WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der...

16
NEWS MITTEILUNGEN DES BERLINER KREISES A uf der Suche nach Quellen für inno- vative Produkte beschränken sich er- fahrungsgemäß zahlreiche, speziell kleine und mittelständische Unternehmen, auf ihre internen Abteilungen. Externe Ide- engeber werden – wenn überhaupt – nur indirekt eingebunden, etwa über Felderfah- rungen der Service- Mitar- beiter oder über Kun- denumfragen des Marketings. Den unbestrittenen Potentialen, die sich durch die systematische und methodisch unterstütze Einbindung eines nach spezi- ellen Kriterien ausgewählten Kundenkreises eröffnen, stehen etliche Hindernisse entge- gen: So kann schlicht die mangelnde Erfah- rung mit Kundeneinbindungsmethoden oder die im Unternehmen vorherrschende Un- sicherheit bezüglich der (patent-)recht- lichen Sachlage bei gemeinsam erarbei- teten Ideen die Anwendung integrativer Methoden be- hindern. Auch der notwen- dige Ressourcenaufwand kann Unternehmen von der Methodenanwendung abhalten, speziell wenn die Kundeneinbindung durch längere Produktlebenszyklen erst geraume Zeit nach der Investition positive Ergeb- nisse generieren kann. An den Lehrstühlen für Innovationsnetzwerke als Ausgangspunkt für Kunden- einbindung in der Produktent- wicklung Sehr geehrte Leserinnen und Leser, schon auf den ersten Blick ist ein frischer Wind in der Darstellung des Berliner Kreises zu erken- nen. Der vorliegende Newsletter folgt unserem neuen Corporate Design. Aber auch inhaltlich legen wir zu, wie die Fülle der Fachbeiträge es vermuten lässt. Es wird deutlich, dass unsere Themen für die Industrie von hohem Interesse sind. Dies ent- spricht unserer Absicht, denn wir wollen Themen bearbeiten, die Nutzen stiften – heute und vor allem morgen. Um die Zu- sammenarbeit mit der Industrie zu intensivieren, werden wir in Kürze eine Broschüre mit Koope- rationsbeispielen herausgeben. Unser Elan wurde in den letzten Monaten durch das Ableben der hoch geschätzten Kollegen Gra- bowski, Lückel und Welp über- schattet. Ihre Werke werden in diesem Heft gewürdigt. Wir wer- den ihr unermüdliches Wirken für unsere Gemeinschaft in gro- ßer Dankbarkeit in Erinnerung behalten. Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier BerlinerKreis WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. Bild 1: Die drei zentralen AKINET-Forschungsfragen mit ihrer Position im Innovationsnetzwerk Ausgabe 1/2009

Transcript of WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der...

Page 1: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

NEWSMITTEILUNGEN DES BERLINER KREISES

Auf der Suche nach Quellen für inno-vative Produkte beschränken sich er-

fahrungsgemäß zahlreiche, speziell kleine und mittelständische Unternehmen, auf ihre internen Abteilungen. Externe Ide-engeber werden – wenn überhaupt – nur indirekt eingebunden, etwa über Felderfah- rungen der Service- Mitar-beiter oder über Kun-denumfragen des Marketings.

Den unbestrittenen Potentialen, die sich durch die systematische und methodisch unterstütze Einbindung eines nach spezi-ellen Kriterien ausgewählten Kundenkreises eröffnen, stehen etliche Hindernisse entge-gen: So kann schlicht die mangelnde Erfah-rung mit Kundeneinbindungsmethoden oder

die im Unternehmen vorherrschende Un-sicherheit bezüglich der (patent-)recht-lichen Sachlage bei gemeinsam erarbei-

teten Ideen die Anwendung integrativer Methoden be-hindern. Auch der notwen-dige Ressourcenaufwand kann Unternehmen von der Methodenanwendung abhalten, speziell wenn die Kundeneinbindung durch längere Produktlebenszyklen erst geraume Zeit nach der Investition positive Ergeb-nisse generieren kann. An den Lehrstühlen für

Innovat ionsnetzwerke a ls Ausgangspunkt für Kunden-einbindung in der Produktent-wicklung

Sehr geehrte Leser innen und Leser,

schon auf den ersten Bl ick ist ein fr ischer Wind in der Darste l lung des Ber l iner Kre i ses zu erken-nen. Der vorl iegende Newsletter fo lgt unserem neuen Corporate Des ign . Abe r auch inha l t l i ch legen wir zu, wie d ie Fü l le der Fachbeiträge es vermuten lässt .

E s w i rd deut l i ch , dass unsere Themen für d ie Indus t r i e von hohem Interesse s ind. Dies ent-spr i ch t unse re r Abs i cht , denn wir wol len Themen bearbei ten, d ie Nutzen st i f ten – heute und vor a l lem morgen. Um die Zu-sammenarbeit mit der Industr ie zu intens iv ieren, werden wir in Kürze eine Broschüre mit Koope-rat ionsbeispie len herausgeben.Unser E lan wurde in den letzten Monaten durch das Ableben der hoch geschätzten Kol legen Gra-bowski , Lückel und Welp über-schattet . Ihre Werke werden in diesem Heft gewürdigt. Wir wer-den ih r unermüdl i ches Wirken für unsere Gemeinschaft in gro-ßer Dankbarke i t in E r innerung behalten.

Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier

BerlinerKreis WISSENSCHAFTL ICHES FORUM FÜR

PRODUKTENTWICKLUNG E .V .

Bild 1: Die drei zentralen AKINET-Forschungsfragen mit ihrer

Position im Innovationsnetzwerk

Ausgabe 1/2009

Page 2: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

Produktentwicklung, Soziologie und Wirt-schaftsinformatik der TU München wird seit Anfang 2008 an Lösungsansätzen zur Verbesserung der „Aktiven Kundeneinbin-dung in InnovationsNETzwerke“ gearbeitet. Ziel des für 3 Jahre vom BMBF geförderten Forschungsprojekts AKINET ist es, vorhan-denes und bisher ungenutztes Wissen und Erfahrungen aller beteiligten und relevanten Akteure in einem sogenannten Innovations-netzwerk in die Produktentwicklung einflie-ßen zu lassen.Bild 1 zeigt exemplarisch ein solches In-novationsnetzwerk. Es spannt sich auf aus den notwendigen Produktentwicklungspro-zessen zur Erstellung des Produkts, aus den resultierenden Applikationsprozessen sowie aus dem Interaktions- und Beeinflussungs-netzwerk aller beteiligten Akteure. So besteht beispielsweise bei einem Bohr-maschinenhersteller die Entwicklungs-prozessseite aus den eindeutigen, aber verzweigten Zulieferprozessen unterschied-licher Wertschöpfungsstufen. Das resultie-rende Produkt „Bohrmaschine“ dagegen kann auf vielfältige Weise verwendet wer-den, etwa als Schleif-, Polier- oder eben als Bohrgerät mit unterschiedlichen Bohr- köpfen auf variablen Untergründen. Jede dieser Anwendungen wird als eigenstän-diger Applikationsprozess aufgenommen. Als beteiligte Akteure auf Entwicklungs-prozessseite werden in diesem Beispiel die Produktentwickler und Projektleiter iden-tifiziert, aber durchaus auch Entscheider anderer Abteilungen – je nach Ergebnis der durchgeführten Explorationsinterviews, die im Rahmen des Projekts mit ausgewählten Unternehmen durchgeführt werden.Als Akteure auf Applikationsprozessseite wären im Beispiel nicht nur die Bauarbeiter als Anwender der Bohrmaschine zu nen-nen, sondern deren gesamtes umgebendes Netzwerk – von Bauherr über Architekt zu Baustatiker, Vorarbeiter und Installations-monteur. Jeder dieser Akteure verfolgt mit der Anwendung der Bohrmaschine ver-schiedene Ziele, hat an deren Einsatz un-terschiedliche Anforderungen und besitzt einen unterschiedlichen Erfahrungshinter-grund, den er in die Produktweiterentwick-lung einbringen könnte.Die dritte Akteursgruppe hat Verbindungen zu beiden Prozessseiten. So beeinflusst in diesem Beispiel ein Schrauben- oder Dü-belhersteller zum einen die Auslegung der

Maschine, zum anderen die resultierende Anwendung. Ebenso haben Sicherheitsbe-stimmungen oder Normierungen Einfluss auf beide Prozessseiten.Anhand des beschriebenen Beispiels lassen sich die Grenzen der klassischen „Lead-User-Methoden“ erkennen: Der (kom-merzielle) Erfolg lässt sich selten durch die Einbindung einer einzigen Akteursgruppe – im Beispiel die der Bauarbeiter als „User“ – erreichen. Gerade im Umfeld von Inve-stitionsgütern ist auf den ersten Blick nicht klar, wer welche Rolle in der Erwerbs- und Anwendungsphase spielt und wessen An-forderungen und Erfahrungen folglich be-sonders betrachtet werden müssen.

STUFENWEISES VORGEHEN IM AKINET-PROJEKTIm Rahmen des Forschungsprojekts AKI-NET wird ein Leitfaden entwickelt, welcher kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt, strukturiert und systema-tisch ihr eigenes Innovationsnetzwerk zu nutzen. Dieses Innovationsnetzwerk bil-det die Grundlage für die Beantwortung der drei zentralen Forschungsfragen wen (welche Akteure) wann (in welcher Prozes-sphase) wie (welche Methode) einbinden (vgl. Bild 1). Bild 2 zeigt die zentrale Position des In-novationsnetzwerks im Vorgehensmo-dell von AKINET: Zunächst werden in der spezifischen Ebene über Fragebogen, In-terview und das eigens für diesen Zweck entwickelte „AKINET Whiteboard“ alle re-levanten Informationen zu Prozessphasen,

Akteuren und Verknüpfungen detailliert aufgenommen. Damit lässt sich nach we-nigen Iterationsschleifen (typischerweise reichen 2-3) ein hinreichendes Modell des Innovationsnetzwerks aufstellen. Mit Hilfe der empirisch ermittelten Zuordnungskrite-rien in der Datenbank werden alle Elemente dieses Modells anschließend generalisiert. Aufbauend auf diesem generischen Netz-werk lassen sich nun die Forschungsfragen beantworten, zum einen über formale Re-geln, ergänzend aber auch über einen Ver-gleich mit ähnlichen aber erfolgreicheren Netzwerken im Sinne eines Benchmarks.Im derzeitigen Projektstand (1. Quartal 2009) sind die theoretischen Grundlagen gelegt, die Datenakquise zur Aufnahme und Analyse vergangener Innovationsprojekte dagegen läuft bereits und wird über das gesamte Jahr 2009 intensiv durchgeführt. Unternehmen, die Interesse an einer Ana-lyse ihres eigenen Innovationsnetzwerks haben, sind herzlich zur Teilnahme an dieser Projektphase eingeladen. Weitere Informa-tionen hierzu entnehmen Sie bitte der Pro-jekthomepage www.akinet.eu.

Dipl.-Ing. Rafael Kirschner,Dipl.-Ing. Andreas Kain,Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann,Lehrstuhl für Produktentwicklung, TU München

02

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Bild 2: AKINET-Vorgehensmodell auf generischer und spezifischer Ebene

Page 3: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

03

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Projektseminar Produkt innovat ion: Moderne Ingenieurausbi ldung hi l f t Unternehmen

Im Rahmen des Projektseminars Produk-tinnovation bearbeiten acht Studierende

und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter ein konkretes Produktinnovationsprojekt eines Partnerunternehmens. Das Seminar, das ein- bis zweimal pro Jahr angeboten wird, läuft über 20 Wochen. Die methodische Basis bildet der Zyklus der strategischen Produktplanung im 3-Zyklen-Modell der Produktentstehung (vgl. Bild 1).

INHALTLICHES ZIELInhaltliches Ziel ist die fundierte Konzeption eines neuen Geschäfts, auf deren Grundlage ein Unternehmen über den Eintritt in dieses

Geschäft und die damit verbundenen Inves-titionen entscheiden kann. Die Ergebnisse sind im Einzelnen: Produktkonzeption, Pro-duktionssystemkonzeption, Geschäftsstra-tegie, Produktstrategie und Geschäftsplan.

DIDAKTISCHES ZIELDidaktisches Ziel ist die maßgebliche Be-teiligung von Studierenden an einem anspruchsvollen Strategieprojekt in der In-dustrie, in dessen Verlauf folgende Fähig-keiten vermittelt werden:l Methodik der strategischen Produktpla- nung,l Projektmanagement,l Rede- und Präsentationstechnik,l Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team unter Zeitdruck

SO GEHEN WIR VOREs werden die in Bild 1 dargestellten Aufgaben bearbeitet:

l Potentialfindung: Antizipation von Entwicklungen von Märkten- und Technologien Erkennen von Erfolgspotentialen. l Produktfindung: Ermittlung von Produkt- und Dienstleistungsideen, Konkretisie-

rung der Produktideen; Ermittlung von Anforderungen.l Produktkonzipierung: Entwicklung der prinzipiellen Lösung (technische Konzep- tion) für das Produkt.l Konzipierung Produktionssystem: Der Schwerpunkt liegt auf der Arbeitsablauf- planung, einer Make or buy-Empfehlung sowie der Abschätzung der Herstell- kosten.l Geschäftsplanung: Entwicklung der Ge- schäfts- und Produktstrategie sowie des Geschäftsplans.

Somit werden Marketing- und Technika-spekte gleichermaßen behandelt. Den Schwerpunkt bei der Bearbeitung der fünf dargestellten Aufgabenbereiche und die Auswahl der einzusetzenden Metho-den hängt von der spezifischen Aufgaben-stellung des Unternehmens ab. Zu Beginn des Seminars wird in Absprache mit dem Unternehmen ein Arbeitsplan entwickelt, der insbesondere die Meilensteine für Len-kungskreissitzungen mit Unternehmensver-tretern vorsieht.

PROJEKTREFERENZENMiele & Cie. KG, Weichmüller GmbH & Co. KG

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier,Dipl.-Wirt.-Ing. Karsten Stoll,Heinz Nixdorf Institut,Universität Paderborn,E-Mail: [email protected]

Bild 3: Teilnehmer, Betreuer und Vertreter des Partnerunter- nehmens nach der gelungenen Abschlusspräsentation

Bild 2: Konzept für einen innovativen flexiblen Handhabungsroboter aus einem kleineren Projektseminar mit der Wilfried Strothmann GmbH

Bild 1: Die Strategische Produktplanung im 3-Zyklen-Modell der Produktentstehung

Die fünf Aufgabenberei-che, die im Rahmen des Projektseminars bearbei-tet werden

*

Page 4: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

04

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Im Rahmen des SFB/TR-29 „Engineering hybrider Leistungsbündel“ ist ein neuer,

modellorientierter Ansatz entstanden, der zur Unterstützung der Konzipierung von In-dustriellen Produkt-Service-Systemen (IPS²) dient. Er berücksichtigt gleichzeitig die he-terogene Modellierung wie ein flexibles, methodisches Vorgehen zur Problemlösung in einer frühen Entwicklungsphase.Dieser Ansatz baut auf den Grundlagen der heterogenen Modellierung mechatro-nischer Systeme nach Jansen sowie einem Paradigmenwechsel im Verständnis von technischen Produkten und industriellen Dienstleistungen auf. Ihre inhaltliche In-tegration beruht auf der Auflösung einer unscharfen Abgrenzung zwischen Produkt und Dienstleistung. Mit dem heterogenen IPS²-Konzeptmodellierungsansatz lassen sich somit sowohl unterschiedlich detail-lierte, abstrahierte und formalisierte Model-lelemente als auch technische, menschliche und organisationsbezogene Lösungsbe-

standteile mittels geeigneter Beziehungen zu einem Gesamtkonzeptmodell integrieren. Durch die Definition von systemkoheränten Modellierungsebenen lassen sich zudem die vertraglich spezifizierte Risikoverteilung zwischen Anbieter und Kunde sowie die In-teraktion des Anbieters mit Kundenressour-cen während der Leistungserbringung und -nutzung modellieren.Darüber hinaus kann der IPS²-Ansatz einen Beitrag zur Reduzierung kostspieliger Ent-wicklungsiterationen und zur Erhöhung der Entwicklungseffizienz leisten, da neben einem adaptierten Problemlösungszyklus ein übergeordneter Vorgehensleitfaden zur Strukturierung der Konzeptentwicklungs-phase erarbeitet wurde. Zur operativen Unterstützung des Entwicklers bei der Er-zeugung und Variation von heterogenen IPS²-Konzeptmodellzusammenhängen sind zudem IPS²-spezifische Regeln und Stra-tegien erarbeitet worden. Hiermit können dem Entwickler sinnvolle Anregungen zur

Generierung wandlungsfähiger Problemlö-sungen gegeben werden. Der IPS²-Konzeptmodellierungsansatz ist prototypisch als rechnerbasiertes Entwick-lungswerkzeug umgesetzt worden. Als Evaluierungsbeispiel diente eine Themen-stellung aus der Mikroproduktionstechnik, der verfügbarkeitsorientierten Fertigung rotationssymmetrischer µm-Bauteile. Hier-mit konnten nicht nur wesentliche Facetten der heterogenen IPS²-Konzeptmodellierung und der Einsatz der methodischen Hilfen erprobt, sondern auch die Komplexität und Reichweite industrieller Produkt-Service Sy-steme im Allgemeinen aufgezeigt werden.

† Prof. Dr.-Ing. Ewald Georg Welp,Dr.-Ing. Tim Sadek,Lehrstuhl für Maschinenelemente und Konstruktionslehre,Ruhr-Universität Bochum

Am 14. November 2008 fand die diesjährige Jahrestagung des Berliner Kreises – Wissenschaftliches

Forum für Produktentwicklung e.V. – bei der Siemens AG, Corporate Technology, in München Neuper-

lach statt. Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner vom Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung der Technischen

Universität Kaiserslautern und Mitglied des Berliner Kreises sowie Prof. Dr. Dr.-Ing. h.c. Albert Gilg, Leiter

des Bereichs Virtual Design bei Siemens Corporate Technology, hatten dazu eingeladen.

Ber ichte aus den Workshops der Jahrestagung des Ber l iner Kreises 2008

Model lor ient ierte Konzipierung indus-tr ie l ler Produkt-Service-Systeme ( IPS²)

Page 5: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

05

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Zur letztjährigen Jahrestagung, die Zei-chen für den intensiven Dialog zwischen

Führungspersönlichkeiten aus der Industrie, Universitätsprofessoren und Nachwuchswis-senschaftlern ist, waren rund 80 geladene Gäste erschienen. Die Jahrestagung wurde von Herrn Prof. Eigner, der als Ausrichter der diesjährigen Jahrestagung durch das Programm führte und Herrn Prof. Gilg von der Siemens AG eröffnet. Herr Prof. Dr.-Ing. Gernot Spiegelberg stellte im Rahmen des Einführungsvortrags den Unterneh-mensbereich Corporate Technology (CT) als zentrale Forschungseinheit der Siemens AG vor. Daran schloss sich der Vortrag von Herrn Dr.-Ing. Alexander Lewald von der PTC GmbH an. Herr Dr. Lewald lieferte Ge-

danken zur Mechatronik aus der Sicht eines PLM-Anbieters. Prof. Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über Human Factors: Der Mensch als Pro-blem und Problemlöser in sozio-technischen Systemen.

ERFAHRUNGSAUSTAUSCH IN WORK-SHOPS: INTENSIVIERUNG DER ZUSAM-MENARBEIT VON WIRTSCHAFT UND WISSENSCHAFTSeit 2007 wird die Jahrestagung des Berliner Kreises in einen Plenums- und einen Work-shopblock geteilt, um im Rahmen der Work-shops den Handlungsbedarf der Industrie in Bezug auf aktuelle Themen aufzunehmen,

zu denen der Berliner Kreis einen Beitrag lei-sten kann. Die Workshopthemen wurden im Rahmen einer Abfrage unter den Industrie-kreisvertretern identifiziert, die 2007 durch-geführt worden war. Im Folgenden werden die Resultate aus den Workshops Systems Engineering, Rechnerunterstützung in der Produktentstehung und Human Factors in der Produktentwicklung vorgestellt. Der Tagungsband der Jahrestagung ist unter www.berliner-kreis.de zum Down-load verfügbar.

Ansprechpartner: Volker Brink, Geschäftsstelle des Berliner Kreises, Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn

Zusammenkunft bei S iemens Corporate Technology

Workshop 1Renaissance des Systems Engineer ing?

GEGENSTANDModerne maschinenbauliche Erzeugnisse sind durch ein hohes Maß an Informations- und Kommunikationstechnik geprägt. Der Begriff Mechatronik bringt dies zum Ausdruck. Die Mechatronik eröffnet faszi-nierende Perspektiven für die Gestaltung künftiger Produkte. Gleichzeitig führt sie zu einer Erhöhung der Komplexität des Pro-dukts und dessen Entwicklung. Im Rahmen der Berliner Kreis Jahrestagung 2008 wurde im Workshop „Renaissance des Systems Engineering?“ unter Leitung von Prof. A. Albers (Universität Karlsruhe) und Prof. J. Gausemeier (Universität Paderborn) die Fra-gestellung diskutiert, inwieweit die Ansätze des Systems Engineering (SE) eine Basis für die Entwicklung von Methoden und Werk-zeugen zur Beherrschung der Komplexität mechatronischer Entwicklungen bieten. Das SE ist ein domänenübergreifender Ansatz, mit dem Ziel, verschiedenste Ingenieurdis-ziplinen zu integrieren und vom Konzept bis zur Betriebsphase einen strukturierten Ent-wicklungsprozess zu beschreiben.

ZIELSETZUNGDurch die Vorstellung zweier in Anlehnung an das SE entwickelter Ansätze zur Bewäl-tigung der Komplexität mechatronischer Entwicklungen sollte zunächst das Problem-bewusstsein für die bestehenden Heraus-forderungen bei der Entwicklung mecha-tronischer Systeme bei den Workshopt-eilnehmern geschärft und darauf aufbau-end die wesentlichen Hand lungs fe lde r für die Erarbeitung neuer Methoden und Werkzeuge identifiziert werden. Die vorgestellten Ansätze waren die am Heinz Nixdorf Institut der Uni-versität Paderborn entwickelte Spezifi-kationstechnik zur

domänenübergreifenden Beschreibung der Prinziplösung mechatronischer Systeme (vgl. Bild 2) und das am Institut für Produktent-wicklung der Universität Karlsruhe entstan-dene Integrierte Produktenstehungs-Modell (iPeM) für die kontinuierliche ganzheitliche

Bild 1: Integriertes Produktenstehungs-Modell iPeM zur kontinuierlichen Überprü- fung des Systems der Produktentstehung hinsichtlichder gestellten Anfor- derungen und Ziele

Page 6: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

06

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Verbesserung der Entwicklung mechatro-nischer Systeme (vgl. Bild 1). Abschließend sollte die Frage geklärt werden, inwieweit die Ansätze des SE bei der Erarbeitung der Methoden und Werkzeuge für die identifi-zierten Handlungsfelder helfen können.

DISKUSSIONSSCHWERPUNKTE, RESULTATE UND HANDLUNGSBEDARFDie Workshopteilnehmer erzielten sehr schnell Einigkeit darüber, dass die Komple-xität und das notwendige Wissen für die Entwicklung mechatronischer Produkte im Vergleich zu klassischen maschinenbau-lichen Produkten stark gewachsen sind und weiter wachsen werden. Dass der interdiszi-plinärere Ansatz des SE eine gute Ausgangs-basis für die Erarbeitung neuer Methoden und Werkzeuge für die Entwicklung me-chatronischer Systeme darstellt, war am Ende des Workshops ebenfalls allgemeiner Konsens. Es zeichneten sich vier Diskussi-onsschwerpunkte ab, die nach Meinung der Anwesenden die wesentlichen Handlungs-felder für weitere Forschungsaktivitäten wi-derspiegeln.

A) BEWÄLTIGUNG DER KOMPLEXITÄT DER PRODUKTENTSTEHUNGDie Mechatronik erweitert die System-grenzen aus Sicht jeder an der Entwicklung beteiligten Domäne. Eine Erweiterung der bestehenden klassischen Entwicklungs-methoden der einzelnen Domänen für

mechatronische Entwicklungen ist nicht angebracht. Vielmehr ist es notwendig, sich von den bisher an der Komponenten-entwicklung orientierten Ansätzen zu lösen und ein Denken in Systemen zu fokussie-ren. Neu zu entwickelnde Methoden müs-sen die bestehenden domänenspezifischen ergänzen und den Entwicklern helfen, mit der Komplexität in der Produktentwicklung umzugehen sowie eine gleichberechtigte Mechatronikentwicklung zu leben.

B) EXTERNALISIERUNG UND ANWEN-DUNG VON WISSENDie Basis einer gleichberechtigten Mecha-tronikentwicklung ist ein domänenübergrei-fender Austausch von Wissen. Aufgrund des derzeit herrschenden unterschiedlichen Verständnisses über den System-Begriff muss hierfür eine einheitliche Begriffswelt geschaffen werden. Weiterhin ist die pro-blemadäquate Bereitstellung von Metho-den- und Erfahrungswissen während des Entwicklungsprozesses entscheidend für eine effiziente Mechatronikentwicklung.

c) FÖRDERUNG DER DOMÄNENÜBER-GREIFENDEN KOMMUNIKATION UND KOOPERATIONWesentlicher Grundpfeiler der Entwicklung mechatronischer Systeme ist eine Spezi-fikationstechnik zur domänenübergrei-fenden Beschreibung der Konzeption des Systems. Sie ist die Voraussetzung für die

Kommunikation und Kooperation der an der Entwicklung beteiligten Domänen. Für die Akzeptanz einer solchen Beschreibungs-sprache muss sich deren Entwicklung am Anwender orientieren. Darüber hinaus sollte das System anhand der domänenübergrei-fenden Beschreibung bewertet werden können. Der Definition von Anforderungen kommt hierbei eine besondere Rolle zu. Die verwendeten Modelle müssen flexibel einsetzbar sein und einen wachsenden Rei-fegrad ermöglichen, um der Individualität von Entwicklungsprozessen Rechnung zu tragen.

d) BERÜCKSICHTIGUNG DER INDIVIDU-ALITÄT VON PRODUKTENTSTEHUNGS-PROZESSENEinen standardisierten Produktentstehungs-prozess (PEP) gibt es nicht. Jedes Entwick-lungsprojekt ist einmalig. Für bestimmte Klassen von Entwicklungsprojekten lassen sich jedoch generische Prozesse mit wie-derkehrenden Elementen identifizieren. Diese müssen aufgrund des Wunschs nach verlässlichen Prozessen mit definierten Schritten und einer Verankerung in der Führungskultur für konkrete Erzeugnisse individuell ausgeprägt werden.

RESÜMEENeben der domänenspezifischen Qualifika-tion wird die Notwendigkeit einer domä-nenübergreifenden Denkweise essentieller Bestandteil der Arbeitsweise der Entwickler moderner maschinenbaulicher Erzeugnisse sein. Hierzu bedarf es einer „Neuen Schule des Entwurfs mechatronischer Systeme“. Diese soll es ermöglichen, mit der Kom-plexität mechatronischer Entwicklungspro-jekte umzugehen. Den Hochschulen kommt hierbei die Aufgabe zu, gemeinsam auf eine solche „neue Schule“ hinzuarbeiten und künftige Ingenieurgenerationen im Geiste einer domänenübergreifenden Entwicklung auszubilden.

Prof. Dr.-Ing. Albert Albers,Institut für Produktentwicklung,Universität Karlsruhe;Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gausemeier,Heinz Nixdorf Institut,Universität Paderborn

Bild 2: Partialmodelle der domänenübergreifenden Spezifikation der Produktkonzeption; im Hintergrund: Aus- schnitt aus dem Umfeldmodell

Page 7: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

07

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Workshop 2: Neue Ansätze der Rechnerunterstützung: Projekt idee HOPE

Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner (Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung der TU

Kaiserslautern) und Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovici (Lehrstuhl für Maschinenbau-informatik der Ruhr-Universität Bochum) moderierten den zweiten Workshop. Ihre beiden Impulsvorträge führten zu lebhaften Diskussionen. Die in diesem Rahmen vorgestellte Projektidee HOPE definierte Ziele und Lösungsansätze für eine holistische Optimierung der Produktentstehung unter Einbeziehung aller beteiligten Partner in Wertschöpfungs-netzen.Kürzere Produktentstehungs-zeiten, niedrigere Kosten und höhere Produktqualität sind übergeordnete Ziele in der Produktentstehung. Die Aus-schöpfung der Potenziale rech-nerunterstützter Systeme zur Erreichung dieser Ziele ist stark abhängig von der Größe der Unternehmen. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) weisen erhebliche Defizite auf. Diese Defizite der KMU in der Rechnerun-terstützung der Produktentstehung sind auch gleichzeitig Probleme für OEM und Systemlieferanten. Die symbiotische Rea-lisierung von Wertschöpfungsketten unter Einbeziehung von KMU, Systemlieferanten und OEM erfordert einen Paradigmenwech-sel bezüglich der Betrachtung von Metho-den und Prozessen sowie der Bereitstellung von IT-Lösungen.

ZIELE VON HOPEDie Ziele von HOPE sind die Erarbeitung und Umsetzung von integrierten, föderier-ten Methoden, Prozessen und Systemen für eine nachhaltige und optimale Produktent-stehung von kooperierenden KMU, System-lieferanten und OEM, welche:l in KMU und Großunternehmen gleicher- maßen anwendbar sind,l in KMU und Großunternehmen jeweils

spezielle Ausprägungen besitzen undl der Kooperation zwischen KMU und Großunternehmen dienen.

Zur Erreichung dieser Ziele wurden die in der Grafik dargestellten Forschungsfelder identifiziert.

POSITIVE RESONANZ AUF DAS KONZEPTDas vorgestellte Konzept stieß bei den Teil-nehmern auf positive Resonanz. Vertreter der Industrie sehen einen besonderen Be-darf, die große zeitliche Lücke, die zwischen den technischen Möglichkeiten der Systeme und deren Anwendung klafft, zu reduzieren. Hierzu könnten etwa die Etablierung bran-chenspezifischer Lösungen und Bibliotheken zur Reduzierung des Customizing-Auf-wands, sowie die stärkere Berücksichtigung

von „Human Factors“ beitragen.Unter den Teilnehmern herrschte Einig-keit, dass insbesondere in den Bereichen Next Generation PLM, Next Generation CAx sowie bei der Planungs- und Ent-scheidungsunterstützung Handlungsbedarf

besteht. Hierbei haben Innova-tionen für das Management

hybrider Leistungsbündel (HLB) ebenso wie die Op-timierung operativer Pro-duktentstehungsprozesse in Wertschöpfungsnetzen hohe Priorität. Weiteren

großen Forschungsbedarf sahen die Teilnehmer in

der Entwicklung intelligenter „Suchmaschinen“ für Ingeni-eure. Als wichtig wurde zudem ein stärkerer Wissenstransfer zwischen Forschungsinstituten und KMU sowie ein stärkerer Informationsaustausch zwischen KMU untereinander erachtet. Zur Umsetzung der Projektidee wurde eine Strukturierung in

mehrere gut synchronisierte Einzelprojekte bestehend aus grundlagenorientierten und industrienahen Forschungsprojekten vorge-schlagen.

Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner, Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung,TU Kaiserslautern; Prof. Dr.-Ing. Michael Abramovichi,Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik,Ruhr-Universität Bochum

Forschungsfelder für die Holistische Optimierung der Produktentstehung (HOPE)

Prof. Michael Abramovici und Prof. Martin Eigner (links) moderieren den intensiven Workshop HOPE

Page 8: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

08

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Workshop 3 „Human Factors in der Produktentwicklung“

GEGENSTANDEine zentrale Herausforderung für die Leistungsfähigkeit einer industriellen Pro-duktentwicklung sind die Qualifikation, Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Diese „Human Factors“ re-präsentieren ein erhebliches Innovations- und Optimierungspotential, das in vielen Unternehmen noch nicht konsequent ge-nutzt wird. Typische Defizite in vielen Ent-wicklungsabteilungen sind die oft geringe Bereitschaft Veränderung mit zu tragen oder gar eigeninitiativ zu gestalten und die weitgehend auf Erfahrung und Intuition basierenden Produkt- und Prozessentschei-dungen ohne methodisch fundierte Absi-cherung.

ZIELSETZUNGDer Workshop adressierte insbesondere die Frage, welche Anforderungen an den Nachwuchs für die Produktentwicklung künftig gestellt werden und wie die Aus-bildung junger Entwickler im Hinblick auf diese Anforderungen ausgerichtet werden muss. Nach einem einleitenden Problemati-sierungsreferat erarbeiteten die Teilnehmer in einem strukturierten Ideengenerierungs-prozess mehrere Cluster von Lösungsvor-schlägen als Denkanstöße für die Aus- und Weiterbildung einerseits und diesbezügliche Initiativen seitens der im Berliner Kreis ver-tretenen Professoren.

DISKUSSIONSSCHWERPUNKTEGrundgedanke der Diskussion war die Erör-terung der Rolle von Forschung und Lehre für eine leistungsfähige Produktentwick-lung. Im Workshop ergaben sich schnell die vier als wesentlich erachteten Themenbereiche:lBearbeitung relevanter Forschungs- fragen, l zweckmäßiger Transfer der Forschungs- ergebnisse in die Unternehmen,l Vermittlung notwendiger Grundlagen in der Ausbildung und l zielgerichtete Befähigung von Studierenden.

RESULTATE/ HANDLUNGSBEDARFEAls wichtige Forschungs-fragen wurden der Erfah-rungsaustausch zwischen den Disziplinen und die Entwicklung einer gemein-samen Sprache und Kultur für die Entwicklung me-chatronischer Systeme ar-tikuliert. Bezüglich der zu vermittelnden Grundlagen in der Lehre wurde deut-lich, dass nur eine zweck-mäßige Aufgabenteilung zwischen Hochschule und Industrie zielführend ist und dabei auch dis-ziplinenübergreifende Kompetenzen zu vermitteln sind. Wenn Studierende für die Entwicklungsarbeit befähigt werden sollen, ist interdisziplinäres und ganzheitliches Ar-beiten in Projekten von der Zielformulierung bis zur Lösungserarbeitung unabdingbar. Für den effektiven und effizienten Trans-fer in die Praxis ist es erforderlich, Mitar-beiter frühzeitig in Veränderungsprozesse einzubeziehen und ihnen dabei konkrete und handlungsführende Hilfestellungen zu geben

5. UMSETZUNGSEMPFEHLUNGEN/FOLLOW-UPSEs bestand Einigkeit, dass über die be-kannten Arbeiten zur empirischen Kon-struktionsforschung hinaus auch weiterhin eine gründliche Analyse der Situation in der Entwicklungspraxis und dem dabei sicht-baren Methodeneinsatz notwendig ist. Dabei sind vor allem die Schnittstellen in interdisziplinären Projekten hinsichtlich De-fiziten und Problemen zu analysieren und daraus konkrete Gestaltungsempfehlungen abzuleiten. In der Ausbildung muss dem Überange-bot an Spezialisten und dem Mangel an Generalisten Rechnung getragen werden. Dazu sind tradierte, an überkommenen Berufsbildern orientierte Studieninhalte zu

hinterfragen, der Team- und Projektbezug in der Ausbildung muss deutlich verstärkt werden. Alternative Lehr- und Lernformen wie forschendes Lernen oder die studen-tische Projektarbeit (Beispiel: Formula Stu-dents) sind wichtige Elemente, um Defizite in der Selbstorganisation der Studierenden zu beseitigen, zum selbständigen Lernen zu motivieren und dazu beizutragen, dass Studierende lernen, eigenständig Ziele zu entwickeln und sich im Entwicklungsalltag erfolgreich zu behaupten.Der unzureichende Methodeneinsatz in der Industrie sollte Anlass sein, aus den letzten 40 Jahren Methodentransfer zu lernen und neue, effizientere Wege für den Methoden-transfer zu suchen. Methodisches Arbeiten muss individuell angenommen und perma-nent gelebt werden, was nicht zuletzt auch die nachhaltige Förderung durch das Ent-wicklungsmanagement erfordert. Angeregt wurde auch, die Institution der acatech als Sprachrohr für eine zukunftso-rientierte Aus- und Weiterbildung von Pro-duktentwicklern zu nutzen.

Prof. Dr. h. c. Dr.-Ing. Herbert Birkhofer, Produktentwicklung und Maschinenele-mente, TU Darmstadt; Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann, Lehrstuhl für Produktentwicklung, TU München

Rolle von Forschung und Lehre für eine leistungsfähige Produkt-entwicklung

Page 9: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

09

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Nachrufe

† PROF. DR.-ING. JOACHIM LÜCKEL

WERDEGANGHerr Prof . Dr.-Ing. Joa-chim Lückel, J a h r g a n g 1938, wurde 1978 auf den Lehrstuhl für Automatis ie-rungstechnik im Fachbereich Maschinentechnik I der Universität Paderborn berufen, der in der Folgezeit als Mechatronik Laboratorium Paderborn (MLaP) großes Ansehen in der Fachwelt im In- und Ausland genoss. Er promovierte 1970 am Institut B für Me-chanik der TU München bei Prof. Magnus. In seiner fünfjährigen Industrietätigkeit war Dr.-Ing. Lückel in der Forschung bei der Daimler-Benz AG tätig und hat dort die rechnerunterstützte Modellierung, Analyse und Synthese von Fahrwerkssystemen wei-terentwickelt. Von 1987 bis 1989 war er Gründungsvor-sitzender des Heinz Nixdorf Instituts der Universität Paderborn. Er war Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Fichtel & Sachs AG von 1992 bis 1997. Außerdem war er seit 1991 Vorstandsmitglied des Paderborn Centre of Parallel Computing (PC²) und des AUTOMATH. Prof. Lückel war Mitbegrün-der des Berliner Kreises, 1996 Gründungs-vorsitzender des Mechatronik Instituts Paderborn (Metropa) und von 1997 bis

2005 Initiator und Konsortiumsführer der Neuen Bahntechnik Paderborn. Darüber hi-naus war er beteiligt an der Gründung von zwei Sonderforschungsbereichen (SFB 376 – Massive Parallelität und SFB 614 –Selbstop-timierende Systeme des Maschinenbaus).Prof. Lückel, fachliche Autorität und trei-bende Kraft des Berliner Kreises, verstarb am 28. November 2008 im Alter von 70 Jahren. Sein Wirken eröffnete dem Maschinen- und Fahrzeugbau Zukunftsperspektiven.

FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE

MODELLBILDUNG, ANALYSE UND SYN-THESE MECHATRONISCHER SYSTEMEBeim Entwickeln neuer mechatronischer Sy-steme wird bei einem ganzheitlichen Ansatz von der objektorientierten und mechatro-nischen Modellbildung des realen Systems ausgegangen. Anhand dieses Modells wird das System mit Hilfe von linearen und nicht-linearen Untersuchungsmethoden auf dy-namische Eigenschaften hin analysiert. Auf der Grundlage dieser Kenntnisse und unter Berücksichtigung der Zieleigenschaften des Systems werden Reglerarchitekturen ent-worfen und ausgelegt.

ANWENDUNGENDie Erkenntnisse in der Theorie der Re-gelungstechnik und der Automatisie-rungstechnik wurden ständig z. B. in der Fahrzeugdynamik umgesetzt. Dabei wur-den weitere Erfahrungen an HIL-Prüfstän-den gesammelt. Dazu zählen Arbeiten

an aktiven Federungssystemen, Untersu-chungen des Hybridantriebes, vernetzte Fahrzeugsysteme und die Neue Bahntech-nik Paderborn. In der Robotik wurde die aktive Schwingungsdämpfung an seriellen Leichtbaurobotern umgesetzt. Mit Hilfe der Entwurfsmethodik wurden Mehrkoordina-tenantriebe und Roboter mit parallelkine-matischer Struktur entwickelt. Ein weiteres Anwendungsfeld liegt in der Feinwerktech-nik, hier speziell Plattenlaufwerke, Nadel-drucker und Kassenautomaten.

ENTWICKLUNG COMPUTERUNTER-STÜTZTER ENTWURFSWERKZEUGEFÜR MECHATRONISCHE SYSTEMEDie gewonnenen Erkenntnisse und Erfah-rungen finden sich in der Entwicklungsum-gebung für mechatronische Systeme CAMeL wieder. Damit wurde auf Basis objektori-entierter Programmierung ein Werkzeug geschaffen, mit dem der durchgängige Ent-wurf neuer mechatronischer Systeme von der Modellierung bis zur Reglerauslegung unterstützt wird. In dieser Entwicklungsum-gebung sind Werkzeuge zur nichtlinearen Simulation, Animation und zur linearen Ei-genwertberechnung, zu Modalanalyse und Frequenzgangsanalyse enthalten.

Dr.-Ing. Kalr Peter Jäker, Prof. Dr.-Ing. Ansgar Tächtler, Heinz Nixdorf Institut, Universität Paderborn;Vorstand und Mitglieder des Berliner Kreises

† PROF. DR.-ING. EWALD GEORG WELP

Am 1. Februar 2009 ist Professor Dr.-Ing. Ewald Georg Welp völ-lig unerwartet im Alter von 64 Jahren aus dem Leben gerissen worden. Die Wis-senschaf t l i che Gesellschaft für Maschinenelemente, Kon-struktionstechnik und Produktentwicklung

(WGMK) trauert um Ihr Vorstandsmitglied, der Berliner Kreis (BK) um sein engagiertes Mitglied. Seit 6 Jahren war er in der WGMK für die gemeinsamen Forschungsaktivitäten verantwortlich. Bei der Vorbereitung von DFG-Schwerpunktprogrammen engagierte er sich stets für den modernen Maschinen-bau, der geprägt ist von der Mechatronik. Aktiv beteiligt war er an dem SFB/Transre-gio 29 „Engineering hybrider Leistungsbün-del – Dynamische Wechselwirkungen von Sach- und Dienstleistungen in der Produk-tion“ der DFG und bei der Initiierung eines DFG-Schwerpunktprogramms.

WERDEGANGProf. Welp studierte an der TH Darmstadt Maschinenbau und promovierte am Lehr-stuhl für Maschinenelemente und Getriebe bei Prof. Müller. Während seiner langjäh-rigen Industrietätigkeit bei der Fa. Jagenberg in Düsseldorf leitete er die Forschungs- und Vorentwicklungsabteilung. Schon hier zeigte sich seine außerordentliche Kreativität, sein Engagement für Innovationen bewies er mit zahlreichen Patentanmeldungen. Zu dieser Zeit übernahm er auch Lehraufträge an der Fachhochschule Niederrhein und an der Technischen Hochschule Darmstadt und

Page 10: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

10

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

zeigte hier seine Fähigkeit, junge Menschen zu motivieren und zu begeistern. Ab 1994 leitete er den Lehrstuhl für Maschinenele-mente und Konstruktionslehre an der Fakul-tät Maschinenbau an der Ruhr-Universität Bochum. Von 1999 bis 2001 war er Dekan. Im Oktober 2002 wurde er zum Professor und im Juli 2008 zum Fachkoordinator des Chinesisch-Deutschen Hochschulkollegs (CDHK) der Tongji-Universität in Shanghai/China ernannt. Prof. Welp hat mehrere Ge-

nerationen von Studenten ausgebildet, von denen heute viele in Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft verantwortungsvolle Positionen einnehmen. Er hat zahlreiche Dissertationen betreut und ist Autor vieler wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Bis zuletzt war er auch im Vorstand der VDI-EKV, deren stellvertretender Vorsitzender er war. Im Oktober 2004 wurde ihm die höchste Auszeichnung der EKV die Fritz-Kesselring-Ehrenmedaille verliehen.

Sein Engagement und sein fachlicher Rat werden uns fehlen, er hat den Berliner Kreis entscheidend mitgestaltet. Prof. Welp war zu allen Kollegen immer freundlich und hilfsbereit, der Berliner Kreis wird ihn stets in ehrenvoller Erinnerung behalten.

Vorstand und Mitglieder des BerlinerKreises

† O. PROF. EM. DR.-ING. PROF. E.H. DR. H.C. HANS GRABOWSKI

WERDEGANGAm 17. Novem-ber 2008 verstarb unser ehema- liger Vorsitzender Prof. Hans Gra-bowski im Alter von 73 Jahren. Prof. Grabow-ski promovierte 1972 am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen bei Professor H. Opitz. Von 1973 bis 1975 war er in der Forschung als Oberingenieur am Werkzeugmaschinenla-bor der RWTH Aachen tätig.1975 wurde er auf den Lehrstuhl für An-gewandte Informatik an die Universität Karlsruhe (TH) berufen. Das Institut für Rechneranwendung in Planung und Kon-struktion (RPK) wurde 1977 unter seiner Leitung gegründet. Prof. Grabowski war Mitglied des Großen Senats an der Universität Karlsruhe (TH). Außerdem war er seit 1976 Mitglied im Verein Deutscher Ingenieure (VDI). In die-sem Zusammenhang war er als langjähriger Programmausschussobmann und fachlicher Leiter der CAD-Kongresse der VDI-Gesell-schaft Entwicklung Konstruktion Vertrieb (VDI-EKV) tätig. Seit 1980 war Prof. Gra-bowski Mitbegründer und 1. Vorsitzender des GKS-Verein e.V. – Verein zur Förderung der Graphik.Darüber hinaus war Prof. Grabowski Mit-begründer des FZI – Forschungszentrums Informatik, Direktor (1984) des Forschungs-zentrums Informatik (FZI) in Karlsruhe und Leiter der Forschungsgruppe „CAD/CAM-Systeme“. 1989 erhielt Prof. Grabowski

die Ehrendoktorwürde (Dr. h.c.) der TU Budapest. Er war ferner Gründungsmitglied des ProSTEP-Vereins zur Förderung der Ein-führung, Anwendung, Verarbeitung und Weiterentwicklung der internationalen Pro-duktdaten Norm STEP e.V. 1993 übernahm Prof. Grabowski den stellvertretenden Vor-sitz, 1998 den Vorsitz des Berliner Kreises. Im Herbst 2002 wurde Herrn Prof. Grabow-ski die Ehrenprofessur der BUAA – Beijing University of Aeronautics and Astronautics Universität Peking, China, verliehen.

FORSCHUNGSSCHWERPUNKTE

RECHNERUNTERSTÜTZTE PLANUNG UND KONSTRUKTIONZur Unterstützung der planenden Tä-tigkeiten im Produktentstehungsprozess gehören die Konstruktion und die Arbeits-vorbereitung. Beim Konstruktionsprozess muss beachtet werden, dass heutige Pla-nungsprozesse interdisziplinär und team-orientiert verlaufen. Außerdem basieren heutige Umsetzungen und IT-Systeme be-reits auf Informationsflüssen, die teilweise papiergebunden, teilweise digital und teil-weise informal stattfinden, was eine hohe Herausforderung an zugrundeliegende Pro-zessmodelle darstellt. Hierzu lieferte Prof. Grabowski wesentliche Impulse. ANWENDUNGENDie Erkenntnisse in der disziplinenunabhän-gigen Planungs- und Konstruktionstheorie wurden ständig z.B. in der rechnerunter-stützten Produktentwicklung umgesetzt. Dazu zählen Arbeiten an Mustererkennung, Klassifikation und Rekonstruktionsverfah-ren auf Basis integrierter Produktmodelle und Reverse Engineering. In der virtuellen Produktentstehung wurden rechenbasierte

Methoden zur Produktmodellierung (CAD), zur Auslegungs- und Nachweisberechnung (FEA), zur schnellen Validierung und Verifi-kation (DMU), zur schnellen Prototypher-stellung (Rapid Prototyping) umgesetzt. Ein weiteres Anwendungsfeld liegt im Informa-tions- und Wissensmanagement. ENTWICKLUNG EINES INTEGRIERTEN UND INTELLIGENTEN CAD-SYSTEMSDie gewonnenen Erkenntnisse und Erfah-rungen zur Unterstützung des methodischen Produktentwicklungsprozesses finden sich in dem integrierten Konstruktionssystem DIICAD wieder. Damit wurde ein Werkzeug geschaffen, mit dem die methodische und innovative Lösungsfindung bis zur ausführ-lichen Produktdokumentation unterstützt wird. In diesem System sind Werkzeuge zur Speicherung der bekannten Naturge-setze der Physik, Chemie und Bionik, zum Protokollieren von Entscheidungsprozessen während der Produktentwicklung, zur In-terpretation und Dokumentation von Wis-sen enthalten.

Dipl.-Inf. Vittalis Bittel,Prof. Dr.-Ing. Jivka Ovtcharova,Universität Karlsruhe;Vorstand und Mitglieder des BerlinerKreises

Page 11: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

11

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Die heutzutage üblichen Verfahren zur Qualitätsprüfung von gefertigten

Zahnrädern (zumeist Standardmessung mit-tels 3D-Koordinatenmesstechnik) erlauben meist nur eine unzureichende Beurteilung der Geräuschentwicklung der geprüften Verzahnung im späteren Einsatzfall. Die Ge-räuschprognose des montierten Getriebes zum Zeitpunkt der Fertigung des einzelnen Zahnrades stellt sowohl eine besondere He-rausforderung, als auch ein großes Einspar-potential in der nachfolgenden Prozesskette dar.

LEISTUNGSFÄHIGES PROGNOSENVER-FAHRENIm Rahmen eines von der bayerischen For-schungsstiftung geförderten Projekts wurde zu diesem Zweck ein leistungsfähiges Pro-gnoseverfahren entwickelt. Dieses Verfah-ren kombiniert die genaue topographische Vermessung der kompletten Zahnradpaa-rung mit der Berechnung des Anregungs- und Schwingungsverhaltens der realen Verzahnung im Umfeld des Getriebesy-stems.Dabei ist für die praktische Anwendung des

Verfahrens neben der Treffsicherheit vor allem die Prüfdauer von entscheidender Be-deutung. Konventionelle Messverfahren zur Erfassung topographischer Zahnraddaten (z.B. 3D-Koordinatenmesstechnik) sind hierbei aufgrund langer Messzeiten unge-eignet. Im Rahmen dieses Projekts wurden die Zahnräder mit dem Wälzscannautomat der Firma FRENCO (vgl. Bild 1) vermessen. Der Vorteil des Wälzscannens liegt in der schnellen Erfassung der kompletten topo-graphischen Information aller Flanken eines Zahnrades im Minutenbereich.

Ein Vergleich der Flankentopographie aus der Wälzscannmessung mit Ergebnissen aus 3D-Koordinantenmesstechnik ergab ein gute Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Bild 2 zeigt die Ergebnisse der Vermessung eines Zahnrades mit Flankenkorrekturen. Es wurden hierbei Kopf- und Fußrücknahme sowie Breitenballigkeit und Schrägungs-winkelkorrektur mittels Zahnradschleifens

ausgeführt.Durch eine geeignete Schnittstelle werden die Messdaten des Wälzscannautomaten in das angebundene EDV-Programm über-nommen und bei der Berechnung des Anregungs- und Schwingungsverhaltens berücksichtigt. Die erhaltenen Berech-nungsergebnisse erlauben eine gezielte Beurteilung des Schwingungsverhaltens der realen Verzahnung. Der Vergleich mit einem zulässigen Grenzwert ermöglicht eine automatisierte Anwendung des Pro-gnoseverfahrens (vgl. Bild 3).

Anhand von Prüfstandsversuchen und Nachrechnung der Versuche unter Einbe-ziehung der gemessenen Topographiedaten aller Zahnflanken konnte das vorgeschla-gene Prognoseverfahren verifiziert werden.

FAZITDas vorgestellte Verfahren liefert somit ein verlässliches Werkzeug zur sicheren und frühzeitigen Beurteilung des Schwingungs- und Geräuschverhaltens gefertigter Zahn-räder unter Berücksichtigung ihres realen Einsatzes im Getriebe.

Prof. Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn,Dipl-Ing. (FH) Thomas Griggel,Lehrstuhl für Maschinenelemente,TU München

Geräuschprognose durch Wälzscannen: Innovat ive Qual i tätsprüfung für die Verzahnungstechnik

Bild 1: Wälzscannautomat der Fa. FRENCO

Bild 2: Zahnflankentopographie aus 3D-Koordinaten-

messung (oben) und Wälzscannmessung

(unten)

Bild 3: Verfahren zur Geräuschprognose

Page 12: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

12

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

Aufgrund der Ansprüche an die heutige Produktentwicklung wird versucht, vor

dem Bau von physischen Prototypen re-chentechnische Hilfsmittel einzusetzen, die es ermöglichen, die Eigenschaften der zu entwickelnden technischen Systeme früh-zeitig digital abbilden und untersuchen zu können. Zu diesen Hilfsmitteln gehört auch die Technologie der Virtuellen Realität, eine multimodale Mensch-Computer-Schnitt-stelle mit angepassten Simulationswerkzeu-gen. Unter Nutzung von Stereoprojektion und intuitiver Interaktion wird es möglich, in virtuelle Szenen einzutauchen und kom-plexe Zusammenhänge, die sonst nur Fach-leuten zugänglich sind, einfach und schnell zu erfassen.

Neben dem visuellen Kanal nutzt man für das Erreichen möglichst realitätsnaher Wahrnehmungen in der virtuellen Welt für bestimmte technische Produkte zusätzlich die Haptik („force-feedback“ oder taktil) und die Akustik. Insbesondere für die Ana-lyse und Synthese des Geräuschverhaltens technischer Produkte fehlen bislang jedoch noch effiziente Hilfsmittel beim Produktent-wurf.

Geräuschminimierung und Sound-Design beim Entwurf technischer Produkte, ins-besondere der Konsumgüterindustrie, der Fahrzeugtechnik und des Anlagenbaus, sind wichtige aktuelle Aufgaben des Pro-duktentwicklers. Dabei ist die Minimierung des Schallpegels nicht das alleinige Kri-terium, sondern es ist insbesondere auch das Frequenzspektrum des abgestrahlten Schalls zu berücksichtigen, um die Akzep-tanz eines Produktes in akustischer Hinsicht zu erreichen.

STAND DER TECHNIK Sowohl die Maßnahmen zur Geräuschmin-derung als auch das Sound-Design zur Herausbildung eines markentypischen

akustischen Produktverhaltens werden heute meist empirisch durchgeführt. Somit sind verlässliche Absicherungen erst nach dem Bau erster Prototypen und/oder er-fahrungsbasiert möglich. Ziel ist es, diese Untersuchungen auch auf Basis virtueller Prototypen durchzuführen und über spezi-elle Wiedergabeverfahren mittels subjektiver Wahrnehmung Entwürfe zu bewerten.Zu diesem Zweck wird ein VR-System benö-

tigt, das neben der Produktgeometrie, der Kinematik usw. auch das Klangfeld des Pro-duktes räumlich wiedergibt. Visualisierung und Klangwiedergabe („Auralisierung“) müssen dabei selbstverständlich synchron sein, außerdem muss wie bei der visuellen Beobachtung eines Objektes auch die aku-stische Wiedergabe dabei allen Interakti-onen des Benutzers in Echtzeit folgen.

FASP DER TU ILMENAUUm entsprechende Möglichkeiten zu ent-wickeln und der Industrie zur Verfügung zu stellen, wurde an der TU Ilmenau die so genannte flexible audiovisuelle Stereo-Projektionseinrichtung (FASP) aufgebaut (vgl. Bild 1). Diese in dieser Form derzeit einmalige Einrichtung besteht aus einem VR-Visualisierungssystem (verstellbare 3-Seiten-CAVE), welches zur Erzeugung des Klangfeldes um ein IOSONO Sound-System mit insgesamt 208 einzeln ansteuerbaren Lautsprechern erweitert ist. Physikalische Basis ist das Verfahren der akustischen Wel-lenfeldsynthese, dessen technische Umset-zung ebenfalls in Ilmenau – am Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie (Prof. Brandenburg) – entwickelt wurde. Die Wellenfeldsynthese nutzt das Huy-genssche Prinzip, nach dem eine reale Wel-lenfront durch eine Überlagerung vieler (im Idealfall unendlich vieler) Elementarwellen ersetzt werden kann. Dazu dient – bei der Wellenfeldsynthese allgemein und in der FASP im Besonderen – die große Anzahl von Lautsprechern, die den Zuhörerbereich vollständig umschließen und in definiertem, konstantem Abstand angeordnet sind. Der besondere Vorteil ist die Erzeugung des kompletten realitätsnahen Wellenfeldes, woraus hörerpositionsunabhängig ein na-türlicher räumlicher Klangeindruck im ge-samten Wiedergaberaum resultiert.

WELLENFELDSYNTHESEZur Nutzung der Wellenfeldsynthese sind Modelle erforderlich, die das akustische Verhalten der technischen Systeme abbil-den. Die für die Visualisierung benutzten

Sound-Design in der Virtuel len Real i tät mit dem „FASP“ der TU I lmenau

Bild 1: Flexible audiovisuelle Stereo-Projektionseinrichtungen (FASP) an der TU Ilmenau

Page 13: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

13

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

VR-Modelle müssen deshalb Schallabstrah-lungsinformationen enthalten, die zusätzlich in den Szenegraphen aufgenommen wer-den. Akustische Parameter wie Lautstärke und Position lassen sich dabei mittels spezi-eller Nodes repräsentieren. Der zugehörige Amplituden-Frequenzgang des Schalls wird über eine entsprechende Referenz im Sze-negraph in Echtzeit abgerufen.An der TU Ilmenau wurden mehrere Me-thoden und Modelle entwickelt, die die Nutzung der Technologie im Rahmen der Produktentwicklung ermöglichen. Mit der realitätsnahen Auralisierung virtueller Pro-totypen erweitert sich das Anwendungsfeld der VR-Technologie erheblich. Sound und Geräusche technischer Produkte werden hörbar und bewertbar, bevor diese physisch aufgebaut und in Betrieb genommen sind.

Voraussetzung für die Schallfeldwiedergabe ist die Erfassung oder Simulation, Aufberei-tung und Speicherung der Akustikinfor-mationen der betreffenden Baugruppen (Motor, Getriebe, Lager, Führungen). Zu berücksichtigen und im konkreten Anwen-

dungsfall zu ergänzen sind Geräuschüberla-gerungen, Anregung passiver Elemente und akustische Einflüsse der Umgebung. Hiermit befassen sich die aktuellen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.Mit diesem Instrumentarium kann der Ent-wickler den Einfluss der einzelnen Schallquel-len auf das Gesamtgeräusch des Produktes ermitteln und durch virtuelles „Experi-mentieren“ Verbesserungsmöglichkeiten erproben. Aus der damit verbundenen sub-jektiven Bewertung einer Konstruktion sind Regeln und Vorschläge für das geräuschge-rechte Gestalten hinsichtlich ihrer Wirksam-keit gut überprüfbar.

Dipl.-Ing. Stephan Husung,Prof. Dr.-Ing Christian Weber, Fachgebiet Konstruktionstechnik, TU Ilmenau

Bild 2: Anwender im FASP

Aufgrund der aktuellen Krise auf dem Automobilmarkt stellt sich für die

Hersteller (OEM) in Anbetracht notwen-diger Einsparungen auch die Frage nach der Effektivität und Effizienz ihrer Entwick-lungsprozesse. Unter hohem Druck befinden sich hierbei die Vorentwicklungsprojekte der Unternehmen, da die zu erwartenden Resultate in der Regel erst nach einigen Jahren Profit generieren. Bei kurzfristiger Betrachtungs-weise stellt die Vorentwick-lung somit zunächst nur einen Kostenfaktor dar. Aus strategischer Sicht jedoch sind besonders die deutschen Hersteller auf eine Differen-zierung mittels neuer und fortschrittlicher Technologien angewiesen. Betrachtet man die unterschiedlichen Fahrzeugkomponen-ten, so stellt gerade die Vorentwicklung (VE) eines OEM den Transfer neuer Tech-

nologien in die Entwicklungszyklen der Fahrzeuge sicher (vgl. Bild 1).Im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit

einem deutschen OEM wurde ein ganzheit-liches Vorgehensmodell entwickelt, welches aus drei Phasen à vier Schritten besteht und welches die Sicherstellung einer strategie-orientierten Ausrichtung der Vorentwick-

lungsaktivitäten und einen reibungsloseren Transfer in die Serienentwicklung gewähr-leisten soll (vgl. Bild 2).

Die erste Phase des Modells bezieht sich auf die Formu-lierung einer Innovations-strategie. Im Rahmen einer strategischen Analyse werden sowohl das Umfeld und als auch das eigene Unterneh-men untersucht und grundle-gende Innovationsziele bzw. eine strategische Stoßrichtung abgeleitet. Als nächster Schritt der Strategieformulierung folgt die Definition von stra-tegischen Handlungsfeldern, um das Suchfeld für mögliche Innovations- und Vorentwick-lungsprojekte einzugrenzen.

Innerhalb dieser Handlungsfelder werden konkrete Innovationsziele festgelegt. Im Sinne des „Frontloading“-Gedankens sollten diese Ziele möglichst detailliert ausformu-liert werden, da es in den späteren Phasen

Systematisches Vorgehen in der Vorentwicklung

Miniaturisierung durch Einsatz von Aktoren aus Funktionswerkstoffen Vorgehensmodell zur Si-

cherstellung einer strategiekonformen Vorentwicklung in der Automobilindustrie

Bild 1: Vorentwicklung als Mittel zur Technologieintegration

Page 14: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

14

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

ansonsten zu Entscheidungsproblemen kommen kann, die auf operativer Ebene nicht lösbar sind. Wird die Innovationsstra-tegie im eigenen Unternehmen ausreichend kommuniziert, beeinflusst diese bereits den Prozess der Ideenfindung, welcher durch entsprechende Kreativitätstechniken und „Open Innovation“-Ansätze zielgerichtet unterstützt werden kann. Während in der

Literatur nach der Kreativphase meist direkt die Ideenbewertung folgt, wurde aufgrund des breiten Spektrums an möglichen Vor-entwicklungsprojekten in der Automobi-lindustrie ein Zwischenschritt eingeführt. Durch eine Kategorisierung der Ideen wer-den Cluster gebildet, die bezüglich Zielset-zung der Ideen und bewertungsrelevanter Informationen homogener sind und damit

die eigentliche Bewertung vereinfachen sollen. Für jedes Projektcluster wird anhand der Innovationsstrategie ein grober finan-zieller Rahmen abgeleitet. Die eigentliche Vorentwicklung im engeren Sinne durch-läuft anschließend mehrere Schritte, bis die Entwicklungsreife der Projekte so weit fort-geschritten ist, dass ein Transfer in die fahr-zeugspezifische Serienentwicklung möglich ist. Der technische Reifegrad der Projekte wird während der gesamten Vorentwick-lung in regelmäßigen Reviews durch das Management überwacht und dient neben finanziellen und terminlichen Meilensteinen als Steuerungsparameter für die einzelnen Projekte.

Prof. Dr.-Ing. Udo LindemannDipl.-Wirt.-Ing. Stephan Franke,Lehrstuhl für Produktentwicklung,TU München

Bild 2: Vereinfachtes Vorgehensmodell zur strategieorientierten Vorentwicklung

EINLEITUNGDer Fahrzeugmarkt ist deutlich spürbaren Veränderungen unterworfen: Individuelle Kundenwünsche erhöhen die Varianten-vielfalt, Globalisierung und Kundenerwar-tungen führen zum Preisverfall, Stückzahlen und Produktionszeit sinken und das Nut-zungsprofil der Fahrzeuge ändert sich stark. Zukünftig müssen Fahrzeuge in deutlich kürzerer Zeit entwickelt, in kleinere Stück-zahlen zu geringeren oder zumindest gleichbleibenden Preisen angeboten und besser auf die individuellen Nutzer- und An-forderungsprofile abgestimmt werden. Für Unternehmen werden deshalb folgende Er-folgsfaktoren immer wichtiger: Verkürzung

der Entwicklungszeit, Senkung der Kosten und Erhöhung der Fle-xibilität.

LÖSUNGSANSATZEine Möglichkeit, die-sem Trend zu begeg-nen, ist ein Verfahren namens FlexBody, welches wirtschaftlich in kürzester Entwick-lungs- und Bauzeit eine Karosserie nach einem intelligenten Baukastenprinzip ge-

F lexbody - Appl ikat ion für modulare Fahrzeugstrukturen

Bild 1: FlexBody Struktur

Page 15: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

15

News Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

neriert. Es modelliert Karosseriestrukturen in Rahmenbauweise nach individuellen Kun-denvorgaben mit Hilfe von parametrischen Computerteilemodellen. Die Karosserieent-würfe liegen dann in Form von dreidimen-sionalen CAD Daten vor, welche bereits für Simulationen oder für die Fertigung erster Modelle eingesetzt werden können, da sie wesentliche Merkmale des späteren Produktes aufweisen. Dies verkürzt die Entwicklungszeit erheblich, da nur sehr wenige Ein-gaben erforderlich sind. Es müssen lediglich Design- und Packagemo-delle erzeugt werden, wodurch der für die Karosserie verfügbare Bau-raum vorgegeben wird. Wichtige Fahrzeuganforderungen wie Tor-sionssteifigkeit oder Gewicht sind im System hinterlegt und werden bei der Auslegung automatisch be-rücksichtigt. Der Entwickler kann allerdings bei Bedarf Ausprägung und Wichtigkeit der verschiedenen Anforderungen anpassen und sich somit ein individuelles Anforde-rungsprofil erstellen. Mit Hilfe dieser Angaben generiert FlexBody eine entsprechende Karos-serie. Dies geschieht ausgehend von den Profilen. Dabei werden deren Form, Querschnitt, Material und Fertigungsverfahren festgelegt. Die Modellierung der Karosserieform er-folgt durch eine Topologieoptimie-rung im Rahmen des verfügbaren Bauraumes. Die Profilquerschnitte werden anhand von verfügbarem Bauraum, Materialeigenschaften, Fertigungsrestriktionen und Be-triebslasten ausgewählt bzw. berechnet. Das Fertigungsverfahren ist abhängig von Werkstoff und Geometrie. Steht die Topologie fest, werden die Knoten (Verbindungsstellen) generiert. FlexBody sucht zunächst nach geeigneten Knoten, welche folgende Eigenschaften haben sollten:

l Mindestens 3 Anbindungen (Profil- schnittstelle)l Lage an Bauteilübergängen (kostengüns-- tige Fertigung langer Profile)l Möglichkeiten für Gleichteile (Investi- tionskosten reduzieren)

Sind die Knoten identifiziert wird ihre Lage fixiert und die Basisgestalt aus der Profilge-ometrie abgeleitet. Anschließend werden Bauform, Material und Fertigungsverfah-ren gewählt. Dies ist z.B. abhängig von der Montagereihenfolge, der Zugänglichkeit und der vorliegenden Materialkombination.

Bild 2 zeigt das Ergebnis des beschriebenen Prozesses. Ein wichtiger Punkt dabei sind die Karosserie-knoten, welche klassen- und bauformüber-greifend oft eine ähnliche Grundgeometrie aufweisen. Daraus ergibt sich die Möglich-keit für eine Standardisierung der Karosse-rieknoten. Es wird das Ziel verfolgt, einen systemgleichen oder systemähnlichen Kno-ten möglichst oft im selben Fahrzeug und in möglichst vielen Derivaten einzusetzen. Investitionsfreundliche Knotengrundkörper aus z.B. Aluminiumguss oder in einfacher geschlossener Schalenbauweise bilden die Basis für die standardisierte Gestaltung von ganzen Knotenbereichen und Ihrer Profilan-

bindungen. FlexBody verkürzt die Entwick-lungszeiten, reduziert die Kosten durch eine gezielte Gleichteile- und Baukastenstrategie und erhöht die Flexibilität und Reaktions-fähigkeit des Entwicklerteams, da mit ge-ringem Aufwand verschiedene Varianten abgebildet werden können.

AUSBLICKFlexbody ist ein guter Ansatz, auf die sich verändernden Marktbedin-gungen zu reagieren. In Zukunft soll das Baukastenkonzept daher auch auf weitere Bereiche der Fahrzeug-entwicklung ausgeweitet werden. Dabei wird ein ganzheitlicher An-satz verfolgt. Deshalb soll FlexBody langfristig in das FlexCar überführt werden. FlexCar besteht dann aus mehreren mit einander verknüpften Baukastenelementen:

lTechnikbaukasten (Aggregate, Anstriebsstrang, Elektrik, …)l Karosseriebaukasten (Tragwerk, Hang-On Teile, Scheiben, …) l Nutzraumbaukasten (Insassen- raum, Stauraum, Sitze,...)

Damit lassen sich unterschiedlichste Kundenwünsche berücksichtigen und das Antriebskonzept optimal auf den jeweiligen Haupteinsatzbe-reich abstimmen. Durch Verknüp-fungen zwischen den Baukästen können Änderungen z.B. am In-nenraumkonzept direkt zu einer Änderung der Karosseriekonstruk-tion führen. Zumindest wäre sofort eine Überprüfung möglich, ob die

getätigten Änderungen Einfluss auf andere Fahrzeugbereiche haben und ob es zu Kon-flikten mit anderen Zielen kommt. Besonders gut geeignet ist der Baukasten für Variantenkonstruktionen. Im Idealfall plant ein Automobilhersteller seine vollständige Produktpalette damit. So ist eine hohe An-zahl an Gleichteilen garantiert. Aber selbst für Neukonstruktionen ist die Entwicklungs-zeitverkürzung durch FlexBody und FlexCar erheblich.

Prof. Dr.-Ing. Hans Joachim Franke et. al.,Dipl.-Ing. Karsten Kirchner,Institut für Konstruktionstechnik,TU Braunschweig

Bild 2: FlexBodystruktur des Capro

Bild 3: Grundgeometrie von Karosserieknoten

Page 16: WISSENSCHAFTLICHES FORUM FÜR PRODUKTENTWICKLUNG E.V. · 2011. 9. 14. · Harald Schaub, Leiter der Abteilung Human Resources der IABG mbH, berichtete im dritten Plenarvortrag über

Newsletter Ber l iner Kreis | Ausgabe 12 | Apr i l 2009

VERANSTALTUNGSKALENDER

l28. und 29. Mai 2009: 8. Paderborner Workshop Augmented & Virtual Reality in der Produktentstehung Ort: Heinz Nixdorf MuseumsForum, Paderborn http://wwwhni.uni-paderborn.de/ workshop-arvr

l12. und 13. Oktober 2009: 11th International Design Structure Matrix Conference 2009, Ort: Greenville, South Carolina www.dsm-conference.org

l 13. November 2009: Jahrestagung des Berliner Kreises Ort: Daimler AG, Ulm

l 14. November 2009: 26. Mitgliederversammlung des Berliner Kreises Ort: Ulm

l 19. und 20. November 2009: 5. Symposium für Vorausschau und Technologieplanung Ort: Berlin http://wwwhni.uni-paderborn.de/svt

Prof. Dr.-Ing. M. Abramovici (Ruhr-Universität Bochum); Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. A. Albers (Univer-sität Karlsruhe); Prof. Dr.-Ing. R. Anderl (TU Darmstadt); Prof. Dr.-Ing. H. Binz (Universität Stutt-gart); Prof. Dr. h.c. Dr.-Ing. H. Birkhofer (TU Darmstadt); Prof. Dr.-Ing. L. Blessing (Université du Luxembourg); Prof. Dr.-Ing. M. Eigner (Technische Universität Kaiserslautern); Prof. Dr. sc. techn. P. Ermanni (ETH Zürich); Prof. Dr.-Ing. H.-J. Franke (TU Braunschweig); Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier (Universität Paderborn); Prof. Dr.-Ing. K.-H. Grote (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg); Prof. Dr.-Ing. B. R. Höhn (TU München); Prof. Dr.-Ing. D. Krause (TU Hamburg-Harburg); Prof. Dr.-Ing. U. Lindemann (TU München); Prof. Dr.-Ing. F. Mantwill (Helmut-Schmidt-Universität); Prof. Dr.-Ing. H. Meerkamm (Universität Erlangen-Nürnberg); Prof. Dr. Dr.-Ing. J. Ovtcharova (Universität Karlsruhe); Prof. Dr.-Ing. G. Reinhart (TU München); Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing E.h. D. Spath (Universität Stuttgart); Prof. Dr.-Ing. habil. R. Stelzer (TU Dresden); Prof. Dr.-Ing. S. Vajna (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg); Prof. Dr.-Ing. J. Wallaschek (Leibniz Universität Hannover); Prof. Dr.-Ing. C. Weber (TU Ilmenau)

Vorstand / Anschriften:

Mitglieder:

Prof. Dr.-Ing. U. Lindemann (stellv. Vorsitzender)

Technische Universität MünchenLehrstuhl für Produktentwicklung

Boltzmannstr. 1585748 Garching

Tel.: 089 | 28915151Fax: 089 | 28915144E-Mail: [email protected]

Prof. Dr.-Ing. M. Abramovici (Vorsitzender)

Ruhr-Universität BochumLehrstuhl für Maschinenbauinformatik

Universitätsstraße 15044780 Bochum

Tel.: 0234 | 3227009Fax: 0234 | 3214443E-Mail: [email protected]

Prof. Dr.-Ing. J. Gausemeier (Geschäftsführer)

Heinz Nixdorf InstitutUniversität Paderborn, Rechnerintegrierte Produktion

Fürstenallee 1133102 Paderborn

Tel.: 05251 | 60-6267Fax: 05251 | 60-6268Email: [email protected]

Industriekreis:

Stand: 9. April 2009 Redaktion: [email protected]: www.berlinerkreis.de Redaktionsleitung: Dipl.-Wirt.-Ing. Volker BrinkAuflage: 2.000 Exemplare Telefon: 05251 | 60-6267ISSN 1613-5504 Satz: Stefanie Hesse

Mitglieder im Ruhestand:

Prof. em. Dr. rer. nat. C. Werner Dankwort (TU Kaiserslautern); Prof. em. Dr.-Ing. Dr. h.c. P. Dietz (TU Clausthal); Prof. em. Dr.-Ing. K. Ehrlenspiel (TU München); Prof. em. Dr.-Ing. D. G. Feldmann (TU Hamburg-Harburg); Prof. em. Dr.-Ing. E. h. Dr.-Ing. M. Flemming; Prof. em. Dr.-Ing. habil. J. Klose; Prof. Dr.-Ing. F.-L. Krause (TU Berlin); Prof. Dr.-Ing. H. Mertens a.d. (Technische Universität Berlin); Prof. em. Dr.-Ing. h.c. mult. Dr.-Ing. E.h. mult. G. Spur (TU Berlin)

Dr. E. Bentz (U.I.Lapp GmbH); Dr.-Ing. T. Bertolini (Dr. Fritz Faulhaber GmbH & Co. KG An-triebssysteme); Dr. Hugo Blaum (GEA Air Treatment Division); Prof. Dr.-Ing. H. Christ (Deutscher Verband Technisch-Wissenschaftlicher Vereine DVT); Dipl.-Ing. E. Deegener (Keiper GmbH & Co KG); Dr. Gunnar Ebner (Capgemini Consulting Central Europe); G. Engel (Hofmann & Engel Pro-duktentwicklungs GmbH), Dr.-Ing. G. Fricke (Truma Gerätetechnik GmbH & Co. KG); Prof. Dr. rer. pol. H. Geschka (Geschka & Partner Unternehmensberatung); Dr.-Ing. W. Gründer (Tedata Gesellschaft für technische Informationssysteme); Dr. P. Gutzmer (SCHAEFFLER KG); Dr.-Ing. G. Hähn (Wirtgen GmbH); Dr. D. Kähny (LS Telcom AG); Dr.-Ing. B. Kandziora (STIHL AG); Dipl.-Ing. A. Katzenbach (Daimler AG); Dipl.-Ing. T. Keidel (Carl Mahr Holding GmbH); Dipl.-Ing. F. Kilian (TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG); Dr. E. Kirschneck (Jungheinrich AG); Dr. Prof. rer. nat. J. Kluge (McKinsey & Company); P. Köpf (ZF Friedrichshafen AG); R. Lamberti (Daimler AG); Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. mult. Dr.–Ing. E.h J. Milberg (acatech); Dr.-Ing. S. Möhringer (Simon Möhringer Anlagenbau GmbH); Dr. H. Nasko (Heinz Nixdorf Stiftung); Dr.-Ing. L. Ophey (Inno Tech GmbH); Dr. B. Pätzold (ProSTEP AG); Dr.-Ing. P. Post (Festo AG & Co. KG); Dipl.-Ing. H. Rauen (VDMA); Dr. J. Rautert (Heidelberger Druckmaschinen AG); Dr.-Ing. W. Reik (LuK GmbH & Co. OHG); Dr. J. Ruhwedel (ISD Software und Systeme GmbH); Dr.-Ing. S. Russwurm (Siemens Medical Solutions); Dr. E. Sailer (Miele & Cie. GmbH & Co.); M. Sauter (Parametric Technology GmbH); K. Schäfer (IBM Deutschland GmbH); Dr. J. Schneider (ABB AG); Dr.-Ing. W. Schreiber (Volkswagen Nutzfahrzeuge); Dr.-Ing. P. Schwibinger (Carcoustics International GmbH); Dr.-Ing. H.-P. Sollinger (Voith AG); Dr.- Ing. M. Stark (Freudenberg GmbH & Co. KG); Dr. J. Starke (RITZ Pumpenfabrik GmbH & Co KG); Dr. T. Sünner (Adam Opel GmbH); Dr.-Ing. F. Thielemann (UNITY AG); Dr. E. Veit (Festo AG & Co. KG); Dr. C. Weiß (Theo Müller GmbH & Co. KG); Dr. H.-J. Wessel (Krause-Biagosch GmbH); Dr. D. Wirths (Hettich Holding GmbH & Co. oHG); M. Wittenstein (WITTENSTEIN AG); Prof. Dr.-Ing. K. Wucherer (Siemens AG)

16

Energy Harvesting bezeichnet die Nut-zung der in der Umgebung vorhan-

denen Energie zum Betrieb eines Systems. Die dabei zum Einsatz kommenden Tech-nologien sind vielfältig. Piezoelektrische Wandler, mit denen die Energie mecha-nischer Schwingungen in elektrische Ener-gie umgewandelt wird, thermoelektrische Elemente, die mit Hilfe des Peltier-Effektes thermische Energie in elektrische Energie umwandeln und Solarzellen, die Strah-lungsenergie in elektrische Energie wan-deln sind Beispiele für Systeme, die bereits im praktischen Einsatz sind.Ein großer Einsatzbereich von Energy Har-vesting sind autarke Sensorsysteme, die ohne Anschluss an ein Stromnetz und ohne Batterie betrieben werden können. Aber auch Keyless-Entry Systeme, biomedizi-nische Geräte und intelligente Implantate sind Anwendungen, bei denen Energy Harvesting eingesetzt werden kann. In Ver-bindung mit drahtloser Kommunikation eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Rea-

lisierung großer Netzwerke.Seit 2 Jahren veranstaltet das Haus der Tech-nik e.V. in Essen eine Tagung zum Thema Energy Harvesting. Im Expert-Verlag ist der dazu gehörende Band zur ersten Tagung er-schienen, der in 15 Beiträgen den Stand der Technik bei Energy Harvesting-Systemen zusammenfasst und einen guten Überblick zum Thema vermittelt. Eine weiter führen-dere Darstellung, die den internationalen Stand der Forschung beschreibt, ist jetzt im Springer-Verlag erschienen.Kanoun, O.; Wallaschek, J. (Hrsg.): Energy Harvesting – Grundlagen und Praxis ener-gieautarker Systeme. Expert Verlag, Ren-ningen, 2008. ISBN 978-3-8169-2789-1.Priya, S.; Inman, D.J. (Editors): Energy Har-vesting Technologies. Springer Verlag, New York, 2009. ISBN 978-0-387-76463-4 (Print) 978-0-387-76464-1 (Online).

Prof. Dr.-Ing. Jörg Wallaschek,Institut für Dynamik und Schwingungen,Leibniz-Universität Hannover

Energy Harvest ing