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oben: Lichtdurchflutete Wohnungsgrundrisse in den modernisierten Gebäuden

unten: In den Erdgeschossen wurden privat nutzbare Freibereiche definiert.

rechte Seite: Der vorgebaute Loggiabereich ist in der Fassade ablesbar.

C) Projektbeschreibung und Akteure

Das Schweizer Unternehmen Helvetia hat sich zum Ziel gesetzt, durch die umfassende

Erneuerung der 2,2 ha großen Siedlung sowohl Mietwohnungen als auch hochwertigen

Wohnungsbau für eine vielfältige Mieterstruktur am Standort anzubieten. Das Unterneh-

men zeichnet sich durch eine langfristige Kalkulation253 und eine hohe soziale Verant-

wortung aus. Eine soziale Zielsetzung war es, die Mieter trotz umfassender Eingriffe in

den Bestand in der Anlage zu halten.

Bei einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Quartier Altenhagener Weg

wurden zunächst alle Optionen – auch ein kompletter Abbruch des Bestandes – in Erwä-

gung gezogen. Der Wille des Bauherrn, die Maßnahmen in einem größtmöglichen Kon-

sens mit den Mietern durchzuführen, sowie umfassende Analysen des Bestandes führten

schließlich zu der Entscheidung, den Bestand zu erneuern, umzubauen und nachzuver-

dichten. Entscheidend für den Erhalt des Bestandes waren die Substanzeigenschaften: in

der Raumhöhe gab es ausreichend Spielraum und die Konstruktion sowie die Grundrisse

boten Möglichkeiten des (wirtschaftlichen) Umbaus.

Das Unternehmen schrieb 2002 in Kooperation mit der Stadt Hamburg einen Wettbe-

werb aus. Gesucht waren Ideen für die Modernisierung und den Umbau der Siedlung. Für

viele Siedlungsgebiete der Nachkriegszeit liegen in Hamburg keine qualifizierten Bebau-

ungspläne vor. Das konkurrierende Verfahren sollte dazu beitragen, einen Rahmen für die

weitere Entwicklung des Gebietes festzulegen. Das Berliner Büro Springer Architekten

ging als Sieger aus dem Verfahren hervor. Ziel des Modernisierungs- und Umbaukonzep-

tes war es, den „Zusammenhalt der heute recht heterogenen Nachbarschaft“ durch die

Sanierung und ergänzende Neubauten zu stärken.254

Die Gebäude wurden energetisch saniert, es wurde nachverdichtet und das Wohnungs-

angebot ausdifferenziert. Die Neubauten, vier punktartige Gebäude am südlichen und

westlichen Rand des Quartiers, und die umgebauten Gebäude folgen einem gestalterischen

Gesamtkonzept. Die historischen Gebäude sind nur noch aufgrund ihrer städtebaulichen

Struktur als solche zu erkennen. Ziel war es, eine Einheit herzustellen, die nicht in „alt“

und „neu“ zerfällt. Die Altbauten wurden teilweise um ein Geschoss aufgestockt. Die

bestehenden auskragenden, kleinen Balkone, die kaum Privatsphäre boten, wurden abge-

brochen und durchgehende Balkone und Loggien als zweite Schicht vor das Gebäude

gesetzt. Die Fenster wurden an der Südseite durch raumhohe Öffnungen ersetzt, sodass

der Bezug zum Außenraum gestärkt und die Räume optisch vergrößert wurden. Neben

den Loggien haben die Fensterelemente das Erscheinungsbild der Fassade grundlegend

verändert. Die geneigten Dächer wurden im Bereich der Loggien teilweise eingeschnitten,

um den Wohnungen im obersten Geschoss durch großzügige Dachterrassen eine beson-

dere Freiraum- und Belichtungssituation zu bieten.

Die fünfgeschossigen Neubauten wurden auf den Flächen errichtet, auf denen sich früher

die Garagenhöfe befanden. Die Gebäude wurden so angeordnet, dass sie die Wohnqualität

in den Bestandsbauten nicht beeinträchtigen. Alle Neubauten wurden mit Aufzügen aus-

gestattet. Neun Wohnungen wurden gemäß der Hamburger Bauordnung (§ 45 HBauO)

hindernisfrei gestaltet.255 Durch die Neubauten und Aufstockungen konnten 48 neue und

komfortablere Drei- bis Viereinhalb-Zimmerwohnungen geschaffen werden.

In den Altbauten befinden sich 108 Zwei- bis Zweieinhalb-Zimmerwohnungen.

Die Grundrisse können in Absprache mit den Mietern verändert werden. Beispiels-

weise ist es möglich, die im Süden gelegenen Zimmer zu den Wohnräumen hin zu öffnen.

Durch einen Tausch der Küchen- und Badbereiche konnten die Grundrisse funktioneller

gestaltet und der Wohnwert erhöht werden. Insgesamt wurde die Wohnfläche um

40 Prozent auf ca. 12.000 qm erhöht.256 Die Wohnungen im Erdgeschoss haben ca. 17 qm

große Terrassen-/Rasenbereiche, die von den Mietern individuell gestaltet werden. Die

Privatheit dieser Freibereiche wird mit Bepflanzung unterstützt. Mietergärten wurden

im Interesse einer großzügigen, fast parkartigen Wirkung der Freianlagen nicht vor-

gesehen.

253 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 6

254 Springer Architekten, o. J., S. 4

255 Vgl. ebenda

256 Vgl. ebenda

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Inschrift – Bau (1959) und Umbau (2008)

Die einheitliche Materialität mit gelblichen Klinkern, die historische Bezüge aufnimmt,

und die Fassadengestaltung mit horizontalen Öffnungselementen fassen die Alt- und Neu-

bauten zu einer Einheit zusammen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, hochwertige

Materialien zu verwenden. Alle Gebäude haben Klinkerfassaden mit einer dahinterliegen-

den Wärmedämmung (10 cm) und Holz-Aluminium Fenster mit Dreifachverglasung. Es

wurde kein übliches Wärmedämmverbundsystem verwendet. Der Primärenergieverbrauch

konnte um über 70 Prozent gesenkt werden.257 Der Jahresheizwärmebedarf liegt zwischen

58,40 KWh/qm (Altbau) und 45,80 KWh/qm im Neubau.258 Die Außenwände im sanier-

ten Altbau haben eine Wandstärke von knapp 60 cm. Alle Installationen wurden erneuert.

Wichtiger Bestandteil des Konzeptes war es, die Freiräume auch heute noch als „flie-

ßende Räume“ zu gestalten und zu bewahren.259 Öffentliche und private Freiflächen wer-

den durch Bepflanzungen und Geländemodellierungen differenziert. Um die Freiraum-

qualitäten zu erhalten, war es notwendig, den überwiegenden Teil der insgesamt 101 Stell-

plätze in Tiefgaragen unterzubringen (89 Tiefgaragenstellplätze). Die große Garage wird

über die Straße Farmsener Zoll angefahren. Über 70 Prozent der 156 Wohnungen haben

einen direkten Zugang zur Tiefgarage. Zusätzlich gibt es noch 19 ebenerdige Parkplätze

direkt vor den Häusern.

Die Bebauung wurde in vier Bauabschnitten realisiert. Im ersten Bauabschnitt wurden

Neubauten mit insgesamt 33 Wohnungen und 89 Tiefgaragenstellplätzen errichtet. Die

Bauabschnitte wurden so geplant, dass die Bewohner möglichst wenig beeinträchtigt wer-

den. Beim Richtfest im Sommer 2007 waren bereits über 75 Prozent der Wohnungen ver-

mietet.260 „Insbesondere sind wir auf die vielfältige und lebendige Mieterstruktur stolz,

die dem Viertel viel Vitalität einhauchen wird.“ 261

Im Zuge der Baumaßnahmen kam es nicht zu Wohnungskündigungen. Vor Beginn der

Erneuerung wurden frei werdende Wohnungen nicht neu vermietet. Den Mietern wurden

Umzugsoptionen in eine gleichwertige, modernisierte Wohnung im Quartier angeboten.

Diese Option wurde von sehr vielen Mietern wahrgenommen – über zwei Drittel der Mie-

ter sind im Quartier geblieben. Nur sehr wenige Mieter sind in ihre alte Wohnung zurück-

gezogen.

D) Finanzierung

Das Unternehmen investierte insgesamt 17 Mio. Euro in die Erneuerung des Bestandes

und die Neubauten. Es wurden knapp eine Mio. Euro Wohnungsbaufördermittel der

Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt WK in Anspruch genommen. Durch die

Inanspruchnahme der Fördermittel war es möglich, die Mieten im Bestand trotz der

umfassenden Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen nicht zu erhöhen. Die Miete im

geförderten Wohnungsbau liegt bei rund 5,20 Euro/qm (Mietpreisbindung).

E) Besonderheiten und Übertragbarkeit

Das Ziel der Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen, die städtebauliche Struktur und den

Charakter der Siedlung in den wesentlichen Zügen zu erhalten, konnte erreicht werden.

Das Wohnungsgemenge wurde ausdifferenziert und das Erscheinungsbild deutlich aufge-

wertet. Da die Struktur des Bestandes allen Umbaumaßnahmen zugrunde gelegt wurde,

konnten „gravierende Eingriffe in die Substanz“ vermieden werden.262 So konnte auch im

Bestand mit vertretbarem Aufwand Neubaustandard erreicht werden. Voraussetzung für

den Erhalt waren die relativ guten Substanzeigenschaften des Bestandes. Ohne diese

Eigenschaften (Geschosshöhe, Tragstruktur, Grundrissspielräume) wäre es nicht möglich

und wirtschaftlich sinnvoll gewesen, die Gebäude zu erhalten und an heutige Wohnanfor-

derungen anzupassen.

Trotz der umfassenden Eingriffe an den Häusern ist es gelungen, über zwei Drittel der

Bestandsmieter im Quartier zu halten und die gewachsene Nachbarschaft zu bewah-

ren.263 Einige Mieter zogen in ihre alte, sanierte Wohnung, andere nutzten die Chance in

eine größere Wohnung im Neubau zu ziehen. Der Bestand wurde unter Beibehaltung der

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Freiraumqualitäten qualifiziert. Das Projekt zeigt, dass es möglich ist, die Zeilenstruk-

turen der 1950er und 1960er Jahre nachzuverdichten (in diesem Fall um 40 Prozent), ohne

die spezifischen Qualitäten der gegliederten und aufgelockerten Bauweise zu negieren.

Die Bebauung wurde mehrfach ausgezeichnet: Deutscher Städtebaupreis – Sonderpreis

„Die Stadt der Nachkriegsmoderne“ 2008, BDA Hamburg Architekturpreis 2008, Archi-

tekturpreis Zukunft im Bestand 2008, Deutscher Bauherrenpreis „Modernisierung“ 2009,

BDA „Nike für besonderes soziales Engagement“ 2010, Gestaltungspreis der Wüstenrot

Stiftung 2012 „Zukunft der Vergangenheit – Die Erneuerung von Gebäuden der Baujahre

1945 – 1979“. Neben ihrer städtebaulichen und gestalterischen Qualität wurde sie insbe-

sondere als „zukunftsweisend für das Thema Nachverdichtung“ beurteilt.264 Das Projekt

setzt einen wichtigen Impuls für den Umgang mit den Nachkriegsbeständen im Stadtbe-

zirk. Im Wohnungsbauprogramm 2012 – Bezirk Wandsbek heißt es: „Die Modernisierung

und Ergänzung der mehrfach prämierten Siedlung am Altenhagener Weg hat darüber

hinaus aufgezeigt, welche großen Potentiale auch die qualitätvolle Ertüchtigung des bau-

lichen Bestandes bieten kann.“ 265 Das Beispiel zeigt, welche Weiterentwicklungsmöglich-

keiten im Nachkriegsbestand stecken und welche Qualitäten durch einen sensiblen Städte-

bau und eine hochwertige Architektur entstehen können.

Quellen

Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Wandsbeck, Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung (Hg.): Wohnungsbauprogramm 2012 – Bezirk Wandsbeck. Hamburg 2012. Online abrufbar http://www.hamburg.de/contentblob/3469910/data/wohnungsbauprogramm-druckversion-april-2012-teil-1-text.pdf

HAW Wohnquartier am Altenhagener Weg in Hamburg, Groth-Gruppewww.groth-gruppe.de/haw-wohnquartier-hamburg (Zugriff am 16. 12. 2012)

Springer Architekten: HAW Wohnquartier am Altenhagener Weg in Hamburg Wandsbeck, Beschreibung der Maßnahmen

Wüstenrot Stiftung (Hg.): Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung. Zukunft der Vergangenheit – Die Erneuerung von Gebäuden der Baujahre 1945 – 1979. Stuttgart / Zürich 2012.

E-Mail-Austausch mit Peter Lewalter, Technische Liegenschaftsverwaltung Helvetia Versicherung

E-Mail-Austausch mit Prof. Jörg Springer, Heidenreich und Springer Architekten, Berlin, Telefonat am 25. 1. 2013

Links

http://www.baunetzwissen.de/objektartikel/Mauerwerk-Siedlung-Altenhagener-Weg-in-Hamburg_2455963.html (Zugriff am 16. 12. 2012)

http://www.helvetia.de/ueber-uns/presse/pressemeldungen/singleview/article/helvetia-feiert-richtfest-fuer-wohnanlage-am-altenhagener-weg-in-hamburg.html (Zugriff am 16. 12. 2012)

257 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 8

258 Vgl. Website: www.baunetzwissen.de/objektartikel/Mauerwerk-Siedlung-Altenhager-Weg-in-Ham-burg (Zugriff am 16. 12. 2012)

259 Springer Architekten, o. J., S. 4

260 Vgl. Website www.helvetia.de (Zugriff am 16. 12 .2012)

261 Wolfram Wrabetz beim Richtfest 2007; Website: www.helvetia.de

262 Springer Architekten, o. J., S. 5

263 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 8

264 Ebenda, S. 7 (aus der Begründung der Jury)

265 Website: http://www.hamburg.de/contentblob/3469910/data/wohnungsbauprogramm-druckversion-april-2012-teil-1-text.pdf, S. 9 (Zugriff am 25. 1. 2013)

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A) Basisdaten

4.2.3 Bremerhaven Schillerstraße

Kommune Bremerhaven – Stadtbezirk: Stadtbezirk Süd, Stadtteil: Geestemünde

Bundesland Bremen

Einwohner (31. 12. 2011)266 112.982

Gemeindetyp Kreisfreie Stadt, Oberzentrum im nördlichen Elbe-Weser-Dreieck

Demografietyp (Bertelsmann) stark schrumpfende Kommune mit besonderem Anpassungsdruck (Typ 9)

Prognose aufgrund des Strukturwandels ab den 1970er Jahren starke Bevölkerungsverluste–

seit 2010 Stabilisierung, 2011 leichte Einwohnerzuwächse–

sehr entspannter Wohnungsmarkt, Überangebot an einfachen, unsanierten und –sehr günstigen Wohnungen, Bedarfe im höherwertigen Segment, relativ konstante Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern

Anzahl Wohngebäude267 21.320

Anteil WE in MFH267 73 %

Lage ca. 2,3 km südlich der Innenstadt

Baualter 1950er Jahre

Bebauungsstruktur 4 Gebäudezeilen

Projektart / Größe Wohneinheiten: vor der Modernisierung 68 WE, nachher 56 WE

Projektzeitraum 2005 Bezug der ersten modernisierten Zeile (Haus 129)–

2008 Bezug des letzten modernisierten Hauses–

Initiator/Träger Stäwog, Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven (Bauherr)

Kooperationspartner/sonstige Beteiligte

Planung (Architekt): Hans-Joachim Ewert als Architekt mit der Planungsabteilung Stäwog–

1. Bauabschnitt Schillerstraße 129: Ole Ott als Architekt mit der Planungsabteilung der Stäwog–

Tragwerks- und Fassadenplanung: Born + Gollücke Beratende Ingenieure VBI, Bremerhaven–

Prüfstatik: KSF GmbH & Co. KG Beratende Ingenieure VBI, Bremerhaven–

Elektrotechnikplanung: Ingenieurbüro Spell, Bederkesa–

Zielgruppe Menschen, die (weitgehend) barrierefrei erschlossene, kleine Wohnungen nachfragen–

(vorwiegend ältere) Bestandsmieter, mit einer hohen Bindung an den Standort–

Finanzierung für die 4 Zeilenbauten insgesamt ca. 4,3 Mio. Euro (Bruttobaukosten, einschließlich Außenanlagen –und Nebenkosten), durchschnittlich ca. 1.150 Euro/qm Wohnfläche

Wohnraumförderung Land Bremen–

Ausgangslage /Probleme Schlichtbauten aus den 1950er Jahren–

mit Barrieren und ungünstiger Grundrissorientierung (Erschließung im Süden, Balkone im Norden)–

Maßnahmen / Strategien Grundlegender Umbau und Neuorganisation der Erschließung–

Barrierefreiheit–

Schaffung von Übergangsbereichen zwischen privaten Bereichen und Erschließung–

Adresse des Projektes Schillerstraße 129, 131, 133, 135, 27570 Bremerhaven

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B) Kontext, Rahmenbedingungen

Bremerhaven ist Oberzentrum im nördlichen Elb-Weser-Dreieck mit rund 113.000 Ein-

wohnern. Ende der 1960er Jahre erreichte die Bevölkerung mit 149.000 Einwohnern einen

Höchststand, seither nahm sie ab, bleibt aber seit 2010 nahezu stabil und verzeichnete 2011

leichte Zuwächse.268 Die kreisfreie Stadt liegt direkt an der Nordsee und ist eine der größ-

ten Europäischen Hafenstädte. Gemeinsam mit Bremen bildet Bremerhaven das Bundes-

land Freie Hansestadt Bremen. Die Stadt gliedert sich in die Stadtbezirke Nord und Süd

mit insgesamt neun Stadtteilen.

Mitte des 19. Jahrhunderts startete in Bremerhaven die erste Dampfschifflinie von

Europa nach Amerika, 1858 wurde eine regelmäßige Schiffsverbindung für Passagiere

nach New York eingerichtet. 1939 hatte die Stadt, damals unter dem Namen Wesermünde,

bereits rund 110.000 Einwohner. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark zerstört; 1944 fiel

das Stadtzentrum einem Luftangriff zum Opfer.

Nach dem Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt wurde Bremerhaven

(Wesermünde wurde 1947 in Bremerhaven umbenannt) nach Ende des Krieges wieder

aufgebaut. Aufgrund der Zerstörungen und der Flüchtlingsströme herrschte in der Stadt

eine große Wohnungsnot, die durch ein großes Bauprogramm rasch und kostengünstig

gelindert werden musste. Die Nachkriegsmoderne ist ein fester Bestandteil der Stadtge-

schichte und -identität. Die Bauten der 1950er bis 1970er Jahre sind in der Stadt allgegen-

wärtig. 1960 wurde Ernst May beauftragt, einen Generalbebauungsplan für die Stadt auf-

zustellen.

In der Werftenkrise in den 1970er und 1980er Jahren schlossen viele traditionsreiche

Werften in Bremerhaven; die deutsche Hochseefischerei wurde fast vollständig aufgelöst

und die Blütezeit der Stadt fand ein Ende.269 Die Stadt ist seither einem starken wirt-

schaftsstrukturellen und demografischen Wandel ausgesetzt, dem sie seit Ende der 1990er

Jahre aktiv – und erfolgreich – begegnet. In den letzten Jahren erlebte die Stadt durch den

Ausbau der Offshore-Technik einen Aufschwung. Die Arbeitslosenzahlen liegen trotzdem

noch bei 14,1 Prozent (November 2012, Landesdurchschnitt Bremen 10,8 Prozent, Bun-

desdurchschnitt 6,5 Prozent). Das durchschnittliche monatliche Industrieeinkommen ent-

spricht rund 80 Prozent des Bundesdurchschnitts.

Der Hafenbetrieb ist der wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt (vorwiegend Seegüter-

umschlag). Die Hochschule Bremerhaven und das Alfred Wegener Institut (AWI) sind

wichtige Arbeitgeber im wissenschaftlichen Bereich.270 Touristisch gewann die Stadt 2005

mit der Eröffnung des Auswandererhauses und dem neuen Zoo am Meer sowie 2009 mit

der Eröffnung des Klimahauses an Bedeutung („Bremerhaven wächst am Meer“ 271). Die

Großprojekte zum Umbau der Wirtschaftsstruktur werden durch Investitionsmittel des

Landes, der Stadt und der EU ermöglicht. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stäwog

ist ein wichtiger Partner bei der Gestaltung des Strukturwandels, das Unternehmen hat

sich zu einem Dienstleister für die Kommune entwickelt.272

Es gibt Wohnungsleerstände in der Stadt, die sowohl in innerstädtischen Gründerzeit-

beständen als auch in den Großsiedlungen der Nachkriegszeit auftreten. Die Stadt wurde

2002 mit dem Gründerzeitquartier Lehe in das ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West

aufgenommen. In den ersten fünf Jahren nach dem Start des Städtebauförderungspro-

gramms Stadtumbau West verlor die Stadt vier Prozent ihrer Einwohner (2004 – 2007).273

Von den rund 47.000 Wohnungen standen 2010 rund 5.400 Wohnungen, das entspricht

mehr als elf Prozent, leer. Lehe und Geestemünde sind die Stadtteile mit den höchsten

Leerstandsquoten („Lehe wird zum Ladenhüter“274). Auch Leherheide und Klushof gelten

als schwierige Standorte. Bis 2015 wurde mit rund 10.000 leerstehenden Wohnungen

gerechnet.275 Inzwischen hben sich diese Zahlen relativiert. Es wird jetzt davon ausgegan-

gen, dass ich der Wohnungsleerstand auf ca. 5.400 Wohneinheiten stabilisiert. Ein großer

Teil dieser Wohnungen befindet sich im Besitz von kleinen, privaten Wohnungseigentü-

mern. Die Stadt setzt sich für eine neue gesetzliche Regelung ein, um die Eigentümer von

„Schrottimmobilien“ stärker in die Pflicht zu nehmen (Änderung § 179 BauGB Rückbau

266 Vgl. Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)

267 Vgl. Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 20. 12. 2012)

268 Vgl. Stäwog, 2011, S. 7

269 Vgl. Website: http://www.bis-bremerhaven.de/sixcms/media.php/748/BIS_aktuell_08_10_net.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)

270 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 8

271 Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft, 2009, S. 10

272 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 8

273 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_900918/StBauF/DE/StadtumbauWest/Praxis/Kommunale_Praxisbeispiele/Massnahmen/Bremerhaven_Lehe/BHV_lehe_inhalt.html (Zugriff am 9. 1. 2013)

274 Vgl. Website: http://www.nordsee-zeitung.de/region/bremerhaven_artikel,-Lehe-wird-zum-Ladenhueter-_arid,447131.html (Zugriff am 9. 1. 2013)

275 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 22

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und Entsiegelungsgebot). Idee ist es, dass die Eigentümer künftig die Abrisskosten tragen

und nicht die öffentliche Hand. Das Gesetzesvorhaben befindet sich derzeit in der Abstim-

mung (Stand Ende 2012). Der Wohnungsmarkt in Bremerhaven ist aber sehr unterschied-

lich ausgeprägt. Wohnraum für einkommensschwächere Haushalte ist ausreichend vor-

handen. Nicht modernisierte Wohnungen, die vor 1969 gebaut wurden, werden für zwei

bis drei Euro/qm vermietet (Mietspiegel 2011).276 Neben den Leerständen und einem

niedrigen Mietniveau gibt es auch Segmente, in denen hohe Preise erzielt werden können,

beispielsweise in Penthauswohnungen oder Neubauten mit Meerblick (Havenwelten).

Auch kleine Wohnungen in guten Lagen werden nachgefragt. Nach Einfamilienhäusern

gibt es eine weitgehend stabile Nachfrage.

Die Wohnungsunternehmen mit den größten Beständen in der Stadt sind die GEWOBA

(Bestände in Bremen, Bremerhaven und Oldenburg) mit rund 10.000 Wohnungen und das

kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog mit rund 5.100 Wohnungen. Weitere Unter-

nehmen sind die Wohnungsbaugenossenschaft WoGe Bremerhaven, das börsennotierte

Unternehmen GAGFAH Group, die Gemeinnützige Wohnungsfürsorge GmbH und die

Vereinigte Bau- und Siedlungsgenossenschaft.277 Um den hohen Leerstand bewältigen zu

können, werden auf der Grundlage des gesamtstädtischen Stadtumbaukonzeptes Woh-

nungen vom Markt genommen und die freiwerdenden Flächen beispielsweise für den Bau

von Ein- und Zweifamilienhäusern genutzt.278 Die Leerstände der Stäwog haben sich zwi-

schen 2001 und 2011 nahezu halbiert auf rund 219 Wohneinheiten.279

C) Projektbeschreibung und Akteure

Das kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog wurde Anfang der 1940er Jahre gegrün-

det (damals als „Wesermünder Wohnungsbaugesellschaft“ mit einem Bestand von 463

Wohnungen)280 und hat derzeit einen Bestand von rund 5.100 Mietwohnungen in ganz

Bremerhaven.281 Die Stadt Bremerhaven ist zu 100 Prozent Eigentümerin der Wohnungs-

gesellschaft, die heute mehr als 60 Mitarbeiter beschäftigt. Die Stäwog hat ein breites

Tätigkeitsspektrum: neben der Verwaltung von Wohnungen erschließt das Unternehmen

Grundstücke, baut Straßen, verwaltet Immobilien, verpachtet Gartengrundstücke und

übernimmt Bauleitungsaufgaben (z. B. Klimahaus Bremerhaven)282. Darüber hinaus

erbringt das Unternehmen Dienstleistungen (z. B. Hausverwaltungen für Eigentümer-

Gemeinschaften). Neben Wohnungen vermietet das Unternehmen Einzelhandelsflächen.

Das Unternehmen ist ein wichtiger Akteur der Stadtentwicklung, Dienstleister und Wirt-

schaftsfaktor der Stadt. Für die Bereitstellung von Dienstleistungen wurden Tochtergesell-

schaften gegründet (Stäwog Service GmbH und Städtische Grundstücksgesellschaft

Stägrund). Die Stäwog Service wurde gegründet, um die wirtschaftliche Versorgung der

Mieter mit Energie sicherzustellen. Die GmbH betreibt Blockheizkraftwerke, Heizungsan-

lagen und verkauft den Strom an die Mieter.

Zentrales Unternehmensziel ist es, einen Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten und

der sozialen Verantwortung gerecht zu werden: „Sichere und sozial verantwortliche Woh-

nungsversorgung für eine vielschichtige Bevölkerung ist die Hauptaufgabe der 1941

gegründeten Städt. Wohnungsbaugesellschaft mbH.“ 283 Beinahe alle Wohnungen des

Unternehmens sind frei finanziert und werden daher einkommensunabhängig vermietet.

In den Beständen des Unternehmens leben noch viele Mieter der ersten Generation, ent-

sprechend hoch ist der Altersdurchschnitt der Mieter. Das Unternehmen reagiert auf die

Mieterstruktur und bietet, neben den baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Barrie-

ren, Hilfestellungen zur Alltagsbewältigung an. Die Zufriedenheit der Bewohner wird als

hoch eingeschätzt, das engagierte Handeln des Unternehmens wird von den Mietern

gewürdigt.

Die Erneuerung der Bestände der 1950er und 1960er Jahre ist seit rund zwölf Jahren ein

Tätigkeitsschwerpunkt der Stäwog. In den Gebäuden der 1950er Jahre sieht das Unterneh-

men große Erneuerungsspielräume: Es wird von einem „Comeback der 50er-Jahre-Wohn-

anlagen in Bremerhaven“ gesprochen.284 Die Stäwog setzt sich intensiv mit diesen Woh-

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nungsbaubeständen auseinander und prüft jeweils, ob eine Erhaltung möglich ist. Den

Grundrissen der 1950er und 1960er Jahre wird ein großes Potenzial zugesprochen, da sie

sich mit vertretbarem Aufwand umbauen und verändern lassen (z. B. Umbau von Drei- in

Zweizimmerwohnungen). Ökonomische, ökologische und sozio-kulturelle Gründe sind

vielfach ausschlaggebend für einen Erhalt der Gebäude, die umfassend modernisiert oder

saniert werden. „Am Twischkamp“ (rund 260 WE) war 1997 die erste Siedlung der 50er

Jahre, die das Unternehmen umfassend erneuerte. Es folgte der Umbau der Siedlung Wuls-

dorf / Buxtehuder Straße mit rund 430 Wohneinheiten im Rahmen des Programms Sozia-

le Stadt. Die Siedlung, die als sozialer Brennpunkt galt („Flachdachhausen“) wurde grund-

legend erneuert und die Dächer durch Flugdächer ersetzt. Das Image der Siedlung hat sich

seither gewandelt: „Das Wunder von Wulsdorf“ 285. Die Stäwog sieht im Weiterbauen drei

wesentliche Vorteile:

1. Energieeinsparung ist gut umsetzbar, da die schlichte Architektur und die Fassaden der

Nachkriegszeit sich für die energetische Modernisierung eignen.

2. Flächen- und Ressourceneinsparung durch die effektive Nutzung des Bestandes

3. Schonung von Rohstoffen („graue Energie“)

Wichtig ist es dem Unternehmen, die Bestände nach einem ganzheitlichen Konzept zu

erneuern. Grundlage sind quartiersbezogene Entwicklungskonzepte. Daher werden nicht

nur die energetischen Aspekte in den Vordergrund gestellt, sondern ebenso der Wohnwert,

das Umfeld und weitere Merkmale, die für ein qualitätsvolles Wohnen wichtig sind. Die

architektonische Gestaltung ist dem Unternehmen wichtig. Ziel ist die Weiterentwicklung

der Gebäude ohne die „Verfremdung der kulturellen Werte […]. Eine Sanierung oder bes-

ser ein Weiterbau ist zudem der Ausdruck des Respekts vor der historischen Bausubtanz,

der Leistung unserer Vorfahren und damit vor der Geschichte unserer Stadt“.286

rechts: Bebauung Am Twischkamp, vor der Erneuerung

unten: Am Twischkamp nach der Sanierung, Gartenseite mit privat nutzbaren Bereichen für die Erdgeschosswohungen

276 Vgl. Website: http://www.mieterverein-bremerhaven.de/fileadmin/template/dmb/bremerhaven/Mietspiegel_2011-2012.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)

277 Vgl. Website: http://www.bremerhaven.de/meer-erleben/bauen-wohnen / (Zugriff am 9. 1. 2013)

278 Vgl. Website: http://www.stadtumbauwest.de/konzept/PW_Bhv_Friedrich_Heckemeier.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)

279 Vgl. Stäwog, 2011, S. 7

280 Vgl. Stäwog, 2010, Umschlaginnenseite

281 Website: http://www.staewog.de/staewog/ (Zugriff am 8. 1. 2013)

282 Vgl. Stäwog, 2010, Umschlaginnenseite

283 Ebenda

284 Stäwog, 2010, S. 8

285 Welt am Sonntag vom 11. 12. 2011, S. 99 und 101: Das Wunder von Wulsdorf

286 Stäwog, 2010, S. 9

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158 4 Fallstudien

Lageplan Bestand Lageplan nach der Sanierung

oben: Gebäude vor der Modernisierung – nicht nur die Fassade war in die Jahre gekommen

rechts: Grundrisse, alt und neu

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4.2 Hardware Bremerhaven 159

Umbau des Wohnquartiers Schillerstraße

Das Wohnquartier Schillerstraße liegt in Geestemünde. Geestemünde war bis 1947 ein

selbständiger Ort und ist heute ein lebendiger, innenstadtnaher Stadtteil mit knapp 33.000

Einwohnern. Die Anbindung an den ÖPNV und die Ausstattung mit Infrastruktur sind

gut, es gibt Geschäfte für den täglichen Bedarf, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen,

Einrichtungen für Ältere, Kirchen und einen Wochenmarkt. Vor der Modernisierung galt

die Wohngegend um die Schillerstraße mit ihren Zeilenbauten nicht als gute Adresse.

Kennzeichnend waren Schlichtbauten aus den 1950er Jahre mit sehr beengten Grundris-

sen und ungünstiger Orientierung (Erschließung im Süden, Balkone im Norden), herunter-

gekommene, lindgrün gestrichene Fassaden, ein hoher Sanierungsstau und ein unattrak-

tives Wohnumfeld. Es war kaum mehr möglich – in einem sehr entspannten Wohnungs-

markt – Mieter für die Bestände zu interessieren. Die vier Zeilengebäude reihen sich leicht

aus dem rechten Winkel gedreht entlang der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Schiller-

straße auf.

Nach einer ersten Analyse sprach vieles für einen Abbruch der Schlichtbauten mit ihren

gravierenden Mängeln. Trotz aller Negativ-Indikatoren entschied sich die Stäwog für den

Erhalt und grundlegenden Umbau des Bestandes der „zweiten deutschen Gründerzeit“.287

Die städtebauliche Qualität der gestaffelten Zeilen war ein Grund für den Erhalt. Auch das

Planungsrecht sprach für den Erhalt, denn aufgrund der aktuellen planungsrechtlichen

Bestimmungen wäre der Bau von Häusern mit einem so geringen Abstand zueinander

nicht mehr genehmigungsfähig. Für die 60 Wohnungen sind beispielsweise auch nur fünf

Parkplätze für Schwerbehinderte ausgewiesen, was bei einem heutigen Neubau nicht mög-

lich wäre.

Zwischen 2005 und 2008 wurden vier Zeilengebäude unter der Projektleitung von Ole

Ott und Hans-Joachim Ewert modernisiert, energetisch saniert, die Grundrisse verbessert

(Raumzuschnitte, Ausrichtung der Wohnungen, Wohnungszusammenlegungen), Süd-

Balkone vorgebaut und weitgehend barrierefrei umgebaut, um die Vermietungschancen

langfristig zu sichern.

„Die Stäwog legte der Modernisierung ein Drei-Säulen-Prinzip zugrunde:

1. Die energetische und haustechnische Sanierung zu einem Niedrigenergiehaus mit Nut-

zung von Fernwärme aus einer Kraftwärmekopplungsanlage.

2. Grundrissoptimierungen durch bauliche Eingriffe wie Änderungen des Erschließungs-

systems, der Raumzuschnitte, Himmelsausrichtungen und Wohnungszusammenlegun-

gen.

3. Reduzierung von Barrieren in den halböffentlichen und privaten Bereichen der Woh-

nungen, Bäder und Balkone, soweit diese Maßnahmen von der Bausubstanz und Wirt-

schaftlichkeit vertretbar waren.“ 288

Das Projekt Schillerstraße wurde sehr präzise geplant und kalkuliert, um die wirtschaft-

liche Tragfähigkeit langfristig sicherzustellen. In allen Bereichen wurde nach Einsparmög-

lichkeiten gesucht (z. B. Erschließung eines Gebäudes mit nur einem neuen Aufzug, Ener-

gieversorgung).

Ziel war es, die Bewohnerstruktur nicht grundlegend zu verändern, sondern den vor-

wiegend älteren Mietern ein langes Wohnen in vertrauter Umgebung zu ermöglichen

(„sozialer Erhalt“). „Die Mieter in der Schillerstraße sind hauptsächlich so genannte ‚Empty

Nesters‘, Alleinstehende oder Ehepaare über 50, deren Kinder ausgezogen sind oder die ihr

Haus im Bremerhavener Umland verkauft haben, um ins Stadtzentrum mit seiner besse-

ren sozialen und kulturellen Infrastruktur zu ziehen.“289

Durch den grundlegenden Umbau und die Neuorganisation der Erschließung sollten

Begegnungszonen geschaffen werden, um das „Miteinander Wohnen“ zu stärken.290 Inspi-

riert wurde der projektleitende Architekt durch ein gemeinschaftliches Wohnprojekt mit

Außengangerschließung und einem überdachten Innenhof des französischen Sozialrefor-

Gebäude vor der Modernisierung – nicht nur die Fassade war in die Jahre gekommen

287 Stäwog, 2010, S. 18

288 Nagel, o. J., S. 48

289 Ebenda, S. 51

290 Vgl. Stäwog, 2010, S. 18

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160 4 Fallstudien

Der modernisierte Bestand – Nordseite (oben) und Südseite (unten rechts)

Saniertes Treppenhaus – die Erschließungs-bereiche werden individuell gestaltet

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4.2 Hardware Bremerhaven 161

Laubengang – Erschließungsbereich mit neuen Qualitäten

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162 4 Fallstudien

mers Jean-Baptiste André Godin aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts („Familistère“

in der nordfranzösischen Stadt Guise).

Der Bestand von 68 Wohneinheiten wurde durch die Umbauten und Grundrissverän-

derungen auf 56 reduziert. Das Wohnumfeld wurde neu gestaltet und den Erdgeschoss-

wohnungen private Gärten vorgelagert. Durch die energetische und haustechnische Sanie-

rung konnte Niedrigenergiehausstandard erreicht werden. Es wird Fernwärme aus einer

Kraftwärme-Kopplungsanlage genutzt. Der Primärenergieverbrauch konnte um 80 Pro-

zent gesenkt werden.

Durch die Umbauten wurde die städtebauliche Struktur nicht grundlegend verändert,

doch aber der Charakter der Bebauung. Das zentrale Element des Umbaus ist die Verände-

rung der Erschließung über den Laubengang. Das mittlere der ursprünglich drei Treppen-

häuser in einer Zeile wurde geschlossen und die zwei verbleibenden Erschließungskerne

durch einen vorgelagerten Laubengang miteinander verbunden.

Der vom Gebäude abgerückte Laubengang wurde mit rahmenlosen Glaselementen

gegen Witterung geschützt und mit einem transparenten Dach versehen, sodass der Ein-

druck einer lichtdurchfluteten, bepflanzten Lobby entsteht. Der als Stahlbeton-Konstruk-

tion errichtete Laubengang sorgt mit seinem schuppenartigen, aber offenen Witterungs-

schutz für eine natürliche Belüftung der dahinterliegenden Funktionsräume. Im Zuge der

Neuorganisation der Erschließung wurde ein gläserner Aufzug angebaut, sodass alle 16

Wohnungen ohne Treppen zu erreichen sind. Die Wohnräume orientieren sich nach Süden,

Bäder, Küchen und Essplätze liegen auf der Seite des Laubengangs. Die einst nach Norden

orientierten kleinen Küchenbalkone wurden geschlossen und als verglaste Eckzimmer den

Wohnungen zugeschlagen.

Der Laubengang versteht sich als Neuinterpretation des außenliegenden Gangs und ist

heute weit mehr als nur eine Erschließungszone, er ist ein wichtiger Kommunikations-

und Sozialraum, der Teilhabe ermöglicht. Diese Bereiche werden von den Bewohnern

selbst gepflegt. Architekt Ewert betont gern den kommunikativen Charakter der lauben-

gangartigen Erschließungsflure, die er als „Laufstege“ bezeichnet. Auf ihnen, so seine

Erfahrung, wollen die Bewohner sehen und gesehen werden. „Die Stahlbeton-Laufgalerien

mit ihrer rahmenlosen schuppenartigen Verglasung wirken wie eine schwerelose Galerie

oder ein Vorgarten. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die intensive Bepflanzung,

die von den Bewohnern vorgenommen wurde.“ 291

D) Finanzierung

Die Baukosten für die vier Gebäudezeilen betrugen insgesamt ca. 4,3 Mio. Euro (brutto,

einschließlich Außenanlagen und Nebenkosten). Pro qm Wohnfläche wurden durchschnitt-

lich 1.150 Euro investiert. Allen Investitionen des Unternehmens liegt ein langfristiger

Investitionsplan zugrunde. Es wurden öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen

(Wohnraumförderung Land Bremen), das Unternehmen einigte sich aber mit der Stadt-

verwaltung auf eine „mittelbare Belegung“.292 Durch die Laubengangerschließung war

es möglich, alle Wohnungen mit nur einem Aufzug zu erschließen. Die Laubengang-

konstruktion aus Stahlbeton und Glas erwies sich als wirtschaftlich sehr tragfähig. Durch

einen hohen Dämmstandard und eine neue Haustechnik sind die Nebenkosten heute sehr

niedrig. Die Kaltmiete nach der Modernisierung liegt bei 5 – 5,20 Euro/qm.

E) Besonderheiten und Übertragbarkeit

Der Umbau der Zeilenbauten in der Schillerstraße zeigt, dass sich auch Schlichtbauten aus

den 1950er Jahren zukunftsfähig weiterentwickeln lassen und Abriss nicht immer die ein-

zige Option ist. Hervorzuheben ist die besondere Architektur mit der vorgestellten Lau-

bengangkonstruktion, die das Gesicht der Siedlung neu prägt. Durch die Umorganisation

der Erschließung konnten ganz neue Qualitäten entstehen, die sowohl vom Wohnwert als

auch von der Gestaltung her überzeugen. Das Projekt zeigt, wie der städtebaulich schwie-

rige Gebäudetyp der Zeile an heutige Wohnanforderungen angepasst werden kann.

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4.2 Hardware Bremerhaven 163

Die Modernisierung der Gebäude setzte einen wichtigen Impuls für die positive Weiter-

entwicklung des gesamten Wohnquartiers, das enorm an Attraktivität gewonnen hat. Das

Interesse von potenziellen Neumietern für die modernisierten Wohnungen ist hoch – es

gibt bereits Wartelisten. Ähnlich gute Erfahrungen machte das Unternehmen in anderen

„runderneuerten“ Siedlungen der 1950er Jahre mit hoher Lagegunst (z. B. „Am Twisch-

kamp“). Das Engagement des Unternehmens für die Stadtentwicklung ist beispielhaft und

zeigt, dass aktive, kreative und kooperative Partner unverzichtbar sind für die Bewälti-

gung des demografischen und strukturellen Wandels.

Das Ziel des Unternehmens, effizient umzubauen, erwies sich als sehr tragfähig und ist

beispielgebend für ähnliche Projekte. Auch die Neugestaltung des Wohnumfeldes hat sich

bewährt, die Grünbereiche werden intensiv gepflegt und die privaten Freibereiche indivi-

duell bewirtschaftet und genutzt. Das Projekt wurde mit einer Anerkennung für den Bremer

Bauherrenpreis 2008 ausgezeichnet: „Dieser Beitrag ist zukunftsweisend, weil er sich

durch ein tragfähiges Konzept auszeichnet, das intelligent ausgestaltet und bis ins Detail

durchdacht wurde.“ 293

Quellen

Besichtigung am 1. 10. 2012 mit Vertretern der Stäwog, Christian Bruns (Geschäftsführer), Sieghard Lückehe (Technischer Leiter), Hans-Joachim Ewert (Architekt, Stäwog) und Sandra Levknecht (Stadt Bremerhaven)

Interview mit der Stadt Bremerhaven, Norbert Friedrich und Sandra Levknecht, Stadtplanungsamt, am 2. 10. 2012

Interview mit der Stäwog, Christian Bruns, Sieghard Lückehe und Hans-Joachim Ewert, am 2. 10. 2012

Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen, Der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, Freie Hansestadt Bremen: Dokumentation Bremer Landespreis für vorbildlichen Wohnungsbau, Bauherren-preis 2008 – Bremen und Bremerhaven – Vielfalt städtischen Wohnens

Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter / Neuer Hafen BEAN mbH & Co. KG (Hg.): Havenwelten Bremerhaven. Broschüre. Bremerhaven 2009.

Broschüre „Soziale Stadt Bremerhaven-Wulsdorf“. Weiterbau eines Stadtquartiers, Stadtwandel Verlag Berlin, o. J.

Städtische Wohnungsbaugesellschaft Bremerhaven, Stäwog (Hg.): Leistungen für Bremerhaven. Wohnen – Kultur – Infrastruktur. Broschüre. SUSA VERLAG Hameln, 2010.

Städtische Wohnungsbaugesellschaft Bremerhaven, Stäwog (Hg.): Geschäftsbericht 2011: Wohnräume für alle Lebenslagen. Bremerhaven 2012.

vdw Niedersachsen (Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen) Magazin 01/2004 und 04/2005.

Welt am Sonntag vom 11. 12. 2011, S. 99 und 101: Das Wunder von Wulsdorf

Links

Homepage der Stäwog www.staewog.de

Homepage der Stadt Bremerhaven www.bremerhaven.de

291 Nagel, o. J., S. 52

292 vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 10

293 Votum der Auswahlkommission Bauherrenpreis 2008 – Bremen und Bremerhaven – Vielfalt städti-schen Wohnens, S. 9

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164 4 Fallstudien

A) Basisdaten

4.2.4 Spenge Wohnquartier Mühlenweg

Kommune Spenge – Ortsteil: Lenzinghausen

Bundesland Nordrhein-Westfalen

Einwohner (31. 12. 2011)294 14.766

Gemeindetyp Stadt

Demografietyp (Bertelsmann) Stadt und Gemeinde in strukturschwachem ländlichem Raum

Prognose schrumpfend

2009 – 2030 (Prognose, Bertelsmann): – 10,1 %

Anzahl Wohngebäude295 3.939

Anteil WE in MFH295 29 %

Lage ca. 1,5 km von der Ortsmitte Spenge entfernt

Baualter Siedlung aus den 1960er Jahren

Bebauungsstruktur Zeilenbebauung

Projektart / Größe 42 WE (vorher), 44 WE (nachher), ca. 9.000 qm Gesamtfläche

Projektzeitraum Projektbeginn: 2002

Realisierung: 2007 – 2008

Initiator/Träger Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG (Bünde) (Eigentümer und Bauherr)

Kooperationspartner/sonstige Beteiligte

Projektentwicklung, Gebäudeplanung, Bauleitung: B&S Gesellschaft für Wohnungsbau, –Stadt- und Dorferneuerung mbH (Bünde)

Kooperationspartner / Versorgungssicherheit / Seniorenhausgemeinschaft: Arbeiterwohlfahrt –Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e. V., AWO Service gGmbH

Bestands- und Mieterstrukturanalyse: Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie –(Prof. Dr. Grönemeyer) in Kooperation mit der Gesellschaft für Organisation und Entscheidung (GOE, Bielefeld)

Stadt Spenge –

Bewohner des Quartiers am Mühlenweg–

Finanzierung ca. 3 Mio. Euro–

frei finanziert–

4 Wohneinheiten gefördert durch das Wohnungsbauprogramm Nordrhein-Westfalen–

Ausgangslage /Probleme mangelhafter Zustand der Wohngebäude und der Freiräume, großer Instandhaltungsstau–

zunehmende Leerstände–

einseitiges, unzeitgemäßes Wohnungsgemenge–

schlechtes Image–

Maßnahmen / Strategien Beauftragung und Durchführung einer soziologischen Untersuchung–

Entwicklung einer zielgruppenorientierten Sanierungs- bzw. Aufwertungsstrategie–

Rück- und Neubau einiger Wohngebäude, Umbau und Modernisierung der Bestandsgebäude–

Schaffung von besonderen Wohnformen für Ältere (Seniorenwohngemeinschaft)–

Kooperation mit der AWO–

Adresse des Projektes Mühlenweg 36 – 50, 32139 Spenge (Lenzinghausen)

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4.2 Hardware Spenge 165

B) Kontext / Rahmenbedingungen

Die Kleinstadt Spenge liegt im Nordosten von Nordrhein-Westfalen rund 14 km nordwest-

lich von Bielefeld. Spenge zählte Ende 2011 knapp 14.800 Einwohner und übernimmt

laut Landesplan die Funktion eines „Grundzentrums mit Teilfunktionen eines Mittel-

zentrums“. Das Stadtgebiet besteht als Ergebnis einer kommunalen Neugliederung Ende

der 1960er Jahre aus fünf überwiegend ländlich geprägten Ortsteilen. Die Bevölkerungs-

struktur im Ortsteil Lenzinghausen (ca. 2.500 Einwohner) weist keine nennenswerten

Besonderheiten auf.296 Der Anteil an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt in Spenge

bei lediglich 29 Prozent.297

C) Projektbeschreibung und Akteure

Die Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG ist Eigentümerin des

untersuchten Quartiers am Mühlenweg. Die Genossenschaft wurde 1937 mit dem Ziel

gegründet, die Wohnungsnot zu beseitigen und breite Schichten der Bevölkerung mit

bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Im Laufe der Jahre haben sich die Ziele und Auf-

gaben der Genossenschaft vom Neubau zum Bestand verlagert – der soziale Auftrag ist

aber geblieben. Aktuell hat die Genossenschaft rund 3.000 Mitglieder und einen Bestand

von etwa 1.500 Wohnungen. Aufgabenschwerpunkte liegen heute in baulichen und tech-

nischen Bestandsmaßnahmen sowie der altengerechten Anpassung der Wohnungen und

des Umfeldes. Rund 75 Prozent des Wohnungsbestandes der Genossenschaft stammen aus

der Zeitspanne zwischen 1950 und 1979.298

Das Wohnquartier Mühlenweg ist ein typisches, im Laufe der Jahre in Vergessenheit

geratenes Gebiet. Es liegt in ruhiger, naturnaher Lage am Siedlungsrand des ländlich

geprägten Ortsteils Lenzinghausen und wurde zwischen 1965 und 1966 im Rahmen des

Wohnungsbauförderungsprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen errichtet. In das

Quartier zogen anfangs viele Haushalte mit geringem Einkommen. Wald, Wiesen und

Ackerflächen schließen im Norden direkt an. Südlich liegen einige freistehende Einfamilien-

häuser aus den 1990er Jahren.

Die Bebauung bestand ursprünglich aus acht dreigeschossigen Häusern, von denen

jeweils drei Gebäude U-förmig angelegt waren. Am West- und Ostrand lag jeweils noch

ein Gebäude parallel dazu. Die insgesamt 42 weitgehend gleichartigen Wohnungen befan-

den sich in drei Häusern mit je vier Wohneinheiten und fünf Häusern mit je sechs Woh-

nungen. Das Gebiet wies Anfang der 2000er Jahre einen gravierenden Instandhaltungs-

und Modernisierungsbedarf auf. Neben dem desolaten äußeren Erscheinungsbild waren

auch die Wohnungen stark mangelhaft (z. B. Schimmelbefall). Der schlechte Zustand

führte zu erheblichem Leerstand, einer hohen Fluktuation, ersten Ansätzen von Segrega-

tion und Sachbeschädigungen. Nach und nach verschlechterte sich das Image des Quar-

tiers („Mühlenweg Ghetto“). Zu Beginn der Maßnahme im Jahr 2002/03 standen 13 Woh-

nungen leer (d. h. 31 Prozent). Zwischen den Gebäuden lagen große, undefinierte und

ungepflegte Rasenflächen. Inmitten der Wohnbebauung befanden sich fünf Garagen,

zusätzliche Parkplätze gab es entlang des verkehrsberuhigten Mühlenwegs. Ein vorhande-

ner Spielplatz war in schlechtem Zustand.

Seit der Schließung von Nahversorgungseinrichtungen in den 1990er Jahren gibt es in

Lenzinghausen keine Einkaufsmöglichkeiten mehr. Die fehlende Nahversorgung stellt

einen erheblichen Standortnachteil dar.299 Lenzinghausen wird lediglich von einem

Lebensmittelwagen ein Mal in der Woche angefahren. Ein Kindergarten liegt in Fuß-

wegentfernung, Schulen sind im Ort vorhanden (ca. 15 Gehminuten), weitere soziale Infra-

struktur ist in ca. 20 Gehminuten im Ortskern erreichbar. Die fehlende Infrastruktur

stellt gerade für einkommensschwache und mobilitätseingeschränkte Personen ein gravie-

rendes Problem dar.

Auch die ÖPNV-Anbindung ist problematisch einzustufen. Es gibt zwar in Spenge einen

Bürgerbus, aber eine Haltstelle beim Mühlenweg konnte trotz vieler Bemühungen bisher

nicht eingerichtet werden. Die nächste Bushaltestelle ist ca. 1.000 m vom Quartier entfernt

294 Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)

295 Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 10. 1. 2013)

296 Vgl. Website: http://www.spenge.de/index.phtml?mNavID=1492.22&sNavID=1492.37&La=1 (Zugriff am 10. 1. 2013)

297 Vgl. Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/data;jsessionid=3A34A8A6E3E9538D1116EEB4635EC6BC?operation=abruftabelleBearbeiten&levelindex=2&levelid=1358751048017&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswahlverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&selectionname=035-21-5&auswahltext=%23SHRGKRLD-05758032&werteabruf=Werteabruf (Zugriff am 21. 1. 2013)

298 Vgl. Website: http://www.bauundsiedlungsgenossenschaft.de/B%26S_mein_Zuhause/Genossenschaft.html (Zugriff am 21. 1. 2013)

299 Vgl. Universität Bielefeld, 2003, S. 31

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166 4 Fallstudien

und somit nur bedingt für mobilitätseingeschränkte Personen zu erreichen. Für die All-

tagsorganisation ist ein Auto fast unverzichtbar.300

Im Jahr 2002 lebten nur noch drei Erstbezieher-Haushalte im Quartier. Viele Bewohner

sind in den 1990er Jahren zugezogen. Etwa ein Drittel wohnte 2002 weniger als drei Jahre

im Gebiet. Die Sozialstruktur in den Mehrfamilienhäusern und den angrenzenden Eigen-

heimen ist sehr unterschiedlich. In den Einfamilienhäusern leben einkommensstärkere

Haushalte, weitgehend ohne Migrationshintergrund.

Für das Wohnquartier liegt kein gültiger Bebauungsplan vor – die geplanten Maßnah-

men mussten sich also an der Bebauung der Umgebung orientieren. Die erheblichen Leer-

stände, die hohe Fluktuationsrate, der gravierende Instandhaltungsstau, die beginnende

Segregation und das bereits negativ auf die gutbürgerliche Nachbarschaft ausstrahlende

Image veranlassten die Genossenschaft aktiv zu werden. Das Projekt am Mühlenweg war

für die Genossenschaft in seiner Größe und Planungstiefe bis dahin einmalig. Es konnte

somit nicht auf vergleichbare Erfahrungen zurückgegriffen werden. Die ersten Überlegun-

gen und Planungen begannen im Jahr 2002.

Untersuchungen und Grundlagen

Um das Quartier bewohnerorientiert weiterzuentwickeln, wurde die Universität Bielefeld

(Fachbereich Soziologie) als externe Beratung hinzugezogen. Im Rahmen einer Projekt-

arbeit führten zwölf Studenten eine genaue Bestandsanalyse durch, die in einem ausführ-

lichen Bericht zusammengefasst wurde. In einem zweiten Bericht wurden Modelle und

Ideen zum zukünftigen Wohnen im Mühlenweg erarbeitet. Mit Hilfe dieser Untersuchun-

gen konnten die Bewohnerbedürfnisse und das Marktpotenzial genauer erfasst werden.

Die Ergebnisse dieser Studie dienten als wichtige Grundlage für die weitere Vorgehensweise

und die Sanierungsstrategie. Bei der Untersuchung wurden Ortsbegehungen durchgeführt

sowie Vertreter der Stadt, Bewohner des Quartiers und der Umgebung und sonstige lokale

Akteure ausführlich befragt.301 Die Ergebnisse zeigten deutlich die schlechte Außenwahr-

nehmung des Wohnquartiers am Mühlenweg. In der Anfangszeit war das Image des

Quartiers noch vergleichsweise gut, aber Anfang der 1990er Jahre begann es sich erheblich

zu verschlechtern. Bis zum Beginn der Umbaumaßnahmen wurde das Quartier als „sozia-

ler Brennpunkt“ wahrgenommen. Die Untersuchungen ergaben, dass kaum Kontakte zu

den Bewohnern außerhalb des Quartiers bestanden – die Bewohner des Wohnquartiers

waren nicht in die intakte Dorfgemeinschaft integriert. Dies wurde zum Teil auf Sprach-

probleme oder auch auf mangelndes Interesse aneinander zurückgeführt.302 Die Ergeb-

nisse der Bewohnerbefragung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Bei der Frage

nach den Gründen für den Einzug in die Wohnanlage entfielen die meisten Antworten auf

die Kategorie „niedrige Mietkosten“ und „es gab keine billigeren Wohnungen“. Fast

30 Prozent der befragten Bewohner beschrieben das Wohnquartier als „Slum“ oder „Ghetto“

und betonten den starken Kontrast zwischen den desolaten Mehrfamilienhäusern und den

„schönen“ Einfamilienhäusern in der Umgebung. Die Befragung ergab, dass schon beim

Einzug rund 50 Prozent der befragten Haushalte mit dem Zustand der Wohnung eher

unzufrieden bzw. überhaupt nicht zufrieden waren. In weiterer Folge bewerteten rund

Siedlung Am Mühlenweg, Spenge, Ausgangslage Bestand – der schlechte Zustand der Zeilen-gebäude und des Umfeldes begünstigten die Ent-stehung eines schlechten Images.

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4.2 Hardware Spenge 167

50 Prozent der Befragten, dass sich der Zustand der Wohnung sogar weiter verschlechtert

hat. Geschätzt wurde allerdings die Ruhe in dem Quartier. Die wenigsten Bewohner wür-

den erneut in ihre Wohnung ziehen – dies hängt zum Teil auch mit dem schlechten Infra-

strukturangebot zusammen. Die Untersuchungen lieferten wichtige Erkenntnisse darüber,

wie das Wohnquartier durch die Bewohner und Außenstehende wahrgenommen wird.

Alle Befragten waren sich einig, dass das äußere Erscheinungsbild der Häuser das Haupt-

problem darstellt. Ein Abriss der Häuser wurde allerdings nur von einer Minderheit der

Befragten als wirkliche Option und Lösung des Problems angegeben.303

In dem zweiten Bericht über mögliche Modelle für den Mühlenweg wurden zunächst

demografische, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungstendenzen sowie Modelle

der Stadterneuerung erörtert. Grundlegend wurden zwei Varianten erarbeitet: Erhalt oder

Abbruch, um Neubaukonzepte zu realisieren. „Ziel war es, unter Einbeziehung der speziel-

len Standortbedingungen des Mühlenwegs, zielgruppenspezifische Wohnangebote zu ent-

werfen.“ 304

Im Rahmen der Studien wurde auch die Frage behandelt, wie der Genossenschafts-

gedanke wiederbelebt werden kann und welche Rolle die Genossenschaft bei der Aufwer-

tung des Quartiers einnimmt.

Umbaumaßnahmen im Quartier

Die Genossenschaft verfolgte auf der Grundlage der Analysen und Untersuchungen ver-

schiedene Zielsetzungen. In baulicher Hinsicht sollte die gewachsene städtebauliche Qua-

lität des Quartiers erhalten bleiben. Das bisher einseitige Wohnungsgemenge sollte ausdif-

ferenziert und nachfrageorientierter Wohnraum für Menschen unterschiedlicher Lebens-

phasen und -stile geschaffen werden. Mithilfe verschiedener Maßnahmen und Angebote

sollte das nachbarschaftliche Miteinander verbessert und eine ausgewogene Bewohner-

struktur erreicht werden. Um die Versorgung der Bewohner im Quartier zu sichern, soll-

ten neue Angebote und Dienstleistungen geschaffen werden. Sowohl durch bauliche als

auch durch nicht-investive Maßnahmen wurde eine Revitalisierung des Quartiers ange-

strebt.

Für die Errichtung des Wohnquartiers wurden in den 1960er Jahren Fördermittel in

Anspruch genommen, die eine Belegungsbindung über einen Zeitraum von 40 Jahren

bedingten. Als das Projekt startete, waren noch einige Gebäude von dieser Bindung

Städtebauliches Konzept der Erneuerungs-maßnahme: Ergänzung neuer Gebäude und Umgestaltung der Freibereiche

300 Vgl. Universität Bielefeld, 2003, S. 24

301 Vgl. ebenda, S. 34

302 Vgl. ebenda, S. 32

303 Vgl. ebenda, S. 80

304 Universität Bielefeld, 2003/04, S. 5

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168 4 Fallstudien

betroffen – sie konnten daher zunächst nicht abgerissen werden, ohne Mittel zurückzah-

len zu müssen.

Darüber hinaus wäre der künftige Verlust dieses gebundenen Wohnraums durch das Aus-

laufen der Bindungen für die Stadt Spenge zu einem Problem bei der Wohnraumversor-

gung geworden. Angesichts dieser Problematik musste mit dem zuständigen Ministerium

eine Lösung für die geplanten Abrisse und Neuordnungskonzepte gefunden werden. In

mehreren Gesprächen gelang es der Genossenschaft dem Ministerium die Ziele des Pro-

jektes zu vermitteln. In Verbindung mit der Zusage, auch wieder geförderte Wohnungen

zu errichten, stimmte das Land dem Rückbau von zwei Gebäuden zu.

Die umfangreichen Baumaßnahmen wurden in den Jahren 2007 und 2008 durchge-

führt. Zwei nicht mehr erhaltenswerte Wohngebäude wurden entmietet, rückgebaut und

durch neue Wohngebäude ersetzt. Durch die Abbruchmaßnahmen konnte die Bebauung

zur Landschaft geöffnet und auch Platz für Neubauten mit Wohnungstypen geschaffen

werden, die im Bestand nicht zu realisieren sind. Aus den ursprünglich 42 Wohnungen in

acht Gebäuden wurden 26 Wohneinheiten in sechs Altbauten und 18 Wohnungen in drei

Neubauten zuzüglich Seniorenhausgemeinschaft und Nachbarschaftstreff. Der Prozess

des Abbruchs wurde durch ein Umzugsmanagement unterstützt. Die neuen Wohnangebote

oben: Siedlungsrand mit neuen Qualitäten

unten: das neue Gebäude mit den sozialen Einrichtungen am Quartiersplatz

rechts: Bestand und Neubau bilden einen Wohnhof

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4.2 Hardware Spenge 169

ergänzen das Wohnangebot. Beispielsweise wurden Penthaus-Wohnungen mit großen

Dachterrassen, Single-Appartements sowie barrierefreie, öffentlich geförderte Wohnungen

realisiert. Die neuen Gebäude sind so angeordnet, dass sie zu einer besseren Raumbildung

und zur Gliederung des öffentlichen Raums beitragen. Die Bestandsgebäude wurden

modernisiert und die Grundrisse grundlegend verändert. Durch vertikale Wohnungszu-

sammenlegungen wurden große Maisonettewohnungen für Familien geschaffen. Die

Gebäude wurden umfassend energetisch saniert und die Wärmeversorgung über ein zent-

rales Blockheizkraftwerk erneuert („Energiehaus“ auf Nachbarschaftsplatz). Die Zugänge

zu den Häusern wurden barrierefrei umgestaltet und die Balkone vergrößert. Sowohl der

modernisierte Bestand als auch die Neubauten wurden seniorengerecht geplant. Bei der

Farbgestaltung der Gebäude wurde ein Farbpsychologe zu Rate gezogen. Die Mischung

aus Neubauten und Bestandsgebäuden verleiht dem Quartier eine ganz neue Prägung.

In eines der neu errichteten Häuser wurde eine Wohngruppe für Menschen mit Alters-

demenz integriert. Im zweiten Obergeschoss des Hauses entstand in Kooperation mit der

„Leben, Wohnen, Begegnen gGmbH“ der AWO Ostwestfalen-Lippe e. V. eine Hausgemein-

schaft für neun Personen. Die Seniorengruppe wird von Fachkräften betreut, die sich um

alle Mahlzeiten und die individuell anfallenden Pflegeleistungen kümmern. Durch die

24-Stunden-Präsenz der AWO ist eine Versorgungssicherheit in dem Quartier garantiert.

Darüber hinaus wurde ein Nachbarschaftstreffpunkt bzw. Gemeinschaftsraum an zentra-

ler Stelle im Erdgeschoss errichtet, um das Miteinander im Quartier zu fördern. Dort fin-

den verschiedene Veranstaltungen statt (z. B. Bewohnerfrühstück, Vortrags- und Informa-

tionsveranstaltungen, private Feiern). Die Nutzung der Räumlichkeit organisieren die

Mitarbeiter der AWO.

Das Wohnumfeld wurde in vielen Bereichen barrierefrei umgestaltet und ein neuer

Bewegungsparcours für generationenübergreifendes Training angelegt. Im Freiraum wur-

den unterschiedliche Plätze und Bereiche geplant. Beispielsweise gibt es einen Spielplatz

und einen Nachbarschaftsplatz. Die Bewohner wurden zu Beginn und während der Um-

bauphase zu mehreren Informationsveranstaltungen eingeladen und auf dem Laufenden

gehalten. Individuelle Gestaltungswünsche wurden aber nicht zugelassen.

Bewohnerstruktur

Die Bewohnerstruktur hat sich durch den Umbau grundlegend verändert. Heute wohnen

junge und ältere Menschen, Familien, Singles, Zuwanderer und Einheimische in den

Gebäuden. Die Wohnungsnachfrage wird vom Unternehmen als „nicht überwältigend“,

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170 4 Fallstudien

aber dennoch gut eingestuft. Strukturelle Leerstände gibt es heute nicht mehr. Etwa

50 Prozent der Bewohner sind im Quartier geblieben. Die Zufriedenheit mit der Moderni-

sierung ist sowohl unter den Bewohnern als auch in der Nachbarschaft sehr groß.305

Kooperationen

In der Planungsphase gab es eine enge Abstimmung mit dem Planungs- und Bauord-

nungsamt der Stadt Spenge (Genehmigung nach § 34 BauGB). Die Zusammenarbeit mit

der Stadt war grundsätzlich gut – die Stadt profitierte von dem Projekt auch in vielfältiger

Weise (gebundene Wohnungen zur Versorgung von einkommensschwächeren Haushalten,

Wohnraumangebot für pflegebedürftige Personen).

Bezüglich der wohnbegleitenden Dienstleistungen fand eine Abstimmung mit der Kom-

mune statt. Um ein Wohnangebot für ältere Bewohner zu schaffen, wurde die Kooperation

mit der AWO gesucht. Dem Konzept liegt das sogenannte „Bielefelder Modell“ zugrunde,

bei dem es sich um einen quartiersbezogenen Ansatz des Wohnens mit Versorgungs-

sicherheit ohne Betreuungspauschale handelt. Die Genossenschaft bemühte sich auch um

den sozialen Zusammenhalt im Quartier und konnte die Bewohner dafür gewinnen,

unentgeltlich Dienstleistungen, wie z. B. Hausaufgabenhilfe, anzubieten.

D) Finanzierung

Die Genossenschaft investierte rund 3 Mio. Euro in den Umbau und die Weiterentwick-

lung des Wohnquartiers am Mühlenweg. Die Maßnahmen waren weitgehend frei finan-

ziert – lediglich für vier Wohneinheiten wurden Mittel des Wohnungsbauprogramms

Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommen. Es wurden keine Mittel der Städtebauför-

derung in Anspruch genommen. Die Warmmieten liegen im Neubau bei 6 Euro/qm

bzw. 4,45 Euro/qm bei geförderten Wohnungen (Altbau: 4,43 Euro/qm, Altbau gefördert:

4,30 Euro/qm).

E) Besonderheiten und Übertragbarkeit

Das Wohnquartier am Mühlenweg ist ein gelungenes Beispiel für den umfassenden

Umbau eines Nachkriegsquartiers im ländlichen Raum in Kombination mit nicht-investi-

ven Maßnahmen. Die Wohnanlage in Lenzinghausen ist beispielhaft für die bundesweit so

zahlreich vorhandenen kleinen, aber im Laufe der Jahre in Vergessenheit geratenen Wohn-

quartiere, die trotz ihrer Defizite dennoch große Potenziale für eine zukunftsgerechte

Anpassung haben. Durch die vielfältigen Veränderungen ist aus der desolaten Wohnanlage

Balkone und Terrassen geben den Wohnungen neue Qualitäten – es entstehen Übergangszonen zwischen privat und gemeinschaftlich genutzten Freibereichen

unten: Barrierefreie Erschließung – attraktiv für alle Altersgruppen

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4.2 Hardware Spenge 171

ein funktionierendes Quartier genossenschaftlichen Wohnens entstanden. Die Erneue-

rung und Umgestaltung der Gebäude und Freiräume machten das Quartier für neue Ziel-

gruppen attraktiv. Die Kombination aus Bestand und Neubau ermöglichte es, das Woh-

nungsangebot auszudifferenzieren und die ursprüngliche Prägung des Quartiers zu erhal-

ten. Durch den nachfrage- und bedürfnisorientierten Umbau der Bestandsbauten konnte

der gewachsene Charakter des Quartiers bewahrt und revitalisiert werden. In dem einsti-

gen sozialen Brennpunkt leben heute Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer

Herkunft.

Die Vorgehensweise der Genossenschaft, sich von der Universität Bielefeld Rat zu holen

und eine Analyse der Bewohnerbedürfnisse und des Marktpotenzials durchzuführen, hat

wesentlich zum Erfolg des Projektes beigetragen. Durch die anfänglichen Untersuchungen

konnten die Ursachen für die Probleme, potenzielle Zielgruppen sowie Wohnwünsche

erfasst und auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine geeignete Umbaustra-

tegie entwickelt werden. Sensibilisiert durch die sozialwissenschaftliche Studie wurde ein

besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Nachbarschaft gelegt. Die in den Studien

entwickelten Modelle für ein verbessertes, nachbarschaftliches Leben haben einen wesent-

lichen Beitrag dazu geleistet, dass beispielsweise Gemeinschaftsräume entstanden sind

und besondere Wohnformen für ältere Haushalte entwickelt wurden.

Durch das Aufbrechen des einseitigen Wohnungsgemenges und die umfassende Umge-

staltung des Gebiets konnten neue Zielgruppen angezogen werden. Durch Moderation

und Initiative des Bauherren und seines Kooperationspartners AWO wurde das soziale

Miteinander gestärkt. Nach Aussagen des Wohnungsunternehmens gilt das Quartier am

Mühlenweg in Spenge heute wieder als eine gute Wohnadresse. Ein wichtiger Standort-

bzw. Aufwertungsfaktor ist die Integration eines Nachbarschaftstreffs und der Senioren-

hausgemeinschaft (Neubau) in das Quartier. Durch das Vorhandensein der AWO ist die

Versorgungssituation gesichert und das Quartier zeichnet sich durch neue Qualitäten bzw.

Standortfaktoren aus.

Gerade das Problem mit den noch laufenden Belegungsbindungen bei Projektbeginn

zeigt beispielhaft, dass Lösungen gefunden und win-win-Situationen geschaffen werden

können, wenn sich die Akteure aufeinander zu bewegen und zu Kompromissen bereit sind.

Die Wohnungsgenossenschaft profitiert von den Erfahrungen und wendet diese seither

auf andere Quartiersprojekte an.

Ansprechpartner

Wohnungsunternehmen (Eigentümer und Bauherr):Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eGHangbaumstraße 18, 32257 Bünde

Website: www.bus-buende.de

Ansprechpartner: Florian Ohmes

Quellen

Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie: Bestandsanalyse der Wohnanlage „Mühlenweg“ in Spenge-Lenzinghausen. Seminar „Projekt Mühlenweg“, Dr. Axel Groenemeyer, Sommersemester 2003 in Koopera-tion mit der Gesellschaft für Organisation und Entscheidung (GOE), Bielefeld. Auftraggeber: Bau- und Siedlungsgenossenschaft Bünde eG. 2003.

Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie: Zukünftiges Wohnen am Mühlenweg. Herleitung und Entwurf von Modellen. „Entwurf“, Dr. Axel Groenemeyer, Sommersemester 2003 in Kooperation mit der Gesell-schaft für Organisation und Entscheidung (GOE), Bielefeld. Auftraggeber: Bau- und Siedlungsgenossen-schaft Bünde eG. 2003/04.

Diverse, von der Genossenschaft zur Verfügung gestellte Informationen

E-Mail-Austausch mit Herrn Florian Ohmes

Links

http://www.spenge.de/index.phtml?mNavID=1492.23&sNavID=1492.73&La=1 (Zugriff am 12. 9. 2012)

http://www.awoservice.de/20-0-seniorenhausgemeinschaft-spenge.html (Zugriff am 12. 9. 2012)

Ein familienfreundliches Umfeld wurde geschaffen.

305 E-Mail Florian Ohmes, 18. 9. 2012

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172 4 Fallstudien

A) Basisdaten

Kommune Arnstadt

Bundesland Thüringen

Einwohner (31. 12. 2011)306 24.922

Gemeindetyp Stadt

Demografietyp (Bertelsmann) stark schrumpfende Kommune mit besonderem Anpassungsdruck

Prognose schrumpfend

2009 – 2030: – 11,4 % (Bertelsmann Wegweiser Kommune)

Anzahl Wohngebäude307 4.127

Anteil WE in MFH307 77 %

Lage ca. 1 km östlich der Innenstadt

Baualter 1960er Jahre

Bebauungsstruktur zwei Zeilengebäude

Projektart / Größe Grundstücksgröße: ca. 6.350 qm–

Gesamte Wohnfläche: ca. 3.115 qm–

Projektzeitraum 2005 – 2009 (von der Idee bis zum Einzug der Mieter)

1/2009 – 12/2009: Bauarbeiten, Realisierung

Initiator/Träger Initiative: Seniorinnen aus Arnstadt

Eigentümer / Träger: Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG)

Kooperationspartner/sonstige Beteiligte

Mietergemeinschaft vertreten durch den Verein „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen –in Arnstadt-Ost e. V.“

Architektur und Planung: Kommunalbau Thüringen GmbH–

Wohnprojektbegleitung und Beratung: StadtStrategen. Bürogemeinschaft für integrative Stadt-–entwicklung (Weimar)

Unterstützung bei der Projektentwicklung: IG Stadtökologie / Lokale Agenda 21 Arnstadt, –WohnStrategen, Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemeinschaftliches Wohnen e. V., Stadt Arnstadt, Abteilung Stadtplanung u. a.

Finanzierung Eigenmittel der WBG und verschiedene Fördermittel (Wohnungsbauförderung, Städtebauförderung, ExWoSt-Modellvorhaben, KfW-Förderungen)

Ausgangslage /Probleme Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen einer privaten Gruppe, allerdings kein entsprechendes –Angebot in Arnstadt vorhanden

zunehmender Leerstand in Wohnquartieren (v. a. aus der Nachkriegszeit, Platten)–

Maßnahmen / Strategien Entwicklung eines Wohnprojektes in jahrelangem Beteiligungsprozess–

Suche nach Interessenten, Bildung einer Gruppe, inhaltliche Erarbeitung des Projektes –(sozial + räumlich)

Suche nach einem Investor bzw. Träger und einer geeigneten Immobilie–

umfassender Umbau und Modernisierung von zwei Wohngebäuden (hochwertige Wohnungen, –Gemeinschaftsräume) und gemeinschaftsfördernde Freiraumplanung

Realisierung und Verstetigung des gemeinschaftlichen Wohnprojektes in einem Verein–

Adresse des Projektes Rudolstädter Straße 25 / Saalfelder Straße 2, 99310 Arnstadt

4.2.5 Arnstadt Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost

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4.2 Hardware Arnstadt 173

B) Kontext / Rahmenbedingungen

Die Kreisstadt Arnstadt liegt ca. 20 km südlich von Erfurt am Nordrand des Thüringer

Waldes. Arnstadt ist die älteste Stadt Thüringens mit einem gut erhaltenen, denkmal-

geschützten Ortskern. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden im Westen, Osten und

Süden der Siedlungsfläche neue Wohngebiete in verdichteter, industrieller Bauweise. Wie

viele andere Kommunen in Ostdeutschland ist Arnstadt vom demografischen Wandel und

von der ökonomischen Schwächung stark betroffen. Im Jahr 2001 / 2002 hat sich Arnstadt

am Wettbewerb Stadtumbau Ost beteiligt und setzt seither auf Grundlage eines fortge-

schriebenen Stadtentwicklungskonzeptes zahlreiche Stadtumbauprojekte um. Die Bevöl-

kerung der Stadt schrumpft kontinuierlich aufgrund negativer Geburten- und Wande-

rungssalden. Im Jahr 2006 erlebte Arnstadt mit 1,9 Prozent den höchsten Einwohnerver-

lust seit 1989.308

In den Wohnungsbeständen – v. a. in den Nachkriegsquartieren und Plattenbauten –

gibt es erhebliche Leerstände. Mit 19,3 Prozent erreichte die Leerstandsquote 2004 ihren

Höchststand und sank nach zahlreichen Abbrüchen und Stilllegungen von Wohnungen

im Jahr 2009 auf 14,8 Prozent. Insbesondere in den Plattenbauten waren lange die höchs-

ten Einwohnerverluste sowie die höchste Zunahme an älteren Bewohnern festzustellen.

Im Zeitraum zwischen 1997 und 2009 haben ca. 38 Prozent bzw. 3.449 Einwohner die

Plattenbaugebiete verlassen. In den Jahren 2008 und 2009 verzeichneten diese Gebiete auf-

grund von Umbau- und Sanierungsprojekten erstmals wieder Gewinne. Die Quartiere

sind nach wie vor von einer sehr starken Alterung geprägt.309

Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ liegt in Arnstadt-Ost, einem Stadtteil in

innenstadtnaher Lage, der überwiegend in den 1960er Jahren errichtet wurde. Zeittypisch

ist die Zeilenbebauung mit Satteldächern, Plattenbauten an den Rändern und das durch-

grünte Wohnumfeld. In den letzten Jahren wurden einige Plattenbauten abgebrochen, um

der Leerstandsentwicklung entgegen zu wirken. Der restliche Wohnungsbestand besteht

aus relativ preiswerten Wohnungen unterschiedlicher Größe, die inzwischen zum größten

Teil durch komplexe Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen aufgewertet

worden sind. Der Leerstand beträgt aktuell ca. 3 Prozent bei zunehmender Anzahl älterer

Bewohner. Im Stadtentwicklungsplan ist das Wohngebiet als erhaltenswürdig eingestuft.

C) Projektbeschreibung und Akteure

Die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG) ist ein kommunales Unter-

nehmen mit einem Bestand von rund 3.500 Wohneinheiten (2012). Die Stadt Arnstadt ist

alleinige Gesellschafterin. Das Wohnungsangebot umfasst komplex sanierte Block- und

Plattenbauten, ebenfalls sanierte, denkmalgeschützte Altbauten ebenso wie noch nicht

behandelte, aber erhaltungswürdige gründerzeitliche Bebauungen und weitere industriell

errichtete Plattenbauten, die mittelfristig abgerissen werden sollen. In den letztgenannten

Beständen hat die WBG mit erheblichen Leerständen zu kämpfen. Nach einem Höchst-

stand von 22,5 Prozent im Jahr 2005 konnte der Leerstand durch Abbruchmaßnahmen

auf 16,1 Prozent im Jahr 2009 gesenkt werden. Die WBG investiert erhebliche Mittel in

die Instandsetzung und Modernisierung ihres Wohnungsbestandes. Bei allen Maßnah-

men legt das Unternehmen neben der Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum besonde-

ren Wert auf die Gestaltung des Wohnumfeldes.310

Im Jahr 2005 entwickelten einige ältere Bürgerinnen erste Ideen für ein gemeinschafts-

orientiertes Wohnprojekt. Die Gruppe suchte Unterstützer und Mitstreiter und nahm u. a.

mit den WohnStrategen, Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemein-

schaftliches Wohnen e. V. Kontakt auf. Mit Unterstützung des Mobilitätszentrums (Anbie-

ter von verschiedenen Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung), des Frauen- und

Familienzentrums und der Lokalen Agenda 21 wurde dann die Initiative „Gemeinsam

statt einsam“ gegründet. Auf Empfehlung der WohnStrategen führte die Gruppe mit

Unterstützung eines Vertreters der Regionalstelle Mittelthüringen Agenda 21 erste Gesprä-

che mit der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG), um die Möglich-

306 Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)

307 Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 11. 1. 2013)

308 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011.

309 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011, S. 9

310 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011, S. 19;Website: http://www.wbg-arnstadt.de/ (Zugriff am 11. 1. 2013)

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174 4 Fallstudien

keiten einer Partnerschaft zur Realisierung des Projektes auszuloten. Nachdem die WBG

Anfang 2006 als Eigentümerin und Vermieterin für das Projekt gewonnen werden konnte,

begann die Suche nach geeigneten Objekten. Die WBG schlug als Standort zwei leerste-

hende, zum Abbruch vorgesehene Zeilenbauten in Arnstadt-Ost vor. Die Kommunalbau

Thüringen GmbH wurde als Planungspartner einbezogen und im Juli 2006 wurden erste

bauliche Konzepte für den Umbau der Zeilenbauten entwickelt, präsentiert und diskutiert.

Parallel dazu fanden erste Informationsveranstaltungen zum Thema gemeinschaft-

liches Wohnen statt. Die potenziellen Mieter begannen Vorstellungen hinsichtlich des

Wohnens und der Gestaltung zu entwickeln und zu konkretisieren. In diesen Zeitraum fiel

auch die Suche des BBR nach Modellvorhaben für das ExWoSt-Forschungsfeld „Innovatio-

nen für familien- und altengerechte Stadtquartiere. Schwerpunkt Wohnen in Nachbar-

schaften“. Da das geplante Projekt für diese Themenstellung geeignet erschien, stellte die

Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum Gemeinschaftliches Wohnen e. V.

Kontakt zwischen dem BBR und der WBG her. Die Bewerbung beim BBR verlief erfolg-

reich und das Projekt „Gemeinsam statt einsam“ wurde fortan als ExWoSt-Modellvorha-

ben gefördert. Mit den neuen finanziellen Möglichkeiten beauftragte die WBG daraufhin

das Büro StadtStrategen mit der konzeptionellen, kommunikativen und fachlichen Beglei-

tung und der Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt sowie mit der Zuarbeit zur Begleitfor-

schung als Modellvorhaben (2007 – 2009). Ein umfangreiches Konzept zur Öffentlichkeits-

arbeit und Interessentenfindung wurde erarbeitet und viele verschiedene Veranstaltungen

durchgeführt.

Im Gegensatz zu üblichen Mietobjekten wurden von Anfang an die späteren Mieter an

der Planung beteiligt und ihnen eine selbstbestimmte Rolle gegenüber dem Unternehmen

eingeräumt. Im Rahmen des Planungsprozesses wurden verschiedene Beteiligungsformen

aufgebaut. Eine große Bedeutung kam den folgenden beiden Gremien zu: Das Planungs-

team bestand aus der WBG, Bau- und Fachplanern und dem externen Büro für die fach-

liche und kommunikative Begleitung (StadtStrategen). Daneben gab es die Projektgruppe,

die sich aus dem Planungsteam, Vertretern des Stadtplanungsamtes und öffentlicher Ver-

eine sowie aus Mietinteressenten zusammensetzte. Es fand ein regelmäßiger Austausch

aller Beteiligten statt. Darüber hinaus wurden neun Interessentenwerkstätten, mehrere

Wohnprojekt-Stammtische, eine Exkursion zu realisierten Projekten, Arbeitsgruppen und

Gespräche organisiert, um die Interessen der Mieter zu diskutieren und diese dann in die

Sanierungs- und Umbauplanung einfließen zu lassen. Schon zu einem sehr frühen Zeit-

punkt begann die künftige Hausgemeinschaft Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Bei-

spielsweise organisierte sie Projektfeste, um so die Akzeptanz und die Verankerung des

Projektes im Wohnquartier unterstützen.311

Die WBG ging mit diesem Projekt einen völlig neuen Weg der Projektentwicklung und

realisierte das erste gemeinschaftlich orientierte Mietwohnprojekt in Thüringen in dieser

Dimension. Im Laufe der jahrelangen Projektentwicklung hat sich ein stabiler Kern von

Mietinteressenten herausgebildet.

Projektrealisierung

Die inhaltliche Entwicklung des Projektes hat vier Jahre gedauert. Anfang 2009 wurde mit

der Realisierung begonnen und Ende desselben Jahres zogen rund 90 Personen in die

zukunftsfähig umgebauten Bestandsgebäude ein. Die Wohnanlage besteht aus zwei, West-

Ost-orientierten Zeilen am Ostrand der Siedlung. Zwischen den Zeilen liegt ein Flachbau

mit einer Gaststätte. Die beiden viergeschossigen Gebäude aus den 1960er standen leer

und sollten eigentlich abgebrochen werden. Stattdessen wurden sie nun umfassend umge-

baut und modernisiert. Die Erschließung der zeittypischen Zeilenbauten wurde umorga-

nisiert, indem an zentraler Stelle in den Gebäuden ein Erschließungskern mit Aufzug und

Treppenhaus eingebaut wurde. Von dort aus sind die Wohnungen barrierefrei über Lauben-

gänge zu erreichen, die neben der Erschließungsfunktion auch als Begegnungsraum dienen

und entsprechend kommunikativ gestaltet sind. Wegen des Freiraumangebotes in Form

oben: Leerstehendes Gebäude gegenüber der erneuerten Bebauung

unten: Gemeinschaftlich von Jung und Alt genutzter, gestalteter und von den Bewohnern selbst gepflegter Freibereich zwischen den Gebäuden

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4.2 Hardware Arnstadt 175

des Laubenganges und der Gemeinschaftsterrasse war zunächst geplant, die Wohnungen

nicht mit Balkonen zu versehen. Die künftigen Nutzer wünschten aber auch private Frei-

flächen, sodass Balkone angebaut wurden. Die Grundrisse der bestehenden Wohnungen

wurden vollständig verändert. Aus den einst 72 Einheiten entstanden 51 barrierefreie

Wohnungen, von denen drei behindertengerecht ausgestattet sind, mit insgesamt ca.

3.100 qm Wohnfläche (1,5-, 2- und 3-Raumwohnungen mit Flächen zwischen 40 und

75 qm und zwei größere Familienwohnungen mit bis zu 120 qm). Entsprechend der Bedar-

fe der Nachfragegruppe liegt der Schwerpunkt der Wohnungsgröße zwischen 50 und

75 qm. Die monatliche Kaltmiete beträgt durchschnittlich 5 Euro/qm. Um Energiekosten

zu sparen, wurden die Gebäude energetisch so modernisiert, dass die Vorgaben der damals

gültigen EnEV deutlich übertroffen wurden.312

Neben den privaten Wohnungen wurden Räume für gemeinschaftliche Aktivitäten

geschaffen. Im westlichen Haus wurde im Erdgeschoss ein Gemeinschaftsbereich errichtet,

zu dem neben dem teilbaren Gemeinschaftsraum eine Küche, ein Büroraum, eine Garde-

robe / Abstellraum, ein behindertengerechtes WC und eine große Terrasse im Außen-

bereich gehören. Die Mietergemeinschaft bestimmt selber über die Organisation, Verwal-

tung und Nutzung der Gemeinschaftsräume und -flächen. Die Miete und die Betriebs-

kosten der gemeinschaftlich nutzbaren Räume werden auf alle Haushalte umgelegt. Pro

Mietpartei belaufen sich die Kosten dafür pro Monat auf ca. 16 Euro. In den gemeinschaft-

lichen Räumen können sich die Bewohner treffen, gemeinsam Hobbys nachgehen oder

Familienfeiern veranstalten. Einmal im Monat arbeiten Menschen mit Behinderung vom

Verein Selbstbestimmt Leben e. V. in den Räumen. Seit Anfang 2012 treffen sich die Mieter

des Wohnprojektes und Bewohner der benachbarten Wohngebäude des Quartiers im Rah-

men der Reihe „Nachbarschaftscafé“ monatlich zu unterschiedlichen Veranstaltungen wie

Vorträgen, Lesungen, Spiel- und Bastelrunden, Ausflügen usw. Verschiedene Feste (z. B.

Terrassenfest, Weinfest) sind bereits zur Tradition in dem Wohnprojekt geworden. Neben

dem Gemeinschaftsbereich existiert eine kleine Gewerbeeinheit, die ein privater Pflege-

dienstleister angemietet hat und als Stützpunkt nutzt.

Die unter Berücksichtigung der Vorstellungen und Anregungen der früheren Interes-

senten und heutigen Bewohner des Projektes neu gestalteten Frei- und Grünflächen zwi-

schen den Gebäuden werden gemeinschaftlich genutzt. Mit der Zielsetzung einer gemein-

schaftsfördernden Freiraumplanung wurden differenzierte Flächen für Spiel und Betäti-

gung, Aufenthalt, Ruhe und Erholung angelegt. Die Gemeinschaftsterrasse zwischen den

Gebäuden dient als Treffpunkt und Kommunikationsort. Die Laubengänge übernehmen

neben der Erschließungsfunktion auch die Rolle eines Kommunikationsraums. Die Balkone

ermöglichen private Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner. Im östlichen Haus wurden

im Erdgeschoss Terrassen mit kleinen Gärten für das Familienwohnen geschaffen. Der

Freiraum wird von den Mietern in Eigenleistung bewirtschaftet und ist in einem auffal-

lend gepflegten Zustand. Auf der benachbarten Fläche eines rückgebauten Plattenbaus

sind 52 Pkw-Stellplätze entstanden.313

Gemeinschaftliches Wohnen

Schon vor dem Einzug hat die künftige Hausgemeinschaft die Ziele und die Organisation

des Wohnprojektes in einem „Statut“ der Mietergemeinschaft festgeschrieben. Darin ist

festgelegt, welche Aufgaben die Mieter zu übernehmen haben und wie Entscheidungen

getroffen werden. In einer Kooperationsvereinbarung, die zwischen der WBG und den

gewählten Mietervertretern geschlossen wurde, sind Rechte und Pflichten festgelegt und

definiert. In dem Vertrag ist u. a. das Mitspracherecht der Mietergemeinschaft bei der

Auswahl von Nachmietern gesichert. Das Statut der Mietergemeinschaft und die Koopera-

tionsvereinbarung sind Grundlage für jeden Mietvertrag.

Um die Selbstverwaltung besser zu organisieren und abzusichern, gründeten die Mieter

im Frühjahr 2011 den „Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-

Ost e. V.“ Der Verein verfolgt gemeinnützige Zwecke und engagiert sich für das Projekt

311 Vgl. Jurrack / Schauber, o. J.; Website: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

312 Vgl. WBG (Hg.): WBG-Rundschau. Nr. 36. Arnstadt 2009, S. 3

313 Vgl. Website: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmbv/staedteundwohnungbau/genialzentral/3_wbg_arnstadt_gse.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

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Die Gebäude wurden grundlegend umgebaut und modernisiert.

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4.2 Hardware Arnstadt 177

Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ als neuer Kristallisationspunkt im Quartier – zwei Zeilen, die zum Abbruch bestimmt waren, wurden umgebaut

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178 4 Fallstudien

und das umliegende Quartier. Der Verein übernimmt im Auftrag der Mieter die Bewirt-

schaftung der Gemeinschaftsräume und die Mittelverwaltung. Durch unterschiedliche

Aktivitäten und Veranstaltungen sollen die Nachbarschaft und das Zusammenleben

gestärkt und eine organisierte Nachbarschaftshilfe aufgebaut werden.

Von Beginn an verfolgen die Interessenten die Ziele:

gemeinschaftliches Wohnen in einer gut funktionierenden, selbst gewählten und viel-–

schichtigen Nachbarschaft

Zusammenarbeit in generationenübergreifender Gemeinschaften durch den Aufbau –

von verlässlicher Nachbarschaften bei gleichzeitiger Wahrung der Selbständigkeit der

Bewohner

Jeder Bewohner soll einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten und ein Stück Verantwortung

übernehmen. Jung und Alt, Singles und Familien sollen dort selbstbestimmt in guter

Nachbarschaft leben können. „Gemeinsam statt einsam“ versteht sich nicht als ein Alten-

wohnprojekt, sondern strebt das generationenübergreifende Wohnen in Gemeinschaft an.

Trotz der generationenübergreifenden Projektidee wohnen jedoch derzeit nur wenige

Familien mit Kindern dort.

Die Idee eines generationenübergreifenden Miteinanders bezieht sich aber nicht nur auf

das Wohnprojekt, sondern setzt sich auch im Quartier fort. Von Anfang an zielte das Pro-

jekt auch darauf ab, einen Beitrag zur sozialökonomischen Gebietsstabilisierung zu leisten

und positiv auf das umliegende, von Defiziten geprägte Quartier auszustrahlen. Dafür

werden gemeinsame Aktivitäten angeboten und aufgebaut (z. B. Gymnastikkurse, Diavor-

träge oder Hausaufgabenhilfe). Schon vor dem Einzug wurden Kooperationen im Wohn-

umfeld angestrebt. Beispielsweise wurde auch Kontakt mit lokalen Gewerbetreibenden,

Dienstleistern, Bildungsträgern und Vereinen aufgenommen, um sie für Kooperationen zu Der neu gestaltete Eingangsbereich, über den die

Laubengänge (Aufzug) erreicht werden können

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4.2 Hardware Arnstadt 179

gewinnen. Es entstanden Ideen für gemeinsame Aktivitäten mit dem benachbarten Gym-

nasium und einer integrativen Kindertagesstätte. Ziel war und ist es, eine neue Qualität

der Nachbarschaft im Bestand zu schaffen und Generationennetzwerke über die engen

Grenzen des Wohngebietes zu entwickeln.

D) Finanzierung

Neben Eigenmitteln der WBG sind Wohnungs- und Städtebaufördermittel des Landes

Thüringen inklusive der Kofinanzierung der Stadt Arnstadt in das Projekt geflossen.

Ebenso wurden Mittel des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit

sowie KfW-Förderungen in Anspruch genommen. Im Rahmen des ExWoSt-Modellvorha-

bens „Innovationen für alten- und familiengerechte Stadtquartiere“ wurden die gemein-

schaftlich relevanten baulichen Maßnahmen und die fachliche und kommunikative Pro-

zessbegleitung finanziert. Ohne diese Förderungen wäre das Wohnprojekt allerdings nicht

zu realisieren gewesen.314 In der Nutzungsphase finanziert sich das Projekt aus den Miet-

einnahmen. Die Gemeinschaftsflächen werden durch eine Umlage auf alle Wohneinheiten

finanziert.

E) Besonderheiten und Übertragbarkeit / Bewertung

Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ in Arnstadt ist beispielgebend für die Um-

strukturierung von Bestandsbauten der Nachkriegsjahrzehnte unter Beteiligung der künf-

tigen Mieter. Es ist eines der sehr seltenen Beispiele für Wohnprojekte zur Miete im

Bestand der 1950er bis 1970er Jahre. Das Projekt zeigt, dass Wohnungsunternehmen ihre

Bestände erfolgreich umstrukturieren und vermarkten können, wenn sie Initiativen von

Interessenten aufnehmen und es wagen, neue Wege zu gehen. Die zum Abbruch vorgese-

henen Gebäude konnten erhalten und mit neuen Konzepten langfristig wiederbelebt wer-

den. Das Projekt ermöglichte es den Bewohnern, innerhalb des Quartiers in barrierearme

Wohnungen zu ziehen und so in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Es sind aber auch

Menschen von außerhalb wegen des besonderen Wohnangebotes in das Projekt gezogen.

Nach einigen Jahren der „Praxis“ lässt sich feststellen, dass sich das Projekt auch im All-

tag bewährt und die schwierige Anfangsphase überwunden hat. Denn es ist keine Selbst-

verständlichkeit eine Gemeinschaft von rund 90 Menschen zum Funktionieren zu bringen.

Die integrative Planung und die umfassende Einbindung der späteren Nutzer sind Allein-

stellungsmerkmale des Projektes. Auf diese Weise ist schon vor dem Einzug ein gutes Ver-

hältnis zwischen Wohnungsunternehmen und Mietern entstanden. Dadurch, dass die

Mieter die gemeinschaftlich nutzbaren Räume und Flächen selber verwalten und pflegen,

können in erheblichem Maße Kosten gespart werden.

Trotz der Zielsetzung des generationenübergreifenden Wohnens interessieren sich – wahr-

scheinlich auch demografisch bedingt – vor allem ältere Haushalte für das Wohnprojekt.

Wie bei vielen anderen derartigen Projekten zeigt sich auch hier, dass eine starke Durch-

mischung verschiedener Generationen nur schwer realisierbar ist. Das Wohnprojekt zeich-

net sich durch seine selbstorganisierte Form und den hohen Anteil ehrenamtlichen Enga-

gements aus. Die Mieter übernehmen Aufgaben, verfügen über Informations-, Kontroll-

und Mitspracherechte und leisten einen Beitrag zur Nachbarschaft und Gemeinschaft.

Auch in baulicher Hinsicht ist das Projekt als gelungen und stimmig zu bewerten. Aus

den einst monotonen, dem Abriss „geweihten“ Zeilen sind für die heutigen Wohnanforde-

rungen geeignete Gebäude entstanden. Die langgestreckte Form der Zeilenbauten wurde

sich zu Nutze gemacht, die Spänner-Erschließung durch über Aufzüge erreichbare Lauben-

gänge ersetzt, die – vergleichsweise kostengünstig – die Wohnungen barrierefrei erschlie-

ßen und entsprechend der Idee des Wohnprojektes auch als Kommunikationszone dienen.

Das Projekt zeichnet sich durch die verschiedenen gemeinschaftlich nutzbaren Flächen

und Räume im Außen- wie Innenbereich aus.

Insbesondere die positive Ausstrahlung auf das umliegende Quartier stellt einen großen

Mehrwert des Projektes dar und bestätigt den sinnvollen Einsatz der Fördermittel. Die

314 Vgl. Website: http://www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/projektdetails.html?uid=10047 (Zugriff am 11. 1. 2013)

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180 4 Fallstudien

Zielsetzung, für das ganze Quartier einen Begegnungsort zu schaffen, ist sehr positiv ein-

zustufen. Derartige Projekte sind zwar gerade für die Wohnungswirtschaft mit einem

Mehraufwand verbunden, aber sie bringen auch große Vorteile mit sich. Die Mieter orga-

nisieren sich und übernehmen Verantwortung für das Gebäude und das Wohnumfeld. Sie

suchen sich die Nachmieter selbst aus, sodass funktionierende Nachbarschaften und eine

hohe Zufriedenheit garantiert sind. Die Fluktuation und das Mietausfallrisiko sind sehr

gering. Die Bewohner identifizieren sich sehr stark mit den Häusern, die Substanz wird

wie Eigentum behandelt. Durch die Beteiligung der Bewohner sind Wohnungen entstan-

den, die sich am tatsächlichen Bedarf und Wünschen der Mieter orientieren. Durch die

positive Resonanz und die diversen Auszeichnungen hat das Unternehmen auch hinsicht-

lich des Images profitiert.

Das Projekt bestätigt, dass es ein großes Potenzial an verschiedenen Einrichtungen und

Akteuren gibt, die die Entstehung von besonderen Wohnformen im Bestand unterstützen

können. Im Zuge des Prozesses ist ein umfangreiches Projektnetzwerk in Arnstadt ent-

standen: WBG der Stadt Arnstadt mbH, Architekten und Fachplaner, Wohnprojektberater

und -begleiter (StadtStrategen), Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam“, privater

Pflegedienstleister, Umwelt-Medienzentrum Arnstadt / Ilmenau der IG Stadtökologie Arn-

stadt e. V., Nachhaltigkeitszentrum, Frauen- und Familienzentrum Arnstadt, Mobilitäts-

zentrum, Seniorenbeirat der Stadt Arnstadt, Vertreter der Stadtverwaltung, Direkt e. V.

(Kinder- und Jugendarbeit), Marienstift, Selbständige im Gesundheitsbereich, KiTa, Schu-

len (Gymnasium und Förderschule), Evangelischer Kirchenkreis, etc.

Der Erfolg des Projektes kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die richtigen

Personen zum richtigen Zeitpunkt miteinander in Kontakt kamen. Gerade die Förderung

im Rahmen des ExWoSt-Modellvorhabens hat entscheidend dazu beigetragen, dass der

lange Prozess der Projektentwicklung und der Gruppenbildung erfolgreich verlief. Das

Projekt wurde in vier Jahren realisiert. Dies zeigt, dass für die Realisierung von Wohnpro-

jekten ein langer Atem und eine professionelle Betreuung notwendig sind. Mit den ver-

schiedenen Akteuren sind neue Prozesse und Projektstrukturen aufgebaut worden. Ohne

externe professionelle Moderation scheitern viele solche Projekte bereits in der Anfangs-

phase. Das Projekt zeigt auf, welche Potenziale in den Gebäuden der 1950er bis 1970er

Jahre stecken. Allerdings hätte das Projekt ohne die Fördermittel nicht realisiert werden

können.

In Arnstadt besteht eine weitere Nachfrage nach solchen Wohnformen und gleich

nebenan gibt es ein weiteres leerstehendes Gebäude. Allerdings kann das Projekt wegen

der fehlenden Finanzierung nicht umgesetzt werden. Derzeit versucht die WBG Förder-

Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost. Gemeinschaft kurz vor dem Einzug im Herbst 2019 (StadtStrategen)

Raum für viele, verschiedene Aktivitäten

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4.2 Hardware Arnstadt 181

mittel zu akquirieren. Es ist schade, wenn derartig sinnvolle Projekte an vergleichsweise

geringen Finanzmitteln scheitern. Insgesamt gibt das Wohnprojekt „Gemeinsam statt ein-

sam“ viele vernünftige Antworten auf die aktuellen Fragen zum Umgang mit dem demo-

grafischen Wandel und dem Gebäudebestand der Nachkriegsjahrzehnte.

Auszeichnungen

Das Projekt wurde für sein Konzept beim bundesweiten Wettbewerb „Generationendialog

in der Praxis – Bürger initiieren Nachhaltigkeit“ im Jahr 2009 als eines von zehn Leucht-

turmprojekten aus über 300 Bewerbungen ausgezeichnet.

Darüber hinaus wurde die WBG für die intensive Beteiligung der zukünftigen Mieter

mit dem „Innovationspreis 2011“ vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft aus-

gezeichnet.315

Quellen

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): ExWoSt-Informationen „Innovationen für familien- und altengrechte Stadtquartiere“ 32/2 – 12 / 2007. Bonn

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): ExWoSt-Informationen „Innovationen für familien- und altengrechte Stadtquartiere“ 32/3 – 6 / 2008. Bonn

Buchverlag W + I (Hg.): Stadtsanierung in Arnstadt. Zeuthen 2000.

Bertelsmann Stiftung: Demographiebericht. Arnstadt, o. J.

WBG (Hg.): WBG-Rundschau. Nr. 36. Arnstadt 2009, S. 3. Online abrufbar: http://www.wbg-arnstadt.de/daten/mieterzeitung/arnstadt_dez_09_fin.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

Jurrack, Ulrike / Schauber, Ulla (StadtStrategen. Büro für integrative Stadtentwicklung): Gemeinschaftliches Wohnen zur Miete. o. J. Online abrufbar: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

Nowak, Rainer: Innovationspreis der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Vorstellung der Preisträger und Anerkennungen. In: Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. (Hg.): Netzwerk Wohnen. Ausgabe 2, 2011, S. 4 –5. Online abrufbar: http://www.vtw.de/fileadmin/vtw/dokumente/NW2-11.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

Schauber, Ulla: Gemeinschaftliches Wohnen im Bestand. Präsentation im Rahmen der Fachtagung „Rendite durch Wohnen und Leben“ am 14. 10. 2012, Schader Stiftung. Online abrufbar: http://www.schader-stiftung.de/docs/ag1_schauber.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

Links

http://www.wohnstrategen.de/wohnprojekte/gemeinsam-statt-einsam-generationswohnen-in-arnstadt-ost (Zugriff am 20. 12. 2012)

http://www.gemeinsam-statt-einsam-arnstadt.de / (Zugriff am 20. 12. 2012)

http://www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/projektdetails.html?uid=10047 (Zugriff am 20. 12. 2012)

http://www.schader-stiftung.de/docs/ag1_schauber.pdf (Zugriff am 20. 12. 2012)

http://www.wbg-arnstadt.de/daten/projekte.html (Zugriff am 20. 12. 2012)

http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmbv/staedteundwohnungbau/genialzentral/3_wbg_arnstadt_gse.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

http://arnstadt.thueringer-allgemeine.de/web/lokal/wirtschaft/detail/-/specific/Arnstaedter-WBG-freute-sich-ueber-Innovationspreis-1137469177 (Zugriff am 11. 1. 2013)

http://www.wbg-arnstadt.de/daten/projekte/080920_1_Fassung_Statut_Mietergemeinschaft.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

315 Vgl. Website: http://www.gemeinsam-statt-einsam-arnstadt.de/ (Zugriff am 11. 1. 2013)

Die Freiflächen werden von den Bewohnern gepflegt und sind in entsprechend gutem Zustand.

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182 5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse aus den Interviews, den Fallstudien-Unter-

suchungen sowie aus dem Expertenworkshop zusammengefasst und ein Zwischenresümee

gezogen. Auf dieser Grundlage werden im nächsten Kapitel die Handlungsoptionen ent-

wickelt.

Die Einschätzung hat sich bestätigt, dass in den kleinen Quartieren der 1950er bis 1970er

Jahre außerhalb der Städtebauförderung bisher eher wenige Maßnahmen durchgeführt

wurden. Dadurch hat sich ein großer Handlungs- und Investitionsbedarf aufgestaut. Es

gibt meist kein gemeinsames Vorgehen der Eigentümer in den Quartieren und es werden

keine größeren Maßnahmen umgesetzt. Als größtes Hemmnis für die zukunftsgerechte

und frühzeitige Weiterentwicklung der Bestände lässt sich der fehlende finanzielle Spiel-

raum der Kommunen und Wohnungseigentümer identifizieren. Angesichts der Unsicher-

heiten und der schwierigen Finanzlage ist sogar von einer weiter sinkenden Investitionsbe-

reitschaft bzw. -möglichkeit auszugehen. Wegen der hohen Verschuldung sind viele Kom-

munen nur sehr eingeschränkt handlungsfähig und können ihre städtebaulichen Probleme

ohne finanzielle Unterstützung kaum bewerkstelligen. Die Untersuchungen lassen erken-

nen, dass sich viele Kommunen bisher weitgehend passiv verhalten und in einer reaktiven

Rolle verharren. Prävention wird zwar als sinnvoll eingestuft, aber in der Praxis kaum

umgesetzt, weil es an Ressourcen fehlt. Die kommunalen Verwaltungen sind mit den

Pflichtaufgaben und den Projekten im Rahmen der Städtebauförderung ausgelastet. Dass

Kommunen in naher Zukunft in den kleinen Nachkriegsquartieren stärker tätig werden,

scheint eher unwahrscheinlich zu sein.

Durchaus ernüchternd ist die oft geäußerte Einschätzung, dass ohne Förderungen in

den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre kaum Maßnahmen und notwendige Anpas-

sungen möglich sind. Selbst kleine, erfolgreiche Projekte mit einem großen Mehrwert, wie

das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ in Arnstadt, das in sehr sinnvoller Weise auf

die Fragen des demografischen Wandels und des Umgangs mit den Baustrukturen ant-

wortet, scheitern am Fehlen von Finanzmitteln. Positiv aufgefallen ist das große Engage-

ment vieler kommunaler Wohnungsunternehmen, zum Teil auch Aufgaben der öffent-

lichen Hand zu übernehmen. Es ist allerdings schwierig, private Wohnungseigentümer für

die Ziele der Stadtentwicklung zu gewinnen. Dies gelingt nur in seltenen Fällen. Die Woh-

nungswirtschaft übernimmt vielfältige Aufgaben im Bereich des demografischen Wandels

und der Energiewende, nicht alle Unternehmen jedoch können diese Aufgaben stemmen.

Stadtumbau (vor allem der Abriss von Gebäuden) ist im größeren Umfang ohne Förde-

rung nicht möglich.

Überwiegend werden den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre durchaus gute Ent-

wicklungschancen zugesprochen. Wenn allerdings notwendige Verbesserungen in den

Quartieren ausbleiben, kann dies ihre Chancen erheblich beeinträchtigen – gerade eine

Imageverschlechterung kann langfristige Folgen haben. Durch Sanierungen bzw. Moder-

nisierungen können die Wohnungen konkurrenzfähig bleiben. Doch Modernisierungen

allein sind auch kein Allheilmittel: Wenn Modernisierungen mit den damit verbundenen

Mieterhöhungen durchgeführt werden, besteht die Gefahr der Verdrängung in Folge von

Mieterhöhungen. Wenn Modernisierungen ausbleiben, können ein Abwärtstrend und

dann auch Wegzüge eintreten. Bei abnehmender Nachfrage nimmt der Preis- und Qualitäts-

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183

wettbewerb unter den Wohnungsanbietern stark zu – die Konkurrenz um die Mieter

steigt.

Insbesondere in Regionen mit konstanten oder steigenden Mieten leisten die Woh-

nungsbestände der 1950er bis 1970er Jahre wegen der meist vergleichsweise günstigen

Mieten einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung von Bevölkerungsgruppen mit

niedriger Wohnkaufkraft. Auf eine zurückgehende Nachfrage wird häufig mit Miet-

senkungen reagiert (Regelung über den Preis).

Während die sich verschärfenden Probleme in vielen Großsiedlungen ein schnelles und

umfassendes Eingreifen erforderten, stellen die Unauffälligkeit und die noch nicht akuten

Probleme in den kleinen Quartieren fast ein Verhängnis dar. Der fehlende Druck hemmt

ein Aktivwerden der Akteure. Häufig werden Zwischenlösungen in den Quartieren reali-

siert oder es wird weiter abgewartet, ob sich Veränderungen einstellen oder ob nicht ein

anderer Eigentümer zuerst tätig wird, um dann davon zu profitieren (Trittbrettfahrer-Pro-

blematik). Bei den Akteuren bestehen durchaus wahrnehmbare Unsicherheiten, wie im

Hinblick auf eine langfristige Entwicklung am sinnvollsten mit den Quartieren umgegan-

gen werden sollte.

Als Resümee kann festgehalten werden, dass die öffentliche Wahrnehmung und auch

die fachliche Diskussion weit auseinander gehen. Die Einschätzungen der Experten hin-

sichtlich möglicher Strategien sind sehr unterschiedlich: Die Forderungen reichen von der

weitreichenden Erhaltung bis hin zum kompletten Abbruch der Quartiere. Die vorge-

brachten Argumentationen sind unter einem bestimmten Blickwinkel auch meist schlüs-

sig aber in einer Gesamtbetrachtung doch nicht in allen Bereichen überzeugend. Daher

können auch keine allgemeingültigen Lösungen für die strategische Weiterentwicklung

der Quartiere gegeben werden. Die entwicklungsbestimmenden Rahmenbedingungen

sind zu zahlreich und zu komplex, um beispielsweise eine begrenzte Anzahl von „Quar-

tierstypen“ zu bilden, für die konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden

können.

Viele Quartiere leiden gegenwärtig unter ihrer schlechten Außenwahrnehmung, wäh-

rend sich die Bewohner mit ihrem Quartier verbunden fühlen und es schätzen. Die Inter-

views bestätigten, dass die Wohnzufriedenheit in den Quartieren hoch ist. Unter den Be-

wohnern haben sich funktionierende Nachbarschaften entwickelt – nach dem Generatio-

nenwechsel verändert sich die Sozialstruktur oftmals.

Die Kommunen können durch ihr Handeln erheblich Einfluss auf den örtlichen Woh-

nungsmarkt ausüben (z. B. Siedlungs- und Baulandpolitik, Belegung von Sozialwohnun-

gen). Ihnen stehen verschiedene formelle und informelle Planungsinstrumente für die

städtebauliche Erneuerung zur Verfügung. Kommunen mit kommunalen Wohnungs-

unternehmen haben Vorteile, wenn sie wohnungspolitische Zielsetzungen umzusetzen

wollen, da sie so Einfluss auf den Wohnungsmarkt ausüben können.

In vielen Städten und Quartieren werden bisher keine integrierten Ansätze verfolgt, die

angemessen auf die Komplexität der Herausforderungen in den Quartieren reagieren. Es

bleiben daher große Potenziale in den Quartieren ungenutzt. Die Gründe dafür sind viel-

schichtig. Einerseits gibt es Akteure, denen es am Bewusstsein für die Problemstellungen

mangelt, andererseits gibt es solche, die zwar engagiert sind, denen es aber an den notwen-

digen Ressourcen fehlt. Die großen Chancen, die in einer gemeinsamen Vorgehensweise

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184 5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

und in abgestimmten Maßnahmen in den Quartieren liegen, werden bisher kaum ausge-

schöpft. Die Möglichkeit einer win-win-Situation in den Quartieren ist für viele Akteure

nicht vorstellbar bzw. illusorisch.

Die verschiedenen Akteure und Entscheidungsträger verfolgen oftmals unterschied-

liche Ziele. Es gibt nur selten eine koordinierte Zusammenarbeit auf der Ebene der

Gesamtstadt oder des Quartiers. Sehr schwierig gestaltet es sich, die verschiedenen Sicht-

weisen und Prioritäten der Akteure in Einklang zu bringen und die Zielkonflikte zu lösen.

Während bei den Kommunen die Themen „Soziales“, „Image“, „Infrastruktur“, „öffent-

licher Raum“, „Energie“ und „Umwelt“ im Vordergrund stehen, liegt der Schwerpunkt der

Wohnungsunternehmen auf der Wirtschaftlichkeit, dem Zustand des Wohnungsbestan-

des und der Vermeidung von Wertverlust und Mietausfällen. Die Mieter wiederum haben

ein Interesse an günstigen Mieten und Betriebskosten, intakten Nachbarschaften, einem

attraktiven Wohnumfeld sowie an einer guten Versorgung mit Infrastruktur.

Ein kritischer Blick auf die kleinen Wohnquartiere der drei Nachkriegsjahrzehnte zeigt,

dass es sowohl in Bezug auf eine koordinierte, parzellenübergreifende Vorgehensweise als

auch hinsichtlich des baulichen Umgangs noch viel Verbesserungspotenzial gibt. Beson-

ders qualitätsvolle und innovative Projekte entstehen viel zu selten. Die Fallstudien-Unter-

suchungen lassen den Schluss zu, dass erfolgreiche Projekte in der Regel von einzelnen

Personen an den entscheidenden Stellen und von idealen Rahmenbedingungen abhängen.

Die Entstehung von gelungenen Projekten ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit,

sondern eine viel zu seltene Ausnahme. Zwar gibt es „Leuchttürme“ bzw. ambitionierte

Projekte, aber die breite Masse wird eher qualitätslos und ohne besonderen Anspruch

saniert. Ob dies dem Unvermögen der Architekten, der Planer oder dem Desinteresse der

Wohnungsunternehmen oder Kommunen zuzuschreiben ist, kann an dieser Stelle nicht

geklärt werden. Wahrscheinlich sind es in erster Linie die wirtschaftlichen Restriktionen,

die eine qualitätsvolle Weiterentwicklung der Bestände verhindern. Allerdings dürfen die

fehlenden finanziellen Mittel allein nicht den bisher „stiefmütterlichen“, unsensiblen und

unkoordinierten Umgang mit den kleinen unauffälligen Quartieren der Nachkriegsjahr-

zehnte entschuldigen. Es gibt auch Beispiele, die zeigen, dass mit relativ geringen Mitteln

überzeugende Lösungen erreicht werden können. Dass viele vorbildliche Projekte nur Ein-

zelfälle bleiben, ist schade.

Schrumpfung und Stadtumbau werden künftig in vielen Quartieren der Nachkriegs-

jahrzehnte zu unausweichlichen Themen und stellen in manchen Regionen gerade in

Westdeutschland neue Aufgaben für die Akteure dar – es fehlt an Erfahrungen und Abriss

hat auch immer eine nicht zu unterschätzende psychologische bzw. emotionale Dimension.

Gegenwärtig besteht in den kleineren Quartieren ein breites Spektrum an Herausforde-

rungen. Ebenso wichtig wie die baulichen Belange sind die Belange der Bewohner und die

nicht-investiven Strategien.

In den Nachkriegswohnungsbeständen, die gerade aus sozialpolitischer Sicht besonders

wichtig sind, verfügt die Kommune nur über wenige Einflussmöglichkeiten und es man-

gelt oft an Kooperationen zwischen den Akteuren und an gemeinsamen, kleinräumigen

Konzepten. Die den Wohnungsmarkt bestimmenden Rahmenbedingungen ändern sich

seit einigen Jahren gravierend und vielfach schneller, als die Wohnungswirtschaft und die

Kommunen reagieren können. Dem steigenden Handlungs- und Investitionsbedarf in den

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185

Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre stehen sinkende öffentliche und private Finanzie-

rungsmöglichkeiten gegenüber. Die größten Potenziale für die Quartiere liegen in Verbes-

serungen im Bereich Energie und Altengerechtigkeit und in den günstigen Mieten. Die

nicht zu leugnenden Defizite können aber durch entsprechende Maßnahmen und Formen

der Zusammenarbeit gelöst werden. Zusammenfassend scheint eine nachhaltige Quar-

tiersentwicklung in erster Linie ein Finanz-, Ressourcen- und Kommunikationsproblem

zu sein – es ist an vielen Stellen durchaus Wissen und Bewusstsein vorhanden, aber es

fehlt an der Umsetzung und am Durchsetzungswillen. Handlungsmöglichkeiten bestehen

auf vielen Ebenen: bei der öffentlichen Hand (v. a. den Kommunen), den Wohnungseigen-

tümern und auch bei den Bewohnern.

WEITERE FÜR DIE QUARTIERSENTWICKLUNG RELEVANTE AKTEURE

Vereine

Soziale Infrastruktur(Schulen, Kindergärten)

Wirtschaftstreibende(z.B. Einzelhändler, Nahversorgung)

Sonstige Akteure(z.B. Quartiersmanager)

Banken/Finanzinstitute

Immobilienmakler

Soziale Träger / Institutionen

Politik /Entscheidungsträger

Interessensvertreter(z.B. Mieterverein, Seniorenbeirat)

Mieterverein

Architekten

Wohnbezogene Dienstleister

Stadt- und Regionalplaner

Wissenschaftler

Verbände

Banken

Mieterbund etc.

Deutscher Städtetag

Gemeindebund

Architektenkammern

Forschungsinstitute /

Universitäten etc.

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186 6 Handlungsoptionen

6 Handlungsoptionen

6.1 Akteure und Strategien (Software)

6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen

6.4 Zwischenfazit

6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)

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187

Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der Literatur-

auswertung, den Interviews, den Fallstudien und dem

Expertenworkshop sowie eigener Ideen werden Handlungs-

optionen für die kleinen Wohnquartiere der 1950er bis

1970er Jahre erarbeitet. Dabei handelt es sich um einen

Ideenpool für die Zukunftssicherung dieser Wohnquartiere.

Angesichts der vielfältigen Fragestellungen (vgl. Kap. 1.3)

werden thematische Handlungsfelder gebildet, um die Band-

breite von Maßnahmen der öffentlichen und privaten Akteure

darzustellen. Es werden Optionen aufgezeigt, wie die

Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre im investiven und

nicht-investiven Bereich angepasst werden können. Um in

den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte tätig zu werden,

kann grundlegend zwischen Maßnahmen im nicht-baulichen,

konzeptionellen und organisatorischen Bereich (Akteure und

Strategien nicht-investiv – Software) und im baulichen bzw.

investiven Bereich (städte- und hochbauliche Maßnahmen –

Hardware) unterschieden werden. Abschließend wird auf

die Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen

eingegangen.

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188 6 Handlungsoptionen

Die Beschreibung der Handlungsoptionen ist folgendermaßen aufgebaut: Am Anfang

wird die Ausgangslage basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen kurz beschrieben.

Danach werden Strategien und Ideen entwickelt, wie die jeweiligen Probleme gelöst oder

Verbesserungen erreicht werden können. Ziel ist es, das breite Spektrum von Möglichkei-

ten aufzuzeigen, wie die kleineren Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte – vorzugs-

weise ohne den Einsatz von Städtebauförderungsmitteln – weiterentwickelt werden kön-

nen. Allen Empfehlungen liegt die zentrale Fragestellung zugrunde, wie die Maßnahmen

finanziert werden können. Es wird davon ausgegangen, dass die Akteure – wenn auch in

begrenztem Umfang – zu gewissen finanziellen Aufwendungen in der Lage sind. Die

Handlungsoptionen berücksichtigen auch die Probleme, die sich aus der begrenzten Größe

der Quartiere ergeben könnten. Falls bekannt, werden für die jeweilige Handlungsoption

Referenzprojekte aufgeführt, die entweder vollständig oder zumindest in Teilen auf die

einzelne Themenstellung übertragbar sind. Auch wenn der Schwerpunkt auf Quartieren

ohne Förderkulisse liegt, werden vereinzelt auch interessante Ansätze aus der geförderten

Stadterneuerung herangezogen. Neben Projekten aus der Praxis werden auch Forschungs-

projekte oder aktuelle Studien genannt. Die Referenzprojekte werden kurz erläutert – für

zusätzliche Informationen werden weiterführende Quellen aufgeführt.

Die Sammlung soll nicht den Eindruck vermitteln, dass sämtliche Empfehlungen in

einer Kommune oder in einem Quartier (gleichzeitig) angewendet werden sollen bzw.

können. Einige Handlungsoptionen beziehen sich nicht nur allein auf die Wohnquartiere

der 1950er bis 1970er Jahre, sondern können auch für Quartiere aus anderen Bau-

altersklassen angewendet werden. Die Weiterentwicklung der Quartiere kann je nach

Bebauungsstruktur, dem baulichen und energetischen Zustand der Gebäude, der Eigen- Quartiersakteure im Überblick

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189

tümerstruktur und der Situation auf dem Wohnungsmarkt vollkommen unterschiedlich

gestaltet werden. Der Einsatz und die Durchsetzungskraft hängen vor allem auch von der

Handlungsbereitschaft der Akteure, deren Konstellation und der lokalen Wohnungs-

marktsituation ab. Die Auswahl der einzelnen, am besten geeigneten Maßnahmen hängt

von den individuellen, sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kom-

mune und Quartiere ab. Es lassen sich keine allgemeingültigen Empfehlungen für

bestimmte Kommunen oder Quartierstypen entwickeln – jedes Quartier ist anders. Zu

den wichtigsten Rahmenbedingungen für die Auswahl der Handlungsoptionen zählen:

Größe der Kommune (in kleinen Kommunen gibt es einen besseren Überblick –

über den Wohnungsmarkt, schlankere Verwaltungen, etc.)

Bevölkerungsentwicklung (aktuell und künftig: schrumpfend, stagnierend, wachsend)–

Struktur des Wohnungsmarktes und des Bestandes (z. B. Anteil der Wohnungen –

aus den 1950er bis 1970er Jahren)

Akteure auf dem Wohnungsmarkt (v. a. Vorhandensein eines kommunalen –

Wohnungsunternehmens, Unternehmensformen)

lokale Wirtschaft und Arbeitsmarkt (positive wirtschaftliche Entwicklung wichtig –

für Nachfrage)

bisherige Erfahrungen und Strukturen (z. B. im Rahmen der geförderten –

Stadterneuerung)

bisherige Aktivitäten der Kommune und Wohnungseigentümer (z. B. Vorhandensein –

von Konzepten und Grundlagen, bereits Kontakte zwischen den Akteuren)

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190 6 Handlungsoptionen

Zuerst wird dargestellt, welche Handlungsmöglichkeiten im Einflussbereich der Kommune,

der Wohnungswirtschaft und der Bewohner liegen und anschließend welche Maßnahmen

im Idealfall in Kooperation der Hauptakteure realisiert werden. Der Handlungsbereich

„Kooperative Strategien der Akteure“ ist auf Grundlage der Erkenntnis gebildet worden,

dass es sehr häufig an der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren mangelt und damit

große Potenziale bei der Quartiersentwicklung nicht ausgeschöpft werden. Zum Teil

zählen zu diesem Handlungsfeld auch Maßnahmen, die zwar weitgehend im Aufgabenbe-

reich der Kommune liegen, aber im Idealfall in Abstimmung mit den anderen Akteuren

(v. a. Wohnungswirtschaft) in Angriff genommen werden sollten. Durch diese Zuordnung

der Handlungsoptionen soll erreicht werden, dass die beiden Hauptakteure Kommune

und Wohnungswirtschaft gemeinsam einen Blick auf die Möglichkeiten werfen, wie sie

aktiv werden können.

6.1.1 Kommunales Handeln

Kommunen verfügen über vielfältige Möglichkeiten, die Entwicklung von Quartieren

positiv zu beeinflussen. Aufgrund der schwierigen Haushaltslage, abnehmender Förde-

rungen und auslaufender Belegungsbindungen verringern sich die Steuerungs- und Ein-

flussmöglichkeiten jedoch kontinuierlich. Im Folgenden werden Maßnahmen dargestellt,

wie Kommunen primär im nicht-baulichen Bereich bzw. konzeptionell tätig werden kön-

nen, um Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln. Handlungsmög-

lichkeiten, die die Kommunen im Idealfall mit anderen Akteuren, insbesondere der Woh-

nungswirtschaft und den Bewohnern umsetzen, werden im Handlungsfeld „Kooperative

Strategien der Akteure“ erläutert.

6.1.1.1 Rolle der Kommune

Stadterneuerungsaktivitäten vieler Städte und Gemeinden konzentrieren sich seit Jahren

auf diejenigen Quartiere mit den größten städtebaulichen oder funktionalen Missstän-

den. Dies sind meist Großwohnsiedlungen, besonders benachteiligte Gebiete oder funk-

tionsgeschwächte Innenstädte und Ortsteile. Bisher bestand das kommunale Handeln im

Hinblick auf benachteiligte Quartiere in der Regel darin, Städtebauförderungsmittel zu

beantragen, um damit Defizite zu beheben. Viele Planungsämter sind mit den alltägli-

chen Pflichtaufgaben und den meist sehr aufwändigen Projekten der Städtebauförderung

ausgelastet. Daher finden die bislang unauffälligen Wohnquartiere der 1950er bis 1970er

Jahre, in denen aber mittel- oder langfristig auch mit Handlungsbedarf zu rechnen ist,

kaum Beachtung. Zum Teil werden die Chancen, die in einem frühzeitigen Eingreifen

liegen, nicht ausreichend gesehen und / oder die personellen und finanziellen Ressourcen

reichen einfach nicht aus. Die Interviews zeigen, dass sich die meisten Kommunen gegen-

über den kleinen Wohnquartieren der Nachkriegsjahrzehnte bisher weitgehend passiv

verhalten.

Erneuerungen in den Nachkriegsquartieren werden unausweichlich und der Generatio-

nenwechsel schreitet voran. Dies ist ein idealer Zeitpunkt für die Kommunen, sich mit den

Nachkriegsquartieren auseinanderzusetzen und das kommunale Handeln ggf. anzupassen.

Den Kommunen ist zu empfehlen, ihr zumeist sehr passives Verhalten trotz aller Hemm-

nisse aufzugeben. Ein erster, wichtiger Schritt könnte in einer aufmerksameren Rolle

6.1 Akteure und Strategien (Software)

Akteure der Quartiersentwicklung

Die Kommune als Hauptakteur

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 191

liegen, um die Entwicklungen in den Wohnquartieren genauer beobachten und Probleme

frühzeitig erkennen zu können.

Daher ist es notwendig, alle relevanten Ämter der Verwaltung und den Gemeinderat für

das Thema zu sensibilisieren. Um das Bewusstsein zu stärken und die Quartiere mit ihren

spezifischen Problemlagen und Chancen stärker in den Fokus zu rücken, ist es sinnvoll,

sich die politische Unterstützung zu sichern und entsprechende Gemeinde- bzw. Stadtrats-

beschlüsse anzustreben. Für ein aktives bzw. präventives Handeln der Kommune gibt es –

wie im Folgenden dargestellt – viele gute Argumente, die es entsprechend zu kommunizie-

ren und abzusichern gilt:

Die Kosten für präventive Maßnahmen sind geringer als die finanziellen Aufwendun-–

gen, die anfallen, wenn ein Quartier bereits „gekippt“ ist. Es ist einfacher und kosten-

günstiger, die Entstehung neuer Problemquartiere zu vermeiden, als hinterher „Brenn-

punkte“ wieder zu stabilisieren und aufzuwerten.

Durch die Anpassung der Wohnungsbestände können Neubauquartiere inkl. der kost-–

spieligen Errichtung von technischer und sozialer Infrastruktur vermieden werden

(Beitrag zur Innenentwicklung).

Die Vermögenswerte der Kommune in den Quartieren können erhalten bleiben.–

Während ein schlechtes Image innerhalb kürzester Zeit entstehen kann, dauert es um –

ein Vielfaches länger, bis ein Quartier seine schlechte Außenwahrnehmung wieder ver-

liert und negative Assoziationen in der Öffentlichkeit verschwinden.

Ein „Rollenwechsel“ und eine „Aktivitätssteigerung“ der Kommune erfordern einen

Initiator. Ideal für diese Aufgabe sind die Planungsämter, da sie über die entsprechenden

Fachkompetenzen verfügen. Die Änderung und „Neujustierung“ der Rolle der Kommune

ist allerdings sehr stark von den Personen an den entscheidenden Stellen in der Verwal-

tung abhängig.

Die Kommune kann in unterschiedlicher Weise aktiv werden. Neben der Ausübung der

kommunalen Planungshoheit wird ihr bei der Qualifizierung der Wohnquartiere der

1950er bis 1970er Jahre insbesondere die Rolle einer Initiatorin und Moderatorin zukom-

men, um Prozesse anzustoßen und zu unterstützen. Auch wenn bei der Quartiersentwick-

lung außerhalb der Städtebauförderung die Aufgaben zu einem großen Teil auf die priva-

ten Akteure übertragen werden (müssen), kommt der Kommune nach wie vor in diesem

Prozess eine entscheidende Rolle zu. Eine Hauptaufgabe besteht darin, sicherzustellen,

dass die Interessen aller Akteure in angemessener Weise berücksichtigt werden und die

Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Bereich koordiniert wird. Auch wenn

die Wohnraumversorgung überwiegend durch den Markt erfolgen sollte, hat die Kom-

mune dafür zu sorgen, dass alle Haushalte mit einer geringen Wohnkaufkraft angemessen

mit Wohnraum versorgt werden. Im Bestand ist der Handlungsspielraum der Kommune

in der Regel gering – insbesondere wenn die Gebäude und der größte Teil des Freiraums

im Besitz von Wohnungsunternehmen sind. Eine wichtige kommunale Aufgabe liegt

daher darin, die Wohnungswirtschaft und sonstige Akteure zu Aktivitäten und Maßnah-

men anzuregen.

Die Rolle der Kommune als Moderatorin wird umso wichtiger und komplexer, je mehr

Akteure es einzubinden gilt. Im Hinblick auf die Bestandsquartiere sollten Kommunen

eine zunächst aufmerksame und dann aktive, initiierende, moderierende und aktivieren-

de Rolle einnehmen. Nachfolgend wird ein Spektrum an Handlungsoptionen dargestellt,

die im unmittelbaren Aufgabenfeld und Einflussbereich der Kommune liegen.

6.1.1.2 (Kleinräumige) Analysen und Monitoring

In den Kommunen gibt es oft nur wenig detaillierte Informationen über die Situation auf

dem Wohnungsmarkt und die kleinräumige Entwicklung in den Quartieren. Eine konti-

nuierliche Wohnungsmarktbeobachtung und teilräumliche Analysen finden sich bei Wei-

tem nicht in allen Kommunen. Somit fehlt es an Datengrundlagen über die Struktur der

Mögliche Rollen der Kommunen

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192 6 Handlungsoptionen

Bewohner und des Gebäudebestandes, um daraus fundierte Aussagen für die künftig zu

erwartende Situation ableiten zu können. Eine laufende Analyse des Wohnungsmarktes

auf gesamtstädtischer und kleinräumiger Ebene kann einen zielgerichteten Umgang mit

den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte erleichtern und wichtige Grundlagen hinsicht-

lich des Zeitpunkts eines präventiven Einschreitens liefern. Kommunale Verwaltungen

bzw. die verschiedenen Fachämter verfügen über umfangreiche statistische Informationen,

die aber häufig nicht miteinander verknüpft oder unter verschiedenen Fragestellungen

ausgewertet werden. Kommunen sollten die vorhandenen Daten zusammenführen und

eine Wohnungsmarktbeobachtung aufbauen, die neben der Gesamtstadt auch die Ebene

der Quartiere berücksichtigt. Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollen dabei hin-

sichtlich Auffälligkeiten und Abweichungen vom städtischen Durchschnitt beobachtet

werden. Es ist sinnvoll, ein laufendes Leerstandskataster aufzubauen, um Probleme früh-

zeitig erkennen zu können („Frühwarnsystem“).

Im Austausch und in der Zurverfügungstellung von Daten liegt auch ein erfolgsverspre-

chender Ansatz für eine Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wohnungswirtschaft,

da Unternehmen für ihre Investitionsentscheidungen in der Regel ein großes Interesse an

Informationen haben. Da neben den kommunalen Daten gerade auch Zahlen der Woh-

nungswirtschaft zum Gebäudebestand (Baujahr, Sanierungsstand, Leerstand, Verkaufs-

fälle) sowie zur Entwicklung der Mietpreise aufschlussreich sind, können Kommunen ver-

suchen, mit Wohnungsunternehmen Kooperationen und einen Datenaustausch aufzubau-

en. Eine derartige Verknüpfung von Daten der Kommune und der Wohnungswirtschaft

führt zu einer neuen Datenqualität und liefert wichtige Aufschlüsse über die Entwicklun-

gen in den Quartieren.

Da sich nachteilige Veränderungen von Quartieren aber nicht allein durch Zahlen

erkennen lassen, sind die Ergebnisse kritisch von den Entscheidungsträgern zu interpre-

tieren und ggf. durch persönliche Einschätzungen zu ergänzen. Beispielsweise bietet es

sich an, die statistischen Ergebnisse durch Begehungen der Quartiere abzugleichen und zu

einem Gesamtbild zusammenzufassen (siehe Checkliste Kap. 9.5).

Neben quantitativen Analysen müssen auch qualitative Aspekte erfasst werden. Um bei-

spielsweise Informationen über die Wohnzufriedenheit und die künftigen Pläne der

Bewohner zu erhalten, können leitfadengestützte Interviews mit Bewohnern geführt oder

eine schriftliche Bewohnerbefragung durchgeführt werden. Auf diese Weise lassen sich

wichtige Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen sowie das „Innenleben“ eines

Quartiers gewinnen. Als positiver Nebeneffekt kann eine Bewohnerbefragung das Inte-

resse für die Quartiersentwicklung wecken und eine weitere Mitwirkungsbereitschaft

begünstigen. Neben den Motiven der Bewohner sollten auch die Ziele, Investitionsabsich-

ten und Einschätzungen der verschiedenen Eigentümer in den Quartieren erfasst werden.

Je nach Eigentümerform eignen sich dafür z. B. Expertengespräche, Fragebögen oder ver-

schiedene Veranstaltungsformate (z. B. Arbeitskreise, informelle Gesprächsrunden).

Bei allen Analysen ist darauf zu achten, dass nicht eine unüberschaubare Menge an

Daten produziert wird, sondern zielgerichtet die einzelnen Quartiere untersucht und die

Ergebnisse entsprechend bewertet und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Auch

wenn Analysen und ein laufendes Monitoring mit Kosten verbunden sind, so rechtfertigt

der Erkenntnisgewinn den Einsatz der Finanzmittel durchaus. Um bei qualitativen Analy-

sen Kosten zu sparen, können Kommunen oder Wohnungsunternehmen beispielsweise

die Zusammenarbeit mit Universitäten oder Hochschulen suchen, die im Rahmen von

Studienprojekten entsprechende Befragungen durchführen und der Stadt die Ergebnisse

zur Verfügung stellen (siehe Fallstudie Spenge, S. 164 – 171).

Analysen

Befragung

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 193

Referenzprojekte

Dortmund: Kleinräumige Quartiersanalyse

Angesichts zunehmender Leerstände zeigte sich in Dortmund, dass die gesamtstädtische

Wohnungsmarktbeobachtung nicht mehr ausreichend Informationen lieferte. Um frühzei-

tig mögliche Handlungsoptionen für bestimmte Quartiere erörtern zu können, hat das

Amt für Wohnungswesen gemeinsam mit der Universität Bochum eine Analysemethode

entwickelt, die durch Erhebung von kleinräumigen Daten und durch Experten- und

Bewohnerbefragungen Stärken und Schwächen eines Wohnquartiers verdeutlicht. Ausge-

wählt werden die zu untersuchenden Quartiere auf Grundlage von Wohnungsleerstands-

daten und Sozialdaten aus dem Sozialstrukturatlas der Stadt Dortmund. Seit 2008 wurden

auf diese Weise 15 Quartiere analysiert. In umfangreichen Abschlussberichten werden die

Ergebnisse dargestellt, die über eine reine Problemanalyse hinausgehen, indem sie auch

Stärken, Entwicklungspotenziale und Handlungsoptionen aufzeigen.316

Mannheim: Siedlungsmonitoring in Kooperation von Stadt und

kommunalem Wohnungsunternehmen

In Mannheim betreiben die Stadt und die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG

ein gemeinsames Siedlungsmonitoring in ausgewählten Bezirken. Dadurch werden Ent-

wicklungen in den Quartieren genau beobachtet und bei nachteiligen Entwicklungen

Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen. Dabei werden verschiedene Daten der Stadt mit

Daten des Wohnungsunternehmens verknüpft (s. auch Fallstudie Mannheim, S.114–127).317

Regionalisierte Wohnungsmarktbeobachtung Rheinland-Pfalz

Bei dem Projekt Regionalisierte Wohnungsmarktbeobachtung (ReWoB) Rheinland-Pfalz

handelt es sich um ein flexibles Auswertungs- und Analyseinstrument zur kleinräumigen

Einschätzung des Wohnungsmarktes. Es soll Entscheidungsträgern in Wohnungspolitik

und -wirtschaft als Unterstützung und Grundlage für ihre Investitionsentscheidungen

dienen. Initiiert wurde das Projekt vom Bauforum Rheinland-Pfalz, einem Zusammen-

schluss aller am Baugeschehen beteiligten Organisationen, Verbänden und Körperschaf-

ten unter Führung des Landes Rheinland Pfalz.318

Forschungsprojekt „Nachfrageorientiertes Nutzungszyklusmanagement“

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes werden Möglichkeiten eines sogenannten Nutzungs-

zyklusmanagements bei Wohnquartieren erarbeitet. Dabei handelt es sich um ein Analyse-

und Steuerungsinstrument für Kommunen und Wohnungsunternehmen mit dem Ziel,

Handlungsmöglichkeiten für die Instandsetzung, Modernisierung und Weiterentwicklung

von Wohnquartieren aufzuzeigen. In den Handlungsempfehlungen des Forschungsprojek-

tes wird ausführlich dargestellt, wie praxisnah eine Analyse und ein Monitoring auf der

Ebene der Gesamtstadt und des Quartiers erfolgen können.319

Forum KomWoB

Beim Forum KomWoB handelt es sich um ein Netzwerk von Städten und Kreisen, die sich

zum Ziel gesetzt haben, kommunale Wohnungsmarktbeobachtung gemeinsam voranzu-

treiben, ihre Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Die Teilnehmer tref-

fen sich in verschiedenen Arbeitsgruppen und bei jährlichen Tagungen. Die Koordination

des Forum KomWoB erfolgt durch das BBSR, die N.Bank und die NRW.BANK. Das

Forum präsentiert sich auch auf einer Website mit umfangreichen Informationen zum

Thema „Wohnungsmarktbeobachtung“.320

316 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b, S. 34–36; vgl. Website: http://dev.wohnungswesen.dortmund.de/project/assets/template1.jsp?content=wu&smi=6.0&tid=88934 (Zugriff am 26. 11. 2012); vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_23550/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/KommunaleKonzepte/Modellvorhaben/Dortmund/MV__dortmund.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

317 Vgl. Stadt Mannheim: Beschlussvorlage Nr. 312/2010. Kooperationsvereinbarung zur Woh-nungsversorgung zwischen der Stadt Mannheim und der GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH (GBG).

318 Vgl. Website: http://www.rewob.de/ (Zugriff am 5. 12. 2012)

319 Vgl. Bizer, 2009, S. 26–34

320 Vgl. Website http://wohnungsmarktbeobachtung.de/komwob/forum-komwob/ueber-uns (Zugriff am 26. 11. 2012)

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194 6 Handlungsoptionen

6.1.1.3 Planungen und Konzepte

Den Kommunen steht eine große Bandbreite an formellen und informellen Planungs-

instrumenten zur Verfügung, um die Entwicklung der Gesamtstadt und der Quartiere

zielgerichtet voranzutreiben. Basierend auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der

Mittel sollten Kommunen zunächst die Möglichkeiten konsensualer Vorgehensweisen

prüfen, bevor hoheitliche Mittel angewendet werden.

Formelle Instrumente

Im Rahmen der hoheitlichen Flächennutzungsplanung haben Kommunen die Chance, die

Entwicklung bestehender Wohnquartiere positiv zu beeinflussen. Indem beispielsweise

keine weiteren Wohnbauflächen ausgewiesen werden, kann die Nachfrage auf den Bestand

gelenkt werden. Eine große Schwierigkeit liegt dabei allerdings in der Konkurrenz der

Kommunen um Einwohner, die in das Umland abwandern, wenn es keine entsprechenden

Angebote gibt. Auch bei der Bauleitplanung haben Kommunen in Bestandsquartieren die

Möglichkeit, städtebauliche Maßnahmen durch die Aufstellung oder Änderung eines vor-

handenen Bebauungsplanes oder auch durch eine sehr „freigiebige“ Auslegung bestehen-

den Baurechts zu erleichtern (z. B. Fallstudie Köln, Buchheimer Weg: Der Abriss und die

Neubebauung erfolgten als Vorhaben im Innenbereich § 34 BauGB). Die Kommune kann

bei der Schaffung von Baurecht ihre Planungshoheit im Neubau aber auch im Bestand

(z. B. Nachverdichtungen) nutzen, um besondere Standards in den Quartieren zu erreichen

bzw. einzufordern. Die Absicherung kann über städtebauliche Verträge (§ 11 BauGB) er-

folgen.

Informelle Instrumente und Konzepte

Informelle kommunale Konzepte enthalten Zielsetzungen und Maßnahmenkataloge,

schaffen im Idealfall Planungssicherheit und geben den direkt oder indirekt betroffenen

Akteuren eine Orientierung. In vielen, vor allem kleineren Kommunen liegen weder inte-

grierte Stadtentwicklungskonzepte noch sonstige Konzepte (z. B. städtebauliche Entwick-

lungskonzepte, Wohnraumversorgungskonzepte, Stadtumbaukonzepte) vor, die sich mit

dem Thema Wohnen und der künftigen Entwicklung der Bestände beschäftigen. Somit

fehlt es der öffentlichen Hand und auch allen anderen Wohnungsmarktakteuren an ver-

lässlichen Aussagen und Informationen, auf Grundlage derer Entscheidungen getroffen

werden können.

Integrierte Konzepte tragen dazu bei, sich praxisnah und umsetzungsorientiert mit der

künftigen Entwicklung der Nachkriegsquartiere auseinanderzusetzen. Da für die spätere

Akzeptanz der Erarbeitungsprozess entscheidend ist, müssen alle betroffenen Akteure ein-

bezogen, ein Konsens hinsichtlich der Ziele gefunden und auch eine Verbindlichkeit für

die Umsetzung hergestellt werden. Hinsichtlich des Problems der Finanzierung von Kon-

zepten ist es vorstellbar, dass sich auch die Wohnungsunternehmen, die von solchen Pla-

nungen erheblich profitieren (z. B. Sicherung oder Steigerung der Immobilienwerte), an

den Kosten beteiligen. Es gibt auch seltene Fälle, in denen die Konzepte nicht von der

Kommune, sondern von der Wohnungswirtschaft initiiert werden.

Die Konzepte sollten regelmäßig evaluiert und fortgeschrieben werden. In den Inter-

views wurde kritisch angemerkt, dass Konzepte nur einen Nutzen haben, wenn sie auch

mit einem entsprechenden Budget hinterlegt werden. Konzepte haben zwar durchaus das

Potenzial, Eigentümer zu Aktivitäten und Investitionen anzuregen, aber in der Regel müs-

sen Kommunen auch selber tätig werden, um Entwicklungen anzustoßen und die Ziele zu

erreichen. Oft verschwinden Konzepte in der Schublade und werden nicht umgesetzt.

Unter der Annahme von stark reduzierten Fördermitteln wird vorgeschlagen, zumin-

dest die Erstellung von Analysen und Konzepten finanziell zu fördern, da diese wichtige

Grundlagen für die künftige Entwicklung der Quartiere liefern und im besten Fall private

Investitionen anstoßen. Damit die Konzepte aber nicht nur „beschriebenes Papier“ bleiben,

braucht es weitere Anreize und im Idealfall finanzielle Mittel.

Planungen und Konzepte

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 195

Stadtentwicklungskonzept

Stadtentwicklungskonzepte definieren den langfristigen Handlungsrahmen für eine städte-

baulich geordnete, sozial verträgliche, wirtschaftlich tragfähige und ökologisch nachhal-

tige Stadtentwicklung. Darin werden Ziele formuliert, Prioritäten gesetzt sowie Umset-

zungsstrategien und Maßnahmen erarbeitet werden. Integrierte Stadtentwicklungskon-

zepte gelten als wichtiges strategisches Steuerungsinstrument für eine nachhaltige

Stadtentwicklung und einen fundierten und langfristig ausgerichteten Stadtumbau. In vie-

len Kommunen liegen (noch) keine integrierten Stadtentwicklungskonzepte vor. Diese

Tatsache hat sich in den Interviews bestätigt: den Kommunen mangelt es an verbindlichen

Grundlagen und konkreten Zielen für die Zukunft. „In den Kommunen ist ein Bewusst-

sein für die Notwendigkeit und die Bedeutung der langfristigen strategischen Planung

durchaus vorhanden. Die Erfahrungen in den neuen Bundesländern zeigen aber, dass

sich diese Sichtweise erst unter dem Zwang der Förderungsregularien in praktisches

Handeln umgesetzt hat.“ 321 Wesentliche Probleme bzw. Hemmnisse bei der Erstellung

von informellen Planungen und Konzepten liegen in begrenzten personellen und finan-

ziellen Ressourcen, der unzureichenden Datenlage, mangelndem verwaltungsinternem

oder politischem Rückhalt oder auch in einer fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der

Akteure.322

Bei kritischer Betrachtung so mancher Stadtentwicklungskonzepte muss jedoch neben

dem reinen Vorhandensein auch die Qualität, der Erarbeitungsprozess und die Umset-

zungsorientierung kritisch hinterfragt werden. Da es für Stadtentwicklungskonzepte keine

konkreten Vorgaben hinsichtlich der Struktur und Erarbeitung gibt, kommen darin die

Themen Wohnen und Nachkriegswohnquartiere oft zu kurz. Es wird daher Kommunen

geraten, ein integriertes Stadtentwicklungskonzept zu erarbeiten, bei dem das Thema

„Wohnen“ und damit verbunden die Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre genau unter-

sucht und konkrete Ziele und Aussagen zur weiteren Entwicklung getroffen werden. Auf

Grundlage eines Stadtentwicklungskonzeptes können je nach Größe und Gliederung der

Stadt weitere kleinräumige Konzepte für einzelne Stadtteile erarbeitet werden (z. B. Stadt-

teil- oder Quartiersentwicklungskonzepte).

Konzepte für das Wohnen / Wohnraumversorgungskonzepte

Mit Hilfe von Konzepten, die sich auf das Wohnen fokussieren, können groß- und klein-

räumig Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt analysiert, Handlungsbedarfe ermittelt

sowie Instrumente für die Steuerung aufgezeigt werden. Derartige Konzepte helfen eine

ausgewogene Wohnraumversorgung unter Berücksichtigung des gesamten Wohnungsbe-

standes und aller Nachfragegruppen zu sichern und liefern wichtige strategische Grund-

lagen für Investitionen in den Wohnungsbestand. Es ist daher zu empfehlen, Konzepte für

das Wohnen unter besonderer Berücksichtigung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre

zu erstellen. Dabei sollen auf Grundlage genauer Analysen wohnungspolitische Zielset-

zungen für die Gesamtstadt und für einzelne Teilbereiche formuliert und quantitative,

qualitative und räumliche Aspekte des Wohnungsmarktes berücksichtigt werden. Die

Konzepterstellung sollte ämter- bzw. fachbereichsübergreifend und unter Einbeziehung

der wichtigsten Wohnungsmarktakteure erfolgen. Kommunale Wohnkonzepte veranlas-

sen im Idealfall Wohnungsunternehmen dazu, ihre Investitionen nicht unabhängig von

stadtentwicklungspolitischen Zielen zu tätigen.323

Angesichts der stark ausdifferenzierten Gesellschaft und Wohnungsnachfrage sollte in

den Konzepten genau nachgefragt werden, welche Zielgruppen für die einzelnen Quartie-

re langfristig in Frage kommen und wie auf deren Ansprüche reagiert wird. Der Woh-

nungsbestand ist neben dem Neubau ein besonderer Betrachtungsschwerpunkt. Zu den

Bestandsquartieren der 1950er bis 1970er Jahre sollten konkrete Aussagen getroffen wer-

den: Welche Rolle spielen die Nachkriegsquartiere bei der prognostizierten Bevölkerungs-

und Wohnraumentwicklung? Wie gestaltet sich die Versorgung der bisher dort lebenden

Menschen (v. a. Angebot für altengerechtes Wohnen)? Welche Maßnahmen werden ange-

321 Friesecke / vhv Dienstleistung GmbH, 2010, S. 233–234

322 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b, S. 3

323 Vgl. Tölle / Gössel, 2004, S. 21–22; vgl. Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH / Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, 2008, S. 7

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196 6 Handlungsoptionen

sichts der formulierten Ziele notwendig? Entscheidend ist es, Wohnraumversorgungs-

konzepte mit anderen städtischen Zielen und Strategien zu verknüpfen, um Synergie-

effekte zu erreichen – idealerweise ist ein solches Konzept in ein integriertes Stadtentwick-

lungskonzept eingebettet.

Gesamtstädtische Analyse von Nachkriegsquartieren

Da die Erstellung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes aufwändig ist und in der

Regel viel Zeit in Anspruch nimmt, könnten Kommunen – angesichts des wichtigen Zeit-

punkts für Maßnahmen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre – möglichst zeit-

nah ein Teil- bzw. Fachkonzept erarbeiten, bei dem flächendeckend alle Stadtraumtypen

mit einem besonderen Fokus auf die Nachkriegsquartiere erfasst werden. Da vielen größe-

ren Kommunen der Überblick über die – vor allem auch kleineren – Wohnquartiere der

1950er bis 1970er Jahre fehlt, sollten zuerst in einer gesamtstädtischen Betrachtung alle

Quartiere identifiziert und an Hand wesentlicher Strukturmerkmale beschrieben werden.

Zielführend ist eine Untersuchung, die die Qualität der Nachkriegsquartiere analysiert

und in Beziehung zu anderen Quartieren setzt sowie ihre langfristigen Perspektiven als

Wohnstandorte thematisiert.

Darauf basierend könnten die Quartiere mit dem größten Handlungsdruck bestimmt

und Prioritäten hinsichtlich eines „Aktivwerdens“ der Kommune gesetzt werden („Vor-

ranggebiete“). Maßnahmen in einzelnen Quartieren sollten in einem gesamtstädtischen

Konzept koordiniert werden, um eine Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Gebie-

ten zu vermeiden. Gerade in schrumpfenden Regionen sollte sich die öffentliche Hand

frühzeitig der schwierigen Frage stellen, ob auf lange Sicht alle Quartiere erhalten werden

können. Zu einem möglichst frühen Zeitpunkt sollten Quartiere mit besonders schlechten

Zukunftschancen für den Rückbau vorgesehen werden, um weitere, nicht mehr langfristige

Investitionen in den Bestand zu vermeiden.

Referenzprojekte

Chemnitz: Gesamtstädtische und kleinräumige Konzepte für den Stadtumbau

Infolge der tiefgreifenden Veränderungen und des Strukturwandels erarbeitet die Stadt-

verwaltung Chemnitz seit den 1990er Jahren im Rahmen des Stadtumbaus verschiedene

Konzepte. Das Städtebauliche Entwicklungskonzept – Chemnitz 2020 ist das zukünftige

Handlungsinstrument der Stadt Chemnitz und stellt mit seinen Leitlinien die Weichen der

gesamtstädtischen Entwicklung. Es ist unter intensiver Beteiligung der Öffentlichkeit

entstanden. Auf Grundlage des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes wurden klein-

räumige Gebietspässe erarbeitet, die konkrete Entwicklungsziele und Maßnahmenschwer-

punkte der einzelnen Stadtteile beinhalten. Um stadtplanerische sowie wohnungspolitische

und -wirtschaftliche Entwicklungen abzusichern, hat das Stadtplanungsamt im Jahr 2009

eine Studie zum zukünftigen Wohnraumbedarf in Chemnitz in Auftrag gegeben. Die

zentrale Leitfrage des Wohnraumbedarfskonzeptes ist: „Welche Wohnungen werden in

welchem Umfang von wem langfristig nachgefragt?“ Als Ergebnis werden Handlungsemp-

fehlungen für die Stadt, die Wohnungsunternehmen sowie die privaten Eigentümer for-

muliert. Die methodische Vorgehensweise dabei ist sehr vorbildhaft.324

Dortmund: Masterplan Wohnen

„Der Masterplan Wohnen ist gemeinsam von Vertreterinnen und Vertretern aus Kommu-

nalpolitik, Wohnungswirtschaft, Interessensvertretungen, Wissenschaft und Verwaltung

in einem mehrjährigen Aufstellungsprozess erarbeitet und vom Rat der Stadt Dortmund

am 13. 05. 2004 beschlossen worden. Dieses nicht normierte Planungsinstrument bildet

den Orientierungsrahmen für die zukünftige Entwicklung der Dortmunder Wohnungs-

politik.“ 325 Der Plan konzentriert sich dabei auf folgende Zielsetzungen: Stützung des

Strukturwandels, Weiterentwicklung des Wohnungsmarktes in Richtung Qualität und

Eigentumsbildung, Stärkung der Attraktivität Dortmunds als Wohnstandort. Der Master-

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 197

plan wird fortgeschrieben und dabei verschiedene Themen fokussiert, beispielsweise das

Wohnen im Alter (2005) oder die Wohnungsmarktbeobachtung (2006).326

Ludwigsburg: Stadtteilentwicklungspläne

Für die nachhaltige Entwicklung sämtlicher Stadtteile in Ludwigsburg werden basierend

auf dem integrierten Stadtentwicklungskonzept kleinräumige Konzepte erarbeitet. In den

Stadtteilentwicklungsplänen werden die Leitsätze und strategischen Ziele des Stadtent-

wicklungskonzeptes auf den jeweiligen Stadtteil heruntergebrochen und konkretisiert. Die

Bürger werden dabei intensiv beteiligt.327

Arbeitshilfe: Erstellung kommunaler Wohnungsmarktkonzepte

Das Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH (IfS) erstellte im Auftrag des

Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein eine Arbeitshilfe, wie kommunale

Wohnraumkonzepte insbesondere unter dem Aspekt der Verfügbarkeit notwendiger

Daten und Informationen erstellt werden können. Im Anhang sind zudem Überlegungen

und Vorschläge zur Integration des Handlungsfeldes „Energieeinsparung im Bereich

Wohnen“ enthalten.328

ExWoSt Forschungsprogramm: Kommunale Konzepte: Wohnen

Zwischen 2007 und 2010 wurden in neun Kommunen mit unterschiedlichen Rahmenbe-

dingungen modellhaft innovative Ansätze erprobt, wie mit Hilfe von Konzepten die aktu-

ellen und künftigen wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Aufgaben gelöst werden

können. Themenschwerpunkte waren dabei die Wohnraumversorgung von Haushalten

mit Marktzugangsschwierigkeiten, die Entwicklung der Wohnungsbestände und die Stär-

kung der Innenentwicklung.329

Forschungsprojekt: Leitfaden für die Erstellung integrierter städtebaulicher

Entwicklungskonzepte

Ein im September 2012 gestartetes Forschungsprojekt des BBSR (Auftragnehmer: Schulten

Stadt- und Raumentwicklung) beschäftigt sich mit den inhaltlichen und qualitativen Stan-

dards von integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepten und erarbeitet als Ergeb-

nis einen praxisorientierten Leitfaden für lokale Akteure.330

Themenbezogene LiteraturInstitut Wohnen und Umwelt GmbH: Leitfaden zur Erstellung kommunaler Wohnraumversorgungskonzepte in Hessen. Endbericht. Darmstadt 2005.

Analyse & Konzepte / Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): Kommunale Wohnraumversor-gungskonzepte. 1. Zwischenbericht. Bonn 2005.

6.1.1.4 Verwaltungsstrukturen und -organisation

Die öffentliche Hand tritt nicht einheitlich auf, sondern muss in Politik und Verwaltung

unterschieden werden. Die Lokalpolitik kann aus unterschiedlichen räumlichen Ebenen

und gewählten Vertretern sowie Fraktionen bestehen. Kommunalverwaltungen bestehen

aus verschiedenen Ressorts und Fachämtern und stellen eine inhomogene Gruppe dar.331

Im Rahmen der Untersuchungen und Interviews hat sich gezeigt, dass es in manchen

Kommunen nur wenig Austausch und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen

Ämtern gibt. Da der traditionelle Verwaltungsaufbau und die Organisation zersplittert

und nicht auf die teilräumliche Quartiersebene zugeschnitten sind, entstehen oft Schwie-

rigkeiten, auf der Ebene des Quartiers tätig zu werden. „Da Probleme in der Lebenswelt

von Bürgern und Bürgerinnen in den meisten Fällen nicht eindimensional auf Verwal-

tungsgliederung und Zuständigkeitsordnung passen, ist ämter- und trägerübergreifende

Kooperation notwendig. Und diese gelingt umso besser, umso mehr stadtteilorientierte

kontinuierliche Arbeitsstrukturen geschaffen werden.“ 332

324 Vgl. Analyse & Konzepte / Stadtplanungsamt der Stadt Chemnitz, 2010

325 Website: http://dev.wohnungswesen.dortmund.de/project/assets/template3.jsp?content=wu&dcode=grossprojekte.wohnungswesen.downloads_masterplan_wohnen&did=0&dorder=downloaddate+desc&smi=4.02&tid=82492 (Zugriff am 4. 1. 2013)

326 Vgl. ebenda (Zugriff am 4. 1. 2013)

327 Vgl. Website http://www.ludwigsburg.de/,Lde/start/Stadt+_+Buerger/STEP.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

328 Vgl. Institut für Stadtforschung und Struktur-politik GmbH / Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, 2008

329 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b; vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/KommunaleKonzepte/01_Start.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

330 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2012/LeitfadenEntwicklungskonzepte/01_Start.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

331 Vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), 2005, S. 19

332 Bartscher, 2005, S. 35

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198 6 Handlungsoptionen

Da die Qualifizierung von Nachkriegsquartieren viele Handlungsbereiche (z. B. Soziales,

Wohnen, Bildung, Städtebau, Verkehr, Energie) berührt, die ineinander greifen oder auf-

einander abbauen, muss eine integrierte Herangehensweise innerhalb der Kommunal-

verwaltung vorangetrieben werden. Um Quartiere in ihrer Komplexität zielgerichtet und

effizient weiterzuentwickeln, sind in vielen Kommunen Anpassungen der Verwaltungs-

struktur und der Aufbau neuer Formen der Zusammenarbeit erforderlich. Gerade in grö-

ßeren Kommunen sind die Verwaltungen stark zersplittert, sodass zunächst verwaltungs-

intern funktionsfähige Strukturen in Form von Querschnittskompetenzen für die Quar-

tiersebene aufgebaut werden sollten (z. B. Zusammenarbeit von Stadtplanungsamt,

Sozialamt, Wohnungsamt, Grünflächenamt).

An Stelle einer Themenorientierung der Verwaltung sollte eine stärkere Raumorientie-

rung treten – das heißt die Planungen der verschiedenen Ämter orientieren sich auf einen

bestimmten räumlichen Bereich – das Quartier.333 Wenn sich eine Kommune entschließt,

sich aktiver mit der Weiterentwicklung der Wohnquartieren auseinanderzusetzen (siehe

Handlungsoption Rolle der Kommune, S. 190 f.) sollten die Verwaltungsstrukturen über-

prüft werden, inwieweit sie für diese Aufgabenstellung geeignet sind und angepasst wer-

den können. Die Anpassung der Verwaltungsorganisation muss als lernender Prozess

angegangen werden, der auf die sich wandelnden Anforderungen reagiert. Dabei sollte ein

Amt die Projektsteuerung übernehmen und kontinuierlich die Beschäftigung mit den

Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte vorantreiben (Abstimmungsrunden, Arbeitskreise,

Workshops, etc.). Das Stadtplanungsamt mit seinem räumlichen Bezug ist für die Koordi-

nation sehr gut geeignet.

Die Zuständigkeiten und die Rolle der einzelnen Ämter sollten festgelegt und das Res-

sortdenken innerhalb der Verwaltung überwunden werden, um verwaltungsinterne Kon-

flikte zu vermeiden. An den wichtigen Stellen bzw. bei konfliktträchtigen Themen ist es

sinnvoll, bei Bedarf neutrale Dritte in den Prozess einzubeziehen. Ein Ansatz besteht z. B.

darin, eine Arbeitsgruppe in der Verwaltung aufzubauen, die die Entwicklungen auf dem

Wohnungsmarkt und in den Quartieren beobachtet und in regelmäßigen Abständen dis-

kutiert.

Da in den Kommunalverwaltungen aus dem Programm Soziale Stadt oft sehr gute

Erkenntnisse vorliegen, wie Maßnahmen auf der Ebene des Quartiers realisiert werden

können, kann sehr gut auf diese Strukturen und Kontakte zurückgegriffen werden. Ange-

sichts der Tatsache, dass es sich um neue Aufgaben und eine neue Maßstabsebene handelt,

kann auch die Fortbildung der städtischen Mitarbeiter für die besonderen Anforderungen

auf der Quartiersebene weiterhelfen. Innerhalb der Verwaltung gilt es, Software und

Hardware miteinander zu verbinden, da die Herausforderungen in den Quartieren weder

allein mit baulichen noch allein mit nicht-baulichen Maßnahmen gelöst werden können –

insbesondere der Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und Sozialarbeit kommt eine

große Bedeutung zu. In den Kommunen gibt es oft zahlreiche Einrichtungen, die aber nur

wenig zusammenarbeiten (z. B. Seniorenbüros). Ein großes Potenzial besteht darin, alle

relevanten Einrichtungen quartiersbezogen zu einer Zusammenarbeit zu aktivieren und

im Sozialraum vernetzte Aktivitäten aufzubauen.

Neben dem Verwaltungshandeln müssen aber auch die politischen Strukturen betrach-

tet werden. Während es auf Stadtteilebene Einrichtungen und Entscheidungsstrukturen

gibt, fehlen diese auf der Ebene des Quartiers in der Regel. Die politischen und organisa-

torischen Verwaltungs- bzw. Entscheidungseinheiten stimmen nicht mit der räumlichen

Gliederung überein. Daher soll darüber nachgedacht werden, auch auf der Ebene der Quar-

tiere entsprechende Beratungs- und Entscheidungsstrukturen aufzubauen (z. B. Quartiers-

räte).

Die Einrichtung eines Quartiersbeauftragten in der Verwaltung kann helfen, die zahl-

reichen für die Entwicklung relevanten Bereiche und Themen zu koordinieren und Pro-

jekte anzustoßen. Eine ideale „Konstruktion“ könnte darin bestehen, dass auf der Seite der

Verwaltung „Quartiersbeauftragte bzw. Kümmerer“ eingerichtet werden, die in den Quar-

Verwaltungsstrukturen

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 199

tieren feste Ansprechpersonen haben (z. B. Quartiersräte), um mit diesen Entwicklungen

zu beraten. Die Entstehung solcher Modelle kann beispielsweise durch die Bereitstellung

von Quartiersbudgets bzw. Verfügungsfonds angeregt werden, über deren Verwendung

die Quartiersräte eigenständig bestimmen dürfen. Relevante kommunale Akteure / Ämter:

Bau- und Planungsamt, Jugendamt, Sozialamt, Bildungsbereich, Wohnungsamt, Tiefbau,

technische Infrastruktur, etc. Folgende Strukturen und Arbeitsformen könnten in Verwal-

tungen für die Quartiersebene infrage kommen:

gesamtstädtische Lenkungsgruppen, Arbeitsgruppen für Stadtteile / Quartiere –

verwaltungsinterne Gebietsteams –

Fachämter für Sozialraummanagement, Quartiersmanagement, Quartierskoordinator, –

Quartiersbeauftragter.334

Referenzprojekte

Mannheim: Stadtteilorientierung der Verwaltung

Im Zuge einer Reform der Mannheimer Stadtverwaltung wurde ein Konzept (Change2 –

Wandel im Quadrat) für eine stärkere Orientierung an den Stadtteilen erarbeitet. Dadurch

soll das Verwaltungshandeln stärker raumbezogen erfolgen und die Ziele der gesamtstäd-

tischen Entwicklung individuell auf die Stadtteile heruntergebrochen werden. Es wurden

umfangreiche Leitlinien und Maßnahmen zur Stärkung der Stadtteilorientierung erarbei-

tet (siehe auch Fallstudie Mannheim, S. 114 – 127).335

Essen: Raumorientiertes Verwaltungshandeln

Ein Anfang zu einer raumorientierten Verwaltung wurde in Essen mit dem Modell Quar-

tiersmanagement und seiner Umsetzung in zwei Stadtteilen gemacht. Dafür wurde in der

Verwaltung eine für den Sozialraum zuständige Gebietsbeauftragte eingerichtet, die mit

den relevanten Fachbereichen für die Entwicklung dieses Raums Kontakt aufnimmt. Diese

Beauftragte arbeitet dabei mit Stadtteilmoderatoren, die auf der intermediären Ebene

angesiedelt sind, sowie mit den Stadtteilarbeitern vor Ort zusammen.336

6.1.1.5 Kommunale Beratungsangebote

Die Kommunen haben nur wenige direkte Eingriffs- bzw. Einflussmöglichkeiten auf den

Bestand – vor allem dann, wenn das Besondere Städtebaurecht nicht zur Anwendung

kommt. Von daher nimmt die Bedeutung von sonstigen, „weichen“ Maßnahmen zu, um

Verbesserungen in den Quartieren zu befördern. Da bei Eigentümern aber auch bei Bewoh-

nern oft Unsicherheiten hinsichtlich der Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Gebäude

und Wohnungen bestehen, könnten Beratungsangebote sinnvoll sein. In manchen Berei-

chen sind die Kommunen schon seit Jahren beratend tätig (z. B. Soziales, Bauberatung,

Fördermöglichkeiten von Maßnahmen). Kommunen können ihre Beratungsangebote aus-

bauen, um auf „indirekte“ Weise die Bewohner und Eigentümer zu unterstützen und zu

Investitionen in Nachkriegsquartieren anzuregen (z. B. Energie, Barrierefreiheit).

Kommunen sind dabei in der vorteilhaften Situation, dass sie bei bestimmten Themen

von den Eigentümern und Bewohnern als neutrale Beratungsinstanz wahrgenommen wer-

den, während privaten Anbietern wegen ihrer Eigeninteressen eher wenig vertraut wird.

Beispielsweise könnte eine Energieberatung den Eigentümern helfen ein energetisches

Konzept für ihr Gebäude aufzustellen und so energetische Verbesserungen zu erreichen.

Ebenso vorstellbar ist eine Beratung, wie Barrieren sowohl im Wohnumfeld als auch in

der Wohnung reduziert und Wohnräume altengerecht angepasst werden können. Solche

Beratungsangebote zielen nicht nur auf Nachkriegsquartiere ab, sondern können allen

Beständen zugute kommen. Bei der Beratung ist auf die Neutralität und Unabhängigkeit

zu achten. Kann die Kommune die Beratung nicht in Eigenleistung erbringen, könnten

Beratungsstrukturen mit externen Experten oder sozialen Trägern aufgebaut werden.

Kommunale Beratung

333 Vgl. Bartscher, 2005, S. 29–30

334 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 c, S. 4

335 Vgl. Website: http://www.mannheim.de/stadt-gestalten/projekt-08-stadtteilorientierung-verwaltung (Zugriff am 27. 11. 2012); vgl. Stadt Mannheim, 2010

336 Vgl. Institut für Stadtteilentwicklung, Sozial-raumorientierte Arbeit und Beratung (ISSAB) / Stadt Essen, Büro Stadtentwicklung, 2009

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200 6 Handlungsoptionen

Referenzprojekt

Ludwigsburg: Ludwigsburger Energieagentur

Die Ludwigsburger Energieagentur (LEA) berät Privatpersonen, Kommunen, Institutionen

und Gewerbe umfassend und neutral zu allen Fragen rund um das Thema „Energie“. Die

Energieagentur wurde im Jahr 2006 als gemeinnütziger Verein gegründet. Mitglieder

sind neben dem Landkreis Ludwigsburg mehrere Kommune sowie verschiedene weitere

Institutionen. Die LEA wird durch das Land Baden-Württemberg und die Stiftung „Natur-

und Umweltschutz“ der Kreissparkasse Ludwigsburg gefördert. Schwerpunkte liegen im

Bereich Energiesparen im Alt- und Neubau, effiziente Energienutzung, Einsatz von rege-

nerativen Energien und Fördermöglichkeiten. Die Agentur erstellt aber auch Energiekon-

zepte für Gebäude oder Baugebiete.337

6.1.1.6 Kommunale Wohnungsunternehmen

Rund fünf Prozent des deutschen Wohnungsbestandes ist im Eigentum von kommunalen

Wohnungsunternehmen. Durch den Verkauf von großen Beständen kommunaler Woh-

nungsunternehmen haben viele Städte Einflussmöglichkeiten auf den Wohnungsmarkt

verloren und die kurzfristigen Gewinne können auf lange Sicht negative Konsequenzen für

die Stadtentwicklung nach sich ziehen. Denn kommunale Wohnungsunternehmen sind

sehr wichtig für die Steuerung der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes sowie für

die kommunale Wohnungs-, Sozial und Wirtschaftspolitik.338

Da kommunale Vertreter an entscheidenden Stellen in den Unternehmen sitzen, kann

die Tätigkeit des Unternehmens an den wohnungspolitischen Zielen der Stadtentwicklung

ausgerichtet werden. Bei den meisten im Rahmen des Forschungsprojektes interviewten

Wohnungsunternehmen handelte es sich um kommunale oder kommunal-nahe Unterneh-

men. Es ließ sich klar erkennen, dass die Unternehmen nicht rein privatwirtschaftliche

Ziele mit einer maximalen Gewinnerzielung verfolgen, sondern der Versorgungsauftrag

im Vordergrund steht.

Die Einflussmöglichkeiten, die sich durch ein entsprechendes strategisches Handeln

dieser Unternehmen ergeben, müssen genutzt werden. Kommunale Wohnungsunterneh-

men können in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte eine Vorreiter-Rolle überneh-

men, indem sie beispielsweise besonders qualitätsvolle Projekte realisieren. Denn heraus-

ragende Projekte haben eine nicht zu unterschätzende Ausstrahlungskraft und können

andere Unternehmen zu Investitionen anregen, um z. B. auf entspannten Wohnungsmärk-

ten weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben (Nachahmer-Effekt). Wirtschaftlich erfolgreich

realisierte Projekte können wichtige Denkanstöße liefern und zu ähnlichen Maßnahmen

in den Beständen animieren. Darüber hinaus leisten die kommunalen Wohnungsunter-

nehmen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Wohnraumversorgung von Haushalten

mit Zugangsschwierigkeiten auf dem freien Wohnungsmarkt, der angesichts der zuneh-

menden Zahl von armutsgefährdeten Haushalten unbedingt zu bewahren ist.

Die kommunalen Wohnungsunternehmen bieten vielfältige Möglichkeiten, in den

Nachkriegsquartieren Prozesse anzustoßen und Maßnahmen zu realisieren. Aufgaben, die

außerhalb der Verwaltung einfacher umzusetzen sind, sollten auf kommunale Wohnungs-

unternehmen übertragen werden. Dafür gibt es interessante und erfolgreiche Beispiele.

Beispielsweise wurde in Hannover dem städtischen Tochterunternehmen GBH die Ein-

richtung und Durchführung des Quartiersmanagements übertragen, da dies die Stadtver-

waltung wegen ihrer langen Entscheidungswege und sehr begrenzten Möglichkeiten nicht

bewerkstelligen kann. Mehrfach wurde in den Interviews erwähnt, dass die kommunalen

Wohnungsunternehmen in der Regel sehr viel schneller handeln können, einen sehr guten

Einblick in die Quartiere haben und daher sehr wertvolle Partner sind.

Kommunales Wohnungsunternehmen

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6.1.1 Software Kommunales Handeln 201

Referenzprojekte

Hannover: Quartiersmanagement in Nicht-Fördergebieten

In Hannover führt das städtische Wohnungsunternehmen GBH (Gesellschaft für Bauen

und Wohnen Hannover mbH) Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftra-

gung in Nicht-Fördergebieten durch. Ursprünglich war geplant, dass die Stadt ein entspre-

chendes Quartiersmanagement aufbaut. Da jedoch der Stadt die finanziellen Mittel fehl-

ten, wurde die Aufgabe dem kommunalen Wohnungsunternehmen übertragen339 (siehe

auch Fallstudie Hannover, S. 76 – 83).

Essen: Allbau AG

Bei der Allbau AG handelt es sich um ein kommunal(nahes) Wohnungsunternehmen, das

nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv Wohnungsbau betrieb und damit maßgeblich die

Stadtentwicklung Essens beeinflusste. Trotz der Abschaffung der gesetzlichen Regelung

zur Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen 1990 wurde durch eine Selbstverpflichtung in

der Satzung der ursprüngliche wohnungspolitische Auftrag beibehalten. Die Allbau AG

ist nicht nur Verwalterin bzw. Vermieterin von Wohnungen, sondern beschäftigt sich

unter dem Motto „Wohnen ist mehr“ auch intensiv mit der zukunftsgerechten Entwick-

lung von Wohnquartieren. Das Unternehmen engagiert sich aktiv in der Stadtentwicklung,

im Stadtumbau und in der Projektentwicklung und übernimmt soziale und gesellschaftli-

che Verantwortung (Stichwort „Stadtrendite“). Die Allbau AG übernimmt dabei die Rolle

als Initiatorin, Akteurin und Moderatorin von kooperativen Stadtteil- und Quartiersent-

wicklungsprojekten und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Integration, zur Entwick-

lung funktionierender Nachbarschaften und gegen soziale Verwahrlosung. Die Allbau AG

ist in Essen ein wichtiger Motor bzw. wichtiges Instrument der Stadt- und Quartiersent-

wicklung. Das Unternehmen hat gute Voraussetzungen dafür, da es nahe bei den Bewoh-

nern ist sowie finanzielle Spielräume und direkte Handlungsmöglichkeiten in den Quar-

tieren hat. Die langwierigen und oft auch komplizierten Prozesse in den Stadtverwaltun-

gen können so umgegangen werden.340

6.1.1.7 Weitere Handlungsoptionen der Kommune

Bereitstellung von Quartiersbudgets bzw. Verfügungsfonds: geringe Finanzmittel, über –

deren Verwendung die Bewohner eines Quartiers selber entscheiden dürfen

Ausbau / Verbesserung der sozialen Infrastruktur – (siehe Handlungsbereich Daseins-

vorsorge, S. 249 – 252)

einwerben von Fördermitteln (nicht nur Städtebauförderung, EU-Mittel, Stiftungen, –

Modellvorhaben etc.)

Förderung der lokalen Wirtschaft: Standortpolitik, Wirtschaftsförderung (ausreichende –

und sichere Arbeitsplätze als Grundvoraussetzung für Wohnungsnachfrage)

Forschungsprojekte oder Modellvorhaben initiieren oder akquirieren–

fundierte Festlegung der Kosten der Unterkunft (KdU): Seit der Neustrukturierung der –

sozialen Sicherungssysteme 2005 liegt die Zuständigkeit für die Übernahme der Kosten

der Unterkunft bei den Kommunen, die auch die Höhe der angemessenen Kosten je nach

lokalen Gegebenheiten festlegen. Den Kommunen obliegt dabei die Ausgestaltung der

Angemessenheitskriterien, für die es keine bundeseinheitlichen Vorgaben zur Definition

von Angemessenheit gibt. Durch eine entsprechende Festlegung der angemessenen Kos-

ten haben die Kommunen die Möglichkeit, auf die Wohnungsmarktsituation vor Ort zu

reagieren. Um Segregationstendenzen zu vermeiden und alle Haushalte angemessen mit

Wohnraum zu versorgen, sollte die Bemessung der Mietobergrenze kritisch hinsichtlich

ihrer Auswirkungen auf die Quartiere überprüft und ggf. angepasst werden.341

Durchführung von Wettbewerben und konkurrierenden Verfahren für Aufwertungen –

im Bestand

verschiedene Maßnahmen zur Sicherung der Gestaltungsqualität und Baukultur – (siehe

Handlungsbereich Baukultur und Gestaltungsqualität, S. 258 – 260)

337 Vgl. Website: http://www.lea-lb.de/10 (Zugriff am 13. 12. 2012)

338 Vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), 2007; vgl. Bundesverband deutscher Wohnungs- undImmobilienunternehmen e. V. (GdW), 2011 b

339 Vgl. Kulle, 2006, S. 28

340 Vgl. Allbau AG, 2012

341 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c, S. 9

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202 6 Handlungsoptionen

6.1.2 Wohnungswirtschaftliches Handeln

Nach den Handlungsoptionen, die im Aufgabenbereich der Kommune liegen, werden nun

Möglichkeiten aufgezeigt, wie Wohnungsunternehmen in den Quartieren der 1950er bis

1970er Jahre aktiv werden können und welche Maßnahmen sie zur Bestandsverbesserung

ergreifen können. Das Engagement und die Handlungsspielräume hängen u. a. stark von

der Rechts- bzw. Eigentümerform, der Größe und auch der Philosophie des Unternehmens

ab (vgl. Kap. 2.3.2). Eine große Herausforderung besteht darin, wie das wohnungswirt-

schaftliche und das kommunale Handeln aufeinander abgestimmt werden können. Neben

der Kommune sind die Wohnungseigentümer die entscheidenden Akteure für die Weiter-

entwicklung der Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre. Sie haben eine hohe Verant-

wortung für die Quartiersentwicklung. Die Erwartungen an die Wohnungswirtschaft

dürfen aber nicht zu hoch geschraubt werden. „Die Wohnungswirtschaft kann nicht der

Reparaturbetrieb negativer gesellschaftlicher Entwicklungen sein. Allerdings kann sie

einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen leisten.“ 342

6.1.2.1 Rolle und Philosophie der Unternehmen

Das Handeln vieler Wohnungsunternehmen – vor allem in Westdeutschland – war bisher

stark von Wachstum geprägt. Während der Neubau und die reine Bewirtschaftung der

Wohnungen lange im Aufgabenmittelpunkt standen, machen es die veränderten Rahmen-

bedingungen unausweichlich, dass die Wohnungsunternehmen ihre Rolle und ihre Strate-

gien in dem komplexen Prozess der Stadt- und Quartiersentwicklung hinterfragen und

ggf. anpassen. In den Interviews ließ sich in diesem Bereich ein gespaltenes Bild erkennen.

Auf der einen Seite waren unter den Befragten solche Unternehmen, die sich schon seit

Jahren in der Stadt- und Quartiersentwicklung engagieren und ihre Tätigkeiten längst

nicht mehr in der alleinigen Bestandsbewirtschaftung sehen, auf der anderen Seite gab es

aber auch Unternehmen, die sich bisher nicht über ein Mindestmaß hinaus engagieren

und denen auch das Verständnis für die Ebene des Quartiers weitgehend fehlt. Zwar ver-

folgen die Wohnungsunternehmen nach eigenen Aussagen die Strategie eines nachhalti-

gen Wirtschaftens, manchmal geht aber der Blick nicht über die technisch-wirtschaftliche

Betrachtung des Gebäudes hinaus.

Im Idealfall werden die Wohnungseigentümer im Prozess der Stadt- und Quartiersent-

wicklung zum gleichwertigen Partner der Kommune. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei

denen Wohnungsunternehmen verstärkt gesellschaftliche Aufgaben übernehmen und so

wesentlich zur Entwicklung von Städten und Quartieren beitragen. Angesichts der ständi-

gen Reduzierung öffentlicher Leistungen und einer zunehmenden Konkurrenz um Mieter

geraten Wohnungsunternehmen unter Druck, neben dem Vermietungsgeschäft weitere

Angebote zu entwickeln, um die Vermietung ihrer Bestände dauerhaft zu sichern (siehe

auch Handlungsoption Dienstleistungen und soziales Engagement, S. 207 – 211). Dieser Bei-

trag zur Stadtentwicklung kann mit der sogenannten Stadtrendite erfasst werden, die den

gesellschaftlichen Beitrag eines Unternehmens für eine Kommune ermittelt.343

Für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – auch im Sinne der Stadtentwicklung – ist Woh-

nungsunternehmen zu empfehlen, entweder ein Unternehmensleitbild zu entwerfen, in

dem auch die Bestände der Nachkriegsjahrzehnte ausführlich behandelt werden, oder

wenn bereits ein solches Papier vorhanden ist, dies mit konkreten Aussagen zu den Wohn-

quartieren und zur allgemeinen Wohnraumversorgung zu ergänzen. Wie in der Stadtpla-

nung können Leitbilder in Unternehmen helfen, sich über das Selbstverständnis und die

Grundprinzipien Klarheit zu verschaffen, Ziele zu definieren und einen Rahmen für das

Handeln „aufzuspannen“. Unternehmensintern gibt ein Leitbild allen Beteiligten eine

Orientierung – nach außen verdeutlicht es, wofür das Unternehmen steht. Kommunale

Wohnungsgesellschaften orientieren sich in der Regel an den Zielen der Stadtentwicklung.

Es wäre wünschenswert, dass alle Wohnungsunternehmen ihre „Philosophie“ stärker an

den Zielen der Gesamtstadt und der Quartiersentwicklung ausrichten. Im Idealfall sind

die Unternehmen in die Erstellung der kommunalen Konzepte und Planungen eingebunden;

Akteur Wohnungsunternehmen

Rolle und Philosophie des Unternehmens

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 203

sie nutzen sie als Grundlage und richten ihr strategisches Handeln und Leitbild an den

dort formulierten Zielen und Maßnahmen aus (z. B. Abstimmung mit Stadtentwicklungs-

konzept oder sonstigen kleinräumigen Konzepten).

Referenzprojekt

Essen: Allbau AG

Trotz der Abschaffung der gesetzlichen Regelung zur Gemeinnützigkeit im Wohnungswe-

sen 1990 hat die Allbau AG durch eine Selbstverpflichtung in der Satzung den ursprüngli-

chen wohnungspolitischen Auftrag beibehalten („Gegenstand und Zweck der Gesellschaft

ist vorrangig, ein sicheres und sozial verantwortbares Wohnen zu gewährleisten (gemein-

nütziger Zweck).“) Die Allbau AG hat eine „Unternehmensstrategie 2015“ als Leitfaden für

ihr Handeln entwickelt. Es wurden sechs Leitbilder für das Unternehmen formuliert. Dar-

in wird unter anderem das Ziel definiert, ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftlichkeit,

nachhaltiger Stadt- und Stadtteilentwicklung sowie sozialem Ausgleich in den Wohnquar-

tieren anzustreben. Investitions- und Desinvestitionsstrategien sind dabei gleichberechtig-

te Handlungsfelder, die sich am Ziel der Steigerung des Unternehmenswertes ausrichten.

Das Unternehmen berücksichtigt dabei aber auch die Zielsetzungen der Stadt und „wirkt

wohnungswirtschaftlich daran mit, Essen als attraktive Stadt für die Menschen, die bereits

hier leben und insbesondere für die, die in diese Stadt kommen wollen, erlebbar zu

machen. Hierzu trägt auch die Förderung von Kunst, Kultur und Sport im Stadtgebiet bei,

denn sie sind wesentliche Determinanten für lebenswertes und zufriedenes urbanes Woh-

nen.“ 344 Exemplarisch zeugt schon der Titel des Geschäftsberichtes 2011 vom Engage-

ment des Unternehmens im Bereich der Quartiersentwicklung: „Unverzichtbar für Essen:

engagierte Stadtteilentwicklung“.345

6.1.2.2 Investitionen in die Bestände

Die Erneuerungsstrategien und Investitionsentscheidungen von Wohnungseigentümern

haben unmittelbare Auswirkungen auf die Stadt- und Quartiersentwicklung. Auf der

einen Seite können ausbleibende, aber notwendige Sanierungen einen Abwärtstrend von

Quartieren begünstigen – auf der anderen Seite können Modernisierungen, die die Mieten

stark ansteigen lassen, zur Verdrängung von Mietern führen. Aktuell weisen sowohl die

Gebäude als auch die Freiräume in vielen Geschossbauquartieren der Nachkriegsjahr-

zehnte einen erheblichen Investitionsstau auf. Genaue Zahlen hinsichtlich des Sanierungs-

standes von Gebäuden aus den 1950er bis 1970er Jahre liegen nicht vor. Eine Studie des

Instituts Wohnen und Umwelt („Datenbasis Gebäudebestand“) aus dem Jahr 2011 geht

davon aus, dass grob geschätzt 70 bis 75 Prozent der Gebäude im Altbau noch keine Ver-

besserung des Wärmeschutzes erfahren hat.346 Sowohl gestalterisch als auch bautech-

nisch bzw. -physikalisch (Lärm, Schallschutz, etc.) sind viele Gebäude in einem mangel-

haften Zustand, woraus sich erhebliche Vermietungsschwierigkeiten und letzten Endes

Leerstände ergeben können. Eine Untersuchung des BMVBS über Investitionsprozesse im

Wohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre stellt fest, dass im Vergleich zu anderen Unter-

nehmensformen insbesondere kommunale Gesellschaften und Wohnungsgenossenschaf-

ten Modernisierungsmaßnahmen durchführen. Private Eigentümer sind bei Modernisie-

rungen, die nur schwer refinanzierbar sind, eher zurückhaltend.347

Der Druck auf die Wohnungsunternehmen, in den Beständen aktiv zu werden, wird

künftig zunehmen, um die Vermietbarkeit zu garantieren und auf dem Wohnungsmarkt

konkurrenzfähig zu bleiben. Der Fokus bei Investitionen liegt oft auf den einzelnen

Gebäuden, Quartiersaspekte werden häufig nicht berücksichtigt. Die Investitionsstrate-

gien der Wohnungseigentümer hängen von der jeweiligen Unternehmenspolitik und

den -zielen, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie den Rahmenbedingungen auf

dem Wohnungsmarkt ab. Die Einschätzungen in der Literatur und in den Interviews hin-

sichtlich der Investitionsbereitschaft in wachsenden und schrumpfenden Wohnungsmarkt-

regionen gehen auseinander. Einerseits wird argumentiert, dass in angespannten Woh-

342 Dr. Rudolf Ridinger (Vorstandssprecher des VdW südwest). In: Institut Wohnen und Umwelt GmbH, 2008, S. 3

343 Vgl. Schwalbach / Schwerk / Smuda, 2006 a; vgl. Schwalbach / Schwerk / Smuda, 2006 b, S. 381

344 Website: http://www.allbau.de/wir-ueber-uns/unternehmen/geschichte.html (Zugriff am 14. 9. 2012)

345 Vgl. Allbau AG, 2012, S. 51

346 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2011, S. 12

347 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 62, 79

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204 6 Handlungsoptionen

nungsmärkten die Chancen für Eigentümer besser sind, die Investitionen durch eine hohe

Vermietungswahrscheinlichkeit und durch höhere Mieten zu refinanzieren. Ebenso gibt es

aber auch das Argument, dass in angespannten Märkten Wohnungen trotz eines schlech-

ten Zustands weiterhin vermietet werden können und somit auch ohne Investitionen die

Vermietung gesichert ist. In entspannten Wohnungsmärkten können Verbesserungen der

Bestände notwendig werden, um weiterhin Mieter zu finden und Leerstand zu vermeiden.

Allerdings stellt sich bei abnehmender Nachfrage die Frage, ob Investitionen bei einem

niedrigen Preisniveau oder Leerstandsgefahr auf lange Sicht überhaupt wirtschaftlich ren-

tabel sein können.348

Grob kann zwischen folgenden Bewirtschaftungstypen bzw. Investitionsstrategien

unterschieden werden:

„Verwalter bzw. Bestandshalter“, die mit möglichst geringen Investitionen eine Voll-–

vermietung erreichen wollen und somit kaum strategische Überlegungen hinsichtlich

Mieterstruktur und Quartiersentwicklung anstellen (d. h. Weiternutzung als Billig-

Wohnraum, Erhaltung des Status-quo)

„Bestandsentwickler bzw. -verbesserer“, die eine zielgruppenorientierte Aufwertung –

vorantreiben, um so langfristig eine Vermietung und Werthaltigkeit der Bestände zu

sichern und gewisse Zielgruppen anzusprechen (z. B. Vollmodernisierung ggf. mit

Umbau und baulichen Veränderungen)

Unternehmen, die ihre Bestände abstoßen (z. B. Streubesitz, Bestände mit schlechten –

Zukunftsaussichten, Privatisierung oder Verkauf an andere Unternehmen)

Unternehmen, die Gebäude mit oder ohne anschließendem Neubau abbrechen (z. B. –

Errichtung neuer Wohnformen an gleicher Stelle oder Bereinigung des Wohnungs-

marktes).349

In den im Rahmen des Projektes geführten Interviews mit der Wohnungswirtschaft zeigte

sich, dass die Unternehmen immer genauer prüfen und überlegen, welche Sanierungen

bzw. Modernisierungen sich mit den vorhandenen Rahmenbedingungen (v. a. Lage, Gebäu-

dezustand, Bevölkerungsprognose) langfristig rechnen. Die Herangehensweise an Investi-

tionsentscheidungen fällt bei den Unternehmen sehr unterschiedlich aus, es lassen sich

keine verallgemeinerbaren Muster ableiten. Es werden in der Regel sehr viele, auch „weiche“

Indikatoren einbezogen und objektive Berechnungen um subjektive Einschätzungen der

Entscheidungsträger ergänzt. Oft steckt hinter den Investitionsentscheidungen auch die

Befürchtung der Wohnungsunternehmen, mit einem minderwertigen Wohnungsstandard

„schwierige“ Mieter anzuziehen, was zu einem steigenden Aufwand bei der Verwaltung

und Instandhaltung und zu einem eingeschränkten Mietanhebungspotenzial führen

kann.350

Einen umfassenden und interessanten Versuch, Entscheidungen zu systematisieren,

stellt die folgende Matrix der Entscheidungsfindung dar (siehe Seite 205 oben), die im Rah-

men eines Forschungsprojektes über Erneuerungen von 1950er Jahre-Siedlungen entwickelt

wurde.

Die Maßnahmen, die an den Gebäuden der Nachkriegsjahrzehnte sehr häufig durchge-

führt werden, sind: Anbau von Balkonen, Erhöhung des Ausstattungsstandards, Verbesse-

rungen des Schall- und Wärmeschutzes, Reduzierung von Barrieren. Bei Aufwertungen

sollten die Eigentümer stets abwägen, ob die Lagequalität für das erneuerte Wohngebäude

ausreichend ist oder ob auch in das Wohnumfeld investiert werden muss, damit die Quali-

tät des Gebäudes und der Umgebung zusammenpasst.351 Zudem gilt es auch danach zu

fragen, ob sich das Quartier auf lange Sicht positiv entwickeln wird bzw. kann und sich

somit Investitionen langfristig rechnen. Im Idealfall werden Investitionsentscheidungen

mit anderen Eigentümern im Quartier und / oder mit ggf. vorhandenen städtischen oder

quartiersbezogenen Konzepten abgestimmt, um dem Standort angepasste und langfristig

sinnvolle Investitionen zu tätigen. Idealerweise greifen Investitionen der Eigentümer in

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 205

Soziale Aspekte

NachbarschaftenMilieuSozialmischungBetreuungsangebotIdentifikationMietereinbindungSelbsthilfe

Wohnumfeld

SicherheitKinderspielVersorgungErschließungKommunikationBarrierefreiheitMüllaufbewahrung

Städtebau

ÖPNVRäumeStellplätzeInfrastrukturIdentifikationAußenanlagenLage in der Stadt

Wohnungswirtschaft

LeerstandBelegbindungSoziales GefügeErzielbare MieteFinanzielle BelastungAktivierungsfähigkeit

Bauliche Aspekte

Schall-/WärmeschutzBauteilerneuerungEntwässerungBeheizungGrundrissänderungenBäder und KüchenBalkone

BESTANDSANALYSE NACH THEMATISCHEN SCHWERPUNKTEN

INDIKATORENAUSWERTUNG mit Handlungsoptionen

ERGEBNIS

Bestand ist nachhaltig undwirtschaftlich VERÄNDERBAR

Mängel bleibenAusschlusskriterien:

– Raumhöhen

– Standfestigkeit

– Schallschutz

– Problemlage in der Stadt

– Mietzins

UNVERÄNDERLICH

z.B. Vollmodernisierung– Grundrisserweiterung– Wohnungszusammenlegung– Energetische Modernisierung– Barrierefreiheit

Erhalt ErhaltAbrissZiel

die Gebäude und Standortaufwertungen der öffentlichen Hand ineinander. Schon bei der

Erarbeitung der langfristigen Investitionspläne der Unternehmen könnte eine Abstim-

mung mit der Kommunalverwaltung erfolgen und ggf. für beide Seiten tragbare Kompro-

misse erarbeitet werden.352

Bei allen Investitionsentscheidungen sind die Einkommensverhältnisse der Mieter und

die Auswirkungen auf die Sozialstruktur zu berücksichtigen. Von großer Bedeutung ist es,

preiswerten Wohnraum zu erhalten.353

Matrix der Entscheidungsfindung

348 Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum-forschung (BBSR), 2011, S. 76

349 Vgl. Bizer / Ewen / Knieling / Stieß, 2010, S. 21, 52–53; vgl. Selk / Walberg / Holz, 2007, S. 67–85

350 Vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. 46

351 Vgl. Streck, 2011, S. 52

352 Vgl. Noell, Kay: Thesen von Wohnungsunterneh-men und Kommune aus Sicht des Landes. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bau-wesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW), 2006, S. 59

353 Vgl. InWIS Forschung und Beratung GmbH, 2003, S. 11

Überblick über mögliche Ziele von Wohnungsunternehmen bei Investitionen in Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre

Vermeidung bzw. Reduzierung der Leerstandsquote und des Mietausfalls–

möglichst geringe Fluktuation –

Stärkung von Nachbarschaften, soziale Stabilisierung des Quartiers–

Aufwertung des Images –

Vermeidung von Vandalismusschäden–

Sicherung der Vermietbarkeit der Wohnung–

Erhaltung bzw. Steigerung der Immobilienwerte–

Reduzierung der Kosten für die Pflege und Verwaltung der Wohnungsbestände–

Anpassung des Gebäudebestandes an behördliche Auflagen–

Anpassung der Wohnungen an veränderte Nachfrage–

ggf. Rückbau bei nicht mehr langfristig gesicherter Vermietbarkeit–

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206 6 Handlungsoptionen

Portfolio-Management

Viele Wohnungsunternehmen treffen ihre Investitionsentscheidungen mit Hilfe von Port-

folio-Management. Statt eines kurzfristigen Planungshorizonts und einer schnellen Maxi-

mierung der Erträge bewertet ein Portfolio-Management mit Hilfe von EDV-Programmen

den Objektstandard, um darauf aufbauend langfristige Investitionsentscheidungen abzu-

leiten. Dabei sind nicht nur die technischen Gegebenheiten der Gebäudesubstanz aus-

schlaggebend für die Investitionsentscheidung, sondern es wird der Gesamtbestand hin-

sichtlich der Positionierung auf dem Markt und der Berücksichtigung der aktuellen und

mittelfristigen Nachfrage bewertet.

Ein Grundgedanke von Portfolio-Management besteht darin, dass bestimmte Bestände

mit geringem Risiko und hohen Überschüssen („cash cows“) Erträge erwirtschaften, um

diese dann in andere riskantere Geschäftsfelder zu investieren. Das Portfolio-Management

besteht aus den beiden Achsen Objekt- und Standortqualität. Ein großes Potenzial könnte

darin liegen, die standort- und objektbezogene Betrachtung der Wohnungsunternehmen

mit den Zielen der Stadt- und Quartiersentwicklung abzustimmen (z. B. Unternehmen

investieren dort, wo auch die Stadt Handlungsbedarf sieht und tätig wird) und die Ebene

des Quartiers stärker einzubeziehen (z. B. Berücksichtigung der Qualitäten von Quartie-

ren). Dadurch könnten Fehlinvestitionen vermieden sowie der Nutzen der eingesetzten

Mittel optimiert werden. Im Idealfall korrespondieren Stadtentwicklung und Portfolio-

Management miteinander.354

Modernisierungen und Umlage der Kosten auf die Mieten

Investitionen bzw. Modernisierungen scheitern oft daran, dass die daraus resultierenden

Mieten entweder nicht marktfähig oder nicht sozialverträglich sind. Bei Modernisierun-

gen in den preissensiblen Beständen der Nachkriegsjahrzehnte sollten sich die Wohnungs-

unternehmen die Frage stellen, ob die elf Prozent Umlagemöglichkeit (§ 559 BGB) ausge-

schöpft werden soll und wie sich dies in der weiteren Folge auf die Mieterstruktur aus-

wirkt. Im energetischen Bereich ist die Situation in den Nachkriegsbeständen sehr

komplex: Einerseits sind einkommensschwächere Haushalte, die meist gerade in den

Gebäuden mit hohem Energiebedarf wohnen, nicht in der Lage die ständig steigenden

Kosten für Energie zu bezahlen, auf der anderen Seite können sie auch nur sehr einge-

schränkt Mietsteigerungen infolge von Modernisierungen tragen.355

In den Interviews wurde oft erwähnt, dass die gesetzlich mögliche Umlage von elf Pro-

zent der Modernisierungskosten nicht ausgeschöpft wird, da die Bewohner dies nicht

bezahlen können. Denn die infolge von Modernisierungen erzielbaren Einsparungen der

Betriebskosten kompensieren in der Regel nicht die Erhöhung der Kaltmiete. Warmmie-

tenneutrale Mieterhöhungen reichen wiederum in der Regel nicht aus, um die Kosten für

die energetische Ertüchtigung innerhalb einer vertretbaren Laufzeit zu amortisieren und

angemessene Renditen zu erzielen. Die ohnehin geringen Mieten und die fehlenden bzw.

minimalen Mieterhöhungspotenziale gelten als wesentliche Hemmnisse bei der Durch-

führung von Modernisierungen.356

Trotz der großen Finanzierungsprobleme wird Wohnungsunternehmen empfohlen, im

Rahmen des Möglichen und Sinnvollen energetische Verbesserungen durchzuführen, um

so unter der Annahme weiterer Energiepreissteigerungen das Risiko zunehmender Wohn-

kosten zu vermindern und auch Vermarktungsvorteile zu schaffen. Ebenso kann dadurch

der Wohnwert zunehmen und sich in der Folge auch das Image des Quartiers verbessern

(siehe auch Handlungsoption Mietpreise, S. 211 – 213).

DE-investieren bzw. Investitionsstopp

Bei hohen Leerstandsquoten und einem zu erwartenden Nachfragerückgang sollten Woh-

nungsunternehmen frühzeitig in Erwägung ziehen, nicht mehr in die Bestände zu inves-

tieren, sondern Wohnungen abzubrechen. Welche Bestände an welchen Standorten vom

Markt genommen werden, stellt dabei eine zentrale Problemstellung dar, die nur in Zusam-

Investitionen in Bestände

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 207

menarbeit der betroffenen Akteure und in Abstimmung mit einem gesamtstädtischen

Stadtumbaukonzept gelöst werden kann. Ohne Fördermittel und Kompensation sind für

Eigentümer Wohnungsabrisse allerdings nicht möglich.

Referenzprojekte

Lörrach: Wohnbau Lörrach

Seit Anfang der 1990er Jahre verfolgt das kommunale Unternehmen Wohnbau Lörrach

die Strategie, Teile des Miethausbestandes (Anlagevermögen) zu veräußern, um so das

Portfolio abzurunden, Eigenmittel für Neubauvorhaben und Modernisierungen zu gene-

rieren und Schwellenhaushalten die Wohneigentumsbildung zu ermöglichen. Dabei han-

delt es sich meist um Wohnungen aus den 1960er und 1970er Jahren in Streubesitz, die

vor dem Verkauf umfassend saniert und aufgewertet werden. Ziel ist es, auf diese Weise

„starke Wohnquartiere“ zu erreichen, in denen die Wohnbau Lörrach mehr als 90 Prozent

der Miethäuser besitzt. In diesen Quartieren schafft dann das Unternehmen als „Haupt-

eigentümer“ Mietertreffpunkte, Gemeinschaftsräume, etc., die durch das unternehmens-

eigene Sozialmanagement unterstützt werden. Durch diese Strategie des Kaufens und Ver-

kaufens entstehen hochwertige Mietwohnanlagen und Quartiere überwiegend im Eigen-

tum des Unternehmens, was die Aufwertung erheblich erleichtert.357

Forschungsprojekt: Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre

(Auftraggeber: BBSR; Bearbeitung: Analyse & Konzepte, Hamburg)

Die Wohnungsbestände der 1970er bis 1980er Jahre spielen bei der Wohnraumversorgung

in Deutschland eine wichtige Rolle. Die für die Marktgängigkeit notwendigen Investitio-

nen hängen jedoch stark von der jeweiligen Marktsituation und den Eigentümerzielen ab.

Von daher sind die Investitionsprozesse verschiedener Eigentümerformen von zunehmen-

dem Interesse für die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Vor diesem Hintergrund

zielt die Studie aus dem Jahr 2010 darauf ab, eine räumliche und methodische Strukturie-

rung der betreffenden Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen zu erarbeiten. Neben

den Marktprozessen werden unterschiedliche Bestandsstrategien und Ziele der Akteurs-

gruppen analysiert, um daraus Rückschlüsse für die künftige Entwicklung des Wohnungs-

bestandes und für daraus resultierende wohnungspolitische Implikationen zu ziehen.358

6.1.2.3 Dienstleistungen und soziales Engagement

Wohnen ist heute mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Die vielschichtigen Verände-

rungen der Gesellschaft (v. a. die zunehmende Zahl älterer, hilfsbedürftiger Menschen,

prekäre Arbeits- / Lebensverhältnisse, aufgelöste Familienstrukturen) lassen den Bedarf an

Serviceleistungen und Pflege ansteigen, der aber nicht allein von der öffentlichen Hand

gedeckt werden kann. Dienstleistungen von Wohnungsunternehmen rund um das Woh-

nen können in soziale, gewerbliche und öffentliche Leistungen kategorisiert werden.

Soziale Dienstleistungen

Soziale Dienstleistungen können das Wohnungsangebot eines Unternehmens zielgrup-

pengerecht ergänzen und werden in der Immobilienwirtschaft auch als „Soziales Manage-

ment“ bezeichnet. Es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten, wie sich Wohnungs-

unternehmen sozial für ihre Mieter engagieren können: Mieter- und Schuldnerberatung,

Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Mietertreffs), Betreuungsdienste für

Ältere oder Kinder, Pflegedienste, Einkaufsdienste, Wohnungsbetreuung bei Abwesenheit,

Winterdienste, Mieterfeste, Umzugshilfen, Quartiersmanagement etc.359

In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre leben heute viele ältere Menschen

mit dem Wunsch, möglichst lange und selbständig den Alltag zu bewältigen, was sich in

einem steigenden Bedarf nach Betreuung und Pflege immer mehr bemerkbar macht. Aber

nicht nur bei den älteren Menschen, sondern auch bei jüngeren Haushalten wird von einer

zunehmenden Nachfrage nach Dienstleistungen und Hilfestellungen im Alltag ausgegangen

354 Vgl. InWIS Forschung und Beratung GmbH, 2003; vgl. Friesecke / vhw Dienstleistung GmbH, 2010, S. 126–128

355 Vgl. InWIS Forschung & Beratung GmbH, 2011, S. 9

356 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 2–3; vgl. Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW), 2011 a, S. 78

357 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Unternehmensstrategie- (Zugriff am 25. 1. 2013)

358 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a

359 Vgl. Galonska, Jürgen / Kühne-Büning, Lidwina: Wohnungsunternehmen. In: Kühne-Büning / Nordalm /Steveling, 2005, S. 117

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208 6 Handlungsoptionen

(z. B. Kinderbetreuung, Paketannahme). Einige der befragten Wohnungsunternehmen

haben bereits diesen Bedarf erkannt, frühzeitig reagiert und bieten ihren Mietern ver-

schiedene Leistungen an. Auch wenn die Experten berichteten, dass zwar die Nachfrage

oft noch etwas verhalten sei, weil die Menschen eine hohe Hemmschwelle bei der Inan-

spruchnahme von Hilfestellungen haben, so rechnen sie dennoch mit einem steigenden

Bedarf und somit mit einem weiteren Ausbau der Angebote.

In der Studie des IWU „Neue Soziale Fragen des Wohnens“ wird gefordert, dass die

Wohnungswirtschaft mehr soziale Aufgaben übernehmen sollte. Denn soziales Engage-

ment hat nicht nur einen Nutzen für die Gesellschaft, sondern auch für das Wohnungsun-

ternehmen und kann somit zur Sicherung der Immobilienwerte beitragen.360 Eine andere

Studie über Wohnungsunternehmen und deren soziales Engagement auf dem Berliner

Wohnungsmarkt stellt unter anderem fest, dass das Maß des wohnungswirtschaftlichen

Engagements primär von der Lage der Bestände sowie von der Größe des Unternehmens

abhängig ist.361

Indem Wohnungsunternehmen wohnungsbezogene Service- und Dienstleistungen für

eine einfachere Alltagsorganisation anbieten, können sie die Attraktivität der Nachkriegs-

bestände für gewisse Zielgruppen erhöhen, die Vermietbarkeit verbessern sowie Kunden

an das Unternehmen binden. Um sich auf dem Wohnungsmarkt zu behaupten, wird es

immer wichtiger werden, neue Geschäftsfelder und Einnahmequellen zu entwickeln und

sich auch für die Quartiere zu engagieren. Neben eigenen Dienstleistungen können Woh-

nungsunternehmen neue Geschäftsmodelle und Partnerschaften mit externen, professio-

nellen Anbietern aufbauen und Angebote vermitteln. Die Leistungen werden meist zu

Sonderkonditionen angeboten und in der Regel keine Pauschalen verlangt, sondern die

Mieter müssen nur bezahlen, was auch in Anspruch genommen wird. Eine interessante

Möglichkeit besteht z. B. in der Gründung eines Vereins für verschiedene Angebote,

der durch ein Wohnungsunternehmen unterstützt wird (siehe Referenzbeispiel Hand in

Hand e. V. in Kassel, S. 209).

Neben den Angeboten für die Alltagserleichterungen richten Wohnungsunternehmen

zunehmend ein Sozialmanagement als Teil der Bestandsbewirtschaftung ein. Vor allem

kommunale Unternehmen sind sehr daran interessiert, soziale Härtefälle abzufangen und

Mieter in persönlichen Problemlagen zu betreuen. Beispielsweise haben einige Unterneh-

men in den letzten Jahren eine Mietschuldenhilfe eingerichtet, die ab der ersten ausstehen-

den Miete aktiv wird.

Gerade in den entspannten Märkten entstehen erstaunlich innovative Ideen und Kon-

zepte im „Kampf um den Mieter“. Es gibt Unternehmen, die eigene Schauräume unterhal-

ten, in denen die Mieter verschiedene Sanierungsvarianten ihrer Wohnung begutachten

können. Ein interessantes Modell, das zwar überwiegend für größere Gebäudekomplexe

in Frage kommt, sind Concierge-Dienste. Mit vergleichsweise wenig Aufwand für Unter-

nehmen realisierbar ist beispielsweise die Bereitstellung von Räumen für verschiedene

Aktivitäten von Bewohnern oder für sonstige Einrichtungen.

Ein wesentliches Problem in der von „harten Fakten“ geprägten Wohnungswirtschaft

besteht darin, dass der Nutzen von sozialem Engagement nur schwer berechnet werden

kann. „Vor allem die fehlende Quantifizier- bzw. Monetarisierbarkeit des betriebswirt-

schaftlichen Nutzens von sozialem Engagement, daneben aber auch der Umstand,

dass dieser Nutzen erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung anfällt, machen es ver-

ständlich, weshalb für viele Wohnungsunternehmen soziale Aktivitäten eine Hürde dar-

stellen.“ 362

Gewerbliche Dienstleistungen

Gewerbliche Dienstleistungen stellen häufig neue Geschäftsfelder bzw. komplementäre

Leistungen von Wohnungsunternehmen dar. Dazu zählen eine Vielzahl von Dienstleis-

tungen, wie z. B. die Energieversorgung in Form von Block- oder Fernheizwerken, Reini-

gungs- oder Sicherheitsdienste, Contractinglösungen, Car-Sharing oder Service-Wohnen.

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 209

Solche Angebote können auch für die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre interes-

sante Ansätze bieten.363

Öffentliche Dienstleistungen

Als Partner der öffentlichen Hand haben manche Wohnungsunternehmen in den letzten

Jahren eine Reihe von Aufgaben übernommen. Viele Kommunen haben wegen ihrer Haus-

haltsnotlage große Probleme, die soziale Infrastruktur und Einrichtungen in den Quartie-

ren zu erhalten oder aufzuwerten. In den Interviews wurde erstaunlich oft berichtet, dass

Wohnungsunternehmen durchaus bereit wären, sich künftig an der Erhaltung bzw. Ein-

richtung von sozialer Infrastruktur zu beteiligen. Hierfür gibt es auch schon Beispiele (z. B.

Allbau AG in Essen). Es ist daher Wohnungsunternehmen zu empfehlen, bei fehlender

oder wegbrechender Infrastruktur Kommunen im Rahmen des Möglichen zu unterstüt-

zen, um die Standortqualitäten zu erhalten oder zu verbessern.364

Da durch verschiedene zielgruppenorientierte Dienstleistungsangebote die Attraktivität

von Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre erheblich verbessert werden kann, kann

es zielführend sein, die potenzielle Nachfrage nach solchen Leistungen zu untersuchen und

entsprechende Angebote entweder in Eigenleistung oder in Kooperation mit professionel-

len Anbietern und / oder anderen Wohnungsunternehmen aufzubauen. Gerade im Bereich

betreutes Wohnen im Alter kann von einem großen Potenzial ausgegangen werden.

Referenzprojekte

Kassel: Hand in Hand e. V.

Die Vereinigte Wohnstätten 1889 eG initiierte als Reaktion auf die zunehmende Zahl älte-

rer Bewohner in ihren Beständen 2001 die Gründung des gemeinnützigen Nachbarschafts-

hilfevereins „Hand in Hand e. V.“ . Der Verein zielt darauf ab, die Gemeinschaft in den

Stadtteilen zu fördern, nachbarschaftliche Hilfen zu vermitteln und hilfsbedürftige Men-

schen zu unterstützen. Dabei sollen wohnungswirtschaftliche Maßnahmen und bürger-

schaftliches Engagement miteinander verbunden werden. Für einzelne Quartiere werden

Konzepte entwickelt, die sich durch eine Mischung aus bürgerschaftlichem Engagement,

professioneller Koordination und sozialer Vernetzung auszeichnen. Hauptbausteine von

sogenannten Quartiersprojekten sind bauliche Maßnahmen an den Gebäuden, Beratung

und Alltagshilfen, soziale Integration und gegenseitige Hilfe, Pflege und Betreuung zu

Hause, selbständige Wohnformen sowie Wohnformen für Pflegebedürftige. Die Kosten

für den laufenden Betrieb werden von der Baugenossenschaft (50 Prozent), der öffentli-

chen Hand (33 Prozent) und aus Spenden (15 Prozent) und Beiträgen finanziert. Koordi-

nations-, Beratungs- und Vermittlungsleisten sind für die Bewohner kostenlos.365

Hannover: Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH)

Das städtische Wohnungsgesellschaft GBH bietet ihren Mietern vielfältige zusätzliche

Angebote und betreibt Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftragung in

mehreren Wohngebieten außerhalb der Förderung. Die GBH baut unter dem Begriff

„wohnen+“ ihr Angebot für die zunehmende Zahl älterer Bewohner aus. Das Konzept

umfasst altengerecht ausgestattete Wohnungen und Serviceangebote. Die GBH kümmert

sich um die Verbesserung des Wohnumfeldes und ausreichende Versorgungsmöglichkei-

ten und bietet Ansprechpartner vor Ort an. Dafür fällt keine Grundgebühr an. Beispiels-

weise werden Wohncafés als Treffpunkt eingerichtet, in denen auch ein Mittagstisch ange-

boten wird und die auch allen anderen Bewohnern zur Verfügung stehen. Außerdem wer-

den Hilfen bei kleinen Tätigkeiten in der Wohnung, schnelle Unterstützungsmöglichkeiten

in Notfällen, Informationen zu Veranstaltungen im Stadtteil sowie Beratungen zu Fragen

des täglichen Lebens angeboten. Hauswirtschaftliche, pflegerische und soziale Dienst-

leistungen sind jederzeit verfügbar. Das „wohnen +“-Angebot ermöglicht es den Mietern,

auch im Alter bzw. bei erhöhtem Hilfebedarf selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden

im gewohnten Quartier leben zu können. Die Angebote werden in Zusammenarbeit von

Dienstleistungen

360 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 10

361 Vgl. Besecke / Enbergs, 2008, S. 79 – 80

362 Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 23

363 Vgl. Galonska, Jürgen / Kühne-Büning, Lidwina: Wohnungsunternehmen. In: Kühne-Büning / Nordalm /Steveling, 2005, S. 118

364 Ebenda

365 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 46; vgl. Bertelsmann Stiftung und Kuratorium Deutsche Altershilfe, 2005, S. 65 –6 9; vgl. Hand in Hand e. V. / Vereinigte Wohnstätten 1889 eG, o. J. Website: http://www.handinhand-kassel.de/ (Zugriff am 21. 8. 2012)

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210 6 Handlungsoptionen

verschiedenen Sozialen Trägern (z. B. Johanniter) angeboten. Erst im Bedarfsfall müssen

die Leistungen bezahlt werden.366

Braunschweig: Nibelungen-Wohnbau GmbH

Die kommunale Nibelungen-Wohnbau GmbH ist einer der größten Wohnungsanbieter in

Braunschweig. Das Unternehmen entwickelt innovative Konzepte, um Mieter mit verschie-

denen Wohn- und Lebensansprüchen für sich zu gewinnen, und offeriert zudem verschie-

dene Beratungs- und Dienstleistungsangebote (z. B. Gästewohnungen, Energieberatung).

Durchaus einfallsreich sind die sogenannte Tarifangebote, mit denen individuelles Woh-

nen gefördert wird und Bestände für bestimmte Zielgruppen attraktiv gemacht werden

(z. B. Sportlertarif = 10 Prozent Mietermäßigung mit Vereinsausweis, Autotarif = Woh-

nung inkl. Leasingauto).367

Essen: Allbau AG

Als kommunal-nahes Wohnungsunternehmen hat die Allbau AG seit einigen Jahren ein

sehr breites Angebot an wohnbegleitenden Dienstleistungen aufgebaut. Die Angebote wer-

den über die Miete finanziert. Auch auf der Quartiersebene werden zahlreiche erfolgrei-

che Projekte von dem Unternehmen betrieben. Das Unternehmen betreibt seit einigen

Jahren ein ambitioniertes Programm zur Bereitstellung von Räumlichkeiten für KiTas, um

so eine qualifizierte Kinderbetreuung in der Nähe der Wohnung sicher zu stellen. Bis zum

Jahr 2011 waren Plätze für über 800 Kinder fertig gestellt, in Bau oder in konkreter

Planung.368 Um die Mieter optimal zu betreuen, die Wohnzufriedenheit zu erhöhen und

stabile Nachbarschaften zu fördern, wurde als wichtiges Instrument des Unternehmens-

handelns ein Sozialmanagement geschaffen. Es beschäftigt sich mit dem sozialen und

demografischen Wandel im Wohnungsbestand und entwickelt besondere Projekte sowie

Servicedienstleistungen. Das Sozialmanagement wird auch unter Rentabilitätsgesichts-

punkten eingesetzt, da sich dadurch die Kundenzufriedenheit verbessert und Leerstand

und Fluktuation abnehmen. Der Erfolg des Sozialmanagements lässt sich an Hand von

Zahlen statistisch klar belegen.369 Die Allbau AG verfolgt die Strategie, gerade in unattrak-

tiven bzw. schwierigen Beständen die Defizite durch eine besondere Betreuung und durch

die Schaffung von Standortfaktoren auszugleichen. Die Bandbreite an vom Sozialmanage-

ment angestoßenen Projekten kann folgendermaßen gegliedert werden: quartiersbezogene

Projekte / Quartiersmanagement (z. B. Einrichtung und Unterhaltung von Nachbarschafts-

treffpunkten und KiTas), themenorientierte Projekte (z. B. Spielplatzpatenschaften, Taschen-

geldprojekt), zielgruppenorientierte Projekte (z. B. Wohnen im Alter) sowie individuelle

Unterstützung bei persönlichen Wohnproblemen (z. B. Einzelfallberatungen).370

Jena: JenaWohnen

Jenas größte Wohnungsgesellschaft JenaWohnen bietet den Mietern ein umfangreiches

Angebot an Serviceleistungen. Beispielsweise dienen mehrere Service-Center als wohnort-

nahe Anlaufstellen oder ein Sozialmanagement betreut die Mieter zu den Themen „Woh-

nen im Alter“, „Umzug“ oder „Mietschulden“. Im Rahmen von Mieterforen bespricht das

Unternehmen mit den Bewohnern konkrete Fragen oder Probleme. Im Rahmen des Ange-

bots „wohnenplus“ können die Mieter ihre Wohnungen individuell umgestalten – dafür

wurden eigens Ausstellungsräume mit verschiedenen Ausstattungsmöglichkeiten in der

Innenstadt eingerichtet.371

Lübeck: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH

Zahlreiche Gebäude des kommunalen Unternehmens Grundstücks-Gesellschaft „Trave“

mbH liegen in Quartieren mit zunehmenden sozialen Problemen. Vor diesem Hinter-

grund ist ein Sozialmanagement als integriertes Instrument der Unternehmenssteuerung

aufgebaut worden. Die Aufgabenfelder umfassen die Zusammenarbeit mit verschiedenen

Einrichtungen der Stadt, betreute Wohnangebote, Umzugsmanagement, quartiersbezogene

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 211

Unterstützung und Aktivierung sowie Wohn- und Sozialberatung (z. B. spezieller Service

durch einen „Wohn- und Sozialberater“).372

Lörrach: Wohnbau Lörrach

Die Wohnbau Lörrach verfolgt die Strategie, durch geeignete Wohnprodukte und Soziales

Management (z. B. präventives Quartiersmanagement) die Entstehung von intakten Quar-

tieren zu unterstützen. Als kommunikative Treffpunkte werden in den Quartieren

Gemeinschaftsräume, Spielplätze, Mietergärten etc. geschaffen und die Nachbarschafts-

entwicklung gefördert. Ein Schwerpunkt liegt auf der Kooperation und Vernetzung der

verschiedenen Akteure in den Quartieren sowie auf der Beteiligung der Bewohner.373

Themenbezogene Literatur

Besecke, Anja / Enbergs, Claus: Professionelle Wohnungsunternehmen und soziales Engagement. Duett oder Dissonanz – Das Beispiel Berlin. Graue Reihe des Instituts für Stadt- und Regionalplanung. Hg.: Technische Universität Berlin. Forum Stadt- und Regionalplanung e. V., Heft 11, Berlin 2008.

Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. (Hg.): Sozialmanagement in Wohnungsunternehmen. Förderung guter Nachbarschaft. Hamburg 2002.

6.1.2.4 Belegungsmanagement

Viele Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre sind im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus

entstanden. Die damit verbundenen Belegungsbindungen haben lange Zeit vorgegeben,

welche Einkommensgruppen dort einziehen können. Jahr für Jahr laufen nun die Bindun-

gen aus und ermöglichen den Eigentümern, die Wohnungen frei an Interessenten zu ver-

geben. Im Laufe der Jahre haben sich in vielen Nachkriegsquartieren ungünstige Bele-

gungsstrukturen entwickelt. Die Konzentration von sozialen Konflikten und „schwierigen“

Mietern kann für die Wohnungsunternehmen einen erheblichen finanziellen und organi-

satorischen Mehraufwand verursachen und die Entwicklungschancen von Quartieren

beeinträchtigen. Die Probleme vieler Quartiere liegen nicht allein in der städtebaulichen

Struktur, sondern „die eigentlichen Problemursachen liegen […] in aller Regel in der Zu-

sammensetzung der Bewohnerschaft bzw. der Hausgemeinschaften.“ 374

Die Wohnungsunternehmen können mit ihrer Belegungsstrategie erheblichen Einfluss

auf die Zusammensetzung der Bewohner und somit auf die sozial stabile Entwicklung von

Quartieren ausüben. Eine gut überlegte und gezielte Belegung von Gebäuden und Woh-

nungen kann funktionierende Nachbarschaften fördern, die Fluktuation verringern und

die Wohnzufriedenheit erhöhen. Gerade in den dichten Strukturen, in denen Menschen

unterschiedlicher Herkunft und Orientierung auf engem Raum nebeneinander leben, soll-

ten durch eine geeignete Auswahl von Mietern konfliktträchtige Belegungssituationen

vermieden bzw. entschärft werden. Es ist daher Wohnungsunternehmen zu empfehlen, in

der Wohnungsverwaltung ein Belegungsmanagement mit qualifiziertem Personal aufzu-

bauen, das sich intensiv darum kümmert, dass funktionierende Nachbarschaften entste-

hen. Im Idealfall sollte das Belegungsmanagement in Abstimmung mit anderen Woh-

nungsunternehmen und der Kommune auf Grundlage übergeordneter Konzepte und Ziel-

setzungen erfolgen (siehe auch Handlungsoption Sozialstruktur, S. 230 –232).

6.1.2.5 Mietpreise

Die Gestaltung der Mietpreise ist durch zahlreiche ordnungspolitische Maßnahmen des

Staates geregelt. Die Mietwohnungsbestände der 1950er bis 1970er Jahre leisten wegen

ihres günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumver-

sorgung einer breiten Schicht der Bevölkerung und üben in vielen Kommunen eine stabi-

lisierende Wirkung auf dem Wohnungsmarkt aus.375 In zahlreichen Interviews wurde

berichtet, dass die Vermietbarkeit der weniger attraktiven Wohnungen der 1950er bis

1970er Jahre bis zu einem gewissen „Tiefpunkt“ über die Reduzierung der Miete gesichert

werden kann. Dem komplexen Thema des Mietpreises kommt eine große Bedeutung für

Belegungsmanagement

366 Vgl. Website: http://www.gbh-hannover.de/pdf/Wohnenplus.pdf (Zugriff am 10. 9. 2012)

367 Vgl. Website: http://www.nibelungen24.de/suchen-und-mieten/tarife.html (Zugriff am 29. 11. 2012)

368 Vgl. Allbau AG, 2009/2010, S. 23

369 Vgl. ebenda

370 Vgl. ebenda

371 Vgl. Website: http://www.jenawohnen.de/mieterservice.html (Zugriff am 29. 11. 2012)

372 Vgl. Verband norddeutscher Wohnungsunterneh-men e. V., 2002, S. 15–16

373 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)

374 Kirchhoff / Jacobs, 1990, S. 9

375 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 75, 95

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212 6 Handlungsoptionen

die Weiterentwicklung der betrachteten Quartiere zu. Zentrale Herausforderungen beste-

hen in den möglichen Modernisierungsumlagen, auslaufenden Mietpreisbindungen, der

Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Transfermittelempfänger und

der Notwendigkeit, dass Eigentümer aus den Mieteinnahmen Rücklagen für Investitionen

generieren können. Zudem sind die Bewohner in diesen Beständen sehr preissensibel.376

Mieterhöhungen nach Modernisierungen

Wertverbessernde Maßnahmen an den Wohnungen können laut § 559 Bürgerliches

Gesetzbuch mit elf Prozent der Modernisierungskosten auf die jährliche Miete umgelegt

werden. Trotz dieser gesetzlichen Möglichkeit der Kostenumlegung können allerdings die

Mieterhöhungspotenziale oft nicht ausgeschöpft werden – dies wurde auch in vielen Inter-

views bestätigt. Gerade in entspannten Wohnungsmärkten ist der Mieterhöhungsspiel-

raum sehr gering und die „Schmerzgrenze“ der in diesen Beständen wohnenden Haus-

halte sehr niedrig. Bei einer Mieterhöhung steigt die Gefahr eines Auszugs der Mieter. Da

das Segment des kostengünstigen Wohnraums vor allem unter der Annahme, dass die

Zahl einkommensschwacher Haushalte ansteigen wird, erhalten werden sollte, ist Woh-

nungsunternehmen geraten, bei Modernisierungen einen Mittelweg zwischen Aufwertung

und Mietpreiserhöhung zu suchen und im Idealfall die Mieten warmmietenneutral anzu-

heben. Allerdings belegen verschiedene Studien, dass bei einer umfassenden Modernisie-

rung eine Warmmietenneutralität in der Regel nicht erreicht werden kann. „Je nach

Gebäudetyp liegt die zu erwartende Mieterhöhung je qm um das Anderthalbfache bis das

Vierfache höher als die Heizkostenersparnis. Besonders günstig stellt sich das Verhältnis

bei Mehrfamilienhäusern der Baujahre 1950 bis 1965 dar: Auf geschätzte 1,49 €/qm Miet-

erhöhung kommen 0,96 €/qm Heizkostenersparnis, das heißt, die reelle Mehrbelastung

liegt bei 0,53 €/qm.“ 377 In diesem Zusammenhang muss auch bedacht werden, dass erheb-

liche Mietsteigerungen zu einem Mieterwechsel führen können, was wiederum Mietaus-

fälle und einen erhöhten Aufwand für die Wiedervermietung nach sich zieht. Als zentrale

Frage gilt es zu klären, wie hochwertig modernisiert werden soll, in welcher Höhe die Kosten

für Modernisierungen auf die Mieter umgelegt werden können und wie sich dies auf die

Bewohnerstruktur auswirkt (Gefahr der Verdrängung). Es kann aber auch eine bewusste

Strategie sein, die Mieten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu erhöhen, um eine

„gezielte Verdrängung“ zu befördern. Eine problematische Bewohnerstruktur kann aufge-

brochen und Nachbarschaften stabilisiert werden (siehe auch Handlungsoption Sozial-

struktur, S. 230 – 232).

Mietpreisbindungen / Belegungsbindungen

In den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte gibt es einen hohen an Anteil an gebundenen

Wohnungen, bei denen die Mietpreise seit der Entstehung vergleichsweise gering geblieben

sind. Derzeit laufen die Bindungen zunehmend aus, was dazu führen kann, dass die

Mieten an das ortsübliche Niveau angepasst werden. Zum Teil haben in den letzten Jahren

Unternehmen auch Darlehen vorzeitig zurückgezahlt, um frei über die Wohnungen verfü-

gen zu können. Der Umgang mit Belegungsbindungen kann nur individuell – je nach

Standort und Unternehmensstrategie – entschieden werden.

Wohnungsleerstand und Mieten

Ein zunehmender Wohnungsleerstand lässt die Mietpreise sinken, weil die Eigentümer die

Mieten reduzieren, um die Vermietung zu sichern. Bei niedrigen oder sinkenden Mieten

unterbleiben Instandsetzungen und die Gefahr der Entstehung von „Schrottimmobilien“,

die städtebaulich und sozialräumlich problematisch sind, steigt. Wenn die Mieten unter

eine gewisse Grenze fallen, dann sind mittelfristig die Wirtschaftlichkeit und die Mög-

lichkeiten der Instandhaltung nicht mehr gesichert, da es den Eigentümern an Rücklagen

fehlt. Quadratmeter-Mieten von unter fünf Euro sind wirtschaftlich nicht darstellbar, da

sie es nicht ermöglichen, Rücklagen für notwendige Instandhaltungen zu bilden.

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 213

Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU)

Seit der gesetzlichen Neuregelung der sozialen Sicherungssysteme 2005 (Zusammenle-

gung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II) übernehmen die Kom-

munen, unter finanzieller Beteiligung des Bundes, die Kosten der Unterkunft und Hei-

zung (KdU) für Bedarfsgemeinschaften in „angemessener“ Höhe. Dabei ist es Aufgabe der

Kommune, die Höhe der angemessenen Kosten festzulegen. Wohnungsunternehmen soll-

ten berücksichtigen, inwieweit ihre Mietpreise in den Quartieren der 1950er bis 1970er

Jahre für Transfermittelempfänger in Frage kommen und je nach Rahmenbedingungen

die Mietpreise an den angemessenen Kosten der Unterkunft orientieren (soweit das wirt-

schaftlich möglich ist). In einigen Interviews wurde darauf hingewiesen, dass es durchaus

große Schwierigkeiten gibt, wenn die Kosten zu gering angesetzt werden. In einer Studie

des BMVBS, die sich mit den Auswirkungen der Änderung der KdU-Thematik beschäf-Thematik beschäfThematik beschäf

tigt, wurde Folgendes hinsichtlich der Vorgehensweise der Kommunen festgestellt: „Insge-

samt haben aber in den Kommunen die wohnungspolitischen Zusammenhänge und Wir-

kungen der KdU-Praxis einen zu geringen Stellenwert, vielfach werden sie überhaupt nicht

berücksichtigt. So bleibt insbesondere die Konkurrenzsituation im Hinblick auf die Nach-

frager ohne Transferleistungsbezug meistens völlig außer Betracht.“ 378

Die Wohnungsunternehmen haben in der Regel sehr gute Kenntnisse über die Situation

auf dem Mietwohnungsmarkt. Daher würde es sich anbieten, dass sich die lokalen Unter-

nehmen im Idealfall zusammenschließen und Kontakt zur zuständigen Stelle bei der

Kommune aufnehmen. Sie könnten die Problematik erläutern, Verbesserungsvorschläge

vorbringen und so in den Quartieren stabile Sozialstrukturen begünstigen.

Senkung der Betriebskosten

Neben den Mieten haben Wohnungsunternehmen verschiedene Möglichkeiten, die

Betriebskosten-Belastung für die Mieter zu senken. Neben Verbesserungen der Energie-

standards können beispielsweise durch die Anlage von Mietergärten die Kosten für die

Pflege der Freiflächen reduziert werden. Ebenso können sich, wie z. B. beim Arbeitskreis

StadtSpuren in Potsdam (siehe Fallstudie Potsdam, S. 94 –101), mehrere Wohnungsunter-

nehmen zusammenschließen, um gemeinsam bei Ver- und Entsorgungsunternehmen

Sonderkonditionen zu vereinbaren, die auf die Mieter umgelegt werden.

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass das Segment des kostengünstigen

Wohnraums angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung langfristig nachfragt sein wird

bzw. die Nachfrage sogar steigen wird. Es ist daher sehr wichtig, dass der kostengünstige

Wohnraum in diesen Quartieren in angemessenem Maße erhalten bleibt und eine

Mischung verschiedener Wohnstandards bzw. Mietpreise realisiert wird. Dieses Ziel sollte

idealerweise in Kooperation von Wohnungswirtschaft und Kommune umgesetzt werden

und auf einem gemeinsamem Wohnraumversorgungskonzept beruhen, das sich auch

intensiv mit dem Thema des Mietpreises beschäftigt (siehe auch Handlungsoptionen

Sozialstruktur, S. 230 – 232, und Planungen und Konzepte, S. 194 –197). Ausstattung,

Wohnumfeld und somit das Preisniveau müssen in den Nachkriegsquartieren so gestaltet

werden, dass die Nachfrager erreicht werden, für die der Bestand am besten geeignet ist.

6.1.2.6 Kooperationen zwischen Wohnungsunternehmen

In vielen Kommunen gibt es keine geregelte Zusammenarbeit zwischen den lokalen Woh-

nungsunternehmen auf der Ebene der Gesamtstadt oder des Quartiers. Obwohl die Unter-

nehmen meist von den gleichen Problemen betroffen sind und dieselben Ziele verfolgen,

bestehen kein Zusammenschluss und keine Abstimmung untereinander. Durch eine

Zusammenarbeit eröffnet sich den Wohnungsunternehmen allerdings die Chance, eine

gemeinsame Stimme und eine stärkere Position gegenüber der öffentlichen Hand zu ent-

wickeln und ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Kooperationen bringen

viele Vorteile mit sich: z. B. gemeinsames Durchsetzen von Forderungen, gemeinsames

Auftreten nach außen, Erfahrungsaustausch, bessere Konditionen bei Energieversorgern.

Mietpreis

376 Vgl. Kühne-Büning, Lidwina/Steveling, Lieselotte: Mietensysteme in ihrer ordnungspolitischen Funktion. In: Kühne-Büning / Nordalm / Steveling, 2005, S. 261 – 267

377 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 52 – 53; vgl. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) / Institut Wohnen und Umwelt GmbH (IWU), 2010

378 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c, S. 9

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214 6 Handlungsoptionen

Eine Schwierigkeit bei der Zusammenarbeit von Wohnungsunternehmen liegt neben dem

Konkurrenzdenken darin, dass meist sehr verschieden große Unternehmen auf dem loka-

len Wohnungsmarkt tätig sind. Neben wenigen großen Unternehmen gibt es kleinere

Gesellschaften oder Genossenschaften, die wegen ihrer geringen Größe wesentlich weniger

Handlungsmöglichkeiten und finanzielle Mittel, aber auch andere Ziele haben. Zentral für

den Aufbau von Kooperationen ist dabei die Frage, welches Unternehmen die Initiative

ergreift und sich um die kontinuierliche Weiterführung des Austauschs und der Zusam-

menarbeit kümmert. Vorstellbar wäre, dass der Impuls von einem großen, z. B. kommu-

nalen Unternehmen, mit entsprechenden Personalressourcen ausgeht, aber auch die Kom-

mune könnte die Entstehung eines Zusammenschlusses anregen und begleiten.

Ein wichtiges Thema bei der Kooperation der Wohnungsmarktakteure kann die Ent-

wicklung von Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre sein, da in diesen Beständen

meist alle mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Gerade in Quartieren mit vielen

verschiedenen Eigentümern ist es von großer Bedeutung, dass sich die Unternehmen mit-

einander verständigen und gemeinsam und parzellenübergreifend Maßnahmen angehen.

Ziel sollte es ein, dass sich ein institutionalisierter Austausch zwischen den lokalen Woh-

nungsmarktakteuren entwickelt und entsprechende Strukturen aufgebaut werden. Trotz

der Konkurrenzsituation – v. a. auf entspannten Wohnungsmärkten – sollte versucht wer-

den, sich auf Kooperationen und gemeinsame Positionen zu einigen und auch auf der

Ebene des Quartiers abgestimmte Konzepte in Angriff zu nehmen. Solche Kooperationen

funktionieren aber nur, wenn sie auf einer win-win-Situation für alle Teilnehmer beruhen.

Für die Organisation könnte es sinnvoll sein, eine Koordinations- oder Geschäftsstelle

einzurichten.

Referenzprojekte

Ruhrgebiet: WIR – Wohnen im Revier

WIR – Wohnen im Revier ist eine Kooperation kommunaler Wohnungsunternehmen im

Ruhrgebiet. Die neun Mitgliedsunternehmen mit mehr als 80.000 Wohnungen möchten

gemeinsam dazu beitragen, das Ruhrgebiet zu einer lebenswerten Metropolregion zu

entwickeln. Im Jahr 2008 gründeten die Wohnungsunternehmen den Verein. Die WIR-

Unternehmen arbeiten in festen Strukturen regelmäßig zusammen, intensivieren den

Informationsaustausch und bringen Erfahrungen sowie Wettbewerbsvorteile jedes einzel-

nen in die Kooperation ein. Neben dem Vorstand und der Mitgliederversammlung gibt es

fünf Arbeitskreise zu verschiedenen Themen mit Experten aus den Unternehmen. Der

Verein zielt darauf ab, die bürgerschaftliche Verantwortungsbereitschaft und unternehme-

risches Interesse in Handlungsstrategien zusammenzuführen und somit die immer gerin-

ger werdenden Handlungsspielräume bei Staat und Kommunen für das Ruhrgebiet zu

überbrücken. Der Schwerpunkt liegt auf einer nachhaltigen, quartiersorientierten Weiter-

entwicklung des Wohnungsbestandes mit einem hohen Maß an ökonomischer, städtebau-

licher, sozialer und ökologischer Verantwortung. Die Wohnungsunternehmen sind in viele

Prozesse der Stadtentwicklung eingebunden und können als starke Partner auch darauf

drängen, dass wichtige und städteübergreifende Projekte bzw. Maßnahmen angegangen

werden.379 Zusammenfassend ist WIR eine Plattform für Einkauf, Know-how-Transfer,

Marketing, Dienstleistungskonzentration, Personalmanagement, Aus- und Weiterbildung,

IT, Mess- und Abrechnungswesen, TV und Telefonie. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der

Kooperation liegt darin, dass die kommunalen und kommunal-nahen Unternehmen fast

ausschließlich in ihrer jeweiligen Stadt Wohnungen anbieten. Dadurch, dass sich die

Unternehmen auf ihren Heimatmarkt konzentrieren, kann Konkurrenz vermieden und

das Vertrauensverhältnis gesichert werden.380

Potsdam: Arbeitskreis StadtSpuren

Der Arbeitskreis StadtSpuren ist seit 1997 ein Kooperationsprojekt von mittlerweile acht

Potsdamer Wohnungsunternehmen (rund 40 Prozent aller Potsdamer Mietwohnungen

Vernetzung Wohnungsunternehmen

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6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 215

sind im Eigentum der Mitglieder). Ziel des Zusammenschlusses ist es, durch eine gemein-

same und abgestimmte Vorgehensweise die Wohnqualität der Mieter zu verbessern.

Besondere Schwerpunkte und Zielsetzungen sind eine soziale Wohnungswirtschaft, Sanie-

rungen und Neubau von Wohnungen, Interesse für die Entwicklung der Stadt, soziales

Management sowie funktionierende Nachbarschaften. Dabei denken die Unternehmen

über die eigenen Grenzen hinaus und überwinden die Konkurrenz durch die Kooperation

zur Erreichung gemeinsamer Ziele (siehe auch Fallstudie Potsdam, S. 94 –101).381

Chemnitz: Chemnitzer Wohnungsunternehmen

Die Chemnitzer Wohnungsunternehmen haben sich organisiert und einen regelmäßigen

Austausch untereinander aufgebaut. Zum Neujahrsempfang 2012 haben die Wohnungsun-

ternehmen beispielsweise ein gemeinsames Positionspapier verfasst. Darin sind konkrete

Forderungen und Vorschläge enthalten, wie die Situation auf dem Chemnitzer Wohnungs-

markt verbessert und wie auf übergeordneter Ebene die Rahmenbedingungen für die

Wohnungswirtschaft optimiert werden könnten (z. B. Anpassungen der EnEV).382

Duisburg: Woledu

Im Jahr 2002 wurde die Kooperationsgemeinschaft Wohnen und Leben in Duisburg

(Woledu) bei einem Treffen von damals vier Wohnungsunternehmen und der Stadtverwal-

tung gegründet. Die Teilnehmer verfolgen das Ziel, Duisburg als attraktiven Wohn- und

Lebensraum zu etablieren. Beispielsweise werden Wohnungsbörsen veranstaltet, ein Inter-

netauftritt mit Online-Wohnungssuche angeboten oder eine Broschüre zum Thema „Woh-

nen in Duisburg“ herausgegeben. So entwickelte sich ein Netzwerk von Wohnungsmarkt-

experten. Mittlerweile zählen insgesamt 38 Unternehmen zu den Kooperationspartnern

(26 Wohnungsunternehmen, vier Haus und Grundeigentümervereine, zwei Mietervereine

sowie sechs wohnungsnahe Dienstleistungsunternehmen). Die zwei wesentlichen Elemente

der Kooperation bestehen in der Innenmoderation und der Außendarstellung.383

6.1.2.7 Weitere Strategien und Handlungsoptionen der Wohnungswirtschaft

Mitwirkung bei der Erstellung verschiedener kommunaler Konzepte und Planungen–

eigene Erstellung bzw. Beauftragung von Analysen und Konzepten (z. B. einzelnes –

Unternehmen oder Zusammenschluss von verschiedenen Wohnungsunternehmen

am Ort)

Schaffung von Zweigstellen oder Servicebüros in den Quartieren (direkte Ansprech-–

partner bzw. Präsenz vor Ort, feste Öffnungszeiten)

Bereitstellung von Räumlichkeiten für soziale Zwecke oder für Bewohnerinitiativen–

Unterstützung von bewohnergetragenen Initiativen (z. B. Wohngruppenprojekte)–

Einrichtung von Hausmeister- oder Sicherheitsdiensten bei Problemen in den –

Quartieren

Förderung der Entstehung oder Unterstützung eines Mieterbeirats (Interessens-–

vertretung / Sprachrohr für die Mieter)

Umzugsmanagement (z. B. bei Sanierungen, in altengerechte Wohnungen)–

Einrichtung von Concierge-Services (bei unterschiedlichen Eigentümern: Zusammen-–

schluss der Wohnungseigentümer und gemeinsame Organisation und Finanzierung

des Services)

Veranstaltungen für die Mieter zur Verbesserung der Nachbarschaft, Kundenbindung –

(z. B. Mieterfeste)

Entwicklung von Informationsmedien: Mieterzeitung mit aktuellen Themen –

(z. B. auch zum Quartier), Erarbeitung evtl. in Zusammenarbeit mit der Stadt

Durchführung von Befragungen hinsichtlich Wohnzufriedenheit und Wünschen; –

Ergebnisse als Grundlage für weitere Investitionen (In den Interviews haben erstaunlich

viele Unternehmen bereits umfangreiche Befragungen durchgeführt.)

Aufbau von Beteiligungsmodellen der Mieter bei baulichen Veränderungen–

379 Vgl. Website: http://www.wir-wohnen-im-revier.de/ (Zugriff am 30. 11. 2012)

380 Vgl. WIR – Wohnen im Revier: Tätigkeitsbericht 2010. 2011

381 Vgl. Website: http://www.stadtspuren.com/index.html (Zugriff am 30. 11. 2012)

382 Website: http://www.ggg.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Positionspapier_Neujahrsempfang_2012.pdf (Zugriff am 30. 11. 2012); vgl. Website: http://www.ggg.de/pressemitteilung.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=222&cHash=4e901ec2a795ca76e4289a4c1e5af530 (Zugriff am 30. 11. 2012)

383 Vgl. Website: http://www.woledu.de/info.html (Zugriff am 27. 11. 2012)

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216 6 Handlungsoptionen

Maßnahmen der Qualitätssicherung bei baulichen Maßnahmen (z. B. Wettbewerbe; –

Realisierung einer hohen Architekturqualität bisher nur selten)

Erschließung neuer Zielgruppen zur Vermeidung von Leerstand: z. B. Studenten –

(z. B. Studenten-Flatrate, keine Kündigungsfrist, günstige Mietpreise, etc.)

Betreiben einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit („Positive Presse“)–

Aufbau von Kooperationen mit Wohlfahrtsverbänden und verschiedenen lokalen –

Akteuren (Vernetzung als zentrale Aufgabe des Wohnungsunternehmens)

Initiierung von besonderen Projekten für die Bewohner (z. B. Taschengeldprojekte)–

Einstellung von qualifiziertem Personal für die verschiedenen Aufgaben in der –

Verwaltung (z. B. Sozialarbeiter, etc.)

Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter–

Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen–

Einrichtung von Treffpunkten und Kommunikationsräumen für die älteren Bewohner–

Immobilientausch: Wohnungsunternehmen tauschen Wohnungen untereinander, um –

in einem Quartier größere Bestände zu bündeln und Streubesitz zu reduzieren

(Vereinfachung der Eigentümerverhältnisse, Reduzierung der Anzahl verschiedener

Eigentümer in den Quartieren)

stärkere Verbandsarbeit der Unternehmen (Erfahrungsaustausch)–

6.1.3 Bewohner / bewohnergetragene Initiativen

Neben der Kommune und der Wohnungswirtschaft liegt ein großes Potenzial für die Wei-

terentwicklung der Nachkriegsquartiere bei den Bewohnern vor Ort. Viele Projekte der

geförderten Stadterneuerung zeigen, dass nur durch die Einbeziehung der Bewohner

Quartiere langfristig aufgewertet werden können. Gerade vor dem Hintergrund des immer

stärkeren Rückzugs der öffentlichen Hand aus den Versorgungsaufgaben und der Redu-

zierung der Fördermittel ist es wichtig, im privaten Bereich neben der Wohnungswirt-

schaft auch die Bewohner verstärkt einzubeziehen. Obwohl die Bewohner in den Nach-

kriegsquartieren oft ähnliche Probleme und Wünsche haben (z. B. Schwierigkeiten beim

Wohnen im Alter, Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld), gibt es nur selten ein gemein-

sames Vorgehen oder Zusammenschlüsse. In den Interviews berichteten die Experten,

dass die Bewohner in diesen Beständen weitgehend „ruhig“ sind und sich eher selten aktiv

für Verbesserungen engagieren.

Bei der Aktivierung der Bewohner sind die jeweiligen Besonderheiten der Sozialstruk-

tur zu berücksichtigen. Eine Herausforderung besteht darin, dass bei Mietern von einem

geringeren Engagement ausgegangen werden muss als bei selbstnutzenden Eigentümern,

die ein großes Interesse am Werterhalt ihrer Immobilie haben. In den Quartieren der

Nachkriegsjahrzehnte besteht somit ein sinnvoller Ansatz darin, auf Dauer angelegte

Strukturen bzw. Bewohnerorganisationen aufzubauen, die das gemeinsame Ziel verfolgen,

die Lebens- und Wohnqualität durch eigenes Engagement zu verbessern. Eine Idealvor-

stellung wäre, dass die Bewohner als eigenständige Akteure am Quartiers- bzw. Stadtent-

wicklungsprozess teilnehmen. Solche Aktivitäten entstehen aber in der Regel nicht von

allein, sondern es sind Anstöße von außen und insbesondere in der Anfangsphase ist eine

externe, professionelle Unterstützung notwendig. Ein erster wichtiger Schritt besteht

darin, den Bewohnern die Verantwortung und ihre Einflussmöglichkeiten bewusstzu-

machen. Meist brauchen die Bewohner Beratung hinsichtlich der Organisation – dies

kann je nach Quartier und Rahmenbedingungen unterschiedliche Formen und Ausmaße

annehmen. Dass Bewohnerorganisationen langfristig selbsttragend funktionieren, gelingt

nur in seltenen Fällen und sollte daher nicht das oberste Ziel sein. „Freiwilliges Engage-

ment in benachteiligten Stadtteilen braucht kontinuierliche professionelle Unterstüt-

zung.“ 384 Da die Kommune und die Wohnungswirtschaft von Verbesserungen durch

Bewohnerorganisationen profitieren (z. B. höhere Wohnzufriedenheit, Aufwertungen im

Quartier), könnten sie die Entstehung solcher Initiativen anstoßen bzw. unterstützen (z. B.

Überlassen von Räumlichkeiten, Zurverfügungstellung von Infrastruktur wie Telefon,

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6.1.3 Software Bewohner 217

Computer). Instrumente der Bewohneraktivierung sind z. B. gemeinsame Ortsbegehun-

gen, Gespräche oder eine aktivierende Befragung. Ein Anreiz wäre beispielsweise, wenn

die Stadt und / oder die Wohnungswirtschaft dem Quartier ein überschaubares Budget

(Verfügungs- oder Quartiersfonds) zur Verfügung stellt, das die Bewohner selber verwal-

ten und für Verbesserungen gemäß spezieller Vergaberichtlinien im Quartier einsetzen

dürfen. Den Freiwilligen könnten u. a. Schulungsangebote für ihre Aufgaben angeboten

werden. Ein wichtiger Schritt liegt darin, eine Interessensvertretung bzw. demokratische

Strukturen in den Quartieren aufzubauen, die eigenständig ihre Interessen gegenüber der

Stadt oder dem Vermieter vertreten (z. B. Quartiersräte, siehe auch Handlungsoption Ver-

waltungsstrukturen und -organisation, S. 197 –199). Auch die Gründung von Vereinen oder

Gremien bietet sich an, in denen sich interessierte Bewohner eines Quartiers vernetzen

und nach außen artikulieren. Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau von Bewohner-

organisationen sind ein vorhandener Veränderungsbedarf bzw. -druck sowie Ressourcen,

Interesse und Eigenkräfte innerhalb der Bewohnerschaft. Daher kommen sicherlich nicht

für alle Quartiere solche Modelle in Frage.

Bewohnergetragene Organisationen könnten idealtypisch folgendermaßen aufgebaut

werden (angelehnt an den Vorschlag des Büros für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen

Gemeinde zu Düren): 385

Voruntersuchung und Auswahl der Quartiere: Welche Quartiere haben besonderen –

Bedarf und eignen sich zum Organisationsaufbau? Im Idealfall erfolgt dies unter

gesamtstädtischer Betrachtung aller Nachkriegsquartiere (siehe Handlungsoption

Planungen und Konzepte, S. 194 –197)

Start der Aktivierung: Entwicklung einer Vorgehensweise in den Quartieren –

(z. B. Gespräche), Ermittlung des Handlungsbedarfs und der Aktivierungspotenziale

Entwicklung von Strukturen bzw. angemessenen Organisationsformen: z. B. Bildung –

von Vorbereitungsgruppen, Bewohnerversammlungen, Verständigung über gemein-

same Ziele und Planung weiterer Schritte, Entwicklung von Bürgerprogrammen,

Absprachen über die Zusammenarbeit / Verteilung von Aufgaben und Verantwortlich-

keiten, Entwicklung von Kooperationsstrukturen und Organisationsformen

Start der Strategie- und Organisationsbetreuung mit den Gruppen / Organisationen: –

Begleitung und Beratung der Aktionskerne / Organisationen, Durchführung von

Projekten aus den Bewohnerprogrammen (gemeinschaftliches Handeln), etc.

Dies kann entweder unter der Federführung der Kommune oder eines Wohnungsunter-

nehmens, das im jeweiligen Quartier große Bestände besitzt, oder durch ein externes Büro

erfolgen, das von der Kommune und / oder der Wohnungswirtschaft beauftragt wird.

Bewohnerinitiativen können vielfältige Ausprägungen und Zielsetzungen haben. Eine

interessante und wichtige Aufgabe liegt z. B. in der gegenseitigen Unterstützung im Alltag.

Beispielsweise könnten in den Nachkriegsquartieren nach dem Modell der Seniorengenos-

senschaften Hilfestellungen mit Gegenleistungen bzw. einem Zeitkonto aufgebaut wer-

den.386 Gerade bei den einkommensschwächeren Haushalten könnten derartige Hilfsan-

gebote zur Verbesserung ihrer Situation beitragen und der Austausch zwischen den Gene-

rationen könnte gefördert werden.

Die in verschiedenen Formen organisierten Bewohner können auch karikative bzw.

soziale Einrichtungen ansprechen, um Träger für verschiedene Dienstleistungen zu gewin-

nen oder Projekte umzusetzen (bis hin zu Wohnprojekten). Eine weitere Möglichkeit des

Engagements besteht z. B. darin, dass die Bewohner in den Quartieren bestimmte Aufgaben

ehrenamtlich übernehmen (z. B. Bepflanzung oder Unterhaltung von Freiflächen, Pflege-

patenschaften). Dadurch können Betriebskosten reduziert, die Nachbarschaft verbessert

und die Identifikation mit dem Quartier erhöht werden. Erschwerend ist jedoch der

Umstand, dass die Bewohner nur in ihrer Freizeit aktiv werden können – es besteht die

Gefahr einer Überforderung der Ehrenamtlichen. Indem die Bewohner selber aktiv wer-

den, kann eine an den Bedürfnissen der Bürger ausgerichtete Entwicklung der Quartiere

384 Kotlenga, 2011, S. 3

385 Vgl. Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)

386 Vgl. Website: http://www.martin-riedlingen.de/senioren/seniorenhomepage.htm (Zugriff am 28. 12. 2012)

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218 6 Handlungsoptionen

und somit eine ganz andere Qualität der Qualifizierung erreicht werden. Durch ein

gemeinsames Engagement werden Nachbarschaften und das Zusammenleben gefördert

und die Bewohner gewinnen Einfluss auf ihre Lebensverhältnisse. Ganz ohne professio-

nelle Hilfe von außen werden bewohnergetragene Initiativen wahrscheinlich langfristig

nicht möglich sein – die Hauptaufgabe externer Betreuer sollte in der Unterstützung und

im Aufzeigen von Mitwirkungsmöglichkeiten liegen. Ziel sollte es sein, dass auch die

Bewohner ihren Teil zur Quartiersentwicklung beitragen, sich selber mit (minimaler) Hilfe

von außen organisieren und Verantwortung übernehmen. Dabei sollten Kommunen und

Wohnungsunternehmen den Bewohnern Rechte und Befugnisse einräumen und dafür

auch Gegenleistungen und Pflichten einfordern. In den bürgerschaftlichen Trägerformen

liegt ein sehr großes Potenzial für die Weiterentwicklung von Wohnquartieren außerhalb

der Förderung.

Angebote, die durch Bewohner initiiert werden könnten:

Nachbarschaftshilfe, Hilfe im Alltag–

Hausaufgabenhilfe–

Einkaufshilfe–

Kinderbetreuung–

Mieterbeirat–

Einrichtung eines Quartiersrats, Quartierforum–

Dienstleistungsagentur (Tausch von verschiedenen Leistungen der Bewohner)–

Bürgergruppen / -initiativen, Bürgervereine–

Pflege der Freiräume (z. B. Pflegepatenschaften)–

Referenzprojekte

Arnstadt: Gemeinsam statt einsam e. V.

Eine kleine Gruppe von älteren Menschen in Arnstadt ist aktiv geworden und hat gemein-

sam mit dem städtischen Wohnungsunternehmen das Wohnprojekt „Gemeinsam statt

einsam“ in zwei Zeilenbauten der 1960er Jahre entwickelt und realisiert. Die Bewohner

haben sich in einem Verein organisiert und übernehmen zahlreiche Aufgaben im Quartier.

Die Realisierung des Projektes wäre allerdings nicht ohne den Einsatz von verschiedenen

Fördermitteln und von professioneller Betreuung möglich gewesen. Es handelt sich aber

dennoch um ein hervorragendes und seltenes Beispiel dafür, wie durch das Engagement

von Bewohnern (bottom-up) erfolgreiche Projekte im Nachkriegsbestand entstehen kön-

nen (siehe auch Fallstudie Arnstadt, S. 172 –181).387

Düren: Büro für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen Gemeinde zu Düren

In Düren werden seit 1980 vom Büro für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen Gemeinde

die Bewohner von Quartieren beim Aufbau eigenständiger Interessenvertretungen bera-

ten. Auf diese Weise sollen Bewohner zur aktiven Gestaltung und Veränderung ihrer

Wohn- und Lebensverhältnissen angeregt werden. Denn besonders Bevölkerungsgruppen

in benachteiligten Gebieten brauchen eigene Formen für Zusammenkünfte, Interessens-

austausch und gemeinsames Handeln. Durch konsequente Aufbauarbeit, Aktivierung,

Strategie- und Taktikberatung von Bewohnern sind in den letzten Jahren in Düren zahl-

reiche Organisationen entstanden (z. B. der Bürgerverein Satellitenviertel als eine der bun-

desweit größten Bürgerselbstorganisationen). Das Büro für Gemeinwesenarbeit ist nur

beratend tätig und handelt nach folgendem Leitgedanken: „Tue nie, was die Leute selbst

tun können, aber tue alles, damit sie es können.“ 388

Selbsttragend wird in der Arbeit des Büros folgendermaßen definiert: „Selbsttragende

Bewohnerorganisationen vertreten ihre Interessen eigenständig nach außen (gegenüber

Verwaltung, Politik, Wirtschaft und den übrigen BewohnerInnen im Stadtteil). Das bedeu-

tet nicht, dass sie völlig ohne professionelle Beratung durch GemeinwesenarbeiterInnen

auskommen müssen.“ 389

Bewohner als wichtige Akteure

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 219

Worms: Bewohner-Initiative im Wormser Süden

Im Jahr 2008 gründete sich die Bewohner-Initiative im Wormser Süden (Soziale Stadt-

Gebiet), die mit zahlreichen Helfern versucht, die Nachbarschaftsbeziehungen zu fördern.

Nach dem Konzept des Community Organizing nach Paul Cromwell zielt die Bewohner-

Initiative darauf ab, möglichst viele Menschen zusammenzubringen, damit sie stark wer-

den und Probleme in der Nachbarschaft selbst lösen können. Beispielsweise werden

gemeinsame Pflanzaktionen, Kinderfeste, Straßenfeste oder kulturelle Feste und Aktivitä-

ten, Stadtteilbegehungen sowie der Besuch von kranken Nachbarn oder von hohen Jubila-

ren organisiert. Neue Bewohner erhalten einen persönlichen Willkommensgruß. Ein Vor-

stand, der sich aus Vertretern aller Wohngebiete und aus unterschiedlichen Altersgruppen,

Kulturen und Geschlechtern zusammensetzen soll, wird jährlich von den Bewohnern

gewählt.390

Mannheim: GBG: Initiativgruppenarbeit

Das Soziale Management der GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft unterstützt

Mieterinitiativen, Selbsthilfegruppen und ehrenamtliches Engagement (siehe auch Fallstudie

Mannheim, S. 114 –127).391

6.1.4 Kooperative Strategien der Akteure

Lange galt die Stadt- bzw. Quartiersentwicklung als alleinige Aufgabe der öffentlichen

Hand – die tiefgreifenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Verände-

rungen lassen dieses Aufgabenverständnis mittlerweile überholt erscheinen. „Angesichts

der Komplexität der Aufgabe Stadtumbau und bei gleichzeitig vielerorts nachlassenden

Möglichkeiten, über die Verteilung von Geldern Entwicklungsdynamiken zu steuern, ist

eine veränderte Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit den privaten Akteuren erfor-

derlich.“ 392

Die drei Hauptakteure bei der Qualifizierung von Wohnquartieren der 1950er bis

1970er Jahre sind die öffentliche Hand, die Wohnungseigentümer und die Bewohner. Das

Kapitel „Kooperative Strategien der Akteure“ fasst die Möglichkeiten dieser Akteure bei

der Quartiersentwicklung zusammen und beruht auf der wesentlichen Erkenntnis des

Forschungsprojektes, dass es sehr viele Einrichtungen gibt, die in unterschiedlicher Weise

einen Beitrag zur Entwicklung von Quartieren leisten könnten – nur arbeiten diese in der

Regel nicht zusammen. Es werden Maßnahmen dargestellt, die vor allem Kommunen und

Wohnungsunternehmen gemeinsam in Angriff nehmen und umsetzen sollten. Darunter

befinden sich auch Vorschläge, die zwar vornehmlich im Aufgabenbereich der Kommune

liegen, aber im Idealfall in enger Zusammenarbeit von Wohnungswirtschaft und Bewoh-

nern entwickelt und realisiert werden. Bei vielen der folgenden Optionen wird die Kom-

mune die Aufgabe der Initiierung und Steuerung des Prozesses übernehmen müssen

(siehe Handlungsoption Rolle der Kommune, S. 190 f.190 ).

Die folgenden Handlungsempfehlungen konzentrieren sich auf die Frage, wie die ver-

schiedenen (Stadtumbau-)Akteure besser miteinander verknüpft werden und gemeinsam

vorgehen können. Die zentrale Herausforderung dabei ist, wie die kommunalen und pri-

vaten Interessen räumlich, zeitlich, „inhaltlich / strategisch“ und qualitativ in Einklang

gebracht werden können. Die Betrachtung des einzelnen Gebäudes und des einzelnen

Akteurs wird überwunden und die Quartiere in einer alle Aspekte integrierenden Sicht-

weise betrachtet. Die Entwicklung von Wohnquartieren ist eine Querschnittsaufgabe und

erfordert darauf abgestimmte Akteurskonstellationen und ein gemeinsames Handeln.

6.1.4.1 Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene

Die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt und in den Quartieren sind ohne

Kooperationen zwischen Wohnungseigentümern, Bewohnern, Kommune und sonstigen

Betroffenen und Interessensvertretern (z. B. Versorgungswirtschaft) kaum zu bewältigen.

Dennoch besteht in vielen Kommunen bisher keine geregelte bzw. kontinuierliche Zusam-

Kooperative Strategien

387 Vgl. Jurrack / Schauber, o. J.; vgl. Website: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)

388 Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)

389 Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)

390 Vgl. Website: http://aktionswoche-wohnen.rlp.de/fileadmin/aktionswoche-wohnen.rlp.de/Wettbewerb/Laudatio_Wormser_S%C3%BCden.pdf (Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Website: http://www.worms.de/deutsch/rathaus/stadtnachrichten/nachrichten/archiv_2009/4464_quartier-boosstrasse.php (Zugriff am 3. 12. 2012)

391 Vgl. GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesell-schaft mbH, 2012, S. 29

392 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 225

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220 6 Handlungsoptionen

menarbeit zwischen den betroffenen Akteuren. Während in Studien und in der Literatur

immer wieder behauptet wird, dass es bereits vielerorts ein gemeinsames Wirken von

Wohnungswirtschaft und Kommunen gibt, hat sich im Rahmen des Forschungsprojektes

ein anderes Bild geboten.393 In den interviewten Kommunen gab es nur in Einzelfällen

eine institutionalisierte Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und auch die Experten

beim Workshop berichteten von großen Defiziten in diesem Bereich. In kleineren Kom-

munen besteht zumindest ein informeller Austausch, da das Geschehen auf dem Woh-

nungsmarkt überschaubar ist und sich die Akteure kennen.

Die Vorbehalte und die unterschiedlichen Interessenslagen der Akteure erschweren eine

gemeinsame Vorgehensweise. Wohnungseigentümer interessieren sich meist nur am Rande

für die Ziele der Stadtentwicklung. Zudem steht der eher gesamtstädtischen und langfris-

tig orientierten Sichtweise der Kommune meist die kleinräumig ausgelegte Betrachtung

der Wohnungsunternehmen gegenüber. Da Kooperationen in der Regel mit einem Mehr-

aufwand und auch Zugeständnissen verbunden sind, müssen starke Anreize und Vorteile

für die jeweiligen Partner vorhanden sein.

Da Kommunen die Probleme in den Bestandsquartieren nicht allein lösen können und

ein Zusammenwirken der Akteure mit vielen Vorteilen verbunden ist, ist Kommunen zu

empfehlen, eine nach festen Regeln organisierte Kooperation mit den lokalen Wohnungs-

marktakteuren aufzubauen (Stichwort „Governance“). Eine mögliche Vorgehensweise

besteht darin, dass die Kommune in einem ersten Schritt alle wichtigen Akteure der

lokalen Wohnungswirtschaft kontaktiert und über die Zielsetzung, eine Zusammenarbeit

zwischen den Akteuren aufzubauen, informiert. Aufgrund der Vorbehalte und dem damit

verbundenen Mehraufwand sollten die Vorteile einer Kooperation ausführlich dargelegt

werden (z. B. Kostenersparnis, Wissens- und Erfahrungstransfer, Stärkung der eigenen

Interessen). Für die Implementierung wird der Kommune die Aufgabe zufallen, die Woh-

nungsunternehmen zu sensibilisieren, deren Interessen zu bündeln und dabei dennoch

übergeordnete Gemeinwohlinteressen zu wahren.394 Um langfristige Strukturen aufzu-

bauen, wird die Kommune nicht umhinkommen, Steuerungs- und Koordinationsaufga-

ben zu übernehmen. Ein besonderer Anreiz für Kooperationen kann beispielsweise die

gegenseitige Zurverfügungstellung von Analysen und Daten sein, da sowohl für Kommu-

nen als auch für Wohnungsunternehmen detaillierte, kleinräumige Informationen über

die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt von großem Interesse sind (siehe Handlungs-

option Analyse und Monitoring, S. 191 –193). Eine Vertrauensbasis und Gesprächskultur

sowie ein institutionalisierter Austausch sollten geschaffen werden. Bei großen Konflikt-

potenzialen ist die Einschaltung einer externen, professionellen Moderation angeraten.

Eine möglichst bindende Zustimmung der Akteure für Kooperationen ist sinnvoll (z. B.

schriftliche Vereinbarungen). Ziel der Zusammenarbeit ist die Herstellung einer win-win-

Situation zwischen den Akteuren. Viele Kommunen haben im Rahmen von Projekten der

geförderten Stadterneuerung Kontakte mit Unternehmen geknüpft und Erfahrungen

gesammelt, auf die aufgebaut werden sollte.

Je nach lokalen Bedingungen sollte über die Form der Kommunikation entschieden

werden. Das Spektrum von Kooperationsformen reicht von informellen Instrumenten,

über vertraglich geregelte Ansätze bis hin zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Formelle

Organisation: Lenkungskreis, Forum, Werkstatt / Runder Tisch, Arbeitskreis, Moderati-

onsverfahren. Informelle Organisation: Gesprächsrunden, Verhandlungsgespräche, infor-

melle Treffen, Fachveranstaltungen, Workshops.395

Bei bestimmten Themenstellungen könnte es sinnvoll sein, neben den verschiedenen

Ämtern der Kommune und den Wohnungsunternehmen noch weitere betroffene Akteure

einzubeziehen, wie z. B. private Eigentümer, Bewohner, Politik, Interessensvertreter (z. B.

Seniorenbeirat), Immobilienmakler, Finanzinstitute, Verbände, soziale Träger, Träger

öffentlicher Belange, Ver- und Entsorgungsbetriebe, Verkehrsbetriebe, Investoren, lokale

Vereine, etc.

Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 221

Überblick über Kooperationspartner und KooperationsformenQuelle: Röber, Manfred / Sinning, Heidi (Hg.): Wohnen im Bestand. Nachfrageorientierung als Perspektive. Detmold 2010, S. 125

Kooperationspartner Kooperationsformen Bedeutung für die Wohnungswirtschaft und Anwendungsfelder

Verwaltung / Politik, Wirtschaft, Bürgerschaft

Runde Tische, Allianzen, Stadtteilforen, Stadtteilkonferenzen etc.

Zusammenarbeit in der Stadt- und Quartiersentwicklung (z. B. Stadtentwicklungs-konzepte, Leitbildprozesse), im Stadtumbau (z. B. Stadtumbau-, Wohnraumversorgungs-konzepte, zur Verbesserung des Quartiers-images)

Wirtschaft und Verwaltung / Politik Vereinbarungen und Verträge (PPP, BID, HID etc.), Projektgesellschaften, Runde Tische, Allianzen etc.

Wirtschaft und Bürgerschaft Corporate Citizenship, Corporate Social Responsibility, Kooperationsvereinbarungen, Sponsoring und Spenden etc.

gesellschaftliches Engagement und soziale Verantwortung der Wohnungswirtschaft

Verwaltung / Politik und Bürgerschaft Partizipation, Bürgerforen, Workshops, Bürgerhaushalt etc.

Information zu Planungen und Entwicklungen sowie Beteiligung der Bewohner an kommuna-len Entscheidungen

Bürgerschaft Bürgerschaftliches Engagement, Bürger-initiativen, Vereine, Selbsthilfegruppen, Nachbarschaften etc.

Stärkung der bürgerschaftlichen Akteure und ihres Eigenengagements

Referenzprojekt

Münster: Arbeitskreis „Wohnen in Münster“

Der Arbeitskreis „Wohnen in Münster“ wurde von der Stadt Münster im Jahr 2004 initi-

iert und tagt zwei Mal im Jahr. Er berät die Politik und hat das Ziel, Münster als Wohn-

standort zu stärken. Die Rahmenbedingungen des lokalen Wohnungsmarktes sollen kon-

tinuierlich beobachtet und die Stimme der Wohnungsmarktakteure gestärkt und gebün-

delt werden. Handlungsleitend ist das Ziel, nachteilige Entwicklungen in Wohnquartieren

zu vermeiden. Wohnquartiere mit besonderen demografischen Merkmalen (z. B. Abnah-

me der Bevölkerung, hoher Altersdurchschnitt) sollen im Rahmen der „strategischen

Wohnstandortentwicklung“ stabilisiert werden. „Die Komplexität der Aufgabenstellungen

der strategischen Wohnstandortentwicklung und die eingeschränkten Zuständigkeiten

und Handlungsmöglichkeiten der Stadt verlangen eine Kooperation der unterschiedlichen

Wohnungsmarktakteure und das Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen. Der

Arbeitskreis Wohnen in Münster bietet ein Forum zur Kooperation im Sinne der strategi-

schen Wohnstandortentwicklung. Im Arbeitskreis arbeiten folgende Akteursgruppen

zusammen: Wohnungswirtschaft, Immobilien- und Finanzwirtschaft, Interessenverbän-

de, Politik, Verwaltung. Auf der Quartiersebene können und sollen weitere Akteure einbe-

zogen werden.“ 396

6.1.4.2 Kooperationen auf der Quartiersebene

Wie auf gesamtstädtischer Ebene besteht in Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre –

außerhalb der geförderten Stadterneuerung – nur selten eine Zusammenarbeit zwischen

den Eigentümern untereinander und der Kommune. Eine besondere Schwierigkeit in den

Quartieren besteht in den häufig stark zersplitterten Eigentumsverhältnissen. Die einst als

eine Einheit entstandenen Quartiere werden heute wegen der Vielzahl an Eigentümern

mit unterschiedlichen Interessenslagen nicht als „Ganzes“ weiterentwickelt. Die kleinteilige

Mischung aus verschiedenen Eigentümern (kommunale Unternehmen, Genossenschaften,

freie Unternehmen, WEG) kann den Aufbau von Kooperationen und eine koordinierte

Vorgehensweise erheblich erschweren.

Viele Probleme in den Wohnquartieren würden sich durch „kleinere“ gemeinsame oder

zumindest aufeinander abgestimmte Maßnahmen wesentlich einfacher lösen lassen als

durch unabgestimmte Einzelinvestitionen. Da nicht nur das Einzelgebäude, sondern auch

393 Vgl. Sinning, Heidi / Ziervogel, Daniela: Gover-nanceansätze in der Wohnungsbestands- und Stadtteil-entwicklung. In: Röber / Sinning, 2010, S. 122

394 Vgl. Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 226

395 Vgl. Dransfeld / Pfeiffer / Forum Bauland-management, 2005, S. 36

396 Website: http://www.muenster.de/stadt/stadtplanung/raum-wohnen-ak.html (Zugriff am 27. 11. 2012)

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222 6 Handlungsoptionen

das Wohnumfeld und das Quartiersimage eine entscheidende Rolle für die Attraktivität

von Wohnstandorten spielen und sich quartiersbezogene Probleme nur durch ein gemein-

sames Handeln der Eigentümer und der Kommune effizient lösen lassen, ist zu empfehlen,

frühzeitig Strukturen der Zusammenarbeit aller Beteiligten aufzubauen und zu erproben.

Die Kommunen, die Wohnungseigentümer und auch die Bewohner sollten stärker mit-

einander kooperieren, gemeinsame Konzepte und Projekte erarbeiten und koordiniert

umsetzen.

Trotz des Mehraufwandes gibt es gute Gründe für Kooperationen auf der Quartiers-

ebene: Wenn Eigentümer gemeinschaftlich handeln, können sie ihre Einflussmöglichkei-

ten auf das gesamte Wohnumfeld erweitern und die Quartiere als Ganzes aufwerten.

Dadurch verbessern sich die Chancen des Quartiers und die Sicherheit von Investitionen

erhöht sich. Durch eine gemeinsame Vorgehensweise bei Baumaßnahmen in den gleich-

artigen Gebäuden kann auch eine Kostensenkung bei den Baukosten erreicht werden

(„Mengenrabatt“). Gemeinsame Interessenslagen der Wohnungswirtschaft und der Kom-

munen liegen u. a. in der Anpassung der Wohnungsangebote an eine veränderte Nachfrage,

in der Vermeidung von sozialer Segregation und instabilen Nachbarschaften, in der Auf-

wertung des Wohnumfeldes und der Anpassung der technischen und sozialen Infrastruk-

tur. Ein interessanter Ansatz liegt zum Beispiel darin, dass Unternehmen in Quartieren

gemeinsam Projekte realisierten, wie z. B. die Einrichtung von Concierge-Diensten für

mehrere Gebäude, gemeinsame Pflege der Freiflächen etc.

Argumente für Kooperationen der Akteure auf Quartiersebene:

Förderung der Qualität der Planung, Entstehung besserer Lösungen durch Diskussion –

und Erfahrungsaustausch

abgestimmte Ziele und Lösungen durch koordiniertes Vorgehen–

gesteigerte Chancen für die Umsetzung –

Vermeidung von Konflikten und unnötiger Konkurrenz zwischen den Eigentümern–

zielführende Lösung der Probleme auf Quartiersebene–

Beschleunigung von Planungen–

Verbesserung der Vermarktungschancen–

Sicherung der Immobilienwerte–

ggf. positive Beeinflussung des Quartiersimages–

bei gemeinsamen Baumaßnahmen „Mengenrabatt“–

Aufbau von Kooperationen

Im Idealfall geht die Initiative für Kooperationen auf der Quartiersebene von den Eigen-

tümern aus. Da dies aber nicht immer eintreten wird, wird in vielen Fällen der Kommune

die Aufgabe zufallen, Eigentümer anzusprechen und zu einem gemeinsamen Vorgehen zu

animieren. Entscheidend bei Kooperationen und Maßnahmen in den kleinen Quartieren

ist somit die Frage, wer die Initiative ergreift und sich kontinuierlich darum kümmert. Ein

erster Schritt kann darin bestehen, dass Kommunalverwaltungen interessante Gesprächs-

plattformen und Angebote für Wohnungsunternehmen und Privateigentümer sowie für

Bewohner entwickeln, um so die Kommunikation zu fördern. Kooperative Prozesse müs-

sen eingeübt und sollten in ausgesuchten Quartieren erstmals erprobt werden, um sie

dann auf weitere Quartiere zu übertragen. Einige Ressourcen und Kompetenzen können

zentral für alle Quartiere in einer Kommune aufgebaut werden (z. B. Verwaltungsarbeiten,

Kompetenzen, Drittmittelakquise).

Beim Aufbau von Kooperationsstrukturen ist auch der hohe Anteil von privaten, nicht-

institutionellen Vermietern (60 Prozent der Mietwohnungen) sowie von selbstnutzenden

Eigentümern (WEG) zu berücksichtigen. Es liegen zwar keine genauen Zahlen vor, wie

viel Prozent dieser Wohnungen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre liegen,

aber dennoch kann davon ausgegangen werden, dass diese Eigentümergruppen in man-

chen Quartieren eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung darstellen. Der Mangel

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 223

an Kapazitäten und Wissen dieser Eigentümer kann die Einbindung in Kooperationen

schwierig gestalten.

Organisation der Kooperationen

Die Struktur, Organisation und Steuerung der Kooperation müssen auf die jeweilige

Situation im Quartier reagieren. Beispielsweise werden Unternehmen mit nur wenigen

Wohnungen in einem Quartier kaum Anreize haben, sich an der Quartiersentwicklung zu

beteiligen oder eine aktive Rolle zu übernehmen. Leitfragen für den Aufbau der Koopera-

tion könnten sein: Welche Arten von Eigentümer bzw. welche Bewirtschaftungsziele

dominieren im Quartier? Wie viele Eigentümer gibt es im Gebiet bzw. wie kleinteilig ist

die Eigentümerstruktur? Handelt es sich um lokal ansässige Eigentümer? Sind die Eigen-

tümer über künftig zu erwartende Entwicklungen ausreichend informiert? Um die parzel-

lenübergreifende Vorgehensweise der Eigentümer zu koordinieren und zu organisieren,

gibt es verschiedene Möglichkeiten von freiwilligen, informellen Zusammenschlüssen bis

hin zu „erzwungenen Kooperationsformen“. Abgesehen von den Instrumenten im Rah-

men der geförderten Stadterneuerung sind in den letzten Jahren verschiedene neue For-

men eigentümerorientierter Standortkooperationen entstanden. Je nach Ausgangslage gilt

es, in den Quartieren funktionsfähige Strukturen aufzubauen und Handlungsfähigkeit

herzustellen. Bei freiwilligen Zusammenschlüssen gelingt es allerdings oft nicht, alle

Nutznießer von Maßnahmen angemessen zu beteiligen („Trittbrettfahrer-Problematik“).

Als Reaktion darauf eröffnet das Baugesetzbuch den Ländern die Möglichkeit, im Rahmen

von Landesgesetzen private Initiativen zur Stadtentwicklung auch auf eine öffentlich-

rechtliche Grundlage zu stellen (§ 171f BauGB). Seit einigen Jahren werden in diesem

Zusammenhang intensive Diskussionen über sogenanntes Urban Improvement Districts

(UID) geführt.

Bei UID handelt es sich um hoheitlich flankierte private Selbstorganisationen, bei denen

die Verwaltung die Rolle eines Mitinitiators zur Einrichtung einer Struktur übernimmt.

Ziel dieser Modelle ist die Aktivierung der Eigentümer durch Zwang. Bislang sind solche

Initiativen für Wohnquartiere (sogenannte HID Housing Improvement Districts oder

NID Neighbourhood Improvement Districts) aber – mit Ausnahme von Hamburg im Jahr

2007 – nicht in die Landesgesetzgebungen aufgenommen worden (vgl. Kap. 2.5.3).397 Die

Idee, alle Eigentümer zur Kooperation zu verpflichten und Trittbrettfahrer in den Quar-

tieren zu vermeiden, ist im Prinzip als sinnvoll zu bewerten. Jedoch kann bezweifelt wer-

den, ob der gesetzliche Zwang tatsächlich die Entstehung langfristiger Kooperationsstruk-

turen in den Quartieren fördert und nicht eher freiwillige Formen vorzuziehen sind.

Bei Eigentümerstandortgemeinschaften (ESG) handelt es sich um „einen freiwilligen

Zusammenschluss von Eigentümern benachbarter Immobilien mit dem Ziel, durch

gemeinsame Aktivitäten oder Maßnahmen die Verwertungschancen ihrer Objekte zu ver-

bessern.“ 398 ESG sind zuerst im Bereich Einzelhandel entstanden und beruhen auf der

Idee, dass Immobilieneigentümer mit kooperativen Lösungsansätzen die Probleme im

Quartier gemeinsam angehen. Solche Zusammenschlüsse stellen ein Instrument der Stadt-

entwicklung dar, das auch für die Entwicklung der kleinen Quartiere der 1950er bis 1970er

Jahre zielführende Lösungsansätze bietet. Für den Aufbau von Kooperationen wird auf

den „Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften“ (Herausgeber: Bundesministerium

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2011) verwiesen, der praxisnah und ausführlich

beschreibt, wie Eigentümerkooperationen auf Quartiersebene aufgebaut werden kön-

nen.399

Ein freiwilliger Zusammenschluss von allen Eigentümern in einem Quartier und auch

der Kommune sollte auf der Grundlage gegenseitiger Vorteile und gemeinsamer Ideen für

das Quartier angestrebt werden. Im Idealfall führt eine Kooperation dazu, dass die Akteure

gemeinsam – unter Federführung der Stadt oder eines sonstigen Trägers – ein verbind-

liches Konzept für die weitere Quartiersentwicklung erarbeiten (siehe Handlungsoption

Quartiersentwicklungskonzepte, S. 225 f.).

397 Vgl. Website: http://www.urban-improvement-districts.de/?q=HID/NID (Zugriff am 29. 12. 2012)

398 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b, S. 6

399 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b

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224 6 Handlungsoptionen

Kooperationsmodelle:

HID oder NID–

ESG–

informelle Kooperationsmodelle, z. B. gemeinsame Arbeitsgruppen / Arbeitskreise in –

regelmäßigen Abständen, „runde Quartierstische“ und ähnliches

Zusammenfassend können in der Quartiersentwicklung folgende Verfahren unterschie-

den werden: 400 Hoheitlich gesteuerte Verfahren (z. B. Gebiete der Städtebauförderung),

privat initiierte informelle Kooperationen, Mischformen öffentlich privater Zusammen-

arbeit (z. B. Kooperationsverträge nach WoFG) und Business Improvement Districts in

Geschäftsbereichen, Housing Improvement Districts in Wohnquartieren oder Neighbour-

hood Improvement Districts in gemischt genutzten Gebieten.

Referenzprojekte

Wiesbaden-Klarenthal: Siedlung Hermann-Brill-Straße

In der Großsiedlung Hermann-Brill-Straße wird ein einzigartiges Modellprojekt für woh-

nungsgesellschaftsübergreifende Freiflächen- und Conciergekonzeptionen außerhalb von

Förderprogrammen umgesetzt (beteiligte Wohnungsunternehmen: Wohnungsbaugesell-

schaften GENO 50, GWW, Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesell-

schaft mbH). Als Grundlage für die gemeinsame Neugestaltung dient eine Machbarkeits-

studie. Es wurde ein Conciergesystem eingerichtet, das die Sicherheit und einen ständigen

Informationsaustausch zwischen Bewohnern und Hausverwaltung gewährleistet und

zudem Arbeitsplätze schafft. Im Freiraum und an den Gebäuden wurden zahlreiche Ver-

besserungen durchgeführt (Umgestaltung von anonymen Eingangsbereichen zu Kommu-

nikationsräumen, Einhausung von verwahrlosten Müllsammelstellen, Umwandlung von

unattraktiven Freiflächen in Terrassen- und Themengärten). Die Freiflächen wurden

wohnungsgesellschaftsübergreifend neu zoniert und aufgewertet. Zudem werden vom

Volksbildungswerk Klarenthal verschiedene soziale und kulturelle Bildungsprojekte durch-

geführt (z. B. Taschengeldprojekt, bei dem Kinder und Jugendliche unter Anleitung Reini-

gungs- und Pflegearbeiten im Stadtteil übernehmen).401

Lörrach: Wohnbau Lörrach

Das kommunale Wohnungsunternehmen Wohnbau Lörrach engagiert sich stark für die

Entwicklung von Wohnquartieren. Eine Strategie besteht dabei darin, sämtliche Akteure

in Quartieren zu vernetzen und Kooperationen aufzubauen. Beispielsweise wird in Stadt-

teilkonferenzen der Informationsaustausch zwischen Bürgern und Vertretern aus Kom-

munalpolitik und -verwaltung sowie sozialen Einrichtungen moderiert und gemeinsam

Projekte in den Quartieren initiiert, geplant und umgesetzt.402

BMVBS: Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften

Im „Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften – Empfehlungen zur Gründung und

Begleitung von Eigentümerstandortgemeinschaften“ des BMVBS werden zehn Schritte für

den Weg zur Eigentümerstandortgemeinschaft genannt: 403 Zunächst sollten die quar-

tiersbezogenen städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Probleme erkannt werden.

Um eine räumliche Abgrenzung zu definieren, sollte eine (vorläufige) Gebietsabgrenzung

erfolgen, die später angepasst werden kann. Nach der ersten Ansprache von engagierten,

interessierten Eigentümern, Personen und Netzwerken sollte ein externer Moderator

beauftragt und eine Anlaufstelle bei der Kommune gefunden werden. Aufbauend darauf

sollten alle Eigentümer angesprochen und für eine aktive Mitwirkung gewonnen werden.

Gemeinsam diskutieren dann alle Beteiligten die übergreifenden Zielsetzungen und das

gemeinsame Leitbild für ihr Engagement. Aus einer Stärken-Schwächen-Analyse werden

Handlungsfelder und Maßnahmen abgeleitet. Nach der Erprobung geeigneter Organisati-

onsformen, z. B. in unterschiedlichen Projektgruppen und einer möglichen Formalisie-

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 225

rung der Gemeinschaft (z. B. als Verein) können die Projekte und Maßnahmen umgesetzt

werden. Als grundsätzlich wichtige Erfolgsfaktoren für Eigentümerstandortgemeinschaf-

ten wird empfohlen, auf bestehenden Strukturen, persönlichem Engagement und vorhan-

denen Kontakten im Quartier aufzubauen.

6.1.4.3 Quartiersentwicklungskonzepte / quartiersbezogene Konzepte

Für die Inanspruchnahme von Städtebauförderungsmitteln müssen Vorbereitende Unter-

suchungen (VU) durchgeführt werden, um Beurteilungsgrundlagen über die Notwendig-

keit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen zu schaffen. Die sozialen, strukturellen und

städtebaulichen Verhältnisse werden dabei unter Einbeziehung der beteiligten Akteure

und der Träger öffentlicher Belange untersucht. Der erarbeitete Bericht zeigt die städte-

baulichen Missstände sowie konkrete Vorschläge zur Beseitigung auf. Die Erarbeitung

und Aufstellung solcher Konzepte helfen dabei, die Problemwahrnehmung zu schärfen

und verbindliche kommunalpolitische Aussagen für die weitere Stadtentwicklung zu

befördern.404 In Quartieren außerhalb der Förderung fehlen in der Regel diese wichtigen

Planungsgrundlagen und „Visionen“.

Da das große Potenzial, das in einer koordinierten, parzellenübergreifenden Vorgehens-

weise liegt, vielerorts nicht ausgeschöpft wird, wird die Erarbeitung von Quartiersent-

wicklungskonzepten empfohlen, die die lokalen Eigenarten sowie städtebauliche, sozial-

planerische und wohnungswirtschaftliche Belange behandeln. Im Idealfall geschieht dies

in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungseigentümern sowie Bewohnern eines

Quartiers. Wenn die Wohnungswirtschaft allerdings nicht zu einer aktiven Mitarbeit

bereit ist, kann die Kommune mit der Hoffnung in Vorleistung gehen, durch ein solches

Konzept die Eigentümer zu Kooperationen und Investitionen anzuregen und sich dabei an

übergeordneten Zielsetzungen zu orientieren. Bereits bestehende Konzepte sollten in Hin-

blick auf ein Quartier ausgewertet oder aktualisiert werden, wenn neue Erkenntnisse vor-

liegen.

Die Quartierskonzepte sollten in gesamtstädtische Strategien eingebunden sein und

Grundlage für das weitere kommunalpolitische und wohnungswirtschaftliche Handeln

und für Investitionsentscheidungen darstellen. Durch umsetzungsorientierte Konzepte

lassen sich die Entwertung von Immobilien und Infrastrukturen und somit Vermögens-

verluste für die Wohnungsunternehmen, Kommunen und Privateigentümer vermeiden

und ein abgestimmtes Vorgehen der Akteure erreichen. Der kommunalen Verwaltung fällt

dabei in den meisten Fällen die Rolle zu, die Erstellung der Konzepte anzustoßen, den

Prozess zu koordinieren und die Planung auszuarbeiten. Wegen der mangelnden Ressour-

cen der öffentlichen Hand sollte versucht werden, die Aufgaben und die Finanzierung mit

der Wohnungswirtschaft zu teilen und ggf. die Erarbeitung an Externe zu übertragen. Bei

der Erstellung von Quartierskonzepten bietet es sich an, auf die Vorgehensweise und

Erkenntnisse bei Projekten der geförderten Stadterneuerung zurückzugreifen. Wichtig ist

es, das wirtschaftlich Machbare zu identifizieren und Lösungen für die Finanzierung auf-

zuzeigen. Da ohne die Investitionsbereitschaft Konzepte nicht umsetzbar sind, sollten

passive Haltungen der Eigentümer möglichst früh aufgebrochen werden.

Inhaltlich sollten Quartierskonzepte konkrete Aussagen zu Städtebau, Freiraum, Gebäu-

den, sozialer und technischer Infrastruktur und Bewohner enthalten. Gerade bei den im

Rahmen des Forschungsprojektes fokussierten „kleinen“ Quartieren besteht aber die

Schwierigkeit, inwieweit angesichts des Aufwandes flächendeckend Konzepte entwickelt

werden können. Eine Lösung könnte darin liegen, dass sehr „schlanke“ bzw. „abgespeckte“

Konzepte („light-Konzepte“ zur Kostenersparnis) mit einem überschaubaren Aufwand

erarbeitet werden, die sich auf die größten Defizite des jeweiligen Quartiers und die wich-

tigsten Fragestellungen konzentrieren (siehe Checkliste, Kap. 9.5).

Die Erarbeitung und Umsetzbarkeit von Quartierskonzepten sind in besonderer Weise

davon abhängig, wie kleinteilig die Eigentumsverhältnisse sind – je mehr Eigentümer vor-

handen sind, umso schwieriger gestaltet sich die Umsetzung. Die Erstellung von Quartiers-

400 Vgl. Website: http://www.urban-improvement-districts.de/files/File/Kreutz-Krueger_vdw-magazin_0407.pdf (Zugriff am 4. 1. 2013)

401 Vgl. NH ProjektStadt / Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft /Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landentwicklung, o. J., S. 26;vgl. Volksbildungswerk Klarenthal, 2011, S. 42– 45; vgl. Website: http://www.klarenthal.org/; vgl. Website: http://www.klarenthal.org/concierge-stadtteilcafe-stadtteiltreff-projekte (Zugriff am 22. 8. 2012)

402 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)

403 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b, S. 13 – 14

404 Vgl. Friesecke / vhw Dienstleistung GmbH, 2010, S. 13

Kooperationen Konzepte

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226 6 Handlungsoptionen

konzepten ist im Idealfall mit dem Aufbau von Kooperationsstrukturen auf Quartiers -

ebene verbunden (siehe Handlungsoption Kooperationen auf Quartiersebene, S. 221 f.).

Überblick über mögliche Teilkonzepte für die Quartiersentwicklung:

städtebauliches Konzept / Rahmenplan–

Energieeffizienzkonzept (energetisches Quartierskonzept, Energieversorgungskonzept)–

Wohnungswirtschaftliches Konzept (z. B. Belegungsmanagement)–

Beteiligungskonzept –

Durchführungskonzept (z. B. Zeitplan)–

Finanzierungskonzept–

Kommunikationskonzept: Zwischen der Stadtverwaltung, den Bewohnern und lokalen –

Akteuren sollten frühzeitig stabile und verbindliche Kommunikations-, Vernetzungs-

und Kooperationsstrukturen auf der Quartiersebene aufgebaut werden.

Referenzprojekte

Offenburg: Albersbösch

Für den Stadtteil Albersbösch wurde im Rahmen eines Förderprogramms des Landes

Baden-Württemberg ein umsetzungsorientiertes städtebauliches Konzept unter umfang-

reicher Mitwirkung der Betroffenen erarbeitet. Die Erstellung des Rahmenplanes kostete

rund 42.000 Euro. Es handelt sich dabei um ein Beispiel, wie für ein gesamtes Quartier der

Nachkriegszeit außerhalb der Städtebauförderung ein übergeordnetes Konzept erarbeitet

wurde. Gegenwärtig stellt sich aber die Frage nach der Realisierung bzw. Finanzierung der

vorgeschlagenen Maßnahmen (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).405

Neumünster: Konzepte für drei Quartiere im Rahmen von „Integrative Quartiers-

entwicklung“ der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH)

Die IB.SH bietet die Förderberatung und Dienstleistung „Integrative Quartiersentwick-

lung“ an. Die Stadt Neumünster beauftragte die Investitionsbank mit der Betrachtung von

drei Quartieren (2010). Dafür wurden bestehende Konzepte ausgewertet, Eigentümer-

gespräche geführt, die Quartiere analysiert und Handlungsoptionen erarbeitet. Die Kon-

zepte lieferten wichtige Erkenntnisse. Die Umsetzung der Empfehlungen gestaltet sich

allerdings aufgrund mangelnder Ressourcen und Kooperationsbereitschaft der Eigentümer

schwierig (siehe Fallstudie Neumünster, S. 102 – 113).406

Ginsheim-Gustavsburg: Wohnquartier „An der Schleuse“

Vor dem Hintergrund einer abnehmenden Akzeptanz, Segregationstendenzen und ersten

sozialen Problemen wurden für das Wohnquartier „An der Schleuse“ aus den 1960er /

1970er Jahren bereits frühzeitig Maßnahmen zur integrierten Entwicklung in energeti-

scher, sozialer und räumlicher Hinsicht entwickelt. Es wurde eine Untersuchung durchge-

führt, wie die Gebietsentwicklung ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln verbessert

werden könnte. Die Kommune beauftragte 2007 in Abstimmung mit den vor Ort vertrete-

nen Wohnungsunternehmen die NH ProjektStadt mit der Untersuchung. Zunächst wur-

den die Grundlagen ermittelt, eine Stärken-Schwächen-Analyse durchgeführt sowie Ziele

und Handlungsfelder identifiziert. Anschließend wurden Lösungsansätze formuliert.

Durch eine Befragung wurden die Mieter an der Konzepterstellung beteiligt. Bei diesem

Projekt handelt es sich um einen niedrigschwelligen Ansatz zur Untersuchung und Opti-

mierung von Gebieten unterhalb der Schwelle von Förderprogrammen.407

6.1.4.4 Beteiligung der Bewohner

Bei der geförderten Stadterneuerung ist die Beteiligung der Bewohner ein fester Bestand-

teil bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen und eine Grundvoraussetzung für

den Erfolg der städtebaulichen Erneuerungsmaßnahme. Dabei wurde in den letzten Jah-

ren eine Bandbreite an Beteiligungsmöglichkeiten entwickelt, auf deren Erfahrungen und

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 227

Erkenntnisse zurückgegriffen werden kann.408 Die Beteiligung von Bewohnern an Maß-

nahmen in nicht-geförderten Wohnquartieren ist keine Selbstverständlichkeit. Neben den

gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten hat sich in den geführten Interviews gezeigt, dass

Kommunen und Wohnungsunternehmen in der Regel davon absehen, Bewohner in Pla-

nungen und Entscheidungen einzubeziehen. Daher wird geraten, dass sich bei Maßnah-

men in den Quartieren sowohl die Wohnungsunternehmen als auch die Kommune die

Frage stellen, wie die Bewohner beteiligt und aktiviert werden können. Ziel der Bemühun-

gen sollte es sein, das soziale Kapital in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahren zu

nutzen und die Bewohner in die Umbauprozesse einzubeziehen. Bei anstehenden Maß-

nahmen empfiehlt es sich, die Bewohner möglichst frühzeitig über geplante Veränderun-

gen zu informieren und über deren Mitwirkungsmöglichkeiten aufzuklären. Die Beteili-

gung von Bewohnern hat vielfältige Vorteile. Beispielsweise kann eine stärkere Einbin-

dung der Bewohner einen verantwortungsvolleren Umgang mit dem Gebäude und dem

Wohnumfeld nach sich ziehen. „Die Kunst ist es, Prozesse in Gang zu setzen, bei denen

das Mitmachen für die Bürgerschaft einen Nutzen entfaltet, ohne Kommunalverwaltun-

gen und gewählte politische Gremien aus ihrer Verantwortung zu entlassen.“ 409 Bei

Quartiersentwicklungen sollte nicht mit fertigen Plänen in die Beteiligung eingestiegen

werden, sondern gemeinsam mit den Bewohnern Ideen und Maßnahmen erarbeitet werden.

Ein zielführender Ansatz kann darin bestehen, auf der Ebene des Quartiers ein Gremium

für die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung einzurichten (z. B. Quartiersrat).

Auch bei Veränderungen an den Gebäuden kann es durchaus sinnvoll sein, die Bewoh-

ner an den Planungen und Entscheidungen zu beteiligen. In den Interviews hat sich gezeigt,

dass Wohnungsunternehmen ihre Mieter bei der Gebäude- und Wohnungssanierung nur

selten einbeziehen, da dies nach Meinung der Experten den Prozess zusätzlich erschwere.

In entspannten Wohnungsmärkten allerdings wird den Mietern bei der Ausstattung der

Wohnung zunehmend Mitsprache eingeräumt. Es gibt gute Gründe, die Bewohner am

Sanierungsprozess zu beteiligen. Einerseits kann die Akzeptanz der anstehenden Maßnah-

men erhöht werden, und die Mieter identifizieren sich stärker mit dem Gebäude, wodurch

die Fluktuation sinken kann. Durch das Einbeziehen der Mieter können die Veränderun-

gen auch genauer an die Bewohnerwünsche angepasst werden, wobei darauf geachtet wer-

den muss, dass die Maßnahmen auch für spätere Mieter attraktiv sind.410

Mögliche Beteiligungsformen auf Quartiersebene könnten sein:

Stadtteil- oder Quartierskonferenz–

Zukunftswerkstatt–

Befragungen (Fragebogen, Interviews)–

Entwicklung und Diskussion von Szenarien–

runde Tische–

Internetauftritt mit Informationen und Diskussionsplattform–

Informationsbroschüren, Stadtteilzeitung, dgl.–

Schaffung von Treffpunkten in den Quartieren für Aufbau von Beteiligungsstrukturen–

Quartiersmanagement–

Referenzprojekte

Offenburg: Stadtteilkonferenzen

In den Stadtteil- und Familienzentren in Offenburg finden seit den 1990er Jahren zwei

Mal jährlich unter Federführung der Stadt Offenburg Stadtteilkonferenzen statt. Dabei

treffen sich Bewohner, Organisationen, Initiativen und Gruppen aus dem Stadtteil sowie

Vertreter der Stadt und diskutieren verschiedene Themen der Stadtteilentwicklung. Diese

Veranstaltungen haben sich mittlerweile in Offenburg etabliert und ermöglichen Bewoh-

nern an den Entwicklungen in den Stadtteilen teilzunehmen (siehe auch Fallstudie Offen-

burg, S. 84 – 93).411

Beteiligung der Bewohner

405 Vgl. Stadt Offenburg, Rahmenplan Albersbösch, 2011

406 Vgl. Investitionsbank Schleswig-Holstein, 2012

407 Vgl. Website: http://www.nh-projektstadt.de/fileadmin/anwenderdaten/projektstadt/PDF/Ginsheim_Gustavsburg_final.pdf (Zugriff am 25. 1. 2013); vgl. Dilger / Lüter, o. J., S. 27

408 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 b

409 Adam, 2010, S. II

410 Vgl. Fink / Laborgne, 2009, S. 6

411 Vgl. Becker, 2003

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228 6 Handlungsoptionen

Forschungsprojekt: Partizipationsmöglichkeiten in Sanierungsprozessen unter

besonderer Berücksichtigung von Fragen des Wärmekonsums und der Demografie

Das Forschungsprojekt, das von dem Europäischen Institut für Energieforschung (EIFER)

durchgeführt wurde, beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Beteiligung von Bewoh-

nern in Sanierungsprozessen und, wie ein nachhaltiger Wärmekonsum bei Mietern geför-

dert werden kann. Anhand von Berichten, Fallbeispielen und Interviews werden Strategien

der Beteiligung aufgezeigt. Die Studie stellt fest, dass die Nachhaltigkeit von Sanierungs-

maßnahmen durch Partizipation der Bewohner erheblich verbessert werden kann und

dass sich der damit verbundene Mehraufwand durchaus lohnt.412

6.1.4.5 Quartiersmanagement und Kümmerer

Neben (städte-)baulichen und konzeptionellen Maßnahmen liegen in den Quartieren gro-

ße Aufwertungspotenziale im sozialräumlichen, nicht-investiven Bereich. Eine Möglich-

keit auf dieser Ebene tätig zu werden, liegt in der Einrichtung eines Quartiersmanage-

ments oder Kümmerers (Stadtteilkoordinators). Der Begriff des Quartiersmanagements ist

sehr breit gefasst und wird oft undifferenziert eingesetzt. In vielen Kommunen wird Quar-

tiersmanagement vor allem im Rahmen des Förderprogramms Soziale Stadt seit Jahren

erfolgreich betrieben. Diese Einrichtungen zielen in erster Linie darauf ab, vor Ort als

Anlaufstelle präsent zu sein („Kümmerer“), vorhandene Ressourcen zu bündeln und durch

nicht-investive Maßnahmen Verbesserungen in den Quartieren zu erreichen. Wenn sozial-

räumliche Probleme in den Nachkriegsquartieren vorliegen, besteht eine sinnvolle Strate-

gie im Aufbau von Quartiersmanagement. Lange galt die Einrichtung und Unterhaltung

von Quartiersmanagement als alleinige Aufgabe der öffentlichen Hand. Entgegen dieser

Praxis haben in manchen Städten in den letzten Jahren (kommunale) Wohnungsunter-

nehmen die Initiative ergriffen und Quartiersmanagement bzw. quartiersmanagement-

ähnliche Einrichtungen geschaffen.413 Es ist zu empfehlen, in Gebieten mit sozialräumli-

chen Defiziten Quartiersmanagement als eine gemeinsame Aufgabe zwischen Wohnungs-

unternehmen, der öffentlichen Hand und sonstigen sozialen Trägern aufzubauen und

dafür geeignete Trägerformen zu entwickeln (z. B. Verein wie in Mannheim). 414 Allein die

Einrichtung eines Quartiersmanagements reicht aber in der Regel nicht aus. Es muss auch

ein Budget vorhanden sein, mit dem – wenn auch nur in geringem Umfang – Projekte rea-

lisiert werden können. Die Einrichtung eines Quartierskapitals oder Verfügungsfonds ist

daher zu empfehlen. Das Quartiersmanagement kann ein Entscheidungsgremium aufbau-

en, das darüber abstimmt, welche Maßnahmen daraus finanziert und realisiert werden.

In den kleinen Wohnquartieren stellt sich allerdings die Frage, inwieweit Quartiersma-

nagement dort tragfähig sein kann. In diesen Quartieren wird es wahrscheinlich notwen-

dig sein, „Sondermodelle“ zu entwickeln, die sich beispielsweise nicht nur um ein Quartier,

sondern um mehrere Gebiete mit gleichartigen Problemen kümmern. Eine andere Lösung

kann darin bestehen, den Bearbeitungsbereich auf angrenzende Gebiete zu erweitern. Da

die Kernaufgabe von Quartiersmanagement in der Präsenz vor Ort und dem Vernetzen

von Akteuren liegt, können auch „vereinfachte“ Formen von Quartiersmanagement für

die kleinen Quartiere einen zielführenden Ansatz darstellen. Beispielsweise wurde bei

einem Interview mit der Wohnungswirtschaft die durchaus interessante Idee geschildet,

dass Hausmeister, die sich bei einigen Unternehmen intensiv um die Wohnungsbestände

kümmern, die Mieter gut kennen und vor Ort präsent sind, auch als eine sehr simple Form

des Quartiersmanagements betrachtet werden können. Es handelt es sich dabei nicht um

eine „professionelle Betreuung“, aber sie übernehmen in gewisser Weise – mit einem etwas

anderen Schwerpunkt und als Angestellte des Unternehmens – auch die Rolle eines Küm-

merers und werden von den Bewohnern bei Problemen aller Art angesprochen. Die Haus-

meister als einfach erreichbare Ansprechpersonen können je nach Qualifikation und Pro-

blemlage auf schnellem Wege Verbesserungen in den Quartieren erzielen. Eine weitere

vereinfachte Form von Quartiersmanagement kann in einer neutralen Moderation auf der

Ebene des Quartiers liegen, die ergebnisoffen mit den Bewohnern Ideen für ein bestimmtes

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 229

Quartier entwickelt. Diese Strategie wäre mit relativ geringen finanziellen Mitteln verbun-

den und könnte wichtige Impulse für weitere Maßnahmen und Aktivitäten auslösen (siehe

auch Handlungsbereich Bewohner / bewohnergetragene Initiativen, S. 216 –219).

In den Interviews wurden Einrichtungen des Quartiersmanagements durchweg als sehr

positiv und zielführend eingestuft. Trotz des großen Nutzens besteht das zentrale Problem

darin, wie solche Einrichtungen auf Dauer finanziert werden können und nicht nur Pro-

jekte bleiben, die sich nach Auslaufen der Förderung in der Regel nicht selber tragen. Im

Idealfall sollten selbsttragende, ehrenamtliche Strukturen entstehen, die das Quartiersle-

ben positiv beeinflussen und mit geringen finanziellen Mitteln auskommen.

Mögliche Aufgaben eines Quartiersmanagements:

Quartiersbüros als Beratungs-, Vermittlungs- und Informationszentren für Bewohner –

und Initiativen

Aufbau einer lokalen Öffentlichkeits- und Informationsarbeit–

Erarbeitung geeigneter Formen der Bewohnerbeteiligung–

Initiierung und Leitung von Arbeitsgruppen und Projekten zu verschiedenen Problemen–

Unterstützung und Aufbau von Netzwerken auf Quartiers- und Stadtteilebene ebenso –

wie auf der Ebene der Gesamtstadt sowie zwischen Akteuren aller Ebenen 415

Referenzprojekte

Hannover: Quartiersmanagement in Nicht-Programmgebieten

In Hannover wird vom kommunalen Wohnungsunternehmen GBH (Gesellschaft für Bau-

en und Wohnen) seit 2004 Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftragung in

mehreren Nichtprogrammgebieten durchgeführt. Es besteht ein großer Vorteil darin, dass

die GBH als Wohnungsunternehmen die anderen Eigentümer auf Augenhöhe ansprechen

kann. In den Quartieren werden mit möglichst geringen Mitteln nicht-investive Projekte

umgesetzt und wenn möglich auf vorhandene Strukturen zurückgegriffen (siehe Fallstudie

Hannover, S. 76 – 83).416

Mannheim: Quartiersmanagement

In Mannheim wird seit Ende der 1990er Jahre erfolgreich auch in nicht geförderten Quar-

tieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auf-tieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auftieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auf

gabe von Kommune, Wohnungsunternehmen (GBG) sowie verschiedenen sozialen Trä-

gern gesehen. Im Jahr 2009 wurde für das Quartiersmanagement neue Strukturen und

Ziele erarbeitet und 2011 der Verein Mannheimer Quartiersmanagement e. V. (MaQua)

gegründet, der vom Gemeinderat mit der Durchführung des Quartiersmanagement

beauftragt wurde (siehe Fallstudie Mannheim, S. 114 – 127).417

Freiburg: Städtisches Konzept Quartiersmanagement

Im Jahr 2002 wurde im Sozial- und Jugendamt eine Koordinationsstelle Quartiersmanage-

ment eingerichtet, um vorhandene Strukturen und Modelle von Quartiersarbeit zusam-

menzuführen sowie ein gemeinsames Verständnis in diesem Arbeitsbereich zu schaffen.

Im Jahr 2004 wurde das städtische „Konzept Quartiersmanagement“ erarbeitet, das Ziele,

Strukturen und Elemente für eine nachhaltige Stadtentwicklung sowie Kooperations-

strukturen zwischen Stadtteil / Quartier und Verwaltung festlegt. Mit Hilfe quartiers-

orientierter Ansätze werden die soziale Situation und die Strukturen in den Quartieren

stabilisiert. Für eine professionelle Koordination und Moderation wird vor Ort eine Quar-

tiersarbeit eingerichtet, die alle Akteure vernetzt, vorhandene Ressourcen bündelt und

Bewohner an Entscheidungsprozessen beteiligt. In Freiburg wurden in verschiedenen

Stadtteilen Anlaufstellen eingerichtet, die von der städtischen Koordinationsstelle Quar-

tiersmanagement unterstützt werden. Die Weiterentwicklung des Konzeptes gestaltet sich

als kontinuierlicher Prozess in Abstimmung mit den Akteuren der einzelnen Stadtteile /

Quartiere.418

Quartiersmanagement

412 Vgl. Fink / Laborgne, 2009

413 Vgl. Peters, 2010

414 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 c, S. 17; vgl. Franke, 2003

415 Vgl. Krummacher, 2003

416 Vgl. Kulle, 2006, S. 25–40

417 Vgl. Website: http://www.mannheim.de/stadt-gestalten/quartiermanagement (Zugriff am 7. 1. 2013)

418 Vgl. Website: http://www.freiburg.de/pb/,Lde/205408.html (Zugriff am 28. 11. 2012)

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230 6 Handlungsoptionen

Bremerhaven: Wulsdorf „Die Wohnung“

Bereits 1976 wurde „Die Wohnung“ als Bestandteil der Stadtteilarbeit (Träger: Amt für

Jugend und Familie) in Bremerhaven gegründet. Die Wohnung hat von Montag bis Freitag

eine offene Tür und stellt eine Anlauf-eine offene Tür und stellt eine Anlaufeine offene Tür und stellt eine Anlauf und Kontaktstelle für Bewohner in Wulsdorf dar.

Es finden zwanglose Gespräche statt. Ziel ist es, die Bewohner zu motivieren und für die

Belange des Wohnquartiers zu aktivieren. Dadurch soll die Integration von Menschen aus

anderen Kulturkreisen gestärkt und der Umgang unterschiedlicher Kulturen untereinan-

der verbessert werden. In „der Wohnung“ können die Bewohner viele verschiedene Ange-

bote in Anspruch nehmen: z. B. unbürokratische Hilfe beim Ausfüllen von Formularen

und bei Behördengängen, Gruppenarbeiten mit Kindern, Frauen und Männer, Informatio-

nen zu verschiedenen Problemen, Kurse.419

Lörrach: Wohnbau Lörrach: Soziale Quartiersentwicklung

Das kommunale Wohnungsunternehmen Wohnbau Lörrach versucht durch Ver- und

Ankäufe möglichst viele Mietwohnhäuser in einzelnen Quartieren zu besitzen und auf

diese Weise „starke Quartiere“ zu entwickeln. Durch ein präventives Quartiersmanage-

ment sollen eine ausgewogene Bewohnerstruktur und intakte Nachbarschaften gefördert

werden. In den Quartieren als „Lebensmittelpunkt“ für Jung und Alt werden durch diverse

zielgruppenspezifische Unterstützungsangebote in Kooperation mit verschiedenen Part-

nern selbstorganisierte Unterstützungsnetzwerke gefördert und die Lebensqualität deut-

lich gesteigert. Denn neben hochwertigen Baumaßnahmen an den Häusern und im Wohn-

umfeld braucht es auch ein Soziales Management, um sozialräumliche Segregationspro-

zesse aufzuhalten und wieder einkommensstärkere Haushalte zu gewinnen. Die Wohnbau

Lörrach hat die Erfahrung gemacht, dass mit „integrierten Handlungskonzepten […]

benachteiligte Quartiere wieder attraktiv gemacht werden (können). Das soziale Engage-

ment lohnt sich und trägt zunehmend Früchte.“ 420

6.1.4.6 Sozialstruktur

Ein großer Teil der Wohnungen in den Nachkriegsquartieren ist im Rahmen des geförder-

ten Wohnungsbaus entstanden und war seither mit Belegungsbindungen verknüpft. Die

lange praktizierte Objektförderung führte häufig zu einer sehr homogenen Bewohner-

struktur in den Beständen. Aktuell ist in den Quartieren der Mieterwechsel in vollem

Gange und nach einer langen Phase geringer Fluktuation verändern die nachziehenden

Haushalte aus anderen Bevölkerungsschichten, Kulturkreisen oder Altersklassen die Be-

wohnerstruktur deutlich. Über Jahrzehnte entstandene Nachbarschaften zerfallen und die

Gefahr von Konflikten zwischen den Generationen steigt. Auf entspannten Wohnungs-

märkten ist vielerorts ein zunehmendes sozialräumliches Auseinanderdriften zu erkennen.

Einkommensstärkere Haushalte verlassen die Bestände und suchen hochwertigeren

Wohnraum (im Neubau). Die Gefahr einseitiger bzw. problematischer Belegungsstruktu-

ren und einer sozialen Segregation in den Quartieren nimmt zu. In der aktuellen stadtent-

wicklungspolitischen Diskussion wird die Herstellung einer sozialen Mischung als eines

der Hauptziele in Bestands- wie Neubauquartieren propagiert. In den Quartieren der

Nachkriegsjahrzehnte stellt sich die Frage, inwieweit eine soziale Mischung angestrebt

bzw. erreicht werden kann. Durch den Generationenwechsel ändert sich die Sozialstruktur

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 231

Zur Steuerung bzw. Stabilisierung der Bewohnerstruktur in den kleinen Quartieren der

1950er bis 1970er Jahre und zur Vermeidung von sozialräumlichen Polarisierungen stehen

der Kommune und den Wohnungsunternehmen verschiedene Möglichkeiten zur Verfü-

gung. Eng damit verbunden sind auch die wohnungswirtschaftlichen Handlungsoptionen

Mietpreise (siehe S. 211– 213) und Belegungsmanagement (siehe S. 211).

Um frühzeitig problematische Verschiebungen zu erkennen und entgegensteuern zu

können, wird Kommunen und der Wohnungswirtschaft empfohlen, die Sozialstruktur in

den Quartieren und Wanderungsbewegungen kontinuierlich zu beobachten. Beispielsweise

kann die Erarbeitung eines Sozialplanes oder eines Wohnraumversorgungskonzeptes

(siehe Handlungsoption Planungen und Konzepte, S. 194 –197) für die Gesamtstadt oder für

ein Quartier dabei helfen, die Wohnverhältnisse vor allem der einkommensschwächeren

Haushalte im Blick zu behalten und darauf aufbauend Maßnahmen für sozial stabile Ent-

wicklungen zu erarbeiten. Wenn die Kommune und / oder Wohnungsunternehmen in den

Quartieren aktiv werden, sollte frühzeitig die Frage geklärt werden, inwieweit die beste-

hende Sozialstruktur erhalten oder verändert werden soll. Ein weiterer Lösungsweg

besteht z. B. darin, das bisher homogene Wohnungsgemenge auszudifferenzieren. Monos-

trukturierte Quartiere mit nur kleinen Wohnungen gelten hinsichtlich der Sozialstruktur

als besonders problematisch. Indem neue Wohnungen für unterschiedliche Ansprüche

und finanzielle Möglichkeiten in dem meist homogenen Nachkriegsbestand geschaffen

werden, können neue Nachfragegruppen angesprochen werden. Durch ein ausdifferen-

ziertes Wohnungsangebot kann vermieden werden, dass Haushalte in andere Quartiere

ziehen, wenn sie z. B. eine größere Wohnung oder eine bessere Ausstattung suchen, Eigen-

tum erwerben wollen oder aufgrund von Arbeitslosigkeit oder real sinkendem Einkom-

men eine preiswertere Wohnung benötigen.421 Eine zielführende Vorgehensweise für eine

soziale Mischung liegt somit auf lange Sicht auch darin, nicht sämtliche Gebäude eines

Quartiers auf einen maximalen Standard zu modernisieren, sondern verschiedene bauli-

che Qualitäten von Wohnungen anzubieten, ohne dabei aber einen Mindeststandard zu

unterschreiten.

Eine – kontrovers diskutierte – Strategie, problematische Mieterstrukturen in den

Quartieren aufzubrechen, besteht für Wohnungsunternehmen darin, die gesetzlichen

Möglichkeiten für Mieterhöhungen zu nutzen und so eine Veränderung der Mieterstruktur

bewusst herbeizuführen (siehe Handlungsoption Belegungsmanagement, S. 211). Die Steue-

rung der Belegung gebundener Wohnungen ist ein wichtiger Bestandteil von wohnungs-

wirtschaftlichen und stadtentwicklungspolitischen Strategien. Der Umgang mit gebundenen

Wohnungen kann von einzelfallbezogenen, kleinteiligen Strategien von Wohnungsunter-

nehmen bis zu gesamtstädtischen Konzepten in Zusammenarbeit von Wohnungsunter-

nehmen und der Kommune reichen (z. B. Belegungskonzepte).422 Das Wohnraumförde-

rungsgesetz (2002) schuf für öffentliche und private Akteure neue Handlungsmöglichkei-

ten, die Wohnraumversorgung auch räumlich zu steuern (z. B. § 30 WoFG Freistellung von

Belegungsbindungen, § 31 WoFG Übertragung von Belegungs- und Mietbindungen). Da

sich häufig in den Nachkriegsquartieren gebundene Wohnungen konzentrieren und dies

zu Problemen führen kann, kann ein Kooperationsvertrag zwischen Kommune und Woh-

nungsunternehmen geschlossen werden, um diese Konzentrationen aufzulösen. Darin

können beispielsweise Freistellungs- und Tauschmöglichkeiten von Belegungsbindungen

vereinbart werden. Eine weitere Strategie besteht darin, die auf konkrete Wohnungen

begrenzte Belegung durch eine Quote zu ersetzen, die das jeweilige Wohnungsunterneh-

men in seinem Bestand nach freier Entscheidung erfüllen muss.423 Kooperationsverträge

(§ 14 und § 15 WoFG) beruhen auf dem Prinzip der Leistung und Gegenleistung zwischen

Wohnungseigentümern und öffentlicher Hand und eröffnen Kommunen interessante

Handlungsmöglichkeiten. Beispielsweise kann die Kommune Wohnungen von Belegungs-

bindungen freistellen und im Gegenzug verpflichtet sich das Wohnungsunternehmen zu

bestimmten Leistungen (z. B. Maßnahmen an Gebäuden oder im Freiraum, Sozialarbeit,

Quartiersmanagement) (siehe auch Handlungsoption Mietpreis, S. 211 –213).424

419 Vgl. Website: http://www.bremerhaven.de/meer-erleben/jugend-haus/die-wohnung.13636.html (Zugriff am 4. 12. 2012)

420 Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)

421 Vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. VIII

422 Vgl. Danielzyk, Rainer: Vorwort. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bau-wesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW), 2004, S. 5

423 Vgl. Institut für Landes- und Stadtentwicklungs-forschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-West-falen (ILS NRW), 2004, S. 45; vgl. Schader-Stiftung, 1999

424 Vgl. Metzger, Norbert: Die Bielefelder Bele-gungsvereinbarung als Beispiel eines Kooperations-modells zwischen Kommune, der Wohnungswirtschaft und privaten Vermietern. S. 29; und vgl. Danielzyk, Rainer: Vorwort. S. 5;beide in: Institut für Landes- und Stadtentwicklungs-forschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-West-falen (ILS NRW), 2004

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232 6 Handlungsoptionen

Seit der Neustrukturierung der sozialen Sicherungssysteme liegt die Zuständigkeit für die

Übernahme der Kosten der Unterkunft (KdU) und die Festlegung der angemessenen

Miethöhe bei den Kommunen. Der Bemessung der Angemessenheit sollte sich an den

lokalen Wohnungsmarkt- und Mietpreisverhältnissen orientieren, um unerwünschte,

sozialräumliche Auswirkungen zu vermeiden. Den Kommunen ist zu empfehlen, genau zu

prüfen, wie viele Wohnungen im Rahmen einer bestimmten Mietobergrenze vorhanden

sind und wo sich diese befinden. In dieser komplexen Frage könnte eine Zusammenarbeit

und ein Austausch mit der Wohnungswirtschaft sinnvoll sein. Eine eher großzügig bemes-

sene Mietobergrenze hilft dabei, Segregationstendenzen zu vermeiden und einkommens-

schwächere Haushalte auf größere Bestände zu verteilen. Niedrige Mietobergrenzen füh-

ren dazu, dass KdU-beziehende Haushalte sich auf begrenzte Bestände konzentrieren

müssen. In verschiedenen Fällen kann es sinnvoll sein, die angemessenen Kosten etwas zu

erhöhen, um Konzentrationen in den Beständen zu vermeiden.425

Eine weitere Möglichkeit, die Quartiere für bestimmte Zielgruppen attraktiv zu machen,

liegt in der Schaffung von besonderen soziale Infrastruktureinrichtungen oder Dienst-

leistungsangeboten, die die Qualität des Wohnstandortes verbessern. Spezielle Bildungs-

angebote haben beispielsweise das Potenzial, verstärkt Familien in die Quartiere zu

ziehen – sofern entsprechender Wohnraum vorhanden ist – und somit zur Verbesserung

der Be-wohnerstruktur beizutragen.

Überblick über die Möglichkeiten zur Steuerung der Sozialstruktur:

Analyse und Monitoring der Entwicklung der Sozialstruktur in den Quartieren–

Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges > Schaffung neuer Wohnformen –

Möglichkeiten des WoFG nutzen, um ungünstige Belegungssituationen aufzubrechen–

sachgerechte Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Transfermittel-–

empfänger

Einrichtung oder Qualitätsverbesserung von sozialer Infrastruktureinrichtungen als –

Standortfaktoren (Steigerung der Attraktivität des Quartiers)

Referenzprojekt

Lübeck: Kooperationsverträge

Im Jahr 2003 wurde der erste Kooperationsvertrag zwischen der Hansestadt Lübeck, dem

Lübecker Bauverein und der Investitionsbank Schleswig-Holstein für das Quartier

St. Jürgen geschlossen. „Wesentlicher Baustein dieses Vertrages sind die auf der Grundlage

der Bestimmungen des Wohnraumförderungsgesetzes (§§ 14, 15 WoFG) getroffenen Rege-

lungen zur Verteilung vorhandener und neuer Belegungs- und Mietpreisbindungen –

unabhängig vom geförderten Bestand, aber in Abhängigkeit der Wohnraumversorgungs-

und Wohnraumbedarfslage und der sozialen Situation der Stadtquartiere – mit dem Ziel,

eine ausgewogene Struktur der Bewohnerinnen und Bewohner sowie eine bedarfsgerechte

Wohnraumversorgung der Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung erreichen zu

können. Dabei werden, vereinfacht ausgedrückt, die Belegungs- und Mietpreisbindungen

geförderter Neubau- und Bestandswohnungen (Förderwohnungen) bei Bedarf auf moder-

nisierte oder teilmodernisierte und zugleich preiswertere, aber bisher nicht gebundene

Genossenschaftswohnungen (Ersatzwohnungen) übertragen. Hierdurch sollen bestehende

Konzentrationen von Bindungen sozialverträglich aufgelöst und eine nachhaltige Stabili-

sierung und ‚Durchmischung‘ erreicht werden. Die Hansestadt Lübeck erhofft sich ebenso

wie die beiden anderen Vertragspartner dadurch einen effektiven Beitrag zur Wohnraum-

versorgung und zur Belebung von benachteiligten Gebieten in der Hansestadt Lübeck, in

denen es soziale Probleme gibt.“ 426 Im Jahr 2006 wurde aufgrund der guten Erfahrungen

der Kooperationsvertrag auf den ganzen Bestand des Lübecker Bauvereins ausgeweitet.

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 233

6.1.4.7 Finanzierungsmöglichkeiten

Die zahlreichen bundesweit realisierten Stadtumbau- und Stadterneuerungsprojekte wären

ohne die Mittel der Städtebauförderung nicht in der Quantität und Qualität möglich

gewesen. Viele erfolgreiche Maßnahmen und Projekte im Rahmen der geförderten Stadt-

erneuerung sind somit nicht ohne weiteres auf Nicht-Fördergebiete übertragbar. Eine zen-

trale Schwierigkeit besteht darin, dass wegen der defizitären Haushaltslage vieler Kommu-

nen ohne Finanzhilfen von Bund und / oder Land kaum Maßnahmen umsetzbar sind. In

den Quartieren herrscht aber ein erheblicher Investitionsbedarf. Selbst kostengünstige

Projekte, die sich positiv auf die Quartiersentwicklung auswirken können, scheitern daran,

dass nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Es muss dringend über

alternative Finanzierungskonzepte nachgedacht und v. a. private Investitionen angereizt

werden.

Die Frage der Finanzierung hängt auch mit dem Zeitpunkt der Investitionen zusam-

men. In der Diskussion, wann die Akteure idealerweise tätig werden, kann argumentiert

werden, dass die Kosten für präventive Maßnahmen geringer sind, als die Kosten, die

anfallen, wenn bereits gravierende städtebauliche Missstände und ein negatives Quartiers-

image entstanden sind. Allerdings ist der Handlungsdruck in den betrachteten Quartieren

oft noch gering, sodass die Notwendigkeit von Maßnahmen nicht ausreichend gesehen

wird und die Argumente für ein präventives Handeln und die damit verbundenen Kosten

nicht überzeugen.

Kommunen sollten verstärkt versuchen, alternative Finanzierungskonzepte zu ent-

wickeln und privates Kapital für die Quartiere zu aktivieren. Einen Ansatz stellen die privat

getragenen Maßnahmen zur Quartiersaufwertung dar (siehe auch Handlungsoption

Kooperationen auf Quartiersebene, S. 211 –215, z. B. HID). Da beispielsweise die Wohnungs-

eigentümer wesentlich von den Verbesserungen, die durch Maßnahmen der öffentlichen

Hand entstehen, profitieren, kann ein Ansatz darin liegen, die Begünstigten in die Erar-

beitung und auch in die Finanzierung einzubeziehen und die Kosten bestimmter Maß-

nahmen (z. B. Erstellung von Quartierskonzept) aufzuteilen.

Alle Maßnahmen in den Nachkriegsquartieren sollten auf der Überlegung beruhen, wie

mit minimalen Finanzmitteln ein maximaler Nutzen erreicht werden kann. In den Stadt-

verwaltungen sollte geprüft werden, inwieweit bestehende Mittel umgeschichtet bzw. effi-

zienter im Hinblick auf die Nachkriegsquartiere „mit zu erwartendem Handlungsdruck“

eingesetzt werden können. Um die Zustimmung der Kommunalpolitik für dringend not-

wendige Projekte in den Nachkriegsquartieren und die Berücksichtigung im Haushaltsetat

zu erreichen, sollte das Bewusstsein auf breiter Basis geschärft und kontinuierlich auf die

Sinnhaftigkeit bestimmter Maßnahmen hingewiesen werden (z. B. durch eine konsequen-

te Öffentlichkeitsarbeit, umfassende Berichterstattung).

In den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur Erwirtschaf-In den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur ErwirtschafIn den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur Erwirtschaf

tung von Finanzmitteln gibt. Beispielsweise besteht die Möglichkeit, durch die Vermie-

tung von Gemeinschaftsräumen an verschiedene Interessenten Einnahmen zu generieren,

die wiederum in das Quartier investiert werden können.

Eine große Chance, in den Quartieren ohne großen finanziellen Aufwand Verbesserun-

gen voranzutreiben, besteht in der Aktivierung und Förderung des ehrenamtlichen Enga-

gements der Bewohner (siehe auch Handlungsbereich Bewohner / bewohnergetragene Initia-

tiven, S. 216 –219). In den Quartieren besteht oft ein großes Humankapital, das gerade für

die gemeinschaftliche bzw. gegenseitige Hilfe unter den Bewohnern aktiviert werden kann.

In der Entwicklung von innovativen Projekten mit minimalen Kosten, aber maximalem

Nutzen liegt ein großes Potenzial. Beispielhaft wird an dieser Stelle ein sogenanntes

Taschengeldprojekt genannt, bei dem Jugendliche für ein Taschengeld gemeinsam mit

Bediensteten von Wohnungsunternehmen den Freiraum säubern. Neben Verbesserungen

im Wohnumfeld steigt das Bewusstsein und die Wertschätzung der Jugendlichen für das

Wohnumfeld und sie lernen den Umgang mit Geld.

425 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c

426 Website: http://www.luebeck.de/aktuelles/presse/pressedienstarchiv/view/2006/5/060396R/ (Zugriff am 27. 11. 2012);vgl. Güldenberg, o. J.

Finanzierungsmöglichkeiten

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234 6 Handlungsoptionen

Überblick über mögliche Finanzierungsmodelle:

Bürgerstiftungen oder „Quartiersstiftungen“ als Form der gesellschaftlichen Selbst-–

organisation; Stiftungszweck: Verbesserung der Situation in den Nachkriegsquartieren

Quartiers- bzw. Verfügungsfonds (Bereitstellung von Finanzmitteln für die Bewohner –

zur Unterstützung von Maßnahmen und Projekten durch Kommune oder Wohnungs-

wirtschaft)

ggf. Mittel aus revolvierenden Stadtentwicklungsfonds und Quartiersentwicklungs-–

fonds 427

Einwerbung von privatem Kapital (z. B. von Wohnungsunternehmen)–

ehrenamtliches Engagement–

KfW-Förderungen (z. B. neues Programm „Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse –

für integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager“)

Sozialsponsoring / Fundraising–

Erwirtschaftung von Einnahmen: z. B. aus der Vermietung von (Gemeinschafts-)–

Räumen in Quartieren (z. B. an karikative Einrichtungen oder Vereine)

Gründung von Vereinen für die Quartiersaufwertung (Finanzierung über Mitglieds-–

beiträge)

HID / NID: Zwangsabgabe zur Finanzierung von Maßnahmen, die von der Kommune –

einbezogen wird

Verkauf von Grundstücken durch öffentliche Hand in den Quartieren > Nutzung der –

Erlöse für Aufwertungen im Quartier

Verkauf von Wohnungen oder Gebäuden für Aufwertung des Gebäudebestandes und –

somit des Quartiers

Arbeitsmarktprojekte, Integration von Jugendlichen in die Arbeit–

Einbeziehung der Bewohner in Aufwertungsmaßnahmen zur Kosteneinsparung –

(z. B. Pflegepatenschaften)

Anschubfinanzierungen (auf Investitionen der Eigentümer hoffen (Initialzündung, –

Multiplikator))

Errichtung von Gebäuden für soziale Infrastruktur durch Wohnungsunternehmen –

(Vermietung an Kommune)

Mittel von Stiftungen oder Sponsoren (z. B. ansässige Firmen) für besondere Projekte –

akquirieren

EU-Mittel–

ExWoSt-Mittel–

Referenzprojekte

Lörrach: Wohnbau Lörrach: Aktionsfonds für bürgerschaftliches Engagement

Die Wohnbau Lörrach stellt für gemeinnützige Initiativen in den Quartieren den enga-

gierten Bewohnern jährlich 15.000 Euro zur Verfügung. Damit werden Aktionen und Pro-

jekte aus den Bereichen Bildung, Wohnumfeld, Sport und Freizeit, Kunst und Kultur

sowie Zusammenleben und Events unterstützt. „Jedes einzelne Projekt kann mit bis zu

1.500 Euro unbürokratisch gefördert und so oftmals kurzfristig gestartet werden. Dadurch

soll die Vielfalt des kulturellen Lebens in den Quartieren sichtbar, die Nachbarschaften

verbessert und gleichzeitig die Attraktivität der Quartiere erhöht werden.428

Nassauische Heimstätte: Taschengeldprojekt in den Siedlungen

In mehreren Siedlungen der Nassauischen Heimstätte in Wiesbaden (z. B. Klarenthal,

Erbenheim) übernehmen Jugendliche Pflege- und Reinigungsarbeiten in den Außenan-

lagen. Dabei werden sie von Mitarbeitern des Unternehmens angeleitet. Durch die regel-

mäßigen Arbeiten können sie ihr Taschengeld aufbessern.429

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6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 235

ExWoSt-Modellvorhaben: Unternehmen und Stiftungen für

die soziale Quartiersentwicklung

Im ExWoSt-Forschungsfeld „Unternehmen und Stiftungen für die soziale Quartiersent-

wicklung” werden sieben Modellvorhaben gefördert. Im Oktober 2012 haben interessierte

Kommunen ihre Interessensbekundung mit Projektskizzen eingereicht. Im Rahmen des

Modellvorhabens wird untersucht, wie Akteure im Rahmen von Soziale Stadt-Projekten

eingebunden werden und wo ein solches Engagement bereits besteht. Weiters wird der

Frage nachgegangen, wie das Engagement gefördert und verlässlich gestaltet werden kann

und wie weitere Stiftungen und lokale, nationale und internationale Unternehmen mobili-

siert werden können.430

6.1.4.8 Sonstige Handlungsoptionen in Kooperation der Akteure

gemeinsame Organisation von Veranstaltungen: z. B. Stadtteilfest (Organisation, –

Initiierung, finanzielle Unterstützung durch Kommune und Wohnungswirtschaft;

Ziel: Verbesserung der Nachbarschaft)

gemeinsame Initiierung von Modellvorhaben oder Leuchtturmprojekten in den –

Quartieren

Aufbau / Angebot von Treffpunkten in den Quartieren in Zusammenarbeit von –

Kommune, Wohnungsunternehmen und Bewohnern

Maßnahmen zur Verbesserung des Images von Quartieren: z. B. „Neighbourhood –

Branding“ (Beteiligungsverfahren zur Erfassung von gemeinsamen Wertvorstellungen)

Quartiersmarketing: Vermarktung des Quartiers als Marke, Schaffung von Identifi-–

kationsmöglichkeiten 431

gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit (z. B. gemeinsame Stadtteilzentren)–

427 Vgl. Skubowius / Krawczyk, 2009; vgl. Simons, 2007; vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS), 2011 c; vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS) / Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), 2009

428 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)

429 Vgl. Website: http://www.naheimst.de/service/nachbarschaft/taschengeldprojekte/ (Zugriff am 22. 1. 2013)

430 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2012/UnternehmenStiftungen/01_Start.html (Zugriff am 16. 1. 2013)

431 Vgl. Diehl / Deffner / Stieß, 2009

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236 6 Handlungsoptionen

Um die kleinen Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln und zu

qualifizieren, sind angesichts der (städte-)baulichen Defizite und des jahrelangen Investi-

tionsstaus Verbesserungen in der Bebauungs- und Gebäudestruktur meist unausweichlich.

Im Folgenden werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Quartiere in baulicher Hinsicht

angepasst werden können. Die Maßnahmen sind nicht isoliert von den strategischen,

nicht-investiven Handlungsoptionen (vgl. Kap. 6.1) zu sehen, sondern sollten in Zusam-

menarbeit aller Akteure auf der Grundlage von integrierten Konzepten erfolgen.

6.2.1 Städtebau

6.2.1.1 Bebauungsstruktur

Die nach den städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegszeit erbauten Wohnquartiere

weisen nach mehreren Jahrzehnten, in denen sich die Planungsprinzipien und Wohnvor-

stellungen gravierend verändert haben, vielfältige städtebauliche Defizite auf. Bei den auf-

gelockerten Siedlungen der 1950er Jahre liegen Nachteile in der fehlenden Raumbildung

und in der Organisation der großzügigen Freiräume, denen es an einer Differenzierung

zwischen öffentlichen und privaten Bereichen und an Nutzungsqualität mangelt (unge-

nutztes Abstandsgrün). Hauptprobleme der Quartiere der 1970er Jahre, in denen die

Gebäude stärker raumbildend angeordnet wurden, bestehen in den großmaßstäblichen,

massiven und hohen Strukturen mit einer hohen Dichte und einem monotonen Erschei-

nungsbild (siehe auch Kap. 2.1). Während viele Gebiete noch in ihrer ursprünglichen

Bebauungsform vorhanden sind, sind in einigen Quartieren im Laufe der Zeit bereits

strukturelle Veränderungen vorgenommen worden (z. B. Nachverdichtungen, Aufstockun-

gen, punktuelle Abrisse). Es gibt auch Beispiele von Quartieren, in denen Geschosswoh-

nungsbauten abgebrochen und an deren Stelle weniger dichte Strukturen mit Einfamilien-

häusern (freistehend oder gereiht) entstanden sind.

Die Bebauungsstruktur der jeweiligen Quartiere sollte kritisch untersucht und „behut-

sam“ an die heutigen Anforderungen angepasst werden. Eine wesentliche Fragestellung

liegt darin, inwieweit in die Bebauungsstruktur eingegriffen werden kann bzw. soll. Die

Ansätze und Meinungen in der Praxis und in den Interviews gehen bei diesem Thema sehr

weit auseinander. Einerseits werden angesichts der vielfältigen Defizite (Energie, Gestal-

tung, Raumbildung, Grundrisse etc.) Abbruch und Neubebauung in veränderter Struktur

als einzig sinnvolle Strategie gesehen, die aber meist nicht finanzierbar ist. Andererseits

gibt es Forderungen, die Bebauungsstruktur als Teil der Stadtbaugeschichte weitgehend zu

erhalten und möglichst wenig in das gewohnte Wohnumfeld der Menschen einzugreifen.

Städtebauliches Spektrum:

Beibehaltung der Bebauungsstruktur (nur Veränderungen an den Gebäuden)–

Veränderungen der Bebauungsstruktur unter Erhaltung der Charakteristika der –

Bebauung (z. B. punktueller Abriss, Nachverdichtung, Aufstockungen, städtebauliche

Nachbesserungen)

Teilrückbau mit Veränderung der Bebauungsstruktur und der Gebäudetypen –

(z. B. Umbau von Plattenbauten zu Stadthäusern)

Abbruch und Neubau in veränderter Struktur (Ersatzneubau, ganze Quartiere oder –

nur Teilbereiche)432

Abbruch ohne Neubebauung (Renaturierung, neue Freiräume)–

6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)

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6.2.1 Hardware Städtebau 237

Allgemeingültige Empfehlungen für die Verbesserung von Bebauungsstrukturen können

nicht gegeben werden – die städtebaulichen Defizite eines Quartiers sowie die Potenziale

des Wohnungsmarktes gilt es individuell zu erfassen und darauf aufbauend Aufwertungs-

bzw. Umbaukonzepte zu entwickeln. Es wird daher empfohlen, zunächst eine genaue Ana-

lyse mit Stärken, Schwächen sowie Potenzialen durchzuführen und in Abgleich mit der

gesamtstädtischen Entwicklung (v. a. Bevölkerungszahl, Wohnungsbedarf) zu entscheiden,

wie in städtebaulicher Hinsicht mit dem Quartier umgegangen wird. Wenn langfristig mit

einer sinkenden Nachfrage zu rechnen ist, sollten schon frühzeitig Rückbauszenarien in

Erwägung gezogen werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Solche Entscheidungen

sollten aber nur auf Grundlage eines integrierten Stadtentwicklungs- bzw. Stadtumbau-

konzept getroffen werden. Im Idealfall wird ein städtebaulicher Rahmenplan unter Betei-

ligung aller betroffenen Akteure als Handlungsgrundlage erarbeitet. Darin sollten Visio-

nen für die künftige Entwicklung des Quartiers (Wie soll das Quartier in 20 Jahren aus-

sehen?) sowie konkrete bauliche Maßnahmen aufgezeigt werden (siehe Handlungsoption

Quartiersentwicklungskonzepte, S. 225 f.).

Bauliche Verbesserungen in den Quartieren können – abgesehen von öffentlichen Flä-

chen – aber nur erreicht werden, wenn die Eigentümer zu einer Mitarbeit und zu Investi-

tionen bereit sind. Um eine Abwärtsspirale zu vermeiden, wird geraten, gravierende

städtebauliche Defizite möglichst schnell zu beseitigen. Für eine koordinierte Entwicklung

sollten der Zeitpunkt und die Gestaltung baulicher Maßnahmen der verschiedenen Eigen-

tümer aufeinander abzustimmen.

Verbesserungen des Erscheinungsbilds können wichtige Impulse auslösen und das Ver-

trauen in die Zukunft des Quartiers bestärken. Wenn Gebäude mit großen baulichen und

gestalterischen Mängeln in den Quartieren vorhanden sind, die nicht mehr mit einem ver-

tretbaren Aufwand in Stand zu setzen sind und die das Image des Quartiers beeinträchti-

gen, dann sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt über einen Abbruch nachgedacht

werden. Beispielsweise wurde aus der Praxis berichtet, dass schon ein einziges Gebäude in

sehr schlechtem Zustand die Außenwahrnehmung eines ganzen Quartiers gravierend ver-

schlechtern kann. Durch den Abriss eines maroden, stigmatisierten Hochhauses sei es

gelungen, den Stadtteil wieder zu stabilisieren und das Image erheblich zu verbessern. Für

nicht-zukunftsfähige Wohnungsbestände ist Abriss eine Option, die in jedem Fall geprüft

werden sollte.

In den gering verdichteten Siedlungen der unmittelbaren Nachkriegszeit bieten die

weitläufigen Freiflächen ein großes Potenzial für die Weiterentwicklung der Bebauungs-

struktur. Die Flächen können bei Bedarf auch für ergänzende Neubauten genutzt werden,

um so Wohnbauflächen andernorts einzusparen (Beitrag zur Innenentwicklung), die städ-

tebauliche Situation zu verbessern (z. B. Lärmschutz durch Schließung von Stirnseiten)

und auch das Wohnungsgemenge zu erweitern. Nachverdichtungen sind jedoch baurecht-

lich meist schwierig umzusetzen und in entspannten Märkten spielt die Schaffung weite-

ren Wohnraums ohnehin keine Rolle. Zudem ist die Akzeptanz bei den Bewohnern gegen-

über baulichen Ergänzungen sehr gering und es treten oft Proteste auf.433

Da die Grünflächen wesentlich zur Attraktivität dieser Quartiere beitragen, ist es wich-

tig, diese Qualität möglichst zu erhalten. Bei einem kritischen Blick auf die breite Masse

der bisherigen Veränderungen in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte zeigt sich,

Möglichkeiten, die Quartiere städtebaulich weiterzuentwickeln

432 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 b

433 Vgl. Weeber, 1997; vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. 83 – 98

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238 6 Handlungsoptionen

dass nur selten funktional und gestalterisch überzeugende Lösungen entstehen. Daher

wird empfohlen, mit den Bebauungsstrukturen dieser Zeit wertschätzender und behutsamer

umzugehen und die baukulturelle Bedeutung bei allen Eingriffen in die Bebauungsstruk-

tur angemessen zu berücksichtigen (siehe auch Handlungsbereich Baukultur und Gestal-

tungsqualität, S. 258 – 260).

Referenzprojekte

Stuttgart: Heumaden Paprikastraße

In Stuttgart-Heumaden hat das Siedlungswerk eine kleine Wohnsiedlung mit Zeilen aus

den späten 1950er Jahren in unbewohntem Zustand grundlegend erneuert. Zur städtebau-

lichen Aufwertung wurde die Zeilenbebauung durch Punkthäuser mit Eigentumswoh-

nungen ergänzt. Dadurch konnte das Wohnungsgemenge erweitert und die bestehenden

Flächenpotenziale genutzt werden. Es ist ein gelungenes Beispiel für eine Nachverdichtung

und damit verbundenen Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges einer kleinen ge-

wachsenen Siedlungseinheit.434

Köln: Buchheimer Weg

Bei der Siedlung Buchheimer Weg mit Zeilen aus den 1950er Jahren hat sich das kommu-

nale Wohnungsunternehmen wegen der sehr schlechten Bausubstanz entschieden, den

Gebäudebestand abzubrechen und die Flächen neu zu bebauen. Die Struktur der Erschlie-

ßungsstraßen wurde beibehalten und modifizierte Zeilengebäude mit einem Knick in

höherer Verdichtung errichtet (siehe Fallstudie Köln, S. 130 – 143).

Hamburg: Altenhagener Weg

In Hamburg wurden im Altenhagener Weg Zeilengebäude der 1950er Jahre modernisiert

und deren Erscheinungsbild grundlegend verändert. Darüber hinaus wurde die Bebauung

mit Punkthäusern nachverdichtet. Insgesamt ist bei diesem Projekt eine sehr hohe städte-

bauliche und architektonische Qualität erreicht worden, die beispielhaft aufzeigt, welche

großen Weiterentwicklungspotenziale in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte liegen

(siehe Fallstudie Hamburg, S. 144 – 153).435

Offenburg: Albersbösch

In Offenburg wurde in einer umfassenden Rahmenplanung die Siedlungsstruktur des

Stadtteils Albersbösch (1950er / 1960er Jahre) verbessert. Auf Grundlage einer umfassen-

den Analyse wurde ein Katalog an Maßnahmen für die bauliche Aufwertung erarbeitet.

An ausgewählten Stellen werden bestehende Gebäude mit schlechter Bausubstanz durch

Neubauten ersetzt und so eine Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges sowie eine

Aufwertung der Siedlungsstruktur erreicht (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).436

Leinefelde und Halle / Saale: Transformation von Plattenbauten

zu neuen Gebäudetypen

In der von industriellem Wohnungsbau geprägten Stadt Leinefelde (ca. 15.000 Einwohner)

hat der Frankfurter Architekt Stefan Forster in sieben Umbauprojekten Plattenbauten in

neue Wohngebäude umgewandelt. Beispielsweise wurden Geschosse reduziert oder aus

langen Plattenbauzeilen Teile abgebrochen, um so freistehende Stadtvillen zu schaffen. Die

Erdgeschosszonen wurden grundlegend umorganisiert: Wohnungen erhielten Gärten mit

direktem Zugang, Hauseingänge wurden neu positioniert und gestaltet und das monotone

Erscheinungsbild der Gebäude mit Hilfe einer durchdachten Gestaltung verändert.

Ein ähnliches Projekt entstand in der Großwohnsiedlung Halle Neustadt (im Oleander-

weg) im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Stadtumbau 2012. Ein Plattenbau

wurde zum Teil rückgebaut und neue Wohnungstypen entwickelt („Haus-im-Haus“-Woh-

nungen mit separatem Eingang und Privatgarten, Wohnungen mit Dachterrassen).

Stuttgart Heumaden, Nachverdichtung

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6.2.1 Hardware Städtebau 239

Dabei handelt es sich um architektonische sehr hochwertige Projekte, die aufzeigen, wie

monotone Plattenbauten an heutige Anforderungen angepasst werden können. Allerdings

waren diese Projekte nur mit Hilfe von hohen Fördersummen realisierbar.437

Bremerhaven: Schillerstraße

Das kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog hat in den letzten Jahren in Bremerha-

ven einige vorbildhafte Projekte in Wohnsiedlungen der 1950er bis 1960er Jahre realisiert.

In der Schillerstraße wurden schlichte Zeilenbauten umfassend modernisiert, die Erschlie-

ßung barrierefrei mit einem Laubengangelement neu organisiert sowie Wohnungsgrund-

risse verändert. Den Erdgeschosswohnungen wurden private Gärten zugeordnet. Das Pro-

jekt zeigt, wie aus simplen Zeilenbauten durch vergleichsweise kleine Eingriffe neue Woh-

nungstypen mit hoher Wohnqualität entstehen können (siehe Fallstudie Bremerhaven,

S. 154 – 163).

Köln-Niehl: Fordsiedlung

Die dreigeschossigen Zeilen aus den 1950er Jahren wurden um ein Geschoss aufgestockt

(45 Prozent mehr Wohnfläche) sowie umfassend modernisiert. Der Energieverbrauch

wurde stark reduziert und das Wohnungsgemenge ausdifferenziert. Die Aufwertung um-

fasst neue Erdgeschossgärten, Fahrradabstellanlagen, neue Verbindungswege sowie neue

Bepflanzungen.438

Lübeck: Roter Hahn

Die Wohnsiedlung „Roter Hahn“ im nördlichen Lübecker Stadtteil Kücknitz ist eine klas-

sische Stadterweiterung auf der „grünen Wiese“ der 1950er bis 1960er Jahre und ein ehe-

maliges Demonstrativbauvorhaben des Bundes. Da gerade im Bestandskern die Gebäude

technisch und wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll zu modernisieren waren, entschloss sich

die Eigentümerin, die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH, für die Variante Abbruch

und Neubau und brachte das Grundstück in einen Wettbewerb des Innenministeriums

Schleswig-Holstein „Wohnen mit Kindern in der Stadt“ (2008) ein.

Fünf Architekturbüros erarbeiteten eine vollständige Neubebauung, die vorrangig die

Wohnansprüche von Familien mit Kindern erfüllen sollte. Der Siegerentwurf des Archi-

tekturbüros Zastrow+Zastrow wurde mit dem Bereich Stadtplanung der Hansestadt

Lübeck überarbeitet und abgestimmt. Er sieht eine Neuaufteilung des bisher gleichmäßig

Halle Neustadt, Oleanderweg

434 Vgl. Siedlungswerk gemeinnützige Gesellschaft für Wohnungs- und Städtebau mbH, 2009

435 Vgl. Fallstudie Hamburg Altenhagener Weg. In: Wüstenrot-Stiftung, 2012, S. 8

436 Vgl. Stadt Offenburg, Rahmenplan, 2011

437 Vgl. Website: http://www.stefan-forster-architekten.de/de/stadtumbau/thematik /(Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Website: http://www.stefan-forster-architekten.de/fileadmin/media/2011/Link_Dateien/Buero/Veroeffentlichungen_-_Buecher/Peter_Richter.pdf (Zugriff am 5. 1. 2013); vgl. Website: http://www.stadtumbau-ost.info/programm/Dokumentation-zum-Bundeswettbewerb-Stadtumbau-Ost.pdf (Zugriff am 5. 1. 2013)

438 Vgl. Website: http://dtp-essen.de/index.php?article_id=148 (Zugriff am 21.8.2012); vgl. Arbeitsgruppe Kooperation GdW–BDA–DST, 2011, S. 37

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240 6 Handlungsoptionen

bebauten Grundstücks in drei unterschiedlich verdichtete Bereiche vor. Der Bestand wird

sukzessive von Westen nach Osten abgebrochen und mit neuen Mietwohnungen für Fami-

lien ersetzt.439

Spenge: Siedlung Mühlenweg

In der Kleinstadt Spenge wurde eine kleine Siedlungseinheit aus den 1960er Jahren in

Randlage angesichts steigender Leerstände umgebaut. Teilweise wurden Gebäude abgebro-

chen und an deren Stelle Neubauten mit besonderen Wohnformen errichtet. Die erhalte-

nen Häuser wurden im Inneren grundlegend umorganisiert und modernisiert (siehe Fall-

studie Spenge, S. 164 – 171).

Wolfsburg: Neue Burg

In dem überwiegend in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Stadtteil Detmerode

hat die Neuland Wohnungsgesellschaft mbH die Wohnsiedlung Burg grundlegend erneu-

ert (Architekten: KSP Jürgen Engel Architekten, Braunschweig). Die Ausgangslage war

von hohen Leerständen, einer gleichförmigen Bebauung, unzeitgemäßen Grundrissen und

einem steigenden Anteil älterer Bewohner geprägt. Ziele des Umbauprojektes waren eine

Imageverbesserung, eine Reduzierung des Leerstands, die Nutzung und Veränderung des

vorhandenen Bestands, die Schaffung von altengerechtem Wohnraum sowie die komplette

Aufwertung des Wohnquartiers.

Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt: Abriss von über 100 Wohneinheiten (v. a.

zehngeschossige Wohngebäude), Umbau und Modernisierung, Umgestaltung der Wohn-

anlage, Reduzierung der zehngeschossigen Gebäude auf vier Geschosse, Grundrissverän-

derungen, Penthaus-Wohnungen mit Dachgärten, EG-Wohnungen mit Terrasse und

Zugang zum Garten, Neuordnung der Parkierung, Neugestaltung des Wohnumfeldes,

gemeinschaftliche Wohnprojekte für ältere Bewohner, Einrichtung eines speziellen Ser-

vice-Teams für die Betreuung der Bewohner, Schaffung von Service-Angeboten, Neubau

von Gebäuden, Veranstaltung von Feiern bei Abbruchmaßnahmen (Beteiligung der Wolfsburg Detmerode, Stadtumbau in der Wohnsiedlung Burg

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6.2.1 Hardware Städtebau 241

Bewohner), Information der Bewohner über Abbruchtechnik, Newsletter über Bau-

fortschritt. Das Projekt ist ein gelungenes Beispiel für die hochwertige Neugestaltung

und Transformation eines Nachkriegsquartiers unter weitreichender Beteiligung der

Bewohner.440

6.2.1.2 Freiraum und Wohnumfeld

Der zeittypische Städtebau mit den großen, fließenden Freiräumen, die heute oft unzurei-

chend gepflegt werden und auch in die Jahre gekommen sind und die mangelhafte Unter-

bringung des ruhenden Verkehrs führen in vielen Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre

zu einem unattraktiven Wohnumfeld. Die Freiflächen sind meist rein funktional gestaltet

und überdimensioniert und es mangelt ihnen an Aufenthaltsqualität, sodass sie von den

Bewohnern kaum genutzt werden. Die Pflege und Unterhaltung der großen Abstandsflä-

chen sind mit erheblichen Kosten verbunden, die auf die Mieter umgelegt werden. In

ungünstigen Fällen werden die großen, nicht einsehbaren Freiflächen mit ihren Büschen

und dem gewachsenen Baumbestand als Angsträume wahrgenommen und das Sicher-

heitsgefühl der Bewohner verschlechtert sich. Vielerorts sind die Freiräume nicht barriere-

frei und schränken somit die Mobilität älterer Bewohner ein. Spielflächen für Kinder sind

zwar vorhanden, aber oft in einem mangelhaften Zustand. Häufig fehlen Räume für

Jugendliche, an denen sie sich ungestört aufhalten können. Die Erdgeschosswohnungen

verfügen meistens nicht über einen direkten Bezug zum Außenraum. Der größte Teil des

Wohnumfeldes liegt in der Hand bzw. Verantwortung der Wohnungseigentümer. Die

Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Bereichen sind fließend. Bereits einzelne

ungepflegte Flächen können sich unmittelbar auf das Erscheinungsbild des Quartiers aus-

wirken. In vielen Projekten der geförderten Stadterneuerung hat sich die Aufwertung des

Wohnumfeldes als erfolgversprechende Strategie bewährt, um Quartiere zu stabilisieren.

Die Finanzierung von Maßnahmen ohne Förderungen stellt aber ein erhebliches Problem

dar. Die Studie „Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre“ des

BMVBS hat ergeben, dass im Normalfall „Wohnumfeldmaßnahmen […] oftmals eine

geringe Priorität [haben] und kaum finanziert“ werden.441

Die zeittypischen großen Freiflächen bieten ein enormes Potenzial, die Situation in den

Nachkriegsquartieren zu verbessern. Aufwertungen im Freiraum können zu einer höhe-

ren Zufriedenheit der Bewohner, zu einem besseren Image sowie zu mehr Sicherheit und

Ordnung führen. Insbesondere Bewohner, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und

das Wohnquartier nicht täglich verlassen können (z. B. ältere Menschen, Kinder, Jugend-

liche), sind auf ein qualitätsvolles Wohnumfeld angewiesen. Der Qualität der Umgebung

kommt eine große Bedeutung für die Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen zu.

Projekte im „informellen“ Freiraum können einen großen Beitrag zur Förderung von Inte-

gration und zur Verbesserung der Nachbarschaften leisten. Ebenso wirken sich die großen

Freiräume in ökologischer Hinsicht positiv auf das Wohnumfeld aus (z. B. Verbesserung

des Luft- und Wärmeaustauschs).

Angesichts der vielfältigen Vorteile und Potenziale ist Kommunen und Wohnungsun-

ternehmen zu empfehlen, gemeinsam und in gegenseitiger Abstimmung die Freiräume in

den Nachkriegsquartieren aufzuwerten. Um das Wohnumfeld als Gesamtheit weiterzuent-

wickeln, sollten zunächst Analysen durchgeführt und darauf aufbauend ein Freiraumkon-

zept mit entsprechenden Maßnahmen erarbeitet werden. Da Kommunen im öffentlichen

Raum direkte Eingriffs- bzw. Einflussmöglichkeiten haben und selber Projekte umsetzen

können, besteht dort die Möglichkeit, erste Akzente zu setzen und darauf zu hoffen, dass

die kommunalen Vorleistungen „ausstrahlen“ und Eigentümer oder auch Bewohner zu

weiterem Engagement animieren.

Die großen Grünflächen können in vielfältiger Weise aufgewertet und anderen Nutzun-

gen zugeführt werden. Im gestalterischen Bereich bestehen Verbesserungsmöglichkeiten

in einer stärkeren Gliederung und Differenzierung der fließenden Räume, barrierefreien

Übergängen vom Gebäude in den Freiraum und eindeutigen Zuordnungen von Flächen zu

Freiraum / Wohnumfeld

439 Vgl. Verband norddeutscher Wohnungs-unternehmen, 2009, S. 37–39

440 Vgl. Website: http://www.nld.de/miete/aktuelle-projekte/neue-burg.html; vgl. Website: http://www.nld.de/neuland/zukunft-neue-projekte/neue-burg/browse/1.html; vgl. Website: http://www.german-architects.com/de/projekte/bau-der-woche-detail/37795_rueckbau_umbau_und_modernisierung_einer_wohnanlage (Zugriff am 3. 12. 2012)

441 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS), 2010, S. 83

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242 6 Handlungsoptionen

bestimmten Hauseinheiten und Nutzungen oder der Umgestaltung von verwahrlosten

Müllsammelstellen. Für die verschiedenen Bewohnergruppen (v. a. Kinder, Jugendliche,

ältere Menschen) sollten entsprechend ihren Bedürfnissen Aufenthaltsbereiche und Kom-

munikationsräume eingerichtet werden. Bei der Freiraumgestaltung sollte auf das unter-

schiedliche „Freiraumverhalten“ der verschiedenen Kulturen und Altersgruppen Rück-

sicht genommen werden. Beispielsweise können Wohnungsunternehmen für die Bewohner

Mietergärten anlegen oder den Erdgeschosswohnungen direkt erreichbare, private Gärten

zuteilen. Dadurch können auch die in die Betriebskosten einfließenden Pflegekosten für

die Grünflächen erheblich reduziert werden. Allerdings wurde in den Interviews berichtet,

dass eine solche „Privatisierung“ von Freiflächen sehr genau geplant werden muss und

auch nicht immer erfolgreich verläuft. Es wurde von Projekten berichtet, in denen die

Mieter wegen des Mehraufwands gar kein Interesse an den angebotenen Gartenflächen

hatten. Vor der Anlage von Mietergärten ist es daher sinnvoll, die Akzeptanz und das

Interesse an solchen Gärten bei den Bewohnern abzufragen. Interessante Ansätze bieten

auch das Anlegen von Stadtteilgärten oder interkulturellen Gärten. Vielleicht könnte auch

das zunehmende Interesse an „Urban gardening oder farming“ in den Quartieren mit den

großen Freiflächen einen interessanten Ansatz darstellen. Es sollte in den Quartieren der

1950er bis 1970er Jahre das Ziel verfolgt werden, die bestehenden Qualitäten eines „grünen

Wohnens“ zu erhalten und die bisher oft ungenutzten Abstandsflächen zu einem kommu-

nikativen, ansprechenden und wertschätzenden Wohnumfeld weiterzuentwickeln.

Mögliche Maßnahmen und Projekte im Freiraum im Überblick:

Durchführung einer Wohnumfelduntersuchung (z. B. Zustand der Freiflächen, Eignung –

des Freiraums für die verschiedenen Nutzergruppen, Identifikation von Defiziten)

Erarbeitung eines Freiraumkonzeptes oder Rahmenplanes (idealerweise in Zusammen-–

arbeit von Kommune, Wohnungseigentümern und Bewohnern; Entwicklung von

konkreten Maßnahmen im Freiraum)

Aufwertung und Neugestaltung der Freiflächen (z. B. Verbesserung oder Anlage –

von Plätzen, neue Zonierungen und Nutzungen, Beseitigung von Barrieren)

Errichtung oder Umgestaltung von Müll- und Fahrradnebengebäuden–

Schaffung von Räumen und Flächen für Jugendliche (z. B. Skaterplatz) an geeigneten –

Standorten (Berücksichtigung der Lärmbelästigungen)

Neuordnung des ruhenden Verkehrs (z. B. neue Stellplatzflächen, neue Parkierungs-–

bauwerke; siehe dazu auch Handlungsbereich Verkehr und Erschließung, S. 254 f.)

Verkehrsberuhigungsmaßnahmen–

Nachverdichtung (städtebauliche Raumbildung, Lärmschutz an stark befahrenen –

Straßen durch bauliche Anlagen)

Aufbau von Pflegepatenschaften für Freiflächen–

Zuordnung von privaten Freiflächen zu Wohnungen (Gartenwohnungen)–

Anlage von Mietergärten–

Einrichtung von Stadtteilgärten, Schulgärten, dgl.–

Nutzung der Flächen für Urban gardening bzw. farming, Errichtung von Stadtteil –

oder Schulgärten, dgl. (z. B. Gemüsegärten als Erlebnis oder Erholungsraum)

Referenzprojekte

Bremerhaven: Am Twischkamp

Das innenstadtnahe Quartier aus den 1950er / 1960er Jahren mit ca. 250 Wohnungen in

viergeschossigen Zeilen wurde zwischen 1997 und 2003 umfangreich aufgewertet. Sowohl

im Gebäudebestand als auch im Wohnumfeld wurden Maßnahmen umgesetzt. Die

Grundrisse wurden großzügiger gestaltet, Balkone ergänzt und die Dachgeschosse ausge-

baut. Den Wohnungen wurden private Gärten zugeordnet, die durch Freitreppen aus den

Erdgeschossen und dem ersten Obergeschoss zu erreichen sind.442

Abstandsgrün – Wohnumfeld mit wenig Qualitäten: undifferenzierte Außenräume, üppige Freiräume, wenig genutzter Spielbereich mit Mängeln

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6.2.1 Hardware Städtebau 243

München: Am Paulanerplatz

Zwischen 2005 und 2006 hat die GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH

ein Quartier der 1950er Jahre sowohl im Bereich der Gebäude als auch des Freiraums

umfassend aufgewertet. Das Münchner Büro Teutsch-Ritz-Rebmann Landschaftsarchitek-

ten hat die ungenutzten und zugewucherten Grünräume neu bepflanzt und gestaltet. Es

wurden neue Wegeverbindungen sowie Kommunikationsräumen geschaffen und die Flä-

chen mit Freiraummobiliar ausgestattet.443

Interkulturelle Gärten Kassel Brückenhof 444

Die Brückenhofsiedlung entstand in den 1960er Jahren und ist durch großmaßstäbliche

Baustrukturen gekennzeichnet. Gemeinsam mit der Siedlung Mattenberg wurde die

Brückenhofsiedlung 2004 in das Programm Stadtumbau West aufgenommen (Stadt-

umbaugebiet Oberzwehren). Es wurden interkulturelle Gärten geschaffen, um Räume für

Begegnungen unterschiedlicher Kulturen zu schaffen, den Austausch durch die gemein-

same Bewirtschaftung der Flächen zu fördern und einen Beitrag zur Stadtökologie zu

leisten.445

Der internationale Garten Brückenhof wurde vom Frauentreff Brückenhof initiiert und

in der unmittelbaren Wohnumgebung umgesetzt. Ein 1.700 qm großes, gepachtetes

Grundstück wird seit 2008 gemeinsam von einer Gruppe Interessierter bewirtschaftet.

Das Projekt leistet einen Beitrag zur Gestaltung des Wohnumfeldes und trägt zur Aneig-

nung bei.

Deutscher Landschaftsarchitekturpreis – Sonderpreis Wohnumfeld 2011:

Elefantensiedlung Ulm

Neben der großen Bedeutung sozialer Projekte für die Aneignung und Aufwertung des

Wohnumfeldes können besonders ambitionierte Freiraumgestaltungen erheblich zur

Imageverbesserung von Nachkriegsquartieren beitragen. Der Bund Deutscher Land-

schaftsarchitekten lobt in zweijährigem Turnus einen bundesweiten Landschaftsarchitek-

turpreis aus. Im Wettbewerb 2001 wurden die neu gestalteten Freibereiche in der Ulmer

Elefantensiedlung, einer Schlichtwohnsiedlung aus den 1950er Jahren, ausgezeichnet (Fer-

tigstellung 2007, ver.de Landschaftsarchitektur Freising). „Zu der ganzheitlichen Sanie-

rung gehört auch die geschickte und behutsame Ergänzung und Umgestaltung der Freiflä-

chen. Dabei wird Störendes – wie Garagen – entfernt und Wertvolles – wie der 60jährige

Baumbestand – erhalten und gepflegt. Mit einfachen Mitteln werden neue geschützte Räu-

me geschaffen, Identitäten vorhandener Räume gestärkt und die Adressenbildung unter-

stützt. Die Landschaftsarchitektur stellt sich hier dezent und selbstverständlich in den

Dienst der gemeinsamen Aufgabe und leistet so einen wichtigen Beitrag zu einem gelunge-

nen Werk.“ 446

Themenbezogene Literatur

Müller, Christa (Hg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. München 2001.

oben und Mitte: Bremerhaven, Bebauung Am Twischkamp: Neuordnung der Freiflächen durch Zuordnung privater Gärten

unten: Beispiel eines neu gestalteten Grün-flächenbereichs als Seniorenspielplatz

442 Vgl. Gerlach, Ulf: Quartiersbezogene Entwick-lungskonzepte. In: vdw Niedersachsen, Magazin 4/2005, S. 22 – 24; vgl. Website: http://www.klima-sucht-schutz.de/bestpractice-archiv/bremen/daemmung/modernisierung-einer-mehrfamilienhaussiedlung/121130.html (Zugriff am 24. 1. 2013)

443 Vgl. Website: http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/wohnumfeldgestaltung-muenchen-au-paulanerplatz-muenchen/ (Zugriff am 3. 12. 2012)

444 Vgl. Website: http://www.stadtumbau-hessen.de/tiny_docman/files/SUH_Profil_E08_Kassel.pdf (Zugriff am 25. 1. 2013)

445 Vgl. Website: http://www.stiftung-interkultur.de (Zugriff am 25. 1. 2013)

446 Vgl. Website: http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/freianlagen-elefantensiedlung-neu-ulm/ (Zugriff am 25. 1. 2013)

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244 6 Handlungsoptionen

6.2.2 Gebäude

6.2.2.1 Gebäudebestand

Die Gebäude der Nachkriegsjahrzehnte weisen heute häufig Bauschäden und baukon-

struktive Probleme wie Schimmelbildung oder mangelnden Schallschutz auf. Die Bausub-

stanz hat oft energetische Mängel, was zu hohen Energieverbräuchen und CO2-Emissio-

nen führt. Die Belastung der Bewohner durch die sogenannte zweite Miete steigt. Da die

Gebäude bei Weitem nicht den heutigen Standards (v. a. Energie) entsprechen, können sich

daraus erhebliche Vermarktungsschwierigkeiten ergeben. Insbesondere Substandardwoh-

nungen werden zunehmend unvermietbar bzw. unverkäuflich. Die Schlichtbauten der

1950er Jahre sind in bautechnischer Hinsicht besonders problematisch einzustufen – ab

den 1960er Jahren wurde mit rationalisierten Fertigungsmethoden zunehmend solider,

aber keineswegs schadensfrei gebaut. Die Sanierungs- bzw. Modernisierungsstrategien der

Unternehmen gehen weit auseinander. In den geführten Interviews zeigte sich, dass die

Entscheidungen über das Ausmaß der Verbesserungen an den Gebäuden individuell je

nach Rahmenbedingungen im Quartier getroffen werden. Die Kosten und deren Refinan-

zierbarkeit sind ausschlaggebend für den realisierten Standard.

Der Nachkriegswohnungsbestand ist vielerorts von einem erheblichen Instandhaltungs-

stau geprägt. Die Konzentration von baulich mangelhaften Gebäuden kann sich nachteilig

auf die Quartiersentwicklung auswirken. Um die Vermietbarkeit langfristig zu sichern,

kommen Wohnungseigentümer immer mehr in Zugzwang, in ihren Bestand zu investie-

ren und an aktuelle Standards anzupassen. Allerdings fehlt es den Wohnungsunterneh-

men meist an finanziellen Mitteln für die notwendigen Bestandsverbesserungen bzw. an

Möglichkeiten die Modernisierungskosten auf die Miete umzulegen (siehe auch Hand-

lungsoption Investitionen in die Bestände, S. 203 –207). Bei Investitionen in die mangelhaf-

te Gebäudesubstanz stellt sich zudem die Frage, inwieweit eine Anpassung an aktuelle

Standards wirtschaftlich möglich ist oder ob ein Bestandsersatz (Abriss und Neubau) auf

lange Sicht sinnvoller und wirtschaftlicher ist.447 „Gerade wenn es darum geht, die Woh-

nungen altengerecht bzw. barrierefrei zu modernisieren, bildet der Bestandsersatz aus

Sicht einzelner Wohnungseigentümer häufig die wirtschaftlichere Alternative zur Kom-

plettmodernisierung.“ 448

In schrumpfenden Regionen ist ohnehin zu hinterfragen, ob überhaupt alle Gebäude

erhalten werden können bzw. bei welchen Gebäuden ein Abbruch am ehesten in Frage

kommt. Vor Sanierungen / Modernisierungen sollte genau geprüft werden, ob ein Quartier

eine langfristige Entwicklungsperspektive hat oder ob es möglicherweise sinnvoller ist,

nicht durchgreifend zu sanieren, sondern mit kleineren, effektiven Maßnahmen Verbesse-

rungen für die Restnutzdauer anzustreben.

Angesichts der steigenden Energiekosten und der zunehmenden Zahl älterer Bewohner

sollten die Prioritäten auf der energetischen Ertüchtigung sowie der Reduzierung von Bar-

rieren liegen. Bei der energetischen Verbesserung sollte auf ein angemessenes Kosten-Nut-

zen-Verhältnis und auf die gestalterische Qualität geachtet werden. Insbesondere durch

den Anbau von Balkonen und die Erneuerung der Ausstattung (v. a. Bad, Küche) können

Gebäude der 1950er bis 1970er Jahre an die aktuelle Nachfrage angepasst werden.

Ein zielführender Ansatz kann darin liegen, nicht alle Gebäude in einem Quartier auf

einen gleichen Stand(ard) zu bringen, sondern verschiedene Angebote zu schaffen. Im

Idealfall basieren Verbesserungen an einem Gebäude auf einem zuvor unter Beteiligung

aller Eigentümer erarbeiteten Quartiersentwicklungskonzept. Bei Baumaßnahmen eröff-

nen die gleichen, meist einfachen Bauweisen und der große Bestand bei einem entspre-

chenden Vorgehen große Rationalisierungspotenziale – insbesondere dann, wenn sich die

Eigentümer in den Quartieren zu gemeinsamen Maßnahmen zusammenschließen.449

Mögliche Maßnahmen zur Anpassung bzw. Verbesserung des Gebäudebestandes:

Sanierung oder Modernisierung der Gebäude (idealerweise auch unter Beteiligung –

der Bewohner)

oben: Die Gebäude weisen oft Bauschäden auf.unten: In den Gebäuden wurden oft gesundheits-gefährende Materialen verbaut, die beseitigt werden sollten.

Gebäudebestand

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6.2.2 Hardware Gebäude 245

Energetische Ertüchtigung der Gebäude (Senkung der Energiekosten, Erneuerung –

der Fenster, der Heizungsanlage und Gebäudehülle)

Reduzierung von Barrieren (Schaffung von altengerechtem Wohnraum)–

Verbesserung bzw. Erneuerung der Haustechnik–

Erneuerung der Ausstattung der Wohnung (Bad, Küche)–

Ausdifferenzierung des homogenen Wohnungsgemenges (z. B. Wohnungs-–

zusammenlegungen, Grundrissänderungen)

Entfernung von gesundheitsgefährdenden Substanzen–

Anbau von Balkonen–

Aufstockung–

Einbau von Aufzügen–

Aufwertung der oft unattraktiven Eingangssituationen zu den Gebäuden –

Unterscheidung von grundsätzlichen Erneuerungsstrategien:

Instandhaltung und -setzung der Gebäude und Wohnungen (nur das Notwendige –

wird gemacht)

Sanierung oder Modernisierung in unterschiedlichem Ausmaß (z. B. umfassende –

Aufwertung der Gebäude, energetische Modernisierung, Reduzierung von Barrieren,

Einbau von Aufzügen)

bauliche Anpassung der Wohnungen an aktuelle Wohnbedürfnisse (Grundriss-–

änderungen)

Abriss von Gebäuden mit besonders schlechter Gebäudesubstanz und unzeitgemäßen –

Grundrissen

Referenzprojekte

Hagen: Höxterstraße

Die GWG Hagen hat das vorher problematische Wohnquartier „Höxterstraße“ (1974 / 1975)

durch umfangreiche Modernisierung und völlige Neugestaltung der Außenanlagen aufge-

wertet. Unter Beteiligung der Bewohner wurden die Fassaden und die Eingangsbereiche

neu gestaltet, Fenster, Dächer, Solaranlagen, Treppenhäuser und Außenanlagen erneuert.

Der Umbauprozess wurde von dem Filmemacher Adolf Winkelmann in dem Film „Ein

neues Kleid für 17 Kisten“ dokumentiert.450

München: Sanierung eines neungeschossigen Hochhauses

Die GEWOFAG Projektgesellschaft mbH aus München hat ein neungeschossiges Wohn-

Hochhauses (Baujahr 1963) in verkehrsbelasteter Lage modernisiert. In einem beschränk-

ten Realisierungswettbewerb wurde ein geeignetes Sanierungskonzept gesucht. Das Sieger-

projekt sieht einen ganzheitlichen Umbau vor, der neben einer Verbesserung des Energie-

standards auch eine maßgebliche Steigerung der Wohnqualität versprach. Der Standard

„KfW-Effizienzhaus 40“ nach der Energieeinsparverordnung 2007 wurde erreicht. Zudem

wurden Wohnungen zusammengelegt und möglichst viele Barrieren reduziert. Zentraler

Bestandteil des Umbaus war der Abriss der bestehenden Balkone, die durch eine selbsttra-

gende, vorgestellte Betonskelettkonstruktion mit größeren, verglasten Balkonen ersetzt

wurden.451

Passivhochhaus in Freiburg

Im Freiburger Stadtteil Weingarten-West wurde ein Hochhaus aus den 1960er Jahren zum

Passivhaus umgebaut. Das Projekt ist sowohl architektonisch als auch energetisch vorbild-

lich, konnte jedoch nur mit Finanzhilfen der Städtebauförderung umgesetzt werden (Sozi-

ale Stadt-Gebiet Freiburg Weingarten-West 2006 – 2014). Unter Einbeziehung der ehemali-

gen Balkone und Optimierung der Wohnungsgrundrisse konnten insgesamt 49 zusätzliche

Wohnungen geschaffen werden. Neue Balkone wurden thermisch entkoppelt vor das

Gebäude gestellt. Neben der energetischen Sanierung und der Erneuerung der Haustechnik

Passivhochhaus, Freiburg, Bugginger Straße

447 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 b

448 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 37

449 Vgl. Bauforum Rheinland-Pfalz, 2004, S. 6

450 Vgl. Website: http://www.gwg-hagen.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Hoexter_DW_10_2010.pdf (Zugriff am 22. 1. 2013); vgl. Website: http://www.gwg-hagen.de/modernisie-rung-bauvorhaben/wohnquartier-hoexterstrasse/ (Zugriff am 22. 2. 2013)

451 Vgl. Website: http://www.baulinks.de/webplugin/2012/1394.php4 (Zugriff am 22. 1. 2013)

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246 6 Handlungsoptionen

wurde der Hauseingang barrierefrei gestaltet. Im Erdgeschoß entstanden Flächen für

soziale Einrichtungen. Ein Concierge dient als Ansprechpartner für alle Mieter. Die Frei-

flächen wurden unter intensiver Bürgerbeteiligung als großer Garten gestaltet.452

6.2.2.2 Wohnraum

Die zeittypischen Wohnungen, die zum Teil noch von den ersten Beziehern im Ursprungs-

zustand bewohnt werden, werden heute von vielen Nachfragern nicht mehr angenommen.

Die Qualität der Grundrisse kann aber nicht pauschal als unzureichend eingestuft werden –

so sind durchaus auch Wohnungstypen entstanden, die zwar nicht mehr wie einst für

Familien, aber heute für kleinere Haushalte durchaus geeignet sind. In den 1950er Jahren

waren die Wohnungen zunächst sehr klein (durchschnittlich ca. 50 qm). Nach der Verab-

schiedung des 2. Wohnungsbaugesetzes 1956 nahmen die Flächenstandards zu und er-

reichten ungefähr jene des sozialen Wohnungsbaus heute.453

In vielen Nachkriegsquartieren entstehen zunehmend Probleme, da viele ältere Men-

schen in Wohnungen leben, deren Ausstattung nicht den Erfordernissen des Alters ent-

sprechen.454 Es gibt keine Aufzüge und im Außen- und Innenraum Barrieren, die das

Leben mobilitätseingeschränkter Menschen erheblich erschweren. Aber nicht nur für ältere

Menschen ist dies von Relevanz – in den Interviews wurde berichtet, dass auch bei jünge-

ren Haushalten Barrierearmut / -freiheit bei der Wohnungswahl eine immer wichtigere

Rolle spielt. Verbesserungen des Wohnraums und des Wohnwerts sollten daher einen

wesentlichen Bestandteil bei Qualifizierungsstrategien darstellen.

Im Idealfall sollte die Qualität der Wohnungen im Rahmen der Erstellung eines Quar-

tierskonzeptes untersucht und darauf aufbauend Ziele entwickelt werden, wie die ver-

schiedenen Wohnbedürfnisse (z. B. von Familien, Singles, älteren Menschen) erfüllt wer-

den können. Die Wohnungen sollten sowohl an die Bedürfnisse von älteren Bewohnern

als auch von zuziehenden Haushalten angepasst werden. Die meisten Geschosswohnungs-

bauten der Nachkriegsjahrzehnte verfügen nicht über Aufzüge. Da der An- bzw. Einbau

von Aufzügen sehr kostspielig ist, sollten Alternativen gesucht werden. Eine Strategie kann

beispielsweise darin bestehen, dass Wohnungsunternehmen sämtliche Erdgeschosswohnun-

gen auf ihre Eignung für altengerechtes Wohnen überprüfen und durch Umzugsmanage-

ment bzw. -hilfen die Unterbringung von älteren Bewohnern in diesen Wohnungen vor-

antreiben. Da ältere Menschen oft Bedenken hinsichtlich der Sicherheit in Erdgeschoss-

wohnungen haben, muss diesen besonderen Sicherheitsbedürfnissen Rechnung getragen

werden (Einbau von Rollläden, Sicherheitsschlösser, dgl.). Im Hinblick auf altengerechtes

Wohnen können die oft kritisierten Hochhäuser wegen ihrer Aufzüge eine neue Bedeu-

tung gewinnen. Es wird Unternehmen empfohlen, Wohnungen in Hochhäusern barriere-

frei (oder barrierearm) zu gestalten und den Bewohner anzubieten, innerhalb des Quar-

tiers in eine altengerechte, bezahlbare Wohnung umzuziehen.

In den Interviews mit der Wohnungswirtschaft hat sich gezeigt, dass Grundrissverän-

derungen wegen der hohen Kosten nur selten durchgeführt werden. Oft sind größere Ein-

griffe auch aus statischen Gründen nicht mit einem vertretbaren Aufwand möglich. Da

die Qualität und die Gestaltung des Wohnraums für Menschen an Bedeutung gewinnen

(Wohnen als Statussymbol), haben bereits einige Wohnungsunternehmen darauf reagiert

und gewähren z. B. ihren Mietern Mitsprache bei der Ausstattung des Wohnraums. Bei-

spielsweise unterhalten einige Unternehmen eigene Ausstellungsräume, in denen verschie-

dene Ausstattungsvarianten gezeigt werden. Gerade in entspannten Wohnungsmärkten

kann dadurch die Kundenbindung erhöht und drohende Leerstände vermieden werden.

Übersicht über mögliche Maßnahmen im Bereich des Wohnraums:

Reduzierung von Barrieren in den Wohnungen, Gebäuden und auch im Wohnumfeld–

Erneuerung bzw. Verbesserung der Ausstattung (v. a. Bad, Küche)–

Veränderung der Grundrisse (Vergrößerung von Räumen, Zusammenlegung von –

kleinen Wohnungen)

Hochhaus – oft gut geeignet für altengerechtes Wohnen, da Aufzüge bereits vorhanden sind

Wohnraum

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6.2.2 Hardware Gebäude 247

Anbau / Einbau von Aufzügen–

Prüfung der Eignung von Erdgeschosszonen und Wohnungen in Hochhäusern für –

altengerechtes Wohnen (Unterbringung von älteren Menschen in diesen Wohnungen,

Einrichtung von Umzugsmanagement)

Referenzprojekt

Bremerhaven Schillerstraße

Im innenstadtnahen Stadtteil Geestemünde hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft

Stäwog zwischen 2004 und 2007 vier Gebäudezeilen aus den 1950er Jahren umfassend

saniert und durch die Neuorganisation der Erschließung barrierefrei gestaltet. Lauben-

gänge wurden ergänzt und Aufzüge angebaut. Die Laubengänge wurden vom Gebäude

abgesetzt, sodass großzügige, lichtdurchflutete Erschließungsbereiche entstanden sind,

die auch als Ort des Austauschs dienen. Die Wohnungsgrundrisse wurden vergrößert (aus

drei wurden zwei Wohnungen), nach Süden ausgerichtet und es wurden Balkone angebaut.

Die Erdgeschosswohnungen verfügen heute über Gärten. In den Gebäuden wohnen viele

ältere Menschen, die die sehr guten Lage- und Wohnqualitäten der Bebauung schätzen

(siehe auch Fallstudie Bremerhaven, S. 154 –163).

6.2.2.3 Neue Wohnformen

Das Wohnungsgemenge in den Nachkriegsquartieren ist hinsichtlich der Wohnungsgrö-

ßen und der Grundrisse meist sehr homogen. Erst ab den 1970er Jahren wurden in den

Gebäuden vermehrt verschiedene Wohnungstypen realisiert. Eine erfolgsversprechende

Weiterentwicklungsstrategie für die Quartiere liegt darin, den bestehenden Wohnungsmix

mit neuen Wohnformen zu ergänzen.

Angesichts des steigenden Interesses vieler Menschen an Wohnprojekten bzw. Wohn-

formen mit einem erhöhten gemeinschaftlichen Anspruch könnte versucht werden, diese

Nachfragegruppe in die Bestände der 1950er bis 1970er Jahre zu lenken. Bei Quartiersent-

wicklungen sollte daher geprüft werden, ob in einer Kommune eine ausreichende Nach-

frage nach gemeinschaftlichen Wohnformen vorhanden ist und inwieweit sich der Nach-

kriegsbestand für solche Projekte eignet. Für Wohnprojekte in Nachkriegsquartieren gibt

es bisher nur sehr wenige Beispiele. Interessante Ansätze würden z. B. in Baugemeinschaf-

ten im Bestand liegen. Vorstellbar wäre der Verkauf von leerstehenden Gebäuden (z. B.

Zeilen) an eine Gruppe von Bauherren, die die Gebäude gemeinsam nach ihren Vorstel-

lungen umbauen und anpassen. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass

Gemeinschaftsprojekte eher nicht die Nachkriegsquartiere als Standort präferieren. Um

solche Initiativen für die Entwicklung der Quartiere zu gewinnen, wird es notwendig sein,

dass Kommunen und Wohnungsunternehmen entsprechende Anreize schaffen.

Da Wohnprojekte in der Regel nicht von alleine entstehen und meist externe Hilfe und

bestimmte Rahmenbedingungen benötigen, ist Kommunen und auch Wohnungsunter-

nehmen zu empfehlen, entsprechende Unterstützungsangebote für gemeinschaftliches

Wohnen mit einem speziellen Fokus auf den Bestand der 1950er bis 1970er Jahre zu schaf-

fen. Für Wohnprojekte zur Miete ist es notwendig, dass die Wohnungsunternehmen die

Trägerschaft übernehmen und bereit sind, den mit solchen Projekten verbundenen Mehr-

aufwand zu tragen. Eine zielführende Strategie könnte es sein, zunächst ein Pilotprojekt

in einem Quartier erfolgreich zu realisieren, um damit Folgeprojekte anzustoßen, die auf

den gemachten Erfahrungen aufbauen. Für die Wohnungswirtschaft bestehen Vorteile

durch Wohnprojekte in einem geringen Mietausfallrisiko und einem sorgfältigen Umgang

mit der Immobilie. Kommunen können die Entstehung von Wohnprojekten durch finan-

zielle Förderungen oder durch sonstige Hilfestellungen (z. B. Beratung hinsichtlich Rechts-

formen, Kontaktstelle) unterstützen. Die Realisierung von besonderen Wohnprojekten

kann den Beständen der 1950er bis 1970er Jahre zu neuen Qualitäten verhelfen.

Im Bereich von Wohnprojekten, die bisher meist im Neubau entstehen, gibt es bereits

viele Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden kann. Es haben sich in den letzten

Neue Wohnformen

452 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2011, S. 40

453 Vgl. Gerlach / Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen Bremen e. V., 2005, S. 22–23

454 Vgl. Edinger / Lerch, 2001

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248 6 Handlungsoptionen

Jahren verschiedene Vereine und Institutionen gegründet, die Hilfestellungen anbieten

(z. B. Bundesverband Baugemeinschaften, Forum Gemeinschaftliches Wohnen e. V.).455

Um auf die Bedürfnisse der zunehmenden Zahl älterer Bewohner zu reagieren, bietet es

sich an, im Bestand der Nachkriegsjahrzehnte spezielle Wohnformen für das Wohnen im

Alter zu schaffen. Manche Gebäudetypen aus dieser Zeit, wie Mittelganghäuser, bieten

durchaus geeignete bauliche Rahmenbedingungen, um z. B. betreute Wohngruppen oder

Senioren-Wohngemeinschaften mit Einzelwohnungen und gemeinschaftlich genutzten

Flächen einzurichten. Ebenso entwickeln Wohnungsunternehmen zunehmend in Bestands-

quartieren Angebote mit barrierefreien Wohnungen für ältere Menschen, bei denen bei

Bedarf Pflegedienstleistungen dazu gekauft werden können (siehe auch Handlungsoption

Dienstleistungen und soziales Engagement, S. 207 –211). Um besondere Wohnprojekte zu

realisieren, ist Kommunen und / oder Wohnungsunternehmen zu empfehlen, mit sozialen

Trägern Kooperationen aufzubauen (z. B. AWO, DRK, Caritas) und gemeinsame Wohnan-

gebote für die verschiedenen Nachfragegruppen zu schaffen. Wegen der zunehmenden

Zahl älterer Haushalte kann künftig von einer deutlich steigenden Nachfrage nach Alter-

nativen zum Pflegeheim ausgegangen werden. Das Thema „neue Wohnformen“ wird

künftig enorm an Bedeutung gewinnen und kann mit entsprechenden Konzepten und

Angeboten einen wichtigen Ansatzpunkt für eine „neue Zukunft“ der Wohnquartiere der

1950er bis 1970er Jahre darstellen. Ohne Engagement und Mitwirkungsbereitschaft der

Wohnungsunternehmen lässt sich dies aber nicht realisieren.

Überblick über neue Wohnformen in Bestandsquartieren:

betreute Wohneinrichtungen–

Baugemeinschaften–

verschiedene Wohngemeinschaften (z. B. Demenz-WG)–

Wohnprojekte zur Miete oder im Eigentum–

Wohnangebote für Studenten (Schaffung von attraktiven Angeboten bei nachlassender –

Nachfrage zur Vermeidung von Leerstand)

Mehrgenerationenwohnen, Generationenhäuser in den Quartieren–

Wohnen mit gegenseitigen Hilfeleistungen, integrative Wohnformen–

Service-Wohnen–

Referenzprojekte

Arnstadt: Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“

Auf Initiative einer kleinen privaten Gruppe von Seniorinnen ist in Arnstadt ein

Generationen-Wohnprojekt entstanden. Das städtische Wohnungsunternehmen hat dafür

zwei leerstehende Zeilenbauten aus den 1960er Jahren umgebaut und modernisiert. Für

die Finanzierung sind verschiedene Förderungen von Land und Bund in Anspruch

genommen worden. Das Projekt zeichnet sich durch seinen Entstehungsprozess und das

generationenübergreifende Wohnen aus. Die Bewohner haben einen Verein gegründet

und übernehmen zahlreiche Aufgaben bei der Bestandserhaltung. Das Projekt strahlt

positiv in den Stadtteil aus (siehe Fallstudie Arnstadt, S. 172 – 181).456

Nürnberg: St. Johannis

In dem Nürnberger Stadtteil St. Johannis bietet angesichts der steigenden Zahl von Senio-

ren und Menschen mit Hilfebedarf die Joseph-Stiftung gemeinsam mit dem Diözesan-

Caritasverband, der Caritas-Sozialstation und der Tagespflege Nürnberg-Nord e. V. das

Wohnmodell „In der Heimat wohnen – ein Leben lang“ an. Dabei wird hochwertiger

barrierearmer Wohnraum zu ortsüblicher Miete geschaffen.

Durch die enge Zusammenarbeit mit der Caritas und der Tagespflege wird eine flexible

und individuell angepasste ambulante Versorgung ohne Betreuungspauschale gewährleis-

tet. In dem Wohnquartier der 1960er Jahre wurden einige Gebäude abgebrochen und an

deren Stelle ein Neubau errichtet. Dort befinden sich eine Wohngemeinschaft für

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6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 249

Demenzkranke im Erdgeschoss sowie weitere barrierefreie Wohnungen für Menschen in

allen Lebensphasen.457

Spenge: Siedlung Mühlenweg

Die kleine Wohnsiedlung aus den 1960er Jahren wurde umfassend unter teilweisem Ersatz

des Bestandes weiterentwickelt. In einem der Neubauten wurde eine Wohngruppe für

Menschen mit Altersdemenz eingerichtet, die durch eine 24-Stunden-Präsenz der Arbei-

terwohlfahrt (AWO) betreut wird. In dem Haus gibt es ebenso einen Bewohnertreffpunkt,

um die Nachbarschaft zu fördern (siehe Fallstudie Spenge, S. 164 – 171).458

Karlsruhe: MiKa – MieterInneninitiative Karlsruhe

Die MiKa ist ein gemeinschaftliches Wohnprojekt auf einem ehemaligen Kasernenareal in

Karlsruhe (Smiley-Areal). In Haus- und Arbeitsgruppen wird das Zusammenleben von

rund 220 Bewohnern organisiert, deren Lebenssituation und Lebensformen sehr unter-

schiedlich sind. 1994 entstand die Idee, drei Jahre später wurde die MiKa als Genossen-

schaft gegründet. Sie baute als Bauherrin vier ehemalige Kasernengebäude um; die künfti-

gen Bewohner waren intensiv am Prozess beteiligt, haben ihre Wohnungen selbst geplant

und Ideen für die Gestaltung der Gemeinschaftsflächen eingebracht. Ein Kultur- und

Gemeinschaftshaus ergänzt die Wohnbebauung als Forum für gemeinschaftliche und kul-

turelle Aktivitäten. Das selbstverwaltete Projekt MiKa hat sich sehr erfolgreich entwickelt

und wurde zu einem wichtigen Kristallisationspunkt im Quartier. Das Projekt wurde

bereits mehrfach ausgezeichnet und vielfach publiziert.459

Bremerhaven: Wulsdorf: Demenz-WG

Im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf-Dreibergen hat die städtische Wohnungsgesellschaft

Stäwog ein achtstöckiges Wohngebäude mit hohem Leerstand aus den 1970er Jahren auf

drei Stockwerke reduziert und anschließend zu drei Wohngemeinschaften für 24 Demenz-

kranke umgebaut. Zusätzlich wurde für eine Tagespflege-Einrichtung ein Anbau errichtet,

der die spezifischen Bedarfe demenzerkrankter Menschen berücksichtigt. Mit diesem

Wohn- und Serviceangebot haben Demenzkranke die Chance, trotz Krankheit im Quar-

tier bleiben zu können. Die AWO ist Träger der Maßnahme und für die pflegerische

Unterstützung der Bewohner der Wohngemeinschaften sowie für die Tagespflege zustän-

dig. In einem direkt angrenzenden Gebäude wurde eine Wohngemeinschaft für junge

Mütter eingerichtet. Der Freiraum wird von beiden Gruppen genutzt und ist entsprechend

gestaltet.460

Jena: JenaWohnen: Umbau eines Mittelganghauses

Die JenaWohnen GmbH und der DRK-Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda haben im

Stadtteil Lobeda in einem Bestandsgebäude eine Wohngemeinschaft für Senioren ein-

gerichtet. In dem barrierefrei zugänglichen Mittelganghaus werden in der ersten Etage

elf Einzimmerwohnungen und eine Zweizimmerwohnung mit Küche, Schlafnische, Bad

und Balkon ausgebaut. Die Wohnungen sind auf Bedürfnisse älterer Menschen mit Pflege-

stufe abgestimmt. Durch die Zusammenlegung von zwei Wohnungen im Zentrum der

Etage wurde eine große Gemeinschaftsfläche geschaffen. Dieses Wohnprojekt ermöglicht

älteren Menschen, selbständig in den eigenen vier Wänden zu leben und dabei gleichzeitig

die Vorteile einer Wohngemeinschaft sowie flexible Pflegeleistungen nutzen zu kön-

nen.461

6.2.3 Daseinsvorsorge

6.2.3.1 Soziale Infrastruktur

In den größeren Siedlungsplanungen der Nachkriegsjahrzehnte wurden meist an zentra-

len Standorten Infrastruktureinrichtungen geschaffen, die mittlerweile in die Jahre

gekommen und mit einer abnehmenden Nachfrage konfrontiert sind. In den kleineren

Demenz-WG Bremerhaven in einem ehemaligen Hochhaus (Rückbau)

455 Vgl. Websites: http://www.bv-baugemeinschaften.de; http://www.fgw-ev.de (Zugriff am 5. 1. 2013)

456 Vgl. Website: http://www.wohnstrategen.de/wohnprojekte/gemeinsam-statt-einsam-generations-wohnen-in-arnstadt-ost (Zugriff am 22. 8. 2012)

457 Vgl. Websites: https://www.joseph-stiftung.de/mieten/wohnmodelle; http://downloads.eo-bamberg.de/9/883/1/67454890684643064249.pdf (Zugriff am 3. 12. 2012)

458 Vgl. Universität Bielefeld, 2003; vgl. Universität Bielefeld, 2003/04

459 Vgl. Website http://www.mika-eg.de/index.html (Zugriff am 28. 2. 2013)

460 Vgl. Website: http://www.werkstatt-stadt.de/de/projekte/202/ (Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Nagel, o. J., S. 48

461 Vgl. Website: http://www.jenawohnen.de/index.php?id=79&print=1&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=371&tx_ttnews%5BbackPid%5D=22; vgl. Website: http://www.jenapolis.de/2011/03/erste-senioren-wg-oeffnet-in-lobeda-kooperation-von-jenawohnen-und-drk-mit-neuem-angebot/; vgl. Website: http://www.jenatv.de/soziales/Leben_in_der_Platte:_Senioren_WG_in_Lobeda-9085.html (Zugriff am 18. 12. 2012)

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250 6 Handlungsoptionen

Quartieren wurde selten eigene Infrastruktur realisiert. Meist waren die notwendigen Ein-

richtungen in der Umgebung vorhanden oder wurden im Rahmen größerer Stadtteil-

planungen realisiert. Ist dies nicht der Fall, können die Wege zu den Einrichtungen des

täglichen Bedarfs und zu sozialer Infrastruktur lang sein. Qualitativ und quantitativ hat

sich die Infrastruktur-Nachfrage in den in kurzer Zeit aufgesiedelten Quartieren geballt

verändert. Während früher vorwiegend Familien zu versorgen waren, sind es heute vor

allem ältere Bewohner. Die Kommunen müssen auf die erheblichen Veränderungen der

Nachfragestruktur reagieren. Die Kosten für die Infrastruktur steigen, während die Nach-

frage abnimmt.

In den Interviews wurde die wachsende Bedeutung von sozialer Infrastruktur bei der

Wohnstandortwahl und der Profilbildung von Quartieren bekräftigt. Einrichtungen der

sozialen Infrastruktur sind eine Grundvoraussetzung, um eine hohe Lebensqualität in den

Quartieren zu gewährleisten. Da die soziale Infrastruktur bei der Entscheidung für einen

Wohnstandort an Bedeutung gewinnt, stellen ihre Erhaltung und Verbesserung einen

wichtigen Ansatzpunkt für die Qualifizierung von Quartieren dar. In diesem Bereich

muss Stadtumbau neben den quantitativen auch die qualitativen Aspekte berücksichtigen

und sich flexibel auf eine schwankende Nachfrage in den verschiedenen Altersgruppen

(z. B. im Bildungsbereich) einstellen. Allerdings wird es für Kommunen unter dem stei-

genden Sparzwang immer schwieriger, über das Mindestmaß hinaus in die soziale Infra-

struktur zu investieren oder in schrumpfenden Bereichen Einrichtungen zu erhalten.

Angesichts der prekären finanziellen Lage der öffentlichen Hand kann eine sinnvolle Stra-

tegie darin liegen, dass Kommunen verstärkt im Bereich der Daseinsvorsorge Kooperatio-

nen mit Wohnungsunternehmen anstreben und auch neue Trägermodelle entwickeln. Vor

dem Hintergrund dieser Problematik haben sich einige befragte Wohnungsunternehmen

durchaus offen dafür gezeigt, im Ernstfall soziale Infrastruktureinrichtungen zu unter-

stützen, um so Standortvorteile in den Quartieren zu erhalten. Einzelne Unternehmen

praktizieren dies auch schon (z. B. Bereitstellung von Räumen, finanzielle Unterstützung,

Errichtung von Kitas). Gerade auch vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen

Kita-Platz ab Sommer 2013 haben einige (v. a. kommunale) Unternehmen in den letzten

Jahren das Geschäftsmodell entwickelt, Gebäude für Kitas zu errichten und diese dann an

die Kommune zu vermieten. Solche Einrichtungen bauen die Unternehmen vorzugsweise

in der Nähe der eigenen Bestände, um von ihrer positiven Ausstrahlung zu profitieren.

Durch spezielle Infrastrukturangebote kann die Attraktivität eines Wohnstandorts ver-

bessert werden. Beispielsweise kann eine Schule mit einem besonderen Profil bewirken,

dass Familien in ein Quartier ziehen (z. B. Einrichtung einer Ganztagsschule) – von sol-

chen Effekten wurde in den Interviews durchaus berichtet.

Wenn die Nachfrage sinkt, wird es sich in vielen Kommunen nicht vermeiden lassen,

Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zu schließen. In diesen Fällen ist die Entschei-

dung, welche Standorte geschlossen werden, von großer Bedeutung für die Quartiere der

Nachkriegsjahrzehnte. Kommunen wird empfohlen, genau zu prüfen, wie sich die Schlie-

ßung einer Einrichtung auf die umliegenden Gebiete auswirken kann, und der Erhaltung

von Einrichtungen in bzw. in der Nähe von Nachkriegsquartieren Priorität einzuräumen,

um diese Standortvorteile zu erhalten.

Der Handlungsebene des Quartiers kommt beim Thema „Wohnen und Leben im Alter“

eine wachsende Bedeutung zu. Eine Studie über Lebensräume zum Älterwerden stellt fest:

„Die Zukunft des Wohnens bis ins hohe Alter liegt im Quartier.“ 462 Dies trifft zwar auf

alle Stadtquartiere zu, ist aber für Gebiete der 1950er bis 1970er Jahre angesichts des hohen

Anteils älterer Bewohner von besonderer Relevanz. Um den älteren Menschen ein mög-

lichst langes, selbständiges Leben im Quartier zu ermöglichen, sollte der Aufbau von

unterstützenden Dienstleistungen, Pflegeangeboten und Einrichtungen verstärkt werden.

Kommunen und Wohnungsunternehmen sollten gemeinsam überlegen, wie die Quartiere

an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst und entsprechende Strukturen (z. B. mit

karikativen Trägern) aufgebaut werden können. Neben altengerechten Wohnformen könn-

Soziale Infrastruktur

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6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 251

ten Beratungs-, Dienstleistungs- und Pflegeangebote geschaffen werden. Einen besonders

interessanten Ansatz stellt beispielsweise die Errichtung von Pflegestützpunkten oder

ambulanten Betreuungsangeboten dar (nach dem Vorbild des niederländischen Modells

der betreuten Wohnzonen).463 Da sich ältere Bewohner oft informelle Treffpunkte im

Wohnumfeld wünschen, kann die Einrichtung solcher Räume erheblich zur Lebensquali-

tät beitragen.

In den Nachkriegsquartieren besteht ein sehr großes Potenzial darin, die verschiedenen

Bereiche sozialer Infrastruktur „sozialraumorientiert“ miteinander zu verknüpfen. Fragen

der Altenpflege, Kinderbetreuung, Bildung, Jugendliche etc. sollten in den Quartieren

gemeinsam betrachtet und Synergien aufgebaut werden. Durch eine Zusammenarbeit

könnten Ressourcen gemeinsam genutzt und verschiedene Bewohnergruppen miteinander

vernetzt werden (generationenübergreifender Ansatz, Integration, Inklusion). Ein interes-

santer Ansatz liegt z. B. in der Entwicklung von „flexiblen Gebäuden“, in denen je nach

Bedürfnissen bzw. Alter der Bewohner infrastrukturelle Angebote im Laufe der Zeit ein-

gerichtet werden können. Als Reaktion auf die veränderte Nachfrage können Anpassungs-

strategien im Bereich der sozialen Infrastruktur von Um- bzw. Rückbau über veränderte

Nutzungskonzepte bis hin zu neuen Trägerschaften und Kooperationsstrukturen mit ver-

schiedenen Einrichtungen reichen.464

Überblick über mögliche Maßnahmen im Bereich der sozialen Infrastruktur:

Erstellung von Analysen und Konzepten für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur –

für die Gesamtstadt

Erhaltung vorhandener sozialer Infrastruktur zur Vermeidung weitere Attraktivitäts-–

verluste

Verbesserung der vorhandenen Infrastruktur (z. B. besondere Bildungs- oder –

Betreuungsangebote)

Aufbau einer Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägern–

Entwicklung von Pflegeangeboten–

Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen zur Schaffung oder Erhaltung von –

sozialer Infrastruktur (z. B. Errichtung der Gebäude durch Wohnungsunternehmen)

Schaffung von Einrichtungen für die Betreuung der älteren Bewohner in den –

Quartieren, Einrichtung von Pflegestützpunkten oder Sozialstationen in den

Quartieren (z. B. Demenz-Einrichtungen)

Schaffung von Angeboten für Jugendliche–

bei Wegbrechen von sozialer Infrastruktur Verbesserung der verkehrlichen Anbindung –

zu den nächstgelegenen Einrichtungen

Einrichtungen der Gemeinwesenarbeit in den Quartieren (Schaffung von Kontakt-–

stellen in den Quartieren), Quartiersmanagement (siehe auch Handlungsoption

Quartiersmanagement, S. 228 – 230)

zunächst Prüfung des Bestandes hinsichtlich der Eignung für soziale Infrastruktur vor –

Errichtung von Neubau, z. B. Bereitstellung von leerstehenden Wohnungen für Einrich-

tungen der sozialen Infrastruktur

Nutzung der KfW-Programme für den Bereich Soziale Infrastruktur–

Referenzprojekte

Essen: Tätigkeiten der Allbau AG im Bereich soziale Infrastruktur

Die Allbau AG hat es sich in Essen zum Programm gemacht, den flächendeckenden Aus-

bau von Betreuungsplätzen durch den Bau von Kitas – v. a. in Quartieren mit eigenen

Beständen – voranzutreiben. Vorzugsweise nutzt das Unternehmen bestehende Gebäude

zu Kindertagesstätten um. Die Allbau AG errichtet als Investor die Gebäude, die dann von

verschiedenen Trägern übernommen werden. Darüber hinaus werden von dem Unterneh-

men verschiedene quartiersbezogene Projekte durchgeführt.465

In Wohnquartieren der Nachkriegsjahrzehnte nehmen Pflegeangebote an Bedeutung zu.

462 Netzwerk: Soziales neu gestalten, 2009, S. 8

463 Vgl. Michell-Auli / Kuratorium Deutsche Alters-hilfe, 2011; vgl. Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG), 2008

464 Vgl. Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 128

465 Vgl. Allbau AG, Essen, 2009/2010, S. 23

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252 6 Handlungsoptionen

Offenburg: Stadtteil- und Familienzentren

In Offenburg gibt es seit den 1990er Jahren in mehreren Stadtteilen sogenannte Stadtteil-

und Familienzentren. Dabei werden verschiedene kommunale soziale Dienstleistungen

sozialraumorientiert miteinander verknüpft. Sie vereinen Kinder-, Jugend-, Erwachsenen-

und Gemeinwesenarbeit und fördern bürgerschaftliches Engagement und Nachbarschaf-

ten (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).466

6.2.3.2 Nahversorgung

Der Zugang zu einer wohnortnahen Versorgung mit Waren und Dienstleistungen des täg-

lichen Bedarfs ist heute ein wichtiger Bestandteil der Lebens- und Wohnqualität und somit

ein wichtiger Faktor für positive Quartiersentwicklungen. Nachdem sich in den letzten

Jahren im ländlichen Raum die Nahversorgungssituation kontinuierlich verschlechtert hat,

sind mittlerweile auch verstärkt Stadtteile und kleinere Nebenzentren von Problemen

betroffen. Vielerorts haben bereits kleine Lebensmittelläden geschlossen, sodass sich die

wohnortnahe Versorgung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs gerade für ältere und

mobilitätseingeschränkte Bewohner erheblich verschlechtert hat. Leerstehende Ladenlo-

kale, eine schlechtere Versorgung sowie ein weiterer Verlust von Standortqualitäten sind

die nachteiligen Folgen. In manchen Interviews wurde auf die (noch) gute Ausstattung mit

Einzelhandel in den großen Wohnsiedlungen als großer Vorteil hingewiesen.

Falls noch Nahversorgungseinrichtungen in den Nachkriegsquartieren oder in der

Nähe bestehen, ist dringend geraten, sich um deren langfristige Erhaltung zu bemühen.

Oftmals lassen sich Nahversorgungseinrichtungen allerdings nicht mehr wirtschaftlich

betreiben und brechen weg. In den letzten Jahren sind in vielen Kommunen erfolgreich

alternative Konzepte und Betriebstypen entstanden, um die Versorgung mit Waren und

Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu sichern. Eine Möglichkeit liegt z. B. in Klein-

flächenkonzepten, die auf Grundlage einer vertraglichen Bindung an einen Großhandels-

partner funktionieren. Die Läden sind Teil einer Ladenkette und werden in der Regel von

selbständigen Kaufleuten, Bürgergesellschaften und Genossenschaften oder ehrenamtlich

durch einen Verein geführt (z. B. „Ums Eck“). Vorstellbar sind auch Kooperationen mit

karikativen Einrichtungen zur Unterhaltung von Nahversorgungseinrichtungen, die sich

zusätzlich durch einen gesellschaftlichen Mehrwert auszeichnen (z. B. Integrationsmärkte).

Um eine umfassende Versorgung der Bewohner zu gewährleisten, gibt es auch Modelle,

Grundversorgungsangebote mit sonstigen Dienstleistungen zu bündeln und so kleine

Dienstleistungszentren zu schaffen (z. B. Bäcker mit Postdienstleistungen). Falls bereits

leerstehende Geschäfts- bzw. Gewerbegebäude in Quartieren existieren, sollte zügig über

Nachnutzungsmöglichkeiten und, wenn diese fehlen, über einen Abriss nachgedacht wer-

den, da die ungenutzten Gebäude das Erscheinungsbild beeinträchtigen und ein offen-

sichtliches „Zeichen“ aufkommender Probleme darstellen. Um eine fehlende Nahversor-

Stadtteil- und Familienzentrum Nord-West, Selbstlernzentrum und Mensa, Offenburg

Nahversorgungseinrichtungen: wichtig für die Lebensqualität im Quartier, aber oftmals von Leerstand bedroht

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6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 253

gung zu kompensieren, besteht – ebenso wie bei wegbrechender sozialer Infrastruktur –

eine Lösungsstrategie darin, die verkehrliche Anbindung bzw. die Erreichbarkeit der

nächstgelegenen Versorgungseinrichtung zu verbessern (siehe auch Handlungsbereich Ver-

kehr und Erschließung, S. 254 f.).

Überblick über mögliche Strategien zur Erhaltung und Stärkung vorhandener Nahversor-

gung:

Erstellung von Einzelhandels-, Zentren- und Nahversorgungskonzepten –

(ggf. auch in interkommunaler Abstimmung)

Kontaktaufnahme und Unterstützung der Betreiber durch die Kommune –

(z. B. Verhinderung von Konkurrenz durch großflächigen Einzelhandel)

Förderung von Existenzgründungen bei Nahversorgungseinrichtungen–

Profilbildung und Werbemaßnahmen für die lokale Versorgung („Kauf im Ort –

bzw. im Quartier“)

Verkleinerung der Verkaufsflächen (Umsetzung von Kleinflächenkonzepten)–

Erweiterung des Angebots durch Dienstleistungen oder ein spezielles Sortiment –

(z. B. regionale Produkte)

Schaffung kleiner „Dienstleistungszentren“ in den Quartieren–

Aufbau neuer Versorgungsmodelle: mobile Anbieter, Bringdienste, Einkaufs-Shuttle, –

Wochenmärkte in den Quartieren, etc.

Referenzprojekte

Modellprojekt „Die Zukunft der Nachbarschaftsläden“

Ziel der 2011 publizierten Studie war es, Lösungen aufzuzeigen, wie eine wohnortnahe

und dezentrale Versorgung der Bevölkerung, insbesondere im ländlichen Raum und in

peripheren Stadtrandlagen aufrecht erhalten werden kann.467 „Vorrangiges Ziel des Pro-

jektes ist daher die modellhafte Entwicklung wirtschaftlich tragfähiger und nachhaltiger

Betreiberkonzepte unter Berücksichtigung sowohl wirtschaftlicher Zielvorstellungen und

Notwendigkeiten aus Betreibersicht als auch der Zielvorstellungen des Städtebaus und

Regionalplanung.“468

Unterschiedliche Fallstandorte wurden mit verschiedenen Standortkategorien gewählt,

darunter Zentren in verdichteten Quartieren der 1960er Jahre, mit und ohne Nahversor-

gung. Zudem wurden Stärken-Schächen-Analysen erarbeitet und dabei die Sichtweisen

den Kommunen (Hauptinteresse: flächendeckende Versorgungsinfrastruktur) und der

Betreiber (Hauptinteresse: wirtschaftlicher Erfolg) mit einbezogen. Parallel zur Analyse

der Fallstandorte wurden Best-Practice Beispiele untersucht. Fallbeispiel für den Typ

„Quartierszentrum der 1960er / 1970er Jahre“ war die Siedlung „Auf der Lieth“ in Pader-

born. Aus der Untersuchung wurden Erfolgsfaktoren für nachhaltig funktionierende Nah-

versorgungseinrichtungen erarbeitet. Dabei wurden ebenso die Objekteigenschaften (z. B.

Ladenflächen mit mindestens 300 qm, Barrierefreiheit, Erreichbarkeit) als auch potenzielle

Betreiberprofile, Angebotskonzeptionen und die planerische Absicherung mit einbezogen

sowie beispielhafte Umsetzungsprozesse skizziert.

MANDIE

Im Rahmen des INTERREG-Projektes „MANDIE – Managing District Centres in North

West Europe“, das zwischen 2009 und 2011 durch den Europäischen Fonds für Regionale

Entwicklung gefördert wurde, haben elf Partner, darunter Kommunen, Verbände und

Hochschulen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Großbritannien, Methoden

für das Management von Stadtteilzentren entwickelt. Ziel war die Stärkung von kleineren

Stadtteilzentren, auch in Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte. Es wurden Strategien

erprobt und Handlungsempfehlungen aufgezeigt, die beispielhaft umgesetzt wurden. Die

Sicherung der Nahversorgung in Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre war dabei ein

wichtiges Thema.469

Survival Kit forRetail in ailing districtsA little guide to successful retailing in declining areas …

MANDIE District Centre Management

466 Vgl. Stadt Offenburg, 2007;vgl. Becker, 2003

467 Vgl. Website: http://www.bbe-standort.de/download/Endbericht%20Kurzversion.pdf (Zugriff am 26. 1. 2013)

468 Vgl. Website: http://www.bbe-standort.de/download/Endbericht%20Kurzversion.pdf S. 2(Zugriff am 26. 1. 2013)

469 Weitere Informationen unter: http://www.district-management.eu; vgl. Brombach / Kurth / Simon-Philipp, 2011

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254 6 Handlungsoptionen

6.2.4 Verkehr und Erschließung

6.2.4.1 Anbindung und Mobilität

Je nach Lage der Quartiere im Siedlungsgefüge spielt die Qualität der verkehrlichen

Anbindung eine wichtige Rolle für die künftige Entwicklung. Eine mangelhafte Erreich-

barkeit v. a. bei peripher gelegenen Quartieren kann sich nachteilig auf die Attraktivität

des Wohnstandorts auswirken und so in weiterer Folge die Zukunftsfähigkeit beeinträch-

tigen. Da Nachkriegsquartiere nach der Fertigstellung oft nicht gut an den öffentlichen

Personennahverkehr angebunden und dadurch benachteiligt waren, wurde im Laufe der

Zeit – häufig im Rahmen der geförderten Stadterneuerung – die Anbindung verbessert

(z. B. S-Bahn-Anschlüsse). Momentan steigt in den Gebieten mit abnehmender Bewohner-

zahl wegen der in der Regel ohnehin nicht kostendeckenden Finanzierung des ÖPNV die

Gefahr, dass sich die Qualität der Anbindung verschlechtert (z. B. Reduzierung der Tak-

tung, Auflassung von Buslinien).

Im Hinblick auf eine nachhaltige Stadt- und Quartiersentwicklung liegen im Bereich

Verkehr und Mobilität große Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen und zur Steige-

rung der Energieeffizienz. Als Beitrag zum Klimaschutz bietet es sich an, auf der Quar-

tiersebene die Verkehrsvermeidung und die Veränderung der Verkehrsmittelwahl in Rich-

tung klimaschonender Verkehrsträger voranzutreiben.470 Maßnahmen im Bereich Ver-

kehr können sowohl die Kommunen als auch Wohnungsunternehmen umsetzen.

Ein verändertes Mobilitätsverhalten und die ständig steigenden Kosten für die Fort-

bewegung sind weitere Themenstellungen, die auch für die Entwicklung der Quartiere der

1950er bis 1970er Jahre von Relevanz sind. Um Lagenachteile auszugleichen, ist in Quar-

tieren mit mangelhafter Anbindungsqualität zur Kernstadt oder zu Einrichtungen des täg-

lichen Bedarfs zu empfehlen, das ÖPNV-Angebot zielgruppengerecht zu verbessern (z. B.

kürzere Taktung, Ruftaxi). Je nachdem ob sich ein Verkehrsunternehmen in staatlichem,

kommunalem oder privatem Besitz befindet, verfügen Kommunen über Einflussmöglich-

keiten und Gestaltungsspielräume, die allerdings wiederum von der Finanzlage abhängen.

In den Interviews wurde die große Bedeutung einer guten ÖPNV-Anbindung mehrfach

betont. Beispielsweise hat ein Unternehmen berichtet, dass intensive Kontakte zu den ört-

lichen Verkehrsbetrieben gepflegt werden, um in einem sich ausdünnenden Quartier die

Anbindung aufrecht zu erhalten. In Quartieren mit Rückbau stellt die Anpassung des

ÖPNV eine zentrale Herausforderung dar und sollte von Anfang an mitbedacht werden.

Überblick über die Möglichkeiten für Verbesserungen im Bereich Verkehr und Mobilität:

Verbesserung der Anbindung (z. B. Einbindung der Quartiere in Nahverkehrspläne, –

Verbesserung des Liniennetzes, kürzere Taktung)

besondere Tarife und Tickets für bestimmte Zielgruppen –

kurze und barrierefreie Wege zu den Haltestellen–

altersgerechte Umgestaltung der Haltestellen und Fahrzeuge–

Ausdünnung des Takts, um ersatzloses Wegbrechen zu vermeiden –

(ggf. Ergänzung durch alternative Mobilitätskonzepte)

Verkleinerung der Beförderungsfahrzeuge (Kleinbusse statt herkömmlicher Linienbusse)–

Bewusstseinsbildung, Aktivierung, Beratungsangebote und Schulung älterer Menschen –

hinsichtlich ÖPNV-Benutzung

Car-Sharing, Fahrgemeinschaften–

Aufbau von neuen Mobilitätsangeboten in den Quartieren als Standortfaktoren–

Referenzprojekt

Mannheim: Einrichtung eines Einkaufshuttles durch die GBG

Das Soziale Management der GBG hat im Stadtteil Wohlgelegen gemeinsam mit dem

Quartierbüro des Caritasverbands und mit Unterstützung von Gewerbetreibenden einen

Einkaufsshuttle installiert, um mobilitätseingeschränkten Mietern den Einkauf in einem

Einkaufszentrum zu ermöglichen.471

Die Aufrechterhaltung des ÖPNV wird in den Quartieren immer mehr zu einem Problem.

Verkehr und Mobilität als wichtige Ansatzpunkte in den Quartieren

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6.2.4 Hardware Verkehr und Erschließung 255

6.2.4.2 Ruhender Verkehr und Verkehrsflächen

In vielen Quartieren, die ab den 1960er Jahren unter dem Leitbild der autogerechten Stadt

entstanden sind, gibt es überdimensionierte Verkehrs- und Erschließungswege, die das

Erscheinungsbild der Siedlungen beeinträchtigen. Kommunen haben die Möglichkeit, im

öffentlichen Raum tätig zu werden und z. B. die Straßenprofile neu zu gestalten (z. B. neue

Grüninseln), Straßen instand zu setzen, Fahr- und Fußbereiche niveaugleich oder als

Mischfläche (shared space) anzulegen.

Eine weitere Herausforderung im verkehrlichen Bereich besteht in der Unterbringung

des ruhenden Verkehrs. Die Quartiere wurden nicht für den heutigen Fahrzeugbestand

geplant, daher führt der ruhende Verkehr oft zu erheblichen Beeinträchtigungen im

Freiraum (z. B. wildes Parken, unattraktive Garagenhöfe, Verkehrsbauwerke als störende

Elemente in der Bebauung) (siehe auch Handlungsoption Freiraum und Wohnumfeld,

S. 241– 243). Die Probleme mit der Unterbringung des ruhenden Verkehrs sollten in

Zusammenarbeit von Kommune und Wohnungsunternehmen quartiersbezogen gelöst

werden – idealerweise auf der Grundlage eines Quartierskonzeptes. Die Parkierung steht

in einem Spannungsfeld: einerseits wollen die Autobesitzer ihr Fahrzeug möglichst nahe

an der Wohnung abstellen, andererseits nehmen die Bewohner die parkenden Fahrzeuge

als große Störung wahr.

In den Interviews wurde berichtet, dass die Bewohner bei Befragungen meist den

ruhenden Verkehr als größte Störung in den Quartieren nennen (z. B. wildes Parken,

unansehnliche Garagenhöfe). Eine neue Organisation und Unterbringung des ruhenden

Verkehrs können daher erheblich zur Aufwertung von Quartieren beitragen. Falls geeig-

nete Flächen in den Quartieren vorhanden sind, bietet es sich an, durch Änderung oder

Neuaufstellung eines Bebauungsplanes neue Stellplatzflächen zuzulassen und gestalterisch

in den Freiraum zu integrieren.

Um das Problem des ruhenden Verkehrs quartiersbezogen zu lösen, können z. B. Test-

planungen oder Wettbewerbe durchgeführt werden. Um die Mobilität der Bewohner zu

verbessern, bestehen weitere Möglichkeiten darin, in den Quartieren Car-Sharing-Ange-

bote einzurichten oder Fuß- und Radwegeverbindungen in das Stadtzentrum auszubauen.

Überblick über Verbesserungen von Verkehrsanlagen in den Quartieren:

Verbesserung der Unterbringung des ruhenden Verkehrs (z. B. Umgestaltung von –

Garagenhöfen, Errichtung von Tiefgaragen, neu gestaltete Stellplatzflächen)

Anpassung der „autogerechten“ Quartiere an heutige Anforderungen (z. B. Reduzierung –

und Umgestaltung der überdimensionierten Erschließungssysteme)

Defizite im ruhenden Verkehr: unattraktive Garagenhöfe und die Dominanz des ruhenden Verkehrs beeinträchtigen in vielen Quartieren das Wohnumfeld.

Ruhender Verkehr und Verkehrsflächen als wichtige Ansatzpunkte

470 Vgl. Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 30

471 Vgl. Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH), 2012, S. 29

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256 6 Handlungsoptionen

6.2.5 Technische Infrastruktur

Eine abnehmende Nachfrage und ein verändertes Verbraucherverhalten in den Nach-

kriegsquartieren können bei der technischen Infrastruktur zu einer Unterauslastung füh-

ren, die sich negativ auf die Funktionsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit auswirken

kann (v. a. Trinkwasser-, Abwasser- und Fernwärmenetze). Bei Bewohnerrückgängen kann

die technische Infrastruktur bis zu einem gewissen Punkt durch Veränderungen der

Betriebsabläufe erhalten werden (z. B. Durchspülung oder Reinigung der Leitungen). Bei

abnehmender Nachfrage werden die Kosten allerdings nicht mehr gedeckt und eine Erhö-

hung der Gebühren droht. Die veränderten Bedarfsstrukturen in den sich ausdünnenden

Quartieren machen neue Lösungen bei der Ver- und Entsorgung erforderlich.472

Stadtumbau wird oft nur aus Sicht der Stadtentwicklung und der Wohnungswirtschaft

betrachtet – die technische, „unterirdische“ Infrastruktur spielt häufig eine untergeordne-

te Rolle, was zu erheblichen Problemen führen kann.473 In den kleinen Wohnquartieren

der 1950er bis 1970er Jahre, bei denen in Schrumpfungsregionen auch über ein Rückbau

nachgedacht werden muss, ist es daher notwendig, auch die Belange die Ver- und Entsor-

gungsbetriebe frühzeitig in die Entscheidungen einzubeziehen.474

Die Ziele der Stadtplanung und der Wohnungswirtschaft können durchaus den Anfor-

derungen der technischen Infrastruktur entgegenstehen. Beispielsweise kann eine Ent-

dichtung bzw. ein Teilrückbau die städtebauliche Situation und die Lebensqualität verbes-

sern, aber gleichzeitig zu Problemen bei der Erhaltung der stadttechnischen Infrastruktur

führen. Da zur Sicherung einer funktionsfähigen und ökonomisch tragbaren stadttechni-

schen Erschließung bestimmte Mindestdichten erforderlich sind, sollten sich Stadtumbau

und Infrastrukturplanung unbedingt ergänzen und koordiniert erfolgen (Stadtumbau-

konzepte für die Gesamtstadt unter besonderer Einbeziehung der einzelnen Quartiere).

Aus Sicht der technischen Infrastruktur gilt es als sinnvoll, bei starker Schrumpfung

anstatt dispersem Rückbau ganze Siedlungseinheiten vom Markt zu nehmen, um so Infra-

strukturabschnitte stillzulegen. Bei Stadtumbauprozessen sollte die bauliche Dichte der

Quartiere erhalten werden, weil die Effizienz der technischen Infrastruktur direkt davon

abhängt.475 Um dies zu erreichen, könnte beispielsweise der Rückbau eines ausgewählten

Quartiers beschleunigt werden, um so andernorts eine Ausdünnung zu vermeiden. Im

Rahmen des Stadtumbau Ost wurde in den letzten Jahren viel Erfahrung beim Rückbau

von technischer Infrastruktur gesammelt, auf die zurückgegriffen werden kann. Aus Sicht

der technischen Infrastruktur sollte der Rückbau von den Netzenden bzw. von außen nach

innen stattfinden. „Parallel zu der Anpassung des Wohnungsbestandes für die Einwoh-

nerzahl der Zukunft – wohnungswirtschaftliche, soziale und architektonische Aspekte –

müssen Kommunen aber auch die geeignete Netzgröße bestimmen.“ 476

Energieversorgung

Nachdem sich die Diskussion um die Energie- und CO2-Einsparung zunächst auf die

Gebäude oder die Kommune konzentrierte, rücken Stadtquartiere als ideale Umsetzungs-

und Handlungsebene in den Fokus. Immer mehr Kommunen erstellen gesamtstädtische

oder quartiersübergreifende Energiekonzepte und bundesweit nehmen Bemühungen zu,

sowohl im Neubau als auch im Bestand energieeffiziente und klimaneutrale Quartiere zu

schaffen. In den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre mit ihrem großen Investitionsstau

bietet sich aktuell die Chance, die notwendigen Sanierungen bzw. Modernisierungen

der Gebäude mit einer Erneuerung der Energieversorgung zu verknüpfen. Das Thema

„Energie“ wird im Idealfall über das einzelne Gebäude hinaus in einem größeren Zusam-

menhang betrachtet. Wenn z. B. die Gebäude eines Quartiers energetisch modernisiert

werden, kann die sogenannte Energiebedarfsdichte soweit sinken, dass wegen der Unter-

auslastung bestehender Versorgungssysteme neue Energiesysteme notwendig werden. In

Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur und sonstigen Rahmenbedingungen eignen

sich die Nachkriegsquartiere für ein übergreifendes Denken in Energiefragen und für den

Aufbau von quartiersbezogenen Versorgungssystemen.

Technische Infrastruktur

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6.2.5 Hardware Technische Infrastruktur 257

Empfohlen wird, in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungswirtschaft, Versorgungs-

unternehmen und Energiefachleuten, energetische Sanierungs- und Energie-(versorgungs)

konzepte für die kleinen Nachkriegsquartiere zu erarbeiten. Der Aufbau von Nahwärme-

netzen, der Einsatz erneuerbarer Energien oder innovative Lösungen mit Kraft-Wärme-

Kopplung sollten geprüft und in den zusammenhängenden Quartieren realisiert werden.

„Damit die Produktion und die Nutzung der erneuerbaren Energien eine hohe Effizienz

erreichen, sind Kooperation zwischen Stadtwerken bzw. Energieunternehmen und Eigen-

tümern bzw. Immobilienunternehmen z. B. in Form von Contracting-Verträgen anzustre-

ben. Auch die Gründung von Eigenbetrieben der lokalen Wohnungswirtschaft ist mög-

lich.“ 477

Für die kleinen Wohnquartiere kann z. B. das im Januar 2012 eingeführte Programm

der KfW-Förderbank „Energetische Stadtsanierung“ in Frage kommen, das die Erstellung

von Quartierskonzepten und den Einsatz eines Sanierungsmanagers finanziell unter-

stützt.478 Die Frage nach einer effizienten und kostengünstigen Energieversorgung kann

auch als Anstoß für eine weiterreichende Zusammenarbeit der Eigentümer in den Quar-

tieren dienen und wichtige Kontakte zwischen den Unternehmen entstehen lassen. So

können gemeinsame Energieversorgungssysteme entwickelt und Kooperationen für güns-

tigere Konditionen beim Einkauf von Energie aufgebaut werden.

Neben den technischen Möglichkeiten bieten sich auch auf Seite der Akteure neue For-

men der Zusammenarbeit und der Organisation für die wirtschaftliche Umsetzung an.

Beispielsweise gibt es Wohnungsunternehmen, die eigene Tochtergemeinschaften gründen,

um die Bewohner kostengünstig mit Energie zu versorgen. Für den Aufbau einer eigenen

quartiersbezogenen Energieversorgung besteht ein interessanter Ansatz z. B. in der Grün-

dung einer Energiegenossenschaft.

Durch die Verbesserung im Bereich Energie können in den Quartieren der Nachkriegs-

jahrzehnte neue Qualitäten geschaffen werden. Energetische Maßnahmen sollten immer

auch mit den wirtschaftlichen und sozialen Belangen verknüpft werden. Trotz aller tech-

nischen Möglichkeiten der Energieeinsparung sollte aber nicht der wichtige Aspekt der

Bezahlbarkeit des Wohnraums vernachlässigt werden. Zusammenfassend kann in den

Quartieren der Effekt genutzt werden, durch eine Bündelung des Wärmbedarfs zu größe-

ren Einheiten in Form von Fern- oder Nahwärmenetzen die Effizienz zu erhöhen. Bei

energetischen Konzepten auf Quartiersebene müssen der energetische Standard der

Gebäude (d. h. Wohnungseigentümer) und das Versorgungssystem (d. h. Energieversorger)

gemeinsam betrachtet und intelligente Konzepte entwickelt werden.479

Referenzprojekt

Karlsruhe: Rintheimer Feld

Im Wohnquartier Rintheimer Feld (Soziale Stadt-Gebiet, ca. 1.200 WE) in Karlsruhe hat

die VOLKSWOHNUNG neben einem Gesamtkonzept ein beispielhaftes Energiekonzept

erarbeitet. Neben bestmöglicher Kosteneffizienz soll eine Minimierung des Primärener-

gieeinsatzes und der CO2-Emissionen erreicht werden. Gleichzeitig mit dem Aufbau eines

Nahwärmenetzes – gespeist aus KWK und Abwärme – werden die Gebäude wirtschaftlich

optimal modernisiert. Der nachfolgende Betrieb wird kontinuierlich überwacht und opti-

miert und die Bewohner mit in die Energieeinsparbemühungen einbezogen.480

472 Vgl. Libbe / Köhler / Beckmann, 2010

473 Vgl. Westphal, 2008, S. 232–234

474 Vgl. Koziol / Veit / Walther, 2006, S. 8

475 Vgl. Koziol, 2005, S. 7 – 8

476 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städte-bau und Raumordnung e. V., 2007, S. 133

477 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 29

478 Vgl. Website: http://www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Energetische_Stadtsanierung/index.jsp ( Zugriff am 23. 11. 2012)

479 Vgl. Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 55 – 56

480 Vgl. Website: http://www.energieforum-karlsruhe.de/index.php?id=78 (Zugriff am 3. 1. 2013); vgl. Website: http://www.eneff-stadt.info/de/pilotprojekte/projekt/details/integrales-quartiers-energiekonzept-karlsruhe-rintheim/ (Zugriff am 3. 1. 2013)

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258 6 Handlungsoptionen

6.2.6 Baukultur und Gestaltungsqualität

Sowohl die breite Öffentlichkeit als auch die Fachwelt sehen (bisher) im Wohnungsbau-

erbe der 1950er bis 1970er Jahre wenige Qualitäten. Allerdings steigt das Interesse – auch

der Denkmalpflege – an der Bauproduktion dieser Zeit, was sich auch in verschiedenen,

jüngst erschienenen Publikationen zeigt.481 Vor allem der großmaßstäbliche Wohnungs-

bau der späten 1960er und 1970er Jahre wird in der öffentlichen Wahrnehmung nur wenig

wertgeschätzt und häufig als nicht-erhaltenswert abgeurteilt. Dennoch haben die Bestände

der Nachkriegsjahrzehnte eine baukulturelle und stadtbaugeschichtliche Bedeutung, mit

der es angemessen umzugehen gilt. Die Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte mit

ihrer leitbildspezifischen Struktur und Bebauung stellen in vielen Kommunen einen wich-

tigen Teil des Siedlungsbestandes und somit ein Stück Stadtbaugeschichte dar. Aus bau-

kultureller Sicht besonders interessant sind die Demonstrativbauvorhaben mit ihren spe-

ziellen Bau- und Wohnkonzepten, die in vielen Städten auf der Grundlage von Wettbewer-

ben entstanden sind (1956 – 1977).482 Für eine angemessene Bewertung der Bestände

müssen mit einem „unvoreingenommenen“ Blick insbesondere die Rahmenbedingungen,

unter denen die Quartiere in den Nachkriegsjahrzehnten entstanden sind, in all ihren

Facetten einbezogen werden.

Die mangelnde Wertschätzung dieser Bestände lässt sich vielerorts in qualitäts- und

rücksichtslosen Sanierungen oder Rückbaumaßnahmen sowie in Sachbeschädigungen

erkennen. Die Weiterentwicklung des Wohnungsbaus der 1950er bis 1970er Jahre ist aber

eine wichtige, nicht zu unterschätzende Gestaltungsaufgabe. Die Gebäude flächendeckend

mit einer Wärmedämmung und mit einem bunten Farbanstrich ohne Gestaltungsan-

spruch zu überziehen, kann weder in energetischer noch in gestalterischer Hinsicht die

Lösung sein.

Auch wenn nur wenige dieser Bestände die Kriterien des Denkmalschutzes erfüllen, so

lohnt es sich trotzdem, die Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre als Zeugen einer Zeit

des Aufschwungs nach dem Krieg und vieler Innovationen zu betrachten und – nach

Möglichkeit – diese Bestände zu erhalten. Aus heutiger Sicht weisen die Quartiere vielfäl-

tige Nachteile und städtebauliche Defizite auf – daher sollte der Grundsatz gelten, die

positiven Charakteristika zu erhalten und Lösungen für ihre nachteiligen Eigenschaften

zu finden, ohne aber die typischen Merkmale der Quartiere und Gebäude bis zur

„Unkenntlichkeit“ zu verändern. Da auch die Gestaltung und ein attraktives Erscheinungs-

bild wichtige Faktoren für die Vermarktung und die Nachfrage sind, ist es empfehlenswert,

bei der Weiterentwicklung der Bestände hochwertige Lösungen anzustreben. Dies kann

aufgrund der Masse der Gebäude nicht flächendeckend stattfinden – aber angesichts der

vielen lieblosen und „unsensiblen“ Eingriffe ist eine stärkere Wertschätzung und ein diffe-

renzierterer Umgang mit diesen Gebäuden dringend angeraten. Die kleinen wie großen

Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollten als erkennbare und lesbare Bestandteile der

baulichen Entwicklung jeder Stadt erhalten bleiben.

Besondere städtebauliche und bezüglich ihrer Entstehungsgeschichte herausragende

Projekte sollten hinsichtlich ihrer Denkmalwürdigkeit untersucht und in ihrer Charakte-

ristik erhalten bleiben. Je nach ihrem Dokumentationswert bzw. den Denkmaleigenschaf-

ten kann eine Unterschutzstellung entsprechend den jeweiligen Denkmalschutzgesetzen

der Länder in Frage kommen. In Baden-Württemberg hat das Landesamt für Denkmal-

pflege im Regierungspräsidium Stuttgart ein Projekt initiiert, bei dem in Zusammenarbeit

mit der Hochschule für Technik Stuttgart verdichtete Siedlungen der 1960er und 1970er

Jahre erfasst und hinsichtlich ihrer Denkmalwürdigkeit untersucht wurden. Dabei wur-

den Denkmalkriterien für diese Bestände erarbeitet und auf deren Grundlage sieben Pro-

jekte aus den 1960er und 1970er Jahren in der Region Stuttgart unter Denkmalschutz

gestellt. Nur bei einem Projekt handelt es sich aber um ein zusammenhängendes Quartier

– die meisten Siedlungen und Quartiere wurden bereits stark verändert.483

Die Planungs- bzw. Gestaltungsqualität in den Quartieren kann – auch außerhalb der

Denkmalpflege – mit Hilfe verschiedener Strategien verbessert bzw. gesichert werden. So

Gestaltungsqualität?

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6.2.6 Hardware Baukultur und Gestaltungsqualität 259

lohnt es sich beispielsweise bei der Modernisierung bzw. Sanierung konkurrierende Ver-

fahren durchzuführen (Wettbewerbe, Mehrfachbeauftragungen) oder besonders gelunge-

ne Projekte auszuzeichnen.484 Bei allen baulichen Veränderungen sollten Architekten als

Experten im Bereich der Gestaltung einbezogen werden. Oft reichen wenige Details aus,

um die Charakteristik des Bestandes zu erhalten. In vielen Quartieren mit kleinteiligen

Eigentümerstrukturen ist in den letzten Jahren ein buntes Durcheinander verschiedener

Gebäudegestaltungen entstanden, was die Qualität des Wohnumfeldes beeinträchtigt. Um

das Erscheinungsbild der einst zusammenhängend entstandenen Quartiere „stimmig“ zu

erhalten, wird geraten, dass Eigentümer die Gestaltung ihrer Gebäude aufeinander abstim-

men (z. B. auf Grundlage von Gestaltungskonzepten, Einsetzen eines „Quartiersarchitek-

ten“). Wohnquartiere können dadurch an Attraktivität gewinnen. Um Quartiere als bau-

kulturelles Zeugnis zu erhalten, kann z. B. durch eine Gestaltungssatzung versucht werden,

das einheitliche Siedlungsbild zu bewahren. Darüber hinaus können Beratungsangebote

für gestalterisch hochwertige Instandsetzungen bei der Kommune eingerichtet werden

(siehe Handlungsoption Kommunale Beratungsangebote, S. 199 f.). Je nach vorhandenem

Baurecht können auch im Rahmen der Änderung oder Neuaufstellung eines Bebauungs-

planes Gestaltungsregeln festgesetzt werden. Falls kein rechtsgültiger Bebauungsplan vor-

liegt, ist zu prüfen, ob § 34 BauGB ausreichend ist, um die Einheitlichkeit einer Quartiers-

bebauung zu erhalten.

Mögliche Maßnahmen zur Erhaltung der Charakteristika und zur Sicherung der Gestal-

tungsqualität in den Quartieren:

gemeinsame, zwischen den Einzeleigentümern abgestimmte Gestaltungskonzepte –

(evtl. auf der Grundlage eines Quartiersentwicklungskonzeptes)

Bewusstseinsbildung zur Erkennung der Qualitäten (Forschungsvorhaben, Veranstal-–

tungen, Vorträge, etc.)

Erhaltungssatzung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB; Genehmigung für Veränderungen –

notwendig)

Gestaltungssatzung (örtliche Bauvorschriften mit räumlich begrenztem Geltungs-–

bereich)

Unterschutzstellung als Einzeldenkmal oder der Ensemble (Denkmalpflegepläne)–

Änderung / Neuaufstellung von Bebauungsplänen (Festsetzungen zur Erhaltung –

der Siedlungsgestalt)

Beratung durch die Kommune–

informelle Instrumente (z. B. Gestaltungsfibeln, Gestaltungshandbücher)–

Installierung eines Kümmerers, Beraters für Instandsetzungen –

Beauftragung von Architekten bei baulichen Maßnahmen an Gebäuden–

Einrichtung von „Quartiersarchitekten“ (neutrale Beratung, Abstimmung der –

Gestaltung der verschiedenen Gebäude)

Durchführung von konkurrierenden Verfahren bei Bestandsmaßnahmen–

Der Versuch, durch Farbe die Quartiere aufzuwerten, glückt nicht immer.

481 Vgl. Von Buttlar / Heuter, 2007; Vgl. Kroos / Bund Deutscher Architekten, 2008; vgl. Gisbertz, 2012; vgl. Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg, 2012

482 Vgl. Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau u. Raumordnung , 1965

483 Vgl. Hopfner / Simon-Philipp / Wolf, 2012

484 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012

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260 6 Handlungsoptionen

Referenzprojekte

Stuttgart: Siedlung Aspen

Die Siedlung Aspen in Stuttgart Botnang (1963-1966, Architekten Kammer und Belz,

Stuttgart) wurde 2011 als Kulturdenkmal ausgewiesen. Geplant als gehobener Wohn-

standort für Landesbedienstete, verfügt die Bebauung bis heute über hohe Qualitäten. Das

1967 mit dem Paul-Bonatz-Preis ausgezeichnete Quartier ist ein gelungenes Beispiel für

verdichtetes, individuelles Wohnen mit einer hohen Wertschätzung des Privaten. „Das

Baugebiet Aspen steht mit seinem hohen Gestaltungsanspruch und den durchdachten

Grundrissen beispielhaft für den gehobenen Wohnungsbau der 1960er Jahre.“ 485

Saarbrücken

Die Stadt Saarbrücken setzt sich in einem Forschungsprojekt – begleitet durch eine inten-

sive Öffentlichkeitsarbeit – mit den Qualitäten der 1950er Jahre Bestände auseinander.

Unter dem Titel „Baukultur in der Praxis – Die modernen 50er in der Eisenbahnstraße“

sollen „verborgene Qualitäten“ wiederentdeckt werden. Das Forschungsvorhaben zielt

darauf ab, das Bewusstsein für Baukultur auf kommunaler Ebene durch vorbildhafte Bei-

spiele zu stärken und praxistaugliche Ansätze zur Sicherung des baukulturellen Erbes auf-

zuzeigen. Die Stadt Saarbrücken koordiniert das Projekt und wird gestalterisch beratend

begleiten. Weitere Kooperationspartner stehen im Projekt beratend zum Thema „Finan-

zierung, Förderung und energetische Sanierung“ zur Seite.486

Hamburg: Altenhagener Weg

Das Fallbeispiel Altenhagener Weg in Hamburg zeigt, wie einst desolate Zeilenbauten

durch einen sensiblen Umgang und mit viel architektonischem Geschick unter Beibehal-

tung der Charakteristika mit hohem Gestaltungsanspruch weiterentwickelt werden kön-

nen (siehe Fallstudie Hamburg, S. 144 – 153).

Behutsame Sanierung Wohnanlage Hochholz, Stuttgart Heumaden (seit 2011 unter Denkmalschutz)

Siedlung Aspen in Stuttgart Botnang (seit 2011 unter Denkmalschutz)

485 Hopfner, Karin / Simon-Philipp, Christina: Größer, höher. Dichter – Projekte: Stuttgart Aspen. In: Hopfner / Simon-Philipp / Wolf, 2012, S. 184–191

486 Vgl. Website: http://www.saarbruecken.de/de/rathaus/stadtentwicklung/baukultur_eisenbahnstrasse (Zugriff am 6. 1. 2013)

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6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 261

Wie in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt, gibt es ein breites Spektrum an investiven und

nicht-investiven Handlungsoptionen, um die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre

weiterzuentwickeln und an die veränderten Herausforderungen anzupassen. Bund und

Länder können wichtige Voraussetzungen schaffen für die Umsetzung der aufgezeigten

Optionen im Bereich Software (vgl. Kap. 6.1) und Hardware (vgl. Kap. 6.2). Wesentlich für

die Entwicklungschancen der Quartiere sind neben den gebietsbezogenen Eigenschaften

weitere Faktoren auf Ebene der Stadt und der Region (z. B. Bevölkerungs- und Arbeits-

platzentwicklung) sowie die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen, deren

Gestaltung in der Hand des Bundes und der Länder liegt (vgl. Kap. 2.5). Diese Rahmen-

bedingungen werden im Folgenden thematisiert.

Für die Bewältigung und Steuerung des Stadtumbaus haben Bund, Länder und die

Europäische Union im Laufe der Jahre ein umfangreiches Instrumentarium in Form von

Finanzierungs- und Förderangeboten und gesetzlichen Regelungen geschaffen. Von großer

Bedeutung ist die Städtebauförderung des Bundes und der Länder. Die Novellierungen des

Baugesetzbuches mit dem Allgemeinen und Besonderen Städtebaurecht und die verschie-

denen Förderprogramme, die immer wieder flexibel auf die aktuellen Anforderungen

reagieren, wurden zu den wichtigsten Instrumenten. Die Forcierung der Innenentwick-

lung und die stärkere Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klima-

anpassung sind zu zentralen, gesetzlich verankerten Handlungsfeldern geworden.

Heute ist ein umfangreiches Förderangebot für die Problemstellungen der Stadt- und

Quartiersentwicklung vorhanden, das fortlaufend weiterentwickelt wird. Allerdings muss

angesichts der vielschichtigen Herausforderungen in den zahlreichen Nachkriegsquartie-

ren diskutiert werden, wie quartiersbezogene Projekte auch außerhalb der Städtebauförde-

rung erfolgreich realisiert werden können. Zudem stellt sich die Frage, wie das vorhandene

Förder- und Steuerungsinstrumentarium – vor dem Hintergrund sinkender Fördermittel –

angewendet werden kann, um die Qualifizierung dieser Bestände voranzutreiben. Bund

und Länder haben verschiedene Möglichkeiten, Voraussetzungen zu schaffen, um die

Anpassung und Weiterentwicklung der kleinen Nachkriegsquartiere zu befördern.

Im Folgenden werden Ansätze und Ideen skizziert sowie Fragen aufgeworfen, in wel-

chen Bereichen es auf der Ebene von Bund und Ländern Handlungsbedarf geben könnte.

Angesichts der Komplexität dieser Materie sind weitere, vertiefende Untersuchungen not-

wendig, die im Rahmen des einjährigen Forschungsprojektes nicht abgedeckt werden kön-

nen.

Rahmenbedingungen und Finanzierung

Auf übergeordneter Ebene gilt es Rahmenbedingungen zu gestalten, die dazu beitragen,

den Werteverfall der Bestände zu vermeiden und Negativspiralen – auch in den kleinen

Quartieren – aufzuhalten bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Angesichts der großen

Menge an Beständen aus den Nachkriegsjahrzehnten mit einem hohen Handlungsbedarf

ist es unverzichtbar, die Quartiere in die aktuelle (nationale) Stadtentwicklungspolitik

aktiv mit einzubinden. In der Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, welche Mög-

lichkeiten es ohne oder nur mit wenigen Fördermitteln zur Weiterentwicklung der Quar-

tiere gibt. Es ließ sich jedoch feststellen, dass die Handlungsspielräume der Kommunen

und der Wohnungsunternehmen ohne Fördermittel oft zu gering sind, um die komplexen

6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen

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262 6 Handlungsoptionen

Herausforderungen in den kleinen Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre langfristig zu

lösen. Ausbleibende Investitionen sowohl der Städte in die kommunale Infrastruktur und

die Stadtentwicklung als auch der Wohnungsunternehmen in die Bestände gefährden die

Qualität und die Zukunftsfähigkeit der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre. Somit droht

eine Verschlechterung in den Quartieren, Abwärtsspiralen können einsetzen und die

Gefahr besteht, dass „Brennpunkte“ entstehen. Fehlen präventive Strategien, können die

Kosten für spätere Aufwertungsmaßnahmen erheblich höher ausfallen. Angesichts knap-

per Ressourcen stellt sich die Frage, wie mit wenigen Mitteln maximale Effekte erreicht

werden können. Ziel ist ein hocheffizienter Einsatz öffentlicher Mittel mit einer hohen

Anstoßwirkung für private Investitionen.

Politikfelder und Gesetzgebung

Die Stadt- und Quartiersentwicklung sind sehr stark von der Ausgestaltung unterschied-

licher Politikfelder abhängig: Struktur-, Stadtentwicklungs-, Infrastruktur-, Wohnungs-,

Arbeits-, Sozial- und Bildungspolitik. Die Wechselbeziehungen der Politikfelder sind kom-

plex und es gilt die räumlichen Auswirkungen der Gesetzgebung (z. B. SGB, KdU, Miet-

recht, Steuergesetzgebung, etc.) und der Förderprogramme auf die Städte und Quartiere

genauer zu untersuchen. Die Förderprogramme und Fördermaßnahmen (z. B. steuerliche

Abschreibungsmöglichkeiten) können u. U. zu Fehlentwicklungen führen. Daher ist es

unabdingbar zu prüfen, ob die Maßnahmen mit den Zielen der Stadt- und Regionalent-

wicklung in Einklang stehen. Hierfür können unterschiedliche Regelungen getroffen wer-

den.

Förderung

Städtebauförderung ist unverzichtbar, um die durch den demografischen und wirtschafts-

strukturellen Wandel verursachten Probleme zu lösen. Für Quartiersansätze in der Stadt-

erneuerung und im Stadtumbau sind Finanzhilfen (v. a. der Städtebauförderung) ein zen-

trales Steuerungsmittel. Die Städtebauförderung schafft sehr gute Rahmenbedingungen

und setzt wichtige Impulse für private Investitionen. Hierfür ist es notwendig, die Erstel-

lung von integrierten Quartierskonzepten und den Aufbau von Kooperationsstrukturen

als investitionsvorbereitende Maßnahmen zu unterstützen. Da immer mehr Städte wegen

ihres angespannten Finanzhaushalts die geforderte Kofinanzierung von Investitionsvor-

haben im Rahmen der Städtebauförderung nicht mehr aufbringen können, sollten die vor-

handenen Ideen für neue Formen der Kofinanzierung, für die Substituierung des kommu-

nalen Eigenanteils weiterentwickelt und auf ihre Praxistauglichkeit und Tragfähigkeit hin

geprüft werden.487

Energetische Verbesserungen und Anpassungsmaßnahmen an eine älter werdende

Gesellschaft sind für die Zukunftsfähigkeit der Quartiere aber unbedingt erforderlich. Da

die notwendigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den Nachkriegsbe-

ständen häufig wegen der geringen Mieten nicht aus den Mieteinnahmen finanzierbar

sind, ist eine Erneuerung der Gebäude oft nur mit Fördermitteln umsetzbar. Abbruch-

maßnahmen, die in machen Quartieren unausweichlich werden, sind ohne Förderung in

der Regel nicht möglich. Bei den Förderungen sollte auch den nicht-investiven Maßnah-

men eine große Bedeutung beigemessen werden (z. B. Erstellung von Konzepten in der

Gesamtschau der Stadt zur Sicherung der Langfristigkeit von Maßnahmen, Prozess-

steuerung, Netzwerkbildung). (Umfangreiche) Förderangebote werden daher weiterhin

notwendig sein (Wohnungsbauförderung, Ausbau von KfW-Programmen, Städtebauför-

derung etc.). Ohne diese Mittel ist es sehr schwierig, langfristig sinnvolle und funktionie-

rende Lösungen in den Quartieren zu realisieren.

Weiterentwicklung der Förderprogramme

Es wäre zu überlegen, für die wichtige Umbruchphase, in der sich aktuell die Wohnquar-

tiere der 1950er bis 1970er Jahre befinden, ein Förderangebot als Ergänzung zur bestehen-

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6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 263

den Städtebauförderung zu schaffen, das die Investitionskraft der Städte und Eigentümer

stärkt und Impulse setzt, um den enormen Investitionsstau in den Quartieren abzubauen.

Die Förderung sollte einfach und effizient gestaltet werden und könnte z. B. im Rahmen

eines Programms für kommunale Infrastrukturinvestitionen oder wohnungswirtschaftli-

che Investitionen aufgelegt werden. Investitionen in die Quartiere der 1950er bis 1970er

Jahre könnten mit günstigen Förderkonditionen unterstützt und angeregt werden. Ergän-

zend zu den Förderinstrumenten ist das Steuerrecht geeignet, um Eigentümer zu Investi-

tionen in den Quartieren anzureizen. Steuervergünstigungen und Abschreibungen kön-

nen in den Quartieren Verbesserungen bewirken und Investitionen begünstigen.

Die bestehenden Förderprogramme sollten verstetigt und – auch im Hinblick auf die

kleinen Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre – weiterentwickelt werden. Stadterneuerung

braucht einen langen Atem und langfristig zuverlässige Finanzierungsmöglichkeiten.

Wichtig ist es, die Stabilisierung auch der kleinen Quartiere voranzutreiben und den wich-

tigen Moment des Generationenwechsels für die notwendigen Aufwertungen zu nutzen.

Förderungen sollten Steuerungswirkung haben und Fehlinvestitionen in die Bestände

unbedingt vermeiden. Ein Monitoring und eine Evaluierung der Programme sind dabei

selbstverständlich. Die Ziele der integrierten Stadtentwicklung lassen sich besser umset-

zen, wenn ein integriertes Förderangebot zur Verfügung steht. Dies setzt die ressortüber-

greifende Bündelung der Fördermittel voraus (Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung, Sozia-

les, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildung, Verkehr, Umwelt). Durch die Bündelung von Mit-

teln kann bezogen auf einen Sozialraum ein größtmöglicher Nutzen entfaltet werden. Die

Städtebauförderung versteht es, die Bereiche zu verknüpfen und räumlich abzubilden. Es

sollte auch eine bessere und vor Ort leichter umsetzbare Verzahnung mit europäischen

Programmen angestrebt werden. Da die verschiedenen Förderungen, die für die Quar-

tiersentwicklung in Frage kommen, sehr komplex und fast unüberschaubar sind, könnten

„Finanzierungsberater bzw. -manager“ sinnvoll sein (z. B. Sanierungsbeauftragte, Sanie-

rungsträger u. a.), um die Kommune und sonstige Akteure bei der Mittelakquise zu unter-

stützen.488

Soziale Wohnraumförderung Die im Jahr 2006 vollständig vom Bund auf die Länder

übertragene Soziale Wohnraumförderung, sollten die Länder stärker an den Herausforde-

rungen und Problemen der Bestände ausrichten und die Förderung entsprechend der

Komplexität von Bestandsmaßnahmen gestalten. Hier ist beispielhaft das Wohnraumför-

derungsgesetz Schleswig-Holstein zu nennen.489 Im Gesetz über die Wohnraumförde-

rung in Schleswig-Holstein (SHWoFG) vom 25. April 2009 heißt es in §1 zum Gesetzes-

zweck und den Zielgruppen: „(3) Weitere Ziele der sozialen Wohnraumförderung sind die

Erhaltung und Schaffung angemessener Wohnumfelder (Wohnumfeldförderung) und die

Erhaltung und Schaffung stabiler Wohn- und Nachbarschaftsverhältnisse, Bewohner- und

Quartiersstrukturen (Quartiersförderung). Die Wohnumfeld- und Quartiersförderung

sollen im Zusammenhang mit gefördertem oder zu förderndem Wohnraum stehen und

müssen die Wohnverhältnisse der Zielgruppen verbessern.“ Um den Quartiersbezug zu

stärken, könnten die Fördermittel nur noch vergeben werden, wenn die Maßnahmen auf

Grundlage eines Quartierskonzeptes erfolgen. Auch das Vorhandensein von Verträgen

zwischen Stadtumbaupartnern könnte als ein begünstigendes Element bei der Fördermit-

telvergabe herangezogen werden.

KfW-Förderungen Neben der Städtebau- und Wohnungsbauförderung gelten die Pro-

gramme der KfW-Förderbank als wichtige Instrumente für verschiedene Investitionen der

Kommunen und Wohnungsunternehmen. Die KfW-Förderbank bietet vielfältige Pro-

gramme an, die sich positiv auf die Entwicklung der Quartiere auswirken. Es ist vorstell-

bar, diese Programme stärker auf die Problemlagen in den kleinen Nachkriegsquartieren

abzustimmen, die Erarbeitung von Quartierskonzepten zu unterstützen und die privaten

Eigentümer zu gemeinsamen Maßnahmen und Kooperationen zu aktivieren. Denkbar

487 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2012 d

488 Vgl. KfW Bankengruppe, 2006, S. 38

489 Vgl. Website: http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Rechtsgrundlagen/Wohnraum/Wohnraum_node.html (Zugriff am 11. 1. 2013)

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264 6 Handlungsoptionen

wäre die Förderung eines Quartiersmanagers (entsprechend dem Sanierungsmanager bei

der energetischen Entwicklung). Neben der KfW-Förderbank gibt es verschiedene Landes-

förderinstitute, z. B. die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Kreditförderprogramme

anbieten. Es sollte die Frage kritisch geprüft werden, welche Auswirkungen eine weitere

Verschärfung der EnEV – vor allem in sozialer Hinsicht – auf die Quartiere hat. Sanierun-

gen, die aufgrund der hohen Auflagen ausbleiben, können die Entwicklung von Quartie-

ren erheblich beeinträchtigen – Modernisierungen, deren hohe Kosten auf die Mieten auf-

geschlagen werden, können zu Verdrängungen führen.

Förderung von Kooperationen

Für die Qualifizierung der Quartiere sind das Engagement und die Investitionen der pri-

vaten Akteure im Stadterneuerungsprozess von entscheidender Bedeutung. Bund und

Länder könnten Rahmenbedingungen schaffen, die dazu beitragen, privates Kapital für

die Quartiersentwicklung zu mobilisieren und ein gutes Ineinandergreifen öffentlicher

und privater Investitionen befördern. Die Förderbedingungen sollten so ausgestaltet wer-

den, dass sie schon von den Voraussetzungen her eine Interessenabstimmung und Koope-

ration erfordern. Im Jahr 2011 startete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und

Stadtentwicklung die Bundesinitiative „Kooperation konkret“. Das Forschungsprojekt

sucht anhand von fünf Fallstudien nach neuen Wegen zur Förderung der Zusammenar-

beit im Quartier.490

Eine zentrale Frage ist, wie parzellenübergreifende Konzepte und Vorgehensweisen in

den Quartieren – idealerweise ohne Zwang – befördert werden können. Im Rahmen des

Forschungsprojektes hat sich gezeigt, dass die Akteure – v. a. außerhalb der Städtebauför-

derung – wenig vernetzt sind und Kooperation nicht zum Alltag gehört. Es sollten daher

Lösungen gefunden werden, wie ein gemeinsames Vorgehen der Akteure in den Quartie-

ren und Investitionen in die Zukunft der Städte und Quartiere als Wohn- und Wirt-

schaftsstandorte befördert werden können. Es stellt sich die Frage, wie die Handlungs-

fähigkeit der Akteure zur Durchsetzung von quartiersbezogenen Maßnahmen erhöht und

ihre Vernetzung gefördert werden kann. In den Interviews hat sich gezeigt, dass einige

Wohnungsunternehmen durchaus bereit sind, Verantwortung und Aufgaben zu überneh-

men. Dieses Potenzial sollte unbedingt genutzt und gefördert werden. Neue Ansätze könn-

ten im Rahmen der nationalen Stadtentwicklungspolitik oder als ExWoSt-Modellvorhaben

oder Modellvorhaben der Städtebauförderung erprobt und später in die Programmgestal-

tung einbezogen werden. Vorstellbar wäre ein – möglicherweise ressortübergreifendes –

Förderprogramm, das den Aufbau von Strukturen in Städten und Quartieren zur Herstel-

lung der wichtigen Vernetzung zwischen allen Akteuren unterstützt. Dies müsste mit

einem vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand möglich sein und könnte sich auf

lange Sicht positiv auf die Stadt- und Quartiersentwicklung auswirken.

Zur Förderung von Kooperationen gibt es verschiedene Instrumente und Modelle.

Eigentümer können sich in einem Gebiet auf freiwilliger Basis als Eigentümergemein-

schaft (ESG) zusammenschließen, die Eigentümer sind nicht zu Abgaben verpflichtet.

Das Modell der Housing Improvement Districts (HID) erfordert eine Verordnung der

Gemeinde, auf deren Grundlage Gebühren von allen Eigentümern in dem festgelegten

Gebiet für quartiersbezogene Maßnahmen erhoben werden können. Ein HID kommt auf

Antrag der Eigentümer zustande, vorausgesetzt ein bestimmter Prozentsatz stimmt dafür.

Um die Umsetzung eines HID zu ermöglichen, müssen die Länder Landesgesetze erlassen.

Erprobt wird das Modell der HID derzeit in der Hamburger Großsiedlung Steilshoop

(ca. 6.400 WE). Die Tragfähigkeit des Modells und seine Übertragbarkeit auf die kleinen

Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Um

die Umsetzung neuer Modelle und Ansätze zu erleichtern und zu fördern, können Bund und

Länder – neben der Schaffung der ggf. erforderlichen gesetzlichen Grundlagen – Informa-

tionen bereitstellen, beispielsweise in Form von Leitfäden (vgl. Leitfaden Eigentümer-

standortgemeinschaften des BMVBS, 2011 b). Um Netzwerke aufzubauen und den Infor-

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6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 265

mationsaustausch zu fördern, kann die Einrichtung einer Transfer-Stelle auf Landesebene

(z. B. Bauforum Rheinland-Pfalz) sinnvoll sein. Die Transfer-Stelle fördert einen praxis-

nahen Wissenstransfer, gibt Publikationen heraus und dgl. Wichtig ist es, die verschiede-

nen Verbände für die Belange der Nachkriegsquartiere stärker zu sensibilisieren.

Förderung integrierter Planungsansätze

In vielen Kommunen gibt es keine qualifizierten integrierten Stadtentwicklungskonzepte

als wichtige Grundlage für sämtliche Entwicklungen und Entscheidungen – nicht nur in

den Nachkriegsquartieren. Die integrierten Entwicklungskonzepte auf gesamtstädtischer

Ebene und / oder auf Quartiersebene können einen wichtigen Orientierungsrahmen geben.

Derartige Konzepte sollten daher für alle (gebietsbezogenen) Förderungen vorausgesetzt

und zur Bedingung für die Inanspruchnahme von Mitteln werden. Dabei sollten auch

Qualitätsanforderungen an die Inhalte und den Erarbeitungsprozess berücksichtigt wer-

den. Die investitionsvorbereitenden und nicht-investiven Prozessbestandteile sind von

großer Bedeutung für die Stadt- und Quartiersentwicklung (z. B. Steuerung, Netzwerkbil-

dung, Quartiersmanagement, etc.) und sollten daher auf breiter Ebene unterstützt werden.

Bewusstseinsbildung und Wettbewerb der Ideen

Bund und Länder können die Anpassung und Weiterentwicklung der Nachkriegsquartiere

durch angewandte Forschungsvorhaben, Auszeichnungsverfahren, Pilotprojekte und

Modellvorhaben (be)fördern (z. B. Modellprojekt „LWQ – Lebendige Wohnquartiere für

Jung und Alt“ in Bayern) und zur Bewusstseinsbildung beitragen. Es könnten beispiels-

weise Ideenwettbewerbe mit besonderen Fragestellungen hinsichtlich der Entwicklung von

Nachkriegsquartieren von Bund oder Land ausgelobt werden (z. B. Schleswig-Holstein:

Wohnen mit Kindern).491 Durch die Kommunikation und Diskussion gelungener Ansätze

und Projekte (z. B. durch Gestaltungspreise, Bauherrenpreise) und eine breite Öffentlich-

keitsarbeit können mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln Akteure aktiviert,

zum Nachahmen angeregt und positive Veränderungen in den Quartieren abgestoßen

werden. Vorstellbar wäre auch ein stärkerer Wettbewerb um Fördermittel – somit könnte

die Vergabe von Fördermitteln mit einer Qualitäts- und Innovationssteigerung bei Projek-

ten verknüpft werden.

Es ist deutlich geworden, dass die Ausgestaltung der übergeordneten Rahmenbedingun-

gen, der Gesetzgebung und der Förderprogramme von entscheidender Bedeutung für die

Weiterentwicklung Nachkriegsquartiere ist. Nur durch ein konzertiertes Vorgehen auf

allen Ebenen und in Kooperation aller beteiligten Akteure wird es möglich sein, Perspek-

tiven und Handlungsoptionen für das Wohnungsbauerbe der 1950er bis 1970er Jahre zu

entwickeln.

Referenzprojekte

Land initiiert Modellprojekt: „LWQ – Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt“

Im Jahr 2003 initiierte die Oberste Baubehörde (Bayern) das Modellvorhaben „LWQ –

Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt“. Im Rahmen dieses Projekt sollten Strategien

aufgezeigt werden, wie baulich und sozial problematische Bestandsquartiere aufgewertet

werden können. Dafür wurden acht Quartiere in verschiedenen Städten in das Modellvor-

haben des experimentellen Wohnungsbaus aufgenommen, in denen verschiedene Maß-

nahmen und Sanierungsstrategien erprobt wurden. „Ziel des Modellvorhabens war es,

innovative Lösungen für den Bestandsumbau und die Bestandsentwicklung kleiner Quar-

tiere insbesondere der 1950er und 1960er Jahre zu entwickeln, die über die herkömmli-

chen Gebäude bezogenen Modernisierungsstrategien hinausgehen. Durch bauliche Maß-

nahmen an den Gebäuden und im Wohnumfeld wie auch durch ergänzende soziale Ange-

bote sollte erkennbaren Mängeln entgegengewirkt, die Wohnqualität verbessert und

die Zukunftsfähigkeit der Quartiere insgesamt gesichert werden. […] Die Strategien ver-

490 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2011/KooperationKonkret (Zugriff am 24. 1. 2013)

491 Vgl. Website: http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Wohnungswesen/WohnenKinder/WohnenKinder_node.html (Zugriff am 24. 1. 2013)

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266 6 Handlungsoptionen

folgten drei Handlungsschwerpunkte: Aufwertung des Wohnumfeldes, die Ertüchtigung

des Gebäudebestandes, die Stabilisierung der Bewohnerstruktur.“492 Im Rahmen des Pro-

jektes wird von einem „Fitnessprogramm“ für die Wohnquartiere gesprochen.

Investitionsbank Schleswig-Holstein: Integrative Quartiersentwicklung (IB.IQ)

Die Investitionsbank Schleswig-Holstein bietet seit 2010 die Förderberatung und Dienst-

leistung „Integrative Quartiersentwicklung (IB.IQ)“ – dabei werden Kommunen woh-

nungswirtschaftlich beraten und Wohnungsunternehmen bei der Quartiersentwicklung

durch umfassende Förderberatung unterstützt. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf

Gesprächen mit den Wohnungseigentümern, um wirtschaftlich machbare Maßnahmen

zu erfassen. Modellhaft wurde in Neumünster „IB.IQ“ angewendet und für drei Quartiere

Konzepte erstellt (siehe Fallstudie Neumünster, S. 102 – 113).

492 Oberste Baubehörde im Bayerischen Staats-ministerium des Innern, 2010, S. 4

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6.4 Zwischenfazit 267

Die dargestellten Handlungsoptionen der drei Hauptakteure – Kommune, Wohnungs-

wirtschaft und Bewohner – im investiven und nicht-investiven Bereich zeigen, dass das

Spektrum an Möglichkeiten, wie in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre Verbesse-

rungen vorangetrieben werden können, sehr groß ist. Ebenso gibt es auch auf der überge-

ordneten Ebene zahlreiche Ansatzpunkte, um die Entwicklung von Quartieren der 1950er

bis 1970er Jahre zu steuern und zu begünstigen. Für die aufgezeigten Handlungsoptionen

gibt es z. T. schon praktische Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden kann – viele

Optionen müssen aber erst noch in der Praxis erprobt werden. Die Wirkungsweise von

verschiedenen Maßnahmen auf das Quartier können nur antizipiert bzw. idealtypisch

betrachtet werden. Die genauen Auswirkungen hängen von so vielen Faktoren ab, sodass

kein konkretes Maßnahmen-Wirkung-Zusammenspiel entwickelt werden kann.

Die Möglichkeiten reichen von vergleichsweise kleinen Projekten, über die Analyse und

Konzepterstellung bis hin zum Umbau oder auch Abriss von Quartieren. Zentral ist die

Frage, welcher Akteur wie strategisch am sinnvollsten vorgeht und zuerst tätig wird und

wie die Finanzierung gesichert werden kann. Es gibt Optionen, die mit wenig finanziellem

Aufwand und mit bereits vorhandenem Personal zu realisieren sein müssten. Andere Maß-

nahmen sind nur mit größeren Finanzmitteln umsetzbar. Ganz ohne Investitionen wer-

den in den Quartieren kaum Verbesserungen zu erreichen sein.

Gemeinsam ist allen Optionen, dass die Akteure ihre bestehenden Handlungsmuster

ändern, mehr in der Dimension „Quartier“ denken und stärker miteinander kooperieren

sollten. Neue Aktivierungs- und Handlungsstrategien sind die Grundlage, um die Quar-

tiere auf lange Sicht zu qualifizieren. Entscheidend ist, wer wann die Initiative ergreift und

wie die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten aufeinander – v. a. inhaltlich und zeitlich

– abgestimmt werden können – dabei kommt der Kommune als Moderatorin und Koordi-

natorin eine große Bedeutung zu. Bei den dringend anzustrebenden Kooperationen ist zu

prüfen, inwieweit auf freiwilliger Basis eine Zusammenarbeit erreicht werden kann oder

ob doch Zwangsinstrumente (z. B. HID) notwendig sind. Die größten Potenziale in den

Quartieren liegen im Handeln der Eigentümer und der Bewohner. Gerade die Förderung

des Bewohnerengagements ist wichtig, um die Quartiere nachfrage- und zukunftsgerecht

weiterzuentwickeln. Zusammenfassend geht es darum, dass alle Akteure ihre Rollen kri-

tisch überdenken bzw. überprüfen und im Hinblick auf eine langfristige Quartiersent-

wicklung anpassen. Die passiven, abwartenden Haltungen und Handlungsweisen gilt es zu

überwinden und aktiver, oder zumindest aufmerksamer mit den kleinen Quartieren der

Nachkriegsjahrzehnte umzugehen. Allein in dieser neuen Ausrichtung der Handlungs-

und Denkweise könnte ein großes Potenzial liegen. In erster Linie geht es darum, Koope-

rationen und Kommunikation zu den anderen Akteuren aufzubauen, gemeinsam zu über-

legen, wie sich ein Quartier entwickeln sollte, und dann dem dafür am besten geeigneten

Akteur die verschiedenen Aufgaben zuzuteilen. In den Quartieren liegen viele ungenutzte

Potenziale, die es zu aktivieren gilt. Angesichts der geringen finanziellen Möglichkeiten

und Spielräume ist es umso wichtiger, innovative Projekte und Lösungen für die verschie-

denen Probleme zu suchen und auch mal unkonventionell vorzugehen. Gerade auf der

übergeordneten Ebene sollten zügig Verbesserungen und Anpassungen vorangetrieben

werden, um die aktuelle, wichtige Phase des Generationenwechsels und der baulichen

Ertüchtigung in diesen Quartieren für notwendige Anpassungen zu nutzen.

6.4 Zwischenfazit

Folgende Aspekte und Belange sollten bei der Entwicklung von Quartieren in Einklang gebracht werden

städtebauliche–

baulich / architektonische–

stadtpolitische–

wohnungswirtschaftliche–

ökonomische–

ökologische–

energetische–

partizipatorische–

gesellschaftliche–

soziale–

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268 6 Handlungsoptionen

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

6.1 Akteure und Strategien (Software)

6.1.1 Kommunales Handeln

Rolle der Kommune überwiegend passives Verhalten der Kommunen–

kaum präventives Handeln–

nur geringe Einflussmöglichkeiten auf den –

Bestand (v. a. ohne Besonderes Städtebaurecht)

fehlende finanzielle + personelle Ressourcen–

„Rollenwechsel“: aktive oder zumindest aufmerksame –

Rolle gegenüber Nachkriegsquartieren (Aktivitäts-steigerung)

Aufgaben: v. a. Initiative, Moderation, Aktivierung –

Privater

Sensibilisierung für das Thema bzw. Bewusstseinsbil-–

dung in Verwaltung + Politik für frühzeitiges Aktivwerden

politische Legitimierung anstreben–

Analyse + Monitoring eher wenig quantitative + qualitative Datengrund-–

lagen + Analysen in Kommunen vorhanden (v. a. kleinräumig)

selten kontinuierliche Beobachtung–

wenig konkrete Informationen für Entscheidungen –

> oft nur Einschätzungen

mangelnde Nutzung + Verknüpfung von –

vorhandenem Datenmaterial

Erstellung von Analysen (Bewohner, Gebäudebestand, –

Wohnungsmarkt, auch kleinräumig!) als Entscheidungs-grundlagen

Nutzung des Datenmaterials für quartiersbezogene –

Auswertungen

kontinuierliches Monitoring der Bau- + Sozialstruktur –

(„Frühwarnsystem“) > quantitative + qualitative Quartiersanalysen (z. B. Bewohnerbefragung)

Austausch + Verknüpfung von Daten zwischen Kommune –

und Wohnungswirtschaft

Planungen + Konzepte Einflussmöglichkeiten durch formelle + informelle –

Instrumente nicht ausgenutzt

in vielen Kommunen keine (Stadtentwicklungs-) –

Konzepte + Planungen vorhanden (v. a. in kleineren Kommunen)

falls Stadtentwicklungskonzepte vorhanden, dann –

positiv bewertet (wichtige Arbeitsgrundlage, lehrreicher Entwicklungsprozess)

fehlende (gemeinsame) Perspektiven + Ziele zur –

Orientierung der Akteure

keine Neuausweisung von Wohnbauflächen (FNP)–

„großzügiger“ Umgang mit formellem Planungsrecht –

im Bestand

Erstellung langfristiger Konzepte für Stadtentwicklung –

(u. a. mit genauer Betrachtung der Nachkriegsquartiere)

Erarbeitung von Fachkonzepten > Verknüpfung mit –

Gesamtkonzept (z. B. Wohnraumversorgungskonzept)

gesamtstädtische Analyse von Nachkriegsquartieren–

Erstellung von integrierten Quartiersentwicklungs-–

konzepten

wichtig: Umsetzungsorientierung, realistische Ziele, –

Bereitstellung von Finanzmitteln, Beteiligung + Abstim-mung mit Betroffenen

Beauftragung Dritter im Bedarfsfall–

Verwaltungsstrukturen + -organisation

zersplitterte Verwaltungsstrukturen > fehlende –

Zusammenarbeit bei Querschnittsthemen

oft keine Entscheidungsstrukturen / Zuständig-–

keiten auf Quartiersebene

Schaffung von Strukturen für Zusammenarbeit auf –

Quartiersebene: ressortübergreifende Zusammenarbeit, Querschnittskompetenzen (z. B. Koordination durch Stadtplanungsamt)

Raumorientierung statt Themenorientierung der –

Verwaltung

Zuständigkeiten schaffen bzw. deren Entstehung unter-–

stützen (z. B. Quartiersräte, Arbeitsgruppen)

Quartier als wichtige Handlungs- und Umsetzungsebene –

kommunale Beratungsangebote

nur wenige Eingriffs- und Einflussmöglichkeiten –

auf Bestandsquartiere

oft fehlende Kenntnisse bei Eigentümern + –

Bewohnern über Veränderungen

Schaffung von Beratungsangeboten zur Unterstützung –

der Eigentümer + Bewohner (z. B. Energieberatung, altengerechter Umbau, Fördermöglichkeiten)

wichtig: Neutralität + Unabhängigkeit–

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6.4 Zwischenfazit 269

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

kommunale Wohnungsunternehmen

mancherorts Verkauf von kommunalen Woh-–

nungsbeständen in der Vergangenheit

sozialer Auftrag: Sicherung der Wohnraumversor-–

gung von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt

Erhaltung / Stärkung der kommunalen Wohnungs-–

unternehmen

Nutzung der kommunalen Unternehmen zur Beeinflus-–

sung des Wohnungsmarktes (z. B. Ausstrahlung von Sonderprojekten )

Übertragung von außerhalb der Verwaltung einfacher –

realisierbaren Aufgaben auf kommunales Unternehmen

weitere Handlungs-optionen der Kommune

Bereitstellung von Quartiersbudgets bzw. Verfügungs-–

fonds

Ausbau / Verbesserung der sozialen Infrastruktur–

Akquise von Fördermitteln (nicht nur Städtebau-–

förderung)

Förderung der lokalen Wirtschaft (z. B. Standortpolitik)–

Initiierung von Modellvorhaben bzw. Leuchtturm-–

projekten

sinnvolle Festlegung der angemessenen Kosten der –

Unterkunft (KdU)

Durchführung von Wettbewerben oder konkurrierenden –

Verfahren im Bestand

etc.–

6.1.2 Wohnungswirtschaftliches Handeln

Rolle + Philosophie der Unternehmen

viele Wohnungsunternehmen (WU) wenig –

„aktiv“ + „innovativ“

oft nur „sporadische“ Berücksichtigung der Ziele –

der Stadtentwicklung (Fokus auf Gebäude)

aktive Rolle bei Stadt- + Quartiersentwicklung –

Erarbeitung / Anpassung Unternehmensleitbild (stärkere –

Berücksichtigung sozialer + ökologischer Belange) > Orientierung an Stadtentwicklung im Idealfall

Partner der Kommune („Stadtrendite“)–

Investitionen in die Bestände

großer Instandhaltungsstau in Quartieren–

WU sehr vorsichtig bei Investitionen–

abnehmende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit–

sehr unterschiedliche Erneuerungsstrategien –

oft geringe Berücksichtigung der Quartiersebene –

bei Investitionen

warmmietenneutrale Modernisierung kaum –

möglich

Abstimmung der Investitionen mit Stadt- / Quartiers-–

entwicklung

Investition auf Basis eines Quartiersentwicklungs-–

konzepts im Idealfall

umfangreiche Abwägung der Folgen für Bewohner –

+ Quartier

Schaffung von langfristig bezahlbarem Wohnraum–

Portfolio-Management um Quartiersebene + weiche –

Faktoren erweitern

Rückbau frühzeitig in Erwägung ziehen–

Dienstleistungen und soziales Engagement

Wohnungsunternehmen nicht mehr nur klassische –

Verwalter

steigender Bedarf an Hilfen + sonstigen Leistun-–

gen, wachsendes Interesse an Unterstützung im Alltag bei vielen Bewohnern

zunehmende Konkurrenz um Mieter –

(v. a. in entspannten Wohnungsmärkten)

soziale Dienstleistungen: Aufbau von wohnbegleitenden –

Dienst- bzw. Serviceleistungen (z. B. Pflege, Betreuung, Sozialmanagement, Concierge-Dienste), Erweiterung des Geschäftsfeldes, Aufbau von Partnerschaften mit externen Anbietern

gewerbliche Dienstleistungen: z. B. eigene Energie-–

versorgung, Car-Sharing, Service-Wohnen

öffentliche Dienstleistungen: teilweise Übernahme –

von Aufgaben der öffentlichen Hand (z. B. bei sozialer Infrastruktur)

Steigerung der Attraktivität der Bestände durch –

Dienstleistungen

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270 6 Handlungsoptionen

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

Belegungs-management

oft Konzentration schwieriger Bewohnergruppen –

in Quartieren

Gefahr überforderter Nachbarschaften –

durch ungünstige Belegungsstrukturen

auslaufende Belegungsbindungen–

Aufbau von Sozial- / Belegungsmanagement mit –

qualifiziertem Personal in Wohnungsverwaltung

Steuerung der Zusammensetzung der Bewohner –

> Schaffung stabiler Nachbarschaften

im Idealfall in Abstimmung mit übergeordneten –

Stellen / Konzepten

Mietpreise meist vergleichsweise günstige Mieten in –

Nachkriegsquartieren

kaum Mieterhöhungsspielraum–

gesetzlich mögliche Umlage der Modernisie-–

rungskosten (11 % lt. § 559 BGB)

Festlegung von Mieterhöhungen unter Berücksichtigung –

der Zahlungsfähigkeit der Bewohner

Erhaltung von günstigem Wohnraum–

allerdings auch Rücklagenbildung für Wohnungs-–

unternehmen notwendig

angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) –

berücksichtigen

Senkung der Betriebskosten–

strategische Koopera-tion zwischen Woh-nungsunternehmen

meist wenig (freiwillige) + kontinuierliche –

Zusammenarbeit + Kommunikation

wenig Abstimmung bei Projekten im Quartier –

mit anderen Eigentümern

Zusammenarbeit bei gesamtstädtischen / konzeptionel-–

len Themen + in Quartieren (z. B. gemeinsame Stimme)

Aufbau von Kommunikation mit anderen Unternehmen –

(gemeinsame Stimme gegenüber Stadt)

weitere Strategien + Handlungsoptionen von Wohnungsunter-nehmen

Mitwirkung bei der Erstellung kommunaler Konzepte –

eigene Erstellung oder Beauftragung von Analysen /–

Konzepten

Einrichtung von Zweigstellen in den Quartieren mit –

festen Öffnungszeiten (Präsenz vor Ort)

Bereitstellung von Räumlichkeiten für verschiedene –

(soziale) Zwecke

Unterstützung von bewohnergetragenen Initiativen –

Einrichtung von Hausmeister- oder Sicherheitsdiensten–

Stärkung oder Förderung der Entstehung eines Mieter-–

beirats (Interessensvertretung/Sprachrohr für die Mieter)

Umzugsmanagement (z. B. bei Sanierungen)–

Concierge-Service (ggf. in Kooperation mit anderen –

WU im Quartier)

Veranstaltungen für Mieter (z. B. Mieterfeste)–

Entwicklung von Informationsmedien (z.B. Mieterzeitung)–

Befragungen zur Wohnzufriedenheit–

Mieterbeteiligung bei Baumaßnahmen–

Qualitätssicherung bei Baumaßnahmen –

(z. B. Wettbewerbe)

Erschließung neuer Zielgruppen (z. B. Studenten)–

positive Öffentlichkeitsarbeit –

Aufbau von Kooperationen mit Wohlfahrtsverbänden, dgl.–

Initiierung von besonderen Projekten (z. B. Taschengeld-–

projekt)

Einstellung von qualifiziertem Personal (z. B. Sozial-–

arbeiter)

Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter–

Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen–

Einrichtung von Treffpunkten in den Quartieren–

Immobilientausch (Vereinfachung von Eigentums-–

verhältnissen in Quartieren)

Stärkere Verbandsarbeit–

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6.4 Zwischenfazit 271

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

6.1.3 Bewohner / bewohnergetragene Initiativen

Bewohnerinitiativen nur selten Zusammenschlüsse von Bewohnern –

in Quartieren

wenig Engagement der Bewohner –

unterschiedliche Bewohnerinteressen in den –

Quartieren (Erstbezieher, Neuhinzuziehende)

verstärkte Einbeziehung der Bewohner in Quartiers-–

entwicklung

Unterstützung von Bewohnerinitiativen zur Verbesse-–

rung der Lebens- und Wohnqualität

Idealvorstellung: selbsttragende Strukturen in den –

Quartieren

Förderung des freiwilligen Engagements durch –

Kommune u. / o. Wohnungsunternehmen (z. B. Bereitstellung von Verfügungsfonds)

6.1.4 Kooperative Strategien der Akteure

Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene

wenig (kontinuierliche) Kommunikation –

+ Kooperation zwischen Kommune + Wohnungsunternehmen (konzeptionell + projektbezogen)

Mehrwert eines gemeinsamen Vorgehens –

wenig erkannt

Hemmnisse: unterschiedliche Interessenlagen, –

Mehraufwand

Schaffung von Kooperationsanreizen (win-win-Situation, –

Synergie-Effekte)

Aufbau von geregelten Kooperationsstrukturen zwischen –

Kommune + Wohnungswirtschaft (projektbezogen + gesamtstädtisch)

gemeinsame Erarbeitung + Umsetzung von Konzepten –

+ Projekten

bessere Abstimmung der Investitionen–

externe Moderation bei großen Konflikten–

Erprobung verschiedener Kooperationsformen –

(z. B. Foren, Gesprächsrunden)

bei Bedarf Einbeziehung weiterer Akteure–

Kooperationen auf Quartiersebene

selten Zusammenarbeit der Eigentümer –

+ Kommune auf Quartiersebene

keine Entwicklung der Quartiere als „Gesamtheit“–

Aufbau von Kooperationen zwischen Eigentümern –

+ Kommune für Quartiersentwicklung

gemeinsame Erstellung + Umsetzung von Konzepten –

(Abstimmung der Investitionen + Maßnahmen)

Nutzung der Vorteile durch konzertierte Vorgehensweise–

Auslotung gemeinsamer Interessen–

Suche nach geeigneter Form der Kooperation –

(z. B. ESG)

Quartiersentwick-lungskonzepte /quartiersbezogene Konzepte

meist keine Konzepte + Ziele bzw. Grundlagen –

für Quartiere vorhanden

Mangel an „Visionen“–

Erarbeitung von Konzepten inkl. Maßnahmen in Zusam-–

menarbeit von Kommune, Eigentümern + Bewohnern

Fokus auf das wirtschaftlich Machbare (realisierbar –

ohne Förderungen)

als Anreiz für Investitionen (Schaffung von Planungs-–

sicherheit)

Einbindung in gesamtstädtische Konzepte–

„light“-Konzepte für die kleinen Quartiere–

Beteiligung der Bewohner

selten Beteiligung der Bewohner bei –

Planungen + Entscheidungen

Hemmnis: Mehraufwand, Verlängerung –

des Prozesses

Aufbau von Beteiligungsangeboten–

Aktivierung der Bewohner, Einbeziehung der Bewohner –

in Umbauprozess

Einräumen von Stimmrecht + Gestaltungsspielraum–

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272 6 Handlungsoptionen

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

Quartiersmanagement (QM) + Kümmerer

viele positive Erfahrungen mit QM in geförderten –

Quartieren > Kümmerer in Quartieren sehr wichtig

große Potenziale im nicht-investiven Bereich–

Quartiere ggf. zu klein–

meist keine langfristige Finanzierung –

(nur Projekte)

Aufbau von QM als Daueraufgabe (Kommune oder –

Wohnungsunternehmen)

Entwicklung von Finanzierungs- und Trägermodellen –

(Kommune, WU, sonstige?)

Etablierung eines Kümmerers vor Ort –

(z. B. Hausmeister)

spezielle Formen in kleinen Quartieren?–

Sozialstruktur einst homogene Bewohnerstruktur–

Generationenwechsel: Veränderung der –

Sozialstruktur

zunehmende Schwierigkeiten in den Quartieren –

durch überforderte Nachbarschaften

zunehmendes sozialräumliches Auseinander-–

driften in entspannten Wohnungsmärkten

Steuerung + Stabilisierung der Bewohnerstruktur–

kontinuierliche Beobachtung der Sozialstruktur–

Erarbeitung von Wohnraumversorgungskonzepten –

oder Belegungskonzepten

Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges–

Steuerung der Belegung gebundener Wohnungen–

Ansprache neuer Zielgruppen (z. B. durch soziale –

Infrastruktur)

Finanzierungsmög-lichkeiten

ohne Förderungen kaum Maßnahmen möglich–

Reduzierung der Förderungen–

bisher kaum private Investitionen in Quartieren–

Entwicklung alternativer Finanzierungsmodelle –

bzw. -quellen

richtiger Zeitpunkt für präventive Maßnahmen –

(wann Kosten geringer?)

private Maßnahmen, bürgerschaftliches Engagement –

anregen

minimale Finanzmittel > maximaler Nutzen–

sonstige Handlungsoptionen in Kooperation der Akteure

gemeinsame Organisation von Veranstaltungen–

gemeinsame Initiierung von Modellvorhaben –

+ Leuchtturmprojekten

Aufbau von Treffpunkten in Quartieren–

Imageverbesserung (z. B. Neighbourhood Branding)–

Quartiersmarketing–

gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit–

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6.4 Zwischenfazit 273

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)

6.2.1 Städtebau

Bebauungsstruktur häufig (leitbedingte) städtebauliche Defizite in –

den Quartieren (Lage, Dichte, Freiflächen, Erreichbarkeit, Parkierung etc.)

Frage nach den strukturellen Veränderungen bzw. –

Erhaltung der Baustruktur und Neustrukturierung

komplexer Entscheidungsprozess hinsichtlich –

städtebaulichen Umgangs mit Quartieren

Behebung der städtebaulichen Probleme–

verschiedene Varianten hinsichtlich Bebauungsstruktur: –

Erhaltung, geringfügige oder strukturelle Veränderungen (punktueller Abriss, Nachverdichtung, Teilrückbau), Abbruch mit Neubau, Abbruch ohne Neubau

zuerste Analyse der Stärken + Schwächen der Quartiere –

> Entwicklung eines räumlichen Konzeptes (in Kooperation Kommune + Wohnungsunternehmen im Idealfall)

Freiraum und Wohnumfeld

überdimensionierte Freiräume (Abstandsgrün)–

wenig Nutzungs- + Aufenthaltsqualität–

großer Pflegeaufwand–

viel Grün ist aber auch Qualität–

fließende Übergänge der öffentlichen + privaten –

Flächen

oft Beschädigungen / Vandalismus –

(erste Anzeichen für Abwärtsspirale)

Wohnumfelduntersuchung > Erarbeitung von –

Freiraumkonzept

Aufwertung / Umgestaltung des Freiraums –

(v. a. auch Parkierung!)

Schaffung von Freiräumen für unterschiedliche –

Zielgruppen

Anlage von Mietergärten bei Interesse –

(Reduzierung der Betriebskosten)

schnelle Beseitigung von Vandalismus –

+ Beschädigungen

ggf. Nutzung der Flächen für Nachverdichtung–

6.2.2 Gebäude

Gebäudebestand oft Bauschäden + bauphysikalische Probleme –

(Schimmelbildung, Trittschall, Haustechnik, etc.)

Instandhaltungs- / Modernisierungsstau–

energetische Mängel (hohe Energiekosten)–

standardisierte, einfache Wohnungen–

hohe Baukosten–

Grundrissänderungen sehr aufwändig–

Sanierung oder Modernisierung (energetische –

Ertüchtigung mit Augenmaß, Reduzierung von Barrieren)

Erneuerung der Haustechnik–

Anbau von Balkonen, Erneuerung der Ausstattung–

Aufstockung / Nachverdichtung–

Verbesserung der Wohn- + Gestaltungsqualität–

Abbruchalternative bei zu schlechtem Zustand –

bzw. mangelnder Wirtschaftlichkeit

Wohnraum Wohnraum begrenzt für heutige Anforderungen –

geeignet

viele ältere Menschen in nicht altengerechten –

Wohnungen (viele Barrieren, keine Aufzüge) > Wunsch: Verbleib möglichst lange selbständig in gewohnter Umgebung

Anpassung an heutige Wohnbedürfnisse–

Reduzierung von Barrieren–

Einbau von Aufzügen (meist wirtschaftlich kaum –

darstellbar)

Überprüfung aller Erdgeschosse hinsichtlich Eignung –

für ältere Bewohner > Umzugsmanagement ins EG

Grundrissveränderungen (wenn wirtschaftlich machbar)–

Verbesserung der Ausstattung–

neue Wohnformen gleichartiges Wohnungsgemenge > nachteilige –

Auswirkungen auf Bewohnerstruktur

Realisierung besonderer Wohnformen in –

Beständen kaum möglich

nur bedingt nachfragegerechte Wohnungen–

Ausdifferenzierung des Wohnraumangebotes in –

Quartieren (ggf. auch durch Neubau)

Entwicklung von Wohnprojekten im Bestand –

(z. B. Generationenwohnen, Senioren-WG) > Schaffung von Unterstützungsangeboten, Bereitschaft von Wohnungsunternehmen zur Trägerschaft

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274 6 Handlungsoptionen

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

6.2.3 Daseinsvorsorge

soziale Infrastruktur größere Siedlungen meist mit eigener Infra-–

struktur, kleine Quartiere meist ohne

oft eingeschränkte Erreichbarkeit–

drohende Schließungen bei abnehmender Nach-–

frage > Attraktivitätsverlust von Quartieren

soziale Infrastruktur wichtig bei Wohnstandort-–

entscheidung + für Lebensqualität

Erhaltung oder Ausbau der sozialen Infrastruktur –

als Standortqualität

ggf. Einbeziehung der Wohnungswirtschaft bei –

Erhaltung der sozialen Infrastruktur

Entwicklung neuer Trägermodelle–

Schaffung von Einrichtungen für Ältere –

(z. B. Pflegestützpunkte)

sozialraumorientierte Verknüpfung verschiedener –

sozialer Bereiche (Bildung, Altenpflege etc.) > gemeinsame Nutzung von Ressourcen

Nahversorgung wegbrechende Nahversorgung vielerorts–

wohnortnahe Versorgung wichtig für –

Wohnqualität (v. a. für ältere Bewohner)

Erstellung von Einzelhandelskonzepten (Vermeidung –

von Konkurrenz)

Sicherung der Versorgung durch Erhalt vorhandener –

Läden

ggf. Aufbau von alternativen Versorgungskonzepten–

Standortvorteil durch Nahversorgung sichern–

6.2.4 Verkehr und Erschließung

Anbindung + Mobilität Verkehrsanbindung je nach Lage von –

großer Bedeutung

Zunahme mobilitätseingeschränkter –

(älterer) Bewohner

Wegbrechen des ÖPNV bei Rückbau–

steigende Kosten für Mobilität–

Sicherung oder Verbesserung der verkehrlichen –

Anbindung (v. a. ÖPNV)

Einrichtung alternativer Mobilitätsmodelle –

(z. B. Bürgerbus, Car-sharing)

ruhender Verkehr + Verkehrsflächen

Beeinträchtigungen des Freiraums durch –

ruhenden Verkehr

„Autogerechte“ Erschließung, überdimensionierte –

Verkehrsflächen

verbesserte Unterbringung des ruhenden Verkehrs–

Umgestaltung der großen Verkehrsflächen–

6.2.5 Technische Infrastruktur

technische Infrastruktur

Anpassung der technischen Infrastruktur –

schwierig

Tragfähigkeit der Infrastruktur durch Bewohner-–

rückgang + verändertes Verbraucherverhalten gefährdet

mangelnde Kostendeckung–

oft mangelnde Berücksichtigung von Belangen –

der technischen Infrastruktur bei Stadtumbau

ungenutzte Potenziale im Bereich Energie –

in Quartieren

frühzeitige Einbindung der Ver- und Entsorgungs-–

betriebe bei Quartiersumbau

bei Rückbau technische Infrastruktur anpassen –

bzw. berücksichtigen (v. a. leitungsgebundene Infrastruktur)

statt dispersem Rückbau Auflassung ganzer –

Siedlungseinheiten

Erstellung von Energieversorgungskonzepten–

Aufbau von Nahwärmenetzen, dgl. für Energie-–

versorgung auf Quartiersebene, Einsatz erneuerbarer Energien, Kooperationen zwischen Eigentümern + Energieversorgern

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6.4 Zwischenfazit 275

Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag

6.2.6 Baukultur und Gestaltungsqualität

Baukultur + Gestaltungsqualität

mangelnde Wertschätzung des Wohnungsbaus –

der 1950er – 1970er Jahre

unsensibler Umgang mit Gebäuden der –

Nachkriegsjahrzehnte

Bewusstseinsbildung für Wohnungsbauerbe–

sensibler Umgang mit den Gebäuden–

Erhaltung der Charakteristika als Zeugen –

der Nachkriegszeit

Untersuchung hinsichtlich Denkmalwürdigkeit–

Verbesserung der Gestaltungsqualität (z. B. durch –

konkurrierende Verfahren, Gestaltungskonzepte, Quartiersarchitekten)

6.3 Gestaltung der Rahmenbedingungen auf übergeordneter Ebene

Rahmenbedingungen + Finanzierung

wenig Aufmerksamkeit für die kleinen Quartiere –

der Nachkriegsjahrzehnte

keine Aufmerksamkeit für quartiersbezogene –

Ansätze außerhalb der Städtebauförderung

oft nur sektorale Strategien, ressortübergreifende –

Ansätze wenig ausgeprägt

Stärkung präventiver Ansätze–

Förderung von quartiersbezogenen Ansätzen –

durch ressortübergreifende Programme / Initiativen

Kontinuierliche Weiterentwicklung, Anpassung –

und Bündelung der Förderprogramme

Förderung / Unterstützung von Kooperationen–

Weiterentwicklung und Stärkung der Wohnungsbau-–

förderung

Verstetigung der Städtebauförderung–

Stärkung der Bewusstseinsbildung –

Unterstützung von anwendungsbezogenen, –

disziplinübergreifenden Forschungsprojekten

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276 7 Szenario einer Quartiersentwicklung

7 Szenario einer Quartiersentwicklung

Die in Kapitel 6 dargestellten Handlungsoptionen zeigen ein breites Spektrum an Mög-

lichkeiten für die Weiterentwicklung und Revitalisierung der Nachkriegswohnquartiere

auf. Je nach Rahmenbedingungen können die Hauptakteure die verschiedenen Optionen

anwenden und miteinander kombinieren. Im Folgenden wird ein idealtypischer Prozess

in der fiktiven Stadt Wohnhausen aufgezeigt, wie die Akteure sowohl auf der Ebene der

Gesamtstadt als auch in einem konkreten Quartier vorgehen könnten. Es soll beispielhaft

dargestellt werden, wie ein kleines Wohnquartier der 1950er bis 1970er Jahre – in diesem

Fall das Quartier „Luft und Sonne“ – durch ausgewählte Maßnahmen und eine koordi-

nierte Vorgehensweise einer „neuen Zukunft“ zugeführt werden kann. Es wird davon

ausgegangen, dass keine Mittel der Städtebauförderung zur Verfügung stehen. So wie im

Szenario angegeben, könnte es sich zutragen.

Gesamtstadt

Steckbrief Kommune Wohnhausen

Einwohner: 70.000 –

Mittelzentrum–

äußerer Randbereich eines Verdichtungsraums–

derzeit bereits leichte Bevölkerungsrückgänge (Prognose: weitere Schrumpfung)–

Wohnungsmarkt entspannt (Neubau nur noch bei Einfamilienhäusern am Stadtrand)–

Anteil Wohnungen in MFH: 40 %–

große Wohnungsbestände aus den 1950er bis 1970er Jahren (neben einer Groß-–

siedlung am Stadtrand zahlreiche kleinere Quartiere v. a. aus den 1960er Jahren)

Wohnungsmarktakteure: kommunales Wohnungsunternehmen (ca. 20 % der Woh-–

nungsbestände in MFH), 2 Genossenschaften, freie Wohnungsunternehmen, in vielen Quartieren kleinteilige Eigentümerstrukturen

bislang flächendeckend gute Versorgung mit sozialer Infrastruktur, Nahversorgung –

teilweise allerdings bereits weggebrochen (v. a. in den Nebenzentren und peripheren Stadtteilen)

Arbeitsmarkt / Wirtschaft: einige große Arbeitgeber vorhanden, Abwanderung junger –

Menschen in Großstadt

kein Stadtentwicklungskonzept vorhanden–

bisher keine Auseinandersetzung mit den kleinen Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte–

Verschiedene Fachbereiche der Stadtverwaltung von Wohnhausen stellen zunehmend fest,

dass sich die Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre verändert. Bis-

her waren die Quartiere eher unauffällig; die Stadt hat sich nicht mit diesen Strukturen

beschäftigt. Neben der Sanierung der historischen Innenstadt hat sich das Stadtplanungs-

amt bisher intensiv um die Großsiedlung Blockstraße gekümmert, deren Stabilisierung seit

drei Jahren durch das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ gefördert wird. Dort

wurden bereits erste Erfolge erzielt, aber die zuständigen Stellen beobachten die ständig

sinkenden Programmmittel mit großer Sorge.

Stadtgrundriss von Wohnhausen mit Kernstadt

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Gesamtstadt 277

In den kleinen, bisher unauffälligen Quartieren nehmen seit einiger Zeit Beschwerden

über Defizite im öffentlichen Raum zu – der ungepflegte Spielplatz, auf dem sich zuneh-

mend lärmende Jugendliche am Abend treffen, Beschädigungen an der Bushaltestelle und

wild parkende Autos erregen das Ärgernis bei einigen langjährigen Bewohnern. In den

Nachkriegsquartieren steigt der Anteil älterer, mobilitätseingeschränkter und auf Pflege

angewiesener Menschen an. Beim Amt für Familie, Jugend und Senioren fragen immer

mehr ältere Menschen aus den Quartieren nach Rat, da ihre Wohnungen nicht alten-

gerecht sind und die Alltagsorganisation vor allem seit der Schließung von diversen Nah-

versorgern zunehmend schwierig wird.

Das kommunale Wohnungsunternehmen stellt gleichzeitig fest, dass es auf dem sich

entspannenden Markt immer schwieriger wird, Wohnungen in den verdichteten Nach-

kriegsquartieren zu vermieten. Vor allem die peripher gelegenen Quartiere und kleine,

weitgehend unsanierte Wohnungen werden kaum mehr nachgefragt. Gleichzeitig müssen

immer mehr Bewohner „der ersten Stunde“ in das städtische Pflegeheim umziehen, da sie

den Alltag nicht mehr bewältigen können und pflegebedürftig sind.

Der Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsgesellschaft, Herr Immomann, beobach-

tet mit Sorge, dass selbst bei sehr günstigen Mieten Familien nicht mehr in diese Quartiere

ziehen. Es lässt sich ein klarer Trend in die innerstädtischen Lagen oder an den Stadtrand

in die Einfamilienhausgebiete feststellen. Trotz beträchtlicher Investitionen in den Bestand

lässt der Vermietungserfolg zu wünschen übrig und die Refinanzierung der Ausgaben ent-

spricht nicht den Vorstellungen. In einigen Quartieren ist die Fluktuation stark angestie-

gen und oft sind problematische Mieter in die Wohnungen gezogen – der Aufwand für die

Verwaltung der Wohnungen und die Betreuung der Mieter hat sich in den letzten Jahren

stark erhöht. Herr Immomann berichtet der Leiterin des Planungsamtes, Frau Planmann

bei einem Treffen im Rahmen des Neujahrsempfangs von diesen noch nicht sehr besorg-

niserregenden, aber durchaus wahrnehmbaren Entwicklungen in den Quartieren der

Nachkriegsjahrzehnte.

Im Stadtplanungsamt wächst das Bewusstsein, dass sich die kleinen Probleme in den

Quartieren künftig durchaus verschärfen könnten. Frau Planmann spricht diese Thematik

in einer Besprechung mit ihrem Team an. Die Problematik wird diskutiert und es wird

selbstkritisch festgestellt, dass man sich bisher nicht mit diesen Quartieren auseinander-

gesetzt hat. Die Mitarbeiter des Planungsamtes sind sich einig, dass Probleme zu erwarten

sind – vor allem, weil die Eigentümer kaum investieren und der Sanierungsstau mittler-

weile sehr groß ist. In der nächsten Abteilungsleitersitzung setzt Frau Planmann das

Thema auf die Tagesordnung und bespricht sich mit ihren Kollegen aus anderen Fachge-

bieten. Dabei zeigt sich, dass auch die anderen Abteilungen schon erste Anzeichen für

Verschlechterungen wahrnehmen oder Schwierigkeiten in der Zukunft erwarten.

Frau Planmann beauftragt einen Mitarbeiter, sich einen ersten, groben Überblick über die

Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre zu verschaffen. In einer

Stadtgrundkarte markiert er alle Wohngebiete, die in den drei Nachkriegsjahrzehnten

entstanden sind, und ist selber erstaunt, wie viele bunte Flächen sich schließlich auf dem

Plan finden. Das städtische Amt für Statistik wertet beispielhaft für drei Quartiere die

Einwohnerdaten der letzten Jahre aus. In der Zeitreihe lässt sich erkennen, dass die

Bewohnerzahl – auch im Vergleich zur Gesamtstadt – seit Jahren stark rückläufig ist. Der

Anteil der Menschen über 65 Jahre liegt mit bis zu 75 Prozent deutlich über dem städti-

schen Durchschnittswert. Es wird weiter recherchiert und stichhaltige Grundlagen und

Informationen vorbereitet, die die Problematik und die Chancen der Quartiere aufzeigen.

Mehr und mehr verdeutlicht sich, dass eine „aufmerksame“ Rolle der Kommune ange-

sichts der Menge an Beständen und Problemen auf lange Sicht nicht ausreichend sein wird,

sondern dass ein präventives, vorausschauendes Handeln notwendig ist.

Beschwerden von Bewohnern aus Nachkriegs-quartieren nehmen zu.

Die Mietpreise in Wohnhausen sinken.

Im Planungsamt wird die Problematik erkannt und besprochen.

Bei der Kartierung wurden erstaunlich viele Quartiere identifiziert.

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278 7 Szenario einer Quartiersentwicklung

In der Folge wird ämterübergreifend eine Vorlage für den Gemeinderat vorbereitet, in der

die Situation in den Nachkriegsquartieren aus verschiedenen Blickwinkeln beschrieben

und ausführlich dargelegt wird, weshalb sich die Kommunalverwaltung künftig stärker

mit den Wohnungsbeständen der 1950er bis 1970er Jahre beschäftigen sollte. In der nächs-

ten Gemeinderatssitzung erläutert Planungsamtsleiterin Planmann die Herausforderun-

gen, die sich momentan in den zahlreichen Nachkriegsquartieren ergeben, und weist darauf

hin, welche Vorteile gerade in einem frühzeitigen Einschreiten liegen. Der Gemeinderat

erkennt die Chancen, die sich aus einer präventiven Beschäftigung mit den Quartieren

ergeben. Deshalb wird beschlossen, dass die Situation in den Nachkriegsquartieren genau-

er analysiert und Konzepte für die Entwicklung der Quartiere erarbeitet werden sollen.

Nach diesem positiven Beschluss ist das Stadtplanungsamt voller Tatendrang und beginnt

mit konkreten Überlegungen, wie die Problematik der Quartiere angemessen in ihrer

gesamten Komplexität erfasst werden kann. Bei der Erarbeitung zeigt sich, dass es sinnvoll

wäre in der sektoral organisierten Kommunalverwaltung eine Struktur zu schaffen, die es

ermöglicht, alle relevanten Ämter an einen Tisch zu holen. Unter der Federführung des

Stadtplanungsamtes wird eine fachübergreifende Arbeitsgruppe aufgebaut (Sozialamt,

Wohnungsamt, Baurecht, soziale Infrastruktur, Statistik, technische Infrastruktur etc.),

im Rahmen derer die Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er aus den ver-

schiedenen fachlichen Perspektiven regelmäßig besprochen wird. Nach und nach ergibt

sich „Gesamtbild“ der Veränderungen und Herausforderungen in den Quartieren.

Das Stadtplanungsamt vertieft den vorhandenen Plan, in dem bereits sämtliche Quartiere

der 1950er bis 1970er Jahre kartiert sind. In Zusammenarbeit mit dem statistischen Amt

werden die Entwicklung der Bewohnerzahl in den letzten zehn Jahren sowie die Sozial-

struktur sämtlicher Quartiere an Hand weniger Daten analysiert. In allen Quartieren zeigt

sich ein ähnliches Bild: Die Zahl der Bewohner nimmt ab, der Altersdurchschnitt ist sehr

hoch. Um aber fundierte Aussagen unter Berücksichtigung der Gesamtstadt treffen zu

können, zeigt sich, dass es an genauen Kenntnissen über die Situation auf dem lokalen

Wohnungsmarkt und die Wohnraumversorgung der verschiedenen Nachfragegruppen in

Wohnhausen fehlt. Darüber hinaus mangelt es an konkreten Informationen über die mit-

tel- und langfristige Entwicklung der Kommune. Welche Entwicklungen sind zu erwarten

und welche Ziele sollen für die Gesamtstadt angestrebt werden? Angesichts dieser Defizite

setzt sich im Planungsamt immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Erstellung eines

integrierten Stadtentwicklungskonzeptes sehr sinnvoll wäre. Bisher hat man sich vor dem

Aufwand des Erarbeitungsprozesses eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes ge-

scheut.

In der nächsten Gemeinderatssitzung wird die Erstellung eines integrierten Stadtentwick-

lungskonzeptes vorgeschlagen und beschlossen. Unter Zuhilfenahme eines externen Büros

wird mit breiter Beteiligung der Bevölkerung und sämtlicher anderer Betroffener in einem

zweijährigen Prozess ein Stadtentwicklungskonzept („Zukunft Wohnhausen 2050“) erar-

beitet. Gleich zu Beginn wird ein Wohnraumversorgungskonzept erstellt, bei dem Ange-

bot und Nachfrage sowie die Wohnsituation der Einwohner genau untersucht und kon-

krete – auch räumliche Aussagen – getroffen werden, welche Bestände bzw. Quartiere für

welche künftige Nachfragegruppen besonders geeignet sind. Im Kapitel „Wohnen“ des

Stadtentwicklungskonzeptes werden die Perspektiven der Nachkriegsquartiere im Kontext

der Gesamtstadt ausführlich thematisiert. Für jedes Quartier wird eine kurze Analyse der

Stärken, Schwächen und Potenziale erarbeitet, Aussagen zu deren künftigen Entwicklung

getroffen sowie erste Maßnahmen für Verbesserungen aufgezeigt („Quartiersprofile“). An-

gesichts der ständigen Veränderungen wird beschlossen, ein kontinuierliches Monitoring

Wohnen aufzubauen und das Wohnraumversorgungskonzept kontinuierlich fortzuschrei-

ben.

Der Gemeinderat beschließt, die Quartiere genauer zu untersuchen.

Eine fachübergreifende Arbeitsgruppe wird aufgebaut.

Die Quartiere werden genauer untersucht.

Ein integriertes Stadtentwicklungskonzept wird erarbeitet.

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Gesamtstadt 279

Im Zuge der Erstellung des Konzeptes gelingt es der Kommune mit den verschiedenen

Akteuren auf dem Wohnungsmarkt in Kontakt zu kommen und eine Zusammenarbeit

aufzubauen. Die Kommune hat ein kurzes „Paper“ verfasst und an die verschiedenen

Wohnungsunternehmen verschickt, in dem sie ihr Anliegen und die Problematik der

Nachkriegsbestände kurz und bündig darlegt, um bei den Eigentümern das Bewusstsein

zu schärfen. Während sich neben der kommunalen Wohnungsgesellschaft die beiden

Genossenschaften als sehr kooperativ erweisen, macht die Kommune die Erfahrung, dass

es ziemlich schwierig ist, die freien Wohnungsunternehmen, die in den letzten Jahren

Streubesitz in einigen Bereich aufgekauft haben und nicht am Ort ansässig sind, für die

Belange der Stadt- und Quartiersentwicklung zu aktivieren.

Unter Federführung der Stadt wird künftig drei Mal jährlich ein Arbeitstreffen mit den

kooperationsbereiten Wohnungsunternehmen stattfindet, bei dem über aktuelle Entwick-

lungen und Probleme auf dem Wohnungsmarkt diskutiert wird und ein Austausch voran-

getrieben wird. Das Stadtplanungsamt übernimmt die Koordination und Organisation

und greift dabei aber bei Bedarf auf die Ressourcen der Unternehmen zurück (z. B. Räum-

lichkeiten, Büroinfrastruktur). Die kontinuierliche Zurverfügungstellung von wohnungs-

marktrelevanten Daten seitens der Stadt stellt sich als guter Anreiz heraus, um die Woh-

nungsunternehmen für die Zusammenarbeit zu gewinnen. Im Gegenzug stellen auch eini-

ge Wohnungsunternehmen dem städtischen Statistikamt Daten ihres Wohnungsbestandes

zur Verfügung. Auf diese Weise kann die Aussagekraft der Daten erheblich verbessert und

die Entwicklungen in den Quartieren besser verfolgt werden.

Auf Grundlage des Stadtentwicklungskonzeptes, der gesamtstädtischen Quartiersanalyse,

des Monitorings und der Informationen aus den Arbeitstreffen mit der Wohnungswirt-

schaft wird genau abgewogen, welche Nachkriegsquartiere in der Stadt am ehesten bzw.

am frühesten von Problemen betroffen sein könnten. Bei einzelnen Quartieren zeichnet

sich ab, dass auf lange Sicht die Chancen für eine positive Entwicklung nicht allzu gut

stehen. Unter Berücksichtigung des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs wird für das

Quartier „Stadtrandsiedlung“ ein Rückbaukonzept ausgearbeitet. Die Siedlung entstand in

den 1960er Jahren an einem nicht-integrierten Standort, weist bereits erhebliche Leerstände

auf und kann nicht mehr mit vertretbarem Aufwand an heutige Anforderungen angepasst

werden. Die Wohnungseigentümer werden in das Stadtplanungsamt eingeladen und es

wird ihnen ausführlich erläutert, weshalb in ihrem Quartier nicht von positiven Perspek-

tiven ausgegangen werden kann und sich daher Investitionen nicht mehr lohnen.

Die Stadt verfolgt die Strategie, statt dispersem Rückbau eine ganze Siedlungseinheit

vom Markt zu nehmen, um so andere Quartiere mit besseren Zukunftschancen zu stabili-

sieren. Für den Rückbau sollen Mittel der Städtebauförderung akquiriert werden. Im

Quartier „Luft und Sonne“ will die Stadtverwaltung künftig verstärkt Maßnahmen zur

Aufwertung und Zukunftssicherung vorantreiben. Zunächst soll erprobt werden, wie die

Eigentümer zu Investitionen angeregt, Kooperationen aufgebaut und Maßnahmen umge-

setzt werden können, um die Erfahrungen auf weitere Quartiere zu übertragen. Um sich

aber nicht nur auf ein Quartier zu konzentrieren und die Entwicklung der anderen Quar-

tiere außen vor zu lassen, wird im Stadtplanungsamt ein „Quartiersbeauftragter“ benannt.

Die Verwaltung verfolgt damit das Ziel, auch in den anderen Quartieren erste Aktivitäten

der Eigentümer und Bewohner anzuregen und die Quartiere im Blick zu behalten. Im

Rahmen einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit (u. a. Zeitungsartikel, Flyer) werden

Bewohner verschiedener Nachkriegsquartiere aufgefordert, sich zusammenzuschließen

und einen Quartiersrat zu wählen – dafür wird auch eine Hilfestellung der Stadt angebo-

ten. Wenn dies gelingt, wird der Bewohnergruppe ein jährliches Budget von bis zu

3.000 Euro zur Verfügung gestellt, das frei für Maßnahmen im Quartier genutzt werden

darf. Gleichzeitig schafft die Kommune verschiedene Beratungsangebote (z. B. „Wohnen

im Alter“, „Energieberatung“).

Die Kommune baut Kontakte zur Wohnungs-wirtschaft auf und informiert über das Vorgehen.

Lage des Quartiers „Luft und Sonne“ im Stadtgrundriss

Ein Arbeitskreis unter der Federführung der Stadt wird eingerichtet.

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280 7 Szenario einer Quartiersentwicklung

Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“

Steckbrief des Quartiers „Luft und Sonne“

Bebauungsstruktur: viergeschossige Zeilen aus den 1960er Jahren, –

wenige Einfamilienhäuser am Rand, ein Hochhaus aus den 1970er Jahren an zentraler Stelle

Lage: Randlage, ca. 20 Gehminuten zur Innenstadt–

Infrastruktur: im Gebiet keine sozialen Einrichtungen vorhanden–

ca. 350 WE (überwiegend kleine Zwei- und Dreizimmerwohnungen)–

ca. 70 Prozent der Bewohner über 60 Jahre alt–

hohe Fluktuation, fortschreitender Generationenwechsel bzw. Mieterwechsel –

(ca. 15 Prozent noch Erstbezieher)

hoher Investitionsstau bzw. Sanierungsbedarf der Gebäude (abgesehen von neuen –

Fenstern in den 1990er Jahren kaum Verbesserungen an den Gebäuden seit der Fertigstellung)

mangelhaftes Erscheinungsbild, unattraktive Eingangssituationen–

große, ungepflegte Freiflächen ohne Aufenthaltsqualität, unansehnliche Garagenhöfe, –

ruhender Verkehr an den Straßenrändern, unordentliche Müllsammelplätze

Eigentümerstruktur: kommunale Wohnungsgesellschaft, Genossenschaft, privatwirt-–

schaftliches Wohnungsunternehmen, private Kleinanbieter, einige WEG

Die gesamtstädtische Analyse der Nachkriegsquartiere hat für das Quartier „Luft und

Sonne“ einen besonderen Handlungsbedarf erkannt, aber auch Chancen festgestellt. Das

Quartier soll in den nächsten Jahren in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungseigen-

tümern und Bewohnern ohne den Einsatz von Städtebauförderungsmitteln folgenderma-

ßen weiterentwickelt werden.

Die Kommune informiert alle Eigentümer und Bewohner in dem Quartier schriftlich,

dass sie sich künftig verstärkt um den Bereich kümmern und Verbesserungen anstoßen

will. Auch in der örtlichen Presse wird darüber berichtet. Transparent und ausführlich

wird begründet, weshalb das Quartier „Luft und Sonne“ ausgewählt wurde und welche

Ziele verfolgt werden. Allerdings wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Kommune

dies nicht allein erreichen kann, sondern auf die Mithilfe der lokalen Akteure angewiesen

ist. Die Kommune definiert von vornherein ihre Rolle: In der Anfangsphase wird sie ver-

stärkt aktiv sein, um Entwicklungen anzustoßen, und vor allem die Aufgabe einer Mode-

ratorin und Koordinatorin übernehmen. Die Eigentümer, aber auch die Mieter werden

aufgefordert, sich an Ideen und Maßnahmen für die Zukunft des Quartiers zu beteiligen.

Die Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes für das Quartier „Luft und Sonne“ ist als

mehrstufiger Prozess angelegt, an dem alle Betroffenen beteiligt werden. Die Stadt über-

nimmt die Federführung sowie die textliche und grafische Darstellung des Konzeptes – ein

Mitarbeiter ist damit sechs Wochen beschäftigt. Die Kommune veranstaltet einen Auf-

takttermin, zu dem alle Wohnungseigentümer eingeladen werden. Bei der Informations-

veranstaltung wird über die Vorgehensweise und Zielsetzungen informiert, die Vorteile

einer Zusammenarbeit aufzeigt und schließlich die grundsätzliche Bereitschaft für eine

Mitwirkung abgefragt. Während die Wohnungsbaugesellschaft „Wohngut“ noch keine

Leerstände hat und sich daher weitgehend passiv verhält, hat die Genossenschaft „Gemein-

sam Wohnen“ schon erhebliche Leerstände und ist daher gleich kooperationsbereit. Die

Stadt versucht einen verbindlich organisierten Prozess und eine Struktur aufzubauen. Die

meisten Eigentümer können davon überzeugt werden, sich an der Erstellung des Quar-

tiersentwicklungskonzeptes aktiv zu beteiligen – auch finanziell.

In einem ersten Schritt wird eine umfassende Bestandsanalyse durchgeführt. Dabei

werden folgende Themen untersucht: Lage und Verknüpfung des Quartiers, Städtebau,

Bebauungsstruktur des Quartiers „Luft und Sonne“

Die Kommune informiert alle Akteure über die anstehende Beschäftigung mit dem Quartier.

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Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“ 281

Erscheinungsbild, Energie (Sanierungsstand der Gebäude, Energieversorgung), Freiraum

(Wohnumfeld, ruhender Verkehr, Pflegezustand, Aufenthaltsqualität), Eigentümerstruktur,

Bewohnerstruktur (Anteil älterer Bewohner und Kinder, Einkommensstruktur, Wohnzu-

friedenheit), Nahversorgung sowie soziale und technische Infrastruktur. Um den Gebäu-

dezustand mit möglichst geringem Aufwand zu erfassen, bittet die Stadt die Eigentümer

um Informationen über die Gebäude (v. a. hinsichtlich Energie, Barrieren, Grundrisse,

Sanierungsstand, Haustechnik).

Um mehr über die Probleme, Wünsche und Ziele der Bewohner zu erfahren, wird ein

externes Büro beauftragt, eine schriftliche Bewohnerbefragung durchzuführen. In

Abstimmung mit der Stadt und den Wohnungsunternehmen, die auch Vorschläge für Fra-

gen einbringen können, wird ein Katalog mit offenen und geschlossenen Fragen erarbeitet.

Der Rücklauf ist gut (über die Hälfte der Bewohner antwortet). So werden wichtige

Erkenntnisse über das Innenleben und die Zukunftspläne der Bewohner gewonnen, die

als Grundlage in die Ziele des Quartierskonzeptes einfließen. Beispielsweise wünschen

sich die älteren Bewohner, möglichst lange in dem Quartier bleiben zu können, sehen aber

große Schwierigkeiten, da die Wohnung für das Wohnen im Alter nicht geeignet ist. Die

Wohnzufriedenheit und die Verbundenheit mit dem Quartier sind trotz der Defizite

erstaunlich hoch. Am meisten stören die Bewohner die Unordnung und die mangelnde

Qualität des Wohnumfeldes. Darüber hinaus werden mit den Wohnungseigentümern leit-

fadengestützte Interviews geführt, um die Ziele und geplanten Investitionen in dem Quar-

tier zu erfassen. Schwierig gestaltet sich die Kontaktaufnahme mit der Wohnungseigen-

tümergemeinschaft in dem Hochhaus.

Die Ergebnisse der Analyse werden den Bewohnern in einer öffentlichen Veranstaltung

präsentiert. In einer anschließenden Zukunftswerkstatt sammeln die Bewohner Vorstel-

lungen für die künftige Entwicklung. Auch den Wohnungseigentümern werden die Ergeb-

nisse vorgestellt. Es folgen mehrere Besprechungen und es wird ein Arbeitskreis eingerich-

tet, in dem die Potenziale und möglichen Zielsetzungen besprochen werden. Die Rohfas-

sung des Konzeptes wird den Eigentümern zur Verfügung gestellt und dann deren

Einwände und Vorschläge im Rahmen des Möglichen eingearbeitet. Ein Kraftakt besteht

darin, die unterschiedlichen Interessenslagen der Eigentümer angemessen zu berücksich-

tigen und in Einklang zu bringen. Wenn Wünsche bzw. Forderungen nicht aufgenommen

werden können, dann wird dies ausführlich begründet. Ziel war es, dass am Ende sämtli-

che Eigentümer das Konzept mittragen können und prinzipiell damit einverstanden sind.

Parallel dazu wird die Rohfassung auch den Bewohnern präsentiert, die ebenfalls die Mög-

lichkeit haben, Vorschläge und Änderungen einzubringen. Sämtliche Anregungen werden

geprüft und entweder eingearbeitet oder begründet abgelehnt. Durch dieses kooperative

Verfahren und durch die breite Beteiligung der Akteure wird ein für alle tragbares Kon-

zept erarbeitet. Handlungsfelder und Ziele werden definiert und mögliche Maßnahmen

und Projekte sowohl textlich als auch zeichnerisch in einem Rahmenplan dargestellt.

Anschließend wird geprüft, welche Maßnahmen am ehesten aus wirtschaftlicher Sicht zu

realisieren und besonders effektiv in Hinblick auf den Aufwand und Nutzen sind (Unter-

teilung in Prioritäten, Erarbeitung eines Umsetzungs- und Finanzierungskonzeptes).

In städtebaulicher Hinsicht wird vorgeschlagen, an den Stirnseiten der Zeilen neue Punkt-

häuser mit altengerechten Wohnungen zu schaffen. So kann für Familien, aber auch für

ältere Bewohner geeigneter Wohnraum in der gewohnten Umgebung angeboten werden.

Gleichzeitig wird ein Beitrag zur Innenentwicklung geleistet und die Raumbildung der

aufgelockerten Siedlung verbessert. Im Rahmen des Konzeptes wurde unter Einbeziehung

aller Wohnungsunternehmen auch ein Energieversorgungskonzept erarbeitet – leider

konnten die privaten Eigentümer nicht dafür gewonnen werden. Die professionelle Woh-

nungswirtschaft sieht die großen Einsparungschancen und ist bereit, die veraltete Energie-

Eine Stärken-Schwächen-Analyse wird erarbeitet.

Die Kommune befragt die Bewohner und Wohnungsunternehmen.

Ein Konzept und ein Rahmenplan werden unter Beteiligung der Akteure erarbeitet.

An der Stirnseite der Zeilen werden neue Punkt-häuser errichtet und ein Nahwärmenetz aufgebaut.

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282 7 Szenario einer Quartiersentwicklung

versorgung in den Gebäuden umzustellen. Es soll ein Blockheizkraftwerk (BHKW) an

einer geeigneten Stelle errichtet werden, das alle anderen Gebäude über ein Nahwärme-

netz versorgt und erhebliche Kosteneinsparungen erzielt.

Auf Grundlage des Quartiersentwicklungskonzeptes und des Rahmenplanes beginnen

sowohl die Kommune als auch die Wohnungseigentümer nach und nach, verschiedene

Maßnahmen und Projekte umzusetzen. Die Stadt wertet die unattraktiven Straßenräume

und einen Spielplatz auf. Dadurch setzt sie ein wichtiges Zeichen und animiert weitere

Eigentümer zu Investitionen in ihre Bestände. Die ersten Gebäude werden modernisiert

und dabei die im Konzept vorgeschlagene Farbgestaltung berücksichtigt. Neben Häusern,

die lediglich energetisch und gestalterisch aufgewertet werden, werden in manchen Gebäu-

den, in denen es statisch und bautechnisch problemlos möglich ist, Grundrissveränderun-

gen durchgeführt. Kleine Zweizimmerwohnungen werden zu großen familiengerechten

Wohnungen zusammengelegt. Nachdem ein Zeilengebäude weitgehend barrierefrei umge-

baut und ein Aufzug ergänzt wurde, wird den älteren Bewohnern im Quartier angeboten,

dorthin umzuziehen. Die Wohnungsunternehmen arbeiten zusammen und bieten auch

ein Umzugsmanagement an.

Für die Errichtung der neuen Punkthäuser in den Zwischenräumen schafft die Kommune

in einem unkomplizierten Verfahren Baurecht (§ 34 BauGB) und das kommunale Woh-

nungsunternehmen beginnt mit den Bauarbeiten. An anderer Stelle nehmen drei Woh-

nungsunternehmen gemeinsam die Umgestaltung eines desolaten Garagenhofes in An-

griff. Die Garagen werden zum Teil abgebrochen und der ruhende Verkehr weniger stö-

rend in den Freiraum integriert.

Im leitbildtypischen, unattraktiven Abstandsgrün wird an einem schönen Sommertag ein

„Quartiersgarten“ unter Federführung des kommunalen Wohnungsunternehmens ange-

legt. Vorab sind die Bewohner darüber informiert worden und der neue Garten mit einer

Laube wird mit einem Fest eingeweiht. Künftig wird ein Hausmeister des Unternehmens

den Garten „im Auge“ behalten. Dort steht es den Bewohnern nach dem Vorbild des

„urban gardening“ frei, Gemüse etc. anzupflanzen. Die notwendigen Geräte werden von

einer lokalen Gärtnerei gespendet, die auch mit Rat zur Seite steht. Der Garten hat sich in

der warmen Jahreszeit zu einem wichtigen informellen Treffpunkt entwickelt.

Um die Bewohner stärker in die Aufwertung einzubeziehen und das durchaus vorhandene,

aber nicht genutzte ehrenamtliche Engagement zu aktivieren, wird in dem Quartier eine

„verkleinerte Form“ des Quartiersmanagements geschaffen. In einer leerstehenden Erdge-

schosswohnung wird ein Büro eingerichtet, das montags und freitags mit einer städtischen

Sozialarbeiterin besetzt ist. Es handelt sich dabei um eine quartiersmanagementähnliche

Einrichtung als Mischung aus Mietertreff und Quartiersbetreuung. Dort können Bewoh-

ner ihre Probleme und Wünsche vorbringen. Die Stadt hat in zähen Verhandlungen

erreicht, dass die Wohnungsunternehmen die Personalkosten zur Hälfte übernehmen –

dies sind wenige hundert Euro im Monat, die sich aber durchaus bezahlt machen. Die

Wohnung wird von dem kommunalen Wohnungsunternehmen kostenlos überlassen. Die

Quartiersmanagerin Frau Care kümmert sich an den restlichen Wochentagen um zwei

weitere Quartiere mit ähnlichen Rahmenbedingungen bzw. Herausforderungen. In einem

der Zimmer wurde ein kleines Bewohnercafé eingerichtet, das von den älteren Mietern

rege genutzt wird. Gerade für die zuziehenden Bewohner mit Migrationshintergrund wer-

den verschiedene Hilfestellungen angeboten (z. B. Übersetzungshilfen, Sprachkurse). Am

Nachmittag bietet ein pensionierter Lehrer Hausaufgabenbetreuung für die Kinder an.

Zudem organisiert das Büro verschiedene kleinere Projekte und Veranstaltungen, wie

Mieterfeste oder gemeinsame Reinigungsaktionen des Freiraums. Das Angebot dieses

informellen Treffpunkts wird von den Bewohnern sehr gut angenommen. Ziel ist es, die

Der öffentliche Raum wird aufgewertet.

In den neuen Punkthäusern entstehen bedarfs-gerechte Wohnungen.

Die oberirdische Parkierung wird neu geordnet.

Im Abstandsgrün wird ein kommunikativer Quartiersgarten eingerichtet.

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Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“ 283

Einrichtung nach einer ersten Erprobungsphase auch an den anderen Tagen zu öffnen –

dies soll durch einen Bewohnerverein getragen werden, der die Verantwortung übernimmt

und diesen Kommunikations- und Treffpunkt mit ehrenamtlichem Engagement sichert.

Für diese Aufgabe haben sich einige pensionierte Bewohner schon bereit erklärt. Je nach

Ernteertrag gibt es gemeinsame „Kochtage“, an denen das Gemüse aus dem Quartiersgar-

ten verarbeitet wird. Am Dienstagnachmittag wird der Gemeinschaftsraum an den Verein

„Wohnhausener Literaturfreunde“ vermietet. Ebenso besteht die Möglichkeit, den Gemein-

schaftsraum für Familienfeste und dgl. zu nutzen. Die Einnahmen kommen dem Quartier

zugute (z. B. Quartiersfest).

Um den Standort für Familien attraktiver zu machen, beschließt die Kommune im Rah-

men des gesetzlich ohnehin notwendigen Kita-Ausbaus, gezielt in eine nahe gelegene Kita

zu investieren. Das mittlerweile in die Jahre gekommene Gebäude wird modernisiert und

das Angebot mit erweiterten Öffnungszeiten und besonderen Betreuungskonzepten ver-

bessert.

Die kommunale Wohnungsgesellschaft besitzt ein Zeilengebäude an zentraler Stelle des

Quartiers, das wegen mangelnder Instandhaltung und besonders schlechten Grundrissen

zu einem großen Teil leer steht. Da sich in den letzten Jahren in Wohnhausen immer wie-

der Gruppen gemeldet haben, die sich für gemeinschaftliches bzw. generationenübergrei-

fendes Wohnen interessieren, versucht das Unternehmen diese Nachfrage durch besonders

günstige Konditionen in das Bestandsgebäude zu lenken. Zunächst wird der Versuch

unternommen, über direkte Ansprache von Interessierten und durch Öffentlichkeitarbeit

eine Baugemeinschaft zu finden, die das Gebäude kauft und als Eigentumsobjekt umbaut.

Da sich jedoch keine verbindliche Gruppe bilden lässt und vielen Interessierten die Kosten

zu hoch sind, entscheidet das Unternehmen, gemeinsam mit einer bereits formierten

Gruppe aus jüngeren Familien und älteren Menschen, die an den Kosten gescheitert ist,

ein Mietwohnprojekt entwickeln. Die noch in dem Gebäude wohnenden Mieter werden

beim Umzug in eine gleichwertige Wohnung unterstützt. Das Unternehmen hat bereits

eine Personalstelle für Sozialmanagement, die den Entwicklungsprozess des Wohnprojek-

tes unterstützt. Gemeinsam mit den Bewohnern wird der Umbau des Hauses geplant und

durchgeführt. Im Erdgeschoss wird ein Gemeinschaftsraum eingerichtet, der auch von

anderen Menschen oder Einrichtungen im Quartier genutzt werden kann. Nach der Fertig-

stellung übernimmt die Hausgemeinschaft zahlreiche Aufgaben (z. B. Pflege der Freiflä-

chen) und darf bei Mieterwechseln die neuen Bewohner auswählen. Das Wohnprojekt

strahlt positiv in die Umgebung aus, die Bewohner unterschiedlichen Alters helfen sich

gegenseitig bei der Alltagsorganisation. Die Fluktuation ist sehr gering und es fällt für das

Wohnungsunternehmen nur wenig Verwaltungsarbeit an. Die Identifikation der Bewoh-

ner mit ihrem Wohnquartier ist hoch.

Zur Förderung der Nachbarschaft wird jeden Sommer ein Bewohnerfest veranstaltet,

das die Wohnungsunternehmen gemeinsam finanzieren. Die Quartiersmanagerin organi-

siert das Fest mit Hilfe einiger engagierter Bewohner. Dabei wird das Engagement verdien-

ter Bewohner gewürdigt und ausgezeichnet.

Im 1960er Jahre-Quartier „Luft und Sonne“ ist innerhalb weniger Jahre sowohl die

Bebauungs- als auch die Sozialstruktur erheblich verbessert worden. Durch diverse Verän-

derungen an den Gebäuden und im Freiraum ist ein hochwertiges Erscheinungsbild ent-

standen. Der erneuerte, weiterhin kostengünstige Wohnraum entspricht den aktuellen

Anforderungen und zieht somit neue Nachfragegruppen in das Quartier. Durch die ver-

schiedenen Aktivitäten im nicht-investiven Bereich hat sich die Qualität der Nachbar-

schaft verändert und auch das Image des Quartiers hat sich erheblich verbessert. Aus dem

in die Jahre gekommenen Quartier „Luft und Sonne“ ist ein aus sich selbst heraus funktio-

nierendes, zukunftsgerechtes Quartier geworden.

Die soziale Infrastruktur wird verbessert.

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284 8 Fazit und Ausblick

In dem Forschungsprojekt wurde der Frage nachgegangen, wie die kleinen Wohnquartiere

der 1950er bis 1970er Jahre ökonomisch, energetisch, sozial, gestalterisch, funktional und

städtebaulich weiterentwickelt und an neue Anforderungen angepasst werden können.

Insbesondere die große Zahl der Nachkriegs-Wohngebäude, die in vielen Kommunen

einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung leisten, mahnt zu einer verstärkten

Beschäftigung und zu Überlegungen, wie diese Quartiere erneuert werden können. Die

Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte zählen in vielen Regionen zu den Verlierern des

demografischen und wirtschaftlichen Wandels, der sich in erheblichem Umfang auch auf

den Wohnungsmarkt auswirkt – sie geraten aus ihrem sozialen, ökonomischen, ökologi-

schen, baulichen und „baukulturellen“ Gleichgewicht. In den Quartieren der 1950er bis

1970er Jahre treffen die drängenden „Megathemen“ der Gegenwart und Zukunft – demo-

grafischer Wandel und Energie – in besonderer Weise aufeinander. Die fehlende Ziel-

gruppeneignung und die fehlende Attraktivität sind ein wesentliches Problem der Nach-

kriegsquartiere. Das Erbe des Wiederaufbaus steht derzeit in vielen Kommunen vor einer

ungewissen Zukunft.

Der Wohnungsbau der 1950er bis 1970er Jahre hat in den letzten Jahrzehnten eine

wechselvolle Entwicklung hinter sich gebracht. Während die Quartiere unter Bedingun-

gen von Wohnungsmangel und knappen Ressourcen entstanden sind, sind sie heute

bereits in vielen Regionen mit einem Wohnungsüberhang konfrontiert – Leerstände statt

Wohnungsnot. Einst galten sie als Zeichen des Aufschwungs und eines besseren Lebens –

heute kämpfen sie (oftmals) mit einem schlechten Image. Die große städtebauliche und

soziale Bedeutung der Nachkriegsbestände ist unbestritten. In strukturstarken Regionen

sind sie zwar meist weniger nachfragegerecht, aber wegen des günstigen Mietpreises sehr

beliebt – unter Schrumpfungsbedingungen werden die Wohnungen meist nicht mehr

nachgefragt und sind von Leerstand bedroht. In entspannenden Wohnungsmärkten haben

die Quartiere im Vergleich zu anderen Wohnungsmarktangeboten ein erhöhtes Leer-

standsrisiko. Die Bestände müssen an die veränderte Nachfrage angepasst werden, um

eine Weiternutzung und somit auch eine Sicherung der Immobilienwerte zu erreichen.

Soziale, ökonomische und baulich-räumliche Handlungsfelder überlagern sich in kom-

plexer Weise.

Ausgehend von der Annahme, dass der Handlungsdruck in vielen Wohnquartieren der

1950er bis 1970er Jahre in den kommenden Jahren gravierend zunehmen wird, stellt sich

die Frage, wie die Akteure die Qualifizierung der Quartiere frühzeitig vorantreiben kön-

nen – auch dann, wenn keine Städtebauförderungsmittel zur Verfügung stehen. Die Fall-

studien-Untersuchungen sowie die zahlreichen Interviews und Gespräche haben gezeigt,

dass in den kleinen Quartieren bisher noch kaum langfristig wirksame Veränderungen

vorgenommen wurden und sich die Schwierigkeiten verschärfen. Die vermeintliche

Unauffälligkeit der Quartiere darf nicht mit einer Problemlosigkeit gleichgesetzt werden.

Lebendige, funktionierende und ressourcenschonende Wohnquartiere sind ein zentrales

Ziel der aktuellen Stadtentwicklungspolitik. Es muss kritisch gefragt werden, weshalb es

bis heute nicht besser gelingt, die so zahlreich vorhandenen Wohnquartiere aufzuwerten

und an die aktuellen und künftigen Bedürfnisse anzupassen. Ein wesentliches Hemmnis

für die Qualifizierung liegt in den fehlenden finanziellen Ressourcen der Kommunen und

der Wohnungseigentümer. Da auch künftig nicht auf breiter Basis von einer Verbesserung

8 Fazit und Ausblick

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8 Fazit und Ausblick 285

der finanziellen Lage ausgegangen werden kann, müssen Lösungen gefunden werden, die

kostengünstig realisiert werden können.

Potenziale der Nachkriegsquartiere nutzen und

gemeinsam Zukunftsperspektiven entwickeln

In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre schlummern ungenutzte Potenziale.

Die momentane Phase der Quartiere, in der Sanierungen bzw. Modernisierungen nötig

werden und der Generationenwechsel immer stärker einsetzt, ist ideal, um neue Ideen und

Zukunftsperspektiven für diese Quartiere zu entwickeln. Die Bestände sind in so großer

Menge vorhanden, dass eine reine Bestandserhaltung ohne nachhaltige und langfristig

ausgelegte Veränderungen nicht ausreichend ist. Die Probleme sind vielschichtig und

unterscheiden sich von Quartier zu Quartier, sodass keine allgemeinen, auf bestimmte

Quartierstypen bezogenen Handlungsempfehlungen gegeben werden können. Die Weiter-

entwicklung der Quartiere ist eine Gemeinschaftsaufgabe und sollte sich nicht nur in Ein-

zelaktionen erschöpfen. Es ist daher wichtig, individuell ein Verständnis für die Zusam-

menhänge eines Quartiers und darauf aufbauend Handlungsstrategien zu entwickeln. Die

Perspektiven der Quartiere sind in hohem Maße von der lokalen Wohnungsmarkt- und

Wirtschaftslage sowie den Entwicklungszielen der Eigentümer abhängig. Darüber hinaus

sind die Planungskultur und die Anbieterstruktur auf dem lokalen Wohnungsmarkt wich-

tige Rahmenbedingungen. Die wichtige Phase des Umbruchs und den kontinuierlichen

Veränderungsprozess gilt es zu steuern. Die vielfach verfolgte Strategie des Abwartens ist

nicht zukunftsfähig, denn der Erneuerungsbedarf in den Quartieren wird zunehmen und

der Handlungsdruck auf die Akteure steigen. Gleichzeitig sind die Steuerungsmöglichkei-

ten begrenzt – v. a. wenn öffentliche Mittel fehlen.

Eine Zukunftsfähigkeit der Bestände kann insbesondere durch eine hohe Objekt- und

Standortqualität erreicht werden, die aber die Bezahlbarkeit des Wohnraums nicht außer

Acht lässt. In den schrumpfenden Regionen wird sich aber künftig die Situation so gestal-

ten, dass es nur noch Verschiebungen der Probleme geben wird – entweder zwischen kon-

kurrierenden Kommunen oder Quartieren. Die Aufwertung eines Bereichs der Stadt geht

meist zu Lasten eines anderen, da es an Einwohnern fehlt und es wird unumgänglich sein,

Bestände vom Markt zu nehmen. Die Untersuchung zeigte, dass die Gebäude durch ent-

sprechende Maßnahmen durchaus große Potenziale für die weitere nachhaltige Entwick-

lung haben – sowohl für die Kommunen, als auch für die Wohnungswirtschaft bzw.

Eigentümer. Die Architektur und Gestaltung der Nachkriegsjahrzehnte stoßen allerdings

bei vielen Menschen auf Ablehnung und es wird wenig sensibel mit diesem Bestand umge-

gangen. Einige Projekte – leider sind es bisher nur wenige im Vergleich zur Masse der

Bestände – zeigen aber, welches Potenzial in den „unattraktiven und unauffälligen“

Gebäuden liegt. Manche Wohnungsunternehmen sprechen sogar von einem „Comeback

der 1950er Jahre“ (z. B. Stäwog Bremerhaven).

Kooperationen aufbauen und eine neue Kommunikationskultur entwickeln

Für die Entwicklung der Quartiere ist eine neue Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen

den Akteuren notwendig. Die Weiterentwicklung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre

ist ein Prozess, der nur durch Kooperationen und eine neue Kommunikationskultur in

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286 8 Fazit und Ausblick

Gang zu setzen ist. Die entscheidende Frage bei der Entwicklung der Quartiere besteht

darin, ob es gelingt die privaten Akteure und Bewohner von der Notwendigkeit des

Stadtumbaus und von Kooperationen zu überzeugen. Aktionismus ist jedoch nicht ziel-

führend – es ist wichtig, langfristige Perspektiven zu entwickeln. Erfolge stellen sich dann

ein, wenn die Eigentümer aktiviert werden können, da ohne deren Investitionsbereitschaft

keine Veränderungen umgesetzt werden können. Es kann angenommen werden, dass in

vielen Fällen vor allem Kommunen die Initiatoren sein werden (z. B. Planungsamt, Sozial-

amt). Aber auch Wohnungsunternehmen können an die Kommune herantreten, um die

Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven eines Gebiets zu besprechen, bevor Investi-

tionen getätigt werden.

In den Untersuchungen ließ sich feststellen, dass es kaum ein gemeinsames Handeln der

verschiedenen „Quartiersakteure“ gibt. Die Gründe dafür sind nicht klar benennbar –

einerseits scheint es an einem Verständnis für die Vorteile von Kooperationen zu fehlen,

andererseits schreckt der dadurch entstehende Mehraufwand ab. Zentraler Ausgangs-

punkt für quartiersbezogene Ansätze und neue Formen der Zusammenarbeit ist die Tat-

sache, dass ein einzelner Akteur in einem Quartier meist nur wenig bewegen kann und

dass für ganzheitliche Aufwertungen koordinierte Vorgehensweisen notwendig sind. Die

gleichen Problemlagen und die gleiche Betroffenheit der Akteure stellen ein großes Poten-

zial für Kooperationen in den Quartieren dar. Eine moderierende Begleitung der Prozesse

kann sinnvoll sein. Es gibt verschiedene geeignete Akteure, die eine Dienstleistung als

Gesamtprojektmanager für die Quartiersentwicklung anbieten können, z. B. Planungs-,

und Projektsteuerungsbüros oder Sanierungsträger. Wichtig dabei ist die Neutralität der

Beratung.

Eine wesentliche Schwierigkeit besteht darin, dass die verschiedenen Akteure meist

unterschiedliche „Reaktionszeiten“, Zielsetzungen und Handlungsspielräume haben, die

es zu koordinieren gilt. Die Stadtverwaltungen sind mit ihren langwierigen Abläufen oft

zu „träge“, um gezielt und rasch reagieren zu können. Daher besteht ein sinnvoller und in

vielen Kommunen bereits praktizierter Ansatz darin, dass sich die Wohnungsunterneh-

men – vor allem kommunale Gesellschaften – an der Entwicklung von Quartieren beteili-

gen. Sie können schneller und effektiver reagieren als kommunale Verwaltungen. Ange-

sichts der Überforderung der öffentlichen Hand in vielen Bereichen sollte darauf hin gear-

beitet werden, dass die Privaten (Wohnungseigentümer, Bewohner) zu den Hauptakteuren

des Stadtumbaus werden. Die Kommunen müssen versuchen, Verantwortung für die

Umsetzung von Maßnahmen auszulagern und strategische Kooperationen aufzubauen.

Allerdings hat auch die Übertragung von Verantwortung der zunehmend finanziell einge-

engten öffentlichen Hand auf Private ihre Grenzen.

Die Einbindung aller Hauptakteure in den Anpassungsprozess der Quartiere stellt hohe

Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit und das Kommunikationsmanagement.

Quartiersentwicklung kann nur auf der Basis einer breiten Beteiligung und Akzeptanz der

Betroffenen funktionieren. Die zentrale Herausforderung besteht darin, eine handlungs-

fähige Eigentümerstruktur aufzubauen. Die Aufgaben der öffentlichen Hand bzw. der

Kommune verschieben sich bei der Quartiersentwicklung in Richtung Management, Kon-

zeption, Beratung, Aktivierung und Aushandlung. Kommunen werden aber auch weiter-

hin Investitionen v. a. in den öffentlichen Raum übernehmen und ihre Pflichtaufgaben

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8 Fazit und Ausblick 287

erfüllen müssen. Die Wohnungseigentümer können durch – gut geplante und gezielt ein-

gesetzte – Investitionen in den Bestand einen Beitrag leisten. Mieter können die Situation

in den Quartieren durch ehrenamtliches Engagement verbessern. Ebenso haben sie die

Möglichkeit die Kommune und die Eigentümer zum Handeln aufzufordern. Im Idealfall

übernimmt die Stadt die strategische Steuerungsfunktion und greift bei der operativen

Umsetzung auf die verschiedenen privaten Akteure zurück.

Ein Konsens und für beide Seiten – die öffentliche Hand und die Privaten – tragbare

Ziele lassen sich nur finden, wenn ein vertrauensvolles Klima hergestellt werden kann und

wenn die Kommune berechenbar und strategisch handelt. Daher ist es z. B. wichtig, bei

Umbauplanungen sowohl die Aspekte des Städtebaus, der Architektur, der technischen

und sozialen Infrastrukturplanung als auch die wohnungswirtschaftlichen Belange zu

berücksichtigen. Zentrale Schwierigkeiten bei der gemeinsamen Quartiersentwicklung

bestehen darin, die Aktivitäten der Akteure zeitlich abzustimmen. Abwartende Haltun-

gen der Eigentümer gilt es zu überwinden. Insbesondere der Aufbau von selbsttragenden

Strukturen ist von großer Bedeutung für die dauerhafte Sicherung von Quartieren. Es

kann resümiert werden, dass die Herausforderungen in den Quartieren ohne Kooperatio-

nen zwischen Wohnungswirtschaft, Kommune und sonstigen öffentlichen Einrichtungen,

Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und Bewohnern nicht zu bewältigen sind.

Integrierte Entwicklungskonzepte als Prozess – Stadt – Stadtteil – Quartier

Ohne integrierte Konzepte sind die disziplinübergreifenden Handlungsfelder nicht in Ein-

klang zu bringen und die Quartiersentwicklung der Nachkriegsbestände bleibt ein Frag-

ment. Die Erarbeitung von integrierten Stadt(teil)entwicklungskonzepten, die sich auch

mit der Entwicklung von Nachkriegsquartieren beschäftigen, ist ein wichtiges Instrument.

Sie berücksichtigen die Belange der unterschiedlichen Handlungsfelder, führen sie in

einem integrierten Konzept zusammen und können dazu beitragen, Fehlinvestitionen zu

vermeiden. Sämtliche Investitionen sollten im Idealfall in Konzepte eingebunden sein bzw.

auf Grundlage von langfristigen Konzepten erfolgen. Ohne das Engagement und die

Investitionen der jeweiligen Akteure haben Konzepte allerdings nur wenig Sinn und „landen

in Schubladen“. Für eine möglichst hohe Verbindlichkeit ist es von großer Bedeutung, alle

relevanten Akteure in den Erarbeitungsprozess einzubeziehen. Standortperspektiven für

die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollten dabei in Abstimmung mit allen

betroffenen und davon profitierenden Akteuren entwickelt werden, ein Ausgleich der

Interessenslagen geschaffen und eine win-win-Situationen zwischen den Akteuren ange-

strebt werden.

Bei Umbaukonzepten sollte eine bedarfsgerechte und sensible Neuausrichtung und

Überprüfung der Planungsgrundsätze der 1950er bis 1970er Jahre im Fokus stehen – der

baukulturelle Wert der Siedlungen sollte unbedingt erhalten bleiben. Angesichts der sehr

geringen Ressourcen in allen Bereichen sind kluge Konzepte und Maßnahmen mit mög-

lichst geringem Kostenaufwand notwendig. Wichtig für die Revitalisierung der Bestände

ist es, soziale, wirtschaftliche, ökologische, baukulturelle und städtebauliche / räumliche

Aspekte sinnvoll in einem Gesamtkonzept miteinander zu verknüpfen. Bei der räumlichen

Entwicklung stellt sich die Frage, wie stark der Siedlungscharakter überformt werden soll –

auch unter dem Gesichtspunkt der Baukultur. Die Planung und Gestaltung der gebauten

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288 8 Fazit und Ausblick

Umwelt in den Quartieren tragen entscheidend zur Weiterentwicklung und zur Identitäts-

bildung bei. Das gleichzeitige Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Quar-

tieren in den Kommunen erfordert differenzierte Strategien und den Blick auf die Gesamt-

stadt. Es ist wichtig, nicht nur die Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte zu fokussieren,

sondern die Gesamtstadt in den Blick zu nehmen und die teilräumigen Konzepte in ein

Gesamtbild einzufügen.

Bei absehbaren Wohnungsüberhängen wird dringend geraten, frühzeitig zu überlegen,

welche Quartiere in einer Kommune auf lange Sicht die besten Chancen haben, sich ohne

enormen Fördereinsatz positiv zu entwickeln. Es sollte unbedingt vermieden werden, in

die Leerstände der Zukunft zu investieren. Die Kommunen und die Eigentümer sollten

sich frühzeitig gemeinsam der schwierigen Frage stellen, welche Quartiere auf lange Sicht

erhalten werden können bzw. sollen und für welche Bestände ein Rückbau in Erwägung

gezogen werden muss. Statt dispersem Rückbau kann es sinnvoll sein, ganze Siedlungsein-

heiten vom entspannten Wohnungsmarkt zu nehmen. Bei nachlassender Nachfrage steigt

die Bedeutung einer Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wohnungswirtschaft. Die

Entscheidungen der Kommunen hinsichtlich der künftigen Stadt- und Quartiersentwick-

lung können die Tätigkeiten der Wohnungsunternehmen erheblich beeinflussen. Durch

entsprechende Aussagen kann Planungssicherheit geschaffen werden und die verschiede-

nen Akteure zu Investitionen angeregt werden.

Private und öffentliche Investitionen müssen ineinandergreifen

In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahren ist eine Kumulation an Aufgaben zu

finden, die eine Mischung von investiven und nicht-investiven Maßnahmen aller betroffe-

nen Akteure erfordert. Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte erfordern wegen der vielfäl-

tigen Defizite umfassende Verbesserungen in den Bereichen Städtebau, Architektur /

Gebäude(technik), Wohnumfeld, Belegungs- und Sozialstruktur. Der Handlungsspiel-

raum und die Einflussmöglichkeiten der Kommunen im Bestand sind sehr gering, was die

Entwicklung der Quartiere erheblich erschweren kann. Lediglich im öffentlichen Raum

und bei der sozialen Infrastruktur kann die Kommune direkt tätig werden und die Wei-

chen für eine positive Quartiersentwicklung stellen. Die Wohnungseigentümer – jeglicher

Form – sitzen in den Bestandsquartieren an den Stellschrauben. Selbstverständlich kön-

nen nicht alle in diesem Forschungsprojekt aufgezeigten Handlungsfelder und Maßnah-

men parallel und in gleicher Intensität angegangen werden. Je nach Rahmenbedingungen

gilt es in den Quartieren Prioritäten zu setzen.

Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den Quartieren müssen in

Umfang und Qualität auf den jeweiligen Standort und die Zielgruppe abgestimmt werden.

Der Abbruch von Wohngebäuden mit schlechter Objektqualität sollte stets genau geprüft

werden. Bei der Entwicklung von Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre muss vor dem

Hintergrund begrenzter finanzieller Ressourcen darauf geachtet werden, dass zielgenau

und langfristig sinnvoll investiert wird. Um die Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte

langfristig zu stabilisieren, reichen einfache Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr aus.

Maßnahmen in den Quartieren müssen über das bunte Streichen der Fassaden oder

Dämmen der Gebäude hinausgehen. Zwar können Investitionen in die Gebäude die Pro-

blematik dieser Gebiete kurz- bis mittelfristig entschärfen, aber für die strukturbedingten

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8 Fazit und Ausblick 289

Probleme sind andere Lösungen anzustreben. Vielmehr sind grundlegende Umbaumaß-

nahmen in den Wohnungen, im Wohnumfeld und bei der Infrastruktur erforderlich, die

dazu geeignet sind, neue Nachfragegruppen für diese Wohnstandorte zu interessieren und

an die Quartiere zu binden. Ebenso wichtig ist es, Maßnahmen im sozialen Bereich zur

Verbesserung der Nachbarschaften und der Lebensbedingungen in den Quartieren zu

ergreifen.

Bei allen Maßnahmen ist es unbedingt erforderlich, die Sozialverträglichkeit zu prüfen

und zu hinterfragen – gerade vor dem Hintergrund, dass in diesen Quartieren oft Bewoh-

nergruppen wohnen, die mit Beschränkungen auf dem regulären Wohnungsmarkt kon-

frontiert sind. Der bezahlbare Wohnraum ist eine zentrale Qualität dieser Bestände. In

den Interviews hat sich immer wieder gezeigt, dass es scheinbar zwei gegensätzliche

Anforderungen gibt: einerseits qualitätsvollen Wohnraum zu schaffen, in dem sich die

Bewohner wohl fühlen, und andererseits bezahlbaren Wohnraum anzubieten. In Wachs-

tumsregionen ist zunehmend zu beobachten, dass bezahlbarer Wohnraum meist unsaniert

und eher dem Substandard zuzurechnen ist.

Gezielte öffentliche Impulse werden (weiterhin) notwendig sein

Wenn Private zu zentralen Akteuren im Umgang mit dem Wohnungsbauerbe werden, sind

gezielte öffentliche Impulse als ein wichtiges Steuerungsmittel notwendig. Die privaten

Akteure müssen aktiviert und die Finanzierung des Quartiersumbaus zwischen öffent-

licher und privater Hand aufgeteilt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Kosten vieler

Maßnahmen weder von den Eigentümern noch von den Wohnungsunternehmen getragen

bzw. refinanziert werden können, sind weiterhin gezielt eingesetzte Förderungen notwen-

dig, um die Zukunftsfähigkeit der Quartiere zu sichern. Bisher konzentriert sich die Städte-

bauförderung auf die Quartiere mit den größten Handlungsbedarfen. Die betrachteten

Quartiere gehören zwar nicht dazu, es ist aber wichtig, sich mit ihnen auseinanderzuset-

zen und sie zu fördern, wenn sie zukunftsgerecht angepasst werden sollen.

Trotz der Fragestellung des Forschungsprojektes, wie in den Nachkriegsquartieren ohne

Städtebauförderung eine Qualifizierung erreicht werden kann, steht am Ende des Vorha-

bens die klare Forderung, die Mittel der Städtebauförderung zu verstetigen und anstatt zu

reduzieren zu erhöhen sowie die Programme für die Anwendung in den kleinen Quartie-

ren inhaltlich und strategisch angepasst werden. Im Hinblick auf die Frage der Städte-

bauförderung gilt es, die bisherige Förderpraxis und die Abläufe zu überdenken – bei-

spielsweise könnten Verwaltungsabläufe erleichtert und verschlankt werden. Die beste-

henden Förderprogramme sollten daher problemgerecht angepasst und auch die

Entwicklung von neuen Programmbereichen geprüft werden.

Da viele notwendige Maßnahmen in den Quartieren ohne finanzielle Unterstützung

nicht möglich sind, ist es unverzichtbar, die Fördermittel möglichst wirksam einzusetzen.

Es sollte genau untersucht werden, wie mit minimalen Mitteln ein größtmöglicher Nutzen

erreicht werden kann. Darüber hinaus ist es wichtig, die Erschließung sonstiger, alternati-

ver Finanzierungsquellen zu prüfen. Nachhaltige Quartiersentwicklung ohne Städte-

bauförderung erfordert neue strategische Vorgehensweisen, verändertes Denken und mehr

Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft bei allen Akteuren.

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290 8 Fazit und Ausblick

Neue Kultur der Quartierspflege im Dialog von Praxis, Politik und

Wissenschaft

Alle Kommunen sollten sich der Herausforderung stellen, die Wohnquartiere der 1950er

bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln. Es geht dabei nicht nur um eine oberflächliche „Auf-

besserung“ der Quartiere oder um eine rein städtebauliche Aufwertung, sondern es müs-

sen auch die „weichen“ Probleme gelöst werden (z. B. instabile Nachbarschaften). Die

Komplexität einer umfassenden Quartiersentwicklung wirkt geradezu abschreckend. Die

kleinen Quartiere mögen zwar auf den ersten Blick „Selbstläufer“ sein – bei genauerer

Betrachtung und bei einem Abgleich mit den heute präferierten Wohnformen und den

Rahmenbedingungen (v. a. Schrumpfung) zeigt sich aber, dass es in diesen Quartieren

zwangsläufig zu einem Anpassungsbedarf kommen muss. Für eine nachhaltige und integ-

rative Entwicklung der Quartiere scheint die Etablierung einer neuen Kultur der Quar-

tierspflege und der Planung erforderlich. Die Rahmenbedingungen für die Quartiersent-

wicklung ändern sich aktuell so schnell, dass es sinnvoll ist, lernende Strukturen aufzu-

bauen, die immer wieder an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden können. Das

Denken in der Dimension „Quartier“ ist entscheidend für die Entwicklung des Woh-

nungsbauerbes der 1950er bis 1970er Jahre. Wichtig bei der Quartiersentwicklung sind

integrierte Handlungskonzepte sowie Maßnahmenvorschläge, die auch realistisch bzw.

wirtschaftlich von den Akteuren umgesetzt werden können.

Angesichts der großen Menge der Wohnungsbestände aus den Nachkriegsjahrzehnten

wäre es zielführend, größere finanzielle, rechtliche und instrumentelle Handlungsspiel-

räume und -möglichkeiten für die Kommunen zu schaffen. Es reichen nicht nur verein-

zelte herausragende Projekte und „kleine Maßnahmen“ aus. Notwendig sind eine innova-

tive Stadt- und Wohnungspolitik sowie entsprechende Rahmenbedingungen, die Neue-

rungen zulassen. Mit den bisherigen Vorgehens- und Denkweisen lassen sich die

komplexen Schwierigkeiten in den Quartieren nicht effektiv lösen. Die Situation in den

Quartieren kann nur angemessen in Vernetzung und Kooperation unterschiedlicher Poli-

tikbereiche und Disziplinen gelöst werden – in gemeinsamer Verantwortung von öffent-

licher Hand (Bund, Land, Kommune), Wohnungswirtschaft, Bewohnern, unter Einbezie-

hung der Forschung und sonstiger relevanter Akteure (z. B. Projektträger). Kooperation

und Engagement sind die Schlüsselbegriffe bei der Entwicklung der Quartiere.

Ausblick – Entwicklungschancen der Nachkriegsquartiere

in Zukunft offensiver nutzen

In dem Forschungsprojekt ist deutlich geworden, dass die mangelnde oder zu späte Be-

schäftigung mit den „unauffälligen“ Nachkriegsquartieren deren Entwicklungschancen

deutlich verschlechtern kann. Für die Weiterentwicklung der Nachkriegsquartiere gibt es

viele gute Gründe – in den Quartieren schlummern große Potenziale für die Beantwor-

tung vieler, aktuell drängender Fragen (z. B. altengerechtes Wohnen, bezahlbares Wohnen,

Energieeinsparung). Die Sanierung, Modernisierung und Aufwertung – aber auch u. U.

der Abbruch – der Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sind von großer wohnungs-

politischer, sozialer und volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der Umbau bzw. die Entwick-

lung von Quartieren sollte nur in gesamtstädtischem oder sogar stadtregionalem Zusam-

menhang erfolgen.

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8 Fazit und Ausblick 291

Für die nachhaltige Entwicklung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre muss eine ent-

sprechende Planungs-, Beteiligungs-, Organisations- und Umsetzungskultur entwickelt

werden. Tragfähige Perspektiven für die Quartiere entstehen nur durch die Verknüpfung

von sozialen, wirtschaftlichen, städtebaulichen und energetischen Belangen. Die Entwick-

lung von Wohnquartieren aus den 1950er bis 1970er Jahren ist in erster Line auch eine

wohnungswirtschaftliche Fragestellung – die Planung kann nur Hilfe dabei leisten. Den

Stadtplanern wird die Aufgabe zufallen, die vielschichtigen Themen zusammenzudenken

und Vernetzungen sowie Kommunikationsstrukturen aufzubauen. Die Forschung und

wissenschaftliche Beschäftigung in dem Bereich sollten weiter vorangetrieben werden.

Kosten und Nutzen sowie Ergebnisse von Investitionen sollten genauer untersucht werden.

Gerade der Blickwinkel der Wohnungswirtschaft und der Wirtschaftlichkeit im Hinblick

auf die Quartiere im Zusammenhang mit baukulturellen Aspekten sollten vertieft auf-

gearbeitet werden.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass in den kleinen Nachkriegsquartieren trotz ihrer

„Unauffälligkeit“ eine Handlungsnotwendigkeit, aber auch große Handlungspotenziale

bestehen. Die Wohnquartiere stehen unter einem großen Anpassungsdruck – die Erhal-

tung bezahlbaren Wohnraums muss dabei eine hohe Priorität einnehmen.

Die Weiterentwicklung des Wohnungsbauerbes der 1950er bis 1970er Jahre ist ein disziplin-

übergreifender Prozess, der integrierte Quartiersentwicklungskonzepte erfordert, eine Betei-

ligung Aller notwendig macht, die Einbeziehung, Motivierung und Respektierung der priva-

ten Eigentümer einfordert und im Dialog zwischen Praxis und Forschung zu lösen ist.

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292 9 Anhang

Adam, Brigitte: Integrierte Stadtentwicklung – politische Forderung und Praxis. In: Informationen zur Raumentwicklung, Heft 4/2010.

Allbau AG, Essen: Wir für Sie. Projekte des Allbau Sozialmanage->ments. Essen 2009/2010.Geschäftsbericht 2011. Unverzichtbar für Essen: >engagierte Stadtteilentwicklung. Essen 2012.

Amt für Stadtentwicklung und Statistik: Bevölke-rungsprognose Köln bis 2035. Köln 2012.

Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus GmbH / Stadt-planungsamt der Stadt Chemnitz: Wohnraum-bedarfskonzept 2009/2010. Endfassung 2010.

Analyse & Konzepte / Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): Kommunale Wohnraum-versorgungskonzepte. 1. Zwischenbericht. Bonn 2005.

Arbeitsgruppe KOOPERATION GdW–BDA–DST: Deutscher Bauherrenpreis 2011. Modernisierung. Berlin 2011.

Arbeitskreis StadtSpuren (Hg.): Gemeinsam für Potsdam. StadtSpuren – Arbeits->kreis der Potsdamer Wohnungswirtschaft. o. J.

(Flyer)In die Zukunft gebaut. StadtSpuren – Beiträge >der Potsdamer Wohnungswirtschaft zur Bundes-gartenschau 2001. Potsdam 2001.In die Zukunft gebaut. 10 Jahre Arbeitskreis >StadtSpuren. Potsdam 2007.

ARGE Kirchhoff / Jacobs: Konzepte zur Anpassung des Mietwohnungsbestands aus den 50er und frühen 60er Jahren zum Abbau von Vermietungs-schwierigkeiten und Leerständen. Endbericht. Hamburg 2005.

Bartkowia, Jost: Rettet das Quartier! Von der Wohneigentumsanlage zum benachteiligten Stadt-quartier. Arbeitshilfe zu Strategien der kommuna-len Planungspraxis. Hg.: Friedrich-Ebert-Stiftung. 2008.

Bartscher, Matthias: Stadtteilarbeit als Chance für neue Steuerungs- und Finanzierungsmodelle in der Kommune. In: Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit Baden-Württemberg (Hg.): Finanzierung von Stadtteilpro-jekten – Praxiserprobte Lösungen. 2005.

Bauforum Rheinland-Pfalz, Ministerium für Finanzen: Mehrfamilienhäuser der 20er bis 60er Jahre – Sanierungsbeispiele aus Rheinland-Pfalz. Mainz 2004.

Bayern LB Finanzgruppe: Deutschland bis 2040. Langfristige Trends und ihre Bedeutung für den Immobilienmarkt. 2009. (erstellt von Empirica)

Becker, Martin: Lebensqualität im Stadtquartier. Evaluationsstudie über die Stadtteil- und Familien-zentren in Offenburg. Dissertation. 2003.

Bertelsmann Stiftung und Kuratorium Deutsche Altershilfe: Werkstatt-Wettbewerb Quartier. Köln 2005.

Besecke, Anja / Enbergs, Claus: Professionelle Wohnungsunternehmen und soziales Engagement. Duett oder Dissonanz – Das Beispiel Berlin. Graue Reihe des Instituts für Stadt- und Regionalplanung. Hg.: Technische Universität Berlin. Forum Stadt-und Regionalplanung e. V., Heft 11, Berlin 2008.

Bizer, Kilian / Ewen, Christoph / Knieling, Jörg /Stieß, Immanuel (Hg.): Nachfrageorientiertes Nutzungszyklus-Management. Konzeptionelle Überlegungen für nachhaltiges Flächenmanage-ment in Stadt und Region. Detmold 2010.

Bizer, Kilian u. a. (Hg.): Nachfrageorientiertes Nutzungszyklusmanage->ment. Flächen sparen und Infrastrukturkosten senken durch Modernisierung von Wohn-quartieren. In: Raumforschung und Raumord-nung, Heft 2/2007, S. 128–136. Zukunftsvorsorge in Stadtquartieren durch >Nutzungszyklusmanagement. Qualitäten entwi-ckeln und Flächen sparen in Stadt und Region. Detmold 2009.

Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter / Neuer Hafen BEAN mbH & Co. KG (Hg.): Havenwelten Bremerhaven. Broschüre. Bremer-haven 2009.

Bott, Helmut / Jessen, Johann / Pesen, Franz (Hg.):Lehrbausteine Städtebau. Stuttgart 2009.

Brombach, Karoline / Kurth, Detlef / Simon-Philipp, Christina (Hg): Quartiersmitten. Bausteine für die Entwicklung und das Management von Stadteil-zentren. Stuttgart 2011.

Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hg.):

Effizientere Stadtstrukturen durch Kooperation? >Abschlussbericht zum ExWoSt-Forschungsfeld „3stadt2“ – Neue Kooperationsformen in der Stadtentwicklung. Bonn 2005.ExWoSt-Forschungsfeld „Stadtquartiere im >Umbruch“ – Arbeitsbaustein D. Zwischenbericht. März 2006 a. (Auftragnehmer: Universität Leipzig)Private Eigentümer im Stadtumbau. Viele einzel->ne Eigentümer und unterschiedliche Eigentums-verhältnisse: Chancen oder Hemmnis beim Stadt-umbau West? Berlin, Bonn 2006 b.Veränderungen der Anbieterstruktur im deut->schen Wohnungsmarkt und wohnungspolitischer Implikationen. Reihe Forschungen Heft 124. Bonn 2007.

Bundesamt für Energie (BFE) / Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) / Novatlantis – Nachhal-tigkeit im ETH-Bereich: Nachhaltige Quartierent-wicklung. Spannungsfelder. 2007.

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung (Hg.): Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2011. Bonn 2011.

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9 Anhang

9.1 Literatur

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9.1 Literatur 293

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Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS) / Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hg.): Private Eigen-tümer im Stadtumbau. Viele einzelne Eigentümer und unterschiedliche Eigentumsverhältnisse: Chance oder Hemmnis beim Stadtumbau West? Werkstatt: Praxis Heft 47. Bonn 2007.

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Fink, Kerstin / Laborgne, Pia / Koch, Andreas: Leitfaden für Wohnbaugesellschaften und Wohnbaugenossenschaften. Europäisches Institut für Energieforschung – EIFER. Karlsruhe 2011.

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Pestel Institut: Bedarf an Sozialwohnungen in Deutschland. Hannover 2012.

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RegioKontext GmbH, Berlin (Arnt von Bodel-schwingh, Prof. Dr. Götz von Rohr) / Plan und Praxis GbR, Berlin (Holger Pietschmann, Henning Rohwedder): Fortführung der Kompensationsmittel für die Wohnraumförderung. Endbericht. Im Auf-trag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bau-wesen und Raumentwicklung (BBR). 2011.

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* Die angegebenen Nummern verweisen auf die Fußnoten, in denen die Websites erwähnt sind.

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320 http://wohnungsmarktbeobachtung.de/komwob/forum-komwob/ueber-uns (Zugriff am 26. 11. 2012)

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327 Website http://www.ludwigsburg.de/,Lde/start/Stadt+_+Buerger/STEP.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

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330 http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2012/LeitfadenEntwicklungskonzepte/01_Start.html (Zugriff am 26. 11. 2012)

335 http://www.mannheim.de/stadt-gestalten/projekt-08-stadtteilorientierung-verwaltung (Zugriff am 27. 11. 2012)

337 http://www.lea-lb.de/10 (Zugriff am 13. 12. 2012)

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373 http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)

379 http://www.wir-wohnen-im-revier.de/ (Zugriff am 30. 11. 2012)

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382 http://www.ggg.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Positionspapier_Neujahrsempfang_2012.pdf (Zugriff am 30. 11. 2012); http://www.ggg.de/pressemitteilung.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=222&cHash=4e901ec2a795ca76e4289a4c1e5af530 (Zugriff am 30. 11. 2012)

383 http://www.woledu.de/info.html (Zugriff am 27. 11. 2012)

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430 http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2012/UnternehmenStiftungen/01_Start.html (Zugriff am 16. 1. 2013)

437 http://www.stefan-forster-architekten.de/de/stadtumbau/thematik/ (Zugriff am 3. 12. 2012); http://www.stefan-forster-architekten.de/fileadmin/media/2011/Link_Dateien/Buero/Veroeffentlichungen_-_Buecher/Peter_Richter.pdf; http://www.stadtumbau-ost.info/programm/Dokumentation-zum-Bundeswettbewerb-Stadtumbau-Ost.pdf (Zugriff am 5. 1. 2013)

438 http://dtp-essen.de/index.php?article_id=148 (Zugriff am 21. 8. 2012)

440 http://www.nld.de/miete/aktuelle-projekte/neue-burg.html; http://www.nld.de/neuland/zukunft-neue-projekte/neue-burg/browse/1.html ; http://www.german-architects.com/de/projekte/bau-der-woche-detail/37795_rueckbau_umbau_und_modernisierung_einer_wohnanlage (Zugriff am 3. 12. 2012)

442 http://www.klima-sucht-schutz.de/bestpractice-archiv/bremen/daemmung/modernisierung-einer-mehrfamilienhaussiedlung/121130.html (Zugriff am 24. 1. 2013)

443 http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/wohnumfeldgestaltung-muenchen-au-paulanerplatz-muenchen/ (Zugriff am 3. 12. 2012)

444 http://www.stadtumbau-hessen.de/tiny_docman/files/SUH_Profil_E08_Kassel.pdf (Zugriff am 25. 1. 2013)

445 http://www.stiftung-interkultur.de (Zugriff am 25. 1. 2013)

446 http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/freianlagen-elefantensiedlung-neu-ulm/ (Zugriff am 25. 1. 2013)

450 http://www.gwg-hagen.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Hoexter_DW_10_2010.pdf (Zugriff am 22. 1. 2013); http://www.gwg-hagen.de/modernisierung-bauvorhaben/wohnquartier-hoexterstrasse/ (Zugriff am 22. 2. 2013)

451 http://www.baulinks.de/webplugin/2012/1394.php4 (Zugriff am 22. 1. 2013)

455 http://www.bv-baugemeinschaften.de; http://www.fgw-ev.de (Zugriff am 5. 1. 2013)

456 http://www.wohnstrategen.de/wohnprojekte/gemeinsam-statt-einsam-generationswohnen-in-arnstadt-ost (Zugriff am 22.8. 2012)

457 https://www.joseph-stiftung.de/mieten/wohnmodelle; http://downloads.eo-bamberg.de/9/883/1/67454890684643064249.pdf (Zugriff am 3. 12. 2012)

459 http://www.mika-eg.de/index.html (Zugriff am 28.02. 2013)

460 http://www.werkstatt-stadt.de/de/projekte/202/ (Zugriff am 3. 12. 2012)

461 http://www.jenawohnen.de/index.php?id=79&print=1&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=371&tx_ttnews%5BbackPid%5D=22; http://www.jenapolis.de/2011/03/erste-senioren-wg-oeffnet-in-lobeda-kooperation-von-jenawohnen-und-drk-mit-neuem-angebot/; http://www.jenatv.de/soziales/Leben_in_der_Platte:_Senioren_WG_in_Lobeda-9085.html (Zugriff am 18. 12. 2012)

467, 468 http://www.bbe-standort.de/download/Endbericht%20Kurzversion.pdf (Zugriff am 26. 1. 2013)

469 http://www.district-management.eu (Zugriff am 28. 12. 2012)

478 http://www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Energetische_Stadtsanierung/index.jsp (Zugriff am 23. 11. 2012)

480 http://www.energieforum-karlsruhe.de/index.php?id=78 (Zugriff am 3. 1. 2013); http://www.eneff-stadt.info/de/pilotprojekte/projekt/details/integrales-quartiers-energiekonzept-karlsruhe-rintheim/ (Zugriff am 3. 1. 2013)

486 http://www.saarbruecken.de/de/rathaus/stadtentwicklung/baukultur_eisenbahnstrasse (Zugriff am 6. 1. 2013)

489 http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Rechtsgrundlagen/Wohnraum/Wohnraum_node.html (Zugriff am 11. 1. 2013)

490 http://www.bbsr.bund.de/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2011/KooperationKonkret (Zugriff am 24. 1. 2013)

491 http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Wohnungswesen/WohnenKinder/WohnenKinder_node.html (Zugriff am 24. 1. 2013)

* Die angegebenen Nummern verweisen auf die Fußnoten, in denen die Websites erwähnt sind.

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302 9 Anhang

A AutobahnAWO Arbeiterwohlfahrt

BA BauabschnittBauGB BaugesetzbuchBBR Bundesamt für Bauwesen und RaumordnungBBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und RaumforschungBHKW BlockheizkraftwerkBID Business Improvement DistrictBMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungBW Baden-Württemberg

DIW Deutsches Institut für WirtschaftsforschungDRK Deutsches Rotes Kreuz

EFRE Europäischer Fonds für regionale EntwicklungeG eingetragene GenossenschaftEG ErdgeschossEIB Europäische InvestitionsbankEnEV EnergieeinsparverordnungESF Europäischer SozialfondsESG EigentümerstandortgemeinschaftEStG EinkommensteuergesetzEW EinwohnerExWoSt Experimenteller WohnungsbauEZH Ein- und Zweifamilienhäuser

FNP Flächennutzungsplan

GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.GenG Genossenschaftsgesetz

ha HektarHID Housing Improvement District

IBA Internationale Bauausstellung

KfU Kosten der UnterkunftKfW Kreditanstalt für WiederaufbauKWh / qm Kilowattstunden / Quadratmeter

MFH Mehrfamilienhaus

NID Neighbourhood Improvement District

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

QM Quartiersmanagement

SGB SozialgesetzbuchStBauFG Städtebauförderungsgesetz

vs. versusVV Verwaltungsvereinbarung

WE WohneinheitenWG WohngemeinschaftWGG WohnungsgemeinnützigkeitsgesetzWK WohnungsbaukreditanstaltWoFG WohnraumförderungsgesetzWU Wohnungsunternehmen

9.3 Abkürzungsverzeichnis

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9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews 303

9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews

In den Interviews sollen die Entwicklungslinien und Handlungsmöglichkeiten aus Sicht

der Kommunen und der Eigentümer dargestellt werden. Es stellt sich die Frage, welche

Faktoren die Weiterentwicklung der Quartiere beeinflussen und welche Bestände primär

mit Problemen konfrontiert sein könnten. Es geht um:

Quartiere weitgehend außerhalb der (Städtebau)Förderung–

präventives Vorgehen–

die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Wohnungswirtschaft–

die Quartiersebene und Quartiersansätze–

Fragen Kommune

Allgemeines

Hat die Stadt XX ein Stadtentwicklungskonzept? Welches sind die zentralen Inhalte?

Welche Ziele werden im Bereich Wohnen verfolgt?

Gibt es einen Wohnungsmarktbericht / ein Wohnungsmarktkonzept oder ein Monito-

ring? Wenn nicht, wie wird der Wohnungsmarkt beobachtet? Welche Schwierigkeiten

sehen Sie, auf der Ebene des Gebietes ein Monitoring durchzuführen (da müssten auch

Eigentümer einbezogen werden)?

Wo liegen die besten, die mittelmäßigen und die problematischsten Wohnungsbestände

im Stadtgebiet?

Wie viele Sanierungsgebiete gibt es? Wo liegen die Schwerpunkte?

Welche Bedeutung haben die Nachkriegsbestände für die Wohnraumversorgung?

Wie werden die aktuelle Situation und der Problemdruck in diesen Quartieren ein-

geschätzt?

Gibt es strukturellen Leerstand? Wenn ja, wie wird damit umgegangen?

Welche Strategien gibt es?

Welche Potenziale werden in diesen Quartieren gesehen?

Ist ausreichend Wohnraum für einkommensschwächere Haushalte vorhanden?

Wie schätzen Sie die Versorgungssituation dieser Gruppe ein?

Welche Rolle spielt die kleinräumige Ebene des Quartiers in der Stadtentwicklung?

Wie wird mit der Ebene des Quartiers in der Stadtplanung umgegangen? Gibt es bei-

spielsweise auch Quartiersmanagement außerhalb der Förderung? Welche Erfahrungen

wurden mit Quartiersmanagement bisher gemacht?

Wohnungsmarkt

Welches sind die Hauptakteure auf dem Wohnungsmarkt? Welche Formen von Woh-

nungsunternehmen herrschen vor? Gab es in den letzten Jahren nennenswerte Verände-

rungen? Gibt es ein städtisches Wohnungsunternehmen? Wie ist die Zusammenarbeit

mit den anderen Wohnungsunternehmen?

Wie wird die Lage am Wohnungsmarkt aktuell, mittel- und langfristig eingeschätzt?

Lassen sich Verschiebungen bzw. Verlagerungen in den Beständen feststellen?

Können Sie die These bestätigen, dass bei einem sich entspannenden Wohnungsmarkt

zuerst in diesen Beständen Vermietungsschwierigkeiten auftreten könnten?

Interviewpartner:

Herr / Frau Mustermann

Kommune:

Musterstadt:

Größe:

XXX

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304 9 Anhang

Wird noch Neubau in nennenswertem Umfang in der Stadt betrieben?

Wenn ja, wo und welche Gebäudetypen?

Wie ist die Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum? Gibt es erkennbare Defizite?

Wird in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre Handlungsbedarf in diesem Bereich

gesehen?

Wer wohnt (noch) in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre?

Sanierungen / Modernisierungen

Hat die Kommune ausreichend Kenntnisse bzw. Einblick in die Entwicklungen

in den Quartieren (Zustand der Gebäude, Ziele der Eigentümer, öffentlicher Raum)?

Wie stark werden Modernisierungen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre

betrieben?

Wie schätzen Sie die Problematik ein, dass Mieter wegen der Modernisierungsumlage

aus den Beständen verdrängt werden können? Lassen sich verstärkte Umzüge feststellen,

wenn Modernisierungen durchgeführt werden und die Mieten steigen?

Wäre es sinnvoll, dass Modernisierungen angezeigt werden müssten, damit die

Kommune die Entwicklungen im Mietwohnungsmarksegment besser beobachten kann?

Können Sie Probleme durch den Generationen- bzw. Mieterwechsel feststellen?

Wer zieht in diese eher „ungeliebten“ Quartiere? Ergeben sich daraus Probleme bzw.

Handlungsbedarf?

Strategien

Wie wird das Thema „Stadterneuerung ohne den Einsatz von Fördermitteln“ einge-

schätzt (wenn man Abbruchmaßnahmen ausklammert)?

Welche Einflussmöglichkeiten auf die Wohnungsbestände sind vorstellbar?

Inwieweit ist ein präventives Eingreifen in diesen Quartieren vorstellbar bzw. seitens

der Kommune realisierbar? Welche Maßnahmen könnten ergriffen werden?

Welche Rückbaustrategien in den Beständen wären vorstellbar?

Gibt es eine bewährte Strategie der Kommune benachteiligte Gebiete zu stabilisieren –

z. B. durch soziale Infrastruktur oder eine verbesserte Verkehrsanbindung?

Wie schätzen Sie die Bedeutung von sozialer Infrastruktur ein?

Wie könnte die Zusammenarbeit mit den Eigentümern und auch den Bewohnern

verbessert werden? Welche (kleinräumigen) Strukturen wären vorstellbar (v. a. auf

Quartiersebene, z. B. Arbeitskreise etc.)? Welche Möglichkeiten werden gesehen,

die Wohnungsunternehmen dazu zu bringen, die Ziele der Stadt- bzw. Quartiers-

entwicklung stärker umzusetzen; vor allem, wenn man die Förderprogramme außer

Acht lässt?

Welche Strukturen der Zusammenarbeit aller relevanten Akteure auf Quartiersebene

wären vorstellbar? Welche Rolle könnte die Kommune übernehmen?

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9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews 305

Fragen Immobilienwirtschaft

Allgemeines – Unternehmen und Wohnungsmarkt

Erläutern Sie bitte in wenigen Worten die wesentlichen Charakteristika und die

Philosophie des Unternehmens. Entwickeln Sie Neubauprojekte oder sind Sie vor-

wiegend im Bestand tätig?

Um welche Art von Quartieren und Wohngebäuden handelt es sich bei Ihren Beständen

vorwiegend (z. B. Gebäudetypen, Lage, gebundene Wohnungen)? Gibt es viele Wohnun-

gen, bei denen in den letzten Jahren die Belegungsbindungen ausgelaufen sind?

Welche Strategie wird verfolgt, wenn die Bindungen auslaufen?

Wie werden die Bestände verwaltet? Haben Sie ein Portfolio-Management?

Wenn ja, seit wann und welche Erfahrungen werden damit gemacht?

Wie groß ist die Wohnungsverwaltung in ihrem Unternehmen? Gibt es zunehmende

Probleme mit Mietern (z. B. Mietnomaden, etc.)?

Wie schätzen Sie die aktuellen und künftigen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt

der Stadt und in der Region ein?

Gibt es Kooperationen mit anderen Wohnungsunternehmen? Wie ist die Zusammen-

arbeit mit der Stadt?

Wir sprechen bei unserem Forschungsvorhaben von einem „schwierigen“ baukulturel-

len Erbe. Wie sehen Sie dies – auch in Bezug auf Ihre Bestände?

Bestände und Strategien

Welche Bestände sind – je nach Zielgruppe – am beliebtesten bzw. unbeliebtesten (Bau-

jahr, Größe, Gebäudetypen, Wohnungen, Lage, bauliche Qualität)? Wo lassen sich am

ehesten Vermarktungsschwierigkeiten feststellen > sanierte, unsanierte Gebäude? Lage?

Welche Probleme und Schwierigkeiten erwarten Sie mittel- und langfristig in den

Beständen? Erwarten Sie in naher Zukunft Vermietungsschwierigkeiten? Welche Gegen-

maßnahmen sind vorstellbar?

Können Sie einen Preis- und Qualitätswettbewerb mit anderen Anbietern feststellen?

Gehen Sie von einer Verschärfung bzw. von einer stärkeren Konkurrenz um Mieter aus?

Welches sind erfolgsversprechende Möglichkeiten, die Vermietbarkeit von Wohnungen

langfristig zu sichern?

Welche Rolle spielen Abbruch (evtl. mit Neubau) und Nachverdichtung?

Wurden damit bereits Erfahrungen gemacht?

Sanierungen und bauliche Veränderungen

Welche Erneuerungsstrategie verfolgt das Unternehmen? Lassen sich Unterschiede

in Abhängigkeit des Bestandstyps (hinsichtlich Lage, Gebäude) feststellen?

Auf welchen Datengrundlagen werden die Investitionsentscheidungen getroffen?

Welche Rahmenbedingungen werden einbezogen? Wie wird der Standard der Sanierung

festgelegt? Wie groß ist der Handlungsdruck für energetische und altengerechte Sanie-

rungen?

Haben Sie in den letzten Jahren Sanierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen in

größerem Umfang durchgeführt? Gibt es bei zusammenhängenden Beständen eine

koordinierte Vorgehensweise / übergeordnete Konzepte?

Wie wird bei Sanierungen in der Regel mit den Mietern umgegangen? Inwieweit werden

soziale Aspekte berücksichtigt? Welche Erfahrungen wurden gemacht? Werden Mieter

an Sanierungen beteiligt?

Nach welchen Gesichtspunkten werden bei Modernisierungen die Kosten auf die Mieter

umgelegt? Wird die 11 Prozent-Umlagemöglichkeit ausgeschöpft (§ 559 BGB)?

Wie wirken sich Mieterhöhungen auf die Bewohnerstruktur aus? Wie schätzen Sie

die Gefahr der Verdrängung von Mietern ein?

Unternehmen: AG Muster

Interviewter / Funktion: Mustermann

Ort: Musterstadt

Eigentümer- / Unternehmensform:

Städtisches Wohnungsunternehmen

Bestände (Zahl der WE und räumliche

Verteilung):

XXX

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306 9 Anhang

Haben Sie Kontakt mit der Kommune, wenn Sie in Ihren Beständen Sanierungen oder

Veränderungen durchführen (kein Sanierungsgebiet, genehmigungsfreie Maßnahmen)?

Unter welchen Bedingungen werden Veränderungen der Wohnungsgrundrisse durch-

geführt?

Bewohner / Zielgruppen

Wie würden Sie grob die Mieterstruktur in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte

beschreiben (Einkommen, etc.)? Wie schätzen Sie die Wohnzufriedenheit ein?

Wohnen noch viele Erstbezieher in den Beständen? Welche Nachfragegruppen ziehen

nun in die Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre? Ergeben sich daraus für Sie Hand-

lungsbedarfe (z. B. mehr Verwaltungsaufwand, Mieterbetreuung)? Wie sehen Sie

die Zielsetzung einer sozialen Mischung in diesen Beständen?

Gibt es einen Mieterbeirat oder sonstige Einrichtungen, die die Interessen von Mietern

vertreten? Wenn nein, wäre eine solche Einrichtung vorstellbar?

Infrastruktur und Wohnumfeld

Welche Rolle spielt das wohnortnahe Angebot von sozialer Infrastruktur bei der

Vermietung? Wie schätzen Sie die Wirkung einer guten Verkehrsanbindung oder

einer überdurchschnittlichen sozialen Infrastrukturausstattung ein?

Würde sich auch das Unternehmen am Aufbau solcher aufwertender Infrastruktur

beteiligen?

Wie gehen Sie mit den oft vorhandenen großen Freiräumen des Nachkriegswohnungs-

baus um? Haben Sie bereits Aufwertungen im öffentlichen Raum durchgeführt

(z. B. Anlage von Mietergärten)? Wie sind die Erfahrungen damit?

Gibt es ein Angebot wohnungsbegleitender Dienstleistungen? Wenn ja, wie wird es

angenommen? Wäre die Schaffung von solchen Angeboten vorstellbar?

Wohnraum

Welche Ausstattungsmerkmale der Wohnungen werden besonders nachgefragt?

Welches sind die größten Hemmnisse bei der Vermietung von Wohnungen?

Wie stark treiben Sie die altengerechte bzw. möglichst barrierefreie Umgestaltung

der Wohnungen voran?

Städtebauliche Umbaumaßnahmen, Quartier, Kooperationen

Wie schätzen Sie das Thema „Abbruch und Neubau“ ein? Wurden bereits solche Maß-

nahmen durchgeführt?

Spielt Nachverdichtung eine Rolle? Gibt es bereits Erfahrungen mit diesem schwierigen

Thema?

Gibt es Erfahrungen mit Quartiersmanagement? Würden Sie sich auch außerhalb

der Förderung an solchen Einrichtungen inhaltlich und finanziell beteiligen? Welche

Bedeutung messen Sie der Ebene des Quartiers bei?

Wie gestaltet sich derzeit die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Woh-

nungswirtschaft? Könnten Sie sich vorstellen, intensiver mit der Stadt zusammen-

zuarbeiten und sich ggf. stärker an den Zielen der Stadtentwicklung zu orientieren?

Wie beurteilen Sie die Vorgehensweise und Auseinandersetzung der Stadt mit dem

Thema „Wohnen und Nachkriegsquartiere“?

Würden Sie es begrüßen, wenn sich die Kommune verstärkt präventiv auch um aktuell

noch „unauffällige“ Quartiere kümmern und versuchen würde, Strukturen auf der

Quartiersebene aufzubauen – das heißt, sich nicht nur auf Großwohnsiedlungen kon-

zentrieren würde?

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9.5 Checkliste 307

9.5 Checkliste

Um mögliche Probleme bzw. Defizite in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre

zu erfassen und sich einen ersten Überblick über die Situation / Ausgangslage zu verschaf-

fen, kann die folgende Checkliste herangezogen werden. Darin sind verschiedene Merk-

male enthalten, die wichtig für die zukunftsgerechte Entwicklung dieser Bestände sind.

Zunächst ist es sinnvoll, alle Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte in einer Stadt zu

erfassen und eine erste Einschätzung hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit bzw. Problem-

lage zu skizzieren. In den Quartieren, bei denen mittel- und langfristig von negativen Ent-

wicklungen ausgegangen wird, könnte die folgende Checkliste helfen, die Defizite, aber

auch die Potenziale zu erkennen, um darauf aufbauend eine Gesamteinschätzung des

Quartiers zu formulieren. Das Quartier sollte sinnvoll und nicht zu groß eingegrenzt

werden – die Grenzen sollten aber nicht zu eng gesehen, sondern auch das Umfeld entspre-

chend einbezogen werden. Bei vielen Angaben handelt es sich um erste Einschätzungen,

die dann je nach Ergebnis vertieft werden können.

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308 9 Anhang

Name des Quartiers

Straßennamen

Kenndaten

Baualtersklasse 1950er Jahre

1960er Jahre

1970er Jahre

gemischt (verschiedene Baualtersklassen)

Fläche (gesamt) ha

Wohneinheiten (ca.) WE

Bewohner EW

Bewohnerzahl 2000 – 20 EW

Lage

Lage in der Stadt zentral / integriert

Randlage

nicht integriert

Geh- / Fahrminuten zum Stadtzentrum

Beschreibung der Lage

allgemeine Bewertung gut

mittelmäßig

schlecht

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9.5 Checkliste 309

Topografie

Gelände ebenes Gelände

Hanglage, bewegt

unterschiedliches Gelände

Einschränkungen durch Topografie

ja

nein

Bebauungsstruktur

Gebäudetypen etc. Zeilenbauten

Wohnblöcke, verdichtete Strukturen

Hochhäuser

sonstige Gebäudetypen:

unbebaute Grundstücke vorhanden

homogene Bebauung

heterogene Bebauung

Beschreibung der Bebauungs-struktur (Geschosse, Zustand, dominante Strukturen, Dichte)

rechtskräftiger Bebauungsplan vorhanden

ja

nein

EigentümerstrukturKooperations-bereitschaft **– o +

Name der Eigentümer + Unternehmensform *

* evtl. Kartierung der Bestände der Eigentümer in Übersichtsplan

** Fragen: Ist der Eigentümer am Ort ansässig? Bestehen bereits Kontakte?

– = nicht kooperationsbereit o = unter Umständen kooperationsbereit

+ = koopererationsbereit

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310 9 Anhang

Image

Außenwahrnehmung gut

mittelmäßig

schlecht

Baukultur

Schutzwürdigkeit, besondere Gestaltungsqualität

ja

nein

Verkehr und Anbindung

+ + / – – Notizen

MIV

ÖPNV (ART: )

Fuß- / Radwege

Gebäude

+ + / – – Notizen

Erscheinungsbild

San. / Modernisierungsstand

energetischer Zustand

Eignung altengerechtes Wohnen

Wohnungstypen *

Aufzüge in manchen Gebäuden vorhanden

ja

nein

stigmatisierende Gebäude ja

nein

* Welche Wohnungsgrößen überwiegen? (1-, 2-Zimmerwohnungen etc.)

+ = gut+ / – = mittelmäßig– = mangelhaft

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9.5 Checkliste 311

+ = gut+ / – = mittelmäßig– = mangelhaft

Freiraum

+ + / – – Notizen

Zustand der Grünflächen

Zustand des Straßenraums

Barrierefreiheit

Unterbringung ruhender Verkehr

Nutzungs- / Aufenthaltsqualität

Spielplätze ja

nein

wenn ja: Zustand Spielplätze

Vandalismus / Beschädigungen ja

nein

private Freiräume bei EG-Wohnungen

ja

nein

Potenzial für Mietergärten ja

nein

Sozialstruktur

noch viele Erstbezieher ja

nein

Durchschnittsalter *

Quartier für Familien attraktiv? ja

nein

Besonderheiten der Sozialstruktur (Generationenwechsel)

* Hoher Anteil älterer Menschen (falls mit vertretbarem Aufwand ermittelbar, Schätzung)

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312 9 Anhang

Wohnungswirtschaft

keine gering mittel hoch Notizen

Leerstand *

Fluktuation

Mietrückstände

durchschnittliche Wohndauer

durchschnittliche Kaltmiete

* Schätzungen oder evtl. in Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen bzw. größerem Eigentümer in Quartier

Daseinsvorsorgevorhanden Wenn nein,

nächste Einrich-tung fußläufig erreichbar?

Qualität

ja nein mittel hoch – o + Notizen

Kindergarten

Schule

Jugendeinrichtungen

Altenheime

Mietertreff

Vereine

kulturelle Einrichtungen

Lebensmittel

Apotheke

sonstige (z. B. Bank, Post)

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9.5 Checkliste 313

Zusammenfassung + Ausblick

Stärken + Schwächen des Quartiers Schwächen + Defizite des Quartiers

Künftig verstärkte Beschäftigung mit dem Quartier?

ja

nein

noch abwarten

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314 9 Anhang

Umschlag GAG Immobilien AG Köln, Bilderbuch Köln

Kapitel 1Seiten 12– 19

12GAG Immobilien AG Köln (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)

13Dieter Raichle (links oben, links Mitte)Bernd Hiepe, Berlin (rechts oben und rechts Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (rechts unten)

14, 19Grafik: HFT Stuttgart, Karin Hopfner

Kapitel 2Seiten 20– 53

20 / 21Christina Simon-Philipp

22Landesmedienzentrum LMZ 2-3a, Nr. 47346 (links oben) Amtsblatt der Stadt Stuttgart vom 8. 1. 1953 (links unten) Schema der gegliederten und aufgelockerten Stadt, aus: Göderitz, Johannes / Rainer, Roland /Hoffman, Hubert: Die gegliederte und auf-gelockerte Stadt. Tübingen 1957, S. 26 (rechts oben)Landesmedienzentrum LMZ 74 – 43, Nr. 47407 (rechts oben)Thomas Fütterer (rechts Mitte und rechts unten)

23Urbanität durch Dichte, aus: Reinborn, Dietmar: Städtebau im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart, Berlin, Köln 1996, S. 239Dieter Raichle (Mitte und unten)

24Landesmedienzentrum LMZ 2/40798C (links oben)Thomas Fütterer (links Mitte)Marianne Götz (rechts oben)SWSG Stuttgart (rechts Mitte)Gottfried Planck / Bestand SAAI (rechts unten)

25Dieter Raichle (oben)Thomas Fütterer (links Mitte)Peter Faller (rechts Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (links unten)KBK Architekten (rechts unten)

27Stadtplanungsamt Stuttgart (2002), Kai Feseker

28HFT Stuttgart, Karin Hofpner

30Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 27

32Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 32 (oben) und S. 51 (unten)

32Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 52HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp (links)Stadt Stuttgart, Amt für Stadtplanung und Stadt-erneuerung (Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)

33HFT Stuttgart, Karin Hopfner

34Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 13

35Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 41 – 43 (oben)Eigene Darstellung auf Grundlage von: Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 41 – 43 (links)Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung: Wohnen und Bauen in Zahlen 2011/2012. Bonn 2012, S. 15 (rechts)

39Peter Palm, Berlin auf Grundlage von: Bundes-institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung (Hg.): Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2011. Bonn 2011, S. 121

40Statistisches Bundesamt (Destatis) / Wissens-zentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Zentrales Datenmanagement: Datenreport 2011. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutsch-land. Bonn 2011, S. 211 (links)Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 173 (rechts)

44Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2012 (VV 2012), S. 4 (oben)Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung (Hg.): 40 Jahre Städtebauförderung. Berlin 2011, S. 12 (unten)

45Eigene Darstellung auf Grundlage von Daten: http://www.staedtebaufoerderung.info/cln_033/nn_1147082/StBauF/DE/Soziale-Stadt/Pro-gramm /GrundlagenFinanzierung/grundlagen_inhalt.html (Zugriff am 23. 11 .2012)

46HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben und Mitte)Jenkis, Helmut W.: Kompendium der Wohnungs-wirtschaft. 4. Auflage, Oldenburg 2001, S. 89 (unten)

51HFT Stuttgart, Karin Hopfner

52HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp

Kapitel 3Seiten 54–71

54HFT Stuttgart, Karin Hopfner

56HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben)Christina Simon-Philipp (unten)

57– 64HFT Stuttgart, Karin Hopfner

65HFT Stuttgart, Karin Hopfner KBK Architekten (links Mitte)

66HFT Stuttgart, Karin Hopfner

67KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, für Neuland Wohnungsbaugesellschaft Wolfsburg

68KSP Jürgen Engel Architekten GmbH (links) HFT Stuttgart, Karin Hopfner (rechts)

69HFT Stuttgart, Karin Hopfner (links)Jürgen Voss / KSP Jürgen Engel Architekten GmbH (rechts)

Kapitel 4Seiten 72 –181

74LEHEN drei Architekten und Stadtplaner (oben)Thomas Wolf, Gotha (unten)

75PROJEKTKOMMUNIKATION Hagenau GmbH (oben)Thomas Wolf, Gotha (unten)

77– 82Thomas Wolf, Gotha

84LEHEN drei Architekten und Stadtplaner

87Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales: Konzeption der Offenburger Stadtteil-und Familienzentren, Stand 2007

88 – 90LEHEN drei Architekten und Stadtplaner

91GEMIBAU Offenburg

93Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales: Konzeption der Offenburger Stadtteil-und Familienzentren, Stand 2007

9.6 Bildquellen

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9.6 Bildquellen 315

95 –100PROJEKTKOMMUNIKATION Hagenau GmbH

104, 106IB.SH (Investitionsbank Schleswig Holstein)

108 –111Thomas Wolf, Gotha

112, 113Stadt Neumünster, IB.SH

115Thomas Wolf, Gotha

116Stadt Mannheim, Fachbereich Geoinformation und Vermessung

118 –121Thomas Wolf, Gotha

122Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 358/2010, S. 14

123Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 365/2011, S. 16

124Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 358/2010, S. 22

126Thomas Wolf, Gotha

128 / 129Jeweils untereinanderliegende Fotos / Abbildungen, von links nach rechts: GAG Immobilien AG Köln, Bilderbuch Köln / Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH, Stäwog Bremerhaven / Karin Hopfner / Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt

132 –133GAG Immobilien AG Köln

134ASTOC GmbH & Co. KG (Grafiken oben)Bilderbuch Köln (unten)

135Bilderbuch Köln (oben)ASTOC GmbH & Co. KG (Grafiken unten)

138 –141Christa Lachenmaier, Köln / ASTOC GmbH & Co. KG

146Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH (oben und Mitte)Bernd Hiepe, Berlin (unten)

147Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH (oben links und oben Mitte)Bernd Hiepe, Berlin

148 / 149Bernd Hiepe, Berlin

150Bernd Hiepe, Berlin (oben)Helvetia Versicherungen, Technische Liegen-schaftsverwaltung (unten)

151, 152Bernd Hiepe, Berlin

157 –161Stäwog Bremerhaven

166 –171B&S Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford

174HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben) Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt (unten)

176WBG Arnstadt (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)

176 / 177, 178 – 181WBG Arnstadt

180Stadtstrategen

181Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt (oben) HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)

Kapitel 5Seiten 182 – 185Peter Palm, Berlin

Kapitel 6Seiten 186 – 275

186 / 187, 188– 203HFT Stuttgart, Karin Hopfner

205Peter Palm, Berlin auf Grundlage von: Selk, Dieter / Walberg, Dietmar / Holz, Astrid: Siedlungen der 1950er Jahre – Modernisierung oder Abriss? Endbericht. Kiel 2007, S. 98

206 – 220HFT Stuttgart, Karin Hopfner

221Röber, Manfred / Sinning, Heidi (Hg.): Wohnen im Bestand. Nachfrageorientierung als Perspektive. Detmold 2010, S. 125

222 – 239HFT Stuttgart, Karin Hopfner

240Jürgen Voss / KSP Jürgen Engel Architekten GmbH

241, 242HFT Stuttgart, Karin Hopfner

243Stäwog Bremerhaven (oben und Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)

244HFT Stuttgart, Karin Hopfner

245HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp

246 – 247HFT Stuttgart, Karin Hopfner

249 – 251HFT Stuttgart, Karin Hopfner

252Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (Mitte und unten)

253Managing District Centres in Northwest Europe (Hg.): Survival Kit, Berlin 2011. Online unter www.http://www.district-management.eu

254– 259HFT Stuttgart, Karin Hopfner

260Thomas Fütterer

Kapitel 7Seiten 276 – 283

276 – 283HFT Stuttgart, Karin Hopfner

AnhangSeiten 304 – 308

307HFT Stuttgart, Karin Hopfner

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316 9 Anhang

Karin Hopfner

B. Sc. Arch, M. Eng.,

Bachelor-Studium Architektur an der Hochschule Liechtenstein (Vaduz)

Master-Studium Stadtplanung an der Hochschule für Technik Stuttgart

2003 – 2006 diverse Praktika und Tätigkeiten in Architekturbüros (Vorarlberg)

von 2009 – 1/2013 akademische Mitarbeiterin an der Hochschule für Technik Stuttgart

in verschiedenen Forschungsprojekten zum Wohnungs- und Städtebau, zur Stadtentwick-

lung und Stadterneuerung; diverse Veröffentlichungen, auch als Mitherausgeberin

seit Februar 2013 Mitarbeiterin der Universitätsstadt Tübingen.

Christina Simon-Philipp

Prof. Dr.-Ing., Architektin und Stadtplanerin,

Architekturstudium an der Universität Stuttgart und der ETH Zürich

1993 – 1997 Tätigkeit als Architektin / Stadtplanerin

1996 – 2004 wissenschaftliche Assistentin am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart,

2001 Promotion

2004 – 2007 Baurätin im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg

seit 2007 Professorin für Städtebau und Stadtplanung an der Hochschule

für Technik Stuttgart

Mitgliedschaften: Architektenkammer Baden-Württemberg, Vereinigung für Stadt-,

Regional- und Landesplanung (SRL), Deutsche Akademie für Städtebau und

Landesplanung (DASL), Deutscher Werkbund Baden-Württemberg (dwb BW)

Forschungsschwerpunkte: Stadtentwicklung und Stadterneuerung, Wohnungsbau,

öffentlicher Raum.

Autoren

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9.6 Bildquellen 317

Wir danken allen Interviewpartnern und Experten herzlich für ihre Gesprächs-

bereitschaft. Die Interviews und der Expertenworkshop waren zentrale Bestandteile der

vorliegenden Untersuchung. Dank gilt gleichermaßen allen Fallstudien und Referenz-

beispielen, den Ansprechpartnern und Akteuren, die uns mit Informationen, Unterlagen

und Bildmaterialien unterstützt haben.

In dieser Publikation wird im Interesse einer besseren Lesbarkeit auf die geschlechter-

bezogene sprachliche Differenzierung verzichtet. Vereinfachend werden ausschließlich die

männlichen Bezeichnungen genannt; diese schließen aber ausdrücklich das weibliche

Geschlecht immer mit ein.

Dank

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Publikationen der Wüstenrot Stiftungen

Soziale Mischung in der Stadt

Case Studies – Wohnungspolitik in Europa – Historische Analyse

Harlander, Tilman / Kuhn, Gerd / Wüstenrot Stiftung (Hg.)

Die soziale Mischung in der Stadt ist ein Thema, das in der Fachöffentlichkeit und in der

allgemeinen Diskussion über die Entwicklung unserer Städte an Aufmerksamkeit gewon-

nen hat. Dies gilt auch für andere europäische Länder, in denen die soziale Mischung

ebenfalls auf der Agenda der nationalen Integrations- und Wohnungspolitik zu finden ist.

Für die Verantwortlichen in Kommunen, Wohnungswirtschaft und Politik gehören das

Konzept und die konkrete Steuerung der sozialen Mischung zu den großen Herausforde-

rungen, die es aktuell in der Entwicklung unserer Städte zu bewältigen gilt. Zum einen,

weil die vielen Facetten der sozialen Mischung weit in die Geschichte unserer Städte

zurückreichen und zum anderen, weil eine ausgewogene soziale Mischung und eine dar-

auf beruhende soziale Kohäsion zu den Grundlagen eines modernen Sozialstaates gehören.

Die Vielschichtigkeit und die Bedeutung der sozialen Mischung in der Stadt erfordern eine

differenzierte, umfassende Betrachtung. Ein Forschungsprojekt der Wüstenrot Stiftung

hat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwick-hat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwickhat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwick

lungen in Deutschland und Europa bis hin zu aktuellen Konzepten und Strategien in der

kommunalen und wohnungswirtschaftlichen Praxis. Zahlreiche Länderstudien und inter-

nationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschaf-nationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschafnationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschaf

ten mit ein.

Bezugsquelle: Buchhandel

Deutsch, 1. Auflage

440 Seiten

zahlreiche Abbildungen,

Pläne und Zeichnungen

22,5 x 27 cm, Hardcover

29,50 € [D]

ISBN 978-3-7828-1539-0

29,50 Euro

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Vergessene Stadtteile?

Herausforderung und Chance für eine strategische Stadtentwicklung

Dokumentation der Fachveranstaltung am 1. Dezember 2011 in Berlin

Im Mittelpunkt einer gemeinsamen Fachveranstaltung des Bundesministeriums für Ver-

kehr, Bau und Stadtentwicklung und der Wüstenrot Stiftung stand das breite Spektrum an

Stadtteilen, deren Gemeinsamkeit es ist, keine besonderen Auffälligkeiten aufzuweisen

und unter keinem spezifischen Problemdruck zu stehen. Sie erhalten deshalb in der fach-

lichen wie auch in der öffentlichen Wahrnehmung wenig Aufmerksamkeit, obwohl sie

aufgrund ihrer Verbreitung und ihres Entwicklungspotenzials von großer Bedeutung für

die zukünftige Stadtentwicklung sind. Viele Auswirkungen des demografischen und des

wirtschaftsstrukturellen Wandels in Deutschland werden in den Städten räumlich kon-

kret.

Die Veranstaltung richtete den Fokus auf Ansätze und Konzepte, die dabei helfen, einem

daraus erwachsenden Problemdruck frühzeitig begegnen zu können. Es sind vor allem

neue Formen der Kooperation zwischen privaten Eigentümern, bürgerschaftlichem Enga-

gement und öffentlicher Hand, die besonders geeignet scheinen, zentrale Aufgaben für die

weitere Entwicklung solcher „vergessener“ Stadtteile zu lösen und die damit verbundenen

Chancen für eine strategische Stadtentwicklung zu sichern.

Die Dokumentation der Veranstaltung im Eigenverlag der Wüstenrot Stiftung fasst die

wichtigsten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen zusammen.

Bezugsquelle: Wüstenrot Stiftung