WORKSHOP 5 NEUESTE ENTWICKLUNGEN RUND UM DAS THEMA ...

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WORKSHOP 5 NEUESTE ENTWICKLUNGEN RUND UM DAS THEMA SCHWERBEHINDERUNG MAJA LUKAČ

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WORKSHOP 5

NEUESTE ENTWICKLUNGEN RUND UM

DAS THEMA SCHWERBEHINDERUNG

– MAJA LUKAČ

Workshop

Aktuelle Rechtsprechung und

Gesetzesvorhaben

Neueste Entwicklungen rund um das Thema Schwerbehinderung

Wichtige Entscheidungen kennen und ihre praktische Bedeutung richtig

einschätzen

Was hat sich zuletzt im Bereich der Gesetzgebung Wesentliches getan?

Sowie Ausblick auf die 4. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes

Inhalt dieses Workshops

1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Adressat dieses Workshops – SBV und BR

Denn:

Nach § 178 SGB IX vertritt die Schwerbehindertenvertretung die Interessen

ihrer Kollegen mit Behinderung und steht Ihnen beratend und helfend zur

Seite. Des Weiteren wacht sie darüber, dass die zugunsten

schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze durchgeführt werden

(vgl. § 178 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB IX).

Aber auch für Betriebsräte ist das Schwerbehindertenrecht von Interesse,

denn nach § 80 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ist es Aufgabe des Betriebsrats, die

Eingliederung schwerbehinderter Menschen zu fördern.

Das vermittelte Wissen ist sowohl für die Schwerbehindertenvertretung

als auch für die Betriebsräte von Bedeutung

1

1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

Wo finden sich das Schwerbehindertenrecht

und die einschlägigen Gesetze?

2

Es existieren 12 Sozialgesetzbücher. Das

für die Schwerbehindertenvertretung und

den Betriebsrat relevanteste Gesetzesbuch

zum sogenannten „Schwerbehinderten-

recht“ ist das Neunte Sozialgesetzbuch –

das SGB IX, welches Ihnen bekannt ist.

Hier finden sich zahlreiche Regelungen

zum Recht schwerbehinderter Menschen

im Betrieb.

Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

Wo finden sich das Schwerbehindertenrecht

und die einschlägigen Gesetze?

2

Ergänzt werden die gesetzlichen

Regelungen durch die sogenannte

Rechtsprechung, d.h. die richterlichen

Entscheidungen (Urteile), insbesondere die

der Sozialgerichte, Arbeitsgerichte und

auch Verwaltungsgerichte.

1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Neueste Rechtsprechung – Urteile der Arbeitsgerichte

Wichtige neue gerichtliche Entscheidungen

und deren praktische Umsetzung!

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Urteil / Beschluss Nr. 1 –

Informationsansprüche der SBV

Beginnen wir mit den Informationsansprüchen

der SBV (gilt auch für den BR) – was hat sich

auf diesem Gebiet „getan“?

Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom

10.01.2020, Az.: 13 TaBV 60/19

Neueste Rechtsprechung – Urteile der Arbeitsgerichte

In welche Unterlagen darf die SBV

einsehen?

3

Sie stehen als SBV oft vor einem immer wieder

kehrenden Problem: Sie fordern Informationen

von der Personalabteilung ein, z.B.

Einsichtnahme in den Krankheits-stand bzw.

Fehlzeitenaufstellung eines MA mit

Schwerbehinderung / Gleichstellung, und die

Antwort, welche Sie zu hören bekommen,

lautet, geht nicht, da die Herausgabe dieser

Informationen gegen Datenschutz verstößt.

Neueste Rechtsprechung – Urteile der Arbeitsgerichte

Frage: Was meinen Sie, stimmt das ?

3

In dem Rechtsstreit streiten die Beteiligten

(SBV und Gesamt-SBV gegen den AG) um die

quartalsweise Herausgabe von Listen der AN,

die krankheitsbedingt in den zurückliegenden

zwölf Monaten länger als sechs Wochen

arbeitsunfähig waren und / oder bei denen in den

vergangenen zwölf Monaten ein betriebliches

Eingliederungsmanagement eingeleitet wurde.

Der AG lehnte die Herausgabe der Listen ab.

Zu Recht?

Neueste Rechtsprechung – Urteile der Arbeitsgerichte

In welche Unterlagen darf die SBV

einsehen?

3

Beschluss (Urteil) des Landesarbeitsgerichts

Hamm vom 10.01.2020, Az.: 13 TaBV 60/19

Antwort: Nein.

Zu den Aufgaben der SBV gehört es auch,

darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber das

Betriebliche Eingliederungsmanagementnach

§ 167 Abs. 2 SGB IX ordnungsgemäß

durchführt.

Neueste Rechtsprechung – Urteile der Arbeitsgerichte 3

Nach Auffassung des LAG bezieht sich die Überwachungspflicht der SBV

allerdings nur auf Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung / Gleichstellung

Die SBV hat einen Anspruch auf die quartalsweise Herausgabe von Listen

der Beschäftigten, die in den zurückliegenden zwölf Monaten länger als

sechs Wochen arbeitsunfähig krank waren und bei denen ein betriebliches

Eingliederungsmanagement eingeleitet wurde und die entsprechenden

Auflistung derer Fehlzeiten in dem Zeitraum.

Allerdings nur die der schwerbehinderten Arbeitnehmer und nicht für die

gesamte Belegschaft.

In welche Unterlagen darf die SBV einsehen?

1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

2. Leidensgerechte- bzw. behinderungsgerechte Beschäftigung eines

schwerbehinderten Mitarbeiters im Sinne des § 164 Abs. 4 SGB IX

Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 03.07.2019, Az: 17 Ca 41/19

Ihnen ist folgende Situation aus Ihrer praktischen SBV- oder BR-Arbeit bestens

bekannt:

Ein Kollege mit Schwerbehinderung ist nicht mehr in der Lage, seine volle

Arbeitsleistung zu erbringen, bzw. ist hinsichtlich seiner arbeitsvertraglich

vereinbarten Leistungspflicht gemindert. Was nun? Was können Sie als SBV

tun, um den Arbeitsplatz des Mitarbeiters zu sichern?

Urteil Nr. 2 – Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz eines

Arbeitnehmers mit Schwerbehinderung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Vorab:

Zwischen dem Mitarbeitenden und dem Arbeitgeber ist ein Arbeitsvertrag

geschlossen, aufgrund dessen der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte

Leistung schuldet und der Arbeitgeber das (arbeitsvertraglich oder

tarifvertraglich) vereinbarte Gehalt, Urlaub usw.

Urteil Nr. 2 – Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz eines

Arbeitnehmers mit Schwerbehinderung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

Frage

4

Wie ist die Rechtslage, wenn der Arbeitnehmer

mit Schwerbehinderung seine Arbeitsleistung so

wie sie im Arbeitsvertrag vereinbart ist, aufgrund

seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht

erbringen kann?

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 03.07.2019, Az: 17 Ca 41/19

Antwort:

Ein Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung / Gleichstellung hat gegenüber

seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung

entsprechend der Vereinbarung aus dem Arbeitsvertrag. Daneben besteht ein

weiterer gesetzlicher Anspruch aus § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX auf eine (ggf.

andere als die arbeitsvertraglich vereinbarte) Beschäftigung, die den

Fähigkeiten und den Kenntnissen des Mitarbeiters entsprechen.

Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers

mit Schwerbehinderung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Wenn also eine Beschäftigung auf dem alten Arbeitsplatz nicht mehr möglich

ist – zuerst wäre zu prüfen, ob diese ggf. unter Anpassung oder

entsprechender behindertengerechter Einrichtung des Arbeitsplatzes (vgl.

§ 164 Abs. 4 Nr. 4, 5 SGB IX) auf dem bisherigen Arbeitsplatz auch mit

bestehenden Einschränkungen fortgesetzt werden kann (Prüfung und

Unterstützung durch die SBV!) -, dann hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer

einen Anspruch auf eine andere ihm mögliche Beschäftigung. Grenzen dieses

Anspruchs bilden natürlich die Machbarkeit und Verhältnismäßigkeit (vgl.

§ 164 Abs. 4 Satz 3 SGB IX), wobei diese einer strengen Prüfung bei den

Arbeitsgerichten unterliegen.

Anspruch auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers

mit Schwerbehinderung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Der dem Rechtsstreit zugrundeliegende Sachverhalt war folgender:

Der Kläger, ein schwerbehinderten Menschen gleichgestellter Arbeitnehmer,

stritt mit seinem AG darüber, von der regulären Schichteinteilung befreit und in

„Sonderschichten“ beschäftigt zu werden. Grund waren die gesundheitlichen

Einschränkungen des Klägers, welcher an einer ausgeprägten Depression

sowie an einem Belastungssyndrom erkrankt war. Statt in einer

Wechselschicht wollte der Kläger in einer sogenannten Mittelschicht (keine

Früh- und keine Spätschicht) und im Rahmen eines Einschichtsystems tätig

sein.

Zurück zum Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 03.07.2019,

Az: 17 Ca 41/19

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Das Arbeitsgericht gab dem Klageantrag statt. Eine Beschäftigung des Klägers

außerhalb des Drei-Schicht-Systems der Beklagten (AG) wäre durchaus

zumutbar. Die Tatsache, der Betrieb wäre in einem Drei-Schicht-System

organisiert und die dazwischen liegenden Übergabezeiten würden zur

Begründung einer Unzumutbarkeit nicht ausreichen.

Zurück zum Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 03.07.2019,

Az: 17 Ca 41/19

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Bundesarbeitsgericht – Beschluss vom 16.09.2020, Az.: 7 ABR 2/20

Fall:

Die SBV eines Jobcenters stritt mit diesem um deren Anspruch in

Bewerbungen einzusehen, auch in diejenigen der nicht schwerbehinderten

Bewerber.

Urteil Nr. 3 – Einsichtsrecht der SBV in Bewerbungsunterlagen im

Rahmen von Einstellung / Versetzung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Tenor des Beschlusses des BAG:

Die SBV hat bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen nach

§ 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX das Recht auf Einsicht in die

entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen.

Das Einsichtsrecht erstreckt sich auch auf die entscheidungsrelevanten Teile

der Bewerbungsunterlagen der nicht behinderten Bewerber.

Dieses Recht steht der SBV auch dann zu, wenn der Arbeitgeber bei einer

internen Stellenbesetzung auf eine Ausschreibung der Stelle verzichtet hat und

von sich aus schwerbehinderte Menschen in seine Auswahlentscheidung mit

einbezogen hat.

Urteil Nr. 3 – Einsichtsrecht der SBV in Bewerbungsunterlagen im

Rahmen von Einstellung / Versetzung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23.05.2018,

Az.: 15 Sa 1700/17

Sehr wichtiges Urteil zu dem Thema leidensgerechter Arbeitsplatz und

Wiedereingliederung!

Ein schwerbehinderter AN kann nach § 164 Abs. 4 S. 1 SGB IX eine

anderweitige Tätigkeit auch im Rahmen einer Wiedereingliederung verlangen.

Versäumt es der AG schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung

eines schwerbehinderten AN nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 5 SGB IX zu

ermöglichen, hat der AN einen Schadensersatzanspruch in Höhe der

entgangenen Vergütung.

Urteil Nr. 4 – Wiedereingliederung eines schwerbehinderter

Arbeitnehmers – Schadensersatz des Arbeitgebers bei Weigerung

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23.10.2018,

Az.: 11 Sa 225/18

Fall:

Mitarbeiter, dem mit einem GdB von 30 bei der Agentur für Arbeit telefonisch

einen Gleichstellungsantrag stellte, geht noch vor Entscheidung, aber 3 Wochen

nach telefonischer Antragstellung, eine Kündigung zu. Er ist der Ansicht, die

Kündigung wäre unwirksam, da weder die SBV noch das Integrationsamt

beteiligt wurden und der besondere Kündigungsschutz bei ihm bestehen würde.

Hat er recht?

Urteil Nr. 5 – telefonischer Gleichstellungsantrag wahrt die 3-Wochen-

Frist bei einer Kündigung nach § 178 SGB IX

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Tenor des zitierten Urteils:

Eine telefonische Antragstellung auf Gleichstellung bei der Agentur für Arbeit-

Fristwahrung vermag die Frist zur Anwendbarkeit des besonderen

Kündigungsschutzes in Gang zu setzen:

Die vom BAG als Vorfrist verstandene Frist von 3 Wochen gem. § 90 Abs. 2 a,

§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX wird auch durch die mündliche bzw. telefonische

Stellung eines Gleichstellungsantrags gewahrt.

So das Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil vom 23.10.2018,

Az.: 11 Sa 225/18.

Urteil Nr. 5 – telefonischer Gleichstellungsantrag wahrt die 3-Wochen-

Frist bei einer Kündigung nach § 178 SGB IX

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2018 , 2 AZR 378/18

Fall:

Die Beklagte beantragte im Dezember 2016 die behördliche Zustimmung zu

einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der einem schwer-

behinderten Menschen gleichgestellten Klägerin. Das Integrationsamt erteilte die

Zustimmung mit Bescheid vom 20. Februar 2017.

Mit Schreiben vom 7. bzw. 15. März 2017 hörte die Beklagte den BR sowie die

Schwerbehindertenvertretung zu ihrer Beendigungsabsicht an und kündigte am

24. März 2017 das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30. September 2017.Die

Vorinstanzen haben der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage

stattgegeben.

Urteil Nr. 6 – Kündigung unwirksam, weil keine ordnungsgemäße

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung?

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse4

Auf die Revision der Beklagten hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts

das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und

Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen, die

ein Arbeitgeber ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht ist

nach § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX unwirksam.

Der erforderliche Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine

Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung richten sich nach den für die

Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen (§ 102 BetrVG).

Urteil Nr. 6 – Kündigung unwirksam, weil keine ordnungsgemäße

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung?

Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

Das Berufungsgericht hat allerdings zu

Unrecht angenommen, die Kündigung sei

nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX aF per se

unwirksam, weil die Beklagte die

Schwerbehindertenvertretung erst nach

Abschluss des Verfahrens vor dem

Integrationsamt und nach Anhörung des

Betriebsrats beteiligt habe.

Der Senat konnte anhand der bisher

getroffenen Feststellungen die Wirksamkeit

der Kündigung nicht abschließend beurteilen.

Der Rechtsstreit wurde rückverwiesen.

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1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Gesetzgebung – was hat sich Relevantes

hierzu getan? Das Bundesteilhabegesetz

(BTHG)

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Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ein im

Juli 2017 in Kraft getretenes Bundesgesetz in

vier Reformstufen, mit dem Ziel, im Hinblick

auf die UN-Behindertenrechtskonvention eine

höhere Effizienz der deutschen

Eingliederungshilfe zu erreichen.

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Gesetzgebung – was hat sich Relevantes

hierzu getan? Das Bundesteilhabegesetz

(BTHG)

5

Das Gesetz wird von einigen Seiten

dahingehend kritisiert, dass der

leistungsberechtigte Personenkreis

eingeschränkt werden soll, die Bevormundung

durch Behörden steige, ein Sparzwang

entstehe und sich der geplante

Bürokratieabbau durch die Ausgestaltung des

Gesetzes nicht realisieren lassen.

1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Ziele des BTHG

„Wir wollen Menschen, die aufgrund einer wesentlichen Behinderung nur

eingeschränkte Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft

haben, aus dem bisherigen „Fürsorgesystem“ herausführen und die

Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickeln. Die

Leistungen sollen sich am persönlichen Bedarf orientieren und entsprechend

eines bundeseinheitlichen Verfahrens personenbezogen ermittelt werden.

Leistungen sollen nicht länger institutionszentriert, sondern personenzentriert

bereitgestellt werden. Wir werden das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen

mit Behinderung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigen.

Politisches und gesellschaftliches Ziel des BTHG ist es

6

Ziele des BTHG

Menschen mit Behinderung und ihre Verbände werden von Anfang an und

kontinuierlich am Gesetzgebungsprozess beteiligt. Im Interesse von Kindern

mit Behinderung und ihren Eltern sollen die Schnittstellen in den

Leistungssystemen so überwunden werden, dass Leistungen möglichst aus

einer Hand erfolgen können.“

– Bundesministerium für Arbeit und Soziales –

Politisches und gesellschaftliches Ziel des BTHG ist es

6

Ziele des BTHG

Wichtigste Änderungen und die

Zielsetzungen des BTHG

6

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit

Behinderungen soll aus dem „Fürsorge-

system“ herausgeführt und zu einem

modernen Teilhaberecht weiterentwickelt

werden

Die Leistungen für Menschen mit

Behinderungen sollen nicht länger am

Leistungsträger, sondern an der Person

ausgerichtet werden und sich am

persönlichen Bedarf des Einzelnen orientieren

Ziele des BTHG

Wichtigste Änderungen und die

Zielsetzungen des BTHG

6

Weitere Ziele sind:

Von der Ausgrenzung hin zur Inklusion

Individuelle personenbezogene

Maßnahmen

von der Fremd- zur Selbstbestimmung

von der Betreuung zur Assistenz

Ziele des BTHG

Das BTHG sollte einen „Systemwechsel“ herbeiführen, in dessen Zuge die

„Eingliederungshilfe“ aus der Sozialhilfe herausgenommen und ein eigenes

entsprechendes Leistungsrecht im SGB IX begründet werden soll.

Dieses Leistungsrecht, als neuer Teil 2, nunmehr Bestandteil des SGB IX,

zeichnet sich insbesondere durch seine personenzentrierte Ausrichtung und

eine ganzheitliche Bedarfsermittlung aus.

Es verschiebt alle Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit

Behinderung aus der Sozialhilfe (SGB XII) in das Recht der Rehabilitation

(SGB IX),

Änderungen durch das neue BTHG

6

Ziele des BTHG

Regelt die Leistungen der Eingliederungshilfe auch inhaltlich neu,

Verändert die Regelungen zur Kostenheranziehung von Menschen mit

Behinderung und ihren Angehörigen,

Bestimmt das Verfahren zur Beantragung und Bedarfsermittlung der

Teilhabeleistungen,

Reformiert das Vertragsrecht zwischen den Einrichtungen / Diensten und

den Kostenträgern der Eingliederungshilfe,

Änderungen durch das neue BTHG

6

Ziele des BTHG

Verändert die Schnittstelle zur Krankenversicherung und zur

Pflegeversicherung (das Pflegestärkungsgesetz III wird gleichzeitig

mitgeregelt),

Erneuert das Recht zur Teilhabe am Arbeitsleben und

Reformiert den Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB IX).

Änderungen durch das neue BTHG

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1. Adressat dieses Workshops – SBV und BR

2. Wo ist das Schwerbehindertenrecht angesiedelt?

3. Neueste Rechtsprechung

4. Praxisrelevante Urteile / Beschlüsse

5. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG)

6. Ziele des BTHG

7. Die vier Reformstufen des BTHG

8. Geplante letzte Reformstufe des BTHG in 2023

Die vier Reformstufen des BTHG

Das BTHG tritt in vier Stufen in Kraft – uzw.

im Zeitraum von 2017 bis 2023.

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Damit gehen umfangreiche Änderungen im

Recht der Rehabilitation und Teilhabe von

Menschen mit Behinderungen nach dem SGB

IX einher, welche gewährleisten sollen, dass

Menschen mit Behinderungen ausgerichtet an

ihren individuellen Bedarfen am Leben in der

Gemeinschaft teilhaben können. Die dazu

erforderlichen Hilfen werden zukünftig

ganzheitlich und individuell ermittelt.

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Am 30. Dezember 2016 trat bereits als

Vorschaltgesetz der komplette Art. 2 BTHG

insbesondere zur Änderung des

Schwerbehindertenrechts (Teil 2) in Kraft

gemäß Art. 26

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Das Arbeitsförderungsgeld für die ca.

300.000 Beschäftigen in den Werkstätten für

Menschen mit Behinderung (WfbM) wurde

von zuvor 26 Euro auf 52 Euro monatlich

verdoppelt (Neufassung § 43 SGB IX).

Die Freibeträge für die Anrechnung von

Einkommen aus selbständiger und

nichtselbständiger Arbeit sowie die

Vermögensschonsbeträge wurden

heraufgesetzt.

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Der Freibetrag für Erwerbseinkommen wurde

um bis zu 260 Euro monatlich und für

Barvermögen von 2.600 auf 27.600 Euro

(durch die neu eingefügten § 60a und

§ 66a SGB XII erhöht.

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Ab 1. April 2017 steigt für alle Hilfen nach dem

SGB XII inkl. der existenzsichernden

Leistungen der Vermögensschonbetrag von

2.600,- € auf 5.000,- €. Es greifen neue

Regelungen für eine verbesserte Mitwirkung

der Menschen mit Behinderungen in

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Arbeitsmöglichkeiten der ehrenamtlich tätigen

Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben

und Dienststellen werden durch verschiedene

Maßnahmen verbessert:

So wird der Schwellenwert für die

Freistellung der Vertrauensperson von

derzeit 200 schwerbehinderten Menschen

im Betrieb auf 100 abgesenkt:

Die vier Reformstufen des BTHG

Stufe 1 (2017)

7

Der Arbeitgeber übernimmt auch die

Kosten einer Bürokraft für die

Schwerbehindertenvertretung in

erforderlichem Umfang.

Die Kündigung eines schwerbehinderten

Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine

Beteiligung der Schwerbehinderten-

vertretung ausspricht, ist unwirksam.

Die vier Reformstufen des BTHG

Für die SBV im Betrieb relevante

Änderungen für ihre praktische Arbeit

7

Die Änderungen, die für Ihre Tätigkeit als SBV

wesentlich sind, sind folgende

Arbeitsmöglichkeiten der tätigen

Schwerbehindertenvertretungen in Betrieben

und Dienststellen werden durch verschiedene

Maßnahmen verbessert:

Die vier Reformstufen des BTHG

Für die SBV im Betrieb relevante

Änderungen für ihre praktische Arbeit

7

So wird der Schwellenwert für die

Freistellung der Vertrauensperson von

derzeit 200 schwerbehinderten Menschen

im Betrieb auf 100 abgesenkt:

§ 179 Abs. 4 Satz 2 SGB IX.

Der Arbeitgeber übernimmt auch die Kosten

einer Bürokraft für die Schwerbehinderten-

vertretung in erforderlichem Umfang:

§ 179 Abs. 8 SGB IX.

Die vier Reformstufen des BTHG

Für die SBV im Betrieb relevante

Änderungen für ihre praktische Arbeit

7

Die Kündigung eines schwerbehinderten

Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine

Beteiligung der Schwerbehinderten-

vertretung ausspricht, ist unwirksam:

§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.

Die stellvertretenden Vertrauenspersonen

erlangen einen eigenen Schulungsanspruch:

§ 179 Abs. 2 Satz 3 SGB IX.

Die vier Reformstufen des BTHG

Für die SBV im Betrieb relevante

Änderungen für ihre praktische Arbeit

7

Ständige Heranziehung des Stellvertreters

ab 100 schwerbehinderten /

gleichgestellten Arbeitnehmern möglich:

§ 178 Abs. 1 Satz 4 SGB IX.

Die vier Reformstufen des BTHG

Weitere Änderungen durch das BTHG im

sozialrechtlichen Bereich

7

Im Bereich des Schwerbehindertenausweises

gibt es das Merkzeichen „Tb“ für „taubblind“,

wenn bei einem schwerbehinderten Menschen

wegen einer Störung der Hörfunktion ein Grad

der Behinderung von mindestens 70 und

wegen einer Störung des Sehvermögens ein

Grad der Behinderung von 100 anerkannt ist.

Die vier Reformstufen des BTHG

Weitere Änderungen durch das BTHG im

sozialrechtlichen Bereich

7

Schwerbehinderte Menschen, deren mobilitäts-

bezogene Teilhabeeinschränkung nicht im

orthopädischen Bereich liegt, erhalten leichter

den ihnen zustehenden Nachteilsausgleich.

Denn im Zusammenhang mit der Benutzung

von Behindertenparkplätzen wurde klargestellt,

dass eine außergewöhnliche Gehbehinderung

(Merkzeichen „aG“) nicht nur aufgrund von

orthopädischen, sondern beispielsweise auch

wegen schwerer Beeinträchtigung innerer

Organe vorliegen kann.

Die vier Reformstufen des BTHG

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird zu allen

versorgungsärztlichen Angelegenheiten durch den Ärztlichen

Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin beraten. Dieser Beirat bereitet

insbesondere die Fortentwicklung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze

vor, die unter anderem für die medizinische Bewertung des Grades der

Behinderung maßgeblich sind. Dabei sollen auch die Perspektiven der

Betroffenen durch die Einbindung von zwei sachkundigen, mitberatenden

tätigen Personen, die von Betroffenenverbänden benannt werden, besser

berücksichtigt werden.

Weitere Änderungen durch das BTHG im sozialrechtlichen Bereich

7

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 2 des BTHG trat 2018 in Kraft

7

Am 1. Januar 2018 traten Änderungen bei fast

allen Büchern des Sozialgesetzbuchs in Kraft.

Das Wichtigste:

Durch den geänderten § 35a haben nunmehr

auch Pflegebedürftige einen Rechtsanspruch

auf die Erbringung von Leistungen im

Rahmen eines Persönlichen Budgets

gegenüber der Pflegekasse, ein Ermessen

der Pflegekasse besteht nicht mehr.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 2 des BTHG trat 2018 in Kraft

7

Arbeitgeber können einen

Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent

für die Beschäftigung einer wesentlich

behinderten, d. h. Eingliederungshilfe-

berechtigten, Person erhalten i. S. d. Art. 1

§ 61 SGB IX. Ergänzend werden die Kosten

für die erforderliche Anleitung und Begleitung

an der Arbeitsstelle übernommen.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 2 des BTHG trat 2018 in Kraft

7

Eine vom Bundesministerium für Arbeit und

Soziales geförderte „Ergänzende

Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB)“ soll

auf der Grundlage des § 32 SGB IX (neu)

eine flächendeckende Beratung der

Menschen mit Behinderung sichern und sie

vor allem bei Entscheidungen im Vorfeld der

Kontaktaufnahme mit den Leistungsträgern

unterstützen.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

7

Das Wichtigste:

Neue Regelungen zur Einkommens- und Ver-

mögensanrechnung in der Eingliederungshilfe im

SGB IX. Es greift ein Vermögensschonbetrag in

Höhe von ca. 50.000,- € (in der Hilfe zur Pflege

verbleibt es bei einem Betrag von 25.000,- €).

Einkommen und Vermögen der Ehe- oder

Lebenspartner von Eingliederungshilfe

Beziehenden sollen künftig bei der Bedarfs-

beurteilung nicht mehr herangezogen werden.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

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Abgrenzung der Leistungen in der

Eingliederungshilfe und Pflege: Das Verfahren

zur Klärung der Zuständigkeiten mehrerer

Rehabilitationsträger wird ausgeweitet. Die

Leistungen der Pflegeversicherung nach dem

SGB XI und die Leistungen der

Eingliederungshilfe nach dem SGB IX stehen

auch zukünftig gleichrangig nebeneinander.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

7

Durch die Einführung eines neuen

Teilhabeplanverfahrens ist ein einziger Reha-

Antrag ausreichend, um Leistungen aus einer

Hand zu erhalten, auch wenn Sozialamt,

Integrationsamt, Rentenversicherung,

Bundesagentur für Arbeit, Unfall-, Kranken- und

Pflegekasse für unterschiedliche Leistungen

zuständig sind.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

7

Ein Gesamtplanverfahren knüpft an die zuvor

beschriebenen Regelungen zur Teilhabeplanung

an und regelt die Eingliederungshilfe. Neben den

Leistungsbereichen der anderen

Rehabilitationsträger sind auch die zuständigen

Pflegekassen, die Träger der Hilfe zur Pflege

und die Träger der Hilfe zum Lebensunterhalt zu

beteiligen.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

7

Zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung

des individuellen Rehabilitationsbedarfs sind alle

Rehabilitationsträger ab dem 1. Januar 2018

verpflichtet, systematische Arbeitsprozesse und

standardisierte Arbeitsmittel zu verwenden, die

eine individuelle und funktionsbezogene

Bedarfsermittlung gewährleisten.

Die vier Reformstufen des BTHG

Reformstufe 3 des BTHG trat in 2020 in

Kraft

7

Alle Rehabilitationsträger müssen ab dem

1. Januar 2018 Ansprechstellen benennen,

die barrierefreie Informationen zur

Inanspruchnahme von Leistungen und zu

Beratungsangeboten für Antragsteller,

Arbeitgeber und andere Behörden bereitstellen.

Die vier Reformstufen des BTHG

Geplant: Stufe 4 des BTHG soll in 2023 in

Kraft treten

7

Die wesentlichen neuen Regelungen, die

geplant sind:

Die Unterstützung durch Eingliederungshilfe soll

auf die Personen beschränkt werden, die

mindestens in fünf von neun neu durch das

Gesetz definierten Lebensbereichen

Unterstützung benötigen – „sofern ein

entsprechendes Bundesgesetz beschlossen

wird.“

Die vier Reformstufen des BTHG

Geplant: Stufe 4 des BTHG soll in 2023 in

Kraft treten

7

Dazu neu eingefügter § 99 SGB IX (dessen

Inkrafttreten am 1. Januar 2023 geplant).

§ 99 (tritt am 1. 1. 2023 in Kraft)

Leistungsberechtigter Personenkreis

Die vier Reformstufen des BTHG

Tritt am 1. 1. 2023 in Kraft –

„Leistungsberechtigter Personenkreis“

(1) Eingliederungshilfe ist Personen nach

§ 2 Absatz 1 Satz 1 und 2 zu leisten, deren

Beeinträchtigungen die Folge einer

Schädigung der Körperfunktion und -struktur

einschließlich der geistigen und seelischen

Funktionen sind und die dadurch in

Wechselwirkung mit den Barrieren in

erheblichem Maße in ihrer Fähigkeit zur

Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt

sind.

7

§ 99 SGB IX

Die vier Reformstufen des BTHG

2Eine Einschränkung der Fähigkeit zur

Teilhabe an der Gesellschaft in erheblichem

Maße liegt vor, wenn die Ausführung von

Aktivitäten in einer größeren Anzahl der

Lebensbereiche nach Absatz 4 nicht ohne

personelle oder technische Unterstützung

möglich oder in einer geringeren Anzahl der

Lebensbereiche auch mit personeller oder

technischer Unterstützung nicht möglich ist. 3Mit steigender Anzahl der Lebensbereiche

nach Absatz 4 ist ein geringeres Ausmaß der

jeweiligen Einschränkung für die Leistung

7

§ 99 SGB IX

Die vier Reformstufen des BTHG

(2) 1Leistungsberechtigt nach diesem Teil sind

auch Personen, denen nach fachlicher

Kenntnis eine erhebliche Einschränkung im

Sinne von Absatz 1 Satz 2 mit hoher

Wahrscheinlichkeit droht.

7

§ 99 SGB IX

Die vier Reformstufen des BTHG

2Ist bei Personen nach § 2 Absatz 1 Satz 1

und 2 die Ausführung von Aktivitäten in weniger

als den nach Absatz 1 Satz 2 bestimmten

Lebensbereichen nicht ohne personelle oder

technische Unterstützung möglich oder in

weniger als den nach Absatz 1 Satz 2

bestimmten Lebensbereichen auch mit perso-

neller oder technischer Unterstützung nicht

möglich, ist aber im Einzelfall in ähnlichem

Ausmaß personelle oder technische Unter-

stützung zur Ausführung von Aktivitäten not-

wendig, können Leistungen der Eingliederungs-

hilfe gewährt werden. (…)

7

§ 99 SGB IX