Wie sich Unternehmen versorgen
Transcript of Wie sich Unternehmen versorgen
Nachrichten aus der Chemie | 59 | April 2011 | www.gdch.de/nachrichten
�Chemiewirtschaft�
Wie sich Unternehmen versorgen
Michael Röper
Die Chemie muss ihre Rohstoffbasis verbreitern, um sich Mangelsituationen anzupassen.
� Die chemische Industrie ist die Basis zahlreicher Wertschöpfungs-ketten. Daher muss sie sich zu ange-messenen Preisen mit Rohstoffen versorgen können. Wegen der wach-senden Bevölkerung und Nachfrage in den aufstrebenden Ländern Asiens zeichnen sich Engpässe in der Rohstoffversorgung ab.
Ein Positionspapier „Rohstoff-basis im Wandel“ der wissenschaftli-chen Gesellschaften GDCh, Deche-ma und DGMK (für Mineralöl und Kohle) sowie des Verbands der che-mischen Industrie zeigt, dass die Chemie Erdöl vor allem durch Erd-gas, Kohle und Biomasse ersetzen wird [Nach. Chem. 2010, 58, 537]. Es fordert, dass nachwachsende Rohstoffe in ausreichender Menge und Qualität und zu wettbewerbs-fähigen Preisen zur Verfügung ste-hen. Außerdem sei die stoffliche Nutzung von Kohlendioxid ein For-schungsfeld für Chemiker.
Kein Ersatz für Kohlenstoff
� Die Wertschöpfung der che-mischen Industrie beruht zu großen Teilen auf Kohlenstoff. Dafür nutzt die Industrie zurzeit drei Quellen: • fossile Rohstoffe wie Kohle, Erd-
gas und Erdöl, • Biomasse sowie • Kohlendioxid und Carbonate. Um die Rohstoffversorgung zu si-chern, muss sich die Rohstoffbasis verbreitern [Nach. Chem. 2010, 58, 221].
Kurz- und mittelfristig bleibt Erd-öl der führende kohlenstoffhaltige Rohstoff für die chemische Industrie.
Bereits weit entwickelt sind Tech-nologien, um kurzkettige Olefine über die Zwischenstufe Synthesegas aus Erdgas zu gewinnen.
Wegen ihrer Verfügbarkeit in In-dustrieländern könnte auch Kohle langfristig eine bedeutendere Rolle als Rohstoff für die chemische In-dustrie spielen [Nach. Chem. 2010, 58, 146]. Allerdings fällt bei der che-mischen Nutzung von Kohle Koh-lendioxid an. Eine Lösung für das Problem könnte die Kohlendioxid-abtrennung und -Untergrund -speicherung sein oder die Nutzung als Synthesebaustein. [Nach. Chem. 2010, 58, 1227]
Für nachwachsende Rohstoffe ist mittelfristig ein weiterer Ausbau der Verbundproduktionen mit der Nah-rungs- und Futtermittelindustrie zu
erwarten. Langfristig wird die inte-grierte Aufarbeitung von Non-food-Biomasse in den Vordergrund treten [Nach. Chem. 2010, 58, 748]. Denk-bar ist auch biogenes Methan, das stofflich ähnlich wie Erdgas verwert-bar ist.
Einen noch längerfristigen Zeit-horizont hat Wasserstoff. Mögliche Basis für die Herstellung sind die Wasserelektrolyse mit Solarthermie, Photovoltaik, Windkraftanlagen, nuklearer Stromerzeugung, Hoch-temperatur-Kreisprozessen und Photokatalyse.
Die künftige Rohstoffversorgung wird parallel zum Energiemix durch einen Rohstoffmix gekennzeichnet sein (biotechnologischpetrochemi-sche Hybridchemie).
Der Rohstoffwandel ist nur ge-staltbar, wenn stärker an Grund-lagen im Bereich der Stoffumwand-lung geforscht wird. Damit lassen sich bestehende Wertschöpfungsket-ten verbessern und neue schaffen, zum Beispiel auf Basis Synthesegas, Methan oder Lignocellulose. Es sind zudem großtechnisch nutzbare Ver-fahren zur Herstellung von Wasser-stoff ohne Zwangsanfall von Kohlen-dioxid zu entwickeln. Forschungs-schwerpunkte sind außerdem bei der Katalyse, der Biokatalyse sowie der Reaktions- und Verfahrenstechnik mit dem Ziel höherer Energie- und Ressourceneffizienz zu sehen.
Michael Röper, BASF, ist Mitautor des Positi-
onspapiers „Rohstoffbasis im Wandel“ und
spricht darüber im Mai während der Handels-
blatt Jahrestagung Chemie in Köln.
michael. [email protected]
� Globale Wirtschafts -rahmenbedingungen
Welche Märkte wachsen? Wel-
che Ressourcen werden knapp?
Welche Personalstrategie hilft
bei alternder Belegschaft? Sol-
che Fragen diskutieren die Teil-
nehmer der 12. Handelsblatt
Jahrestagung Chemie in Köln
am 19. und 20. Mai. In diesem
Jahr wird dabei zum ersten Mal
der Handelsblatt Stratley
Award verliehen, ein Preis für
Nachwuchskräfte der che-
mischen Industrie. Die Nach-
richten aus der Chemie und die
GDCh sind Partner der Tagung.
www.handelsblatt-chemie.de
443