des Netzwerkmanagements die Option, Angebote zu erstellen und Empfehlungen zu Veranstaltungen, wie z.B. Themenabenden oder Jahrestagungen, zu geben.

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Abb. 26: Systemlandschaft InnoGema Stufe 1

Ähnliche Funktionalitäten kann der Gesundheitsdienstleister nutzen. Er erhält demnach Administrator-Rechte für die Einstellung und die Verwaltung seiner Präventionsleistungen. Auch kann er sich im Rahmen eines Forums mit anderen Gesundheitsanbietern über die Bedarfe von Unternehmen austauschen und daraufhin bedarfsgerechte Präventionsangebote entwickeln. Im Weiteren wird es ihm möglich sein, die Leistungen seines Unternehmens auf individuellen Portal-seiten vorzustellen. Über diese kann er zudem auf seine Veranstaltungen und Kurse aufmerksam machen. Dafür kann er das Persönliche Nachrichtensystem verwenden. Einsehbar für ihn sind zudem Interessensbekundungen und Bu-chungen seiner Präventionsleistungen. Unternehmen (3), die sich entscheiden das Portal zu nutzen, können an einer individuellen Online-Umfrage teilnehmen, die sie für das Themengebiet der Betrieblichen Gesundheitsförderung sensibili-siert oder deren Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen ermittelt. Darüber hin-aus können sie ihre eigenen Ergebnisse verwalten, Gesundheitsdienstleistungen buchen und Interesse an Angeboten bekunden, die noch nicht buchbar sind. Ähnlich wie bei der Nutzergruppe (3) können Teilnehmer (4) präventive Leis-tungen über das System buchen und Interesse an speziellen Angeboten bekun-den. Des Weiteren obliegt ihnen die Möglichkeit, die gesamten Termine in einem allgemeinen InnoGema-Kalender einzusehen. Auch ist das Portal schon in der Ausbaustufe 1 überregional auszurichten. Das bedeutet, dass auch Anwender wie Unternehmen oder Einzelpersonen, die nicht nur in Berlin und Brandenburg sondern auch in anderen Bundesländern ansässig sind, das System nutzen und Kurse in deren regionalem Umfeld buchen können.

Zu einer weiteren Besonderheit des Systems zählt die Knowledge Base bzw. die Wissensdatenbank. Diese soll den Nutzern der Plattform umfangreiches Wissen zur Gesundheitsförderung zugänglich machen. Geplant ist zudem, den Nutzern in regelmäßigen Abständen kategorisierte Newsletter zuzusenden.

Zukünftig sollen weitere Ausbaustufen realisiert werden, die in erster Linie dazu dienen sollen, den administrativen Arbeitsaufwand, insbesondere für InnoGema, aber auch für die Gesundheitsdienstleister und die teilnehmenden Unternehmen zu minimieren. Demnach sollen zusätzliche Funktionen dabei unterstützen, alle interaktiven Prozesse in Zukunft auf der Plattform stattfinden zu lassen. Eine Erweiterung soll sein, dass Teilnehmer in einem eigenen Kalender ihre Termine verwalten können. Das bedeutet, dass ihnen der funktionelle Rahmen gegeben wird, sich für Termine an- und abzumelden. Auch werden Wartelisten eingeführt, die die Anmeldungen von Teilnehmern für Termine registrieren, die bereits aus-

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gebucht sind. Sagt ein Teilnehmer ab, wird er über das System automatisch be-nachrichtigt, dass er an der Veranstaltung bzw. an dem Kurs teilnehmen kann. Auch sollen Kursteilnehmer mit der Ausgestaltung der nächsten Ausbaustufen, die Möglichkeit erhalten, Präventionsleistungen zu bewerten. Diese Bewertung wird dann im Buchungskatalog bzw. bei dem jeweiligen Gesundheitsanbieter offen bekannt gegeben. Weiterhin sollen im Rahmen des Anbieterforums weitere Funktionen bereitgestellt werden. Es soll erreicht werden, dass ausschließlich ein Hauptanbieter- in Vertretung für weitere Unteranbieter- als Vertragspartner ge-genüber dem Unternehmen auftritt. Dabei soll das System dem Hauptanbieter ermöglichen die Erstellung des Angebots zwischen den Unteranbietern zu koor-dinieren und einen Vertrag für das gemeinschaftliche Angebot zu generieren. Zudem ist für die Zukunft geplant, die Knowledge Base bzw. die Wissensdaten-bank auszubauen und mit unterschiedlichen Zugriffsrechten zu versehen. Dabei soll die Nutzung ausgewählter Bereiche kostenpflichtig werden.

1.4 Konsequenzen für die Projektarbeit

Zukünftig soll das Internetportal darauf ausgerichtet sein, bestehende und neue Netzwerkpartnerschaften regional aber auch überregional aufzubauen. So sollen sich langfristig auf der Plattform Nutzer, wie kleine- und mittlere Unternehmer finden, die der Betrieblichen Gesundheitsförderung offen gegenüber stehen und dessen Einführung als wirtschaftlich entscheidend für ihr Unternehmen ansehen. Denn gerade bei KMU, sind die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter bei der Arbeit ausschlaggebend für deren langfristige wirtschaftliche Leistungsfä-higkeit (vgl. Meggenedder, O. et al., 2005, S. 11). Als Hilfestellungen herange-zogen werden können dafür auch die Forschungsergebnisse und das Praxishandbuch des Projektes, die im Rahmen der Wissensdatenbank veröffent-licht werden. Auch die Gesundheitsanbieter des Netzwerkes und außenstehende Dienstleister sollen in dem System einen Mehrwert erkennen. So ergibt sich für die Gesundheitsanbieter die Möglichkeit, ihre Präventionsleistungen über das neue Kommunikationsinstrument zu verbreiten und sich so einem neuen Markt zu öffnen. Zielgruppe dieses Marktes können interessierte Unternehmer oder gesundheitsbewusste Einzelpersonen sein. Zudem kann sich der Anbieter mit anderen Dienstleistern in einem Forum austauschen und in einem offenen Pro-zess Anregungen für die Weiterentwicklung seiner Gesundheitsangebote erhal-ten. Somit können Anbieter, die das Portal nutzen, anderen Anbietern, die auf dem Gesundheitsmarkt allein agieren, im Entwicklungsprozess einen Schritt vo-raus sein und sich mit innovativen Lösungsansätzen optimal auf die Marktbedin-gungen einstellen.

Das Internetportal kann als ein innovatives Kommunikationsmittel angesehen werden, welches das Netzwerk dabei unterstützt, stetig innovative Präventions-leistungen anzubieten, altbewährte Partnerschaften zu festigen und neue -vor-rangig auch überregionale- Netzwerkpartnerschaften zu initiieren.

Literatur

Meggenedder, O.; Pelster, K.; Sochert, R.: Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen. Verlag Hans Huber, Hogrefe AG: Bern 2005.

Simon, D.; Heger, G.: Kundenintegration bei der Entwicklung innovativer Di-enstleistungen zur betrieblichen Gesundheitsprävention. 2008, In: Henning, K.; Leisten, I.; Hees, F.: Innovationsfähigkeit stärken- Wettbewerbsfähigkeit erhal-

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ten. Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz als Treiber. Tagungsband zur 2. Jahrestagung des BMBF- Förderschwerpunkts. Wissenschaftsverlag Mainz: Aa-chen 2009.

Zerfaß, A.; Boelter, A.: Die neuen Meinungsmacher. Weblogs als Herausforde-rung für Kampagnen, Marketing, PR und Medien. Nausner & Nausner: Graz 2005.

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Innovatives Gesundheitsmanagement im kleinbetrieblichen Setting

Werkstattbericht zur Umsetzung eines Kooperationsmodells

herausgegeben von:

Prof. Dr. Dieta Simon, Prof. Dr. Günther Heger und Dr. Sabine Reszies

im Rahmen der Schriftenreihe htw-transfer, dort Herausgeber der Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Erscheinungstermin: April 2010

ISBN-13: 978-3-86262-000-5