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17. Wahlperiode Plenar- und Ausschussdienst Redaktion: M. Nickert, Tel. 2325-1453 bzw. quer 99407-1453 Wortprotokoll Öffentliche Sitzung Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie 20. Sitzung 18. Februar 2013 Beginn: 14.05 Uhr Schluss: 16.02 Uhr Vorsitz: Jörg Stroedter (SPD) Punkt 1 der Tagesordnung Aktuelle Viertelstunde Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 2 der Tagesordnung Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs IT-Wirtschaft in Berlin (auf Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU) Hierzu: Anhörung 0028 WiFoTech verbunden mit Punkt 3 der Tagesordnung Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Perspektiven von Open Data für die IT-Wirtschaft (auf Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU) 0067 WiFoTech Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Mir ist gesagt worden, es gibt eine Begründungsrunde. – Zur Geschäftsordnung, bitte sehr! Thomas Birk (GRÜNE): Ich möchte nur darum bitten, dass ein Wortprotokoll erstellt wird.

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17. Wahlperiode Plenar- und Ausschussdienst

Redaktion: M. Nickert, Tel. 2325-1453 bzw. quer 99407-1453

Wortprotokoll

Öffentliche Sitzung

Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie

20. Sitzung 18. Februar 2013

Beginn: 14.05 Uhr Schluss: 16.02 Uhr Vorsitz: Jörg Stroedter (SPD) Punkt 1 der Tagesordnung

Aktuelle Viertelstunde

Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 2 der Tagesordnung

Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs IT-Wirtschaft in Berlin (auf Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU) Hierzu: Anhörung

0028 WiFoTech

verbunden mit Punkt 3 der Tagesordnung

Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Perspektiven von Open Data für die IT-Wirtschaft (auf Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU)

0067 WiFoTech

Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Mir ist gesagt worden, es gibt eine Begründungsrunde. – Zur Geschäftsordnung, bitte sehr! Thomas Birk (GRÜNE): Ich möchte nur darum bitten, dass ein Wortprotokoll erstellt wird.

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Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Sind Sie heute für die Grünen da, oder sind Sie Gast? Dann können Sie den Antrag nämlich gar nicht stellen. Thomas Birk (GRÜNE): Da Frau Ludwig früher gehen muss, bin ich die Vertretung. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Noch ist ja Frau Ludwig da. Aber wir machen ein Wortprotokoll, wir können uns die Debatte dazu sparen. – Zur Begründung, Herr Kollege Karge, bitte sehr! Thorsten Karge (SPD): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Punkt „IT-Wirtschaft in Berlin“ auf die Tagesordnung genommen, weil wir ihn als sehr wichtig erach-ten. Das ist einer der Cluster, in denen Berlin erfolgreich aufgestellt ist, und ein Bereich, wo es deutlich vorangeht. Dies soll heute thematisiert werden, deswegen haben wir um die Anhö-rung zur IT-Standortstrategie gebeten. Da sind ja Zusammenfassungen und Bündelungen vor-handen, die wichtig sind und die man heute noch mal herausarbeiten sollte. Ich freue mich auf die Diskussion. Den Punkt Open Data haben wir dazugenommen, weil das natürlich auch ein interessanter Bereich ist. Man kann ja darüber, was Open Data im Einzelfall ist, immer geteil-ter Meinung sein. Wir hatten diese Fragestellung schon mal vor einem halben Jahr. Aber es geht darum: Was bedeutet das für das Land Berlin, was bedeutet es im Anhang auch für die Berliner Wirtschaft, dass man Datensätze finden und Anwendungen im Bereich der Apps auch wirtschaftlich generieren kann? Welche Perspektiven lassen sich für die Berliner Wirt-schaft im Bereich dieser Open-Data-Strategie aufzeigen? Wir sind sehr gespannt, was wir heute in der Anhörung erfahren, und ich glaube, dass wir da noch mal klarmachen können, dass das für Berlin ein ganz wichtiger Aspekt ist, den wir heute noch mal ganz deutlich her-ausarbeiten wollen. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Karge! – Herr Kollege Melzer, bit-te! Heiko Melzer (CDU): Vielen Dank! Vor einiger Zeit, bei einer Veranstaltung der Investiti-onsbank Berlin, hat ein Unternehmer Berlin als das neue Silicon Valley tituliert und über die guten Rahmenbedingungen für die IT-Wirtschaft gesprochen. Nicht zuletzt deswegen wollen wir noch mal deutlicher in den Blick nehmen: Ist das, was sich gerade positiv in Berlin entwi-ckelt, ein Strohfeuer, ein Zufallsprodukt, oder lässt sich darauf aufbauen, und wirkt es lang-fristig? Der gesamte Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft ist ja in Berlin ein sehr er-folgreicher, er hat über 120 000 Beschäftigte in vielen Zehntausenden von Unternehmen. Wir haben es sehr intensives Gründungsgeschehen in der Stadt. Das bietet unterschiedliche Chan-cen, stellt aber die Stadt, die Politik und insbesondere die Unternehmen vor unterschiedliche Herausforderungen, z. B. vor die Frage: Wo kriegen wir die Fachkräfte her, die wir in unse-rem spezifischen Markt benötigen? Was passiert mit dem, was man herstellt und erdenkt? Der Kollege Karge hat unterschiedliche Apps in der Vermarktung von Open Data angesprochen. Bleiben dieses Know-how und diese Erkenntnisse in Berlin in einer Wertschöpfungskette, oder wandert es nach Ideenfindung aus Berlin heraus, weil man vielleicht ein Fachkräfteprob-lem hat? Das alles, die Chancen und die Perspektiven der IT-Wirtschaft interessieren uns heu-te besonders, und ich bin deswegen dankbar, dass wir, wie ich glaube, gute Experten dafür gefunden haben. Ich freue mich auf die Diskussion.

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Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Kollege Melzer! – Damit sind die entsprechenden Punkte begründet, und wir treten in die Anhörung ein. Ich hatte ja schon alle begrüßt. Wir haben das Ritual, dass Sie fünf bis maximal zehn Minuten – näher an fünf, wenn es geht – einen Einstieg geben, damit wir anschließend die Chance haben, Fragen zu stellen und in die Diskussion einzutreten. Ich darf in der Reihenfolge, wie ich Sie begrüßt habe, an-fangen. – Herr Meyer, Sie sind der Erste. Bitte, Sie haben das Wort! Sebastian Meyer (Bundesverband Mittelständische Wirtschaft, Fachgruppe IT): Guten Tag! Ich bin Sebastian Meyer, Geschäftsführer der commehr GmbH. Wir sind ein Systemhaus hier in Berlin, kümmern uns um Netzwerktechnik, Telefonanlagen, all die Dinge, die im Bereich Office nötig sind, um dort arbeiten zu können. Parallel ist die Firma Mitglied im Bundesver-band Mittelständische Wirtschaft, einem Unternehmerverband, der wahrscheinlich einigen auch bekannt ist, mit mittlerweile knapp 300 000 Mitgliedern in Deutschland, primär kleinen und mittelständischen Unternehmen, die sich dort zusammengefunden haben. Vor anderthalb Jahren hat sich dort die Fachgruppe IT gebildet, ein Zusammenschluss aus verschiedenen, zum größten Teil auch spezialisierten Unternehmen, die mit verschiedenen Aufgaben unter-wegs sind. Das geht es einmal um enge Kooperation und Austausch über die verschiedenen Bereiche innerhalb der IT, aber wir sind auch Anlaufstelle für Fragestellungen und Diskussi-onen sowohl verbandsintern als auch nach außen, so wie es sich heute auch angeboten hat, hier zur Verfügung zu stehen und die Expertise aus diesem Fachkreis heraus nach außen zu tragen. Von daher freut es mich besonders, heute hier mit dabei sein zu dürfen und an dieser Diskussion teilzunehmen, insbesondere in der Stadt Berlin, die im Bereich IT und gerade im Bereich Web-Start-ups eine sehr dynamische und wachsende Größe darstellt und gleichzeitig natürlich auch für uns Unternehmen in der IT-Branche Chancen bietet. Aber auch das Thema Fachkräfte ist schon angesprochen worden. Damit verbunden ist sicherlich, wenn es um Spe-zialisten geht, das Thema Gehaltsentwicklung, mit dem man sich verstärkt auseinandersetzen muss. Wir gewinnen zum einen neue Kooperationsmöglichkeiten, zum anderen sind wir aber auch in einer verstärkten Wettbewerbssituation, wenn es um Fachkräfte, gerade im Bereich Programmierer und Systemadministration und -entwicklung, geht. Von daher freue ich mich auf die weiterführende Diskussion. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Meyer! – Herr Stocksmeier, Sie haben das Wort. Bitte sehr! Dirk Stocksmeier (SIBB e. V.): Danke schön, Herr Vorsitzender! – Meine Damen und Her-ren! Ich freue mich, heute als Vertreter des SIBB e. V. zu Ihnen sprechen zu können. Zu-nächst kurz zu meiner Person: Hauptberuflich bin ich Vorstandsvorsitzender der init AG. Die init AG habe ich 1995 hier in Berlin gegründet, und heute haben wir hier am Standort etwa 200 Mitarbeiter, aber auch Niederlassungen außerhalb Berlins in Deutschland und internatio-nal in Delhi, Abu Dhabi und Brüssel. Ganz früh waren wir Mitglied im SIBB, denn der SIBB ist der Verband, in dem sich alle Unternehmen zusammentun, deren Herz für den Standort Berlin schlägt. Insofern freue ich mich, dass ich heute auch als Vorstandsmitglied des SIBB zum Thema „IT in der Hauptstadt“ zu Ihnen sprechen kann. Der SIBB wurde bereits in den Neunzigerjahren gegründet. Es gab auch vor der New Econo-my und vor der Start-up-Szene in Berlin schon eine IT. Es ist mir wichtig, dass das alle hier noch mal verinnerlichen, denn der große Teil der heute vorhandenen sozialversicherungs-pflichtigen und damit auch nachhaltig dem Standort nützenden Arbeitsplätze in der IT findet

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sind nicht unbedingt nur in den Trendthemen, sondern in den klassischen Bereichen der Soft-wareentwicklung und Dienstleistungen rund um die Software. So ist auch der große Teil der Mitglieder unseres Verbandes schon seit einigen Jahren aktiv. Wir freuen uns aber über den Schwung, der jetzt durch die vielen Gründungen im Bereich Digital Business in die Stadt ge-kommen ist. Die Unternehmen, die hier gründen, sind erst mal mit einer guten Idee unterwegs und versu-chen, erfolgreich zu sein und sich im Ergebnis vielleicht sogar international zu etablieren. Die haben natürlich viele Gründe, warum sie das hier in Berlin tun. Ein Grund ist die hohe Zahl an Fachkräften, und zwar nicht nur an Fachkräften, sondern auch an solchen, die bereits in Unternehmen aktiv sind. Das heißt, diese neuen Digital Start-ups kaufen dann auch eine gan-ze Menge ihrer Leistungen – sei es der Betrieb, sei es die Softwareentwicklung – bereits bei den bestehenden Unternehmen ein. Dass sie das so gut kennen, liegt daran, dass sie sich hier schon jahrelang miteinander vernetzt haben. Wir haben zum einen in der Region sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen. Wenn Sie mal die Zahlen nehmen: Bei, ich glaube, 44 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in der IKT im Jahr 2011 in über 4 000 Unternehmen ist die durchschnittliche Unternehmensgröße also round about 10. Das heißt, sie arbeiten arbeitsteilig zusammen, und eine Aufgabe unseres Verbandes ist es, die Unternehmen zu vernetzen und zusammenzubringen, damit sie ihr Wissen und ihre Erfahrun-gen austauschen und dann auch Kompetenznetze bilden können. Wir sind also die Plattform für die IT-Unternehmer hier. Gleichzeitig sind wir auch Ansprechpartner und, wie wir hoffen, auch guter Partner der wirtschaftspolitischen Akteure und auch des FuE- und Ausbildungs-sektors. Ich möchte auf zwei, drei Dinge kurz hinweisen, die wir in dem Verband machen, die viel-leicht für Sie wichtig sind. Zum einen ist ein ganz großes Thema für uns Human Resources – wir nehmen viel aus dem Englischen – oder auch das Thema Fachkräfte. Sie alle wissen, dass Berlin stark ist durch die vielen Universitäten. Wir produzieren auch eine ganze Menge an ICT-Fachkräften in der Region, aber nach Einschätzung vieler Unternehmen noch nicht ge-nug. Das heißt, eine Sache, die uns wichtig ist, ist, dass wir einmal sicherstellen, dass diejeni-gen, die hier studieren, auch Arbeitsplätze in der regionalen IT-Industrie annehmen, und zum anderen, dass wir auch attraktiv für den Zuzug aus dem Ausland sind. Dann ist uns auch die übergreifende Qualifikation wichtig. Das heißt, im Verband kümmern wir uns um neue Tech-nologiethemen, die alle Unternehmen betreffen, z. B. so etwas wie Cloud Computing. Davon haben Sie vielleicht alle schon gehört. Das ist so ein neuer Technologietrend. Wir versuchen dann, branchenübergreifend die Unternehmen zu qualifizieren. Ein grundsätzliches Problem dieser vielen kleinen Unternehmen in der Region ist, dass es meist Ingenieursunternehmen sind. Das heißt, sie sind von einem Informatiker oder einem vergleichbar qualifizierten Ingenieur gegründet worden. Das ist auch gut, wenn man eine gute Geschäftsidee hat. Wenn es dann aber ums Wachstum geht, braucht man noch weitere Kom-petenzen im Managementbereich, und da sehen wir – auch viele andere – ein gewisses Prob-lem in der Region. Aus den kleinen Unternehmen werden nicht immer ganz große. Wir wür-den uns natürlich freuen, wenn diese Unternehmen, die hier mal als Start-ups angefangen ha-ben, irgendwann auch zu Weltmarktführern werden würden oder könnten. Wir unterstützen das als SIBB durch Managementqualifikation, das heißt, wir versuchen, aus den Ingenieuren Manager und Unternehmer zu machen oder sie da zu begleiten, und tun das seit einigen Jah-

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ren sicher auch mit einigen Erfolgen. Aber, ich glaube, hier besteht auch noch Handlungsbe-darf.

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Ich würde gerne zu ein paar Punkten der derzeitigen Strategie kurz Stellung nehmen, die viel-leicht für Sie relevant sind. Als SIBB haben wir uns auch die Aufgabe gestellt, an der einen oder anderen Stelle die Stimme zu erheben, wenn wir denken, dass man etwas noch besser machen kann. Zum einen würde ich gern das Thema der Verknüpfung von Kreativ- und IT-Wirtschaft ansprechen. Es hat sich hier in Berlin als ganz normal etabliert, dass Kreativ- und IT-Wirtschaft zusammengehören. Ich kann das auch bis zu einem gewissen Punkt nachvoll-ziehen. Aber wenn Sie sich andere Bundesländer ansehen: In den meisten ist das nicht der Fall. Die IKT wird besonders bearbeitet, weil sie wichtig ist, und hat auch einen eigenen Cluster. Wir würden das auch für Berlin empfehlen. Natürlich kann man die IT mit allen möglichen anderen Dingen zusammentun, z. B. mit der Energiewirtschaft, denn ohne Strom funktionieren Computer ja auch nicht. Aber aus Sicht der meisten Unternehmen ist diese Ver-knüpfung von IT- und Kreativwirtschaft künstlich und verwirrt auch letztendlich, wenn es darum geht, den Blick auf das Wesentliche zu haben. Dann würde ich gern noch etwas dazu sagen, welchen Fokus der Berliner Senat oder Sie alle haben sollten, wenn Sie auf die IKT gucken. Ich habe es eben schon angesprochen: Es gibt die Start-up-Szene, die unglaublich wichtig ist und eine tolle Dynamik nach Berlin bringt. Aber es gibt eben auch die große Zahl der etablierten IKT-Firmen, und da liegt aus unserer Sicht auch ein sehr großes Wachstumspotenzial. Auch wenn die kleinen Unternehmen, die Start-ups, mal gegründet sind, müssen sie natürlich irgendwann über die Drei- bis Fünfmann-größe hinaus. Es ist wichtig, dann auch da anzusetzen und nicht zu sagen, man macht so eine Start-up-Maschinerie, und sobald die drei bis fünf Mitarbeiter haben, werden sie aus dem Fo-kus verloren, und dann geht es wieder vor vorne los. Insofern glaube ich, wenn Sie Ihre Akti-vitäten hier neben der Gründungsstrategie um Wachstumsstrategien erweitern wollen, wäre die Frage, die Sie sich stellen könnten: Was können wir tun, um aus den kleinen Unternehmen hier in der Region große zu machen? Mögliche Maßnahmen wären die Förderung von Innovationen in den Unternehmen. Ich halte es für sehr wichtig, dass Innovationsförderung nicht nur im Wissenschaftsbereich stattfindet, sondern dass konkret auch die kleinen Unternehmen, wenn sie aus ihren ersten Ideen Produk-te machen, ausreichend Innovationsförderung erhalten. Die Vernetzung von Unternehmen ist aus unserer Sicht wichtig. Auch hier könnte das eine oder andere mehr passieren. Über das regionale oder deutsche Geschäft hinaus kann man nur Weltmarktplayer generieren, wenn die auch im Weltmarkt aktiv sind. Das heißt, wir glauben, dass einiges zu tun ist, um die Unter-nehmen zu unterstützen, damit sie internationalisieren können. Jetzt habe ich noch einige an-dere Punkte, aber da meine Redezeit ja begrenzt ist, würde ich es dabei erst mal belassen. – Danke schön! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Stocksmeier! – Dann setzen wir fort. – Herr Bruns, Sie haben das Wort! Wilken Bruns (Startupbootcamp): Danke schön! Vielen Dank für die Gelegenheit, heute hier zu sprechen! – Mein Name ist Wilken Bruns. Ich bin in Afrika aufgewachsen, habe in Maast-richt Unternehmertum und Verhaltensökonomie studiert und für das universitäre Gründer-zentrum dort ein Supportprogramm für Start-ups aufgebaut und unterrichtet. Seit Oktober 2011 bin ich glücklicher Berliner. Ich habe mehrere Start-up-Veranstaltungen initiiert und organisiert. Die letzte war das Start-up-Camp Berlin 2012 für den gemeinsamen Entrepre-neurs Club Berlin und das media.net Berlin-Brandenburg. Kurz danach habe ich Startupboot-

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camp Berlin mitgegründet. Startupbootcamp wird in der Fachsprache ein Accelerator genannt, übersetzt heißt das Beschleuniger. Das heißt, wir beschleunigen in drei Monaten den Prozess, den Start-ups in einer sehr frühen Phase durchlaufen, sodass die in den drei Monaten so viel erreichen wie normalerweise in einem Jahr. Das machen wir mit der Hilfe von Hunderten freiwilliger Mentoren, alles erfahrene Gründer und Experten, die fast täglich vorbeikommen, um ihren Rat zu geben und ihr Netzwerk zu öffnen. Die Start-ups bekommen außerdem Räumlichkeiten gestellt sowie 15 000 Euro, was wir in der Fachsprache „Pizzamoney“ nen-nen, also nur dazu dient, dass die Start-ups während der drei Monate überleben können. Am Ende dieses Programms organisieren wir einen sogenannten Demoday, wo unsere Start-ups vor 300 Investoren ihre Idee vorstellen, um eine ordentliche Frühphasenfinanzierung zu be-kommen, die normalerweise in der Größenordnung zwischen 150 000 und 1 Million Euro liegt. Wir nehmen für diese Leistung 8 Prozent Anteile an den Start-ups und sind daher recht-lich gesehen ein Investor, sehen uns selber jedoch als Mitgründer. Uns gibt es in Amsterdam, Haifa, Dublin, Kopenhagen und Berlin. Kurz zu unseren Start-ups: Wir wählen jedes Jahr aus ca. 400 bis 500 Bewerbungen zehn Start-ups pro Stadt aus. Die Unternehmer und Unternehmerinnen sind zwischen 21 und 50 Jahre alt und kommen aus den USA, Australien, England, Frankreich, Österreich, Italien, Norwegen, Holland und Deutschland. Wir nehmen Teams aus jeder Branche. Es muss ein Team von mindestens zwei Leuten sein, und die Idee muss international skalierbar sein. Durch unsere starke Selektion ziehen wir also viele hochtalentierte Menschen nach Berlin. Sieben der zehn Start-ups wollen hier in Berlin bleiben. Die Frage stellt sich, warum sie blei-ben und was man machen kann, damit dies auch so bleibt. Zu der Entwicklung der IT-Wirtschaft gehört ein gesundes Ökosystem für Start-ups. Wenn ich von Start-ups rede, meine ich technologiebasierte, wachstumsorientierte und weltweit ska-lierbare junge Firmen, die Jobs schaffen, Kapital in die Stadt bringen, Talente anziehen und durch Innovationen für Berlin und Deutschland einen Riesenmehrwert schaffen. Dem Start-up-Ökosystemreport zufolge, einer Studie, die vom Start-up Genome Project durchgeführt wurde, liegt unser Ökosystem im Durchschnitt weltweit auf Platz 15 von 20 Städten. Viele europäische Standorte liegen vor uns. Trotzdem wird Berlin in der Öffentlichkeit neben Lon-don als der Ort für Start-ups in Europa schlechthin gehandelt. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass Berlin einer der vielversprechendsten Standorte in Europa ist. Laut dem Trendset-terindex dieses Start-up-Ökosystemreports sind wir auf Platz 5. Dieser Trendsetterindex zeigt, wie schnell Technologie, Managementprozesse und Businessmodelle adaptiert werden. Schaut man sich jedoch den Supportindex an, der die Gegenwart von Mentoren, Dienstleis-tungen und Finanzierungsquellen misst, oder den Mindsetindex, der das wachstumsorientierte unternehmerische Denken misst, liegen wir ganz hinten. Was heißt das für Berlin? – Wir sind ein junges Ökosystem, das viel Potenzial hat. Es müssen jedoch weiterhin die Bedingungen geschaffen werden, welche jetzt verstärkt die frühe Phase dieses Ökosystems unterstützen und somit den Nährboden für ein weiteres wirtschaftliches Standbein in Berlin erhalten. Dieser Nährboden braucht in solch einer frühen Phase vor allem Mentoren, die selber Start-ups gegründet haben oder Experten in relevanten Feldern sind, Business-Angels, die im Vergleich relativ kleine Summen zwischen 20 000 und 100 000 Euro investieren, sowie nationale und internationale Talente, die hier entweder Firmen gründen oder in Start-ups arbeiten. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen mit dem Ökosys-tem wachsen. Das heißt, wenn Berlin in Zukunft mehrere erfolgreiche Start-ups vorzeigt, die

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zu Firmen aufwachsen, müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit diese Firmen auch hier bleiben. Das mag heißen, dass die technische Infrastruktur verbessert wird, genügend Talente, vor allem Entwickler vorhanden sind und vor allem auch große Investitio-nen gemacht werden können. Berlin hat die Chance, als ressourcen- und industriearme Stadt ein Vorreiter in Deutschland zu werden, wenn in Zukunft Ressourcenknappheit ein drängen-deres Thema wird. Man braucht nur einen Laptop, einen Internetanschluss und drei motivierte Menschen, um ein Start-up zu gründen, das den Weltmarkt bedienen kann mit dem Potenzial, in Zukunft nicht nur Arbeitsplätze aufzubauen, sondern durch Innovationen auch die Effizienz unserer Wirtschaft zu steigern. Welche Probleme stehen dem noch im Wege? – Ein wichtiger Punkt sind die steigenden Wohnungspreise. Wie es aussieht, wird es schwer, dies zu verhindern. Jedoch müssen Sie sich im Klaren sein, dass das Ökosystem sich noch in einer so frühen Phase befindet, dass die Le-benshaltungskosten sich schneller erhöhen werden, als die Start-up-Szene mithalten kann. Somit läuft man Gefahr, dass das Ökosystem abgedrosselt wird, bevor es sich weiterentwi-ckeln kann. Um dem entgegenzuwirken, gäbe es z. B. die Möglichkeit, Wohnungen für Un-ternehmer zu stellen, wie es z. B. auch bei Künstlern gemacht wird mit den Künstlerresiden-zen. Daran kann man sich ein Beispiel nehmen und für Unternehmer Ähnliches aufbauen. Das knüpft an einen weiteren Punkt an: Bauen Sie die Barrieren ab, die es Unternehmern und Talenten aus der ganzen Welt erschweren, nach Berlin zu kommen! Berlin ist wahnsinnig international und somit für talentierte Ausländer sehr attraktiv. Jedoch sind Informationen für Ausländer noch nicht einfach genug erhältlich und verständlich. Das betrifft Einwanderung, aber auch finanzielle Unterstützung und Investitionen. Des Weiteren haben wir noch zu wenig Entwickler in der Stadt. Ähnlich wie Unternehmerresidenzen können Entwicklerresidenzen ein Mittel sein, um Barrieren zu verringern. Ich bleibe mal bei unseren Institutionen: Verbessern Sie das Verständnis unserer Institutionen über die Arbeitsprozesse und Bedürfnisse von Start-ups! Wer heute mit einem Unternehmer-visum nach Deutschland kommen will, wer öffentliche Gelder anzapfen oder sich ein Darle-hen von der Bank holen will, muss erst mal einen ausführlichen Businessplan schreiben. Wenn man jedoch weiß, wie Start-ups am besten arbeiten, weiß man, dass es vor allem in der Anfangsphase darum geht, auszuprobieren, flexibel zu sein und sich konstant dem Markt an-zupassen. Das könnte heißen, dass man morgen in einem ganz anderen Geschäftsbereich tätig ist und somit der Businessplan von gestern nicht mehr relevant ist. Ein anderes Beispiel sind die Zahlungsprozesse, die von Finanzinstitutionen erschwert werden. Die BaFin verhindert im Moment, dass Zahlungsprozesse von Onlineunternehmen effizient gestaltet werden können. Ein Beispiel ist das erfolgreiche Airbnb. Dort stellen Privatpersonen ihr Zimmer oder ihre Wohnung online, um sie für einen limitierten Zeitraum anzubieten. Airbnb nimmt hierfür eine Zahlung vom Gast entgegen und gibt davon 90 Prozent an den Anbieter der Wohnung ab. Dem Gesetz zufolge müsste Airbnb sich jedoch als Bank anmelden oder mit einer Bank zu-sammenarbeiten, um solche Methoden anzuwenden. Diese Zahlungsmechanismen benutzen Hunderte von Start-ups, die sich nun alle überlegen, z. B. nach England zu gehen, wo diese Zahlungsmöglichkeiten absolut akzeptiert sind. Ebenso wichtig ist es, Bildungsinstitutionen zu belehren. An Universitäten werden Studenten ausgebildet, um in großen Konzernen zu arbeiten, jedoch bedarf die Gründung von Internet-firmen speziellen Wissens, welches noch nicht genug unterrichtet wird. Das bringt mich zu

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meinem nächsten Punkt, Ausbildung: Stärken Sie den Nährboden für Start-ups, indem Sie Unternehmertum in die Schulen und Universitäten bringen, und fördern Sie dort die Fachbe-reiche, die für Start-ups notwendig sind, z. B. Entwickler oder Designer! Die bestehenden Lehrgänge in diesen Bereichen bieten noch nicht das nötige Know-how an, um in ein Start-up einzusteigen oder eins zu gründen, sondern eher, um bei SAP oder einer großen Werbeagen-tur zu arbeiten, die andere Bedürfnisse haben. Bringen Sie Start-ups in die Schulen! Fangen Sie hier ganz früh an! Kinder haben einen we-sentlich besseren Zugang zu Firmen wie Facebook, Google oder Youtube als zu Siemens oder Bosch. Sprachbarrieren oder schlechte Noten sind in der Internetbranche ein wesentlich klei-neres Problem, da man sich nirgends bewerben muss und in Berlin auch eine Internetfirma aufbauen kann, die z. B. den türkischen Markt bedient. Genauso wichtig wie Schnittstellen zwischen Universitäten und Unternehmertum sind die Schnittstellen zwischen Industrie und Start-ups. Es gilt, hier ein Ökosystem aufzubauen, das auf der vorhandenen Kreativbranche aufbaut, darüber hinaus jedoch auf die Stärken der deutschen Industrie setzt. Dort liegt meines Erachtens großes Potenzial, wenn wir nicht nur Kühlschränke und Autos in Stuttgart bauen, sondern in Zukunft hier in Berlin die Apps und Software, die diese Geräte bedienen. Als vorletzten Punkt habe ich die Frühphasenfinanzierung von Unternehmen, die hier in Ber-lin noch fehlt, das heißt die Spanne von 20 000 bis 150 000 Euro. Es ist wahnsinnig schwer, als Start-up von Banken ein Darlehen zu bekommen. Kulturell bedingt zeigt man in Deutsch-land nicht gern, wenn man Geld zum Investieren hat. Somit ist es schwierig, die sogenannten Business-Angels zu finden. Hier ist es wichtig, diesen Menschen die nötige Motivation und das Know-how zu geben, in Start-ups zu investieren. Schauen Sie sich hier das extreme Bei-spiel von Großbritannien an: Wenn ein Business-Angel in Großbritannien 100 000 Pounds investiert, kann er bis zu 78 000 Pounds von seiner Einkommenssteuer abziehen. Das heißt, es kostet ihn nur 22 000 Pounds, um ein 100 000-Pounds-Investment zu tätigen. Darüber hinaus kann er, wenn das Investment in die Hose geht, 100 Prozent des Betrags von der Einkom-menssteuer abziehen. Zu guter Letzt werden die potenziellen Gewinne nur zu 50 Prozent be-steuert. Wir brauchen in Deutschland ähnliche Vorteile, da wir und ähnliche Programme sonst unseren Start-ups raten müssen, dass sie den Hauptsitz ihrer Firma in England gründen sollen. Mein letzter Punkt bezieht sich auf die Internationalisierung. Unterstützen Sie die Internatio-nalisierung der Start-ups! In Amerika sind einzelne Investitionen wesentlich größer als in Eu-ropa, da dort Start-ups ohne rechtliche und sprachliche Barrieren einen Riesenmarkt erschlie-ßen können. In Deutschland ist dies anders. Auf der einen Seite haben die deutschen Unter-nehmer noch nicht die Aspiration, sich zu internationalisieren, und auf der anderen Seite ist es in Europa durch rechtliche, kulturelle und sprachliche Unterschiede sehr teuer, den ganzen europäischen Markt zu erschließen, obwohl dies rein praktisch durch das Internet kein Prob-lem mehr sein sollte. Sie können sich also dafür einsetzen, diese Kosten zu mindern, z. B. durch Subventionen für Übersetzungen, Anwaltskosten oder Daten, die für die Internationali-sierung nötig sind, und somit den Prozess günstiger machen. – Vielen Dank! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Bruns! – Zum Abschluss der Runde Herr Kaminiski – bitte sehr! Peter Kaminski (Betriebsrat STRATO AG): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Peter Kaminski, Vorsitzender des Betriebsrats der STRATO AG. Die STRA-

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TO AG gibt es seit rund 14 Jahren, sie ist an der Ecke Kurfürstendamm/Giesebrechtstraße mit 23 Mitarbeitern gegründet worden. Vielleicht fällt Ihnen aus dieser Zeit noch „mein-wunschname.de“ ein. Daraus hat sich mittlerweile ein gesundes mittelständisches Unterneh-men entwickelt. Wir bieten Dienstleistungen rund um das Internet an, von der einfachen In-ternetadresse bis zu recht ordentlichen E-Shop-Systemen, eigenen Servern, virtuellen Servern und auch der vorhin schon genannten Cloud. Wir sind seit gut zwei Jahren eine hundertpro-zentige Tochter der Deutschen Telekom AG und beschäftigen mittlerweile rund 500 Mitarbei-ter hier am Standort Berlin. Wir betreiben zwei Rechenzentren und ein recht großes leistungs-fähiges Callcenter. Da wir auch international tätig sind, haben wir auch eine sehr gemischte Belegschaft, Niederländer, Mitarbeiter aus Großbritannien, Russland, Indien, Spanien – sehr viel – und Italien. Es ist eine ganze Menge. Wo liegen unsere Probleme? – Wir bemühen uns, in diese tolle Stadt Berlin richtig miteinzu-zahlen. Wir arbeiten sehr intensiv mit unseren jungen Menschen in der Ausbildung. Das ist u. a. vom Regierenden Bürgermeister auch mal mit dem Titel „Bester Ausbildungsbetrieb“ gewürdigt worden. Wir haben mehrere Ausbildungsasse erhalten, versuchen also, auf der Strecke unseren eigenen guten Nachwuchs mit heranzuziehen, sehen aber die Probleme, die damit eigentlich auch in dieser gut funktionierenden Start-up-Szene, die hier mehrfach ge-nannt worden ist, Probleme, die daraus resultieren, dass aus meiner Sicht Sie als Entscheider in der Politik Voraussetzungen schaffen müssen, dass das auch erfolgreich weitergehen kann. Vorhin ist hier schon das Problem der steigenden Mieten angesprochen worden. Mir ist voll-kommen klar, dass wir noch lange nicht Frankfurt oder München erreicht haben, aber wenn wir uns angucken, mit welchen Problemen unsere Mitarbeiter zu kämpfen haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden, um dann auch ihre qualifizierte Arbeit im Unternehmen leisten zu kön-nen, dann wird es immer problematischer. Ich habe den Eindruck, die Schnelligkeit, mit der bei uns in der Stadt solche Probleme wachsen, die Mieten steigen – da sind wir deutlich schneller geworden, als man das in Frankfurt oder München verfolgen kann. Das ist aber ein Problem. Die Leute sollen sich auf eine Arbeit konzentrieren, sollen dort Höchstleistungen bringen. Da wird eine ganze Menge verlangt. Im Gegensatz dazu wird leider nicht ganz so gut gezahlt. Wir haben das Problem, dass da unbedingt was passieren muss. Es geht um die Rahmenbedingungen, damit unsere Mitarbeiter vernünftig anfangen können. Das fängt bei einem pünktlichen Bus an. Stellen Sie sich bitte vor: Wenn ein Mitarbeiter in einem Callcenter vom Dienstplan her um 8.30 Uhr da sein muss, ist es für ihn mehr als blöd, sage ich mal, wenn er die Wahl hat, eine Dreiviertelstunde eher loszugehen, um sicherzustel-len, dass er tatsächlich dann seinen Dienst im Callcenter antreten kann, weil er für jede Minu-te, die er später kommt, berechtigterweise Ärger kriegt, weil mein Arbeitgeber davon ausgeht, dass ein Mitarbeiter, der ab 8.30 Uhr eingeplant ist, dann auch für den Support zur Verfügung steht. Wenn dann aber drei Busse ausgefallen sind oder so unregelmäßig fahren, dass er keine Chance hat, verringern sich wieder die Möglichkeiten, ein vernünftiges Work-Life-Balance zu entwickeln, weil er gar nicht in der Lage ist, sich zu Hause um seine Kinder oder sonst was zu kümmern, weil er eigentlich nur noch im Unternehmen oder in der Bahn hängt. Also das sind einige Bedingungen, die aus meiner Sicht auch durch Sie ganz detailliert steuerbar sind. Da sollte man versuchen, Einfluss zu nehmen. Wir rühren uns an der Stelle, wir versuchen auch, die entsprechenden Unternehmen anzusprechen. Denken Sie in dem Zusammenhang bitte auch an das weitere soziale Umfeld! Gott sei Dank sind wir ein Unternehmen mit vielen jungen Mitarbeitern. In unserem Unternehmen sind,

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glaube ich, mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter zwischen 25 und 35 Jahre alt. Damit liegen wir deutlich unter dem Altersdurchschnitt der Deutschen Telekom. Aber da hat man eben festgestellt: Kinder sind was Wunderschönes, Kinder müssen aber auch vernünftig unterge-bracht werden können, wenn ich parallel dazu einen Job ausüben möchte. – Da wird es dann auch wieder problematisch. Versuchen Sie, die Entwicklung der Kitabetreuungskosten im Griff zu behalten, damit das auch für Mitarbeiter machbar ist, die leider in einigen Bereichen nicht so gut bezahlt werden, wie ein ordentlicher Programmierer oder Entwickler bezahlt wird. Auch das haben wir bei uns im Unternehmen, aber es muss auch für die Masse bezahl-bar und erreichbar sein, denn sonst kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Leute sich ent-scheiden: Es geht nicht, ich muss mir eine andere Ecke suchen. Dann haben wir auch die Entwicklungsmöglichkeiten, die diese supertolle Stadt Berlin bietet mit dieser Szene, die sich hier entwickelt hat, die weltweit dafür bekannt ist und langsam auch berühmt wird – das muss erhalten werden. An der Stelle sehe ich auch Ihre Verantwortung als Politiker, dass man da die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft. Dann ist es auch die-sen Unternehmen möglich, im Umkehrschluss bei vernünftigen Bedingungen möglicherweise tarifgerechte Löhne zu zahlen. Wir haben leider das Pech, dass wir noch nicht tarifgebunden sind. Aber da sage ich ganz deutlich: Es ist nicht Ihre Aufgabe, sich darum zu kümmern. Es ist mein Job als Betriebsratsvorsitzender, dass ich da irgendeine Einigung mit dem Arbeitge-ber hinkriege. Aber ich sehe viele Möglichkeiten, wo Sie als Politikerinnen und Politiker Ein-fluss nehmen können, und es wäre schön, wenn man da zu weiteren Ergebnissen kommt. – Danke schön! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Kaminski! Das war jetzt schon weit über das Thema hinaus, aber wir haben alle, glaube ich, interessiert zugehört. Wir treten dann in die Aussprache ein und beginnen mit der CDU-Fraktion, mit dem Kollegen Braun. – Bitte sehr, Herr Braun! Michael Braun (CDU): In einer Anhörung habe ich zunächst einmal Fragen. Ich finde es richtig, was Sie angesprochen haben: dass man IT- und Kreativwirtschaft voneinander trennt, weil es, glaube ich, auch ganz unterschiedliche Bereiche sind. Da würde mich das mal inte-ressieren: In der Kreativwirtschaft kenne ich mich besser aus als bei Ihnen. Da ist es so, dass die Hälfte der Start-ups im Regelfall nicht länger als ein Jahr durchhält. Dann sind sie platt und gehen vom Markt, insolvent, wie auch immer. Die halten also kaum ein Jahr durch. Ich weiß nicht, wie es bei IT ist und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir dazu etwas sagen könnten. Der zweite Punkt, der mich interessiert, sind die Beschäftigungsverhältnisse. Ich stelle immer wieder fest, dass sowohl im IT- als auch im Kreativbereich zwei, drei Leute in einer Firma halbwegs anständig bezahlt werden und der Rest der Arbeit vollgestopft wird mit Praktikan-ten, die froh sind, wenn sie 500 Euro im Monat kriegen, mit der Aussicht, in anderthalb oder zwei Jahren übernommen zu werden. Und dann nimmt man den nächsten Praktikanten, den man wieder für 500 Euro beschäftigt. Das heißt, die Beschäftigungszahlen, die es dort gibt, sind im Regelfall fiktiv, weil die Arbeit zum großen Teil mit Praktikanten geleistet wird. Ich möchte wissen, ob das auch Ihre Beobachtung ist. Das hat natürlich dann auch wieder Konse-quenzen für Weiteres – das soziale Umfeld ist angesprochen worden –, Wohnung und Ähnli-ches. Wir brauchen nicht über Wohnungen zu reden, wenn die sowieso nur 500 Euro im Mo-nat haben und im Regelfall von Papas oder Mamas Portemonnaie leben.

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Der dritte Punkt, der mich interessieren würde, ist die Verknüpfung mit der Forschung. Wir haben ja in Berlin eine riesige Forschungslandschaft und übrigens auch eine große wissen-schaftliche Landschaft. Wir haben Hilfe durch die Universität, wenn sich aus der Universität heraus Unternehmen gründen, die häufig auch ein Interesse haben, in der Nähe der Universität angesiedelt zu sein. Da wollte ich gern von Ihnen wissen, wie Ihre Verbindung zu den wis-senschaftlichen Einrichtungen ist – nicht nur zu denen auf der blauen Liste, sondern auch an-deren, Helmholtz-Institute, Fraunhofer-Institute usw. –, auf der anderen Seite zu den Univer-sitäten, wie da Ihre Kooperationen sind. Nächster Punkt, Joint- oder Capital-Ventures: Ich höre aus der Branche, dass jedenfalls in dem Bereich Kreativwirtschaft fast gar nichts oder zu wenig getan wird, erst recht im Ver-hältnis zu anderen, insofern auch die Verhältnisse in der Bundesrepublik, wenn man sie in Relation zu den Vereinigten Staaten setzt, sehr unterschiedlich sind. Wir sind da sehr unter-durchschnittlich. Die Frage ist, was die Politik tun kann, um da bessere Kontakte herzustellen. Mir wird jedenfalls von solchen Firmen immer wieder erzählt, dass es im Regelfall nicht att-raktiv ist, dort zu helfen. Es gibt einige wenige, und häufig – sagen wir es mal so – haben die auch noch nicht einmal einen besonders guten Ruf. Ich will das jetzt nicht vertiefen. Der nächste Punkt, der mich interessiert: Es gibt ja bei der IBB Hilfen für Start-ups. Können Sie etwas dazu sagen? Wie werden die angenommen aus Ihrer Sicht? Ich höre da eher Positi-ves und Gutes, aber ich würde gern aus Ihrer Arbeit wissen, wie da die Verbindungen, wie die Hilfen sind, wie die Betreuung ist und vieles andere mehr. Letzter Punkt: Ich stelle immer wieder fest, dass in dem Bereich insbesondere gar nicht so sehr die Kreativen in der IT-Branche nicht gefunden werden, sondern dass es zu wenige Techniker gibt, die immer wieder gebraucht werden, insbesondere von jüngeren Unterneh-men, von Start-up-Unternehmen, was dann im Ergebnis dazu führt, dass die das häufig nicht machen können, weil sie mit den Größeren nicht konkurrieren können und auf dem Markt der sehr wenigen Techniker immer Zweiter sind, weil die dann doch lieber dorthin gehen, wo sie besser bezahlt werden. Das können im Regelfall renommierte und etablierte Gesellschaften besser als Start-up-Unternehmen. Wenn die sich also solche Techniker einkaufen wollen für ihre Dienstleistungen, können sie nicht konkurrieren, und das ist ein großes Problem. Auch dazu hätte ich gern von Ihnen etwas gehört. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Kollege! – Als Nächste – für die SPD-Fraktion – Frau Dr. Czyborra, bitte! Dr. Ina Czyborra (SPD): Vielen Dank! – Erst einmal an alle vielen Dank für die Ausführun-gen, für die z. T. hochinteressanten Vorschläge, die wir hier gehört haben, für Maßnahmen, die wir ergreifen könnten. Meine Fragen richten sich überwiegend an Herrn Bruns. Sie hatten gesagt, dass Sie ungefähr 500 Bewerbungen haben, aus denen Sie dann einige auswählen. Da würde mich interessieren: Wie ist da die Struktur? Sind es nur so wenige Vorschläge, die Po-tenzial haben, oder würden Sie sagen, von diesen 500 könnte man auch gut und gerne 400 fördern, wenn man die Möglichkeiten hätte? Was mich dann auch noch interessiert, ist die Verteilung von Männern und Frauen. Wie sieht es da aus? Können Sie große Unterschiede feststellen zwischen diesem Standort Berlin und

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den Standorten außerhalb Deutschlands, die Sie auch noch betreuen? Wenn das der Fall sein sollte, würden mich noch die Gründe interessieren. – Danke! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank! – Dann Bündnis 90/Die Grünen, der Kol-lege Birk. Frau Ludwig ist noch da, aber es gibt sicherlich keine Einwände, dass Herr Birk jetzt spricht. – Bitte sehr, Herr Kollege! Thomas Birk (GRÜNE): Da Frau Ludwig jetzt gehen muss, habe ich auch noch ihre Fragen mitgenommen. Dann kann ich auch die Antworten entgegennehmen. Aber ich habe selber viele Fragen. – Vielen Dank auch den Anzuhörenden! Ich freue mich sehr, dass das Thema jetzt so im Fokus steht. Ich bin ja schon seit 2005 im Abgeordnetenhaus, ich war zeitweilig auch hier im Wirtschaftsausschuss, jedenfalls immer dann, wenn dieses Thema dran war. Es war aber fast nie dran. Ich glaube, wir haben hier einmal über den Kulturwirtschaftsbericht gesprochen, leider weniger mit dem Schwerpunkt Softwarebranche, sondern insgesamt über den Kulturwirtschaftsbericht, und da waren die Kulturleute auch geladen. Im Ausschuss – damals noch – für Verwaltungsreform haben wir in den ganzen Jahren, in denen ich drinsaß, zweimal über das Thema IT-Wirtschaft gesprochen. Das ist reichlich wenig dafür, dass wir hier schon länger eine solch boomende Branche haben. Deswegen freut es mich, dass jetzt der Schwerpunkt so gesetzt ist. Man kann schon sagen, dass der Senat hier im letzten Jahr auch andere Zeichen nach außen setzte als in der Vergangenheit. Das ist zunächst mal erfreulich. Ich bedauere, dass die von uns benannte Anzuhörende nicht kommen konnte, denn dann hätte wenigstens ein weibliches Wesen hier vorne gesessen. Dazu komme ich später noch. Insgesamt wollten wir erst mal fragen, ob die Wettbewerbsfähigkeit hier aus Ihrer Sicht gege-ben ist, auch was die Infrastruktur angeht, z. B. Breitbandausbau usw. Dann haben Sie, Herr Stocksmeier, angesetzt, etwas zur Innovationsförderung zu sagen, meinten aber, Sie hätten dazu noch sehr viel mehr zu sagen und sehr viel mehr Ideen. Die würden wir natürlich gern hören, wenn Sie dazu noch mal Ausführungen machen könnten. Das schließt an die Frage an, wie hoch der Anteil des Landes Berlin an der Erfolgsstory, die wir gerade hier in Berlin in Sachen Start-ups beobachten können, aber auch der ganzen IKT-Branche überhaupt von den Anzuhörenden eingeschätzt wird. Wie hoch würden Sie den Anteil von Berlin Partner oder der IHK oder anderen Förderinstrumenten sehen? Sind die wirklich bisher bedeutend gewesen für Sie und Ihre Branche, oder hinken die teilweise doch auch ein bisschen den Entwicklun-gen hinterher? – Aus meiner Sicht ist es jedenfalls so. Wir haben ja Fortschritte wie den Zu-sammenschluss „Amt24“. Da würde sich meine Frage anschließen: Wie beurteilen Sie die Auftragslage, die durch das Land Berlin, die Berliner Betriebe, die nachgeordneten Einrich-tungen usw. in die Branche geht? Da haben wir doch oft die leidige Erfahrung gemacht, dass dann irgendwelche Branchenführer aus anderen Ländern oder auch Erdteilen vielleicht den Vorrang haben. Dann komme ich zu unserem Lieblingsthema Open Source. Da gibt es oft schon bei der Aus-schreibung das Problem, dass die Open-Source-Branche, die auch hier in Berlin zahlreich vertreten ist, u. U. den Kürzeren zieht.

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In der Verbindung komme ich auch gleich zum Thema Transparenz und Open Data. Wie Sie möglicherweise wissen, haben wir schon im Sommer letzten Jahres ein Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz nach dem Hamburger Vorbild, aber auch in Verbindung mit dem hier schon bestehenden Informationsfreiheitsgesetz vorgelegt, was insbesondere für die Wirtschaft in dem Punkt interessant ist, in dem wir ausdrücklich schreiben: Die Nutzung, Weiterverwen-dung und Verbreitung der über das Informationsportal zugänglichen Informationen sind frei, sofern höherrangiges Recht oder spezialgesetzliche Regelungen nichts anderes bestimmen. – Würde eine solche Regelung der Branche entgegenkommen, weil die öffentlichen Daten, wenn sie zur Verfügung gestellt würden, tatsächlich kostenlos nachnutzbar wären? Das auch vor dem Hintergrund, dass wir jetzt leider feststellen müssen – das geht ein bisschen mehr in Richtung Senat –, dass der Aufschwung, den wir in Sachen Open Data hatten, doch sehr zum Stillstand gekommen ist. Wir haben gerade aktuell noch mal auf das Open-Data-Portal in Ber-lin geguckt. Das hat sich praktisch seit einem Jahr kaum verändert. Da ist Stillstand angesagt. Die Verwaltungen haben offensichtlich einen Schreck, vielleicht auch vor Hamburg, bekom-men, was auf sie zukommt. Jedenfalls bedauern wir sehr, dass sich das nicht weiterentwickelt, denn das könnte der Branche zur App-Entwicklung usw. zum Vorteil gereichen. Wir hatten auch den Vorschlag gemacht, z. B. mehr Verkehrsdaten ins Portal zu stellen, wo Sie gerade sagten, wie wichtig es ist, pünktlich zur Arbeit zu kommen. Wenn man in Echtzeit die Verkehrsströme, z. B. der BVG, beobachten könnte, was ja technisch möglich ist, dann könnte man sich zumindest als findiger IT-Mensch sehr schnell einen Überblick verschaffen, wie man pünktlich zur Arbeit kommt und welche Wege man dafür benutzten müsste. Eine letzte Frage, die an meine erste Bemerkung anknüpft: Sie sind alle männlichen Ge-schlechts, und wir haben in der Branche das Problem zu beobachten, dass gerade in den vie-len Firmen, die sich jetzt erfolgreich gerieren, Frauen oft in der Minderheit sind. Wir bedau-ern das sehr, weil diese neue Branche sehr wichtig und eine Zukunftsbranche ist, dass so eine Zukunftsbranche so männlich dominiert ist. Gibt es in den Unternehmen oder auch von Ver-bandsseite Bemühungen, das in der Nachwuchsförderung – Sie haben die Schulen angespro-chen, das kann sehr früh beginnen – aktiv zu ändern, oder wird das sozusagen klaglos hinge-nommen? Ich hoffe sehr, dass Sie Initiativen, vielleicht zusammen mit der Politik, ergreifen, damit diese Zukunftsbranche nicht der Hälfte der Bevölkerung verschlossen bleibt. Ein Letztes noch: Die Internationalität konnte ich selbst schon immer sehr beobachten. Immer wenn man sich mit Leuten aus der Szene trifft, wird fast nur noch englisch gesprochen, weil es die Sprache der Branche ist. Auch da ist die Situation in Deutschland eigentlich so gege-ben, dass der Nachwuchs, der hier geriert wird, sprachlich mithalten kann. Die sprachliche Förderung finde ich zum Mithalten in der Branche sehr wichtig, gerade wenn es um Fachter-mini geht, die nicht jedem geläufig sind, der braves Schulenglisch genossen hat. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Danke, Herr Kollege Birk! – Kollege Jahnke, bitte! Frank Jahnke (SPD): Danke, Herr Vorsitzender! – Es sind schon einige wichtige Punkte gesagt worden, insbesondere zu dem, was Herr Stocksmeier sagte, dass Kreativ- und IT-Wirtschaft nicht unbedingt in einem Atemzug genannt werden sollen. Dass wir dies tun, hängt auch mit den Clustern zusammen, wie wir sie hier auffassen, IKT als Cluster. Wir haben dies früher mehr nach Kompetenzfeldern, nach technologischen Feldern gegliedert, und aus dem Grund haben wir das stärker auf die Tagesordnung gesetzt, weil uns dieser technologische

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Teil mehr interessiert. Aber ist ähnlich wie bei dem Gesundheitscluster. Man hat dort eine Breite von Tätigkeiten, die darunter fallen, und dies ist immer nur zu einem Teil z. B. indust-riebedingt, wenn ich jetzt den industriebedingten Teil hier mal in den Fokus rücke. Herr Bruns hat so schön gesagt: in einer industriearmen Stadt wie Berlin. – Wir sind zum Glück ein Stück weit darüber hinaus, dass wir uns damit abfinden würden, eine industriearme Stadt zu sein. Sicherlich, da haben Sie recht, gibt es nach wie vor eine Industrielücke, aber keines-wegs wollen wir auf Dauer nur die soften Dinge machen, und alles, was richtige Fertigung industrieller Art betrifft, findet woanders statt. Sie haben den Kühlschrank erwähnt, der dann vielleicht in Stuttgart produziert wird, das Auto oder Ähnliches. Es ist in Ordnung, dass wir die Wertschöpfungskette in Berlin in absehbarer Zeit nicht schließen werden, dass der Kühl-schrank wieder hier gefertigt wird. Das hatten wir mal und ist leider gerade erst beendet wor-den, bei BSH zum Beispiel. Aber wir haben auch hier Wertschöpfungsketten, die meines Erachtens schon relativ weit entwickelt sind. Deshalb sprechen wir hier von einem Cluster. Da möchte ich gerade von Herrn Stocksmeier wissen, inwiefern die hiesige Metall- und Elektroindustrie in die IT-Wirtschaft in Berlin involviert wird. Wir werden sicherlich nie ein Chip-Standort werden, das glaube ich auch nicht. Die werden anderswo produziert. Dafür ist Berlin vielleicht ein zu teue-rer Standort, aber ich meine, dass erhebliche Komponenten, Fertigung auch industrieller Art hier stattfinden können. Dazu hätte ich gern mehr Informationen, gerade auch über diese Schnittstellen zwischen der Kreativ- und der IT-Wirtschaft, die wir hier in Berlin haben. Noch kurz ein Wort zu Herrn Kaminski, der die Bedingungen für die Arbeitskräfte vor Ort angesprochen hat. In der Tat sind die Dinge, die Sie mit Kitabetreuung und Mieten erwähn-ten, Randbedingungen für die Arbeitskräfte und damit für die IT-Wirtschaft wie für jeden anderen Wirtschaftszweig. Wir haben im Übrigen bei der Kinderbetreuung, darauf möchte ich hinweisen, schon die kostenfreie Kita, zumindest vor der Schule, aber Sie haben recht, dass das mit der Hortbetreuung während der Schulzeit noch anders ist. Die Mieten sind eine Sache, die wir in diesem Ausschuss nicht verstärkt diskutieren können, die gleichwohl, da gebe ich Ihnen recht, eine wichtige Rolle für unseren Standort spielen. Industrie 4.0 ist einwichtiges Stichwort, das man hier öfter hört. Sehen Sie jetzt auch in Berlin die Möglichkeit, dass diese Industrie 4.0 ein Wachstumstreiber für unsere Stadt wird? Das würde mich noch interessieren. – Danke! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank! – Für die Linke, Frau Kollegin Matu-schek, bitte! Jutta Matuschek (LINKE): Vielen Dank! – Auch für mich war das sehr interessant, vor allen Dingen, weil ich sehr viel über begleitende Umstände gehört habe, die offensichtlich zum Problem werden. Dennoch möchte zunächst eine Frage an den Senat richten. Wir haben ja – Herr Jahnke sprach gerade davon – den IKT-Cluster. Wie schätzt der Senat selbst ein, was dort läuft und welche Möglichkeiten es dort gibt? Wenn man das auf dem Internetauftritt vergleicht, sind die Zah-len, die dort für Berlin stehen, sehr erfolgreich, insbesondere was das Wachstum der sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse anbelangt.

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Da sind wir bei einem Punkt, der uns ganz wichtig ist. Wir kennen viele kleine Start-ups, die erst mal auf die Beine kommen müssen, aber die Perspektive sollte eine sozialversicherungs-pflichtige Beschäftigung sein, um die Lebensumstände so gestalten zu können, dass zum Bei-spiel steigende Mieten auch durch steigende Einkommen kompensiert werden. Das ist die erste Frage an den Senat. Die zweite Frage: Wir haben eine ganze Menge Fördermöglichkeiten über die IBB und ver-schiedene Fonds, den KMU-Fonds, Mikrokredite und dergleichen. Wie werden die abgeru-fen? Die Frage an die Anzuhörenden: Sind Ihnen diese Angebote bekannt, sind sie Ihnen zu schwerfällig, oder haben Sie eine Meinung dazu? Zu diesen vorhandenen Möglichkeiten habe ich wenig gehört. Ich habe gehört, dass es zu wenig Möglichkeiten gibt, damit zum Beispiel die Business-Angels offensichtlich hier Fuß fassen oder die Leute finden, die sie auch fördern können. Ich habe den Eindruck, dass es ein Angebot und eine Nachfrage gibt, aber es kommt nicht zusammen. Woran das liegt, wäre ganz spannend, heute mal zu diskutieren. Es wurden die vorhandenen Verwaltungsstrukturen angesprochen, die als schwerfällig emp-funden werden. Daraus ergibt sich sofort die Frage, was die Verwaltung tut, um die vorhan-denen Strukturen immer auf den aktuellen und nötigen Wissensstand zu bringen, Manage-mentwissen und dergleichen, um gerade diese hochflexible und hochdynamische Szene im-mer angemessen zu begleiten. Auf der anderen Seite haben wir wieder das Thema Netzwerk- und Plattformbildung. Wie finden die vielen Leute, die manchmal nur eine tolle Idee haben – aber eine Idee allein macht noch nicht das Start-up – zusammen? Wie wird aus der Idee ein Unternehmen? Sie sprachen von fehlendem Managementwissen, das in der Schule gelehrt werden sollte. Da sind wir bei einem ganz schwierigen Thema. Wenn ich mir anschaue, wie schwerfällig manche Bildungs-reform umzusetzen ist, ist das sicherlich ein ganz dickes Brett, wie mehr Managementwissen auch von der Schule an über die Universitäten gelehrt werden kann. Aber das zusammenzu-bringen, eine Idee und Managementwissen, ist ganz wichtig. Zum Schluss die Frage nach der Arbeitsbelastung und dem Leben in Berlin. Berlin ist erfreu-licherweise so ein Anziehungspunkt, so eine begehrte Location, wie man so schön sagt, aber das heißt auch, dass dieses Problem meiner Meinung nach über den gesamten Senat ein biss-chen mehr fokussiert werden muss, nämlich Leben für hochflexible, technologiebasierte, hochdynamische Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren Arbeitsplatzangeboten in einer Stadt, die nach wie vor sehr arm ist, in der der Nahverkehr nicht mehr ordentlich funkti-oniert und in der die Kitaplätze nicht reichen. – [Zuruf von Oliver Friederici (CDU)] – So ein Thema ist noch viel zu wenig in der öffentlichen Diskussion. Berlinale ist schön, aber die Berlinale ist zu Ende, und dann haben wir wieder die Alltagsprobleme. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Gut! – Als Nächstes, bevor der Streit ausbricht, für die Piratenfraktion Herr Kollege Mayer. Pavel Mayer (PIRATEN): Viel wurde schon gefragt. Mich würde von den Anzuhörenden speziell interessieren, wie die Erfahrungen mit der Berliner Verwaltung aussehen, insbesonde-re die Frage, welchen Herausforderungen sich sowohl Gründer als auch Investoren aus dem

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Ausland gegenübersehen und welche Hürden zu nehmen sind, um gerade ausländische Fach-kräfte und Experten aus Nicht-EU-Ländern zu beschäftigen. Ich habe da meinen eigenen per-sönlichen Erfahrungen gemacht, aber die sind natürlich nur anekdotisch so. Sie waren sehr gemischt, und da würde mich ein größerer Einblick interessieren. Ich musste teilweise Mitar-beiter retten, die über die Grenze ins europäische Ausland gefahren sind und plötzlich nicht wieder zurückkamen und andere Dinge. Dann wäre generell die Frage nach Standortfaktoren und wie sie das sehen. Welche Standort-faktoren sprechen für Berlin als IT-Standort und welche dagegen? Ein paar wurden schon genannt, insbesondere die Frage Infrastruktur für IT-Unternehmen. Wie sieht es generell mit der Netzanbindung in Berlin aus? Was ist mit Housing? Was ist mit Traffic-Kosten, Energie-kosten, geeigneten Standorten, Thema Rechenzentren und andere Dinge. Auch wenn es heut-zutage bei vielen Dingen egal ist, wo sie sind, wäre es schon ganz interessant, wenn auch ge-wisse Wertschöpfung im IT-Bereich hier stattfindet, und man kann auch nicht alles in der Cloud machen, was man mit IT machen will. Thema steuerliche Aspekte: Da können wir natürlich in Berlin nur bedingt was machen, aber sicherlich generell über Bundesratsinitiativen oder andere Dinge was tun. Nach meinen per-sönlichen Erfahrungen sehe ich das Steuersystem in Deutschland eher als erheblichen Nach-teil für Gründer, auch aus anderen Aspekten wie Komplexität. Aber gerade die Frage, wie lange man Verlustvorträge mittragen kann bzw. das Problem, dass Verlustvorträge verloren-gehen, wenn Investoren einsteigen, und andere Dinge, dass man sich sehr schnell, wenn man nicht höllisch aufpasst, in dem ganzen System verheddert und vor allen Dingen auch erhebli-che Risiken mit sich herumträgt, ob dann bestimmte Verluste, die man gemacht hat, oder be-stimmte Geldzuflüsse, ob das nach ein, zwei, drei Jahren steuerlich auch so funktioniert, wie es eigentlich sein sollte. Die Risiken in dem Bereich sind auch Investitionshemmnisse. Sehr interessant fand ich den Aspekt, der vielleicht nicht allgemein klar ist, dass gerade Un-ternehmensgründung und Gründung kleiner Unternehmen eine recht prekäre Geschichte ist. Systembedingt zu scheitern, ist eigentlich bei kleinen Unternehmen ein Prinzip. Hier würden mich die Zahlen interessieren. Ich kenne als Faustformel, dass normalerweise acht von zehn Unternehmen scheitern. Das ist aber auch gut und richtig bzw. es ist nun mal das Prinzip, dass dort eine Auslese betrieben wird, dass man in zehn kleine Unternehmen investiert und dann die zwei, die erfolgversprechend sind, weiter nach vorn geschoben werden, und die acht blei-ben eben auf der Strecke. Da ist teilweise auch das Bewusstsein, dass Scheitern einfach dazu-gehört und nichts Schlimmes und nichts Schreckliches ist, das ist hier auch oft ein Problem. Abschließend an den Senat noch zwei Fragen: Was macht der Senat, um ausländische Grün-der anzusprechen, und was macht der Senat, um ausländische Investoren anzusprechen? Eine Sache habe ich beim Thema Verwaltung noch übersehen, und zwar den Einheitlichen Ansprechpartner. Ist das bekannt, und wenn ja, welche Erfahrungen wurden damit gemacht? Gibt es da Wünsche? Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Danke, Herr Kollege Mayer! – Zum Abschluss, Herr Kollege Schultze-Berndt, bitte!

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Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Herzlichen Dank für die Beiträge! Ich glaube, dass uns alle eint, die wir hier sind, dass wir gern wollen, dass die Gründungen möglichst viele Ar-beitsplätze mit sich bringen, zum einen die Verbände, weil sie sich freuen, dass sie profitable Mitglieder haben. Das Startupbootcamp freut sich über die Beteiligungen, und der Betriebsrat freut sich darüber, dass einer in den Unternehmen gegründet wird, die hoffentlich erfolgreich sind und eine ausreichend große Anzahl von Mitarbeitern haben. Es ist von den Stärken und Schwächen Berlins gesprochen worden. Es ist davon gesprochen worden, dass der direkte Bewerber im Wettbewerb um die innovativste Stadt in Deutschland München ist. München ist in kompletter Abwesenheit von Kleinkindbetreuung, mit einer ka-tastrophalen Einzelhandelsstruktur und öffentlichem Personennahverkehr und kompletter Abwesenheit von bezahlbarem Wohnraum. Wie kommt es, dass diese eigentlich völlig le-bensunfähige Stadt uns Konkurrenz macht? Was machen die in anderen Bereichen so viel besser, dass es das überkompensiert, was wir eigentlich alles gut machen? Das verbinde ich mit der Frage, welche Stärken und welche Schwächen wir haben und was wir besser machen müssten in den Bereichen, die wir direkt beeinflussen können, und vor allen Dingen, wie wir dafür Sorge tragen können, dass die Unternehmen, die die kritische Masse erreicht haben, die größer werden wollen – gerade das, was Sie, Herr Mayer, dazu beitragen können –, die die ersten kritischen Jahre überstanden haben, den Kick bekommen, möglichst groß zu werden. Und wie anders sind deren Anforderungen, wenn sie überlebt haben und groß werden wollen, auf die wir eingehen müssen, um sie aus dieser Gründungs- in eine Konsolidierungs- und Wachstumsphase überführen zu können, sodass sie gesunde Steuerzahler ohne Verlustvorträ-ge für Deutschland sind? – Danke schön! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen der Kollegen liegen mir nicht vor. Dann konnt erst mal der Senat dran. – Herr Staatssekretär Beermann, Sie haben das Wort. Staatssekretär Guido Beermann (SenWiTechForsch): Herr Vorsitzender, vielen herzlichen Dank! – Vielleicht lassen Sie mich einleitend etwas zur Branche als bedeutende Wachstums-branche in Berlin sagen. Wenn ich das richtig sehe, sind wir uns alle darüber einig, dass das eine wichtige und in der Tat sehr wachstumsstarke Branche in Berlin ist. Was die Erwerbstätigen betrifft: Wenn wir die Zahlen bis 2011 vergleichen, haben wir dort zum Beispiel einen Zuwachs von 24,3 Prozent über einen Zeitraum von drei Jahren. Was die Anzahl der Unternehmen betrifft, liegen mir Zahlen von 2009 und 2010 vor. Da haben wir zum Beispiel einen Zuwachs von 9,1 Prozent über ein Jahr. Was Umsatzerlöse betrifft, haben wir einen Zuwachs von 11,7 Prozent, wenn man die Zeiträume von 2009/2010 vergleicht. Die Welt hat sich seitdem weitergedreht, und wir können voller Spannung sein, wie sich das wei-terentwickelt hat. Nach dem Großraum München, was angesprochen wurde, ist Berlin mittlerweile der zweit-größte deutsche IT-Standort. Weil vorhin auch die Frage angesprochen wurde, wie die Förde-rung aussieht, auch ein paar Zahlen dazu: Im Jahr 2012 wurden für die IT-, Medien- und Kre-ativwirtschaft in den gängigen Programmen der Wirtschafts- und Innovationsförderung fast 98,85 Millionen Euro, das sind 28,5 Prozent des gesamten Mittelvolumens, aufgewendet. Aus dem Innovationsförderprogramm ProFIT des Landes entfielen 2012 immerhin 19,43 Millio-nen Euro auf die IT, und das entspricht ungefähr einer Quote – das ist wirklich interessant –

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von 57 Prozent des Gesamtvolumens von 34,31 Millionen Euro. Sie sehen, dass in vielfacher Hinsicht in Berlin für die Branche, ob das IT- oder ob das Kreativwirtschaft ist, die dort mit reinspielt, Unterstützung geleistet wird. Zur Frage, ob IT- und Kreativwirtschaft zusammen betrachtet werden sollen und ob die Clusterung, wie wir sie vornehmen, Sinn macht oder nicht, muss ich gestehen, bin ich auch auf das, was die Fachleute sagen, gespannt. Ich denke, wenn man die Entwicklung über die Jahre sieht, dass diese Clusterung und diese Betrachtung für Berlin auf jeden Fall Sinn ge-macht hat. Beide Bereiche sind durch ihre Vielfältigkeit geprägt, aber auch durch ihre großen Schnittmengen. Das ist jedenfalls die Erfahrung, die ich in den drei, vier Monaten, in denen ich hier im Amt bin und Berlin kennenlernen darf, gemacht habe. Ich glaube, dass es ein be-sonderes Merkmal für Berlin ist, dass wir diese beiden Bereiche haben, die zusammenarbei-ten, aber ich glaube, dass ich Eulen nach Athen in diese Runde trage. Ich will versuchen, noch ein paar Fragen zu beantworten, die Sie gestellt haben. Um zu der letzten Frage von Herrn Mayer zu kommen – das fällt in der Regel leichter, weil man die noch in Erinnerung hat –: Sie fragten danach, wie bei uns ausländische Gründer und Investoren angesprochen werden. Ich will vorwegschicken, dass wir in der glücklichen Situation sind, dass Berlin einen Bekanntheitsgrad hat und mittlerweile auch eine Anziehungskraft, auf de-nen man hervorragend aufbauen kann. Es gilt natürlich, dieses trotzdem immer wieder anzu-sprechen, deutlich zu machen, konkret Leute anzusprechen. Demnächst wird zum Beispiel – das ist eine kleine Facette, die dazu beiträgt – Berlin Partner nach Boston zu einer Jobmesse fahren, um dort Fachkräfte anzusprechen und anzuwerben. Wir bieten über Berlin Partner, um dabei zu bleiben, speziell für Start-ups, die herkommen wollen, für Leute, die hier ein Unter-nehmen gründen wollen, ein sogenanntes Business-Welcome-Package an, wo man über drei Monate – lassen Sie mich das so locker sagen – eine Art Schnupperpaket bekommt, um Berlin kennenzulernen und zu sehen, wie man hier arbeiten kann. Und es gibt eine Kampagne, das würde ich Ihnen gern verteilen, die lautet „redefine the pos-sible. log in. Berlin.“, mit der wir besonders gemeinsam auch mit der IT-Wirtschaft für die digitale Metropole Berlin werben. Hinzu kommt eine Vielzahl an Programmen – ich habe vorhin die Zahlen genannt –, mit denen wir auch mit öffentlichen Mitteln die IT-Branche för-dern. Es wurde eine Frage zur Anwerbung von ausländischen Fachkräften, wenn es dort Probleme gibt, gestellt. Da kann man darauf hinweisen, dass es den Business-Immigration-Service gibt, der an der Stelle ansprechbar ist und hilft. Herr Mayer! Ich weiß nicht, welche konkreten Fälle Sie vor Augen haben. Wenn es da irgendwelche Probleme oder Fragen gibt, steht meine Ver-waltung gern als Ansprechpartner zur Verfügung. Es ist immer schwierig, im Abstrakten dar-über zu reden, sondern da kommt es auf die konkrete Situation, auf den konkreten Fall an, dass man darauf eingehen kann, und ich möchte gern anbieten, dass wir gern darüber reden können. Neben dem Lob, das wir erfahren haben, habe ich auch zur Kenntnis genommen, dass es heißt, dass unsere Verwaltungsstrukturen etwas zu schwerfällig sind. Da muss ich gestehen, wäre ich ehrlich gesagt auch für konkrete Hinweise dankbar. Jedenfalls ist mir über die pau-schale Kritik bisher in dem Sinne noch nichts Großartiges zu Ohren gekommen. Aber auch da gibt es sicherlich Dinge, nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte.

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Zum Thema Open Data würde ich gern anmerken: Das Spannungsverhältnis, das sich ergibt angesichts einer modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft in Bezug auf das Handeln in Politik und Verwaltung auf der einen Seite und auf der anderen Seite in der Zu-sammenarbeit mit den Bürgern, ist auch hinlänglich greifbar und bekannt. Wir stehen gerade in den letzten zehn Jahren vor neuen Möglichkeiten, neue Kommunikations- und Publikati-onskanäle, und sehen, dass darüber schnell Meinungen verbreitet werden können, als Verwal-tung sind wir dort aufgefordert, die traditionellen Verfahrenswege anzupassen, die bislang in einer öffentlichen Verwaltung nicht vorgesehen waren. Wir haben seit einem Jahr in Berlin das Datenportal. Das ist schon angesprochen worden. Berlin ist, soweit ich weiß, die erste deutsche Stadt, die ein solches Portal anbietet. Vielleicht darf ich zur Illustration auch da ein paar Zahlen nennen, denn die Besucherzahlen, das finde ich erfreulich, steigen stetig. Hatten wir im Januar 2012 bereits 15 000 User auf dem Daten-portal, so waren es im letzten Monat bereits 22 000. Werktäglich schauen etwa 1 000 Besu-cher vorbei. Inzwischen haben wir fast 100 Datensätze verschiedener Behörden maschinen-lesbar, kostenlos und mit freier Lizenz zur Nachnutzung dort verfügbar gemacht. Um viel-leicht ein paar konkrete Beispiele zu bringen: Darunter sind so mächtige Datensätze wie die Denkmalliste des Landes mit mehr als 10 000 Objekten oder so komplexe wie der Fahrplan des öffentlichen Nahverkehrs, auch so wichtige wie die Liste der Stolpersteine im Gedenken an unsere jüdischen Mitbürger oder so instruktive wie die Prüfergebenisse der Badegewässer-qualität im Sommer, ein sehr beliebter und gefragter Datenpool. Nach und nach kommen wei-tere Datensätze hinzu. Hierzu müssen wir einen verbindlichen Rahmen für alle Behörden schaffen, und dazu ist Mitte letzten Jahres eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe eingesetzt worden, in der nicht nur die Senatsebene vertreten ist, sondern auch Bezirke, Landesbetriebe sowie die Berliner Datenschützer. Bis Ende dieses Jahres wird diese Arbeitsgruppe Empfeh-lungen geben für die technische und rechtliche Ausgestaltung bei der Datenerfassung und Bereitstellung. Vielleicht noch ein paar praktische Beispiele: 2010 hat es in Berlin als erster Stadt einen App-Wettbewerb gegeben. Dort sind zahlreiche Einsendungen vorgenommen worden. So gibt es zum Beispiel einen Gebärdenstadtführer für Hörgeschädigte. Über die Lokalisierungsfunktion ihres Smartphones können sie Informationen zu ihrer Umgebung bekommen. Ich denke, das ist eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität für ein selbstbestimmtes Leben. Auch das Wheelmap möchte ich ansprechen. Das ist eine Geo-Lösung für Rollstuhlfahrer, die Informa-tionen über einen behindertengerechten Zugang von Einrichtungen, z. B. bei Geschäften oder Bahnhöfen erfahren können.

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Besonders erfreulich ist, dass solche Lösungen mittlerweile auch in Japan oder in den USA nachgefragt werden. Ich denke, das sind Beispiele für Start-ups, die ihre Geschäftsmodelle in der Verschneidung öffentlicher und privater Datenbestände sehen. Gegenwärtig läuft, und das möchte ich nicht verschweigen, ein App-Wettbewerb mit Geodaten. An dieser Stelle darf ich auch mal den Kollegen aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt danken, dass sie hier dazu beitragen, über Hürden zu springen und Datenbestände für diesen Wettbe-werb kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Auf das Thema, dass wir gleichzeitig unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwal-tung darauf einstellen müssen, was Open Data betrifft, möchte nur am Rande eingehen. So starten wir z. B. am 7. März ein Werkstattgespräch für Führungskräfte, in dem diese auf die-ses Thema vorbereitet werden. Aber zurück zur Wirtschaft: Ein wichtiges Thema, das ich hier noch ansprechen darf, ist an erster Stelle der sogenannte BODDY, Berlin-Open-Data-Day, eine Idee, soweit ich das jetzt verstanden habe, die gemeinsam mit dem Open-Data-Netzwerk Deutschland, dem Verein Government 2.0 und der Open Knowledge Foundation entwickelt und umgesetzt wurde. Als der Berlin-Open-Data-Day vor zwei Jahren zum ersten Mal stattfand, mussten wir feststellen, dass der Saal in unserem Haus nicht reicht und dass wir umziehen mussten, damit alle Betei-ligten sich an der Stelle adäquat beteiligen konnten. Ich darf darauf hinweisen, dass am 24. Juni der nächste BODDY stattfinden wird. Ich überspringe gerade einzelne Beispiele, aber das wird Ihnen alles bekannt sein. Ich denke, eine Sache, die vielleicht noch von Interesse ist, weil es gerade in diesen Tagen stattfindet, ist, dass das Deutschland-Portal freigeschaltet wird. Das wird ein weiterer Schub bei dem Thema Open Data sein, und unter der Adresse GovData.de werden dabei nicht nur Berliner Datenbe-stände, sondern auch die des Bundes und anderer Bundesländer sichtbar werden. Datenange-bot und Datentiefe werden somit deutlich größer. Ein letzter Punkt ist, dass der Umgang mit offenen Daten nicht nur etwas ist, was Berlin be-trifft, was Deutschland betrifft, sondern was in einer internationalen Verknüpfung gesehen werden muss. Stichwort ist hier nur das Thema „Big Data“. Die Zusammenführung in einer Stadt, die Zusammenführung in mehreren Städten ist uns auch besser bekannt unter dem Stichwort „Smart City“. Auch hier beteiligen wir uns an einem globalen Projekt. Gemeinsam mit Tokio, Singapur, New York und Kopenhagen sind wir als Modellstadt für das globale Projekt „Morgenstadt – City of the Future“ ausgesucht worden und werden uns auch an der Stelle weiter mit dem Thema intensiv beschäftigen. – Wenn Sie einverstanden sind, würde ich es gerne hierbei belassen, stehe aber natürlich gerne für Fragen zur Verfügung. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Staatssekretär! – Dann treten wir zum Abschluss in die Beantwortungsrunde ein. Das ist nicht einfach. Wir haben ungefähr noch eine halbe Stunde Zeit. Sie haben ungezählte Fragen gestellt bekommen. Ich will lieber nicht darüber nachdenken, wie viele es waren, aber Sie werden jetzt versuchen, alle möglichst in der vorgegebenen Zeit zu beantworten. Wir fangen dieses Mal andersherum an. Das ist hier auch üblich. – Herr Kaminski, Sie haben dann dieses Mal das erste Wort. – Bitte sehr! Peter Kaminski (Betriebsrat STRATO AG): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir Ihre Fragen angucke, gehen die natürlich doch recht spezifisch in den Bereich unserer Unter-

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nehmensführung. Da bin ich natürlich nicht auskunftsberechtigt und auch nicht auskunftsfä-hig, weil der Arbeitgeber doch die eine oder andere Sache für sich behält. Meine persönlichen Erfahrungen sind, dass Förderprogramme auch von der STRATO AG in Anspruch genommen werden, dass wir Möglichkeiten nutzen, gerade was die Ausbildungsförderung angeht, mit Vereinigungen zusammenzuarbeiten. Es ist uns z. B. jetzt gelungen, innerhalb von drei Jahren in Mosambik ein entsprechendes IT-Projekt aufzusetzen, wo unsere Auszubildenden, auch mit Unterstützung und enger Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung, dort in einer kom-munalen Berufsschule ein IT-Lab eingerichtet haben, was teilweise von Berlin aus entspre-chend gesteuert werden kann. Ich weiß, dass wir teilweise Unterstützung bekommen, was den Bereich des Ausbaus der Rechenzentren angeht, weil das natürlich auch für ein Unternehmen wie die STRATO AG ganz wichtig ist. Zu weiteren Fragen in der Richtung kann ich erst mal keine weiteren Auskünfte geben. Ich war eigentlich bemüht, in meinem einführenden Kurzvortrag die Probleme, die wir als Ar-beitnehmervertretung deutlich vor uns sehen, anzusprechen. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Kaminski, auch für die kurze Ant-wort! – Herr Bruns, bitte sehr! Wilken Bruns (Startupbookcamp): Vielen Dank noch mal für die Fragen! – Viele Fragen gingen darum, wie die Start-ups Institutionen und die Angebote, die in der Stadt schon vor-handen sind, wahrnehmen. Ich glaube, dass Berlin Partner z. B. sehr sichtbar ist und dass das auch bei anderen Institutionen so ist, dass es jedoch kein Verständnis dafür gibt, was ein Start-up wirklich ist, was ein Start-up braucht, welche Prozesse es durchläuft. Das Verständ-nis, das Institutionen haben, kommt von einem sehr traditionellen Geschäftsmodell, von tradi-tionellen Arbeitsverhältnissen. Ich glaube, es gilt, diese Institutionen zu belehren, wie Start-ups funktionieren. Man merkt es hier im Raum, es wird von Apps geredet, von Start-ups, von IT-Branche, und das Ganze wird unter der Kreativbranche kategorisiert, und man versteht eigentlich nicht, was die Unterschiede sind. Ich glaube, da fehlt es bei den Institutionen an Verständnis, und darauf müsste man aufbauen, um konkrete Lösungsvorschläge zu bauen. – [Jutta Matuschek (LINKE): Dann klären Sie uns doch auf!] – Ich glaube, das Ausmaß der Aufklärung ist etwas größer. Das kann ich gerne schriftlich machen, aber ich glaube, hier ist es nicht angebracht. Dann war noch eine Frage zu den Frauen. Ich glaube, dass Frauen in Start-ups sehr akzeptiert sind und Start-ups generell eine sehr flache Hierarchie haben. Deshalb liegt es nicht unbedingt an den Start-ups selber oder wie Start-ups aufgebaut sind, sondern eher an den Frauen, dass noch zu wenig passiert, weil Frauen – das weiß ich von meinem Studium in der Verhaltens-ökonomie – nicht so risikofreudig sind wie Männer. Das heißt, vielleicht kann man Initiativen starten, die Frauen entlasten und das Starten von Firmen risikoniedriger machen. Sie hatten etwas zu Business-Angels gefragt. Ich glaube nicht, dass es für Business-Angels schwierig ist, Start-ups zu finden, sondern es ist schwierig für Start-ups, Business-Angels zu finden. In Deutschland läuft niemand mit einer Plakette herum und sagt: Ich bin Business-Angel. – Stark ausgedrückt ist das in Amerika z. B. so. Da sagt jeder: Ich bin Business-Angel, ich will investieren. – Er stellt das auf seine Website, auf LinkedIn oder XING, und die Leute sind einfach zu finden. Das ist in Deutschland nicht so. Ich glaube, das kann man verbessern. Das andere ist, die Motivationen, hier zu investieren, sind wesentlich niedriger als in anderen

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Ländern. Ich habe vorhin das Beispiel Großbritannien gebracht. Ich glaube, daran müssen wir uns ein Beispiel nehmen, um diese Business-Angels zu aktivieren und vor allen Dingen diese kleinen Beträge von 20 000 bis 100 000 Euro. Das bringt mich noch mal auf die IBB, die auch sehr stark und viel investiert, aber nicht in dieser frühen Phase. Ich glaube, das Niedrigste, was die IBB investiert, sind 250 000 Euro. Wir brauchen mehr Investitionen von 20 000 bis 100 000 Euro. Das ist für die IBB zu teuer, weil natürlich jedes Investment auch Kosten mit sich bringt, aber für diese Business-Angels sind diese Beträge geeignet, und da muss Berlin die Business-Angels unterstützen. Dann die Frage: Kann man mehr als zehn Start-ups unterstützen? – Wir haben, wie gesagt, 500 Bewerbungen. Zehn davon wählen wir aus. Man kann sicherlich 20 nehmen, in die wir investieren würden, wo uns aber die Ressourcen fehlen, aber sicherlich nicht in die Masse. Allgemein schaffen es neun von zehn Start-ups nicht, das heißt, man muss versuchen, diese Masse, die Breite an Leuten, die es probieren, zu erhöhen, damit sich der Prozentanteil, der im Endeffekt oben herauskommt, erhöht. Unsere Programme stellen sozusagen einen Tunnel dar, und das nächste Stadium ist: Es gibt diese breite Masse, und von der breiten Masse gibt es manche, die würdig sind, ihnen ein Investment zu geben. Diese zweite Stufe kann man mehr unterstützen. – Das war es von meiner Seite. – Vielen Dank! Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Bruns! – Herr Stocksmeier, bitte! Dirk Stocksmeier (SIBB e. V.): Ich würde gerne mit dem Thema Insolvenz anfangen. Das war die erste Frage. Jetzt ist es so, zum Teil gibt es so ein bisschen definitorische Probleme: Ist ein Start-up auch eine Existenzgründung, also eine normale Unternehmensgründung, oder bewegt sich das statistisch in einem anderen Umfeld? Insofern wundern Sie sich nicht, dass ich jetzt nicht zu dem gleichen Ergebnis komme, dass neun von zehn Gründungen scheitern. Es gibt eine Umfrage von dem Mannheimer Unternehmenspendel. 2012 wurde da über die Branchen befragt, ob die Gründungen nach fünf Jahren noch am Markt sind oder nicht. Da gibt es quasi Abgrenzungen vom ITK-Sektor zum übrigen Hightechsektor und auch zu allen Branchen. Es ist so, dass in der ITK nach drei Jahren noch 72 Prozent der Unternehmen am Markt sind und nach fünf Jahren noch 60 Prozent. Das ist eigentlich ein recht guter Wert, wenn man sich das mal überlegt. Die ITK-Gründungen sind also in der Regel bedacht. Das liegt auch daran, dass der durchschnittliche IT-Gründer 38 Jahre alt ist. Er verfügt über 17 Jahre Berufserfahrung und davon 11 Jahre in der Branche. Das deckt sich, wie gesagt, viel-leicht nicht ganz mit dem jungen, vielleicht eher sozialen Innovator, der vielleicht gar nicht eine IT-Gründung macht, sondern eher ein Pizzaportal im Internet oder sonstiges Neues. Vielleicht gehe ich direkt zu den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen über. Da ist es so, dass in der IT, in diesem klassischen Bereich, diese round about 40 000 plus Beschäftigte in Berlin, im Vergleich zur Medienbranche die Zahl der versicherungs-pflichtigen Beschäftigungsverhältnisse ungleich höher ist. Also auch die durchschnittlichen Gehälter liegen in diesem Ingenieursbereich relativ hoch. Ich glaube, dieser Start-up-Bereich, wenn es wieder darum geht, auch wie es früher in der New Economy war, dass hier eine hohe Volatilität an Ideen ist, wo auch viele scheitern, da mag das anders sein, aber im klassischen IT-Bereich würde ich sagen, ist es so, dass die meisten Unternehmen aufgrund ihrer langfris-tigen Ausrichtung und auch vielleicht getrieben durch den Fachkräftemangel sich bemühen,

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die Mitarbeiter fest an Bord zu haben, und natürlich dann auch feste, dauerhafte Beschäfti-gungsverhältnisse und gute Konditionen anbieten. Ich würde gerne noch kurz etwas zum Thema Finanzierung erzählen, weil das für Sie viel-leicht auch relevant ist, auch wenn das erst ein bisschen später bei den Fragen kommt. Übli-cherweise liegen die FuE-Investitionen im IT-Bereich höher als in anderen Branchen, was die Gründung angeht, jetzt nicht im Vergleich zu anderen Hightechbranchen, vielleicht wenn man in Hardware investiert und die ganze Maschinerie braucht, aber immer noch höher als in an-deren Branchen. In den ersten vier Jahren fließen ungefähr 700 000 Euro in so ein Start-up hinein. Meist müssen die Gründer etwa 70 000 Euro aufbringen, und im dritten Jahr sind es dann schon 250 000 bis 300 000 Euro. Banken, Venture-Capital, Zuschüsse spielen in der Regel kaum eine Rolle. Die meisten IT-Gründungen, die in Berlin stattgefunden haben, sind eigentlich ganz normal wie bei anderen auch. Vielleicht hat man das Geld vorher gespart oder sonstiges. Bei 17 Jahren Berufserfahrung in der IT kann ja etwas hängengeblieben sein. Der klassische Fall ist schon so, dass das EK-finanziert wird. Im Gründungsjahr kommt häufig schon die Hälfte des eingesetzten Geldes, also 50 Prozent, aus den Geschäftseinnahmen. Vie-le Unternehmen gründen und bieten dann eine Dienstleistung an, um sich zu refinanzieren, arbeiten vielleicht bei jemand anderem als Freelancer, was ja auch in Ordnung ist in dem Sin-ne. Man soll sich ja auch nicht immer bis über den Kopf verschulden. Fremdfinanzierung durch Banken/Sparkassen 6 Prozent, Kredite 3 Prozent, Venture-Capital kommt vielleicht auf 5 Prozent. Das heißt aber wieder umgekehrt gesehen, wenn solche Un-ternehmen eine große Wachstumsperspektive generieren wollen, dann stoßen sie in diese Fi-nanzierungslücke. Wir hatten neulich eine Veranstaltung, da sagten diejenigen aus der Start-up-Fraktion, dass sie mit diesem Geld im Bereich der Business-Angel gar nicht so ein Prob-lem haben, also die 50 000 Euro wären prima zu holen. Insofern deckt sich das jetzt nicht ganz mit dem, was Sie sagen, sondern dass aber dann auch der Punkt anschließt, was Unter-nehmen allgemein sagen: Die Finanzierung im Bereich zwischen 1 und 5 Millionen Euro, vielleicht auch etwas darunter, ist schwierig. – Da haben wir in Deutschland insgesamt ein Problem im Vergleich zu den USA, dass es hier schwieriger ist, an Kapital zu kommen. Das mal so als Darstellung und vielleicht, um das Thema nicht nur aus der Start-up-Ecke heraus zu beleuchten. Die meisten IT-Unternehmer sind welche, die schon lange überlegt haben, was sie machen. Sie haben etwas Geld gespart. Sie gründen dann das Unternehmen, versuchen die Finanzierung über Dienstleistungseinnahmen entsprechend zu schaffen und schaffen dann aber trotzdem häufig in Berlin nicht diesen Punkt von den 10 auf die 100 oder 1 000 Mitarbei-ter, weil dann irgendwo die Finanzierungslücke entsteht. Zum Thema Wissenschaft und Forschung hatten Sie gefragt. – Ich denke, wir haben eine tolle Wissenschaftslandschaft in Berlin. Insgesamt im internationalen Vergleich glauben wir, dass die Zusammenarbeit zwischen diesen Unternehmen und der Wissenschaft ausbaufähig ist. Das ist sicher auch ein Traditionsthema, wenn man guckt, wie beispielsweise in den USA sich Unternehmen aus ihren Universitäten heraus- und dann auch wieder hineinbewegen. Hier haben wir ein Kulturthema. Ich würde mich auch freuen, wenn hier über die IT hinaus, aber insbesondere auch für die IT mehr passieren würde. Der Hauptnutzen liegt gar nicht so sehr bei diesen Forschungseinrichtungen. Die entwickeln häufig auch so eine Eigendynamik. Die forschen nicht nur für Berlin, sondern vielleicht lieber international, weil ihnen die kleinen Unternehmen ein nicht so gutes Branding geben, aber dieser Bezug zur Wissenschaft, also dass man zu den Hochschulen mehr Kontakte aufbaut, wäre schön. Es ist ganz enttäuschend,

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wenn ich mit den jungen Unternehmen spreche, wie sie zum Teil abblitzen oder dass sie, auch wenn sie sich bemüht haben, letztendlich da nichts herausholen. Ich würde sagen, Wissen-schaft passiert in Berlin, und es sollte mehr in Richtung Unternehmen passieren. Ich weiß, dass es vom Berliner Senat schon Programme in die Richtung gibt und dass auch erste Erfol-ge zu sehen sind. Das will ich hier auch gar nicht infrage stellen. Ich glaube, da sind Sie auf dem richtigen Weg, das zu verbessern. Zum Thema Fachkräftebedarf: Sie hatten das noch mal angesprochen, Konkurrenz bei Fach-kräften gegenüber etablierten Unternehmen, kleine versus große etc. Das findet statt. Das ist kein spezielles Branchenproblem, gar keine Frage. Hier kann man nur sagen, man muss att-raktive Arbeitsplätze anbieten. Insgesamt würde ich noch mal zum Thema Fachkräfte kurz kommen, weil das auch später noch mal kam. Ich glaube, dass alle Initiativen, die es ermögli-chen, dass auch Studienabgänger hier in der Region bleiben, unterstützt werden sollten. Wir brauchen mehr Informationen auch über die Möglichkeiten, um in Berlin zu arbeiten. Berlin ist zwar attraktiver geworden, aber nach wie vor ist es so, dass viele IT-Fachkräfte, die hier studiert haben, am Ende des Studiums nach München oder NRW etc. gehen. Vom SIBB ha-ben wir hier schon einiges an Veranstaltungen gemacht. Ich möchte zum einen speziell das Thema Frauen ansprechen. Das liegt mir persönlich auch am Herzen. Ich hatte vorhin erzählt, dass wir eine Niederlassung in Indien haben. Da ist bei den Programmierern die Frauenquote zu Männern 70 zu 30, das heißt also, sieben von zehn Programmierern sind weiblich. Das liegt jetzt aber nicht daran, dass wir da irgendwo anders agiert hätten, sondern das ist auch insgesamt ein anderes gesellschaftliches Verständnis. Ich glaube, dass hier eine große Reserve liegt. Ich will jetzt gar nicht sagen, wer da die Verant-wortung trägt, aber andere Länder zeigen, dass man eigentlich im Bereich der IT als Frau ganz anders Karriere machen kann, als das bei uns der Fall ist. Insofern würde ich es begrü-ßen, wenn man sich hier auch noch mal Gedanken macht. Zum Thema Weiterbildung, stille Reserven gibt es einige Vorschläge, die ich hier nicht alle aufführen will. Ich würde mich freuen, wenn wir hier auch noch mal mit dem Berliner Senat ins Gespräch kommen könnten. – Die Infrastruktur in der Stadt ist hervorragend – bei all dem, was man jetzt noch verbessern kann. Das ist ein großes Asset. Es wurde gefragt: Was treibt Unternehmen hierher, in Berlin zu sein? – Die vorhandenen IT-Unternehmen sind schon mal wichtig. Gleich und Gleich gesellt sich gern. Wir haben bereits viele tolle Unternehmen. Da-durch entsteht auch, dass andere sich anschließen. Die Fachkräfteversorgung ist erst einmal grundsätzlich hervorragend, nicht nur im IT-Bereich, sondern gerade in der IT spielen dann auch die angrenzenden Bereiche eine große Rolle. Die sogenannte Bindestrichinformatik, also die Gesundheitsinformatik, die Automotive-Informatik etc. Insofern ist das klasse, und dabei sollte man bleiben, wie es ist. Zum Thema Innovationsförderung will ich jetzt nicht ganz so viel sagen, aber ich glaube, dass die Innovationsförderung allgemein in Deutschland sehr sperrig ist, was das Antragsverfahren angeht. Das muss natürlich alles gerecht zulaufen, aber gerade für die kleinen Unternehmen sind häufig die Aufwände, einen solchen Antrag zu stellen, zu groß und dann auch der zeitli-che Ablauf, auch die Unsicherheit, ob er genehmigt wird oder nicht, zu lang, sodass das in deren Wachstumsstrategien einfach nicht reinpasst. Jetzt ist die Frage, welche Möglichkeiten es geben würde, das zu beschleunigen. Ich glaube auch, teilweise wird das zu komplex ge-macht. Letztendlich geht es immer um die Unternehmen. Häufig wird der Umweg über die

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wissenschaftlichen Einrichtungen gemacht. Eine Förderung im Innovationsbereich, die direkt bei den Unternehmen ankommt, ist die beste. Wenn das natürlich dann noch über steuerliche Vorteile unterstützt wird wie in Frankreich, umso besser. Der Anteil des Landes Berlin als Auftraggeber, ich will das jetzt nicht schlechtreden, mein Unternehmen lebt ja auch von den öffentlichen Aufträgen und auch von Berlin, hat sicher eine gewisse Relevanz, aber keine besonders große. Die IT-Industrie hier arbeitet auch für die Verwaltung, aber im deutschen Verwaltungsmarkt macht Berlin, glaube ich, 3 Prozent aus. Das heißt, es ist interessanter, dann auch die Produkte in andere Bundesländer zu „exportie-ren“. Eben kam noch die Frage zu der industriellen Fertigung. Die Berliner IT-Industrie arbeitet natürlich auch für die Automobilindustrie, für die Maschinenbauindustrie etc. Sie haben dann die Frage gestellt: Wie kriegen wir die hierher? – Da kann ich sagen, die IT-Industrie hat ih-ren Beitrag schon geleistet. Wenn es darum geht, dass hier Unternehmen sind, die sie auch im Bereich der IT bedienen können, können sozusagen die Hersteller von Chipkarten oder Autos oder sonstiges gerne hierherkommen. Insofern würde ich aber sagen, das Land Berlin hat ja auch so etwas zum Thema mittelstandsfreundliche Vergabe gemacht, was dann über das ITDZ läuft, also das IT-Dienstleistungszentrum. Ich glaube, das macht das Land Berlin sehr gut. Zum Thema Open Source: Ich selber bin ein Fan von Open Source. Wir setzen das bei uns im Unternehmen viel ein. Ich glaube, dass Open Source nichts Strategisches ist und dass das so, wie das Land Berlin es beschafft, aus meiner Sicht derzeit Sinn macht. Vielmehr zum Thema Open Source würde ich da auch nicht erwarten. Natürlich ist das etwas, was im Wettbewerb auch als intellektuelles und Geschäftsmodell zu anderen Dingen steht, und da muss der Berli-ner Senat bei der Beschaffung mit einem kühlen Kopf gucken und dann sehen, ob mal das eine oder mal das andere günstiger ist. In dem Umfeld würde ich mir fast weniger als mehr Politik wünschen. Das Thema Open Data wurde angesprochen. – Ich denke, für den Bürger ist Open Data toll. Wir alle wollen mehr Einblick in die Abläufe des Staates haben. Wir haben schon das Infor-mationsfreiheitsgesetz. Ich glaube, auch der Landesdatenschutzbeauftragte des Landes Berlin hat angeregt, dieses Informationsfreiheitsgesetz noch mal unter dem Gesichtspunkt Open Da-ta zu überarbeiten und ein modernes, quasi proaktives Informationsfreiheitsgesetz zu machen. Ich glaube, es ist gut für alle Bürger, für alle Unternehmen. Ich glaube aber, dass es keine besondere Bedeutung für die IT-Wirtschaft hat, sicherlich eine kleine, aber ich glaube nicht, dass wir jetzt hier einen Gründungsboom oder ein extremes Wachstum der IT-Industrie in Deutschland generieren können dadurch, dass Berlin jetzt besonders viel im Bereich Open Data macht. Das heißt nicht, dass ich die Initiativen und die ganzen Aktivitäten nicht toll fin-de, denn wie gesagt, Bürger und Wirtschaft im Allgemeinen profitieren durchaus davon. Dann hatten wir noch das Thema Industrie 4.0. Daran würde ich noch mal anschließen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Trend, also die Machine-to-Machine-Communication, die wir alle schon im Auto durch unsere Navigationssysteme genießen, und demnächst müssen wir nicht mehr selber bremsen, das macht das Auto für uns. Ich glaube, dass solche Techno-logietrends eine große Rolle spielen. Ich glaube auch, dass wir in Berlin strategisch mehr tun könnten, um hier auch Positionen zu besetzen. – Vorhin wurde gefragt: Warum sind die Bay-

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ern oder die Münchner trotz der hohen Miete so erfolgreich? – Sie alle kennen die bayerische Hightechstrategie, und im Nachhinein sagen viele andere Länder: Das war nicht schlecht, was die gemacht haben, nicht nur im IT-Bereich. – Jetzt machen die gerade Bayern digital, ich weiß nicht genau, wie es heißt, aber sagen wir mal, eine Milliarde nehmen die in dem Bereich als Infrastrukturinitiative noch mal in die Hand. Die muss man natürlich erst einmal haben. Das würde Berlin aber auch nicht schlecht anstehen. Insofern wäre so eine Hightechinitiative, gerne im großen deutlichen Umfang auch im IT-Bereich, eine schöne Geschichte, und viel-leicht kann man sich das noch mal zusammen angucken, was im Augenblick auch in den an-deren Ländern passiert. Da schadet es ja nichts, vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas zu lernen. Dann gab es noch die Frage zum Thema Erfahrungen mit den Berliner Institutionen. Ich den-ke, wir haben gute Institutionen in Berlin. Da sind auch tolle Mitarbeiter, die sich engagieren. Teilweise sind die Zuständigkeiten etwas unklar. Wir unterstützen sicher, dass jetzt im Be-reich TSB/Berlin Partner etwas passiert. Insgesamt haben die Unternehmen häufig die Situa-tion, dass sie zu der einen Institution gehen, und die finden etwas gut, dann müssen sie aber noch zur nächsten, die findet das wieder nicht mehr gut, und dann versteht man eigentlich gar nicht, mit wem man redet. Ein Stück weit Konsolidierung und Fokussierung wäre hier schön, wie gesagt, bei all dem Guten, das es schon gibt. Das Thema Fachkräfte aus anderen Nicht-EU-Ländern ist kompliziert, gar keine Frage. Das geht vielen Unternehmen hier so, die so einen Spezialisten aus – bei uns wäre es – Indien her-holen wollen. Irgendwo geht es im Ergebnis, meine ich, und wir dürfen nicht vergessen, wir haben im Augenblick den riesigen europäischen Markt, und die Chance sollten wir auch nut-zen. Auch hier würde ich den Berliner Senat gerne ermutigen, weiterzumachen und auch zu gucken, wo im europäischen Ausland vielleicht Fachkräfte für uns vorhanden sind. Standortfaktoren von Berlin hatte ich eben schon genannt. Ich glaube, dass die Fachkräfte ganz wichtig sind, die IT-Unternehmen, die da sind, eine sehr gute Infrastruktur, und die Wis-senschaft als Quelle noch weiter zu erschließen, wäre schön. Zum Thema EAP-System: Da ist es bundesweit so, fast europaweit, dass die nicht die Bedeu-tung erlangt haben, die man ihnen ursprünglich zugeschrieben hat. Da geht es darum, an einer Stelle, wenn man aus dem Ausland kommt, dann auch auf sehr einfache Art und Weise ein Unternehmen gründen zu können. Aus meiner Sicht ist das politisch auch zu wenig hinterlegt. Es wäre schön, wenn man hier die Existenzgründung auch an einem Tag schaffen könnte, so wie das in Skandinavien zum Teil der Fall ist. Im Übrigen werden die ganzen Umfeldinfor-mationen auch nicht zur Verfügung gestellt, also wer hier gründet. Da ist das Gründen dann das Formale ganz am Ende. Es ist auch wichtig, dass die Investoren von außen mehr über die Stadt Berlin erfahren können, um sich dann positiv zu entscheiden, hierher zu kommen. Inso-fern sind die EAP-Systeme ein erster Schritt in die richtige Richtung, man muss jetzt aber vielleicht noch etwas Umfeld schaffen. Das Thema Business-Angels wollte ich am Ende ansprechen. Es gibt natürlich auch in Berlin Business-Angels, die sich vielleicht nicht wie in Amerika einen Anstecker anheften, aber mein Eindruck ist, dass sich das auch ein Stück weit entwickelt, und vielleicht ist das deut-sche Modell nicht ganz so laut, aber es wird trotzdem solide Geld in die Hand genommen, was auch seine Vorzüge hat. – Das waren meine Punkte zu den Fragen. – Danke schön!

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Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Stocksmeier, auch dass Sie es ge-schafft, alle Fragen, Sie hatten ja die meisten, zu beantworten! – Zum Abschluss, Herr Meyer, bitte! Sebastian Meyer (Bundesverband Mittelständische Wirtschaft, Fachgruppe IT): Danke, dass ich auch dazu noch ein paar Worte loswerden darf! – Vielleicht in dem Zusammenhang noch mal eine halbe Information zu mir: Ich stehe wahrscheinlich so ein bisschen zwischen diesen beiden bisher gewesenen Parteien, zum einen, weil ich Unternehmer im IT-Umfeld eher in einem klassischen Segment bin und nicht in einem klassischen Web-Start-up, auf der anderen Seite in der Situation, dass wir uns 2009 gegründet haben und uns jedes Jahr sowohl vom Umsatz als auch von den Mitarbeiterzahlen her verdoppelt haben, also schon ein junges wachsendes Unternehmen, auf der anderen Seite aber schon auch sehr klassisch ohne Finan-zierung über Venture-Capital und eben auch ohne Web und ganz unabhängig von der Situati-on im Verband, der sicherlich auch für einige Themen hier sinnvolle Ansätze hat, gerade was den Umgang mit Praktikanten und Initiative Praktikum angeht, solche Dinge eben nicht unbe-zahlt zu machen, sondern sinnvoll zu vergüten. Ich glaube, dass wir im Bereich IT in Berlin, was den Personalteil angeht, sowieso schon die Situation haben, dass wir uns über zu viele unbezahlte Praktikanten nicht so viel Sorgen machen müssen. Wenn ich mir die Aussage von einem befreundeten Web-Start-up-Geschäftsführer anhöre, der sagt: Wie erkläre ich meiner Marketingleiterin, dass jeder Entwickler bei uns mehr verdient als sie? –, sind wir schon in der Situation, dass wir uns, wenn es wirklich um Fachkräfte geht, um gut ausgebildete Fach-informatiker aus der Ausbildung oder Informatiker gerade im Bereich Entwickler, wenn wir uns an der Uni umsehen, aus dem Bereich Praktikum schon lange entfernt haben und mittler-weile einen Wettbewerb um die Stellen haben, der sich auf das Lohnniveau niederschlägt. Genau darauf aufbauend im Zweifelsfall natürlich auch die Frage: Wen motiviere ich wie zu gründen, wenn man frisch aus der Uni kommt? Dann sind wir im Bereich Standort Berlin und natürlich auch bei den Förderprogrammen und den Dingen, die die Stadt machen kann. Wenn ich mir rückblickend unseren Weg anschaue und auch das, was viele, die ähnliche Erfahrun-gen gemacht haben, wiedergeben, ist es so, dass viele Dinge einfach langsam und träge sind. Auch mein Geschäftspartner und ich kommen aus der TU Berlin und haben uns dagegen ent-schieden, die EXIST-Programme und was es damals gab, mitzunehmen, weil der bürokrati-sche Aufwand, der dahinterstand, sich arbeitslos zu melden und Anträge auszufüllen, im Ver-gleich zu dem, was es dann tatsächlich bringt, nicht immer passt. Auch da muss man einfach schauen: Wie schnell und wie einfach funktionieren bestimmte Beantragungs- und Vergabe-verfahren? Genau die gleichen Erfahrungen haben wir auch mit der IBB gemacht. Wir haben da das erste Jahr gar nicht auf Förderprogramme zurückgegriffen, sondern uns erst im zweiten Jahr damit auseinandergesetzt und dann nach viel Schriftverkehr auch eine Bewilligung dafür bekommen. Als wir ein Dreivierteljahr später angefragt haben, wie das denn jetzt genau aus-sieht, hieß es: Der Senat hat leider den Jahreshaushalt noch nicht verabschiedet, deswegen kann nicht weiterbearbeitet werden. – Das ist dann natürlich schwierig, wenn wir dann schon über ein Jahr Bearbeitungsdauer und eine Dynamik sprechen, dass wir in der Zeit schon wie-der doppelt so groß sind wie zum Beantragungszeitpunkt. Da muss man dann natürlich als Unternehmen abwägen: Welchen Sinn hat das dann? – bzw. natürlich auch für Sie die Über-legung: Welchen Nutzen hat ein Programm, wenn es so funktioniert? Eigentlich muss ich da noch vor oder mit dem Bedarf da sein.

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Dann sind wir wieder beim Bereich Web-Start-ups, wo eine Skalierung, so wie wir sie jetzt in vielen Fällen kennengelernt haben, noch viel schneller ist. Wie kann ich diese Dynamik im IT-Bereich, die unglaublich schnell wächst, von der anderen Seite aus begleiten und noch weiter stärken? – Berlin ist mit seinem Standortvorteil sicherlich in der Situation, dass wir hier gerade für junge Menschen und auch für kreative Menschen, die im Webbereich unab-dingbar sind und die auch für die Entwicklung unabdingbar sind, einfach eine sehr interessan-te und lebenswerte Stadt darstellen. Da ist ein großer Standortvorteil, den Berlin hat und wo wir aber sicherlich gemeinsam überlegen sollten: Welche Möglichkeiten gibt es, auch diese Entwicklung wirtschaftlich zu unterstützen? Ein ganz großer Punkt ist die Geschwindigkeit, die diese Unternehmen an den Tag legen, auch auf Behördenseite, und gerade, was Förder-programme angeht, sich entsprechend darauf einzustellen, dass das anders funktioniert als im klassischen Unternehmensumfeld. Aber dazu gibt es sicherlich auch von Herrn Bruns in der detaillierten Ausführung noch ein paar Informationen. Stellv. Vorsitzender Jörg Stroedter: Vielen Dank, Herr Meyer! – Meine Herren! Wir be-danken uns sehr, dass Sie heute hier waren und zur Diskussion zur Verfügung standen. Herz-lichen Dank und eine gute weitere Sitzung und einen guten Heimweg! – [Allgemeiner Beifall] Ich darf davon ausgehen, dass die Punkte 2 und 3 ihre Erledigung gefunden haben. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Punkt 4 der Tagesordnung

Verschiedenes

Siehe Beschlussprotokoll.