Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour,...

32
Skript PA.1 Workshop zu Musik 1 Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht Gliederung: Studien zum Einfluss von Musik auf die Lernleistung Einsatzformen von Musik im FSU Beispiele Eigene Didaktisierung Studien Was bringt die Musik für das Lernen von Sprache? (neurobiologisch) Quellen vor allem: Jäncke (2012) und Koelsch (2013) Wahrnehmung von Musik und Steigerung des Gehörs - Musizieren Emotionen, die mit der Musik ausgelöst werden Steigerung der Aufmerksamkeitsspanne Lernen aus neurodidaktischer Sicht (Wiederholung SLF.1) Lernen = Aufbau von Verbindungen zwischen den insgesamt ca. 100 Mil- liarden Nervenzellen (Neuronen) Über Synapsen mittels Ausschüttung von Neurotransmittern Jeder Reiz wird vom limbischen System (Amygdala) bewertet (positiv/ negativ/neutral) -> emotionale Bewertung

Transcript of Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour,...

Page 1: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

1

Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht

Gliederung:

Studien zum Einfluss von Musik auf die Lernleistung

Einsatzformen von Musik im FSU

Beispiele

Eigene Didaktisierung

Studien

Was bringt die Musik für das Lernen von Sprache? (neurobiologisch)

Quellen vor allem: Jäncke (2012) und Koelsch (2013)

Wahrnehmung von Musik und Steigerung des Gehörs - Musizieren

Emotionen, die mit der Musik ausgelöst werden

Steigerung der Aufmerksamkeitsspanne

Lernen aus neurodidaktischer Sicht (Wiederholung SLF.1)

Lernen = Aufbau von Verbindungen zwischen den insgesamt ca. 100 Mil-

liarden Nervenzellen (Neuronen)

Über Synapsen mittels Ausschüttung von Neurotransmittern

Jeder Reiz wird vom limbischen System (Amygdala) bewertet (positiv/

negativ/neutral) -> emotionale Bewertung

Page 2: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

2

Aktiv wird die Amygdala vor allem bei sehr intensiven Reizen und dazu

gehört auch das Hören von „emotionaler“ Musik.

Abb. 1 Der Cortex mit limbischem System (©fotolia/Alexilus)

Musikeinsatz und Studien

Longitudinalstudie von Gardiner et al. (1996): Gruppe mit einem gezielten

Musiktraining (Kodály-Training) und eine Kontrollgruppe ohne dieses

Training; sechs Monate beobachtet: verbesserte Rechen- und Leseleistung

der „Musikgruppe“. Möglicher Grund: insgesamt sehr positive Lern-

atmosphäre?

Studie von Ho et al. 2003. stark verbesserte verbale Gedächtnisleistung

(also Wortschatzspeicherung) von Kindern, bei der 50 Kinder ein Or-

chestertraining durchliefen. Die verbalen Gedächtnisleistungen konnten

bei Anfängern und Anfängerinnen um 20 bis 25 Prozent gesteigert wer-

den. Grund: Musik, Konzentration oder Spaßfaktor nicht eindeutig

nachweisbar

Schellenberg-Studie (2004) zeigte einen Anstieg des Intelligenzquotienten

nach einem Jahr Klavier- oder Gesangsunterricht; dieser Anstieg war bei

Page 3: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

3

der Kontrollgruppe, die Schauspielunterricht hatte, nicht zu verzeichnen.

Diese verbesserte jedoch signifikant ihre sozialen Fähigkeiten.

Berliner Grundschulstudie von Bastian et al.: Langzeitstudie (1992-1998),

durchgeführt von Bastian, einem Frankfurter Musikpädagogen, die je-

doch in der Wissenschaftswelt aufgrund des Forschungsaufbaus sehr

kritisch betrachtet wird (vgl. Jäncke 2012: 79). Untersucht wurde die

Entwicklung von Grundschulkindern (6-12 Jahre) mit regulärem vs.

verstärktem Musikunterricht. Betrachtet wurden u.a. Sozialverhalten, IQ,

Konzentrationsfähigkeit und verbal-logisches Denken. Auswertung

zeigte eine Korrelation zwischen erweitertem Musikunterricht und dem

IQ sowie einem verbesserten Sozialverhalten.

Querschnittsstudien

Korrelationen zwischen Musik und Gedächtnisleistung: Ausgehend von

der Beobachtung, dass Musiker und Musikerinnen beispielsweise

während eines Konzertes zahlreiche Titeltexte wiedergeben können,

dabei die Töne halten und oftmals zeitgleich noch ein Musikinstrument

spielen, wird und wurde vermutet, dass dadurch die Gedächtnis-

leistungen sehr viel besser sein müssten als bei „Normalmenschen“.

Chan, Ho und Cheung haben bereits 1998 eine verbale und eine visuelle

Gedächtnisstudie durchgeführt. Die Experimentgruppe (30 Frauen) hatte

als Jugendliche ein formales Musiktraining, die Kontrollgruppe (ebenfalls

30 Frauen, gleicher Bildungshintergrund) hatten kein musikalisches

Training während ihrer Schulzeit. Während beide Gruppen bei den

visuellen Tests gleich abschnitten, war die Musikgruppe bei den verbalen

Gedächtnisleistungen signifikant besser.

Page 4: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

4

Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene

Verse besser gespeichert werden als gesprochene. Dies also eine Studie,

die im Bereich des Sprachenlernens von Interesse sein kann, wenn es um

das Memorieren von grammatischen Strukturen geht. Als Nebeneffekt

konnte aber genau diese Studie ebenfalls sehr deutlich zeigen, dass die

„Musiker“ konsistent eine bessere verbale Gedächtnisleistung hatten als

die „Nicht-Musiker“.

Weitere Studien zeigen, dass Musiker sowohl im visuell-räumlichen als

auch im motorischen Bereich meist besser abschneiden als Nicht-Musiker

(vgl. Jäncke 2012: 194f.).

Im Bereich des Musikhörens und einer daraus resultierenden besseren

Lernleistung existieren zwar Angebote von Institutionen (z.B. Accelerated

Learning, Suggestopädie), die damit werben außerordentliche Erfolge zu

haben, gesicherte wissenschaftliche Studien liegen jedoch nicht vor (vgl.

Jäncke 2012: 197ff.).

Zentral ist, ob ein Lernender die Musik mag oder aber nicht. Besonders

die Suggestopädie hat sich in der westlichen Welt durchgesetzt und wird

von einigen Institutionen eingesetzt. Hier scheint es mehr die insgesamt

angenehme Lernatmosphäre zu sein, die im Bereich des Fremd-

sprachenunterrichts zu Erfolgen führt – nicht die Musik (Barock, beson-

ders Händels Wassermusik) an sich -> bei anderer Musik, die man mag,

funktioniert das ebenfalls.

Grundsätzlich konnte gezeigt werden, dass angenehme und beruhigende

Musik positive Effekte auf Leseverständnis, Vokabellernen und

Prüfungsleistungen haben kann.

Page 5: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

5

Hallam, Price und Katsarou (2002) konnten belegen, dass bei Kindern an-

genehme Musik zu einer besseren Gedächtnisleistung führen, allerdings

aber auch nur dann, wenn den Kindern die Musik zusagte. Wenn Musik

positive emotionale Reaktionen hervorruft, kann sich dies besonders

positiv auf die Speicherleistung auswirken.

Koelsch (2013: 93f.) zeigt den sog. „vitalisierenden“ Effekt von Musik. Die

von Musik hervorgerufenen Stimmungen und Emotionen scheinen dabei

die mögliche Lernleistungssteigerung im Besonderen auszulösen.

Musik und Emotionen

Musik, die einem gefällt (meist konsonante statt dissonante Musik in der

westlichen Welt, vgl. Koelsch 2013: 11), steigert die psychische Leistungs-

fähigkeit, allerdings nur kurzfristig.

Bedeutsamer scheint hier der Einfluss der Emotionen zu sein, die die

Musik auslöst. Musik kann beruhigen, beleben, Freude auslösen oder aber

auch aggressiv machen (vgl. Koelsch 2013: 203)1.

Häufig kann einen ein besonders schönes Musikstück zum Weinen

bringen; oftmals, wenn sie mit Erinnerungen aus dem episodischen

Gedächtnis verbunden werden (vgl. Koelsch 2013: 207, „sie spielen wieder

unser Lied“). Grundsätzlich „[hängt] die emotionale Bewertung von

Musik [ ] sehr stark von der Erfahrung mit der entsprechenden Musik ab“

(Jäncke 2012: 247, vgl. Koelsch 2013: 10).

1Siehe jedoch auch Koelsch 2013: 204, der Autoren aufführt, die den Effekt von Musik

auf Emotionen negieren.

Page 6: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

6

„emotionale Musik“ -> Ansprache des limbischen Systems

Auch neue Musikstücke können diese Aktivierung auslösen, wenn die

Musik dem Hörenden gefällt.

Musik, die besonders starke Emotionen hervorruft, führt zu Aktivierung

der Hirnbereiche, die auch bei Belohnung und starker Motivation aktiv

sind. Gefällt die Musik nicht, kann man das auf Gehirnscans ebenfalls se-

hen (vgl. Jäncke 2012: 262; Koelsch 2013: 221ff.).

Musik kann also die gleichen positiven Emotionen und Verstärkungen

hervorrufen wie ein Lob und weitere extrem angenehme Gefühle. Alten-

müller et al. (2002) haben ergänzend schon sehr früh gezeigt, dass die

Aktivierung bei klassischer Musik nicht stärker ist als bei anderen

Musikgenres wie Jazz, Rock und Pop.

Dass bei angenehmer Musik eher linksseitige Aktivierungen festzustellen wa-

ren, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass im linksseitigen Stirnhirn neuro-

nale Prozesse ablaufen, die zur Erzeugung angenehmer Empfindungen beitra-

gen. Hohe Aktivität in diesem Hirngebiet trägt zur Erzeugung angenehmer

Empfindungen bei. (Jäncke 2012: 265)

„Positive“ Musik aktiviert zusammenfassend die Netzwerke, die auch bei

Lernprozessen in Form von Verstärkung und Belohnung eine zentrale

Rolle spielen.

Ferner zeigt sich, dass beim Musizieren viele Bereiche des Gehirns

gleichzeitig aktiv sind (vgl. Koelsch 2013: 226ff.). Salimpoor et al. (2011)

konnten zeigen, dass beim Anhören von Lieblingsstücken eine erhöhte

Dosis Dopamin ausgeschüttet wird (so wie bei Belohnung). Dies führt

Page 7: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

7

nachweislich zu einer gesteigerten Motivation. Bereits die Erwartung,

dass ein Lieblingslied abgespielt wird, führt zu einer Dopamin-Aus-

schüttung.

Musik und Sprache

Jedes Lernen ist automatisch mit Sprache verbunden, sodass Lernen – un-

abhängig vom Fach – immer über die Fertigkeit der Sprache erfolgt. Spra-

che wird im gesamten Gehirn verarbeitet; bedeutsam sind aber die beiden

großen Sprachareale: das Broca- und das Wernicke-Areal. Das Broca-

Areal wird vereinfacht als das Zentrum der Sprachproduktion, das

Wernicke-Areal als das Areal des Sprachverstehens verstanden. Beide

Areale liegen in der linken Hemisphäre. Musik hingegen wird

vorwiegend in der rechten Gehirnhälfte verarbeitet. Allerdings ist diese

Trennung wesentlich weniger ausgeprägt, als man auch heute oft noch

annimmt. Mit zunehmendem Alter wird Sprache zunehmend auch in der

rechten Hemisphäre verarbeitet, Musik nicht ausschließlich in der

rechten.

Erster Vorteil: Menschen mit Musikerfahrung können Phoneme anderer

Sprachen besser wahrnehmen als Menschen ohne musikalisches Training

(vgl. Wong et al. 2007, Koelsch 2013: 241). Eine bessere Wahrnehmung

führt zu einer besseren Nachahmungsfähigkeit und damit zu einer

besseren Aussprache.

Zweiter Vorteil: syntaktische Strukturen prägen sich sehr viel besser ein

Koelsch (2013: 236ff.) nennt als unterstützende Faktoren

a. die bessere Lautwahrnehmung

b. die verbesserte Aufmerksamkeitsspanne

c. die bessere Aktivierung des Langzeitgedächtnisses

d. die Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses

Page 8: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

8

e. die zusätzliche Aktivierung durch Bewegung (Takt klopfen, mit

dem Fuß wippen, singen, tanzen)

f. den nachgewiesenen positiven Einfluss durch die Aktivierung

von Emotionen

g. den sozialen Effekt durch gemeinsame Aktivitäten mit anderen.

Bibliographie

Altenmüller, E. et al. (2002): „Hits to the left, flops to the right: different emotions dur-

ing listening to music are reflected in cortical lateralisation patterns”,

Neuropsychologica 13 (40), 2242-2256.

Bastian, H. G., Kormann, A. & Hafen, R. (2000): Musik(erziehung) und ihre Wirkung. Eine

Langzeitstudie an Berliner Grundschulen. Mainz: Schott.

Chan, A. S., Ho, Y. C. & Cheung, M. C. (1998): „Music training improves verbal

memory”, Nature 396 (6707), 128.

Ersch, C. M. (in dieser Ausgabe): Musik im Fremdsprachenunterricht – in der Praxis.

Gardiner, M. F. et al. (1996): „Learning improved by arts training”, Nature 381 (6580),

284.

Grein, M. (2013): Neurodidaktik für Sprachkursleitende. Ismaning: Hueber Verlag.

Hallam, S., Prince, J. & Katsarou, G. (2002): „The effects of background music on pri-

mary school pupils‘ task performance”, Educational Studies 28, 111-122.

Ho, Y. C., Cheung, M. C. & Chan, A. S. (2003): „Music training improves verbal but

not visual memory: cross-sectional and longitudinal explorations in children”,

Neuropsychology 17 (3), 439-450.

Jäncke, L. (2012): Macht Musik schlau? Neue Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und

der kognitiven Psychologie. Bern. 2. Nachdruck: Verlag Hans Huber.

Jourdain, R. (2011): Das wohltemperierte Gehirn. Wie Musik im Kopf entsteht und wirkt.

Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

Kilgour, A. R., Jakobson, L. S. & Cuddy, L. L. (2000): „Music training and rate of

presentation as mediators of text and song recall”, Memory and Cognition 28 (5),

700-710.

Koelsch, S. (2013): Brain & Music. Chichester, West Sussex, UK: Wiley-Blackwell.

Lessing, W. (2009): „Neurobiologie und neue Musik – eine Herausforderung (nicht

nur) für die Musikpädagogik“. In: Institut für Neue Musik und Musikerziehung

Page 9: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

9

(Hrsg.): Spannungsfelder. Neue Musik im Kontext von Technik, Natur und Wissenschaft.

Mainz: Schott-Verlag.

Salimpoor, V. et al. (2011): „Anatomically distinct dopamine release during

anticipation and experience of peak emotion to music”, Nature Neuroscience 14,

257–262.

Schellenberg, E. G. (2004): „Music lessons enhance IQ”, Psychological Science 15 (8), 511-

514.

Sluming, V. et al. (2007): „Broca’s area supports enhanced visuospatial cognition in

orchestral musicians”, Journal of Neuroscience 27 (14), 3799-3806.

Wong, P. C. et al. (2007): „Musical experience shapes human brainstem encoding of

linguistic pitch patterns”, Nature Neuroscience 10 (4), 420-422.

Musik im DaF-Unterricht konkret

Musik im Fremdsprachenunterricht – in der Praxis

1. Aufgabe: Auswahl der Musiktitel

Was muss hier alles beachtet werden?

Page 10: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

10

Erkenntnisse aus der Praxis:

Lehrendenwünsche oftmals anders als Lernendenwünsche; Mutter-

sprachler oftmals anders als nicht-muttersprachliche Deutschlehrende -

Beispiel: Hubertus Grille (Menschen)

Unterschied: Kinder, Jugendliche, Erwachsene (authentische - didakti-

sierte Lieder)

Page 11: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

11

Was sind Vorteile authentischer Lieder? Was sind die Vorteile didakti-

sierter Lieder?

Übungsformen

Damit Lieder auch einen Einfluss auf den Lernerfolg haben, reicht es nicht

aus, diese im Unterricht einfach nur anzuhören und mitsingen zu lassen.

Genau wie alle Formen des handlungsorientierten Unterrichts müssen

Aktivitäten und Übungen ausgiebig vorbereitet und vor allem zielgerich-

tet ausgewählt werden.

Hörverstehen

Erweiterung des Wortschatzes

Festigung und Wiederholung grammatischer Strukturen

Schulung der Aussprache, vor allem Intonation und Sprachrhythmus

Umgangssprache, Dialekte

Neue Assoziationen zu Land, Kultur und Menschen

Page 12: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

12

Phasen

vor dem Hören, während des Hörens, nach dem Hören

Vorentlastende bzw. hypothesenbildende Übungen wie beispielsweise

Assoziogramme oder Beschreibung von Bildern, die thematisch zum Lied

passen, sollten in der ersten Phase, also bevor das eigentliche Lied gespielt

wird, erfolgen, um an das Vorwissen anzuknüpfen und z.B. bereits

vorhandenen Wortschatz zu wiederholen

Bei Arbeit mit Musikvideo: Bilder aus dem Video zeigen

Empfehlenswert sind hierbei u.a. auch traditionelle Übungsformen wie

Multiple Choice oder Lückentexte, die ebenso als Vorentlastung dienen.

Für die Phase während des Hörens sollten die Übungen abwechslungs-

reich und zielgerichtet ausgewählt werden, damit ein mehrmaliges Hören

für Lernende nicht eintönig und damit demotivierend wird.

Abhilfe dafür kann zum einen ein etappenweises Hören der Strophen

oder des Refrains leisten.

Zum anderen kann der Text erst nach dem ersten Hören ausgeteilt

werden, der zusätzlich noch geordnet werden muss.

Für die Vermittlung von Aussprache mit Fokus auf Rhythmus und

Intonation können Lieder mitgeklatscht, geklopft und mitgesungen

werden.

Für die Phase während des Hörens sind vor allem Übungen zu

grammatischen Strukturen geeignet wie z.B. Wechsel der Tempora,

Artikelsuche oder der Fehlerkorrektur.

Page 13: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

13

Gerade die Aktivitäten nach dem Hören sind besonders für einen

handlungs- und produktionsorientierten Unterricht geeignet, da Musik,

und vor allem Popmusik, sehr viele thematische Anknüpfungspunkte

bietet. Denn hier werden häufig Emotionen angesprochen bzw. hervor-

gerufen, über die sich auch auf niedrigem Niveau leicht sprechen lässt.

Für die Phase nach dem Hören eignen sich besonders Übungen zum

kreativen Schreiben wie z.B. Dialoge erfinden, schreiben (und

nachspielen), Geschichten zum Thema oder der Person des Liedes

schreiben oder auf höherem Niveau Kritiken und Kommentare für

Musikzeitschriften verfassen. Auch Projekte zum Thema des Liedes oder

zum Künstler lassen sich umsetzen.

Lieder in Lehrwerken

Ein weiteres Beispiel aus einem Lehrwerk ist das Lied „Der richtige Typ

für mich“ aus dem Zusatzmaterial Zwischendurch mal … Lieder (Hueber

Verlag).

Page 14: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

14

Page 15: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

15

Page 16: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

16

Page 17: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

17

In dem Lied singen abwechselnd eine Männer- und eine Frauenstimme,

der letzte Refrain wird jedoch gemeinsam gesungen. Auch hier soll

fehlender Wortschatz vor dem ersten Hören ergänzt werden (hier

ebenfalls fett markiert):

(Mann)

Sie mag schwarz. Ich mag weiß.

Ihr ist kalt. Mir ist heiß.

Sie mag Regen. Ich mag Schnee.

Ihr schmeckt Kaffee. Mir schmeckt Tee.

Refrain

Wir sind so verschieden,

sie ist nicht so wie ich ICH!

Sie ist einfach nicht der richtige Typ für mich.

(Frau)

Er mag den Tag. Ich mag die Nacht.

Er mag die Sieben. Ich mag die Acht.

Ihm ist’s zu dunkel. Mir ist’s zu hell.

Ihm geht’s zu langsam. Mir geht’s zu schnell.

Refrain

Warum ist er so anders?

Warum nicht so wie ICH?

Er ist einfach nicht der richtige Typ für mich.

(Mann und Frau)

Hey dir passt das T-Shirt genauso toll wie mir.

Hey! Dir steht der Ohrring genauso toll wie mir.

Wow, das ist `ne Farbe! Sie gefällt uns beiden sehr…

Wow, der Rock passt super. Er gefällt uns noch viel mehr.

Refrain

Page 18: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

18

Du bist nicht so anders. Du bist genau wie ICH!

Du bist ganz genau der richtige Typ für mich.

Während des ersten Hörens sollen die eigenen Ergebnisse verglichen wer-

den. Nach dem Hören erfolgt direkt eine weiterführende Aufgabe, da wei-

tere Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten von Männern und Frauen

tabellarisch gesammelt werden sollen. Anhand dieser soll im Anschluss

eine eigene Strophe zum Lied geschrieben und dem Kurs vorgestellt wer-

den. Ein Grammatikspot verweist zusätzlich auf die häufige Verwendung

des Dativs in Zusammenhang mit Verben und Adjektiven, die eine Emp-

findung bzw. eine subjektive Bewertung ausdrücken.

Weitere Aktivitäten

In vielen Ländern: die TN möchten mittanzen

Singen in Männer- und Frauentexten

Szenisch nachspielen: Mann Aussagesätze - Frau Fragesätze -> Diskussion

Page 19: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

19

Page 20: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

20

Page 21: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

21

Weitere Lehrwerke (authentisch)

Klett: Schon mal gehört

Page 22: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

22

Von den meisten negativer bewertet: Fanta4: MFG

Positiv bewertet: Das Haus am See von Peter Fox

In dem Lied, das vornehmlich als Sprechgesang konzipiert ist, geht es um

die Zukunftsträume bzw. -wünsche eines Mannes, der sich für sein Leben

im Alter ein Haus am See wünscht. Der Wortschatz des Liedes beinhaltet

viele Wörter aus dem Bereich der verschiedenen Sinne wie trinken,

spüren, hören und riechen. Außerdem werden sehr viele trennbare

Verben benutzt wie zurücklehnen, abholen, ausgraben, einladen,

anfangen, die in einer Übung anhand eines neuen Kontextes geübt bzw.

wiederholt werden können. Dadurch, dass der Text auf grammatischer

Ebene nicht sehr vielseitig ist und schwierige Strukturen fehlen, ist er auch

auf niedrigem Niveau leicht verständlich. Durch den Sprechgesang von

Peter Fox lässt sich das Lied auch leicht mitsingen bzw. mitsprechen, da

sich die Lernenden nicht noch auf eine Melodie konzentrieren müssen.

Dies hat positiven Einfluss auf die Motivation.

Weiterhin ist der Traum von einer schönen Zukunft als Thema sehr gut

für handlungsorientierte Aktivitäten geeignet. Jeder Lernende kann seine

eigenen Gedanken formulieren, sei es im Schreiben von eigenen neuen

Strophen oder dem Erstellen von Plakaten mit den eigenen Zukunfts-

träumen.

Page 23: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

23

Ausschnitt:

Positiv bewertet ebenfalls: Xavier Naidoo: Dieser Weg

Das Lied handelt vom Weg des Lebens, der Höhen und Tiefen aufweist

und manchmal „steinig und schwer ist“. Der Text beinhaltet im Gegensatz

zum „Haus am See“ viele Wiederholungen und deshalb wenig neuen

Wortschatz. Außerdem ist die Aussprache sehr klar, was ein Verständnis

des Liedes bei Lernenden erleichtert. Allerdings sind die grammatischen

Page 24: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

24

Strukturen eher für ein höheres Niveau geeignet, da im Text viele

Präteritum- und Futur I-Formen benutzt werden, die für viele Anfänger

noch neu sind. Eine sehr gute Übung für Lernenden auf niedrigem Niveau

sind dagegen die vielen anschaulichen Akkusativ- und Dativ-

Verwendungen mit Verben wie lieben, treten, segnen, klar werden, mit

jmd. einig sein etc.

Auch dieses Thema regt zum Nachdenken an und bietet für viele

Lernenden einen persönlichen Anknüpfungspunkt. Es lässt sich auch

direkt auf das Deutschlernen an sich übertragen, da auch dieser Weg (der

Weg zum Deutsch) für viele Lernende sehr schwierig sein kann.

Beschäftigt man sich mit der Rezeption in Deutschland, liefert dieses Lied

außerdem landeskundlich relevante Informationen über die Kultur

Deutschlands, die sich z.B. zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutsch-

land und der damit neu entstandenen deutschen Fankultur ausweiten

lässt. Beispielsweise bietet sich hier ein Projekt zum Thema Fußball in

Verbindung mit Musik an, indem die Lernenden Lieder zu bestimmten

Fußballvereinen oder Turnieren suchen und sich dadurch mit der

deutschen Fußball-/Fankultur beschäftigen.

Page 25: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

25

Beispieldidaktisierung Wise Guys

Page 26: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

26

Didaktisierungsmöglichkeit zur Vorbereitung der eigenen Didaktisierung

„Millionen Lichter“ (Einsatz als Musikvideo)

Vgl. http://deutsch musik.blog.de/

Vor dem Hören: Bilder zur Hypothesenbilder (z.B. Lichter über einer

Stadt, Sternenhimmel, eine Glühbirne, eine Menschenmenge oder ein Bild

mit Geld)

https://www.youtube.com/watch?v=UD32WUhdNIU

Screenshots aus dem Video zeigen (einsames Mädchen am Meer, Mann

auf der Straße, einsamer Bräutigam, Motelbesitzer und alter Mann am

Gartenzaun).

Page 27: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

27

Hypothesen zu den Zusammenhängen zwischen Personen und Titel des

Liedes

Erstes Hören (und betrachten) des Liedes

Vergleich mit den Hypothesen

Page 28: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

28

Zweites Hören: Kurzschnipsel mit Textpassagen verteilen, beim Hören

hochhalten („Millionen Gesichter wie du und ich“, „Du bist nicht allein“,

und „Wir gehören zusammen“).

Drittes Hören: Austeilen des Textes (z.B. als Lückentext) oder mit „Schnip-

seltechnik“

Grammatische Aufgaben könnten konzipiert werden zu: Singular und

Plural der Nomina, Flexion der Verben zum Wortfeld Sterne (verglühen,

anziehen, leuchten, scheinen, fliegen).

Nach dem Hören: Dialoge zwischen Christina Stürmer und den einzelnen

Personen verfassen

Kreative Schreibübungen (Tagebucheinträgen, Briefen oder kurzen

Erzählungen)

Page 29: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

29

Plakat zu Christina Stürmer kann entwickelt werden …

Page 30: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

30

Page 31: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

31

Liebesliedgenerator Bodo Wartke

Ich will’s in allen Sprachen für dich singen,

auf allen Instrumenten zum Erklingen bringen:

Ich liebe dich.

Screenshot Bodo Wartkes Liebesliedgenerator

Der Refrain bleibt im Gegensatz zu den Strophen immer gleich und ist

auf Hochdeutsch:

Wo immer du auch wohnst,

ich weiß genau, dass es dich gibt,

Page 32: Workshop: Musik im Fremdsprachenunterricht · PDF fileSkript PA.1 Workshop zu Musik 4 Kilgour, Jakobson und Cuddy (2000) konnten zeigen, dass gesungene Verse besser gespeichert werden

Skript PA.1 Workshop zu Musik

32

die Frau, in die ich mich

und die sich in mich verliebt.

Wo immer du auch wohnst,

welche Sprache du auch sprichst,

wenn wir uns begegnen,

dann lern’ ich sie für dich.

Was könnte man damit machen?

Aufgabe für Sie: Suchen Sie ein Lied Ihrer Wahl und didaktisieren Sie es,

möglichst so, dass die anderen TN es dann ebenfalls nutzen können.