West-Ost-Journal 4_2012

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1 KAPITEL/ RUBRIK THEMA TITEL WOJ 18. JG. - 4/2012 OKTOBER/NOVEMBER/DEZEMBER 2012 ISSN 0947-5273 Im Frühjahr 1893 besprach Franz Mehring in »Die Neue Zeit« Gerhart Hauptmanns Theaterdichtung »Die Weber«. Das Stück war am 26. Feb- ruar 1893 von der Berliner »Freien Bühne« erstmals gespielt worden; die Aufführung war allerdings nur möglich in Form einer »geschlossenen Veran- staltung«, nicht zugänglich für das all- gemeine Publikum. Die »Freie Bühne« war der Rechtsform nach ein Verein; .... SEITE 03 03 LESUNG Grenzen in Europa. Diese brachten prägende Erfahrungen für viele Ge- nerationen und Völker mit sich. Die Überwindung von Grenzen bedeutet Weiterentwicklung und ist ein länger währender Vorgang. Er besteht aus einem Geflecht von Aktionen, Begeg- nungen, Diskussionen, Gesprächen und Handlungen. Vor der Grenze zu verharren, bedeutet Stillstand und ver- hindert Entwicklungen. SEITE 09 09 SYMPOSIUM Als Carl Zuckmayer Ende Dezember 1896 geboren wurde, war Gerhart Hauptmann als 34-Jähriger bereits ein arrivierter Dichter. Die skandalträch- tigen Uraufführungen von »Vor Son- nenaufgang« (1889) und »Die We- ber« (1893/94) lagen hinter ihm, der heftige Meinungsstreit über Wert oder Unwert der »naturalistischen« Theaterdichtung Hauptmanns, der auch in diversen Gerichtsverfahren ausgetragen worden war, ... SEITE 17 17 VORTRAG Zum 150. Geburtstag und dem 100. Jahrestag der Nobelpreisverleihung an Gerhart Hauptmann WEST-OST-JOURNAL 4 2012 OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER WWW.GERHART-HAUPTMANN-HAUS.DE

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Programmzeitschrift der Stiftung Gerhart-Hauptmann-haus

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Im Frühjahr 1893 besprach Franz Mehring in »Die Neue Zeit« Gerhart Hauptmanns Theaterdichtung »Die Weber«. Das Stück war am 26. Feb-ruar 1893 von der Berliner »Freien Bühne« erstmals gespielt worden; die Aufführung war allerdings nur möglich in Form einer »geschlossenen Veran-staltung«, nicht zugänglich für das all-gemeine Publikum. Die »Freie Bühne« war der Rechtsform nach ein Verein; ....

SeIte 03

03 LEsUng

Grenzen in Europa. Diese brachten prägende Erfahrungen für viele Ge-nerationen und Völker mit sich. Die Überwindung von Grenzen bedeutet Weiterentwicklung und ist ein länger währender Vorgang. Er besteht aus einem Geflecht von Aktionen, Begeg-nungen, Diskussionen, Gesprächen und Handlungen. Vor der Grenze zu verharren, bedeutet Stillstand und ver-hindert Entwicklungen.

SeIte 09

09 symPosIUm

Als Carl Zuckmayer Ende Dezember 1896 geboren wurde, war Gerhart Hauptmann als 34-Jähriger bereits ein arrivierter Dichter. Die skandalträch-tigen Uraufführungen von »Vor Son-nenaufgang« (1889) und »Die We-ber« (1893/94) lagen hinter ihm, der heftige Meinungsstreit über Wert oder Unwert der »naturalistischen« Theaterdichtung Hauptmanns, der auch in diversen Gerichtsverfahren ausgetragen worden war, ... SeIte 17

17 VoRTRAg

Zum 150. Geburtstag und dem 100. Jahrestag der Nobelpreisverleihung an Gerhart Hauptmann

WEsT-osT-JoURnAL 4 2012 OkTObEr NOvEMbErDEzEMbEr

WWW.gerhart-hauptmaNN-hauS.De

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Liebe Leserinnenund Leser,

02 EdIToRIAL

Inhalt3 Er gEHörT iNNErlicH zu uNs. gErHArT HAupTMANN – EiN pOliTiscHEr DicHTEr? DrEi MOMENT-AufNAHMEN

06 MiTTENDriN AM rAND. MicHAEl zEllEr liEsT sEiNE ErzäH-luNg »DEr scHülEr sTruwE«

07 vOM scHlAgbAuM zur grEN-zE. DiE DEuTscH-pOlNiscHE grENzE iM 20. JAHrHuNDErT

08 iTzig MANgEr - DEr priNz DEr JiDDiscHEN bAllADE

09 EiNE kulTurHisTOriscHE sTuDiENrEisE 22.4. - 29.4.2013

10 vErlEiHuNg DEs ANDrEAs grypHius-prEisEs

11 köNig friEDricH ii. vON prEussEN uND pOlEN

13-16 kONTrApuNkT

17 DEMOkrATiEfEiNDscHAfT vON rEcHTs uND DEr uNTErgANg DEr wEiMArEr rEpublik - iN EriNNE-ruNg AN DEN 90. TODEsTAg wAlTHEr rATHENAus

18 scHülErExkursiON NAcH scHlEsiEN

19 »Er isT DEr lETzTE, DEN wir, OHNE uNs DEs wOrTEs zu vErDriEssEN, EiNEN DicHTErfürsTEN NENNEN DürfEN.« zur NAcHwirkuNg gErHArT HAupTMANNs Auf fOlgENDE AuTO-rENgENErATiONEN

20 ägypTEr bis zwANgsAssi-MiliTATiON. DAs »lExikON DEr vEr-TrEibuNgEN« – EiN MEilENsTEiN zur gEscHicHTE DEs »zEiTAlTErs DEr ExTrEME«

21 »AucH Nur DAs ErsTE viEr-TElJAHrHuNDErT MEiNEs lEbENs iM siNNE DEr kuNsT AuszuwErTEN, wAr Mir EiNE uNMöglicHkEiT.«

22 EiN AussErgEwöHNlicHEr EurOpäEr. zuM ErsTEN TODEsTAg vON Jiři Gruša (1938-2011)

23 vON HEiMwEH, gEbrOcHE-NEM DEuTscH uND sElbsTEiNwANDE-ruNg

23 DiE lEgENDE vOM viErTEN köNig

23 ErbE wEiTErgEbEN

24 wEiHNAcHTlicHEr AbscHiED vOM gEDENkJAHr zuM 300. gEburTs-TAg köNig friEDricHs ii. vON prEu-ssEN MiT liTErATur uND Musik

mit dem letzten Quartal geht das be-deutsame Gedenkjahr 2012 seinem Ende entgegen. In Anbetracht des 150. Geburtstages unseres Namenspatrons am 15. November und des 100. Jahres-tages der Verleihung des Literaturno-belpreises an den großen schlesischen Dichter am 10. Dezember 2012 steht Gerhart Hauptmann im Vordergrund des Programms. In seinem langen Le-ben hat Hauptmann zwischen 1862 und 1946 nicht allein mehrere epochale Umbrüche in der kulturellen Entwick-lung miterlebt und (zumindest teilwei-se) mitgestaltet, sondern er hat auch in fünf sehr unterschiedlichen politischen Perioden gelebt. Als er im November 1862 geboren wurde, gehörte seine Heimatprovinz Schlesien zum preu-ßischen Staat und dieser zum Deut-schen Bund. Eine große politische Wei-chenstellung war allerdings im Gange, denn nur wenige Wochen zuvor, am 23. September 1862, hatte König Wil-helm I. Otto von Bismarck zum neuen preußischen Ministerpräsidenten be-rufen. Bismarck hatte seine berühmte »Blut und Eisen«-Rede schon gehal-ten (30. September 1862) und sollte in den kommenden Jahren die politische Landschaft Deutschlands und Euro-pas umgestalten. Gerhart Hauptmann war noch keine zehn Jahre alt, als die Reichsgründung von 1871 vonstatten-ging – nunmehr lebte er im Deutschen Reich. Als Bismarck im Frühjahr 1890 abtreten mußte, war Hauptmann schon ein junger, durch sein Drama »Vor Son-nenaufgang« bekannt gewordener Dra-matiker. Wilhelm II., der letzte König von Preußen und deutsche Kaiser, war kein Freund von Hauptmanns Dich-tungen. Als der letzte Hohenzollern-Herrscher 1918 abdanken mußte und die erste deutsche Republik gegründet wurde, avancierte der Nobelpreisträger Hauptmann rasch zu deren kulturel-lem Aushängeschild. Als solches hätten gerne auch die NS-Machthaber Haupt-mann nach 1933 für sich instrumenta-lisiert, freilich blieb das wechselseitige Verhältnis ausgesprochen zwiespältig. Und als Gerhart Hauptmann am 6. Juni 1946 hochbetagt in seinem Refugium in Agnetendorf am Rande des Riesen-gebirges starb, war das Deutsche Reich im selbstverschuldeten Krieg unterge-gangen und seine schlesische Heimat faktisch bereits dem polnischen Staats-gebiet zugeschlagen.

Neben dem gewaltigen historischen Gehalt dieses Lebens steht natürlich der künstlerische. Diesen hier auch nur zu umreißen ist unmöglich; es mögen zwei Hinweise genügen: Zwei Tage vor Gerhart Hauptmanns Geburt verstarb Ludwig Uhland. Kurz vor der Französischen Revolution geboren (1787), gehörte Uhland zur romanti-schen Dichtergeneration um Joseph von Eichendorff (1788-1857) und an-dere. Um die Zeit als Hauptmann starb, begann Wolfgang Borchert an seinem Drama »Draußen vor der Tür« zu ar-beiten, ein Stück, das einer der größten Erfolge der Nachkriegsbühnendich-tung in Deutschland werden sollte. So weit ist die literarische Spannbreite in Hauptmanns Lebenszeit gesteckt.Ein Dichterleben also, das allemal Stoff genug für eine facettenreiche Auseinan-dersetzung bereithält. Wir machen zu dieser Auseinandersetzung in unserem Programm verschiedene Angebote, bei denen über Hauptmann gesprochen wird, bei denen er natürlich aber auch selbst durch Lesungen zu Wort kommt.Die andere große geschichtsmächtige Gestalt, der wir in diesem Jahr beson-dere Aufmerksamkeit gewidmet haben, ist der preußische König Friedrich II. Dessen 300. Geburtstag war im Janu-ar 2012 Ausgangspunkt einer Veran-staltungsreihe, die nunmehr schließt – zuguterletzt nach viel (Geschichts-)Wissenschaft klingend mit unserem besonderen Weihnachtskonzert am 14. Dezember. Über Hauptmann und Friedrich hinaus gibt es aber auch manch andere spannende Materie.Wir erwarten Sie also wieder zu einer Fülle von hochkarätigen Veranstaltun-gen – und natürlich auch wieder zu unserem alljährlichen Ostdeutschen Weihnachtmarkt. Wie immer am 2. Advent (9. Dezember 2012) bei uns im Gerhart-Hauptmann-Haus!HerzlichIhr

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3 LEsUng & gEsPRäch

lEsuNg uND gEspräcH MiT Dr. HAJO bucH uND pD Dr. wiNfriD HAlDEr

Er gehört innerlich zu uns. Gerhart Hauptmann – ein politischer Dichter? Drei Momentaufnahmen

FOrtSetzuNg auF SeIte 4

Momentaufnahme Nr. 1: Im Früh-jahr 1893 besprach Franz Mehring in »Die Neue Zeit« Gerhart Haupt-manns Theaterdichtung »Die Weber«. Das Stück war am 26. Februar 1893 von der Berliner »Freien Bühne« erstmals gespielt worden; die Auf-führung war aller-dings nur möglich in Form einer »geschlossenen Veran-staltung«, nicht zugänglich für das all-gemeine Publikum. Die »Freie Bühne« war der Rechtsform nach ein Verein; zu den vom Vereinsvorstand organisierten, in angemieteten Räumlichkeiten statt-findenden Darbietungen hatten nur Mitglieder Zutritt. Ein knappes Jahr zu-vor hatte das Berliner Polizeipräsidium eine Aufführung der ersten, im schle-sischen Dialekt ge-haltenen Fassung von Hauptmanns Stücks verboten. Auch die weitge-hend ins Hochdeut-sche übertragene zweite Fassung, die der Dichter gegen Jahresende 1892 beim Polizeipräsi-dium eingereicht hatte, erhielt keine A u f f ü h r u n g s g e -nehmigung. Gegen das erneute Verbot legte Hauptmanns Rechtsanwalt Ri-chard Grelling Be-schwerde beim zu-ständigen Berliner B e z i r k s a u s s c h u ß ein. Allerdings wurde das Verbot durch diesen am 14. März 1893 bestätigt. Daraufhin reichte Grelling dagegen beim Preußischen Oberverwaltungs-gericht Klage ein – das Verfahren sollte noch bis zum Oktober 1893 andauern, war also noch nicht abgeschlossen als Mehring seine Besprechung schrieb.Franz Mehring war nicht irgendein Re-zensent und »Die Neue Zeit« nicht irgendein Organ. Die Zeitschrift, 1883 mit dem Untertitel »Revue des geis-tigen und öffentlichen Lebens« ge-gründet, war zu dieser Zeit unter ihrem Herausgeber und Chefredakteur Karl Kautsky das wichtigste theoretische

mi, 07.11. 20.00 Uhr

veraNStaltuNgSOrt: StaDtbüchereIeN laNDeS-hauptStaDt DüSSelDOrF,

zeNtralbIblIOthek, bertha-vON-SuttNer-

platz 1

Organ der deutschen Sozialdemokratie. Beide, Mehring und Kautsky, gehörten zur intellektuellen Elite der Partei, die sich nach dem Ende des »Sozialisten-

gesetzes«, mit dem Reichskanzler Otto von Bismarck seit 1878 vergeblich versucht hatte, die sozialistische Ar-beiterbewegung zu zerschlagen, 1890

unter dem Namen SPD reorganisiert hatte. Kautsky, 1854 in Prag ge-boren, und der knapp acht Jahre ältere, aus dem pommernschen Schlawe stammende Mehring, waren eher untypische Sozial-demokraten: Aus bürgerlichen Elternhäusern kommend, hatten beide ein geisteswissenschaftliches Stu-dium absolviert und sich dann erst der

Soz ialdemokrat ie angeschlossen. Die SPD hatte bei der vorangegangenen Reichstagswahl im Februar 1890 (kurz vor dem förmlichen Ende des Sozialis-tengesetzes) ihren Anteil an den abge-gebenen Stimmen auf 19,7 % nicht ganz verdoppelt und entsandte 35 statt bisher 11 Ab-geordnete in den Reichstag.Mehring also, der für »Die Neue Zeit« das Feuille-ton schrieb, hatte sich Gerhart Haupt-

manns »Weber« vorgenommen. Er widersprach eingangs entschieden der Behauptung von Teilen der bürgerli-chen und konservativen Presse, bei den »Webern« handele es sich um ein »so-zialistisches Tendenzstück«. So einfach lägen die Dinge bei Hauptmann nicht. Allerdings wollte Mehring auch nicht der Auffassung einiger Verteidiger des jungen Dichters folgen, welche behaup-teten, das Stück sei über dem »Dampf und Dunst alles Parteipolitischen« in »reineren Höhen« angesiedelt. Nach Meinung Mehrings war das Stück eben doch ein politisches und zwar durch die Quellen, aus denen Hauptmann sein

dramatisches Material entlehnt hatte. Er verwies nachdrücklich darauf, dass Hauptmann eine bereits 1845 verfass-te Darstellung des Weberelends von Wilhelm Wolff verwendet hatte. Wolff, selbst 1809 im niederschlesischen Tar-nau unweit der späteren Zentren des Weberaufstands geboren, hatte wegen seiner demokratischen Gesinnung eine mehrjährige Festungshaft verbüßt und war später ein früher Mitstreiter von Karl Marx geworden. Wie Friedrich Engels war auch Wilhelm Wolff Mit-

arbeiter der 1848/49 in Köln von Marx herausgegebenen, dann jedoch schnell verbotenen »Neuen Rheinischen Zeitung« gewesen. Marx widmete dem schon 1864 verstorbenen Wolff den ersten Band seines zent-

ralen Werkes »Das Kapital« (1867). Franz Mehring wäre gewiß noch über-zeugter von der sozialdemokratischen Prägung von Hauptmanns Stück gewe-sen, hätte er gewußt, dass dieser nicht nur die Arbeit Wilhelm Wolffs gelesen hatte, sondern dass er sich darüber hi-naus der Kenntnisse Max Baginskis be-dient hatte. Baginski, zwei Jahre jünger als Hauptmann, stammte aus einem Schuhmacherhaushalt im ostpreußi-schen Bartenstein. Bereits als 18-jähri-ger Geselle hatte er sich der damals ver-botenen sozialdemokratischen Partei angeschlossen. 1891 hatte ihn die Par-tei mit der Redaktion der Zeitung »Der Proletarier aus dem Eulengebirge« be-auftragt – er leitete also das sozialdemo-kratische Organ im Gebiet des Weber-aufstands von 1844. Im Frühjahr 1891 hatte Baginski in Langenbielau Gerhart Hauptmann kennengelernt, der sich dort für seine Stoffrecherchen für das geplante Weber-Drama aufhielt. In der Folgezeit hat er Hauptmann als orts- und menschenkundiger Führer gedient. Franz Mehring konnte das nicht wissen, denn Baginski hat sich öffentlich dazu erst 1905 geäußert. Gleichwohl war Mehring davon überzeugt, dass Ger-hart Hauptmann bei der Abfassung der »Weber« »aus dem Born eines echten Sozialismus zu schöpfen verstanden hat, das stellt ihm ein ehrendes Zeugnis aus.«

Momentaufnahme Nr. 2: Am 9. Juni 1942 findet im Großen Saal der (alten) Berliner Philharmonie die ein-

FraNz mehrINg (SpD)

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4 LEsUng & gEsPRäch

FOrtSetzuNg vON SeIte 3

zige öffentliche Lesung Gerhart Haupt-manns während der nationalsozialis-tischen Diktatur statt. Sie ist Teil der »Berliner Kulturwochen«, deren Or-ganisation in den Händen von Gerhard Scherler liegt, hochrangiger Funktionär im Reichspropagandaministerium und zuvor selbst als Theaterregisseur tätig. Außer Hauptmann lesen vor dem Pu-blikum der Kulturwochen, das nach Scherlers Planung zur Hälfte aus ver-wundeten Soldaten und Rüstungsarbei-tern besteht, neben anderen auch der aus Bayern stammende Hans Carossa und die ostpreußische Dichterin Ag-nes Miegel. Scherler, der Hauptmann seit seiner Berliner Inszenierung von dessen Stück »Florian Geyer« im Jahre 1934 persönlich kennt, hatte den Dich-ter, der im November 1942 seinen 80. Geburtstag feiern wird, eigens in Agne-tendorf aufgesucht, um dessen Zusage zu erreichen. Parallel dazu laufen die Vorbereitungen zur 17-bändigen Werk-ausgabe Hauptmanns, die anläßlich des bevorstehenden runden Geburtstages erscheinen soll.Die Lesung in der Philharmonie gerät zum umjubelten Triumph Hauptmanns im vollbesetzten Saal. Am nächsten Tag liest Hauptmann noch einmal im vor-nehmen Hotel Adlon vor laufender Ka-mera. Am Abend des 10. Juni 1942 folgt ein, wiederum von Gerhard Scherler veranlaßter allerdings höchst exklusiver Programmpunkt: Gerhart Hauptmann ist mit seiner Frau bei Reichspropagan-daminister Joseph Goebbels und des-sen Frau zum Abendessen eingeladen. Das intime Diner findet in der luxuri-ösen Villa des Ehepaars Goebbels auf der Berliner Havel-Insel Schwanenwer-der statt. In einer der teuersten Berliner Wohngegenden hatte Goebbels 1935 ein Grundstück erworben – von einem jüdischen Voreigentümer, der gezwun-gen wurde, es weit unter Wert zu ver-kaufen. Mit seiner Ehefrau Magda, die aufgrund ihrer früheren Ehe mit dem Großindustriellen Günther Quandt einen mondänen Lebensstil gewohnt war, baute Goebbels dort seinen Pri-vatwohnsitz. Zu Gast waren an jenem Juni-Abend 1942 neben dem Ehepaar Hauptmann der gebürtige Düsseldor-fer Gustav Gründgens, Schauspielstar und Generalintendant des Preußischen Staatstheaters, die Schauspielerin Käthe Gold, die mit Gründgens beruflich eng verbunden war, der Schauspieler und Präsident der Reichstheaterkammer Paul Hartmann mit Frau sowie Gerhard Scherler ebenfalls mit Ehefrau.Der Abend im Hause Goebbels verlief offenkundig harmonisch. Der Propa-gandaminister, selbst studierter Litera-

turwissenschaftler, der 1921 in Heidel-berg von seinem jüdischen Doktorvater Max von Waldberg promoviert worden war, zog unmittelbar danach, eifriger Tagebuchschreiber der er war, Bilanz: Hauptmann sei »im persönlichen Um-gang sympathischer als aus der Entfer-nung gesehen.« Und weiter: »Dem Kriegsgeschehen steht er [Hauptmann] mit warmem Herzen und fast jugendli-cher Leidenschaftlichkeit gegenüber.«Zu dieser Zeit tobte, fast genau ein Jahr nach dem Angriff der Wehrmacht auf die Sowjetunion, auf der Krim die Schlacht um die Festung Sewasto-pol, bei der die deutsche Armee rund 27.000 Mann an Gefallenen, Verwun-

deten und Vermißten verlor. Wenige Wochen später begann der Angriff auf Stalingrad. Seit einem guten halben Jahr steht der NS-Staat auch mit den Verei-nigten Staaten von Amerika in einem von deutscher Seite erklärten Krieg: Die NS-Machthaber haben damit die Anti-Hitler-Koalition der Großmäch-te Großbritannien, Sowjetunion und USA selbst komplettiert. Das gewaltige militärische Potential der Nordameri-kaner hat schon im Ersten Weltkrieg seit dem Frühjahr 1917 die deutsche Niederlage endgültig unabwendbar ge-macht – dennoch glauben Hitler und seine Getreuen an den »Endsieg«. Und systematisieren zugleich den Massen-mord an den europäischen Juden. Die berüchtigte »Wannsee-Konferenz«, auf der unter Leitung von SS-Ober-gruppenführer Reinhard Heydrich entsprechende Schritte beschlossen wurden, hat am 20. Januar 1942 statt-gefunden – einen Steinwurf von der Goebbels’schen Prunkvilla entfernt.Goebbels fuhr in seinem Tagebuch fort: Zwar habe Hauptmann bisher einige Distanz gewahrt zum Kulturbe-

trieb im NS-Staat, nun aber solle sich das ändern. »Ich halte es deshalb für notwendig, dass man bei seinem hohen Lebensabend noch den Versuch macht, ihn für das nationalsozialistische Re-gime vollkommen zu gewinnen. Man braucht dazu nicht viel Mühe aufzu-wenden; denn er gehört innerlich zu uns […].«Goebbels bemühte sich also um den einen der beiden zu diesem Zeitpunkt noch lebenden deutschen Literaturno-belpreisträger (Theodor Mommsen, Rudolf Eucken und Paul Heyse waren längst verstorben). Und der andere? Thomas Mann, der Deutschland 1933 verlassen hatte und dem die NS-Behör-den 1938 die deutsche Staatsbürger-schaft aberkannt hatten, lebte seit 1939 in den Vereinigten Staaten von Ameri-ka. Von dort sandte er seit dem Oktober 1940 monatliche, stets mit »Deutsche Hörer!« beginnende Radiobotschaften an seine deutschen Landsleute, die über den britischen Sender BBC ausgestrahlt wurden. Sie trotz strikten Verbots an-zuhören, stellte nach Goebbelsscher Lesart ein »Rundfunkverbrechen« dar, das mit drakonischen Strafen bedroht wurde. Wenige Tage nach dem Besuch der Eheleute Hauptmann bei Goebbels sprach Thomas Mann in seiner Rund-funkbotschaft über den Massenmord von Lidice. In dem tschechischen Dorf unweit von Prag hatte die SS – als vor-gebliche Vergeltung für am 4. Juni 1942 an den Folgen eines Attentats verstor-benen Reinhard Heydrich, der neben seiner führenden Funktion im »Reichs-sicherheitshauptamt« (der Zentrale von politischer und rassischer Verfol-gung im NS-Staat) auch als stellvertre-tender »Reichsprotektor für Böhmen und Mähren« amtiert hatte – 172 Män-ner und Jungen ermordet, Frauen und Kinder verschleppt, die meisten auch in einen baldigen Tod. Geschehen war dies genau in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1942, als Gerhart Hauptmann in der Philharmonie las und tags dar-auf bei Propagandaminister Goebbels speiste. Thomas Mann kommentierte die (von Goebbels gesteuerte) Bericht-erstattung über Heydrichs Tod und die Folgen: »Seit dem gewaltsamen Tod des Heydrich, dem natürlichsten Tode also, den ein Bluthund wie er sterben kann, wütet überall der Terror krank-haft-hemmungsloser als je. Es ist absurd und läßt wieder einmal den Ekel hoch-steigen vor der Mischung aus Brutalität und kreischender Wehleidigkeit, die von jeher für das Nazitum kennzeich-nend war.«

Über die Manns (Thomas und seinen ebenfalls emigrierten Bruder Heinrich) wurde bei Goebbels am Abend des

JOSeph gOebbelS (NSDap)

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5 LEsUng & gEsPRäch

10. Juni 1942 auch gesprochen. Der schrieb in sein Tagebuch: »Über die Manns fällt er [Hauptmann] das denk-bar absprechendste Urteil.«

Momentaufnahme Nr. 3: In den ersten Oktobertagen des Jahres 1945 kam Johannes R. Becher nach Agneten-dorf und suchte Gerhart Hauptmann im »Haus Wiesenstein« auf. Leicht war die Fahrt für Becher bestimmt nicht: Er war von Berlin aus aufgebrochen, musste durch Brandenburg und Sach-sen nach Schlesien bis an den Rand des Riesengebirges fahren – durch ein vom Krieg verwüstetes Land, in dem erst seit fünf Monaten die Waffen schwiegen. Die schweren Kämpfe gegen die Rote Armee haben auf der ganzen Strecke Spuren hinterlassen, zerschossene und zerbombte Städte, die mühsam umfah-ren werden müssen, darunter das total vernichtete Dresden. Jeder Flussüber-gang ist heikel, da ungezählte Brücken gesprengt sind. Und Becher ist gegen die Bewegungsrichtung von Hundert-tausenden von Menschen unterwegs: Nach Osten, nach Schlesien, aus dem die verbliebene deutsche Bevölkerung, die noch nicht geflohen war, von den inzwischen eingerichteten polnischen Behörden oder auch »wild« von unor-ganisierten Gruppen gerade vertrieben wird.Ohne die Unterstützung der sowjeti-schen Sieger wäre so eine Reise ganz unmöglich gewesen. Becher hätte näm-lich sonst weder ein Auto noch Kraft-stoff zur Verfügung gehabt. Und wenn er sie trotzdem gehabt hätte, so wäre die Fahrt doch ohne »Propusk«, ohne Passierschein, am ersten Kontrollpunkt der Roten Armee zuende gewesen. Der Dichter Becher reiste also zum Dichter Hauptmann mit Billigung und Rücken-deckung der Besatzungsmacht.

Die beschwerliche Reise war Becher wichtig, sonst, das ist klar, hätte er sie gar nicht angetreten. Um nach Agnetendorf zu gelangen, verließ Becher zum ersten Mal seit er wieder in Deutschland war Berlin. Und er war erst seit dem 10. Juni 1945 wieder in Deutschland, in der bisherigen Reichshauptstadt – nach-dem er mehr als 12 Jahre in der Emi-gration zugebracht hatte. Johannes R. Becher war einer der ersten namhaften deutschen Schriftsteller, der aus dem Exil heimkehrte. Die meisten anderen mussten weitaus länger warten (vorerst erteilte keine der Besatzungsmächte Einreisegenehmigungen ins besetz-te Deutschland), oder sie kehrten gar nicht mehr zurück. Becher indes kam nicht einfach als Privatmann, der wie-der nach Hause wollte. Becher kam im Parteiauftrag und nur dies sicherte ihm

die Unterstützung der Sowjets.Der 1891 in einer gutbürgerlichen Ju-ristenfamilie in München geborene Jo-hannes R. Becher hatte frühzeitig eine wüste Jugendrevolte gegen die eigene Herkunft durchgemacht. Der Militär-dienst im Ersten Weltkrieg blieb ihm erspart, da sich der morphiumabhängi-ge junge Dichter des Expressionismus in psychiatrischer Behandlung befand. Bereits zuvor Mitglied des Spartakus-bundes, wurde er schon 1919 Mitglied der soeben gegründeten Kommunis-tischen Partei Deutschlands. Er wurde bald einer der führenden Kulturfunk-tionäre der Partei. Zu Berühmtheit gelangte Becher spätestens als er 1925 wegen der Veröffentli-chung seines Romans »Levisite oder Der einzig gerechte Krieg« verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Gottes-lästerung und Aufrei-zung zum Klassenhass angeklagt wurde. Eine Solidaritätswelle wird ihm, dem Kommunis-ten, zuteil: Zahlreiche Schriftstellerkollegen protestieren unter Ver-weis auf Artikel 142 der Weimarer Reichs-verfassung von 1919 (Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Lehre). Unter den Un-terzeichnern einer der Resolutionen zugunsten Bechers befin-den sich Thomas und Heinrich Mann – und Gerhart Hauptmann. Das Ver-fahren gegen Becher wurde eingestellt.

Im März 1933 floh er aus Deutschland, zunächst in die Tschechoslowakei und nach Frankreich. 1935 ging Becher nach Moskau – wo unter Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht die Exilführung der KPD residiert, vollkommen abhän-gig von Stalins Gnaden. Becher wohnte später auch im berühmt-berüchtigten »Hotel Lux«, dem »Absteigequartier der Weltrevolution«. Dort werden auch die aus aller Herren Länder in die Sowjetunion gekommenen internati-onalen Kommunisten von der Welle der mörderischen »Säuberungen« Sta-lins erfasst. Becher überlebt in der von wechselseitigen Denunziationen und blanker Angst geschwängerten Atmo-sphäre – nach zwei Selbstmordversu-chen und pflichtschuldig von ihm ver-fassten Stalin-Lobpreisgedichten. 1943 war er Gründungsmitglied des »Na-tionalkomitees Freies Deutschland«, das mit kriegsgefangenen Wehrmachts-angehörigen die Bündnisstrategie der

deutschen Kommunisten für die Rück-kehr nach Deutschland nach Hitler er-proben soll. Der KPD fehlte nämlich, dank der Verfolgung durch Hitler und Stalin, 1945 vor allem eines: Zuverlässi-ge »Genossen« in ausreichender Zahl. Also brauchte sie für ihre in Moskau mit Billigung der sowjetischen Schutz-herren konzipierte Herrschaftsstrategie »fortschrittliche bürgerliche Kräfte«, mit denen einstweilen nach außen hin ein »antifaschistisches Bündnis« ge-bildet werden kann. Ulbricht, der kurz vor Becher von den Sowjets nach Berlin gebracht wird, gibt die Devise aus: »Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.«

Mit Rückendeckung der Besatzungs-macht organisierten die Kommunis-ten um Ulbricht und den kurz darauf zurückkehrenden Pieck das neue po-litische Leben in der Sowjetischen Besatzungszone: »Antifaschistische« Parteien durften gegründet werden; für die fünf Länder bzw. Provinzen der SBZ wurden Koalitionsregierungen gebil-det – die klassischen »Machtministe-rien« Inneres und Wirtschaft erhielten aber stets kommunistische Minister. Daneben wurden »gesellschaftliche Organisationen« gegründet, die Teil der Bündnisstrategie mit den »bürger-lichen Kräften« sind.Johannes R. Becher hatte im Einklang mit der Parteiführung die Gründung einer dieser Organisationen bereits im Exil vorbereitet, so dass er, zurück in Deutschland, sehr schnell handeln kann: Kaum 14 Tage nach seiner An-kunft versammelt Becher in seiner Berliner Wohnung eine Handvoll von Kulturschaffenden unterschiedlicher politischer Couleur; darunter ist etwa Ferdinand Friedensburg, der bei der

JOhaNNeS r. becher (kpD)

fOrTsETzuNg Auf sEiTE 6

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06 LEsUng & gEsPRäch

Mittendrin am Rand. Michael Zeller liest seine Erzählung »Der Schüler Struwe«

liTErATur iM fOyEr: lEsuNg uND gEspräcHGründung der CDU in Berlin eine

wichtige Rolle spielt, der Theaterkriti-ker Herbert Ihering oder der Philosoph Eduard Spranger. Becher erklärt das Treffen zur Gründungsversammlung des »Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands«. Bereits am 27. Juni 1945 wird der Kulturbund von der sowjetischen Stadtkommandantur in Berlin zugelassen, am 3. Juli 1945 fin-det die erste öffentliche Großveranstal-tung mit rund 1.500 Teilnehmern im Großen Sendesaal des Berliner Rund-funks statt – wäre die Besatzungsmacht nicht von vornherein mit im Spiel ge-wesen, wäre das alles sicherlich nicht so schnell und reibungslos verlaufen.In der Kundgebung am 3. Juli spre-chen Paul Wegener, eben noch einer der wichtigsten UFA-Filmstars von Goebbels‘ Gnaden (wenn auch sicher kein Nationalsozialist), Becher selbst und der Schriftsteller Bernhard Kel-lermann. Wenige Wochen später, am 8. August 1945, wird Becher in einer neuerlichen Versammlung zum Präsi-denten des Kulturbundes gewählt. Ein weiterer Beschluß wird gefasst: Die Eh-renpräsidentschaft der neuen Organi-sation soll keinem anderen als Gerhart Hauptmann angetragen werden. Um die Zustimmung des greisen Dichters einzuholen, nimmt Johannes R. Becher alle Schwierigkeiten der Reise nach Ag-netendorf auf sich.Im Gründungsmanifest des Kulturbun-des heißt es, dieser betrachte sich »als ein Instrument der Erweckung wahr-haft freiheitlichen Fühlens und Den-kens, als ein Instrument der Erweckung des Gewissens der Nation. […] Wir erstreben eine neue, freiheitliche, de-mokratische Weltanschauung. Wir for-dern die Erziehung unseres deutschen Volkes im Geist der Wahrheit, im Geist eines streitbaren Demokratismus. Es handelt sich hierbei um ein nationales Befreiungs- und Aufbauwerk größten Stils auf ideologisch-moralischem Ge-biet.«Johannes R. Becher und die anderen Kommunisten, die den »Kulturbund« konzipiert haben, glauben im Herbst 1945 eine geeignete Galionsfigur hier-für gefunden zu haben: Gerhart Haupt-mann.

Es ist alles andere als einfach, jenseits aller Vereinnahmungsversuche den po-litischen Standort des Dichters Gerhart Hauptmann auszumachen. Soviel dürf-te klar sein. Die kommentierte Lesung versucht, Hauptmann selbst zu Wort kommen zu lassen – und so seinem po-litischen Denken nachzuspüren.

WINFrID halDer

»Nicht wie einer von uns.« So kommt er ihnen vor, seinen Mitschülern in Marburg, zu denen der Schüler Struwe erst spät stößt, nach dem Krieg. Ein wenig älter ist er als sie, das ist aber nicht das einzige, was ihn von den anderen unterscheidet. Seine altmodische Kleidung, seine Bewegungen: Er ist nicht in dem Sinne jung wie die fast Gleichaltrigen. Über den Vater ist nur das Kürzel »gef.« in Erfahrung zu bringen, damals verstehen alle sogleich, dass das »gefallen« bedeutet. Das kannten allzu viele. Der Schüler Struwe kommt mit Mutter und jüngerem Bruder, ohne Vater, »irgendwoher aus dem Osten« – aus Ostpreußen, wie sich später herausstellt. Findet Aufnahme bei einer Tante, die Obdach bietet und zugleich die Herrschaft über die Restfamilie bean-sprucht. Auch später, als Erwachsener, führt Struwe äußerlich scheinbar ein »normales Leben« – und bleibt doch ein gezeichneter Außenseiter.Michael Zeller entwirft in seiner 2009 im Wupper-taler Nordpark-Verlag erschienenen Erzählung das genau beobachtete Porträt eines Menschen, der Lasten mit sich herumträgt – ohne dass diese ausdrücklich genannt werden. Hinter dem Schüler Struwe steckt mehr als der den Klassenkameraden ein wenig merkwürdig anmutende Sonderling.In der Fort- setzung der neu begründeten Veranstaltungsreihe » L i t e r a - tur im Foyer« liest Michael Zeller seine Erzählung und will im Anschluß daran mit dem Publikum ins Gespräch k o m m e n . Literatur soll hier nicht als Einbahnstraße vom Au-tor zum Publikum verstanden werden.M i c h a e l Zeller wurde Ende 1944 in Breslau geboren. Nach der Flucht seiner Familie (ohne den im Kampf um Breslau ver-schollenen Vater) wuchs er in Westdeutschland auf. Michael Zeller hat in Marburg und Bonn studiert und wurde 1974 mit einer literaturwis-senschaftlichen Arbeit in Bonn promoviert. Noch während er seine wissenschaft-liche Karriere bis zur Habilitation (1981) fortsetzte und als Literaturkritiker arbei-tete, begann er selbst als Prosaautor und Lyriker hervorzutreten. 1978 erschien sein erster Roman, 1981 sein erster Gedichtband. Seither folgten weitere sechs Romane (zuletzt »Falschspieler«, 2009) sowie mehrere Bände Lyrik und Erzählungen sowie Essays. 2009 schrieb Michael Zeller das Schauspiel »Die Soester Fehde«, 2010 gab er die Kriegstagebücher von Gerhard Nebel (»Zwischen den Fronten«) neu heraus. Michael Zeller hat zahlreiche Reisen nicht zuletzt nach Polen und in seine Geburts-stadt Breslau unternommen und seine Erfahrungen dort literarisch verarbeitet. Seit einigen Jahren ist Michael Zeller besonders darum bemüht, durch die Schaffung von »Schulhausromanen« in Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern unter-schiedlicher Schulen jungen Leuten Literatur nahezubringen. Er hat eine ganze Rei-he von Litertaturstipendien erhalten. 1997 erhielt Michael Zeller den »Kulturpreis Schlesien« des Landes Niedersachsen, 2008 den Von der Heydt-Kulturpreis der Stadt Wuppertal und 2011 den Andreas-Gryphius-Preis der Künstlergilde Esslingen.

WINFrID halDer

mo, 01.10. 19.00 Uhr

fOrTsETzuNg vON sEiTE 5

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Grenzen in Europa. Diese brachten prägende Erfahrungen für viele Generationen und Völker mit sich. Die Überwindung von Grenzen bedeutet Weiterentwicklung und ist ein länger währender Vorgang. Er besteht aus einem Geflecht von Aktionen, Begegnungen, Diskussionen, Gesprächen und Handlungen. Vor der Grenze zu verharren, bedeutet Stillstand und verhindert Entwicklungen. Zum offiziellen Abschluss des »Polen-Nordrhein-Westfalen-Jahres 2011/12« findet zweitägig das internatio-nale wissenschaftliche Symposium »Vom Schlagbaum zur Brücke. Die deutsch-polnische Grenze im 20. Jahr-hundert« statt. Experten verschiedener Nationen werden zur Situation vom 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart zu Wort kommen. Ihre unterschiedlichen Einschätzungen ergeben eine breite Wahrnehmung und bieten eine facettenreiche Sicht auf dieses The-menfeld. Dabei wird deutlich, dass die Grenzziehungen nicht durch die Völker selbst bestimmt oder alleine entschieden wurden. Das Entstehen, das Wirken und das Überwinden von Grenzen zwischen Völkern wird am deutsch-polnischen Verhältnis in be-sonderer Weise verständlich.Die Veranstaltung soll ein wichtiger Baustein werden für ein verbessertes europäisches Zusammenwirken, sie dokumentiert so-mit auch die kontinuierliche bilaterale regionale Kooperation zwischen Nordrhein-Westfalen und der polnischen Partnerregion Schlesien und akzentuiert eine zukunftsorientierte historisch-politische Bildungsarbeit.

07 symPosIUm

mo, 22.10. bis di, 23.10.

Vom Schlagbaum zur Grenze. Die deutsch-polnische Grenze im 20. Jahrhundert

iNTErNATiONAlEs wissENscHAfTlicHEs syMpOsiuM

Vorgesehenes Programm:

Montag, 22. Oktober 2012

18.00 Uhr: EröffnungGrußworte und Einführung:Vertreter der Landesregierung Nord-rhein-WestfalenDr. Jerzy Gorzellik (Marschallamt der Woiwodschaft Schlesien, Katowice)

Anschließend Vorführung des Film-dokuments »Land unter dem Kreuz« (Deutschland, 1927)Kommentar: Dr. Guido Hitze (Landes-zentrale für politische Bildung NRW)

Dienstag, 23. Oktober 2012

9.00 Uhr: Begrüßung

1. Sektion 9.05 Uhr – 10.45 Uhr: Die Interessen der europäischen Großmächte und das deutsch-polnische Verhältnis zur Zeit der Weimarer Republik: Negative Vor-belastungen im Schatten des Versailler Vertrages Referenten: Dr. Frédéric Dessberg (Université Paris I Panthéon Sor-bonne), Dr. James Bjork (King’s Col-lege London)

Ergänzende Statements aus polni-scher und deutscher Perspektive: Prof. Dr. Ryszard Kaczmarek (Uniwersytet Śląski w Katowicach), Dr. Guido Hitze (Düsseldorf )

2. Sektion 11.00 Uhr – 12.30 Uhr: Das deutsch-polnische Verhältnis zur Zeit des Natio-nalsozialismus: Vom Nichtangriffspakt zum Eroberungs- und Vernichtungs-krieg

In Kooperation mit der Landeszent-rale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf ) und dem Oberschlesischen Landesmuseum (Ratingen) und in Verbindung mit dem Instytut Badań Regionalnych Biblioteki Śląskiej (Katowice) und dem Muzeum Górnośląskie (Bytom) sowie der Deut-schen Gesellschaft für Osteuropafor-schung (Berlin)

Referenten: Prof. Dr. Hans Hecker (Heinrich-Heine-Universität Düssel-dorf ), Prof. Dr. Ryszard Kaczmarek (Uniwersytet Śląski w Katowicach)

Mittagspause (Verpflegung ist indivi-duell zu regeln)

3. Sektion 13.30 Uhr – 14.45 Uhr: Das deutsch-polnische Verhältnis von 1945-1969: Zwischen Abschub und Abschottung – die Oder-Neiße-Grenze, die deutsche Teilung und der Ost-West-Konflikt Referentin: Prof. Dr. Katarzyna Stoklo-sa (University of Southern Denmark Sonderborg)

4. Sektion 15.00 Uhr – 16.15 Uhr: Das deutsch-polnische Verhältnis 1969 bis 1988: Lücken im Grenzzaun – Entspannungs-politik, Helsinki-Prozess, Solidarność und der Niedergang des kommunisti-schen Systems Referent: Prof. Dr. Bernd Faulenbach (Ruhr-Universität Bochum)

5. Sektion 16.15 Uhr – 17.30 Uhr: Das deutsch-polnische Verhältnis 1989 bis 2011. Entgrenzung – vom Umbruch in Ost-europa zur(gesamt) europäischen In-tegration; Referent: Dr. Stephan Kaiser (Oberschlesisches Landesmuseum Ra-tingen)

Abschlussplenum17.45 Uhr – 18.30 Uhr: Podiumsdis-kussion – Zusammenfassung und Aus-blickTeilnehmer: Dr. James Bjork, Dr. Frédéric Dessberg, Prof. Dr. Bernd Fau-lenbach, Prof. Dr. Ryszard Kaczmarek,

Prof. Dr. Katarzyna StoklosaModeration: Dr. Guido Hitze

Ab 18.30 Uhr: Ausklang mit Stehemp-fang

Eine formlose Anmeldung ist aus orga-nisatorischen Gründen zwingend erfor-derlich!

Kontakt: Heidi Vohrmann Oberschlesisches Landesmuseum 02102 965-256 02102 965-400 [email protected]

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08 LEsUng

Itzig Manger - Der Prinz der jiddischen Ballade

bucHvOrsTElluNg uND lEsuNg MiT HElMuT brAuN

di, 30.10. 19.00 Uhr

»Prinz der jiddischen Ballade«, nie-mand weiß genau zu sagen, wer diesen Ehrentitel für Itzik Manger erfunden hat und niemand weiß, wann er das ers-te Mal so genannt wurde. Selten aber wurde ein solcher Titel mit mehr Be-rechtigung verliehen als für den jiddi-schen Dichter, dessen geschliffen funkelnde Lyrik den Leser faszi-niert und beglückt.Itzik (seine Zeitgenossen schrie-ben den Namen Itzig) Manger wurde als Isidor Helfer vel Man-ger in Czernowitz geboren. Sei-ne erste Heiratsurkunde vermerkt den 30. Mai 1901 als Geburtstag. Andere Quellen nennen Tage im April 1901 oder andere Daten im Mai als Geburts-datum. Geboren wurde er in Czerno-witz, der Stadt, die als Vielvölkerstadt gerühmt wird, in welcher Menschen mit verschiedensten Religionen, aus unterschiedlichen Kulturen, in fast ba-bylonischem Sprachengewirr, friedlich nebeneinander lebten. Sein Vater war Schneidermeister, der ob seiner handwerklichen Kunst geschätzt, im Laufe der Jahre aber als Sonderling verarmte. Die Familie Helfer vel Manger war fünf-köpfig, der Vater Hilel Helfer, geboren 1879 in Stoptschet, Galizien, die Mut-ter Chawe, geborene Wolliner, als Toch-ter eines Matratzenmachers um 1878 in Kolomea, Galizien, geboren, Itzik, der älteste Sohn, geboren 1901, der Bruder Notte (Nathan), geboren 1903, Schnei-der wie sein Vater. und Schejndl ( Jea-nette), die Schwester, geboren 1905. Zwei weitere Geschwister starben noch als Klein-kinder. Alle Kinder kamen in Czernowitz auf die Welt. Isidor ging in den Cheder, die jüdische Vorschule. Ab dem sechsten Lebensjahr besuchte er die sechsklassige Kommu-nale Volksschule in der Landhausgasse.Die Ferien verbrachte Itzik häufig bei den Großeltern in Stoptschet. Die Großmutter und die Tanten behüteten und verwöhnten ihn und der Großva-ter der als Fuhrmann mit eigenen Pfer-den und Wagen den Lebensunterhalt verdiente, nahm den Jungen gerne auf seine Fahrten mit. Kein Wunder, dass Manger diese Zeit als eine besonders glückliche erinnert und davon in seinen Erzählungen berichtet.Der Schüler Manger wechselte nach der sechsten Klasse auf ein Gymnasi-um, welches er jedoch schon im ersten

Gymnasialjahr verlassen musste. Wahr-scheinlich ist, dass sein verarmter Vater die Kosten des Schulbesuchs nicht auf-bringen konnte und Isidor Helfer des-halb das Gymnasium verließ und bei sei-nem Vater eine Schneiderlehre begann.Manger, der in Gedichten immer wie-

der auf das soziale Elend vieler osteuropäischer Juden hinwies, hat in seinen Kinder- und Ju-gendjahren erlebt, was Hunger, Kälte, unzureichende Wohnun-gen und fehlende ärztliche Hilfe bewirken. Hilflos musste er erle-

ben wie seine beiden jüngsten Brüder im Kleinkindalter starben. Das hat Narben auf seiner Seele und Spuren in seinem Werk hinterlassen.Der Junge feierte seine Bar Mizwa in der Großen Synagoge in der, der Wohnung der Familie naheliegenden Synagogen-gasse in Czernowitz. Bis dahin verläuft sein Leben zwar turbulent und wird von privaten Schicksalsschlägen geprägt, doch nur wenige Monate später, begin-nen die großen Katastrophen, die Euro-pa vollkommen verändern werden und die Lebensläufe der Menschen – ganz besonders der jüdischen Menschen - ex-trem verändern..Im August 1914 begann der 1. Weltkrieg. Russische Kosakendivisionen eroberten sehr schnell Czernowitz, das nur etwa 20 Kilometer von der russischen Grenze entfernt lag. Der überwiegende Teil der Czernowitzer Bevölkerung floh aus der besetzten Stadt, die Familie Helfer nach Rumänien in die Stadt Jassy.Dort schrieb Isidor Helfer seine ersten Gedichte. Zunächst soll er – nach ei-gener Aussage - in deutscher Sprache geschrieben haben. Allerdings konnte bis heute kein deutscher Text von seiner Hand gefunden werden. Frühe jiddische Gedichte lassen sich aber nachweisen. Hat Isidor Helfer seine Schneiderlehre ordnungsgemäß abgeschlossen? Wir wissen zwar, dass Manger nicht nur bei seinem Vater, sondern auch bei meh-reren anderen Schneidermeistern in die Lehre ging, es dort jedoch jeweils nur wenige Wochen oder Monate aus-hielt und ein Abschluss seiner Lehre oder eine Tätigkeit als Schneidergesel-le ist uns nicht bekannt. Vielmehr be-schloss er bereits 1919 ausschließlich als Schriftsteller zu leben. Dabei schreibt er ausschließlich in jiddischer Sprache und er ist sicher, dass jiddische Litera-tur Weltliteratur ist. Und dieses nicht

nur wegen ihrer Verbreitung, sondern auch wegen ihrer Qualität.. Seine Wahl für die Sprache ist auch eine Entschei-dung für die jiddischsprachige Welt, für die Muttersprache Mameloschen, für die jiddische Kultur und Lebens-weise. Manger ist sich bewusst, dass ein jüdisches Leben auch ein Leben in ständiger Gefahr ist. Jahre später notiert er: »Ich wuchs in einem Land des klassischen Antisemitismus auf. In Rumänien. Die griechisch-orthodoxen Kirchen verbreiteten ihren giftigen und gefahrvollen Schatten über die jüdi-sche Bevölkerung. In Polen, dem Land, in dem ich bis zum Zweiten Weltkrieg

lebte, spitzte sich dies zu.«1919, wenige Monate nach dem Ende des 1. Weltkriegs, siedelt Isidor Helfer nach Bukarest um. Rumänien hat sich von den Kriegsverlierern Österreich, Ungarn und Russland die Bukowina, Teile Siebenbürgens und Bessara-bien angeeignet. Bukarest ist damit auch die neue Landeshauptstadt für Czernowitz. Isidor Helfer dichtet in-tensiv und beginnt 1921 Balladen in jiddischer Sprache in literarischen Zeitschriften in Warschau, New York, Berlin, Czernowitz und Bukarest zu veröffentlichen. Seine Veröffentli-chungen zeichnet er mit Itzig Manger, als Dichternamen, der bald auch sein ausschließlicher Name im Alltag wird. Wie etliche Urkunden belegen, bleibt er aber für die Behörden Isidor Helfer vel Manger.Manger beginnt ein unstetes Wander-

ItzIg maNger pOrträtIert vON arthur

kOlNIk

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09 LEsUng & sTUdIEnfAhRT

Auf DEN spurEN DEs DEuTscHEN OrDENs uND DEr HANsE

Eine kulturhistorische Studienreise22.4. - 29.4.2013

leben. Er pendelt stets zu Fuß zwischen Bukarest und Czernowitz. Auf sein Äußeres achtet er wenig, er beginnt zu trinken, Wein und Schnaps werden sein tägliches Brot. Seiner Kreativität tut dies keinen Abbruch. Allerdings wird auch glaubhaft berich-tet, dass Mangers »Lotterleben« von seinen Ehefrauen – seit seiner ersten Heirat im Frühjahr 1932 mit Golde Trauring – in geordnete Bahnen gelenkt wurde. Dies kam seiner Gesundheit, seinem Aussehen und seiner Arbeit als Schriftsteller zu Gute.1929 lässt sich der Dichter in Warschau nieder. Warschau wurde für einen Zeitraum von knapp zehn Jahren sein offizieller Wohnsitz. In diesem Zentrum jiddi-schen Lebens findet er die Arbeitsbe-dingungen und die Publikationsmög-lichkeiten, die er braucht und wird zum bekannten und gefeierten Dichter in der jiddischsprachigen Welt Osteuro-pas.In rascher Folge erscheinen seine Ge-dichtbände, zunächst in Bukarest, dann in Warschau. Er verdient beachtliche Summen als Korrespondent für War-schauer, Bukarester, Amsterdamer und New Yorker Zeitungen. Manger arbeitet an Drehbüchern für jiddische Filme mit. So schreibt er unter ande-rem die Lieder für den Film »Jidl mitn Fidl« und er bearbeitet traditionelle jiddische Theaterstücke. »Das Buch vom Paradies«, ein bewundernswer-ter Schelmenroman erscheint 1939 in Warschau. Dieses Buch wird ihn später in ganz Europa, in Israel und in Amerika berühmt machen.Doch als das Buch erschien ist Manger schon aus Polen geflohen und über ge-fährliche Umwege nach Paris gelangt. Als die Deutsche Wehrmacht in Paris einmarschiert, flüchtet der Dichter nach Marseille und gelangt schließlich auf abenteuerlichen Wegen ins Exil nach London. In ärmlichen Verhältnis-sen, angewiesen auf die Almosen von Freunden, lebt er dort bis 1950. 1951 schließlich gelingt ihm die Einreise in die USA. Er schreibt und publiziert nur noch wenige neue Texte, aber die Neu-ausgaben seiner Bücher mehren seinen Ruhm.Nach mehreren Schlaganfällen über-siedelt er nach Israel, wo er 1969 stirbt. Auf dem Friedhof versammelten sich, so berichtet es Alfred Kittner, Tausende Trauernde, unter ihnen der Staatspräsi-dent Israels. Glanzvoller sei kein Vaga-bund zu Grabe getragen worden.

helmut brauN

1. Tag: Montag, 22. April 2013Abfahrt des Busses am Morgen in Düs-seldorf nach Kiel von der Reisebushal-testelle Hauptbahnhof. Fährüberfahrt nach Memel/Klaipeda in Litauen.Übernachtung auf der Fähre.

2. Tag: Dienstag, 23. April 2013Ankunft in Memel/Klaipeda. Kleiner Stadtrundgang. Fahrt nach Riga. Unterwegs Station am Berg der Kreuze in Schaulen. Der Berg der Kreuze ist ein Zeichen von litauischer Frömmigkeit und Litauens Widerstandes gegen seine Unterdrücker. Weiterfahrt nach Riga. Übernachtung in Riga.

3. Tag: Mittwoch 24. April 2013Stadtbesichtigung von Riga, der letti-schen Hauptstadt, die gerne als eine der schönsten Städte des Baltikums be-zeichnet wird.Riga blickt auf eine reiche Vergangen-heit zurück, das spürt man auf Schritt und Tritt. Unübersehbar sind die ge-schichtlichen Wurzeln der Stadt. Mäch-tige Stadtkirchen, prunkvolle Patrizi-erhäuser, Kontore, das neuerrichtete Schwarzhäupterhaus, die Gilden und vieles mehr weisen in die Richtung des Ursprungs und der Tradition - nach Westen.

4. Tag: Donnerstag 25. April 2013Sie fahren morgens zunächst in das landschaftlich eindrucksvollste Gebiet Lettlands, in den Gauja-Nationalpark. Besuch der Bischofsburg Turaida. Wei-ter geht es dann entlang der Ostseeküs-te nach Pärnu. Kleiner Stadtrundgang.Abendlicher Rundgang durch die Altstadt von Tallinn. Übernachtung in Tallinn.

5. Tag: Freitag, 26. April 2013Stadtbesichtigung Tallinn. Die wechsel-

volle Geschichte der Stadt scheint greif-bar in den unverfälschten Straßen und Gassen der Altstadt, die Sie besichtigen und die wie ein lebendiges Museum wirkt. Tallin, früher eine bedeutende Hanse-stadt, teilt sich in die Oberstadt, von der man eine schöne Aussicht auf die Stadt und den Hafen hat, und die Unterstadt mit vielen historischen Bauten. Durch das »Lange« oder das »Kurze Bein«, zwei alte Sträßchen, gelangt man von der Oberstadt - Toompea, dem ehema-ligen Sitz der Adeligen, Geistlichen und Ritterschaften, in die Unterstadt.

6. Tag: Samstag, 27. April 2013Am Morgen setzen Sie mit der Fähre von Tallinn nach Helsinki über. Abfahrt um 8.00 Uhr, Ankunft 10.30 Uhr. Stadt-rundfahrt in der finnischen Hauptstadt. Am Nachmittag Weiterfahrt nach Tur-ku. Einschiffung auf die Nachtfähre nach Stockholm, Abfahrt um 21.00 Uhr. Übernachtung auf der Fähre.

7. Tag: Sonntag, 28. April 2013Ankunft der Fähre um 6.30 Uhr in Stockholm. Stadtrundfahrt Stockholm. Weiterfahrt nach Helsingborg. Vadste-na ist berühmt wegen des Brigittenklos-ters, des imposanten Schlosses und des ältesten Rathauses Schwedens.Übernachtung in Helsingborg.

8. Tag: Montag, 29. April 2013Fahrt nach Kopenhagen. Stadtrund-fahrt Kopenhagen.

Der Preis für die Reise beträgt 1049,- € bei Unterbringung im Doppelzimmer mit Halbpension. Einzelzimmerzuschlag : 149,- €. Anmeldung un Information bei Mattias Lask unter Tel. 0211-1699118.

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fr 26.10. 19.00 Uhr

10 PREIsVERLEIhUng

Monika Taubitz, die diesjährige Träge-rin des renommierten Andreas Gryphi-us-Preises, ist einmal gefragt worden, ob es das traumatische Erlebnis der Vertreibung aus ihrer schlesischen Hei-mat gewesen sei, das sie auf den Weg des Schreibens gebracht habe. Sie hat zugestanden, dass die Vertreibung für ihre Prägung eine wesentliche Rolle gespielt habe, fuhr dann jedoch fort: »Aber der eigentliche Grund war die damit verbundene große Armut. Es gab buchstäblich nichts, womit ich als Kind hätte z. B. spielen können. Aus diesem nichts, gar nichts haben, aus diesem Freisein von Dingen, die ja heute unse-re Wohlstandskinder beschweren und nicht mehr zu sich kommen lassen, aus diesem absoluten Freisein, davon hatte ich die Möglichkeit, die inneren Bilder meiner Phantasie, meines Erlebens und Beobachtens, meiner Vorstel-lungskraft wachsen zu lassen; ich glaube, das war es, was mich geprägt hat und später zu einer Schriftstellerin gemacht hat.«Monika Taubitz hat ihre Ver-lusterfahrung auf diese Art und Weise fruchtbar gemacht – die Vertrei-bung und die schlesische Heimat spie-len in ihrem Werk stets eine Rolle, sei es explizit oder implizit. So findet sich in ihrem jüngsten Lyrikband »Im Zug – nebenbei. Gedichte von unterwegs« (Neisse Verlag Dresden 2011) folgen-des Gedicht:

Nicht vorbei

Das waren noch Zeiten,damals!Sagte der Gleiswärter,als er die Weichen,vom Eis befreiteund der Transportder Millionen begann,von Ost nach West.

Eine Meisterleistung ,der Bahn,setzt er hinzu,tippt an den Randseiner Mützeund grüßtdie stillgelegten Gleise.

Monika Taubitz wurde 1937 in Breslau geboren. Dort wuchs sie auch zeitwei-lig auf. Um den häufiger werdenden Bombenangriffen zu entgehen, zog sie

mit ihrer Mutter in das großvä-terliche Haus in Eisersdorf, un-weit von Glatz. Von dort vertrie-ben, gelangte sie mit ihrer Mutter 1946 ins nieder-sächsische Nor-denham. 1951 er-folgte der Umzug ins Allgäu, seit 1958 studierte sie am damaligen Pä d a g o g i s c h e n Institut in Wein-garten – mit dem Wunsch in die Fuß-stapfen ihres früh verstorbenen Vaters zu treten, der Lehrer gewesen war. Seit 1960 im Schuldienst, arbeitete Monika

Taubitz seit 1965 bis zu ihrer Pensionierung 1997 als Lehre-rin in Meersburg am Bodensee, wo sie heute noch lebt – im Dunstkreis ihrer großen westfä-lischen Dichterkollegin Annette von Droste-Hülshoff (1797-

1848), die ihre letzten Lebensjahre in Meersburg verbracht hat.Neben ihrer Lehrtätigkeit hat Moni-ka Taubitz stets geschrieben. 1968 er-schien ihr erster Gedichtband »Fallen-de Sterne«. Diesem folgten seither fünf weitere Gedichtbände, drei Romane sowie eine Vielzahl weiterer Veröffent-lichungen wie Erzählungen und Bü-cher über Schlesien. Einige Werke von Monika Taubitz wurden ins Polnische übersetzt. Vor wenigen Wochen ist der von Rainer Bendel beim Aschendorff Verlag in Münster herausgegebene Band »Die zweite Hälfte der Heimat. Brücken bauen im Südwesten und in Europa. Gespräche mit Monika Tau-bitz und Erzbischof Robert Zollitsch« erschienen.Neben ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem Wirken als Autorin hat sich Monika Taubitz in zahlreichen Kultur-vereinigungen engagiert. Nicht zuletzt war sie viele Jahre lang Vorsitzende des »Wangener Kreises – Gesellschaft für Literatur und Kunst Der Osten«.Schon bisher ist Monika Taubitz für ihr schriftstellerisches Werk vielfach ausge-zeichnet worden. So erhielt sie unter an-derem den Eichendorff-Literaturpreis (1978) und den Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen (1980).

WINFrID halDer

Programm der Preisverleihung:

Freitag, 26. Oktober 2012 |19 Uhr

Begrüßung

PD Dr. Winfrid HalderDirektor der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus

Dr. Wolfgang Schulz Künstlergilde Esslingen

Preisverleihung

Laudatio N. N.

DankMonika Taubitz

Empfang

Es ergehen gesonderte Einladungen. Aus organisatorischen Gründen ist eine formlose persönliche Anmeldung erforderlich (auch telefonisch unter 0211/1699114 – Frau Bittenbinder – oder per e-mail [email protected] möglich).

ArMuT Als gEwiNN.

Verleihung des Andreas Gryphius-Preises der Künstlergilde Esslingen an Monika Taubitz

mONIka taubItz

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FOrtSetzuNg auF SeIte 12

11 VoRTRAg

Der ohne Zweifel ungewöhnlich viel-seitig begabte preußische König Fried-rich II. hat gewissermaßen auch als His-toriker besonderen Stellenwert. Denn es gibt wohl kaum einen anderen Mo-narchen, der der Nachwelt eine nahezu lückenlose Darstellung seiner gesamten Regierungszeit hinterlassen hat. Und zwar nicht in Form von »Memoiren«, in deren Zentrum naturgemäß die eigene Person steht, und wie sie viele Zeitgenossen Fried-richs hinterlassen haben, son-dern durchaus in Form von Ge-schichtsschreibung. Sehr früh, nämlich im November 1742 nahm der erst 30-jährige König sein erstes historiographisches Werk in Angriff. Der Friede von Breslau, der den durch Friedrich knapp zwei Jahre zuvor ausgelösten Ersten Schlesischen Krieg gegen die Habsburgermonarchie für Preußen erfolgreich beendete, lag erst wenige Monate zurück. Nach Ber-lin zurückgekehrt, begann Friedrich II. mit der Niederschrift seines ersten Ge-schichtswerkes – modern gesprochen einer zeitgeschichtlichen Darstellung seiner eigenen jüngst unternommenen politischen Schritte. Im Lauf der Jahre erweiterte und ergänzte der König das so frühzeitig begonnene Geschichts-werk – 1775 schloß Friedrich die »Histoire de mon temps« (Geschich-te meiner Zeit) ab, eine umgearbeitete Fassung seiner Darstellung der ersten beiden Schlesischen Kriege. Schon 1763, wiederum unmittelbar nach Kriegsende, hatte Friedrich die »Ge-schichte des Siebenjährigen Krieges« geschrieben. Später fügte er noch eine Darstellung der Zeit bis 1774 an.Friedrich gibt sich in seinen historio-graphischen Werken den Anschein des streng sachorientierten, vermeintlich neutralen Beobachters. In einem ersten Vorwort von 1742 schrieb der König: »Viele haben Geschichte geschrieben, aber sehr wenige haben die Wahrheit gesagt. Schlecht unterrichtete Schrift-steller wollten Anekdoten schreiben und haben sie erdichtet oder Volks-gerüchte für bewiesene Tatsachen ge-nommen und sie der Nachwelt dreist aufgetischt. […] Ich halte mich [..] für verpflichtet, der Nachwelt eine wahre und exakte Darstellung der Ereignis-se zu geben, die ich selbst erlebt habe […].«Auch wenn die behauptete, angeblich

»Als Grundgesetz der Regierung des kleinsten wie des größten Staates kann man den Drang zur Vergrößerung sehen.« König Friedrich II. von Preußen und Polen

allein der Wahrheit verpflichtete Distanziertheit im Falle Fried-richs natürlich ebenso eine Fik-tion war wie bei jedem anderen »Zeitzeugen«, so sagen doch seine geschichtlichen Werke viel über den Politiker Friedrich aus. So heißt es etwa ein Stück weiter in dem schon zitierten Vorwort

von 1742 mit für uns heutige Betrachter stau-nenswerter Offenheit: »Als Grundgesetz der Regierung des kleinsten wie des größten Staates kann man den Drang zur Vergrößerung sehen.«

Diesem Grundgesetz folgte er selbst sogleich nach seiner Thronbesteigung, als er beden-kenlos die scheinbar günstige Gelegenheit nutzte, sich Schlesi-en anzueignen.Später schrieb Friedrich II. über die Ausgangslage Preußens, als er 1740 seinem verstorbenen Va-ter Friedrich Wilhelm I. folgte, in der »Histoire de mon temps«: »Ce qu‘il y avait de plus fâcheux, c‘était que l‘État n‘avait point de forme régulière. Des provinces peu larges, et pour ainsi dire éparpillées, tenaient depuis la Courlande jusqu‘au Brabant. Cette situation entrecoupée multipliait les voisins de l‘État sans lui donner de consistance, et faisait qu‘il avait bien plus d‘ennemis à redouter que s‘il avait été arrondi.”Natürlich schrieb der König, der spä-ter zum deutschen Nationalheros um-gedeutet wurde, wie (fast) immer Französisch – da er ja der Meinung war, Deutsch sei »une langue à demi barbare« (De la littérature Alle-mande, des défauts qu‘on peut lui repro-cher, etc., 1780). Also übersetzen wir die Einschätzung des großen Preußen-Königs für sein Land im Jahre 1740 in unsere halbbarbarische Sprache: »Das Ärgerlichste aber war, dass der Staat keine regelmäßige Form hatte. Nicht allzu große und sozusagen verstreute Provinzen reichten von Kurland bis nach Brabant. Diese unzusammenhän-gende Situation vergrößerte die Zahl der Nachbarn des Staates ohne ihm Zusammenhang zu geben, und führte dazu, dass er weitaus mehr Feinde zu

fürchten hatte, als wenn er arrondiert worden wäre.«Ein einziger Blick auf eine historische Karte zeigt, was Friedrich II. meinte: Die territorialen Erwerbungen seiner Vorfahren vor allem seit dem Dreißig-jährigen Krieg hatten das Kurfürsten-tum Brandenburg aus seiner Lage als Binnenstaat an die Ostseeküste vorge-schoben. Der Große Kurfürst Friedrich

Wilhelm hatte 1648 durch den West-fälischen Frieden H i n t e r p o m m e r n erhalten. Friedrich

Wilhelm I. profitierte von seiner mar-ginalen militärischen Beteiligung am Großen Nordischen Krieg durch den Frieden von Stockholm (1720): Nun-mehr fielen auch Vorpommern bis zur Peene mit der Odermündung und der reichen alten Hafenstadt Stettin sowie die Inseln Usedom und Wollin an Bran-denburg. Warum Friedrich II. vom Ge-bietsstatus des Jahres 1740 ausgehend zunächst Schlesien anvisierte – dem Grundgesetz der Vergrößerung und der Logik der Arrondierung folgend – liegt auf der Hand. Die Oder nahezu insge-samt in preußische Hand zu bringen,

mo, 12.11. 19.00 Uhr

bucHvOrsTElluNg uND vOrTrAg MiT prOf. Dr. HANs-JürgEN böMElburg (JusTus-liEbig-uNivErsiTäT)

IN zuSammeNarbeIt mIt Dem pOlNIScheN INStItut

DüSSelDOrF

karIkatur zur DrItteN pOlNIScheN teIluNg

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12 VoRTRAg

war ein naheliegendes Ziel.Friedrich II. mag nicht damit gerechnet haben, dass ihn der kriegerische Erwerb Schlesiens bis 1763 vollauf beschäftigen würde. Als dieser aber mit dem Frieden von Hubertusburg im Februar 1763 endlich vollzogen war, bedurfte es nicht viel Phantasie um des Königs nächstes Ziel der »Arrondierung« auszuma-chen. Zwar war er einstweilen durch den notwendigen Wiederaufbau seines schwer zerstörten Landes stark gebun-den, aber auch nach der Hinzufügung Schlesiens waren noch etliche Teile des preußischen Staatsgebietes »éparpil-lées«, vertreut, ohne direkte territoriale Verbindung mit dem brandenburgi-schen Zentrum der Hohenzollernmon-archie. Dies galt zunächst für die schon im 17. Jahrhundert erworbenen west-lichen Gebiete um Kleve, Minden, Mark und Ravensberg. Aber: Einerseits schätzte Friedrich II. (wie schon sein Vater) seine eigensinnigen Untertanen am Rhein nicht allzu sehr. Andererseits war die geographische Entfernung von Brandenburg aus dorthin groß. Und das Kurfürstentum Hannover lag – gewis-sermaßen wie ein Sperrriegel – »mitten im Weg«. Den Versuch zu unterneh-men, sich dieses im Sinne der »Arron-dierung« anzueignen, hätte bedeutet, sich mit der Großmacht Großbritanni-en auf einen Konflikt einzulassen, denn 1714 war der Hannoveraner Kurfürst auf dem Erbweg als Georg I. König von Großbritannien geworden. Das »Ar-rondierungsprojekt Hannover« muß-te also bis 1866 warten, als Otto von Bismarck es für Wilhelm I. kriegerisch umsetzte – ermöglicht auch durch das Ende der Personalunion zwischen Lon-don und Hannover im Jahre 1837.Folglich mußte sich der Blick Friedrichs II. nach 1763 nahezu zwangsläufig nach Osten und nicht nach Westen richten: Hier gab es aus preußischer Sicht auch offenkundigen Arrondierungsbedarf: Zwischen Hinterpommern und dem bereits 1618 ererbten Herzogtum Preu-ßen (Ostpreußen) lag das zur polni-schen Krone gehörende Westpreußen, umschlossen davon die mächtige, rei-che und alte Handels- und Hafenstadt Danzig. In das ostpreußische Territo-rium ragte zudem, gleichsam wie ein riesiger Widerhaken, das ebenfalls un-ter Oberhoheit der polnischen Krone stehende Fürstbistum Ermland hinein.Das Königreich Polen aber eignete sich für die territorialen Abrundungs- und Erweiterungspläne Friedrichs II. weit-aus besser als das Kurfürstentum Han-nover. Denn: »Ce royaume est dans une anarchie perpétuelle : les grandes familles sont toutes divisées d‘intérêt; ils préfèrent leurs avantages au bien pu-

blic, et ne se réunissent qu‘en usant de la même dureté, pour opprimer leurs sujets, qu‘ils traitent moins en hommes qu‘en bêtes de somme.« So wenig schmeichelhaft fiel die Einschätzung der Situation Polens in der »Histoire de mon temps« aus: »Dieses Königreich befindet sich dauerhaft in Anarchie: Die großen Familien werden alle durch ihre Interessen voneinander getrennt, sie ziehen ihre eigenen Vorteile dem Gemeinwohl vor und vereinen sich nur in dem einen Punkt, nämlich die gleiche Härte zur Unterdrückung ihrer Untertanen anzuwenden, die sie we-niger als Menschen denn als Lasttiere behandeln.«

Polen also war durch seine fortwähren-de innere Zerrissenheit schwach und hatte den Begehrlichkeiten der benach-barten Großmächte Russland, Preußen und Habsburg kaum noch etwas entge-genzusetzen. Kaum verwunderlich ist also, dass Friedrich II. zu den Haupt-akteuren der ersten Teilung Polens im Jahre 1772 gehörte. Diese passte haar-genau in das Konzept des »Arrondie-rens« und brachte endlich die Land-verbindung mit Ostpreußen durch die Vereinnahmung Westpreußens und des Ermlandes mit sich. Eine zeitgenössi-sche Allegorie des französischen Kup-ferstechers Nicolas Noël Le Mire mit dem Titel »Le gateau des Rois« – »der Kuchen der Könige« – zeigt über der Landkarte Polens Friedrich II., Joseph II., Kaiser und Chef des Hauses Habs-burg, die russische Zarin Katharina II. sowie Stanislaus II. August Poniatows-ki, König von Polen seit 1764, der ver-sucht, seine Krone festzuhalten.Das Verhältnis König Friedrichs II. zu Polen, aber auch umgekehrt die pol-

FOrtSetzuNg vON SeIte 11 nische Sicht auf den Preußen-König stehen im Mittelpunkt der unlängst er-schienen großen Studie von Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg unter dem Ti-tel »Friedrich II. zwischen Deutschland und Polen. Ereignis- und Erinnerungs-geschichte« (Stuttgart 2011). Adam Krzeminski lobte Prof. Bömelburgs Studie in der »Süddeutschen Zeitung« und stellte fest, das Buch lasse deutli-cher als bisher werden, dass Polen »eine historische Verantwortung für das ma-terielle Erbe auch des friderizianischen Preußen« habe. Wie es andererseits in Deutschland eine »Verantwortung für den polnischen Teil der preußischen Geschichte« gebe, »die uns nach wie

vor eng miteinander verbindet. Dank sei dem Gießener Historiker, dass er das so einprägsam darstellt. […] Deut-sche und Polen verbindet mehr, als den meisten bewusst ist.«Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg hat in Münster, BesanÇon und Mainz studiert. 1992 wurde er in Mainz mit einer Arbeit zum Übergang Westpreußens an die preußische Krone im Zuge der Ersten Polnischen Teilung promoviert. Von 1994 bis 2003 war er Wissenschaftli-cher Mitarbeiter des Deutschen His-torischen Instituts in Warschau, davon von 1999 bis 2002 als Stellvertretender Direktor. Anschließend arbeitete Hans-Jürgen Bömelburg bis 2007 als Wissen-schaftlicher Mitarbeiter am Nord-Ost-Institut in Lüneburg. 2005 habilitierte er sich an der Universität Halle-Witten-berg. 2007 wurde er auf die Professur für die Geschichte Ostmitteleuropas an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen. Prof. Bömelburg ist Mitglied diverser wissenschaftlicher Gremien, nicht zuletzt der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission. WINFrID halDer

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13 KonTRAPUnKT

gErHArT-HAupTMANN-HAus uNTErsTüTzTE iNiTiATivE

20% der Männer und 50% der Frauen an Vorsorgeuntersuchungen teil.«Die publikums- und medienwirksame Veranstaltung wurde von Anbeginn auch vom Düsseldorfer Gerhart-Haupt-mann-Haus unterstützt. Nachfragen bei renommierten Künstlerinnen und Künstlern, die dem Haus in der Bis-marckstraße verbunden sind, zeigten deren spontane Bereitschaft, ihre Wer-ke für den guten Zweck zur Verfügung zu stellen.So konnten an diesem Tag meistbietend und mit bestem Erfolg Exponate von Helga von Berg-Harder, Ulla Dretz-ler, Era Freidzon, Karl-Ulrich Peisker, Reinhardt Schuster und Alexander Stroh versteigert werden. Ihre Arbeiten wurden zudem in einem repräsenta-tiven Auktionskatalog vorgestellt, der die verschiedensten künstlerischen Techniken der beteiligten Freunde des Gerhart-Hauptmann-Hauses – Male-rei, Acrylarbeiten, Grafik, Serigraphie bis hin zur Fotokunst – eindrucksvoll dokumentiert.Die Künstlerinnen und Künstler, die im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus zum Teil seit vielen Jahren ihre Werke präsentieren, waren von der Ini-tiative »Mit Kunst gegen Krebs« be-geistert und hoffen auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr. DIrk urlaND

»MIT KUNST GEGEN KREBS«

Die Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-Haus

lädt ein zurGroßen Herbst-

veranstaltung Freitag, 9. November

2012, 19.30 Uhr

im Ausstellungsraum, Bismarckstraße 90

Gezeigt werden Malereien von Annelie Sonntag, Dortmund(die Künstlerin stammt aus dem Spreewald) sowieObjekte aus Papier von Hildegund Rißler, Essen(aus Böhmen stammend) In die Ausstellung führt die Künstlerin undPublizistin Ulla Dretzler ein

Heiteres und Besinnliches aus der ostdeutschen Poesiemoderiert der Schriftsteller Franz HeinzFür die musikalische Um-rahmung des Abendssorgt Roger Dretzler (Musikhochschule Münster) am Klavier

Alle Freunde der Künstler-werkstatt und des Hauses sind herzlich eingeladen

»Zum Ersten… Zum Zweiten… Zum Dritten«.Als medizinkundiger Auktionator führ-te der prominente Kabarettist Dr. Lud-ger Stratmann im April des Jahres durch eine Kunstversteigerung der besonde-ren Art. Mit Unterstützung des Landes-verbandes der Betriebskrankenkassen Nordwest (BKK – LV NW) wurde im Haus an der Essener Kronprinzenstraße eine erste Benefiz-Auktion zugunsten der Krebshilfe Nordrhein-Westfalen durchgeführt.Vor zahlreichem Publikum wurden 38 Gemälde, Drucke, Fotografien und Ob-jekte der bildenden Kunst versteigert.Auktionator Dr. Stratmann erzielte mit charmanter Beharrlichkeit und Ge-schick einen bemerkenswerten Erlös von rund 23.000 Euro.»Für die Krebsstiftung NRW ist die Kunstauktion ein erster großer Schritt in die Öffentlichkeit«, betonte Prof. Dr. Hans Georg Bender, Vorstandsvorsit-zender der Stiftung, die die Einnahmen für die qualitative Verbesserung der psychosozialen Krebsberatung in NRW verwenden will. »In Nordrhein-West-falen erkranken pro Jahr rund 100.000 Menschen neu an Krebs – Tendenz steigend«, erläuterte Manfred Puppel, Vorstand des BKK – Landesverbandes Nordwest, »trotzdem nehmen nur ca.

rEDAkTiON DEr bEilAgE kONTrApuNkT: frANz HEiNz

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14 KonTRAPUnKT

kuNsT uND kulTur iM AlTEN pfArrHAus

DAS KUNSTHAUS KaSPER IN KaMEN

unter seiner Leitung, Kunstkurse für Malerei und Zeichnen und für Plasti-sches Gestalten und Bronzeguss an. Im April hatte er zu einem Kunstseminar ins Künstlerhaus Lauenburg bei Ham-burg eingeladen. Im September 2012 fand die 7. Art Kamen in der Kamener Stadthalle statt, die Reimund Kasper verantwortlich in Zusammenarbeit mit seinem Künstlerkollegen Peter Tournée durchführte. Man kann auf weitere Ver-anstaltungen gespannt sein. Auf Anmeldung ist der Besuch des Kunst-hauses jederzeit möglich. Tel. 02307-797427. [email protected]

ner Ausstellung der Künstlerwerkstatt im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus aus. Der Schöpfungsprozess sei-ner Bilder ereignet sich in Geste, Spur, Flecken und Material. Der Künstler lässt sich auf keine Verbindlichkeiten ein – einmal ist sein Stil auf subtile Ästhetik angelegt, ein anderes Mal auf Provokation und Dissonanz. Mit hoher Sensibilität erkundet er im Malprozess die Bildstruktur.Nach dem großen Erfolg der ersten Ausstellung plant Reimund Kasper in seinem Kamener Kunsthaus weitere Kunstausstellungen. Daneben biete er,

Meldungen +++ Meldungen

Reimund Kasper, der als Leiter des Fachbereichs Kultur der Stadt Kamen viele Jahre das öffentliche Kulturle-ben der Stadt Kamen mitbestimmte, erwarb 1999 mit seiner Ehefrau eine historische Villa in Kamen, die 1903 als Privathaus für den damaligen Pfarrer von dem Bremer Architekten Friedrich Riepe gebaut wurde, der dem Haus sein norddeutsches Aussehen gab. Das Haus wurde bis 1996 überwiegend als Pfarr-haus benutzt. Reimund Kasper baute das Haus in den folgenden Jahren zu einem Kunsthaus um.Ende November 2011 veranstaltete Reimund Kasper in dieser außerge-wöhnlichen Architektur mit ihren ho-hen Räumlichkeiten und dem Charme der Jahrhundertwende die erste Aus-stellung mit dem Titel »Bilder von Köp-fen und Gesichtern«. Gezeigt wurden etwa 45 Arbeiten von Reimund Kasper, Anton David Noll aus Kamen, Frank Georgy und Thomas Hugo – Schüler von Professor Manfred Vogel an der FH Krefeld und heute in Köln und Düssel-dorf tätig. Drei Künstlergenerationen setzten sich mit dem Thema »Köpfe und Gesichter« auseinander und zeig-ten in sehr persönlichen Handschriften ihre Seh- und Empfindungsweisen der Zeit. Anton David Noll (1932-2008), der viele Schaffensjahre mit seiner ebenfalls künstlerisch tätigen Frau in Berlin verbrachte, nahm in seinem Werk Einflüsse der zeitgenössischen Musik und Literatur auf und improvisierte mit Tönen und Klängen. Sein bildnerisches Hauptwerk wird durch Montagetech-niken bestimmt. Er verbindet verschie-dene Realitätsebenen zu einer neuen bildlogischen Einheit. Frank Georgys Porträts zeigen Charaktere. Ähnlich-keiten zu realen Menschen sind für ihn unwichtig. Wesentliche Konturen und Formelemente erinnern im weitesten Sinne an Comics; der schwarze, be-stimmende Pinselstrich verleiht seinen Arbeiten Ruhe und Prägnanz. Thomas Hugos Kompositionen sind von Dy-namik und Emotionalität bestimmt. Er betont für ihn wichtige Einzelheiten.Reimund Kasper, 1947 als Sohn west-preußischer Eltern geboren, hat sich sowohl als vielseitiger Künstler wie auch als Kunstmanager einen Namen gemacht. Seine Werke befinden sich in vielen Sammlungen im In- und Ausland und im öffentlichen Raum. 2009 stellte er gemeinsam mit Era Freidzon in ei-

Karin Flörsheim las am 16. Sep-tember aus ihrem lyrischen

Werk im Frauenmuseum Bonn. Für den musikalischen Rahmen (Gitar-re, Klavier, Gesang) sorgten Daniela und Benjamin Flörsheim. Die Ein-führung in den Abend unternahm Christina zu Mecklenburg. Karin Flörsheim ist sowohl als bildende Künstlerin wie als Schriftstellerin bekannt. Im Rahmen der Künstler-werkstatt stellte sie 2010 im Düssel-dorfer Gerhart-Hauptmann-Haus aus. 2010 ist im Geest-Verlag ihr Buch »Die Wandlungen der Esther Flor« erschienen. Sie ist 1930 in Chemnitz geboren und lebt in Düs-seldorf.

Gabriele Hornig, 1945 in Schle-sien geboren und heute in Köln

und Plettenberg ansässig, zeigt bis 30. Oktober im AMORC-FORUM Baden-Baden die Ausstellung »Die Begegnung des I GING mit dem Rosenkranz« (Faltungen: verber-gen, verformen, fantasieren). Die Faltungen, so die Künstlerin, sollen die Bildaussage ergänzen oder kont-rastieren. Die Botschaft liegt verbor-gen in den Faltungen. In einer Zeit, in der alles offen gelegt ist, sollen die Faltungen den Betrachter zum Fin-den anregen. Arbeiten von Gabriele Hornig waren 2010 im Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf aus-gestellt.

kuNSthauS kaSper

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Eichendorffs Gedichte und auch seine Prosa gehören zum Weltkulturerbe. In den deutschsprachigen Ländern sind nahezu 1000 Straßen und Plätze und mehrere hundert Schulen nach ihm benannt. Die Pflege der Erinnerung an ihn und sein Werk an seinem Geburts-ort ist eine gemeinsame Aufgabe der Deutschen und Polen und zugleich ein versöhnender Brückenschlag zwischen unseren Völkern.

baues des Eichendorff-Schlosses einen Förderverein gegründet, der sich das Ziel gesetzt hat, durch Beiträge, Spen-den und Überschüsse aus Veranstaltun-gen, Reisen und anderen Maßnahmen insgesamt 6 Mio. Euro zu sammeln, davon 1,8 Mio. Euro für den eigentli-chen Wiederaufbau und 4,2 Mio. Euro für eine Kapitalstiftung für den späteren Unterhalt und Betrieb des Schlosses als Tagungs-, Bildungs-, Ausbildungs- und Begegnungsstätte sowie als Museum.

förDErvErEiN für DEN wiEDErAufbAu DEs EicHENDOrff-scHlOssEs gEgrüNDET

AUFRUF FÜR DEN WIEDEraUFBAU DES EICHENDORFF-SCHLOSSES IN LUBOWITZ (OBERSCHLESIEN)Das Schloss, in dem 1788 der Dichter Joseph von Eichendorff das Licht der Welt erblickte, befindet sich in dem Dörfchen Lubowitz, unweit der Stadt Ratibor, an der oberen Oder im jetzt polnischen Oberschlesien. Es wurde Ende Januar 1945 durch russischen Ar-tilleriebeschuss stark zerstört und in den Jahren danach von der örtlichen Bevöl-kerung als »Lieferant« von Baumaterial benutzt. Erst nach der politischen Wen-de im Jahre 1989 wurde der Lubowitzer Eichendorff-Verein gegründet, aus dem inzwischen die Eichendorff-Stiftung hervorgegangen ist, die Eigentümerin der Schlossruine und der umliegenden Park- und Gutsflächen wurde.Seitdem hat man bereits ein Begeg-nungszentrum mit einem Museum so-wie mehreren Tagungs- und Beherber-gungsgebäude errichtet.Die Stiftung hat beschlossen, das Schloss in der Form, wie es zu Lebzei-ten des Dichters ausgesehen hat, wieder aufzubauen und als kulturelles Zentrum der deutschen Volksgruppe in Polen und als »Haus der deutsch-polnischen Begegnung« zu nutzen.Mit Unterstützung deutscher und polnischer Sponsorengelder wurden bereits die Baupläne erstellt, Kosten-berechnungen vorgenommen und die Ruine gesichert.Die Landesgruppe Baden-Württem-berg der Landsmannschaft Schlesien hat zur Unterstützung des Wiederauf-

DaS eIcheNDOrFF-SchlOSS IN lubOWItz Im heutIgeN zuStaND

Meldungen +++ Meldungen +++Meldungen

Marie-Luise Salden präsentierte bis 29. September in der Japa-

nisch-Deutschen Kulturwerkstatt Tenri, Köln, die Ausstellung »Mit allen Fasern… Farb-Holzschnitt auf Japanpapier«. Das Werk der aus Elbing stammenden Künstlerin ver-mittelt durch seine vielfältigen und unterschiedlichen Akzente eine im-mer weiter greifende zeitliche und räumliche Orientierung. In die Aus-stellung führte Christina zu Meck-lenburg ein. Marie-Luise Salden leitete auch in diesem Sommer eine Werkstatt mit grafischen Techniken im Regionalmuseum Krockow/Po-len, der Außenstelle des Westpreu-ßischen Landesmuseums Münster.

Horsthardi Semrau stellte im Walter Cordes Wohnstift,

Duisburg Industrieporträts, Natur-landschaften, Stadtansichten sowie Bilder mit geistlicher und floraler Thematik aus. Der gebürtige Nie-derschlesier lebt seit mehr als vier-zig Jahren in Duisburg und war hier als Lehrer für Kunst, Literatur und Sprachpflege an einer Schule für Sozialpädagogik tätig. Der Künst-ler Horsthardi Semrau ist auch im literarischen Bereich erfolgreich. In der Beilage »Kontrapunkt« der Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-Haus sind wiederholt Gedichte und Aphorismen von Horsthardi Semrau zu lesen.

Reinhardt Schusters große Ein-zelausstellung »Farbklänge

– Klangfarben« in Bern/Schweiz stand unter der Schirmherrschaft des Botschafters der Bundesrepu-blik Deutschland, Peter Gottwald. Gezeigt wurden Malerei und Grafik sowie die Assemblage »Das wohl-temperierte Tastenbild«, womit der Künstler auf den Ausstellungsort im Yehudi-Menuhin-Forum der Stadt Bern künstlerisch Bezug nahm. Mu-sikalisch umrahmt wurde die Aus-stellung von den »Berner Sommer-serenaden«, die zeitgleich mit der Ausstellung von Reinhardt Schuster stattfanden. Der Künstler stammt aus Siebenbürgen und lebt heute in Bonn- Bad Godesberg.

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16 KonTRAPUnKT

EiNE lANgE lisTE vON AussTElluNgEN iM iN- uND AuslAND bElEgEN DiE ANErkENNuNg sEiNEs küNsTlEriscHEN wErks

FraNZ KUMHER 85 JAHRE ALT

wurde, die Dinge Bestand haben und aufgehoben sind für alle Zeit.

Franz Heinz

Die Robot-Harlekine, Antennen, groß-äugigen Module und gekuppelten Tore entwerfen eine Welt, in der alles sich auf der großen Bühne Leben präsentieren darf, frei und ohne die Dominanz des Anderen. Manchmal, mit einer gehöri-gen Portion Ironie, ähnelt dieses Welt-theater auch einem wohlsortierten Su-permarkt, wo das Kleine und das Große friedlich nebeneinander existieren und sich selbstbewusst darbieten. Wer mich akzeptiert und erwünscht, so scheinen die Dinge zu sagen, wird keine Fragen mehr stellen, ob ich eine Schraube, eine Tütensuppe, ein Windrädchen bin, oder der Petersdom, das Orakel von Delphi oder der Titus-Bogen auf dem Forum Romanum.

Beatrix Nobis

Zum 85. Geburtstag von Franz Kumher zei-gen das Deutsche Kulturhaus in Reschitza/Rumänien und das Kultur- und Dokumenta-tionszentrum der Landsmannschaft der Bana-ter Schwaben in Ulm Arbeiten des Künstlers.

Es ist die Verwunderung über das Sein und die Veränderung der Dinge, die Franz Kumhers Bilder bestimmt. Sie suchen den Dialog mit der Zeit, und nicht alles wird dabei nostalgisch um-flort. In seinen lichtkinetischen Arbei-ten »Sprachgitter« greift der Künstler dunkle Gedankengänge von Paul Celan auf, in den metaphysischen Bildbühnen finden sich hingegen neben den Sym-bolen der Vergänglichkeit und Vergeb-lichkeit auch Zeichen jener verhaltenen Heiterkeit, in der wir, wie einmal gesagt

Franz Kumher geht es um die Wei-terentwicklung der Bildsprache mit neuen Chiffren… Bei seiner Malerei und Grafik soll sich der Betrachter auf Spurensuche begeben, um Kumhers malerischen Dialog mit der Dingwelt in einem von Technik geprägten Zeitalter zu entschlüsseln oder zu deuten.Prof. Klaus Sliwka, Universität Osnabrück

Franz Kumhers Bilder werden – fernab von jeder Hoffnung und Versprechung –zu Betrachtungsfeldern, welche den letzten Dingen nicht ausweichen, son-dern in unbeirrbarer Wiederholung die Strukturen der Zeitlichkeit und damit der Wirklichkeit überhaupt aufdecken.

Prof. Dr. Josef Nolte

Aus historischen Brücken und den Antennendschungeln der Gegenwart, aus altem Mauerwerk und Computer-tastaturen werden Bausteine eines sich weiter und weiter ausdifferenzierenden Kosmos. Kumher sammelt Welt und Zeit zu symbolischen Andenken, die er in ausgewogener Architektur überein-ander schichtet.

André Mumot

Trotz der vordergründigen Gegen-ständlichkeit wird dem Betrachter der Hinweischarakter deutlich, der sich nicht zuletzt aus der Inszenierung der Objekte und ihrem inneren Bezug zu-einender ergibt. Der Mensch kommt in diesen wie in vielen anderen von der Kunstkritik als Still-Leben bezeichne-ten Malereien Kumhers nur scheinbar nicht vor. Als Gestalter dessen, was mit Tradition oder Fortschritt hintergrün-dig angesprochen wird, ist der Mensch im Bild gegenwärtig.

Dr. Walter Engel plakat zur auSStelluNg vON FraNz kumher IN reSchItza

Am 16. Juli beging Professor Franz Kumher in Hildesheim seinen 85. Geburtstag. Als Kind einer Handwerkerfamilie im Südbanter Bergstädtchen Orawitz geboren, schulte er schon früh den Blick fürs Praktische sowie den Sinn für das Schöne in und hinter den Dingen.1946 aus der Deportation in die Sowjetunion entlassen, gelangte er in den Kreis Einbeck in der damaligen britischen Bestzungszone. Bereits 1948 besuchte er die Pädagogische Hochschule Alfeld/Leine und daran anschließend die Werkkunstschule Hannover, Klasse Freie Grafik, Freie Malerei und Kunstpädagogik. Seine Ausbildung setzte er an der Hochschule für Bilden-de Kunst in Hamburg fort und schloss sie dort 1961 ab. Zusätzlich belegte er Malkurse in Oskar Kokoschkas Schule des Sehens in Salzburg sowie druckgrafische Ateliers in Salzburg und Hannover. Ab 1963 und bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1992 war Franz Kumher Professor für Bildende Kunst in Alfeld/Leine, Hildesheim und an der Universität Hildes-heim. Studienfahrten führten ihn wiederholt nach Italien, Spanien, Portugal, Österreich, in die Schweiz und nach Rumänien. Eine lange Liste von Ausstellungen im In und Ausland und zahlreiche bedeutende Kunstpreise belegen die Anerkennung seines künstlerischen Werks. Aus der Vielzahl an Presseberichten und kunstkritischen Analysen in Katalogen wiedergeben wir in Auszügen einige Passagen.

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Am 25. Juni 1922 trat der amtierende Reichskanzler der ersten deutschen Republik ans Rednerpult des Berliner Reichstags. Der Zentrumspolitiker Joseph Wirth hatte das Amt des Re-gierungschefs erst vor etwas mehr als einem Jahr übernommen, er stand an der Spitze einer Koalition aus Zentrum, SPD und linksliberaler DDP. Mit 41 Jahren war er der bis dahin jüngste deutsche Kanzler. In der vorausgegangenen parteiinter-nen Kandidatenkür hatte sich Wirth als Repräsentant des lin-ken Zentrumsflügels gegen den als kon-servativ geltenden Oberbürgermeister von Köln, Dr. Konrad Adenauer, durch-gesetzt.Wirths erste Amtszeit als Kanzler hatte allerdings nur wenige Monate gedauert, da er im Oktober 1921 bereits wieder zurückgetreten war – dies vor allem um den Protest seines Kabinetts gegen die von den alliierten Siegermächten des Ersten Weltkriegs angeordnete Tei-lung Oberschlesiens zugunsten Polens zum Ausdruck zu bringen. In einer äu-ßerst schwierigen politischen Situation aber hatte ihn der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert erneut mit der Regierungsbildung beauftragt, und Wirth hatte schweren Herzens zugestimmt und sein zweites Kabinett zusammengestellt. Dieses war aller-dings wiederum mehrfach umgebildet worden; die wohl wichtigste Änderung bestand darin, dass Wirth, der zuvor in Personalunion auch das Ressort Äuße-res geleitet hatte, am 01. Februar 1922 Walther Rathenau zum Außenminister bestellte.Rathenau war damit neben Reichs-wehrminister Otto Geßler der zweite Minister, der der DDP angehörte. Zu-gleich war er längst bevor er das neue Ministeramt antrat, eine der prominen-testen Persönlichkeiten in Wirtschaft, Kultur und Politik Deutschlands. Walther Rathenaus Vater, Emil Rathe-nau, hatte 1883/87 die »Allgemeine Electrizitäts-Gesellschaft« AEG ge-gründet, nachdem er das wirtschaftli-che Potential erkannt hatte, das in der damals hochmodernen Nutzung von elektrischer Energie zunächst vor allem zu Beleuchtungs- und Antriebszwecken steckte. Emil Rathenaus Unternehmen wuchs in sehr kurzer Zeit sprunghaft zu einem der größten deutschen Industrie-konzerne heran. Sein ältester Sohn Wal-

do, 08.11. 19.00 Uhr

vOrTrAg vON prOf. Dr. HANs MOMMsEN(ruHr-uNivErsiTäT bOcHuM)

Demokratiefeindschaft von rechts und der Untergang der Weimarer Republik - In Erinnerung an den 90. Todestag Walther Rathenaus

»NIcht Nur DIe glüheNDSte lIebe zu DeutSchlaND hatte

DIeSer maNN, Der DuNkleN mächteN zum OpFer geFalleN ISt, er hatte auch eINe tIeFe

lIebe zu preuSSeN.«(gerhart hauptmaNN über

Walther ratheNau, 27. JuNI 1922)

ther verlebte seine Kindheit und Jugend in Berlin und wurde durch umfassende Studien (Physik, Chemie, Maschinen-bau) in Straßburg, Berlin und München auf eine künftige Beteiligung an der Unternehmensführung vorbereitet. Al-lerdings hegte bereits der junge Walther Rathenau ein intensives Interesse auch

für bildende Kunst, Literatur und Politik. Seit 1893 übernahm er trotz eines zeitweilig gespann-ten Verhältnisses zu seinem Va-ter, Leitungsaufgaben innerhalb des Konzerns. Daneben begann

er frühzeitig auch als Autor mit kriti-scher Haltung zu Kultur und Politik seiner Gegenwart hervorzutreten. Eine sechsbändige Werkausgabe zeugt heute noch von der stupenden Produktivität Rathenaus, der immer nur gewisserma-ßen »nebenbei« schrieb. Durch seine künstlerischen Interessen kam Walther Rathenau in Kontakt mit zahlreichen Zeitgenossen aus der Kulturszene; eine Freundschaft verband ihn etwa mit Gerhart Hauptmann. Hauptmann vermittelte Rathenaus Aufnahme in den elitären Kreis der Autoren des S. Fi-scher-Verlages (darunter neben Haupt-mann u. a. Thomas Mann, Hugo von Hof-m a n n s t h a l , Richard Deh-mel oder Her-mann Hesse). Im Gegenzug widmete Ra-thenau Haupt-mann 1912 seine bedeutende Schrift »Zur Kritik der Zeit« »als Zeichen der Dankbarkeit, die ich als Deutscher dem Dichter unserer Zeit schulde, und als Gabe herzlicher Freundschaft.«Zum ersten Mal eine im engeren Sinne politische Funktion übernahm Walther Rathenau Mitte August 1914, wenige Tage nach Ausbruch des Ersten Welt-kriegs. Im Unterschied zum größten Teil der politischen und militärischen Führung des Deutschen Reiches hat-te Rathenau bereits erkannt, dass im Zeitalter der Hochindustrialisierung eine effektive Organisation der Kriegs-wirtschaft entscheidende Bedeutung für die Erfolgsaussichten einer Kriegs-partei hatte. Auf seine Anregung hin wurde im preußischen Kriegsminis-terium die »Kriegsrohstoffabteilung« eingerichtet, deren Leitung Rathenau

selbst antrat (zusätzlich zum Aufsichts-ratsvorsitz bei der AEG, den er seit 1912 innehatte). Seinem Organisationstalent war es wesentlich zu verdanken, dass die Versorgung der kaiserlichen Ar-mee insbesondere mit Munition nicht schon Ende 1914 zusammenbrach. Zwar schied Walther Rathenau aus der Funktion bei der Kriegsrohstoffabtei-lung bereits im März 1915 wieder aus, er hatte jedoch dauerhafte Impulse für die kriegswirtschaftliche Organisation gegeben.Mit der Novemberrevolution, dem Ende der Monarchie und der Gründung der Weimarer Republik Ende 1918 trat die Politik endgültig in den Vorder-grund der Tätigkeit Walther Rathenaus. Schon Mitte November 1918 wirkte er am Zustandekommen der ersten förm-lichen Vereinbarung zur Zusammenar-beit von Gewerkschaften und Arbeit-gebern (Stinnes-Legien-Abkommen) mit. Daneben konzentrierte er seine publizistische Tätigkeit auf Schriften zum politischen und wirtschaftlichen Neubeginn in Deutschland. Er schloß sich der neu gegründeten DDP an und wirkte als deren Wirtschaftsfach-

mann. In dieser Rolle wurde Rathenau auch beteiligt an der Lösung der au-ßen- und wirt-schaftspolitisch d r ä n g e n d s t e n und schwierigs-ten Problematik

der jungen Republik, nämlich der Frage der Reparationsleistungen an die Ad-resse der siegreichen Kriegsgegner, so wie sie der Versailler Vertrag vom Juni 1919 forderte. Rathenau plädierte da-für, den Versuch zu unternehmen, den Reparationsforderungen der Alliierten möglichst weitgehend nachzukommen – letztlich aber in der Intention da-mit unter Beweis zu stellen, dass diese schlechterdings unerfüllbar waren und zugunsten Deutschlands revidiert wer-den müßten. Er vertrat folglich mutig eine weitaus realistischere, allerdings auch äußerst unpopuläre Auffassung zur Reparationsfrage als die meisten anderen Politiker. Insbesondere sei-tens der rechtsradikalen Kräfte wurde Rathenau als »Erfüllungspolitiker« ge-schmäht und zum Hassobjekt gemacht fOrTsETzuNg Auf sEiTE 18

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18 VoRTRAg

– ohne dass diese in der Reparationspo-litik in Anbetracht der massiven Über-legenheit der Siegermächte eine irgend praktikable Alternative zu bieten gehabt hätten. Rathenau eignete sich für die rechtsradikal-antisemitischen Kräfte auch in Anbetracht seiner Herkunft aus einem wohlhabenden jüdischen Unter-nehmerhaushalt offenbar besonders als Feindbild.Nachdem Walther Rathenau am 1. Februar 1922 im Kabinett Wirth die Leitung des Auswärtigen Amtes über-nommen hatte, trat er noch mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Schon we-nige Wochen später, Mitte April 1922 reiste Rathenau als Außenminister mit Reichskanzler Wirth zu einer internati-onalen Wirtschaftskonferenz nach Ge-nua. An deren Rand vereinbarte Rathe-nau am 16. April 1922 mit der ebenfalls angereisten Delegation der jungen, von Wladimir I. Lenin beherrschten Sow-jetunion unter Führung von deren Au-ßenminister Georgi Tschitscherin im nahegelegen Rapallo einen Vertrag, der die Weltöffentlichkeit überraschte. Die beiden infolge von Krieg und Revoluti-on international isolierten Staaten sag-ten sich gegenseitig einen Verzicht auf jegliche Wiedergutmachungsleistun-gen zu und verabredeten zugleich die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Beziehungen.Walther Rathenau zeichnete damit für eine der wichtigsten Etappen der deut-schen Außenpolitik nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verantwortlich. Der außenpolitische Überraschungs-erfolg führte allerdings nicht dazu, dass die Schmähungen gegen Rathenau nachgelassen hätten. Ein bereits zuvor geschmiedetes Mordkomplott nahm seinen Lauf.Am Morgen des 24. Juni 1922 wollte Walther Rathenau von seiner Berliner Privatvilla ins Auswärtige Amt in der Wilhelmstraße fahren. Er befand sich trotz vorausgehender Morddrohungen lediglich in Begleitung seines Chauf-feurs. Bald nach der Abfahrt wurde Ra-thenaus offenes Cabriolet von einem anderen Fahrzeug überholt. Als sich beide Autos auf gleicher Höhe befan-den, eröffnete einer der beiden Atten-täter, der 23-jährige Erwin Kern, mit einer Maschinenpistole das Feuer auf Rathenau. Sein Mittäter, der 26-jährige Hermann Fischer, warf eine Handgra-nate in den Fonds des Minister-Wagens. Walther Rathenau war sofort tot.Beide Mörder hatten im Ersten Welt-krieg als junge Offiziere gedient, beide hatten danach verschiedenen Freikorps angehört. So wie der Kreis ihrer Unter-stützer, die die Tat mitvorbereitet und

Kern und Fischer zunächst zur Flucht verholfen hatten, waren sie Mitglieder der rechtsradikalen »Organisation Consul« (O.C.). Die O. C. war eine weitverzweigte Terrororganisation, die der ehemalige Marine-Offizier und Freikorpsführer Hermann Ehrhardt 1920 gegründete hatte. Ihre Mitglieder waren wie Kern und Fischer mehrheit-lich einstige Offiziere, die meisten wa-ren noch keine 30 Jahre alt. Angehörige der O.C. waren auch in die Ermordung des Zentrumspolitikers Matthias Erz-berger am 26. August 1921 und einen Anschlag auf den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann am 4. Juni 1922 verwickelt, den dieser nur durch Zufall überlebte. In bei-den Fällen hatten die Attentäter – wie bei Rathenau – ihre unbewaffneten Op-fer, die keinen Polizeischutz hatten, auf offener Straße angegriffen.Die beiden eigentlichen Täter des Ra-thenau-Mordes wurden rund drei Wo-chen nach der Tat auf der Burg Saaleck von der Polizei gestellt, Kern wurde erschossen, Fischer beging Selbstmord. Gegen einen Teil der weiteren Tatbe-teiligten wurden wenig später zum Teil hohe Haftstrafen verhängt. Allerdings war selbst der Fahrer des Wagens, in dem Kern und Fischer gesessen hatten, der wegen Beihilfe zum Mord zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, auf-grund einer Amnestie bereits Anfang 1930 wieder frei.Reichskanzler Wirth stand also an je-nem 25. Juni 1922 am Rednerpult des Reichstages, am Tag nach dem Mord an Walther Rathenau. Zunächst machte er die hasserfüllten Anwürfe von deutsch-nationalen Politikern gegen Rathenau für die »Mordatmosphäre« verant-wortlich, aus der schließlich die Tat hervorgegangen sei. Gerade Rathenau mit seinem eminenten Verhandlungs-geschick auch gegenüber den alliierten Siegermächten werde nun bitter fehlen. Wirth schloß seine Rede mit dem Aus-ruf: »Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden des Volkes träufelt. – Da

steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!«Prof. Dr. Hans Mommsen geht in sei-nem Vortrag den Triebkräften der »Konterrevolution« von rechts und de-ren Rolle beim Scheitern der Republik von Weimar nach. Die Kräfte, die in den ersten Jahren der Republik direkt oder indirekt hinter den Morden an Matthias Erzberger und Walther Rathenau sowie ungezählten weiteren Gewalttaten stan-den, waren auch an ihrer letztendlichen Vernichtung seit Beginn der 1930er Jahre beteiligt. Prof. Mommsen stellt das Wirken dieser politischen Richtung in einen gesamteuropäischen Zusam-menhang.

Hans Mommsen ge-hört seit Jahrzehnten zu den international r e n o m m i e r t e s t e n deutschen Zeithis-

torikern und den besten Kennern der Geschichte der Weimarer Republik und der NS-Diktatur. Zu diesem The-menfeld hat er eine Vielzahl von Ver-öffentlichungen vorgelegt, darunter nicht zuletzt den voluminösen Band »Aufstieg und Untergang der Repub-lik von Weimar 1918-1933« (3. Aufl., München 2009). Er hatte von 1968 bis zu seiner Emeritierung 1996 den Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum inne. Hans Mommsen hat Gastprofessuren beziehungsweise Forschungsaufent-halte an den Universitäten Princeton, Harvard, Berkeley, Washington D. C. und Jerusalem absolviert. Er war und ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gremien. 2010 nannte ihn die »Zeit« anläßlich seines 80. Geburtstages einen »der ganz Großen seines Fachs«. Im gleichen Jahr erhielt er für sein Gesamt-werk den »Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch«.Der Vortrag eröffnet eine Veranstal-tungsreihe, die sich aus gegebenem Anlass mit rechter Gewalt und Demo-kratiefeindlichkeit in der deutschen und europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt. Sie wird 2013 fortgesetzt.

WINFrID halDer

Schülerexkursion nach Schlesien

31.10- 04.11. 2012

fOrTsETzuNg vON sEiTE 17

IN zuSammeNarbeIt mIt Der vOlkShOchSchule

DüSSelDOrF

Nach den Herbst-Ferien heißt es »Geschichte (er)leben«. Vom 31.10. - 04.11.2012 geht es zu einer deutsch-polnischen Schülerbe-gegnung nach Schlesien mit Zwi-schenstation in Görlitz und ei-nem Projekttag am Schlesischen Museum dort. Die nächsten Tage verbringen die deutschen, Lehrer, Schülerinnen und Schüler mit einer polnischen Schülergruppe und

starten gemeinsame Aktionen von Krei-sau (Krzyzowa) aus. Gemeinsam bege-

ben sie sich auf Spurensuche zu wichtigen deutsch-polnischen Erinnerungsorten, in Kreisau, zur Friedenskirche in Schweid-nitz und natürlich nach Breslau, der vom miteinander leben und dann durch Flucht und Vertrei-

bung von jüdischen, polnischen und deutschen Bürgern geprägten Stadt. kS

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19 VoRTRAg

»Er ist der letzte, den wir, ohne uns des Wortes zu verdrießen, einen Dichter-fürsten nennen dürfen.« Vorbild und Ansporn oder Negativbeispiel? Zur Nachwirkung Gerhart Hauptmanns auf folgende Autorengenerationen

vOrTrAg vON prOf. Dr. sigfriD HOEfErT (uNivErsiTy Of wATErlOO)

mi, 14.11. 19.00 Uhr

Als Carl Zuckmayer Ende Dezember 1896 geboren wurde, war Gerhart Hauptmann als 34-Jähriger bereits ein arrivierter Dichter. Die skandalträchti-gen Uraufführungen von »Vor Sonnen-aufgang« (1889) und »Die Weber« (1893/94) lagen hinter ihm, der heftige Meinungsstreit über Wert oder Unwert der »naturalistischen« Theaterdichtung Hauptmanns, der auch in diversen Gerichts-verfahren ausgetragen worden war, hatte ihm ungeahnte Pro-minenz verschafft. Der heran-wachsende Zuckmayer fand im reich bestückten Bücherschrank seines Elternhauses in Mainz kurz vor dem Ersten Weltkrieg nicht zuletzt die Stücke Hauptmanns vor. Seine Eltern wurden, wie Zuckmayer später schrieb, ob ihrer Neigung zur literarischen Mo-derne im bürgerlich-konservativen Verwandtenkreis »für etwas verrückt« gehalten. Dem seinerseits leidenschaft-lich an Literatur interessierten Sohn be-scherten sie so freilich Leseeindrücke, die er nicht mehr vergessen sollte.Bevor Zuckmayer selbst die deutschen Bühnen erobern konnte, lag allerdings die Erfahrung des Ersten Weltkriegs vor ihm. Als 17-jähriger Abiturient meldete er sich noch im August 1914 freiwillig zum Dienst in der kaiserlichen Armee. Erst im Herbst 1918 kehrte Zuckmayer heim, als ordensgeschmückter Leut-nant eines Feldartillerie-Regiments und für den Rest seines Lebens geheilt von aller Verherrlichung von Militär und Krieg.Nach schwierigen Jahren als junger, zu-nächst erfolgloser Autor zu Beginn der Weimarer Republik, gelang Zuckmay-er mit der Uraufführung seines Stücks »Der fröhliche Weinberg« kurz vor Weihnachten 1925 im Berliner Theater am Schiffbauerdamm der Durchbruch. Zuckmayer war inzwischen 28 Jahre alt, ein Jahr älter als Gerhart Hauptmann bei der Premiere von »Vor Sonnenauf-gang« gewesen war. Und auch »Der fröhliche Weinberg« spaltete die Mei-nungen: Einerseits wurde das Stück ein gewaltiger Publikumserfolg, der seinen Autor nicht zuletzt materiell unabhän-gig und bekannt machte, andererseits wurde Zuckmayer heftig angefeindet. Seine derbe, »naturalistische« Sprache wurde kritisiert, die in seinem Stück ins Lächerliche gezogenen »schneidigen« Korpsstudenten und nationalistischen

Phrasendrescher sollten ihm das nie verzeihen. Als Zuckmayer am 5. März 1931 mit »Der Hauptmann von Kö-penick« einen weiteren spektakulären Bühnenerfolg erzielte, wurde er voll-ends zur Zielscheibe des Hasses aus dem rechten und rechtsextremen politi-

schen Lager. Zuckmayer nahm, beruhend auf der wahren Ge-schichte des dreisten Verklei-dungsstreichs des Schusters Wilhelm Voigt, der sich am 16. Oktober 1906, angetan mit einer alten Hauptmanns-Uni-form, völlig ungehindert der

Stadtkasse des damals vor den Toren Berlins gelegenen Köpenick bemäch-tigt hatte, Militarismus und übertrie-bene Ehrfurcht vor – vermeintlichen – »Respektspersonen« auf ’s Korn. Premierenort war im Übrigen das in-zwischen längst von Max Reinhardt geleitete Deutsche Theater in Berlin – mithin die gleiche Bühne, auf der nach dem für Gerhart Hauptmann erfolgrei-chen Rechtsstreit 37 Jahre zuvor erst-mals »Die Weber« öffentlich gespielt worden waren.Jenseits dieser äußerlichen Parallele kannten und schätzten sich Hauptmann und Zuckmayer inzwischen persön-lich. So fiel es nicht von ungefähr Carl Zuckmayer zu, als 35-jähriger Erfolgs-autor dem doppelt so alten Kollegen Hauptmann im November 1932 zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Anders als manch anderer (etwa der seinerseits mit Zuckmayer befreundete, 1898 ge-borene Bert Brecht, ebenfalls damals schon ein ausgesprochen erfolgreicher Bühnenautor der jungen Generation) hielt Zuckmayer Hauptmann nicht einfach für einen »Mann von gestern«, sondern betonte, wie viel er und andere dem Älteren zu verdanken hatten.Die Geburtstagsrede für Gerhart Hauptmann in den Berliner Messehal-len am 15. November 1932 war einer der letzten öffentlichen Auftritte Carl Zuckmayers – nur wenige Wochen später begann mit der Berufung Hit-lers zum Reichskanzler die Errichtung der NS-Diktatur. Einer wie Zuckmayer konnte unmöglich in Deutschland blei-ben, er ging sogleich in die Emigration, zunächst nach Österreich, später über die Schweiz und Frankreich in die USA

(1939).Zuckmayer, seit 1946 US-Staatsbürger, war auch nach 1945, besonders mit dem 1943 entstandenen Stück »Des Teufels General«, einer der erfolgreichsten deutschen Bühnenautoren. So war er erneut der Festredner, als es 1962 galt, den 100. Geburtstag Gerhart Haupt-manns zu feiern. Und wieder verneigte er sich tief vor dem inzwischen längst verstorbenen Kollegen. Zuckmayer führte aus: »Man sagt, ein großer Mann sei wie ein Baum, in dessen Schatten wir ausruhen. Er ist aber auch auch wie ein Berg, ein Felsgipfel, über den wir nicht wegsehen können, es sei denn, wir be-geben uns in gleiche Höhe. So bedeutet er für uns Ansporn zu fortgesetzter Be-mühung, zur Aufwärtsbewegung, und gleichzeitig umdacht er uns mit seiner schützenden Krone. Er selbst trug eine unsichtbare Krone, er trug sie als Last und er trug sie als Begnadung. Er ist der letzte, den wir, ohne uns des Wortes zu verdrießen, einen Dichterfürsten nen-nen dürfen.«Carl Zuckmayer war keineswegs der einzige, der über Gerhart Hauptmann nicht »wegsehen« konnte und wollte. Vielmehr haben zahlreiche deutsche Autorinnen und Autoren vor allem des 20. Jahrhunderts sich direkt oder indirekt auf Hauptmann bezogen oder sich an ihm gemessen. Schließlich war er der vierte von bisher insgesamt nur acht deutschen Literaturnobelpreisträ-gern (Hermann Hesse und Nelly Sachs waren zum Zeitpunkt der Preisverlei-hung keine deutschen Staatsbürger mehr). Der Vortrag von Prof. Dr. Sigfrid Hoefert spürt den Nachwirkungen Ger-hart Hauptmanns bis in die Gegenwart hinein nach. Prof. Hoefert nimmt etwa den Oberschlesier Horst Bienek in den Blick oder den Danziger Günter Grass, der als siebter deutscher Autor den Li-teraturnobelpreis erhalten hat (1999).Prof. Hoefert hat bis zu seiner Emeri-tierung viele Jahre lang deutsche Lite-ratur an der University of Waterloo in Ontario (Kanada) gelehrt. Er ist einer der besten Kenner des Werkes von Gerhart Hauptmann und hat zahlreiche einschlägige wissenschaftliche Werke veröffentlicht. Soeben ist der Band IV der von Sigfrid Hoefert bearbeiteten In-ternationalen Bibliographie zum Werk Gerhart Hauptmanns erschienen.

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20 BUchVoRsTELLUng

Der vorliegende Band ist schon rein äußerlich ein Schwergewicht: Zwi-schen dem ersten (»Ägypter«) und dem letzten Stichwort (»Zwangsassi-miliation«) liegen 306 weitere Artikel und mehr als 700 Druckseiten Text. Über 120 internationale Au-torinnen und Autoren haben mitgearbeitet an dem wissen-schaftlichen Mammutwerk, das ein zentrales Thema der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts behandelt, nämlich »ethnopolitisch mo-tivierte und zumeist staatlich induzierte Zwangsmigration«. Was die Herausge-ber in ihrem Vorwort so exakt und wis-senschaftlich distanziert formulieren, bringt der Haupttitel des Buches all-gemeinverständlicher zum Ausdruck: »Lexikon der Vertreibungen. Deporta-tion, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhun-derts«. Das umreißt ein wahrhaft wei-tes Themenfeld, denn die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts, des »Zeitalters der Extreme« (Eric Hobs-bawm), verzeichnet eine Fülle von mal mehr, mal weniger gewaltsamen Be-völkerungsverschiebungen – und zwar während fast seiner gesamten Dauer. Die zeitliche Spannbreite reicht vom ersten Höhepunkt massiver Vertreibun-gen in unterschiedlichen europäischen Regionen kurz vor dem und im Ersten Weltkrieg bis hin zum erzwungenen Heimatverlust von Hunderttausenden von Menschen in Ex-Jugoslawien in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts. Die Anzahl der mehr als 300 Stichwor-te lässt die Komplexität der Aufgabe, der sich Herausgeber und Autorinnen und Autoren gestellt haben, lediglich erahnen.Ein wenig deutlicher wird, welche defi-nitorischen und inhaltlichen Probleme zu bewältigen waren, wenn man zu-nächst lediglich den ersten Beitrag liest. »Ägypter« – schon bei der Überschrift stutzt gewiß so mancher, denn was ha-ben die »Ägypter« denn für den land-läufig Interessierten mit Vertreibungen in Europa zu tun? Der Artikel freilich belehrt den Leser rasch darüber, dass es sich bei diesen »Ägyptern« um eine zahlenmäßig kleine Bevölkerungsgrup-pe handelt, die überwiegend im Koso-vo beheimatet ist. Und zugleich kann er einiges lernen über die Schwierigkeiten, die Selbst- und Fremdzuschreibungen

der »Identität« von Menschengruppen mit sich bringen. Die »Ägypter« sind dem eigenen Herkunftsmythos nach Nachfahren ägyptischer Soldaten, die einst mit Alexander dem Großen (356-323 v. Chr.) in die Region kamen und

sich niederließen. Somit postu-lieren sie ein allerdings uraltes Heimatrecht – sie sprechen Serbisch, sind dabei Muslime, werden zum Teil für assimilier-te Roma gehalten, sehen sich aber selbst eben als eigenstän-dige Ethnie und passen folglich

in kein Schema.Ethnien, zumal solche, die über lange Zeiträume in enger Nachbarschaft mit-einander leben, wirklich trennscharf zu unterscheiden, ist nachgerade unmög-lich – eine vermeintlich banale Einsicht. Die Idee eines völlig unzweideutig ge-gen andere abgrenzbaren »Volkes« war immer eine Fiktion, mit der Lebenswirklichkeit von in räumlicher Nähe miteinander lebenden Menschen nicht ver-einbar. Dennoch wurde diese Fiktion geschichts-mächtig, vor allem durch die, wie das Lexikon prägnant formuliert, »Aufwertung der Ethni-zität zum staatsbildenden Prinzip«. Die sich vor allem im 19. Jahrhundert in Europa durchsetzende Leitidee des »Nationalstaates«, in des-sen Grenzen eben nur die eine sprach-lich, kulturell und ethnisch einheitliche Nation lebt, war von vornherein ein Konstrukt, das reale Bevölkerungsver-hältnisse ignorierte oder gar verleugne-te. Selbst auf den »Modellfall« Frank-reich passte dieses Konstrukt nicht wirklich – nicht einmal zum Zeitpunkt der scheinbar glorreichen Überhöhung der nachrevolutionären »Grande Na-tion« zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Schon an deren Spitze stand nämlich ein italienischstämmiger Korse, der die Schreibweise seines Nachnamens Buo-naparte erst den französischen Gepflo-genheiten anpassen mußte …Ihr mangelnder Realitätsbezug freilich hat nicht verhindert, dass die National-staatsidee zur wesentlichen, wenn auch sicherlich nicht einzigen ideologischen Grundlage der Vertreibungen im »Zeit-alter der Extreme« wurde. Das vorlie-

gende Lexikon – das ist einer seiner wichtigsten Vorzüge – läßt nicht zuletzt deutlich werden, dass die Vertreibung der Deutschen aus Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa um die Mitte des 20. Jahrhunderts eingebettet ist in ein viel umfassenderes, komplexes Zwangsmi-grationsgeschehen, dass also Vertrei-bung ein deprimierendes Signum der europäischen Zeitgeschichte insgesamt ist. Wem es um den historischen Ort der Vertreibung der Deutschen geht, wer nicht stets in die Irre führenden Verkürzungen und Vereinfachungen unterliegen will, der kommt an diesem Lexikon nicht vorbei.Die verhältnismäßig kurze Entste-hungsgeschichte des »Lexikons der Vertreibung« ist zugleich ein Zeugnis des Wandels nicht allein der deutschen, sondern der europäischen Erinne-rungskultur insgesamt in den letzten

Jahren. Zu Inhalt und Entstehung des Bandes referiert Prof. Dr. Detlef Brandes, der dem hoch-karätigen Herausgeber-gremium angehört und selbst zahlreiche Beiträ-ge beigesteuert hat. Prof. Brandes ist in Düsseldorf bestens bekannt als her-ausragender Experte so-wohl für die Geschichte der Deutschen in Böh-men und die Entwick-lung der deutsch-tsche-chischen Beziehungen

wie auch für die Geschichte der Deut-schen in Russland. Prof. Brandes hatte nach früheren wissenschaftlichen Tä-tigkeiten am Collegium Carolinum in München und an der Freien Universität Berlin seit 1991 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf den Lehrstuhl für Kultur und Geschichte der Deut-schen im östlichen Europa inne. Im Jahre 2008 wurde er emeritiert. Ne-ben anderen Würdigungen seines wis-senschaftlichen Schaffens wurde ihm 2001 die Ehrendoktorwürde der Prager Karls-Universität verliehen. Prof. Bran-des war zudem viele Jahre lang Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus.

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Das »Lexikon der Vertreibungen« kann auch über die Landeszentrale für politi-sche Bildung Nordrhein-Westfalen bezo-gen werden (www.politische-bildung.nrw.de; Tel. 0211/837-4593).

mo, 19.11. 19.00 Uhr

bucHvOrsTElluNg uND DiskussiON MiT prOf. Dr. Dr. H.c. DETlEf brANDEs (HEiNricH-HEiNE-uNivErsiTäT DüssElDOrf)

Ägypter bis Zwangsassimilitation. Das »Lexikon der Vertreibungen« – ein Meilenstein zur Geschichte des »Zeitalters der Extreme«

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21 LEsUng & gEsPRäch

Gerhart Hauptmanns lebenslange Ver-bundenheit mit Schlesien wird schon rein äußerlich augenfällig: Er wurde 1862 im schlesischen Obersalzbrunn geboren, er starb 1946 im ebenfalls schlesischen Agnetendorf. Zwischen dem Geburts- und dem Ster-beort Hauptmanns liegen nur wenige Kilometer, so dass man auf den ersten Blick meinen könnte, der Dichter sei zeit sei-nes Lebens nie aus einem eng begrenzten regionalen Umfeld herausgetreten.Natürlich ist das nicht der Fall. Für die künstlerische Entwicklung und den künstlerischen Erfolg Hauptmanns war Berlin von entscheidender Bedeu-tung. Von 38 Bühnendichtungen, die zu Hauptmanns Lebzeiten uraufgeführt wurden, hatten 27 in Berliner Thea-tern Premiere. Hauptmann hat längere Zeit in Berlin beziehungsweise dessen unmittelbarer Nähe gelebt, er war ein weitgereister Mann, der viel mehr von Europa gesehen hatte als wohl die meis-ten seiner Altersgenossen im Zeitalter vor dem Massentourismus, er war, da-mals gewiß noch ungewöhnlicher, zwei Mal jenseits des Atlantik zu Gast in den USA (1894 und 1932). Und doch blieb er mit seiner schlesischen Heimat verbunden: Als sich der dichterische Erfolg des noch nicht 40-Jährigen auch materiell niederzuschlagen begann, ließ er sich das Domizil in Agnetendorf bau-en; 1901 fertiggestellt, blieb das reprä-sentative Haus am Rande des Riesenge-birges sein wichtigster Rückzugsort bis zum Tod.Neben diesen äußeren Verbindungs-linien sind die schlesischen Bezüge in Hauptmanns Schaffen noch bedeutsa-mer. »Vor Sonnenaufgang«, das erste Drama des bis dahin nahezu völlig un-bekannten Dichters, das am 20. Okto-ber 1889 in der Freien Bühne Berlin uraufgeführt wurde, spielt im Walden-burger Kohlerevier. Als Ort der Hand-lung ist unschwer Weißstein erkennbar, dessen Namen Hauptmann nur sehr vordergründig in »Witzdorf« verfrem-det hat. Die Premiere des drastischen Stücks um den Niedergang einer durch die Kohlefunde reich gewordenen und zugleich der Alkoholsucht verfallenen Bauernfamilie geriet zum ersten The-aterskandal in Hauptmanns Karriere und bescherte dem 26-Jährigen unge-ahnte öffentliche Aufmerksamkeit.

TExTE & TöNE – gErHArT HAupTMANNs scHlEsiscHE DicHTuNgENlEsuNg uND gEspräcH MiT frANk scHAblEwski uND pD Dr. JürgEN NEllEs

»Auch nur das erste Vierteljahrhundert meines Lebens im Sinne der Kunst auszuwerten, war mir eine Unmöglichkeit.«

Mit dem folgenden Stück »Die We-ber« ging Hauptmann noch weiter: Ei-nerseits legte er mit dem berühmt-be-rüchtigten schlesischen Weberaufstand des Jahres 1844 ein reales historisches Geschehen zugrunde. Die Weberdör-

fer, deren verzweifeltes Aufbe-gehren gegen Ausbeutung und Elend nicht einmal 20 Jahre vor Hauptmanns Geburt von preu-ßischen Soldaten gewaltsam erstickt worden war, lagen un-weit von seinem eigenen Hei-matort. Und er hat die Gegend,

zu diesem Zeitpunkt längst wohnhaft in Berlin, eigens mehrfach bereist, um Ma-terial und Impressionen zu sammeln. Die Niederschrift der »Weber« fand nach Hauptmanns eigenem Zeugnis 1891/92 im schlesischen Schreiberhau statt, ebenfalls in der gleichen Region gelegen. Er hat das Stück zudem seinem Vater Robert Hauptmann gewidmet, mit dem ausdrücklichen Verweis da-rauf, dass die Erzählungen des Vaters über dessen Vater, der selbst noch We-ber gewesen war, den ursprünglichen Anstoß für das Drama gegeben hatten. Schließlich schrieb Hauptmann die ers-te, Ende 1891 fertiggestellte Fassung in ihm natürlich vertrauten schlesischen Dialekt nieder. Seine naturalistische Kunstauffassung veranlaßte ihn hier-zu – obwohl dem jungen, gerade erst bekannt gewordenen Dichter klar sein mußte, dass er damit für große Teile seines Publikums schon allein sprach-liche Verständnisprobleme schuf. Die Aufführung der Dialektfassung wurde allerdings Anfang März 1892 von der Berliner Theaterpolizei verboten, da sie angeblich eine »Bedrohung der öf-fentlichen Ordnung« mit sich bringen würde. Erst danach schrieb Hauptmann eine Version, die im Wesentlichen in Hochdeutsch abgefasst ist. Deren erste Aufführung war am 26. Februar 1893 nur als »geschlossene Veranstaltung« wiederum in der Berliner Freien Bühne möglich. Das Recht auf »normale«, ei-nem interessierten Publikum ohne Ein-schränkungen zugängliche Aufführun-gen mußte Hauptmann freilich noch gerichtlich erstreiten. Das dauerte bis zum Herbst 1894.Mit dem gewaltigen öffentlichen Auf-sehen, das der heftige politische und juristische Meinungsstreit über die Zu-lässigkeit der Aufführung von Gerhart Hauptmanns wohl »schlesischstem«

Stück mit sich brachte, war er als Autor endgültig etabliert. Obgleich auch Kai-ser Wilhelm II. Stück und Autor auf das schärfste ablehnte – von den deutschen Bühnen auf Dauer fernhalten konnte er »Die Weber« nicht. Das Kaiserreich war eben bei aller Kritikwürdigkeit beileibe keine totalitäre Diktatur, die sich auch das kulturelle Leben voll-ständig zu unterwerfen bestrebt ist. Und Hauptmann wurde mit rasanter Geschwindigkeit auch international bekannt: Nur drei Monate nach der Berliner Uraufführung hatte die franzö-sische Übersetzung des Stücks in Paris Premiere – als erstes ursprünglich deut-sches Stück, dass in der französischen Hauptstadt seit der Kriegsniederlage von 1870/71 auf die Bühne kam. Noch vor Ende des Jahres 1894 konnte auch das New Yorker Theaterpublikum die schlesischen Weber und ihr Leid auf der Bühne erleben.Auch in späteren Werken Hauptmanns spielt Schlesien als Erfahrungs- und Handlungsort eine bedeutsame Rolle. Dies gilt etwa für das Drama »Rose Bernd« (1903), in das Erinnerungen Hauptmanns an seine Zeit als 16-jäh-riger »Landwirtschaftseleve« nahe Striegau (in der Nähe von Schweidnitz) eingeflossen sind. Bezeichnend ist, dass Hauptmanns Autobiographie »Das Abenteuer meiner Jugend«, die der in-zwischen 75-Jährige 1937 publizierte, zum allergrößten Teil den Kindheits-jahren im elterlichen Hotel- und Gast-wirtschaftsbetrieb in Obersalzbrunn gewidmet ist. Dort heißt es: »Auch nur das erste Vierteljahrhundert meines Le-bens im Sinne der Kunst auszuwerten, war mir eine Unmöglichkeit.«Die längste Zeit aber dieses ersten Vier-teljahrhunderts hat Gerhart Haupt-mann in Schlesien zugebracht.Die Veranstaltung führt Leben und Schreiben des Literaturnobelpreisträ-gers vor Augen und wirft dabei vor al-lem Blicke auf die ‚schlesischen Spuren‘ in Gerhart Hauptmanns literarischen Werken. Gerhart Hauptmanns Werk und Person werden lebendig durch ausgewählte Texte & Töne. Jürgen Nelles und Frank Schablewski führen im Dialog durch Werk und Biographie von Gerhart Hauptmann.Privatdozent Dr. Jürgen Nelles lehrt

mi, 21.11. 19.30 Uhr

fOrTsETzuNg Auf sEiTE 22 uNTEN liNks

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22 VoRTRAg

Er war kein Unbekannter im unserem Haus, im Gegenteil. Zuletzt war er im November 2009 hier zu Gast. Damals hat er – gemeinsam mit dem Ungarn György Dalos – Bilanz gezogen, 20 Jahre nach dem Umbruch in Ostmit-teleuropa, von dem seine tschechi-sche Heimat in so besonderer Weise betroffen gewesen war. Jiři Gruša konnte das wie kaum ein anderer, denn sein Leben wurde von den Umbrüchen der tschechischen Geschichte ge-prägt. Gruša wurde am 10. November 1938 in Pardubice geboren – da stand der Untergang der kurzlebigen zweiten tschechoslowakischen Republik schon unmittelbar bevor. Das Sudetenland war infolge des Münchner Abkommens vom 29. September 1938 bereits abge-trennt, die Besetzung des tschechischen Restgebietes und dessen Umwandlung in das »Reichsprotektorat Böhmen und Mähren« erfolgte als der kleine Jiři noch kein halbes Jahr alt war. Die Kindheitseindrücke, die er während der deutschen Besatzungszeit sammelte, waren gewiß nicht unwichtig, geprägt wurde Jiři Gruša jedoch durch sein Aufwachsen in der (dritten) tschecho-slowakischen Republik CSR, die seit ihrer Gründung 1945 in immer offene-re Abhängigkeit von der stalinistischen Sowjetunion geriet. Als die CSR 1960 förmlich in Tschechoslowakische Sozi-alistische Republik umbenannt wurde, studierte Gruša an der Prager Karls-Universität Philosophie und Geschich-te. Als er dort zum Dr. phil. promoviert wurde, hatte er schon begonnen auch literarische Texte zu schreiben. Ge-meinsam mit dem wenig älteren Vaclav

Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wil-helms-Universität Bonn. Frank Schab-lewski ist als Autor und versierter Re-zitator im Gerhart-Hauptmann-Haus bestens bekannt. Er hat an der Düssel-dorfer Kunstakademie studiert und ist seit 1998 als Lyriker und Essayist mit zahlreichen Veröffentlichungen her-vorgetreten. Darüber hinaus ist Frank Schablewski ein renommierter Über-setzer aus dem Hebräischen und Spani-schen. Seine Arbeit wurde bereits durch eine Vielzahl von Stipendien gewürdigt.

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TExTE, EriNNEruNgEN uND gEspräcHE MiT MicHAEl sTAvAric, MicHAEl sErrEr uND Dr. zuzANA JürgENs

Ein außergewöhnlicher Europäer. Zum ersten Todestag von Jiři Gruša (1938-2011)

Havel und anderen gehörte er zu den jungen Autoren, die dem kommunisti-schen Regime immer offener kritisch entgegentraten.So verwundert es nicht, dass Jiři Gruša 1968 den Prager Frühling aktiv mittrug und dass er nach dessen gewaltsamer

Unterdrückung zu den Verfolg-ten gehörte. Da er als Autor nicht mehr arbeiten durfte, war er zeitweilig bei Bauunternehmen beschäftigt. Ganz eingestellt hat er freilich seine literarische Pro-

duktion nicht, die Veröffentlichung er-folgte zum Teil illegal. 1977 gehörte er wiederum mit Vaclav Havel und ande-ren zu den Unterzeichnern der Charta 77, dem grundlegenden Dokument der tschechoslowakischen Bürgerrechtsbe-wegung. Nachdem 1978 sein Roman »Fragebogen« in Kanada erschienen war, wurde Gruša wegen »Angriffs auf das gesellschaftliche System« verhaftet. Infolge von Protesten aus dem Ausland wurde er zwar verhältnismäßig rasch wieder entlassen, entschloß sich aber noch im gleichen Jahr die Tschechoslo-wakei zu verlassen. Damit begannen die Exiljahre Grušas, in denen er sich nach kurzen Zwischen-spielen in Kanada und den USA in der Bundesrepublik Deutschland ansiedelte. Nachdem ihm 1981 die tschechoslowakische Staats-bürgerschaft aberkannt worden war, wurde er 1983 Bürger der Bundesre-publik Deutschland. Gruša begann nunmehr auch Deutsch zu schreiben. Damit schaffte er als literarischer Autor einen Sprachwechsel, der mit Erfolg nur wenigen Dichtern gelungen ist.Allerdings blieb es nicht bei der schrift-stellerischen Karriere. Nachdem sein Weggefährte und Freund Vaclav Havel nach dem Umbruch von 1989/90 der erste demokratische gewählte Präsident der postkommunistischen Tschecho-slowakei geworden war, ernannte er Gruša zum Botschafter in der Bundes-republik Deutschland. 1998 wechselte er auf den Posten des Botschafters in Österreich. Nach seiner aktiven diplo-matischen Karriere leitete er von 2005 bis 2009 die traditionsreiche Diplo-matische Akademie in Wien. Daneben fungierte er seit 2004 als Präsident des Internationalen P.E.N.-Clubs.Bis zu seinem unerwarteten Tod am 28. Oktober 2011 wirkte Jiři Gruša in

fr, 30.11. 19.00 Uhr

zahlreichen künstlerischen und politi-schen Vereinigungen. Auch als Autor blieb er bis zuletzt aktiv; insgesamt hat Gruša fünf Gedichtbände, sieben Ro-mane und zahlreiche andere Schriften veröffentlicht. Zuletzt erregte er 2011 Aufsehen mit seinem umfangreichen Essay »Beneš als Österreicher«, der erst im Frühjahr 2012 posthum in deut-scher Sprache erschien. Das Buch, das Leben und Politik von Edvard Beneš äußerst kritisch beleuchtet, hat bezeich-nenderweise sogar den derzeitigen tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus zu heftiger öffentlicher Kritik am Autor Gruša veranlaßt. Erste Angriffe auf Werk und Autor hat Jiři Gruša noch selbst kommentiert; die teilweise in Beschimpfungen ausartende Kritik zei-ge nach seiner Überzeugung, dass das Buch nicht schlecht sein könne.Jiři Gruša erhielt für sein künstlerisches und politisches Schaffen zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter den Andreas Gryphius-Preis (1996), den Adelbert-von-Chamisso-Preis (1997), die Goethe-Medaille (1999) und noch posthum 2011 den Manès-

Sperber-Preis. Gruša war unter anderem Träger des Großen B u n d e s v e r d i e n s t -

kreuzes mit Stern und Chevalier de la Légion d’honneur.Die Veranstaltung zu Ehren Jiři Grušas gestalten gemeinsam Michael Stavaric, Michael Serrer und Dr. Zuzana Jürgens. Der 1972 in Brno/Brünn geborene Mi-chael Stavaric siedelte als Kind mit sei-nen Eltern nach Österreich über. Nach dem Studium der Bohemistik und der Kommunikationswissenschaft an der Wiener Universität arbeitete Stavaric einige Jahre als Sekretär von Jiři Gruša. Er lebt heute als freier Schriftsteller in Wien. Er hat bereits zahlreiche Gedicht-bände, Romane und Kinderbücher ver-öffentlicht. Die letzte der zahlreichen Auszeichnungen, die Michael Stavaric für sein Schaffen erhielt, war der Adel-bert-von-Chamisso-Preis in diesem Jahr 2012. Michael Serrer ist Leiter des Literaturbüros NRW in Düsseldorf und war mit Jiři Gruša befreundet. Er hatte auch dessen letzten Gastauftritt in un-serem Haus vermittelt. Frau Dr. Zuzana Jürgens ist Leiterin des Tschechischen Zentrums in München und in Düssel-dorf. Die promovierte Bohemistin hat vor ihrer Tätigkeit für das Tschechische Zentrum an verschiedenen Universitä-ten unterrichtet. WINFrID halDer

IN zuSammeNarbeIt mIt Dem tSchechIScheN

zeNtrum DüSSelDOrF

fOrTsETzuNg vON sEiTE 21

Page 23: West-Ost-Journal 4_2012

23 InTEgRATIon & KULTURELEEs

zAfEr sENOcAk liEsT »DEuTscHsEiN. EiNE AufkläruNgsscHrifT«

Von Heimweh, gebrochenem Deutsch und Selbsteinwanderung

di, 04.12. 19.00 Uhr

Eine Liebeserklärung an das »Deutsch-sein« zu schreiben, mutet seltsam an, besonders, wenn sie nicht erwidert wird und den Deutschen selber ver-dächtig ist. Deshalb hat der Schriftsteller Zafer Senocak, der als 10-jähriger Sohn mo-derner, bildungsbegeisterter Eltern von der Türkei nach Deutschland kam, eine behut-same Aufklärungsschrift über die inneren deutschen Zer-klüftungen geschrieben und dabei fest-gestellt: Die Deutschen sind nicht mit sich im Reinen. Sie sind stolz auf ihre multikulturelle Fußballnationalmann-schaft und eine solide Volkswirtschaft – diskutieren aber gleichzeitig erbittert über Integration und Zuwanderung. Im Kern ging und geht es hier um die Frage der Identität. Die Frage, wer Deutscher ist, wer keinesfalls und wer es werden

kann. Und was das überhaupt heißt: Deutschsein. Mit der Ambivalenz seiner eigenen Identität beschäftigt sich der 1961

in Ankara geborene Zafer Senocak, seitdem er mit seinen Eltern 1970 nach Deutschland gekommen ist. Nach einem Studium der Germanistik, Politikwissenschaft und Phi-losophie in München arbeitet er heute als Autor, Übersetzer,

Herausgeber und Publizist. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht das neue Buch von Zafer Senocak, aus dem der Autor Auszüge lesen wird. Im anschließenden Gespräch mit ihm wer-den Maren Jungclaus (Literaturbüro NRW), Dr. Thomas Lemmen (Theo-loge) und Serap Güler, integrationspo-litische Sprecherin der CDU-Landtags-fraktion NRW darüber diskutieren, was

die deutsche Identität ausmacht. Eine gemeinsame Veranstaltung von Düsseldorfer Appell/Respekt und Mut, Konrad-Adenauer-Stiftung, Literatur-büro NRW, Maxhaus – Katholisches Stadthaus und Stiftung Gerhart-Haupt-mann-Haus.Die Veranstaltung findet im Maxhaus – Katholisches Stadthaus, Schulstraße 11, statt. Der Eintritt ist frei.

margarete pOlOk.

zaFer SeNOcak FOtO: DavID auSSerhOFer

Das Theater der Dämmerung spielt »Der Vierte König« als Schattenspiel mit großen beweglichen Scheren-schnittfiguren. Diese alte russische Legende erzählt von jenem unbenannten Weisen aus dem Morgenland, der ge-meinsam mit den Drei Königen auszog, das Christuskind zu fin-den. Die Geschichte des Vierten Königs ist eine sehr menschli-che. Wir haben in ihr Episoden aus »Die letzte Besucherin« und »Wie viel Erde braucht der Mensch?« von Leo Tolstoi eingebettet.Das Leid der Welt stellt sich dem Jüngs-ten der vier Könige immer wieder in den Weg, so dass er den Stern und sei-ne Gefährten verlieren muss. Er ist ein »barmherziger Samariter«. Der vierte König kann dem Leiden der Menschen und der Ungerechtigkeit der Obrigkeit nicht tatenlos zusehen. So dauert seine Reise über dreißig Jahre- und er findet seinen Erlöser vor den Toren Jerusa-lems sterbend am Kreuze.Im harmonischen Zusammenwirken von beweglichen Scherenschnittfigu-ren und farbenprächtigen Bühnenbil-dern, von gefühlvollen Lichteffekten

sa, 15.12. 15.00 Uhr

Die Legende vom Vierten Königund stimmungsvoller Musik, vom le-bendigen Erzählen, das nicht vom Band kommt, sowie von der gehaltvollen Tie-fe der im Original belassenen Texte ent-steht ein Gesamtkunstwerk, das Alt &

Jung in Bann zu ziehen vermag.Die Inszenierung richtet sich an Erwachsene und an Kinder ab 6 Jahren.Der Schauspieler Friedrich Raad, Jahrgang ’62, leitet das Theater der Dämmerung. 1987 begann

er in seiner Heimatstadt Stuttgart mit eigenen Scherenschnitten zu experi-mentieren; 1993 gründete er in Stutt-gart das Theater der Dämmerung und übersiedelte 1998 nach Düsseldorf, von wo aus er nun sein Schattentheater mit fünf freien Mitarbeitern betreibt. Die meisten Auftritte sind in NRW. Das Theater der Dämmerung gastiert in Theatern und Büchereien, in Einrich-tungen für Senioren, in Kirchengemein-den, in Schulen und Kindergärten, auf Fortbildungen und Betriebsfeiern und auch im ganz privaten Rahmen auf Ju-biläen und Geburtstagen.Information und Anmeldung unter Tel.: 0211 - 1699118

mattIaS laSk

scHATTENspiEl MiT bEwEglicHEN scHErENscHNiTTfigurEN

lANDEskulTur-TAguNg DEs bDv

Erbe weitergebenAuch in diesem Jahr will die Landeskultur-tagung des Bundes der Vertriebenen an histo-rische Ereignisse und große Gestalten aus dem reichen kulturellen Erbe des Ostens erinnern. In kommenden Jahr wird der 250. Jahres-tag des Einladungsmanifests von Katharina der Großen an deutsche Siedler begangen. Grund genug, sich mit Katharina II., ihrer Politik und der Gründung deutscher Kolo-nien in Russland zu beschäftigen. Zu die-sem Thema referiert Dr. Walter Daugsch.Bereits in diesem Jahr jährt sich der Ge-burtstag des Ostpreußen Ernst Wiechert zum 125. Mal. Seiner Wahrnehmung heu-te widmet sich Dr. Bärbel Beutner in ihrem Vortrag. Der Vortrag des jungen Historikers Michael Weigand widmet sich wieder einem histo-rischen Thema, nämlich der Konvention von Tauroggen und den Befreiungskrie-gen. Dieses »Fanal« aus Ostpreußen fand seine Fortsetzung in Schlesien, nämlich in dem »Aufruf an mein Volk« des Königs aus Breslau.Information und Anmeldung unter Tel. 0211 - 350361. markuS patzke

sa, 27.10. 10.00 Uhr

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24 LITERATUR & mUsIK

fr, 14.12. 18.00 Uhr

Weihnachtlicher Abschied vom Gedenkjahr zum 300. Geburtstag König Friedrichs II. von Preußen mit Literatur und Musik

Dr. HAJO bucH liEsT wEiHNAcHTlicHE TExTE vON THEODOr fONTANEANscHliEssEND kONzErT MiT DEM MAliNcONiA-ENsEMblE sTuTTgArT

»Hauptquartier Herrndorf in Schlesien, 23. Dezember 1740Ich erhielt zwei Briefe von Ihnen, lieber Voltaire, konnte aber nicht eher ant-worten. Wie der König im Schachspiel Karls XII. bin ich stets auf den Beinen. Seit vierzehn Tagen bin ich immerfort unterwegs und bei was für Wetter!Ich bin zu abgespannt, um Ihre rei-zenden Verse zu beantworten, und zu durchgefroren, um ihren Reiz voll auszukosten. Aber das kommt wieder. Verlangen Sie keine Gedichte von einem, der gegenwärtig wie ein Fuhrmann auf der Landstraße liegt und manchmal bis über die Ohren im Schmutz steckt.Wollen Sie wissen, wie sich mein Le-ben abspielt? Wir marschieren von 7 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags. Dann speise ich, arbeite, empfange langweili-ge Besuche, und schließlich kommt ein Wust von albernen Bagatellen. Da gilt es Querköpfe zurecht zu setzen, Heiß-sporne zu zügeln, Faule anzutreiben, Ungeduldige im Zaum zu halten, Raub-gierige in die Schranken des Rechts zu weisen, Schwätzer anzuhören und Stumme zu unterhalten. […]Das ist meine Beschäftigung! Gern würde ich sie mit einer anderen vertau-schen, wenn mir das Phantom, Ruhm genannt, nicht allzu oft erschiene. Wahrhaftig , es ist großer Wahnsinn, aber man kommt schwer davon los, wenn man einmal davon ergriffen.«Auch der auf diesen Brief folgende Tag, der Heiligabend 1740, dürfte für Fried-rich II. nicht gemütlicher verlaufen sein. Indes: Daran trug der junge König von Preußen selbst Schuld. Denn er hatte mit seiner Armee erst eine Woche zuvor die Grenze zur habsburgischen Provinz Schlesien überschritten. Der ehrgeizige 28-jährige Monarch, erst seit wenigen Monat König, brach gerne Regeln: Er drang gewaltsam in das Nachbarland ein, nur höchst notdürftig verbrämt durch allzu konstruierte Erbansprüche, und er hatte seine Armee mitten im Winter Marsch gesetzt. Dergleichen tut man einfach nicht, mögen die habs-burgischen Generale, die ihrer noch jüngeren Herrscherin Maria Theresia dienten, gedacht haben. Ihre Truppen befanden sich – wie damals allgemein üblich – in den Winterquartieren, weit verstreut über’s Land, viel zu weit, als dass man auf den Überraschungsangriff

des preußischen Nachbarn irgendwie hätte wirksam reagieren können. Fried-rich II. brauchte seine Soldaten also nur marschieren zu lassen.So befand er sich Weihnachten 1740 schon in Herrndorf, unweit von Glo-gau. Die nahegelegene Stadt war ihm verschlossen, denn die zahlenmäßig schwache österreichische Besatzung hatte die Festungstore geschlossen und

harrte bis auf weiteres aus. Blieb das Dorf ein paar Kilometer au-ßerhalb. Quartier wird er wohl im Gutshaus der adeligen Her-ren vom Berge genommen ha-ben – da gab es in dem Flecken keine andere Möglichkeit. Die

Gastgeber dürften von dem ungebete-nen Weihnachtsgast nicht allzu begeis-tert gewesen sein. Der kommt ja auch nicht allein, sondern seine Stabsoffi-ziere füllen die Tafel, deren Pferde den Stall – und hungrig sind sie allesamt. Immerhin: Einen König hat man nicht alle Tage im Haus.In Breslau, der reichen alten Kapitale Schlesiens, hätte es der Preußenkönig, der sich anschickt, der neue Herr des Landes zu werden, bequemer. Aber er braucht noch ei-nige Tage dorthin. Am 3. Januar 1741 marschieren sei-ne Soldaten in die Stadt ein, kampflos, der König an ihrer Spitze. Nach dem We i h n a c h t s f e s t im bescheidenen Herrndorf könnte er so immerhin das folgende Hochfest – Epiphanias, den Dreikönigstag – in a n g e m e s s e n e m Rahmen feiern. Er könnte etwa das Hochamt im prächtigen, altehrwürdi-gen Dom St. Johannes besuchen. Ob das dem amtierenden Breslauer Fürst-bischof, Kardinal Philipp Ludwig von Sinzendorf, gefallen hätte, ist allerdings höchst fraglich. Seine Eminenz stammt nämlich, wie es bei den wichtigen Äm-tern in der alten, mit den weltlichen Herrschaftsstrukturen eng verflochte-nen Reichskirche die Regel ist, aus dem Hochadel, und zwar dem österreichi-

schen. So war es auch keineswegs un-üblich, dass Sinzendorf als nachgebo-rener Sohn schon in sehr jungen Jahren mehrere Stellen in bedeutenden Dom-kapiteln erhalten hatte (so in Köln und Salzburg) – noch bevor er überhaupt zum Priester geweiht worden war. Mit 26 Jahren wurde er Bischof im westun-garischen Raab (Györ). Eigentlich ist er dafür nach dem Kirchenrecht zu jung – aber sein gleichnamiger Vater hat zwei Kaisern aus dem Hause Habsburg als Obersthofkanzler gedient und ist über-haupt einer der führenden Politiker der katholischen Dynastie. Da ist eine päpstliche Dispens nicht so schwer zu erlangen. Und auch der Kardinalshut zierte Philipp Ludwig von Sinzendorf schon mit 28 Jahren. Mit 33 wurde er Fürstbischof von Breslau.Aber der Preußen-König hatte sicher-lich ohnehin nicht die Absicht, im Bres-lauer Dom dem Hochamt beizuwoh-nen, so wenig, wie er vermutlich in der Herrndorfer Dorfkirche die Christmet-te besucht hat. Letztere hätte ihm, dem protestantisch Getauften, zwar vorder-

gründig betrachtet näher gelegen, aber Friedrich II. war nie ein Kirchgän-ger, Weihnachten hin, Weihnachten her. Recht be-sehen darf wohl energisch bezwei-felt werden, ob er überhaupt Christ im Glaubenssinne war. In seiner 1766 verfassten Vorrede zu einem Auszug aus der Kirchen-geschichte des Franzosen Clau-de Fleury schrieb Friedrich II.: »Das Christentum hat wie alle Mächte

der Welt einen bescheidenen Anfang gehabt.« Damit meinte er freilich nicht die Ärmlichkeit der Geburt des Herrn im Stall zu Bethlehem, sondern die po-litische Schwäche in der Frühzeit der »Sekte«, die für ihn das Christentum war. Ansonsten war er der Meinung, die Kirchengeschichte offenbare »sich uns als ein Werk der Staatskunst, des Ehrgeizes und des Eigennutzes der fOrTsETzuNg Auf sEiTE 25

theODOr FONtaNe

Page 25: West-Ost-Journal 4_2012

FlöteNkONzert FrIeDrIchS

DeS grOSSeN IN SaNSSOucI

vON aDOlph meNzel. DeN

mIttelpuNkt DeS gemälDeS

bIlDet FrIeDrIch Der grO-

SSe. DaS bIlD WIrD Durch

FrIeDrIchS NOteNStäNDer

IN Der mItte geteIlt. gaNz

rechtS Im bIlD Steht eIN

älterer zuhörer, DeN

blIck NIcht Dem köNIg zu-

geWaNDt, SONDerN auF

DeN bODeN gerIchtet.

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FrIeDrIch DeS grOSSeN, JO-

haNN JOachIm QuaNtz. Der

muSIker mIt Der vIOlINe

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beNDa.

auch DIe gruppe Der zu-

hörer IN Der lINkeN ecke

DeS bIlDeS ISt IDeNtIFIzIert.

Der INS auge StecheNDe

kOrpuleNte herr lINkS mIt

Der perücke ISt graF guS-

tav aDOlF vON gOtter, leIcht verSetzt hINter Ihm Steht mIt verzücktem geSIchtSauSDruck JakOb FrIeDrIch FreIherr vON bIel-

FelD. Der mathematIker uND geOgraF pIerre-lOuIS mOreau De maupertuIS hINgegeN Schaut gelaNgWeIlt zur Decke, Im hINtereN

teIl DeS gemälDeS ISt DIe SchWeSter FrIeDrIchS DeS grOSSeN, WIlhelmINe vON bayreuth, abgebIlDet, SIe SItzt auF Dem SOFa.

am cembalO SItzt carl phIlIpp emaNuel bach. 28 Jahre StaND er Im DIeNSt DeS köNIgS. DIe alte Dame hINter Dem köNIg IN Der

bIlDmItte ISt DIe gräFIN camaS. WIlhelmINe zur rechteN SItzeN DIe JüNgSte SchWeSter FrIeDrIchS, amalIe vON preuSSeN, mIt eI-

Ner hOFDame. hINter DeN prINzeSSINNeN Steht hOFkapellmeISter carl heINrIch grauN. Der maNN Im hINtergruND ISt FrIeDrIchS

FreuND chaSôt.

25 LITERATUR & mUsIK

Priester.« In seinem Politischen Testa-ment von 1752 schrieb der König die bezeichnenden Sätze: »Für die Politik ist es völlig belanglos, ob ein Herrscher religiös ist oder nicht. Geht man allen Religionen auf den Grund, so beru-hen sie auf einem mehr oder weniger widersinnigen System von Fabeln. Ein Mensch von gesundem Verstand, der diese Dinge kritisch untersucht, muß unfehlbar ihre Verkehrtheit erkennen. Allein diese Vorurteile, Irrtümer und Wundergeschichten sind für die Men-schen gemacht, und man muß auf die große Masse soweit Rücksicht nehmen, dass man ihre religiösen Gefühle nicht verletzt, einerlei, welchem Glauben sie angehören.«Dass Friedrich II. nie in seinem Leben den Zauber des Weihnachtsfestes ver-spürt hat, dass sein Herz nicht einmal als er noch Kind war, dem lichterbe-glänzten Fest entgegengebebt hat – das lässt uns den König bedauern. Ein glücklicher Mensch war er in seinem unterkühlten intellektuellen Hochmut nicht.Ein Preuße so ganz anderer Denk- und Gemütsart war demgegenüber Theo-dor Fontane (1819-1898). Er hat in vielen Texten eben jenen Weihnachts-zauber eingefangen, den er selbst als

Kind erfahren hatte – und den er nie ganz vergaß. Ausgewählte Gedichte und andere Texte von Fontane liest – in gemütlicher Atmosphäre bei passenden Getränken und Gebäck – der vielfach bewährte Rezitator Dr. Hajo Buch.Im Anschluß daran laden wir Sie – wie schon im vergangenen Jahr – zu einem s t i m m u n g s v o l l e n Konzert mit dem renommierten Ma-l i n c o n ia -En s em b l e aus Stuttgart ein. Ge-führt vom Cellisten Helmut Scheunchen, werden uns die Musiker wieder einen exquisiten Abend mit musikalischen Kostbarkeiten darbieten – Helmut Scheunchen wird die Stücke wieder durch einige erläuternde Sätze zwi-schendurch erläutern und miteinander verbinden. Und vom großen König Friedrich II. nehmen wir an diesem Jahr Abschied, indem wir ihn als Komponis-ten für die geliebte Flöte hörbar werden lassen. Das waren vielleicht die glück-lichsten Momente in seinem Leben: Wenn er sich der Musik hingab. Deren Zauber immerhin kannte er. Und so wollen wir ihn in Erinnerung behalten.

Preußische Empfindsamkeit –Konzert auf Schloß Sanssouci

Weihnachtskonzert mit demMalinconia-Ensemble StuttgartHelmut Scheunchen – Leitung und VioloncelloElisabeth Deinhard – FlöteRamin Trümpelmann – ViolineGünter Schmidt – Klavier

Werke u.a. vonJohann Joachim QuantzOberscheden b. Göttingen 1697 - 1773 PotsdamCarl Philipp Emanuel BachWeimar 1714 - 1788 HamburgPrinz Louis Ferdinand von PreußenFriedrichsfelde b. Berlin 1772 – gefallen 1806 b. SaalfeldFranz BendaAltbenatky 1709 - 1786 BerlinJohann Sebastian BachEisenach 1685 - 1750 LeipzigFriedrich II. der Große – König von PreußenBerlin 1712 - 1786 Sanssouci

fr, 14.12. 20.00 Uhr

fOrTsETzuNg vON sEiTE 24

WINFrID halDer

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26 chRonoLogIE

Mi jeweils 18.00 bis 20.30 uhrprobe der Düsseldorfer chorgemeinschaft Ostpreußen-westpreußen-sudetenlandleitung: radostina Hristova

Mi 17.10, 07.11.,05.12. | jeweils 15 uhrOstdeutsche stickereimit Helga lehmann und christel knackstädtraum 311

Mo 01.10. | 19.00 uhrliteratur im foyer:»Der schüler struwe«lesung von Dr. Michael zellerEg (foyer) (siehe s. 6 )

Do 04.10., 08.11., 06.12., 13.12.| jeweils 19.30 uhrOffenes singen mit barbara schochraum 312

Mo 22.10. - Di 23.10. internationales wissen-schaftliches symposium:»vom schlagbaum zur brücke. Die deutsch-polnische grenze im 20. Jahrhundert«Eichendorff-saal (siehe s. 7)

fr 26.10. | 18.00 uhrverleihung des Andreas-gryphius-preises an Monika TaubitzEichendorff-saal (siehe s. 10)

sa 27.10. | 10.00 uhrlandeskulturtagung des bundes der vertriebenenraum 412 (siehe s. 23)

Di 30.10 | 19.00 uhr»itzig Manger - Der prinz der jiddischen ballade«buchpräsentation und lesung mit Helmut braunraum 412 (siehe s. 8)

Mi 07.11. | 10.00 uhrHerbsttagung der Arbeitsge-meinschaft Ostdeutscher Muse-en, Heimatstuben und samm-lungen in Nrw, raum 412

Mi 07.11.| 20.00 uhr»Er gehört innerlich zu uns.« gerhart Hauptmann - Ein politi-scher Dichter? Drei Momentauf-nahmenlesung und gespräch mit Dr. Hajo buch und pD Dr. winfrid Halderveranstaltungsort: volkshoch-schule Düsseldorf, bertha-von-suttner-platz 1 (siehe s. 3)

Do 08.11.| 19.00 uhr»Der feind steht rechts. Demo-kratiefeindschaft von rechts und der untergang der weima-rer republik«vortrag von prof. Dr. Hans Mommsenkonferenzraum (siehe s.17)

fr 09.11. | 19.30 uhrJahresveranstaltung der künst-lerwerkstatt mit Ausstellungser-öffnung von Annelie sonntagund Hildegund rißlerAusstellungsraum (siehe s.13)

Mo 12.11. | 19.00 uhr»könig friedrich der ii. von preußen und polen«buchvorstellung und vortrag von prof. Dr. Hans-Jürgen bömelburgkonferenzraum (siehe s. 11)

Mi 14.11.| 19.00 uhr»vorbild und Ansporn oder Ne-gativbeispiel? zur Nachwirkung gerhart Hauptmanns auffolgende Autorengenerationen«vortrag von prof. Dr. sigfrid Hoefertraum 412 (siehe s. 17)

Do 15.11. | 15.00 - 19.00 uhrworkshop »russlanddeutsche geschichte«, konferenzraum

Mo 19.11. | 10.00 uhrkinderkinofestfilmvorführung »Effi briest« und workshop (siehe s. 28)

Mo 19.11 | 19.00 uhr»Das lexikon der vertreibung«buchvorstellung von prof. Dr. Detlef brandeskonferenzraum (siehe s.20)

Mi 21.11.| 19.00 uhr»Texte und Töne - gerhart Hauptmanns schlesi-sche Dichtungen«lesung und gespräch mit frank schablewski und pD Dr. Jürgen Nellesfoyer/Ausstellungsraum(siehe s. 21)

fr 30.11.| 19.00 uhr»Jiři Gruša (1938 - 2011): Texte, Erinnerungen und gespräche mit Michael stavaric, Michael serrer und Dr. zuzana Jürgenskonferenzraum (siehe s.22)

Di 04.12.|19.00 uhrDeutschsein - eine Aufklärungs-schriftlesung von zafer senocakveranstaltungsort: Maxhaus Düsseldorf(siehe s. 23)

so 09.12.|10.00-16.00 uhrweihnachtsmarkt im gerhart-Hauptmann-Haus

fr 14.12.|18.00 uhrlesung und weihnachtskonzert Dr. Hajo buch liest weihnachtli-che Texte von Theodor fontanekonferenzraum (siehe s. 21)

anschließend:fr 14.12. | 20.00 uhrweihnachtskonzert des Malinconia-EnsemblesAusstellungsraum (siehe s. 21)

sa 15.12. | 15.00 uhrschattenspiel»Die legende vom vierten könig«Eichendorff-saal (siehe s. 23)

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27

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Wohl kein anderer König von Preußen erfreut sich heutzutage eines ähnlichen Bekanntheitsgrades in der deutschen Öffentlichkeit, auch und gerade jenseits der fachwissenschaftlichen Kreise wie Friedrich II., dessen Geburtstag sich am 24. Januar 2012 zum dreihundertsten Mal jährt. Das Porträt des »Alten Fritz« hat hohen Wiedererkennungswert, er gilt wohl noch immer Vielen als die Ver-körperung Preußens schlechthin.

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03 VORTRAG

Als Wilhelm Matull im Jahre 1973 sein umfangreiches Werk »Ostdeutschlands Arbeiteiterbewegung. Abriß ihrer Ge-schichte, Leistung und Opfer« vorlegte, steuerte der amtierende Bundeskanzler Willy Brandt ein Geleitwort bei. Darin verlieh er der Hoffnung Ausdruck, das Buch möge dazu beitragen, »dass die ostdeutsche Arbeiterbewegung die ihr zukommende historische und politi-sche Würdigung findet.«

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09 VORTRAG

Die Dönhoffs, ursprünglich aus Westfalen stammend, stiegen im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts im Dienst der polnisch-litauischen Krone zu einer bedeutenden Mag-natenfamilie auf. Ein Zweig des Hau-ses ließ sich 1640 in Preußen nieder, wo sie sich zu einer der angesehens-ten Adelsfamilien entwickelten. De Bodt, schuf mit der Schlossanlage ein eindrucksvolles Zeugnis ... SEITE 11

11 AUSSTELLUNG

Zum 300. Geburtstag eines großen Königs mit neuer Veranstaltungsreihe

WEST-OST-JOURNAL 1 2012 JANUAR FEBRUARMÄRZ

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ANgEbOT für scHulklAssEN zuM kiNDErkiNOfEsT:FIlm »eFFI brIeSt« uND WOrkShOp am 19.11. um 10 uhr Im eIcheNDOrFF-Saal

in diesem Jahr beteiligt sich das gerhart-Hauptmann-Haus wieder am kinderkinofest der landeshauptstadt Düsseldorf. Das kikife bietet in Düsseldorfer kinos, sowie in Düssel-dorfer kinder- und Jugendeinrichtungen vom 15. bis zum 21. November ein spannendes film- und Mitmachprogramm für kinder und Jugendliche unter dem Motto »chancen - lebe Deinen Traum und träume nicht Dein leben«.

Ausgewählt haben wir für unser publikum die aktuellste verfilmung von Theodor fontanes Erfolgsroman »Effi briest« (2009, regie: Hermine Huntgeburth). Da das besondere des kiki-fe immer auch die filmbegleitenden Mitmach-Aktionen sind, bieten wir für schulklassen der Jahrgangsstufe 9 - 12 einen workshop zu Effi briests und fontanes lebens- und phantasie-welten an. im workshop erarbeiten die schülerinnen und schüler anhand von Arbeitsblättern, welche nach ideen von erfahrenen pädagoginnen und pädagogen zur behandlung des The-mas im unterricht entwickelt wurden, zum beispiel Hintergrundinformationen zur geschich-te preußens, zu preußischen werten und Einstellungen im 19. Jahrhundert und anderen schwerpunkten des romans. in der bibliothek des gerhart-Hauptmann-Hauses nutzen die Jugendlichen geografische karten und publikationen für die Erkundung historischer Orten und schauplätze des romans. gemeinsam mit den schülern verorten wir die Ereignisse des romans und ziehen vergleiche zur heutigen zeit. Der Eintritt ist frei ebenso der workshop für schülerinnen und schüler (Anmeldung erforderlich).

weitere informationen zu kikife gibt es im internet unter www.kinderkinofest.de oder im aktuellen programmheft, das in den teil-nehmenden kinos und kultureinrichtungen sowie in allen schulen ab Mitte september ausliegt.Anmeldungen: ab 24.09.2012, Anmelde-hotline: 0211-274043108 (mo-fr von 9.00-16.00 Uhr), Internet: www.kinderkinofest.de

tItelbIlD

Das titelbild zeigt das gerhart hauptmann-porträt aus dem gerhart-hauptmann-zyklus von Ferdinand Staeger.Staegers umfangreiche ar-beiten zu gerhart hauptmann kulminierten in dem »gerhart-hauptmann-zyklus« von 1923. er befasste sich jedoch schon vor dem 1. Weltkrieg künstle-risch mit gerhart hauptmann. mehrere zeichnungen runden sein umfangreiches Schaffen zu gerhart hauptmann ab. Das bild ist derzeit im original im gerhart-hauptmann in der ausstellung zum 150. geburtstag gerhart hauptmanns zu sehen. es stammt aus der privaten Ost-deutschen Studiensammmlung helmut Scheunchen.