«Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära...

8
«Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister Australiens, sieht einen fundamentalen Wandel in der Beziehung zwischen den beiden Grossmächten. Nach vierzig Jahren Annäherung be- ginnt nun eine Phase des strategischen Konkurrenzkampfs. Ein Interview von Mark Dittli, 26.11.2018 In fünf Tagen treMen sich die beiden mächtigsten 2änner der Welt. Am Gipfel der G-0S-Utaaten in Buenos Aires werden sich DU-Präsident Conald Trump und Xhinas Utaatschef Hi Jinping die 1and reichen. Nach aktuellem Utand der Planung werden sie am ;. Cezember zusammen dinieren. Cie Utimmung am Tisch wird angespannt sein. Ueit mehreren 2onaten tobt ein 1andelskonFikt zwischen den beiden Grossmächtenö Trump hat im 9rühsommer UtrafzVlle auf chinesischen Waren verhängt, für Januar 0S;E hat er bereits eine Oerschärfung angedroht. Peking erhVhte seinerseits die ZinfuhrzVlle auf amerikanischen Gütern. 2ike Pence, Oizepräsident der DUA, schlug Anfang «ktober in einer Rede vor dem 1udson Institute, einem konservativen Thinktank in Washington, dezidiert harte TVne gegenüber Xhina an. »ahlreiche Kommentatoren spra- chen von einem yneuen Kalten Krieg?. Im Dmfeld von zwei GipfeltreMen in Uingapur und Port 2oresbj in Papua Neuguinea im November attackierte Pence Peking erneut. Uteht ein neuer KonFikt zwischen zwei Grossmächten bevorÄ «der werden sich Hi und Trump zu einem Ceal 7nden, der es beiden erlaubt, ihr Gesicht zu wahrenÄ Cer frühere australische Premierminister Kevin Rudd ist überzeugt, dass gegenwärtig eine fundamentale Oerschiebung im Oerhältnis zwischen den DUA und Xhina statt7ndet. yCie »eit der Annäherung ist vorbei, 8etzt be- ginnt eine Lra des strategischen Konkurrenzkampfs?, sagt er. ;EY4, als Ceng Hiaoping in Peking erste Reformen anstiess, studierte Rudd an der Australian National Dniversitj in Xanberra chinesische Uprache und Geschichte. Cer Uinologe arbeitete im diplomatischen Cienst auf der au- stralischen Botschax in Peking, bevor er in die nationale Politik wechselte. REPUBLIK republik.ch/2018/11/26/wir-stehen-am-beginn-einer-neuen-aera-der-rivalitaet-zwischen-china-und-den-usa 1 / 8

Transcript of «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära...

Page 1: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

«Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA»Kevin Rudd, der frühere Premierminister Australiens, sieht einen fundamentalen Wandel in der Beziehung zwischen den beiden Grossmächten. Nach vierzig Jahren Annäherung be-ginnt nun eine Phase des strategischen Konkurrenzkampfs. Ein Interview von Mark Dittli, 26.11.2018

In fünf Tagen treMen sich die beiden mächtigsten 2änner der Welt. Am Gipfel der G-0S-Utaaten in Buenos Aires werden sich DU-Präsident Conald Trump und Xhinas Utaatschef Hi Jinping die 1and reichen. Nach aktuellem Utand der Planung werden sie am ;. Cezember zusammen dinieren.

Cie Utimmung am Tisch wird angespannt sein. Ueit mehreren 2onaten tobt ein 1andelskonFikt zwischen den beiden Grossmächtenö Trump hat im 9rühsommer UtrafzVlle auf chinesischen Waren verhängt, für Januar 0S;E hat er bereits eine Oerschärfung angedroht. Peking erhVhte seinerseits die ZinfuhrzVlle auf amerikanischen Gütern.

2ike Pence, Oizepräsident der DUA, schlug Anfang «ktober in einer Rede vor dem 1udson Institute, einem konservativen Thinktank in Washington, dezidiert harte TVne gegenüber Xhina an. »ahlreiche Kommentatoren spra-chen von einem yneuen Kalten Krieg?. Im Dmfeld von zwei GipfeltreMen in Uingapur und Port 2oresbj in Papua Neuguinea im November attackierte Pence Peking erneut.

Uteht ein neuer KonFikt zwischen zwei Grossmächten bevorÄ «der werden sich Hi und Trump zu einem Ceal 7nden, der es beiden erlaubt, ihr Gesicht zu wahrenÄ

Cer frühere australische Premierminister Kevin Rudd ist überzeugt, dass gegenwärtig eine fundamentale Oerschiebung im Oerhältnis zwischen den DUA und Xhina statt7ndet. yCie »eit der Annäherung ist vorbei, 8etzt be-ginnt eine Lra des strategischen Konkurrenzkampfs?, sagt er.

;EY4, als Ceng Hiaoping in Peking erste Reformen anstiess, studierte Rudd an der Australian National Dniversitj in Xanberra chinesische Uprache und Geschichte. Cer Uinologe arbeitete im diplomatischen Cienst auf der au-stralischen Botschax in Peking, bevor er in die nationale Politik wechselte.

REPUBLIK republik.ch/2018/11/26/wir-stehen-am-beginn-einer-neuen-aera-der-rivalitaet-zwischen-china-und-den-usa 1 / 8

Page 2: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

«Man muss Trump eines lassen: Es ist ihm gelungen, Peking komplett zu verwirren»: Kevin Rudd. Jason

Alden/Bloomberg/Getty Images

Als Premierminister von 0SSY bis 0S;S sowie als Aussenminister von 0S;S bis 0S;0 führte der Politiker der 5abor Partj das 5and durch die weltwei-te 9inanzkrise und prägte die Beziehungen zu Xhina, dem mit Abstand wichtigsten 1andelspartner von Australien. Uchlagzeilen in seiner 1eimat machte er, als er 0SS4 die erste formelle Zntschuldigung der australischen Regierung an die Aborigines aussprach.

1eute ist Rudd Präsident des Asia Uocietj Policj Institute, eines Thinktanks in New –ork. Am ;:. November war er auf Zinladung der Asia Uocietj Uwitzerland in »ürich, wo er den Journalisten der Republik zu ei-nem Podiumsgespräch traf. Cer Te’t ist eine editierte, gekürzte Oersion des Interviews.

Herr Rudd, die USA und China stehen in einem gehässigen Handels-kon.iktN covh wor Jeniger als einem bahr galt das als unJahrsvheinlivh mit dem Argument, öeide Seiten kWnnten daöei nur werlierenN ?as ist gesvhehenpWir sehen heute das Resultat einer Reihe struktureller Zntwicklungen, die sich über längere »eit abgespielt haben. In sicherheitspolitischen Kreisen in Washington werden der militärische Aufstieg und die strategischen In-tentionen Xhinas seit Jahren kritisch beäugt. 9ür Gegendruck sorgte bis-lang die Geschäxswelt, die sich die Xhancen in Xhina nicht verderben woll-te.

?as Passierte dannpCie Utimmung in der Geschäxswelt schlug allmählich um. DU-amerikani-sche Dnternehmen klagen über Uchikanen in Xhina, willkürliche Lnde-rungen von Regeln und die unverhohlen nationalistische Industriepolitik Pekings. Im Utrategiepapier y2ade in Xhina 0S03? ist deutlich formuliert, in welchen Industriezweigen Xhina die Weltmärkte dominieren will. Cas alles hat dazu geführt, dass DU-Dnternehmen Xhina nicht mehr primär als Xhance, sondern als Bedrohung sehen.

?elvhe Rolle sPielte daöei Träsident ürumPpWir wissen, dass Conald Trump intellektuell nicht besonders hoch Fiegt- 6 aber er hat politischen Instinkt. Zr hat die strukturellen 9aktoren er-kannt, die das Oerhältnis zwischen den DUA und Xhina abkühlen liessen. Uchon während seiner Wahlkampagne hat er formuliert, wer Uchuld trägt

REPUBLIK 2 / 8

Page 3: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

am Oerlust heimischer Arbeitsplätze Xhina und die yGlobalisten? von der Wallstreet. Zr gab das Oersprechen ab, das 1andelsde7zit mit Xhina zu reduzieren. Oiele 5eute waren bloss überrascht, dass er seine Oersprechen nach seinem Wahlsieg tatsächlich umsetzte.

«Die Amerikaner gehen davon aus, dass sie den längeren Atem haben» – Donald Trump und Xi Jinping 2017 in Florida. Alex Brandon/AP

Photo/Keystone

Sie haöen kzrMlivh im «agaMin F»oreign AfairsV won einer :undamen-talen Äersvhieöung im Äerhältnis MJisvhen den öeiden SuPermävhten gesvhrieöenK cavh wierMig bahren Annäherung öeginnt nun eine Dra des strategisvhen IonkurrenMkamP:sNJa, wir stehen heute an dieser Uchwelle. Cas Ookabular des Konkurrenz-kampfs war in den vergangenen zwVlf 2onaten in mehreren Utrategiepa-pieren der DU-Regierung zu lesen. Auch Trumps Oize 2ike Pence liess in seiner Rede Anfang «ktober am 1udson Institute keinen »weifel daran Cie »eit des strategischen Konkurrenzkampfs hat begonnen.

Qie Rede won Tenve Jurde wielerorts als Ansage eines neuen Ialten Irieges öeMeivhnetN üeilen Sie diese «einungpNein. Cas waren oberFächliche Kommentare. Cie Uache ist komple’er. Im Kalten Krieg standen sich die DUA und die Uow8etunion mit Tausenden von Atomraketen gegenüber. Zs gab keine wirtschaxlichen OerFechtungen zwischen ihnen, es herrschte ein Ujstem der mutually assured destruction, der gegenseitig garantierten Oernichtung, sollte ein Utaat den anderen an-greifen. »udem fochten die beiden 2ächte rund zwanzig Utellvertreter-kriege an allen mVglichen «rten auf der Welt gegeneinander aus. Cas hat keine Gemeinsamkeiten mit dem heutigen Oerhältnis zwischen den DUA und Xhina. Ich würde hier eher von einem Ujstem der mutually assured misperception sprechen, von gegenseitig garantiertem 2issverständnis.

»zr den «oment haöen Jir es also nur mit einem Handelskrieg Mu tunpIch würde es einen Cisput nennen. Zs ist kein ausgewachsener 1andels-krieg.

REPUBLIK 3 / 8

Page 4: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

?er kann diesen QisPut länger zöerstehenp«b8ektiv betrachtet die DUA. Ihre 8ährliche Wirtschaxsleistung beträgt 0S SSS 2illiarden Collar, die Z’porte nach Xhina machen davon nur gerade ; S 2illiarden aus. Xhinas Wirtschax ist ;0 SSS 2illiarden Collar schwer, wovon rund 3SS 2illiarden aus Z’porten in die DUA erwirtschaxet werden. Xhina ist abhängiger vom Welthandel als die DUA. Pence hat das auch formuliert Cie Amerikaner gehen davon aus, dass sie den längeren Atem haben.

«China ist abhängiger vom Welthandel als die USA» – Xi Jinping (Mitte) 2018 auf einem Landwirtschaftsbetrieb in der Provinz Heilongjiang. Wang

Ye/Xinhua/AP Photos/Keystone

?ird das auvh in Teking so gesehenpAus chinesischen Regierungskreisen vernehmen wir ein Ookabular von Curchhalteparolen Wir haben in unserer Geschichte schon schwere »ei-ten durchgestanden, wir kVnnen das wieder tun. Uogar Utaatspräsident Hi Jinping spricht von einer yneuen Periode der Zigenständigkeit?. Alles in allem denke ich aber, dass es Peking bewusst ist, wie verletzlich Xhinas Wirtschax gegenwärtig ist. Uie haben wohl ein Interesse daran, den 1an-delsdisput mit einem Ceal zu entschärfen.

6m dritten 5uartal werlangsamte sivh die ?avhstumsrate Chinas zöer-rasvhend au: j,L TroMentN Steht es um die IonXunktur so svhlevhtpCie wirtschaxliche Oerfassung ist die grVsste Uchwachstelle für Hi. Wir kennen die wahre Wachstumsrate nicht 6 aber wir wissen, dass die o zi-ellen Utatistikämter recht kreativ arbeiten. Klar ist Xhinas Wirtschax hat nach 0SS4 einen horrenden Anstieg der Oerschuldung verzeichnet, und die Banken sitzen nun auf faulen Krediten. Hi hat in den letzten drei Jahren sei-ne ursprünglich angekündigten Wirtschaxsreformen stark gebremst und die ine zienten, hoch verschuldeten Utaatskonzerne geschützt. Zin wich-tiger Wachstumstreiber der vergangenen zwei Jahrzehnte, die staatlichen Investitionen in die Infrastruktur, fällt allmählich weg, weil der Bedarf weitgehend gedeckt ist. Uie 7nden in der Provinz Hin8iang heute bessere Breitbandnetze als in 2anhattan. Wie ernst die 5age ist, sehen Uie daran,

REPUBLIK 4 / 8

Page 5: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

dass Hi Jinping plVtzlich erkannt hat, dass er sich besser um die privaten Dnternehmer kümmern sollte. Zr und Oizepremier 5iu 1e haben in den vergangenen Tagen mehrmals die privaten Zntrepreneurs im 5and gelobt. Cas sind neue TVne.

Sehen Sie denn die «Wglivhkeit eines Qeals Mur GWsung des Handelsdis-Puts, der es ürumP erlauöt, Mu Hause einen Sieg Mu werkznden, Jährend gleivhMeitig –i in Teking sein Oesivht Jahren kannpTrump hat es sogar gescha , nach seinem TreMen mit Nordkoreas Ciktator Kim Jong-un in Uingapur ein wertloses Cokument als Uieg zu verkaufen, obwohl vVllig klar war, dass er nichts 2aterielles erreicht hatte. Cer 2ann besitzt eine formidable 9ähigkeit, sich seine eigene Realität zu schaMen. Dnd weil er mit 9o’ News auf ein ihm hVriges 2assenmedium zählen kann, wird er diese Realität auch seinen Anhängern als Uieg verkaufen kVnnen.

?ie kWnnte ein Qeal konkret aussehenpTrump kVnnte aus Argentinien zurückkehren und verkünden, er habe sich mit Hi darauf geeinigt, dass Xhina den bilateralen 1andelsüberschuss mit den DUA in zwei Jahren um, sagen wir, 0SS 2illiarden Collar reduziert. Cie Cetails kVnnte dann ein gemeinsames Komitee ausarbeiten. Aber es kommt wohl stark darauf an, in welcher Gemütsverfassung Trump nach Buenos Aires reist. Uollten sich etwa in den Dntersuchungen des Uonder-ermittlers Robert 2ueller neue Zntwicklungen zeigen, die ein schlechtes 5icht auf Trump werfen, kVnnte er zur Ablenkung versucht sein, den Kon-Fikt mit Xhina zu eskalieren. Zntscheidend wird auch sein, von wem er sich unmittelbar vor der Reise beraten lässt.

Au: Jen hWrt denn ürumPpCas ist schwierig zu sagen. 9rühere DU-Präsidenten haben ihren Rat in Bezug auf Xhina tjpischerweise vom heute E3-8ährigen 1enrj Kissinger ge-holt. Zbenfalls eine wichtige, gut vernetzte Utimme war 1ank Paulson, der frühere Xhef von Goldman Uachs und Uchatzminister unter George W. Bush. Ich weiss nicht, ob Kissinger und Paulson im Weissen 1aus noch ZinFuss haben. Gleichzeitig ist klar, dass Trump von einigen 1ardlinern umgeben ist, beispielsweise Peter Navarro, der ihn in 1andelsfragen berät. Cas sind 5eute, die in Xhina den strategischen Zrzfeind sehen. Ihrer 2einung nach muss Xhina gestoppt werden, notfalls militärisch, da die DUA sonst ihren Utatus als Uupermacht verlieren werden. Am Znde wissen wir nicht, ob Trump in seiner e’tremen Dnberechenbarkeit überhaupt auf 8emanden hVrt.

?ie Jird denn ürumP in Teking interPretiertp ?as sieht –i in ihm B einen unöerevhenöaren SPinner oder einen geJieyen Äerhandlerp2an muss Trump eines lassen Zs ist ihm gelungen, Peking komplett zu verwirren. Cie Xhinesen waren sehr gut darin, die amerikanischen Prä-sidenten zu lesen. Ueit Richard Ni’on haben sie sie kommen und gehen sehenö sie haben gehVrt, wie sie im Wahlkampf 9euer speien, und sie haben erlebt, wie sie nach gewonnener Wahl zahme Kätzchen werden. Trump widerspricht komplett dem 1andbuch, das sich die Xhinesen im Dmgang mit Washington angeeignet hatten. Camit kVnnen sie nicht umgehen, das Polit-Zstablishment in Peking verabscheut Dngewissheit. Cas ist aber ge-nau die Welt von Conald Trump. Zr wird sagen, das sei seine art of the deal, den Oerhandlungspartner stets über die eigenen Absichten im Cunkeln zu lassen. Cas mag in der Welt der Golfplätze funktionieren, aber ich bezweiFe, ob das im Dmgang mit einer Nuklearmacht zum »iel führt.

Iann –i ürumP aussitMen und darau: hofen, dass in MJei bahren ein neuer Träsident ins ?eisse Haus MiehtpNein. Ich denke, das ist die Zrkenntnis, die Peking am stärksten beun-

REPUBLIK 5 / 8

Page 6: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

ruhigt. Cas Oerhältnis zwischen den beiden Utaaten hat sich nicht wegen Trump abgekühlt. Trump war bloss das Ujmptom. Wir haben es mit einer strukturellen Oerschiebung zu tunö die Geschäxswelt, das Pentagon, die Nachrichtendienste. Republikaner und Cemokraten sind sich darin einig, dass die Lra der strategischen Annäherung an Xhina vorbei ist. Ceshalb kann Hi auch nicht auf ein günstigeres Klima hoMen, sollte in zwei Jahren ein neuer Präsident übernehmen.

«Das Polit-Establishment in Peking verabscheut Ungewissheit» – Parade an einer militärischen Schule, 2018 in Binzhou. VCG/Getty Images

SitMt –i binPing zöerhauPt :est im SattelpCas politische Ujstem in Xhina ist e’trem schwer zu durchschauen. Grund-sätzlich müssen wir uns aber vergegenwärtigen, dass das 5and nach wie vor ein leninistischer Utaat ist, geführt von einer autoritären Partei, deren 2acht am Znde auf Gewehrläufen beruht. Ceshalb ist die entscheidende 9rage Wer kontrolliert die GewehrläufeÄ Ca ist die Antwort eindeutig Hi Jinping. Zr beherrscht die Armee und die Uicherheitsdienste, seine 2acht-struktur ist e’trem stark. Gleichzeitig ist es bemerkenswert, wie 8üngst da und dort kritische Utimmen zu Wort kommen. Zin Uohn von Ceng Hiao-ping, Ceng Pufang, erinnerte kürzlich in einer Rede an die 2a’ime seines Oaters, Xhina solle seine Utärke verbergen und seine »eit abwarten. Cas war eine indirekte Kritik am Util von Hi Jinping.

Angenommen, Sie liegen rivhtig mit der ühese, dass eine neue Dra des strategisvhen IonkurrenMkamP:s MJisvhen den USA und China öe-ginntN ?ie Jird sivh das au: andere Gänder ausJirkenp»unächst einmal wissen wir nicht, welche Regeln künxig gelten werden. Wir wissen nicht, ob das regelbasierte Ujstem, etwa in 1andelsfragen, das die DUA stets verteidigt haben, in seiner heutigen 9orm überlebt. Auch in dieser 9rage haben wir es mit einer strukturellen Oerschiebung zu tun. »u sehen ist der Uinneswandel etwa in Japan. Teile des aussenpolitischen Zstablishments in Tokio fragen sich heute, ob sie sich auf die DUA noch ver-lassen kVnnen. Was, wenn sich die DUA in die Isolation zurückziehenÄ Cer Besuch von Japans Premierminister Uhinzo Abe Znde «ktober in Peking

REPUBLIK 6 / 8

Page 7: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

war ein 2eilensteinö nach sieben eisigen Jahren demonstrierten Abe und Hi plVtzlich wieder freundschaxliche Nähe. Lhnlich präsentierte sich Hi im 2ai mit Indiens Premier 2odi. 2it der Belt-and-Road-Initiative, kurz BRI, will Peking zudem eine 9ülle von Infrastrukturpro8ekten umsetzen, sich als führende Wirtschaxsmacht auf der eurasischen 5andmasse etablieren und diverse Utaaten in «stafrika, Uüdostasien und 5ateinamerika an sich binden.

«Mit der Belt-and-Road-Initiative will Peking diverse Staaten an sich binden» – von China finanzierter Bau einer Brücke in Laos, 2018. Taylor

Weidman/Bloomberg/Getty Images

?ird das gelingenp Eder Jird sivh die ZR6 :zr Teking Mu einem «illiar-dengraö entJivkelnpZs ist zu früh, darauf eine Antwort zu geben. Wir haben im Asia Uocietj Policj Institute während 2onaten versucht, ein Bild über die «rganisa-tion der Belt-and-Road-Initiative zu erhalten. Coch es war unmVglich. Zs gibt keine publizierten Pro8ektkriterien, keine Zntscheidungswege, keine Berechnungsgrundsätze. Wenn man alle Pro8ekte zusammenzählt, die im Rahmen der BRI kommuniziert wurden, kommt man auf ein Investitions-volumen von ;SSS bis SSS 2illiarden Collar in Y0 5ändern. Alles vVllig intransparent. Ceshalb kVnnen wir auch nicht sagen, was die langfristigen Zrfolgsaussichten sind. »ahlreiche Pro8ekte werden scheitern, denn wären sie so lukrativ, wären sie längst von privaten Investoren 7nanziert worden. Aber Xhina streckt 8ust zu dem »eitpunkt seine 1ände aus, da sich die DUA isolieren. Angenommen, Uie wollten heute einen Tiefseehafen in Tansania bauen 6 würden Uie die DU-Amerikaner um 1ilfe bittenÄ Wohl kaum. Dnd die XhinesenÄ Wahrscheinlich schon.

Unter dem Zanner der ZR6 ;nanMiert China 6n:rastrukturProXekte in Est- und SzdosteuroPaN 6n ?esteuroPa, öesonders in Qeutsvhland und der SvhJeiM, kau:en vhinesisvhe StaatskonMerne lokale UnternehmenN ?as ist die Strategie dahinterp2it Infrastrukturinvestitionen bindet Peking einzelne Utaaten der ZD an sich. Bestes Beispiel ist Griechenland, das von Xhina Kapital erhielt, wäh-

REPUBLIK 7 / 8

Page 8: «Wir stehen am Beginn einer neuen Ära der Rivalität ......2018/11/26  · Beginn einer neuen Ära der Rivalität zwischen China und den USA» Kevin Rudd, der frühere Premierminister

rend es von seinen ZD-Partnern durch ein Austeritätsprogramm getrieben wurde. Cie griechische Regierung bedankt sich, indem sie mit ihrem Oeto in der ZD Kritik an der 2enschenrechtspra’is in Xhina blockiert. Lhnlich agiert Peking in Uüdostasien Kambodscha erhält Kapital aus Xhina und blockiert im AUZAN-Utaatenbund seither verlässlich eine koordinierte Oer-urteilung der chinesischen Territorialansprüche in der Uüdchinesischen Uee.

Und der Iau: won Unternehmen in ?esteuroPapPeking bewundert die deutsche Wirtschax. Cie Xhinesen haben grossen Respekt für die Innovationskrax und die Wettbewerbsfähigkeit der 2it-telklasseunternehmen in Ceutschland. Auf dem zweiten Platz der Bewun-derungsliste stehen die Uchweiz und Uchweden. Cas sind aus chinesischer Uicht die perfekten 5änder, um Technologie einzukaufen.

Qie SvhJeiM errivhtet keine Hzrden :zr vhinesisvhe Iäu:er, die loka-le Unternehmen erJeröen JollenN Qer AgrovhemiekonMern S ngenta öeisPielsJeise landete ohne ?iderstand in den Händen der staatlivhen ChemChinaN ?as halten Sie dawonp Zs ist nicht meine Aufgabe, der Uchweizer Regierung Ratschläge zu erteilen. Ich kann Ihnen bloss sagen, wie wir in Australien damit umgegangen sind, als chinesische Utaatskonzerne ab etwa 0SS3 im grossen Util lokale 9irmen kaufen wollten. Uchon seit ;EY haben wir ein Komitee, das bei angekün-digten Grossübernahmen die nationalen strategischen Interessen prüx. 2ehrmals habe ich als Premierminister Käufer aus Xhina abgewiesen 6 was mir aus Peking den Oorwurf einbrachte, ich sei Rassist. Aber ich halte es für normal und legitim, dass ein 5and seine strategischen wirtschaxlichen In-teressen schützt. Zs kann noch sehr lange dauern, bis Xhina ausländischen Dnternehmen ein gleichwertiges Gegenrecht einräumt.

Äor Jenigen üagen Xährte sivh das nde des rsten ?eltkriegs Mum hun-dertsten «alN 6n diesem usammenhang Jurde auvh won der Fühuk -dides-»alleV gesProvhen sie öesagt, dass es in der ?elthistorie oy Mu grossen Iriegen kam, Jenn eine au:streöende «avht ihren TlatM in der ?eltordnung einnehmen Jollte und daöei au: eine etaölierte Oross-mavht stiessN Qer Harward-Tolitologe Oraham Allison Jarnt heute wor einer derartigen Ionstellation mit China und den USAN ?erden sivh die öeiden Orossmävhte dereinst unJeigerlivh in einem Irieg messenpTeile der Uicherheitsapparate in Washington wie auch in Peking scheinen diese These zu unterschreiben. Coch ich halte nichts von einer derart de-terministischen Geschichtsschreibung. Cer Gang der Welt wird nicht von Washington und Peking allein bestimmt. Ceutschland, 9rankreich, Japan, Kanada und Grossbritannien 6 sollten sich 5etztere 8emals von ihrer Bre’-it-Cummheit erholen 6 kVnnen ebenfalls 9ührungsrollen einnehmen und den 5auf der Geschichte beeinFussen. Nichts ist unvermeidlich.

REPUBLIK republik.ch/2018/11/26/wir-stehen-am-beginn-einer-neuen-aera-der-rivalitaet-zwischen-china-und-den-usa (PDF ge-neriert: 21.01.2021 05:09)

8 / 8