Wertanalyse

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Seminararbeit über das Thema Wertanalyse eingereicht am Institut für Innovations- und Umweltmanagement der Universität Graz bei Dipl.-Ing. Dr. Stefan Vorbach von Thomas Rudt 8010 Graz, Plüddemanngasse 69/29 Graz, am 14.12.2005

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Begriffserklaerung und Beschreibung der Wertanalyse, Methode um die Produktion zu untersuchen.

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Seminararbeit

über das Thema

Wertanalyse

eingereicht am Institut für Innovations- und Umweltmanagement der Universität Graz bei Dipl.-Ing. Dr. Stefan Vorbach

von Thomas Rudt 8010 Graz, Plüddemanngasse 69/29

Graz, am 14.12.2005

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Inhaltsverzeichnis 1. Entwicklung der Wertanalyse 2 2. Zentrale Begriffe der Wertanalyse 3 2.1. Begriff „Wert“ 3 2.2. Begriff „Funktion“ 4 3. Die Systematik der Wertanalyse 4 4. Fazit 6

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1. Entwicklung der Wertanalyse Nach dem zweiten Weltkrieg bestand für die amerikanische Industrie die Notwendigkeit Produktionsengpässe und vor allem Materialknappheiten durch Innovationen auszugleichen. Es wurde festgestellt, dass durch Materialknappheiten verursachte zwangsläufige Änderungen oft einen positiven Einfluss auf die Qualität der Produkte hatten. Gleichzeitig mit diesem Effekt ergaben sich auch Kostenvorteile. Dieser Effekt war der Anlass darüber nachzudenken, wie man mit gezielten Maßnahmen Produkte verbessern könnte um dem Kunden einen besseren Wert anzubieten.1 Ausgehend von diesen Erkenntnissen beschäftigte im Jahre 1947 Lawrence D. Miles, Chefeinkäufer der General Electric Company mit der Entwicklung eines Konzepts mit dem man gezielt den Wert eines Produkts verbessern könnte. Nach fünf Jahren Forschung und Entwicklung war eine neue Methode zur Kostensenkung entstanden, die Miles als „Value Analysis“ bezeichnete. Miles griff dabei nur auf damals bereits bekannte methodische Elemente wie Teamarbeit, Analysetechniken und Ideenfindungskonzepte zurück und verband diese mit einem einfachen Arbeitsplan. Nach Lawrence D. Miles ist die Wertanalyse folgendermaßen definiert: „Die Wertanalyse ist eine organisierte Anstrengung, die Funktionen eines Produkts für die niedrigsten Kosten zu erstellen, ohne dass die (erforderliche) Qualität, Zuverlässigkeit und Marktfähigkeit des Produkts negativ beeinflusst werden.“2

Anfangs wurde die Wertanalyse nur auf Produkte der laufenden Fertigung angewandt. Später wurde die Methodik auch für neue, erst zu entwickelnde Produkte verwendet. Dieser Vorgang wurde als „Value Engineering“ bezeichnet. In der deutschen Sprache wird für beide Begriffe das Wort Wertanalyse verwendet. Durch den Einsatz der Wertanalyse in der Planungs- und Entwicklungsphase ergaben sich noch größere Ersparungs- und Verbesserungspotenziale. Eine Hauptaufgabe der Wertanalyse ist die Kostensenkung. Das eigentliche Ziel ist aber erst dann erreicht, wenn nicht notwendige Kosten rechtzeitig erkannt werden und diese daher gar nicht erst entstehen können.3 Konventionelle Kostensenkungsmaßnahmen beziehen sich auf die Form und die Beschaffenheit eines Produkts. Die Wertanalyse geht von den Funktionen des Produkts aus. Es werden dabei die Gestalt, Form und das Material des Produkts überhaupt nicht betrachtet, sondern die Beweggründe, denen das Produkt seine Existenz oder Entstehung verdankt, als Funktionen ausgedrückt. Diese Loslösung vom eigentlichen Produkt ist der wichtigste Schritt im wertanalytischen Prozess. Die Wertanalyse wird heute in allen Branchen der Wirtschaft angewendet. Der Einsatzbereich erstreckt sich auf Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Abläufe sowohl hinsichtlich ihrer Produktion, Konstruktion sowie der Entwicklung. 1 Vgl. Hoffmann (1979), S. 131 2 Hoffmann (1979), S. 11 3 Vgl. Demmer (1969), S. 47.

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Entscheidend für den Erfolg der Wertanalyse ist das vom Produkt losgelöste Denken in Wert und Funktionen. 2. Zentrale Begriffe der Wertanalyse 2.1. Begriff „Wert“ Es gibt viele Theorien den Begriff „Wert“ zu definieren. Aus diesen Ansätzen lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten. Der Wert ist relativ, er ist nicht Eigenschaft einer Sache, Wert kann nur im Vergleich gemessen werden und er stellt eine relative Größe dar zwischen dem was man haben möchte und dem was man dafür geben will.4 Wert bedeutet also für jeden etwas anderes. Trotz dieses dehnbaren Begriffes steht der Wert als ein zentraler Punkt im Interesse der Wertanalyse. In der Wertanalyse unterscheidet man vier Arten von Wert, den Tauschwert, den Kostenwert, den Prestigewert sowie den Gebrauchswert. Hauptsächlich von Bedeutung sind die beiden Werte Gebrauchswert und Prestigewert. Der Tauschwert bezieht sich auf die Eigenschaften eines Gegenstands, die den Austausch gegen einen anderen ermöglichen.5 So entspricht er ungefähr dem Preis eines Gegenstands. Der Tauschwert von Gegenständen wie Gold ist relativ stabil, der von Kunstgegenständen kann sehr stark differieren und hängt von vielen Faktoren ab. Der Kostenwert stellt die Summe aller für die Herstellung eines Gegenstands oder einer Dienstleistung verwendeten Mittel wie Arbeitskraft und Rohstoffe dar. Die Bereitschaft von Menschen für einen Gegenstand mehr zu zahlen, wenn auch die Kosten höher sind, ist grundsätzlich gegeben. Als Beispiel hierfür soll der Vergleich zwischen einem Zündholz und einem Gasfeuerzeug dienen. Es gibt aber auch Gegenstände, bei denen der Preisunterschied nicht allein durch den Kostenwert erklärt werden kann. Ein Beispiel aus der Automobilindustrie soll dies veranschaulichen. Wenn man einen VW Golf mit seinem Konzernbruder Audi A3 vergleicht, beide Fahrzeuge mit derselben Motorisierung und denselben Ausstattungsmerkmalen versieht, ergibt sich ein deutlicher Preisunterschied, obwohl es sich bis auf Designunterschiede um identische Produkte handelt. Der Unterschied wird durch den Prestigewert erklärt. Der Prestigewert eines Produkts bezieht sich auf dessen Eigenschaften wir Attraktivität, Schönheit, Bequemlichkeit oder Begehrlichkeit. Der Prestigewert ist heute von hoher Bedeutung und ist für die Vermarktbarkeit von Produkten bedeutsam. Der Gebrauchswert ist die Summe aller Mittel, die aufgewendet werden müssen, damit ein Produkt seinen angestrebten Zweck erfüllt.6 Nach Lawrence D. Miles ist der Wert der niedrigste Preis, der für die Erfüllung einer Funktion bezahlt werden muss.

4 Vgl. Hoffmann (1979), S. 20 5 Vgl. Hoffmann (1979), S. 20 6 Vgl. Hoffmann (1979), S. 22

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Wert bedeutet daher das Minimum an Kosten eines Produktes, damit dessen Gebrauchs- und Prestigefunktionen zuverlässig erfüllt werden können. 2.2. Begriff „Funktion“ Der zweite zentrale Begriff der Wertanalyse ist die Funktion eines Produkts. Die Funktionen eines Produkts sind alle Merkmale, Eigenschaften, Details, Bestandteile und Spezifikationen um zu funktionieren um es verkaufbar zu machen. Die Funktion einer Uhr ist es die Zeit anzuzeigen. Die klassische Uhr hat viele Einzelteile und ist kompliziert aufgebaut und aufwändig herzustellen. Könnte man die Funktion der Uhr nicht mit anderen Mitteln ohne Zeiger und Zahnräder erreichen? Wäre dieses Ziel nicht auch zu wesentlich niedrigeren Kosten zu erreichen? Funktionen werden in zwei Worten beschrieben, einem Haupt- und einem Zeitwort. Beispiele hierfür sind Gewicht tragen, Strom leiten oder Kraft übertragen. Zur weiteren Analyse werden die Funktionen in drei Arten aufgeteilt: die Hauptfunktionen, die Nebenfunktionen sowie die unnötigen Funktionen.7 Hauptfunktionen sind die technischen Eigenschaften eines Produkts, die unbedingt erforderlich sind um die Funktion des Produkts sicherzustellen. Unter Nebenfunktionen sind alle Merkmale und Eigenschaften zu verstehen, die sich auf das Aussehen, die Form, die Handlichkeit oder das Prestige des Produktes beziehen. Nebenfunktionen dienen der Unterstützung der Hauptfunktionen des Produkts. Unnötige Funktionen tragen nichts dazu bei, dass das Produkt besser funktioniert, es zuverlässiger ist oder sich besser verkaufen lässt. Auch bei relativ einfachen Produkten wie einem Feuerzeug lassen sich eine Reihe von Haupt- und Nebenfunktionen ermitteln. 3. Die Systematik der Wertanalyse Die Wertanalyse stellt eine systematische Arbeitsweise dar mit deren Hilfe die Funktionen eines Produkts oder einer Dienstleistung zu den niedrigsten Kosten erstellt werden sollen. Das Vorgehen erfolgt in einzelnen Phasen, die sich wie folgt aufgliedern:

1. Informationsphase 2. Schöpferische Phase 3. Bewertungsphase 4. Planungsphase 5. Vorschlagsphase

Grundlage für die Wertanalyse ist ein Auftrag der Geschäftsleitung ein Produkt oder eine Dienstleistung einer wertanalytischen Untersuchung zu unterziehen. Anschließend wird ein Team gebildet, welches das geplante Projekt in Angriff nimmt.

7 Vgl. Hoffmann (1979), S. 32 ff

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Die Mitglieder sollen aus allen Abteilungen des Unternehmens kommen und sie sollten eine gute technische und praktische Ausbildung haben. Reichliche Erfahrung der Teammitglieder ist ebenfalls erforderlich, da nur so eine breite Wissensbasis gegeben ist. In der Informationsphase werden Informationen aus allen Bereichen des Unternehmens gesammelt und geordnet. Folgende Daten sollten dabei erfasst werden:8

• Informationen über Konkurrenzprodukte • Informationen über Kundenanforderungen und Kundenwünsche • Technische und konstruktive Informationen • Zeichnungen, Stücklisten, Spezifikationen • Prüfvorschriften, Prüfverfahren • Alle die Produktion betreffenden Informationen • Dokumentation sämtlicher eingekaufter Materialien und Dienstleistungen • Preisinformationen über die Einkäufe • Vollständige und genaue Kosteninformation

Nach der Erfassung werden all diese Daten systematisiert und analysiert. Danach folgt die Phase der Funktionsanalyse als ein zentraler Bestandteil des gesamten Wertanalyseprozesses. Anschließend erfolgt die Kostenanalyse, wobei eines der dabei angewandten Verfahren die ABC-Analyse ist. In der schöpferischen Phase müssen zu den ermittelten funktionellen Anforderungen möglichst viele Alternativen entwickelt werden. Besonders wichtig ist es, sich vom Produkt völlig loszulösen und sich auf die festgelegten Funktionen zu konzentrieren. Nur so können Innovationen hervorgebracht werden. Kreativität wird zum zentralen Begriff in dieser Phase. Zur Anwendung kommen dabei sowohl intuitive wie auch analytische Methoden. Die intuitive Methode des Brainstorming kommt dabei oft zur Anwendung ebenso wie die Bionik. Das Ziel ist es möglichst viele Ideen hervorzubringen. Um die Kreativität nicht einzuschränken, erfolgt keine Bewertung der möglichen Alternativen bezüglich ihrer praktischen Anwendbarkeit. In der Bewertungsphase werden Ideen, die in Hinblick auf ihre Weiterentwicklung erfolgversprechend sind, weiterentwickelt. Anschließend erfolgt die Bewertung in finanzieller Hinsicht. Alle Ideen, die technisch und kostenmäßig brauchbar sind, werden einer Endbewertung unterzogen. Da in dieser Phase Grundlagen für Entscheidungen der Geschäftsleitung erarbeitet werden, ist diese besonders kritisch und die Arbeiten müssen äußerst gewissenhaft durchgeführt werden. Die in der Bewertungsphase in Betracht gezogenen Vorschläge müssen schriftlich dokumentiert werden. Die Aufstellung eines Fortschritt-Arbeitsplans ist von Vorteil. Am besten eignet sich dafür ein Netzplan. Die Präsentation der Vorschläge in der letzten Phase dieses Prozesses ist professionell vorzubereiten. Auch hier muss in der richtigen Art und Weise etwas verkauft werden um die Geschäftsleitung dazu zu motivieren einen Vorschlag zu akzeptieren, der dann in die Realität umzusetzen ist. 8 Vgl. Hoffmann (1979), S. 43 f.

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Abschließend soll der Ablauf des Wertanalyseprozesses an einer heute eingesetzten Norm dargestellt werden. Die DIN 69910 regelt die Vorgehensweise bei der Wertanalyse. Das Vorgehen erfolgt in sechs Arbeitsschritten, die wiederum jeweils mehrere Teilschritte enthalten.9

Grundschritt Teilschritt 1 Vorbereitende Maßnahmen 1.1 Auswählen des Wertanalyse-Objekts

und Stellen der Aufgabe 1.2 Festlegen des quantifizierten Ziels 1.3 Bilden der Arbeitsgruppen 1.4 Planen des Ablaufs 2 Ermitteln des Ist-Zustands 2.1 Informationsbeschaffung und Be-

schreibung des Wertanalyse-Objekts 2.2 Beschreiben der Funktion 2.3 Ermitteln der Funktionskosten 3 Prüfen des Ist-Zustands 3.1 Prüfen der Funktionserfüllung 3.2 Prüfen der Kosten 4 Ermitteln der Lösungen 4.1. Suchen nach allen denkbaren Lösungen5 Prüfen der Lösungen 5.1 Prüfen der sachlichen Durchführbarkeit 5.2 Prüfen der Wirtschaftlichkeit 6 Vorschlag und Verwirklichung einer Lösung 6.1 Auswählen der Lösungen 6.2 Empfehlen einer Lösung 6.3 Verwirklichung einer Lösung

Abbildung: Wertanalyse-Arbeitsplan nach DIN 69910 4. Fazit Die Wertanalyse hat durch ihr Denken in Wert und Funktionen in den vergangenen Jahrzehnten praktische Anwendung in vielen Bereichen der Wirtschaft erfahren. Massive Kosteneinsparungen waren die Folge. Allerdings erfordert die Wertanalyse auch den Einsatz qualifizierter Mitarbeiter und eines gut geschulten Teamleiters. Auch die Unterstützung durch die oberste Führungsetage ist für einen erfolgreichen Einsatz Voraussetzung. 9 Vgl. Vorbach (2003), in: Strebel, S. 329

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Literaturverzeichnis Demmer (1969) Demmer, Karl Hans: Aufgaben und Praxis der Wertanalyse, München, 1969 Hoffmann (1979) Hoffmann, Heinz: Wertanalyse, Ein Weg zur Erschließung neuer Rationalisierungsquellen, Berlin, 1979 Vorbach (2003) Vorbach, Stefan: Instrumente in der Produkt- und Prozessentwicklung, in: Strebel, Heinz (Hrsg.): Innovations- und Technologiemanagement, Wien, 2003, S. 325-345

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