Worte der Woche ãUnf hig, Emotionen zu kontrollierenÒ · Seite M28 Zeitgeschehen Samstag, 17....

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Zeitgeschehen Seite M28 Samstag, 17. Juni 2017 WARDETZKI: Ja. Er zeigt et- was, das man auch im narziss- tischen System findet: eine enorme Gabe, Menschen zu verführen. Die Not des Ande- ren zu erspüren – da sind die dann plötzlich empathisch – aber sie brauchen den Men- schen eigentlich nur, um die Wahl zu gewinnen oder die Macht zu erhalten. Aber es gibt kein wirkliches Interesse. Und ich glaube auch, dass er die Wähler am Ende enttäu- schen wird, weil das, was er verspricht, gar nicht halten kann. Bringen gerade Krisenzeiten solch einen Typus des narzissti- schen Politikers hervor? WARDETZKI: Die sind in Kri- senzeiten sehr gefragt, weil sie Menschen sind, die Dinge in die Hand nehmen, die durch ihre Ideen und auch durch die einfachen Lösungen brillieren, die jeder verstehen kann. Und sie begeben sich in die Rolle des Retters und cha- rismatischen Helden. wie ein kleiner Junge und sagt der Welt: Guckt mal, wie toll ich bin. Er braucht also un- glaublich viel Beachtung und Bestätigung. Da reagiert er fast kindlich. Dann gibt es die Art, sich die Welt zurechtzubiegen, wie er sie braucht, nach dem Mot- to: Ich mal mir die Welt, wie sie mir gefällt. Und was heute gilt, muss nicht morgen gel- ten. Und darunter ist auch zum Teil eine recht destrukti- ve Form von Machtmiss- brauch, wo er Leute so ein- setzt, wie er sie braucht. Und er hat eigentlich kein Gefühl für den anderen, also einen Empathieverlust, und kann sich nicht in die Sicht des an- deren einfühlen. Wenn es vor allem darum geht, das Selbstwertgefühl zu stärken und sich selbst zu gefal- len, kann man dann im Um- kehrschluss sagen, dass es ihm gar nicht um die Anliegen sei- ner Wähler, sondern um die Außendarstellung geht? V ON U LLRICH R IEDLER Nach dem rüpelhaften Auf- treten des US-Präsidenten beim Nato-Gipfel hat Linken-Chefin Kipping Donald Trump als in- fantilen Narzissten bezeichnet. Sehen Sie das auch so? BÄRBEL WARDETZKI: Ich bin sehr vorsichtig mit dem Be- griff Narzisst. Bei Trump kann man aber sehr starke narzissti- sche Anteile in seinem Verhal- ten und Denken finden. Ich würde aber niemals eine Diag- nose geben, das wäre unseriös. Aber wir können daran ler- nen, wie narzisstische Prozes- se funktionieren. Dafür ist er ein klassisches Beispiel. An welchen Merkmalen ma- chen Sie das fest? WARDETZKI: Das eine ist sei- ne hohe Kränkbarkeit, dass, wenn die Dinge nicht so lau- fen, wie er es gerne möchte, dass er beleidigt ist oder zor- nig wird. Menschen mit nar- zisstischer Struktur haben in der Regel ein verletztes Selbst- wertgefühl und machen sich ganz groß. Das wirkt selbstbe- wusst, ist aber mehr Grandio- sität. Und wenn jetzt die Welt anders ist, dann wird die Gran- diosität geschwächt. Das ungewöhnliche Merk- malsspektrum scheint bei ihm noch größer, oder? WARDETZKI: Ja, das andere sind seine Reaktionen auf Lob und Beachtung. Dann grinst er Gab es denn auch in der Ver- gangenheit Beispiele dafür? WARDETZKI: Die gibt es na- türlich immer. Menschen, die eine Führungsposition über- nehmen, müssen immer auch narzisstische Anteile haben. Sonst kommen sie gar nicht so weit. Von daher kann man an allen Führungspersonen diese narzisstischen Tendenzen se- hen. Wir sind im „Dritten Reich“ auch einem Mann hin- terhergerannt, der narzissti- sche Anteile hatte und sich in einer Notsituation hinstellte und sagte: Ich mach euch wie- der groß. Das wirkt immer. Es gibt aber auch Führungsper- sönlichkeiten, die ihre Macht nicht gegen das Volk benutz- ten, zum Beispiel Gandhi. Sehen Sie gegenwärtig auf der internationalen Bühne au- ßer Trump ähnliche Fälle, zum Beispiel Putin, Erdogan? WARDETZKI: Die haben auch diese Strukturen, das sind sehr starke Machtmenschen. Gerade an Erdogan merkt man das, wie er seine präsidia- le Macht ausbaut. Diese Machtstrukturen nähren in den Menschen oftmals die narzisstische Größenfantasie noch. Wenn jemand die Macht bekommt, dann hört er damit nicht mehr auf, son- dern er will immer mehr. Das sieht man im Moment an vie- len Ecken. Auch Theresa May hat ganz starke narzisstische Struktu- ren. Sie ist eher der Rache-En- gel. Wer mal schlecht zu ihr gewesen ist oder sie nicht be- stätigt hat, wird dann ausge- sondert. Jeder hat also seine spezifische Ausformung der narzisstischen Struktur, aber haben tun sie es fast alle - nur eben nicht immer im negati- ven Sinne ausgeübt. Welches Risikopotenzial birgt die narzisstische Struktur bei einem Mann wie Trump? WARDETZKI: Ich sehe da eine große Gefahr, vor allem durch die Unfähigkeit, seine Emotio- nen zu kontrollieren. Er hat eine Idee, ein Gefühl, und rea- giert sofort. Ihm fehlt die Spanne zwischen Wahrneh- men und Reagieren - da habe ich große Angst. „Menschen mit narzisstischer Struktur haben in der Regel ein verletztes Selbstwertgefühl und machen sich ganz groß.“ Autorin Bärbel Wardetzki. Archivfoto: dpa „Unfähig, Emotionen zu kontrollieren“ Interview: Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki erkennt bei Donald Trump gefährlich narzisstische Züge Zur Person DR. BÄRBEL WARDETZKI (65) ist Psy- chotherapeutin und Autorin. Sie hat eine Praxis für Psychothe- rapie, Supervisi- on und Coaching. So- eben ist ihr neu- es Buch „Nar- zissmus, Ver- führung und Macht in Politik und Gesellschaft“ erschienen (Europa Verlag, 176 Seiten, 12,90 Euro). Wardetzki lebt in München. Worte der Woche „Mit ganz wenigen Ausnah- men - vielleicht Franklin De- lano Roosevelt - hat es nie zu- vor einen Präsidenten gege- ben, der mehr Gesetze auf den Weg gebracht und mehr getan hätte als ich.“ US-Präsident Donald Trump zur Eröffnung einer Kabinettssit- zung im Weißen Haus. „Da muss man offen und ehr- lich sein: Das Einzige, was Mitarbeiter schützt, ist Ge- winn.“ Der Chef des Peugeot-Mutter- konzerns PSA, Carlos Tavares, auf die Frage nach Beschäftigungs- und Standortgarantien bei dem vor der Übernahme stehenden Autobauer Opel. „Ich bin die Person, die uns in dieses Durcheinander hinein- gebracht hat, und ich bin auch die, die uns da wieder herausholt.“ Premierministerin Theresa May bei einem Treffen mit Parlamen- tariern ihrer Konservativen Par- tei nach der Wahlniederlage we- nige Tage zuvor. „Unsere Umfragen sind nicht gut, aber das Rennen ist of- fen.“ SPD-Generalsekretär Hubertus Heil zu Wahlumfragen, die die SPD bei 23 bis 25 Prozent sehen und die CDU/CSU bei 38 bis 39 Prozent. „Die Stimmenthaltung zeigt, dass es in diesem Land keine Mehrheit gibt, um das Pro- gramm der Zerstörung des Ar- beitsrechts anzuwenden.“ Der französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon zur gerin- gen Wahlbeteiligung bei der ers- ten Runde der Parlamentswahl. Jean-Luc Mélenchon, französi- scher Linkenpolitiker. Foto: afp Theresa May , britische Konser- vativen-Politikerin. Foto: afp Familienleben eine unglaub- lich wichtige Rolle. Hohe Mie- ten? Teure Lebensmittel? Da- gegen ist man 2011 zwar auf die Straße gegangen, von der Familienplanung abhalten lässt man sich aber nicht. Drei Kinder bringt eine Frau in Israel im Durchschnitt zur Welt. In den anderen OECD- Ländern liegt die Geburtenra- te bei 1,7 Kindern pro Frau. Und was hier keiner in Frage stellt ist, dass Mütter arbeiten gehen. Und das, obwohl die staatlichen Kindergärten nicht ausreichen und private Betreuung teuer ist. Das Faszinierende: Israelin- nen machen es einfach, ohne lange zu grübeln oder Risiken abuzwägen. Hacol ihie bese- der, heißt es hier. Alles wird – sind Israels Wunderweiber ein erfrischender Lichtblick, erst recht im Nahen Osten. Dort übrigens wird Wonder Woman gar nicht gerne gese- hen. Weil Israels Halbgöttin Gal Gadot, eine Ex-Soldatin, die Hauptrolle spielt, wurde der Streifen im befeindeten Li- banon kurzerhand verboten. gut. Das mag in deutschen Oh- ren chaotisch, naiv und fahr- lässig klingen. Doch es funk- tioniert. Wer will, der schafft es auch, setzt auf die Großel- tern (das Land ist klein, die Fahrtwege zu Oma und Opa oft nicht weit) oder düst mal früher von der Arbeit nach Hause (in Israel bedeuten Kin- der alles, auch Chefs verste- hen das, sie haben ja selbst welche). J a, Frauen, die gar keine Kinder wollen und solche, die sich entscheiden, zu Hause zu bleiben, verdie- nen höchsten Respekt. Und si- cher muss auch in Israel in Sa- chen Gleichberechtigung noch vieles getan werden. Und doch – oder gerade deswegen sind, beeinflusst das Frauen- bild. (Übrigens war Israel das erste Land, das 2012 ein Ge- setz gegen Magermodels erlas- sen hat. Ein gesunder Body- Mass-Index von mindestens 18,5 ist hier Pflicht. Wonder Women brauchen schließlich Muskelmasse.) Und auch nach der Armee machen Israelinnen kämpfe- risch weiter: Kind und Karrie- re – trotz schlechter Bedingun- gen. Denn in Israel spielt das klein wie Hessen, das für seine Existenz kämpfen musste und bis heute nicht gerade von Freunden umgeben ist, wird jeder Soldat gebraucht, Y- Chromosom hin oder her. Heutzutage können Frauen so- gar in 85 Prozent aller Kampf- einheiten dienen: beim Cara- cal Batallion an der Grenze zu Ägypten oder bei den Lions im Jordantal. Die völlige Gleichberechti- gung herrscht zwar noch nicht – eine Armeechefin gab es beispielsweise noch nie. Doch die Tatsache, dass Frau- en wie Männer in olivgrünen Uniformen und schwarzen Stiefeln mit einer Maschinen- pistole über der Schulter an Bushaltestellen, in Einkaufs- zentren oder Cafés zu sehen W onder Woman hat den Kampf begon- nen: Seit Anfang des Monats ist die Halbgöttin – stark, schön, gerecht – unter- wegs, um gegen das Böse zu kämpfen. Die Hauptrolle in diesem Hollywoodstreifen spielt Gal Gadot. Und wie soll es auch anders sein: Sie ist Is- raelin, kommt also aus dem Land der Wunderweiber. Wer sich zwischen Armeedienst, Kinderkriegen und Vollzeitjob mit israelischen Machomän- nern rumschlagen muss, kann nur eine Halbgöttin sein. Der Armeedienst ist in Isra- el auch für Frauen Pflicht. Gal Gadot hat es getan, und hun- derttausende andere israeli- sche Frauen tun es auch – zwei Jahre lang. In einem Land, so Die israelischen Wunderweiber Brief aus Tel Aviv: Stark, schön und gerecht – Gal Gadot feierte als Wonder Woman weltweit Kinoerfolge Bei der Premiere: Gal Gadot (32, vorn) als „Wonder Wo- man“. Foto: afp Von Lissy Kaufmann Das Thema Noch nie ist ein US-Präsident so aufgetreten wie Donald Trump. In den USA, aber auch bei uns erkennen Fachleute in ihm einen Narzissten oder zumindest narzisstische Per- sönlichkeitsstrukturen. Darüber sprachen wir mit der Münchner Psychologin Bärbel Wardetzki, die selbst eine Vertreterin dieser These ist.

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Page 1: Worte der Woche ãUnf hig, Emotionen zu kontrollierenÒ · Seite M28 Zeitgeschehen Samstag, 17. Juni 2017 W ARDETZKI: Ja. Er zeigt et-was, das man auch im narziss-tischen System findet:

ZeitgeschehenSeite M28 Samstag, 17. Juni 2017

WARDETZKI: Ja. Er zeigt et-was, das man auch im narziss-tischen System findet: eineenorme Gabe, Menschen zuverführen. Die Not des Ande-ren zu erspüren – da sind diedann plötzlich empathisch –aber sie brauchen den Men-schen eigentlich nur, um dieWahl zu gewinnen oder dieMacht zu erhalten. Aber esgibt kein wirkliches Interesse.Und ich glaube auch, dass erdie Wähler am Ende enttäu-schen wird, weil das, was erverspricht, gar nicht haltenkann.

Bringen gerade Krisenzeitensolch einen Typus des narzissti-schen Politikers hervor?

WARDETZKI: Die sind in Kri-senzeiten sehr gefragt, weilsie Menschen sind, die Dingein die Hand nehmen, diedurch ihre Ideen und auchdurch die einfachen Lösungenbrillieren, die jeder verstehenkann. Und sie begeben sich indie Rolle des Retters und cha-rismatischen Helden.

wie ein kleiner Junge und sagtder Welt: Guckt mal, wie tollich bin. Er braucht also un-glaublich viel Beachtung undBestätigung. Da reagiert erfast kindlich.

Dann gibt es die Art, sichdie Welt zurechtzubiegen, wieer sie braucht, nach dem Mot-to: Ich mal mir die Welt, wiesie mir gefällt. Und was heutegilt, muss nicht morgen gel-ten. Und darunter ist auchzum Teil eine recht destrukti-ve Form von Machtmiss-brauch, wo er Leute so ein-setzt, wie er sie braucht. Under hat eigentlich kein Gefühlfür den anderen, also einenEmpathieverlust, und kannsich nicht in die Sicht des an-deren einfühlen.

Wenn es vor allem darumgeht, das Selbstwertgefühl zustärken und sich selbst zu gefal-len, kann man dann im Um-kehrschluss sagen, dass es ihmgar nicht um die Anliegen sei-ner Wähler, sondern um dieAußendarstellung geht?

V O N U L L R I C H R I E D L E R

Nach dem rüpelhaften Auf-treten des US-Präsidenten beimNato-Gipfel hat Linken-ChefinKipping Donald Trump als in-fantilen Narzissten bezeichnet.Sehen Sie das auch so?

BÄRBEL WARDETZKI: Ich binsehr vorsichtig mit dem Be-griff Narzisst. Bei Trump kannman aber sehr starke narzissti-sche Anteile in seinem Verhal-ten und Denken finden. Ichwürde aber niemals eine Diag-nose geben, das wäre unseriös.Aber wir können daran ler-nen, wie narzisstische Prozes-se funktionieren. Dafür ist erein klassisches Beispiel.

An welchen Merkmalen ma-chen Sie das fest?

WARDETZKI: Das eine ist sei-ne hohe Kränkbarkeit, dass,wenn die Dinge nicht so lau-fen, wie er es gerne möchte,dass er beleidigt ist oder zor-nig wird. Menschen mit nar-zisstischer Struktur haben inder Regel ein verletztes Selbst-wertgefühl und machen sichganz groß. Das wirkt selbstbe-wusst, ist aber mehr Grandio-sität. Und wenn jetzt die Weltanders ist, dann wird die Gran-diosität geschwächt.

Das ungewöhnliche Merk-malsspektrum scheint bei ihmnoch größer, oder?

WARDETZKI: Ja, das anderesind seine Reaktionen auf Lobund Beachtung. Dann grinst er

Gab es denn auch in der Ver-gangenheit Beispiele dafür?

WARDETZKI: Die gibt es na-türlich immer. Menschen, dieeine Führungsposition über-nehmen, müssen immer auchnarzisstische Anteile haben.Sonst kommen sie gar nicht soweit. Von daher kann man anallen Führungspersonen diesenarzisstischen Tendenzen se-hen. Wir sind im „DrittenReich“ auch einem Mann hin-terhergerannt, der narzissti-sche Anteile hatte und sich ineiner Notsituation hinstellteund sagte: Ich mach euch wie-der groß. Das wirkt immer. Esgibt aber auch Führungsper-sönlichkeiten, die ihre Machtnicht gegen das Volk benutz-ten, zum Beispiel Gandhi.

Sehen Sie gegenwärtig aufder internationalen Bühne au-ßer Trump ähnliche Fälle, zumBeispiel Putin, Erdogan?

WARDETZKI: Die haben auchdiese Strukturen, das sindsehr starke Machtmenschen.Gerade an Erdogan merktman das, wie er seine präsidia-le Macht ausbaut. DieseMachtstrukturen nähren inden Menschen oftmals dienarzisstische Größenfantasienoch. Wenn jemand dieMacht bekommt, dann hört erdamit nicht mehr auf, son-dern er will immer mehr. Dassieht man im Moment an vie-len Ecken.

Auch Theresa May hat ganzstarke narzisstische Struktu-

ren. Sie ist eher der Rache-En-gel. Wer mal schlecht zu ihrgewesen ist oder sie nicht be-stätigt hat, wird dann ausge-sondert. Jeder hat also seinespezifische Ausformung dernarzisstischen Struktur, aberhaben tun sie es fast alle - nureben nicht immer im negati-ven Sinne ausgeübt.

Welches Risikopotenzialbirgt die narzisstische Strukturbei einem Mann wie Trump?

WARDETZKI: Ich sehe da einegroße Gefahr, vor allem durchdie Unfähigkeit, seine Emotio-nen zu kontrollieren. Er hateine Idee, ein Gefühl, und rea-giert sofort. Ihm fehlt dieSpanne zwischen Wahrneh-men und Reagieren - da habeich große Angst.

„Menschen mit narzisstischer Struktur haben in der Regel ein verletztes Selbstwertgefühl und machen sich ganz groß.“ Autorin Bärbel Wardetzki. Archivfoto: dpa

„Unfähig,Emotionen zukontrollieren“Interview: Psychotherapeutin Bärbel Wardetzkierkennt bei Donald Trumpgefährlich narzisstische Züge

Zur PersonDR. BÄRBEL WARDETZKI (65) ist Psy-chotherapeutin und Autorin. Siehat eine Praxisfür Psychothe-rapie, Supervisi-on undCoaching. So-eben ist ihr neu-es Buch „Nar-zissmus, Ver-führung und Macht in Politikund Gesellschaft“ erschienen(Europa Verlag, 176 Seiten,12,90 Euro). Wardetzki lebt inMünchen.

Worte der Woche„Mit ganz wenigen Ausnah-men - vielleicht Franklin De-lano Roosevelt - hat es nie zu-vor einen Präsidenten gege-ben, der mehr Gesetze auf denWeg gebracht und mehr getanhätte als ich.“US-Präsident Donald Trump zurEröffnung einer Kabinettssit-zung im Weißen Haus.

„Da muss man offen und ehr-lich sein: Das Einzige, wasMitarbeiter schützt, ist Ge-winn.“Der Chef des Peugeot-Mutter-konzerns PSA, Carlos Tavares, aufdie Frage nach Beschäftigungs-und Standortgarantien bei demvor der Übernahme stehendenAutobauer Opel.

„Ich bin die Person, die uns indieses Durcheinander hinein-gebracht hat, und ich binauch die, die uns da wiederherausholt.“Premierministerin Theresa Maybei einem Treffen mit Parlamen-tariern ihrer Konservativen Par-tei nach der Wahlniederlage we-nige Tage zuvor.

„Unsere Umfragen sind nichtgut, aber das Rennen ist of-fen.“SPD-Generalsekretär HubertusHeil zu Wahlumfragen, die dieSPD bei 23 bis 25 Prozent sehenund die CDU/CSU bei 38 bis 39Prozent.

„Die Stimmenthaltung zeigt,dass es in diesem Land keineMehrheit gibt, um das Pro-gramm der Zerstörung des Ar-beitsrechts anzuwenden.“Der französische LinkspolitikerJean-Luc Mélenchon zur gerin-gen Wahlbeteiligung bei der ers-ten Runde der Parlamentswahl.

Jean-Luc Mélenchon, französi-scher Linkenpolitiker. Foto: afp

Theresa May , britische Konser-vativen-Politikerin. Foto: afp

Familienleben eine unglaub-lich wichtige Rolle. Hohe Mie-ten? Teure Lebensmittel? Da-gegen ist man 2011 zwar aufdie Straße gegangen, von derFamilienplanung abhaltenlässt man sich aber nicht.

Drei Kinder bringt eine Frauin Israel im Durchschnitt zurWelt. In den anderen OECD-Ländern liegt die Geburtenra-te bei 1,7 Kindern pro Frau.Und was hier keiner in Fragestellt ist, dass Mütter arbeitengehen. Und das, obwohl diestaatlichen Kindergärtennicht ausreichen und privateBetreuung teuer ist.

Das Faszinierende: Israelin-nen machen es einfach, ohnelange zu grübeln oder Risikenabuzwägen. Hacol ihie bese-der, heißt es hier. Alles wird

– sind Israels Wunderweiberein erfrischender Lichtblick,erst recht im Nahen Osten.

Dort übrigens wird WonderWoman gar nicht gerne gese-hen. Weil Israels HalbgöttinGal Gadot, eine Ex-Soldatin,die Hauptrolle spielt, wurdeder Streifen im befeindeten Li-banon kurzerhand verboten.

gut. Das mag in deutschen Oh-ren chaotisch, naiv und fahr-lässig klingen. Doch es funk-tioniert. Wer will, der schafftes auch, setzt auf die Großel-tern (das Land ist klein, dieFahrtwege zu Oma und Opaoft nicht weit) oder düst malfrüher von der Arbeit nachHause (in Israel bedeuten Kin-der alles, auch Chefs verste-hen das, sie haben ja selbstwelche).

J a, Frauen, die gar keineKinder wollen und solche,die sich entscheiden, zuHause zu bleiben, verdie-

nen höchsten Respekt. Und si-cher muss auch in Israel in Sa-chen Gleichberechtigungnoch vieles getan werden. Unddoch – oder gerade deswegen

sind, beeinflusst das Frauen-bild. (Übrigens war Israel daserste Land, das 2012 ein Ge-setz gegen Magermodels erlas-sen hat. Ein gesunder Body-Mass-Index von mindestens18,5 ist hier Pflicht. Wonder

Women brauchen schließlichMuskelmasse.)

Und auch nach der Armeemachen Israelinnen kämpfe-risch weiter: Kind und Karrie-re – trotz schlechter Bedingun-gen. Denn in Israel spielt das

klein wie Hessen, das für seineExistenz kämpfen musste undbis heute nicht gerade vonFreunden umgeben ist, wirdjeder Soldat gebraucht, Y-Chromosom hin oder her.Heutzutage können Frauen so-gar in 85 Prozent aller Kampf-einheiten dienen: beim Cara-cal Batallion an der Grenze zuÄgypten oder bei den Lions imJordantal.

Die völlige Gleichberechti-gung herrscht zwar nochnicht – eine Armeechefin gabes beispielsweise noch nie.Doch die Tatsache, dass Frau-en wie Männer in olivgrünenUniformen und schwarzenStiefeln mit einer Maschinen-pistole über der Schulter anBushaltestellen, in Einkaufs-zentren oder Cafés zu sehen

W onder Woman hatden Kampf begon-nen: Seit Anfang des

Monats ist die Halbgöttin –stark, schön, gerecht – unter-wegs, um gegen das Böse zukämpfen. Die Hauptrolle indiesem Hollywoodstreifenspielt Gal Gadot. Und wie solles auch anders sein: Sie ist Is-raelin, kommt also aus demLand der Wunderweiber. Wersich zwischen Armeedienst,Kinderkriegen und Vollzeitjobmit israelischen Machomän-nern rumschlagen muss, kannnur eine Halbgöttin sein.

Der Armeedienst ist in Isra-el auch für Frauen Pflicht. GalGadot hat es getan, und hun-derttausende andere israeli-sche Frauen tun es auch – zweiJahre lang. In einem Land, so

Die israelischen WunderweiberBrief aus Tel Aviv: Stark, schön und gerecht – Gal Gadot feierte als Wonder Woman weltweit Kinoerfolge

Bei der Premiere: Gal Gadot(32, vorn) als „Wonder Wo-man“. Foto: afp

Von LissyKaufmann

Das ThemaNoch nie ist ein US-Präsident so aufgetreten wie DonaldTrump. In den USA, aber auch bei uns erkennen Fachleutein ihm einen Narzissten oder zumindest narzisstische Per-sönlichkeitsstrukturen. Darüber sprachen wir mit derMünchner Psychologin Bärbel Wardetzki, die selbst eineVertreterin dieser These ist.