Wüstenrot Stiftung – Gemeinschaft der Freunde …...2013/04/10 · tekturpreis Zukunft im...
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148 4 Fallstudien
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oben: Lichtdurchflutete Wohnungsgrundrisse in den modernisierten Gebäuden
unten: In den Erdgeschossen wurden privat nutzbare Freibereiche definiert.
rechte Seite: Der vorgebaute Loggiabereich ist in der Fassade ablesbar.
C) Projektbeschreibung und Akteure
Das Schweizer Unternehmen Helvetia hat sich zum Ziel gesetzt, durch die umfassende
Erneuerung der 2,2 ha großen Siedlung sowohl Mietwohnungen als auch hochwertigen
Wohnungsbau für eine vielfältige Mieterstruktur am Standort anzubieten. Das Unterneh-
men zeichnet sich durch eine langfristige Kalkulation253 und eine hohe soziale Verant-
wortung aus. Eine soziale Zielsetzung war es, die Mieter trotz umfassender Eingriffe in
den Bestand in der Anlage zu halten.
Bei einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dem Quartier Altenhagener Weg
wurden zunächst alle Optionen – auch ein kompletter Abbruch des Bestandes – in Erwä-
gung gezogen. Der Wille des Bauherrn, die Maßnahmen in einem größtmöglichen Kon-
sens mit den Mietern durchzuführen, sowie umfassende Analysen des Bestandes führten
schließlich zu der Entscheidung, den Bestand zu erneuern, umzubauen und nachzuver-
dichten. Entscheidend für den Erhalt des Bestandes waren die Substanzeigenschaften: in
der Raumhöhe gab es ausreichend Spielraum und die Konstruktion sowie die Grundrisse
boten Möglichkeiten des (wirtschaftlichen) Umbaus.
Das Unternehmen schrieb 2002 in Kooperation mit der Stadt Hamburg einen Wettbe-
werb aus. Gesucht waren Ideen für die Modernisierung und den Umbau der Siedlung. Für
viele Siedlungsgebiete der Nachkriegszeit liegen in Hamburg keine qualifizierten Bebau-
ungspläne vor. Das konkurrierende Verfahren sollte dazu beitragen, einen Rahmen für die
weitere Entwicklung des Gebietes festzulegen. Das Berliner Büro Springer Architekten
ging als Sieger aus dem Verfahren hervor. Ziel des Modernisierungs- und Umbaukonzep-
tes war es, den „Zusammenhalt der heute recht heterogenen Nachbarschaft“ durch die
Sanierung und ergänzende Neubauten zu stärken.254
Die Gebäude wurden energetisch saniert, es wurde nachverdichtet und das Wohnungs-
angebot ausdifferenziert. Die Neubauten, vier punktartige Gebäude am südlichen und
westlichen Rand des Quartiers, und die umgebauten Gebäude folgen einem gestalterischen
Gesamtkonzept. Die historischen Gebäude sind nur noch aufgrund ihrer städtebaulichen
Struktur als solche zu erkennen. Ziel war es, eine Einheit herzustellen, die nicht in „alt“
und „neu“ zerfällt. Die Altbauten wurden teilweise um ein Geschoss aufgestockt. Die
bestehenden auskragenden, kleinen Balkone, die kaum Privatsphäre boten, wurden abge-
brochen und durchgehende Balkone und Loggien als zweite Schicht vor das Gebäude
gesetzt. Die Fenster wurden an der Südseite durch raumhohe Öffnungen ersetzt, sodass
der Bezug zum Außenraum gestärkt und die Räume optisch vergrößert wurden. Neben
den Loggien haben die Fensterelemente das Erscheinungsbild der Fassade grundlegend
verändert. Die geneigten Dächer wurden im Bereich der Loggien teilweise eingeschnitten,
um den Wohnungen im obersten Geschoss durch großzügige Dachterrassen eine beson-
dere Freiraum- und Belichtungssituation zu bieten.
Die fünfgeschossigen Neubauten wurden auf den Flächen errichtet, auf denen sich früher
die Garagenhöfe befanden. Die Gebäude wurden so angeordnet, dass sie die Wohnqualität
in den Bestandsbauten nicht beeinträchtigen. Alle Neubauten wurden mit Aufzügen aus-
gestattet. Neun Wohnungen wurden gemäß der Hamburger Bauordnung (§ 45 HBauO)
hindernisfrei gestaltet.255 Durch die Neubauten und Aufstockungen konnten 48 neue und
komfortablere Drei- bis Viereinhalb-Zimmerwohnungen geschaffen werden.
In den Altbauten befinden sich 108 Zwei- bis Zweieinhalb-Zimmerwohnungen.
Die Grundrisse können in Absprache mit den Mietern verändert werden. Beispiels-
weise ist es möglich, die im Süden gelegenen Zimmer zu den Wohnräumen hin zu öffnen.
Durch einen Tausch der Küchen- und Badbereiche konnten die Grundrisse funktioneller
gestaltet und der Wohnwert erhöht werden. Insgesamt wurde die Wohnfläche um
40 Prozent auf ca. 12.000 qm erhöht.256 Die Wohnungen im Erdgeschoss haben ca. 17 qm
große Terrassen-/Rasenbereiche, die von den Mietern individuell gestaltet werden. Die
Privatheit dieser Freibereiche wird mit Bepflanzung unterstützt. Mietergärten wurden
im Interesse einer großzügigen, fast parkartigen Wirkung der Freianlagen nicht vor-
gesehen.
253 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 6
254 Springer Architekten, o. J., S. 4
255 Vgl. ebenda
256 Vgl. ebenda
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Inschrift – Bau (1959) und Umbau (2008)
Die einheitliche Materialität mit gelblichen Klinkern, die historische Bezüge aufnimmt,
und die Fassadengestaltung mit horizontalen Öffnungselementen fassen die Alt- und Neu-
bauten zu einer Einheit zusammen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, hochwertige
Materialien zu verwenden. Alle Gebäude haben Klinkerfassaden mit einer dahinterliegen-
den Wärmedämmung (10 cm) und Holz-Aluminium Fenster mit Dreifachverglasung. Es
wurde kein übliches Wärmedämmverbundsystem verwendet. Der Primärenergieverbrauch
konnte um über 70 Prozent gesenkt werden.257 Der Jahresheizwärmebedarf liegt zwischen
58,40 KWh/qm (Altbau) und 45,80 KWh/qm im Neubau.258 Die Außenwände im sanier-
ten Altbau haben eine Wandstärke von knapp 60 cm. Alle Installationen wurden erneuert.
Wichtiger Bestandteil des Konzeptes war es, die Freiräume auch heute noch als „flie-
ßende Räume“ zu gestalten und zu bewahren.259 Öffentliche und private Freiflächen wer-
den durch Bepflanzungen und Geländemodellierungen differenziert. Um die Freiraum-
qualitäten zu erhalten, war es notwendig, den überwiegenden Teil der insgesamt 101 Stell-
plätze in Tiefgaragen unterzubringen (89 Tiefgaragenstellplätze). Die große Garage wird
über die Straße Farmsener Zoll angefahren. Über 70 Prozent der 156 Wohnungen haben
einen direkten Zugang zur Tiefgarage. Zusätzlich gibt es noch 19 ebenerdige Parkplätze
direkt vor den Häusern.
Die Bebauung wurde in vier Bauabschnitten realisiert. Im ersten Bauabschnitt wurden
Neubauten mit insgesamt 33 Wohnungen und 89 Tiefgaragenstellplätzen errichtet. Die
Bauabschnitte wurden so geplant, dass die Bewohner möglichst wenig beeinträchtigt wer-
den. Beim Richtfest im Sommer 2007 waren bereits über 75 Prozent der Wohnungen ver-
mietet.260 „Insbesondere sind wir auf die vielfältige und lebendige Mieterstruktur stolz,
die dem Viertel viel Vitalität einhauchen wird.“ 261
Im Zuge der Baumaßnahmen kam es nicht zu Wohnungskündigungen. Vor Beginn der
Erneuerung wurden frei werdende Wohnungen nicht neu vermietet. Den Mietern wurden
Umzugsoptionen in eine gleichwertige, modernisierte Wohnung im Quartier angeboten.
Diese Option wurde von sehr vielen Mietern wahrgenommen – über zwei Drittel der Mie-
ter sind im Quartier geblieben. Nur sehr wenige Mieter sind in ihre alte Wohnung zurück-
gezogen.
D) Finanzierung
Das Unternehmen investierte insgesamt 17 Mio. Euro in die Erneuerung des Bestandes
und die Neubauten. Es wurden knapp eine Mio. Euro Wohnungsbaufördermittel der
Hamburgischen Wohnungsbaukreditanstalt WK in Anspruch genommen. Durch die
Inanspruchnahme der Fördermittel war es möglich, die Mieten im Bestand trotz der
umfassenden Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen nicht zu erhöhen. Die Miete im
geförderten Wohnungsbau liegt bei rund 5,20 Euro/qm (Mietpreisbindung).
E) Besonderheiten und Übertragbarkeit
Das Ziel der Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen, die städtebauliche Struktur und den
Charakter der Siedlung in den wesentlichen Zügen zu erhalten, konnte erreicht werden.
Das Wohnungsgemenge wurde ausdifferenziert und das Erscheinungsbild deutlich aufge-
wertet. Da die Struktur des Bestandes allen Umbaumaßnahmen zugrunde gelegt wurde,
konnten „gravierende Eingriffe in die Substanz“ vermieden werden.262 So konnte auch im
Bestand mit vertretbarem Aufwand Neubaustandard erreicht werden. Voraussetzung für
den Erhalt waren die relativ guten Substanzeigenschaften des Bestandes. Ohne diese
Eigenschaften (Geschosshöhe, Tragstruktur, Grundrissspielräume) wäre es nicht möglich
und wirtschaftlich sinnvoll gewesen, die Gebäude zu erhalten und an heutige Wohnanfor-
derungen anzupassen.
Trotz der umfassenden Eingriffe an den Häusern ist es gelungen, über zwei Drittel der
Bestandsmieter im Quartier zu halten und die gewachsene Nachbarschaft zu bewah-
ren.263 Einige Mieter zogen in ihre alte, sanierte Wohnung, andere nutzten die Chance in
eine größere Wohnung im Neubau zu ziehen. Der Bestand wurde unter Beibehaltung der
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Freiraumqualitäten qualifiziert. Das Projekt zeigt, dass es möglich ist, die Zeilenstruk-
turen der 1950er und 1960er Jahre nachzuverdichten (in diesem Fall um 40 Prozent), ohne
die spezifischen Qualitäten der gegliederten und aufgelockerten Bauweise zu negieren.
Die Bebauung wurde mehrfach ausgezeichnet: Deutscher Städtebaupreis – Sonderpreis
„Die Stadt der Nachkriegsmoderne“ 2008, BDA Hamburg Architekturpreis 2008, Archi-
tekturpreis Zukunft im Bestand 2008, Deutscher Bauherrenpreis „Modernisierung“ 2009,
BDA „Nike für besonderes soziales Engagement“ 2010, Gestaltungspreis der Wüstenrot
Stiftung 2012 „Zukunft der Vergangenheit – Die Erneuerung von Gebäuden der Baujahre
1945 – 1979“. Neben ihrer städtebaulichen und gestalterischen Qualität wurde sie insbe-
sondere als „zukunftsweisend für das Thema Nachverdichtung“ beurteilt.264 Das Projekt
setzt einen wichtigen Impuls für den Umgang mit den Nachkriegsbeständen im Stadtbe-
zirk. Im Wohnungsbauprogramm 2012 – Bezirk Wandsbek heißt es: „Die Modernisierung
und Ergänzung der mehrfach prämierten Siedlung am Altenhagener Weg hat darüber
hinaus aufgezeigt, welche großen Potentiale auch die qualitätvolle Ertüchtigung des bau-
lichen Bestandes bieten kann.“ 265 Das Beispiel zeigt, welche Weiterentwicklungsmöglich-
keiten im Nachkriegsbestand stecken und welche Qualitäten durch einen sensiblen Städte-
bau und eine hochwertige Architektur entstehen können.
Quellen
Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Wandsbeck, Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt, Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung (Hg.): Wohnungsbauprogramm 2012 – Bezirk Wandsbeck. Hamburg 2012. Online abrufbar http://www.hamburg.de/contentblob/3469910/data/wohnungsbauprogramm-druckversion-april-2012-teil-1-text.pdf
HAW Wohnquartier am Altenhagener Weg in Hamburg, Groth-Gruppewww.groth-gruppe.de/haw-wohnquartier-hamburg (Zugriff am 16. 12. 2012)
Springer Architekten: HAW Wohnquartier am Altenhagener Weg in Hamburg Wandsbeck, Beschreibung der Maßnahmen
Wüstenrot Stiftung (Hg.): Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung. Zukunft der Vergangenheit – Die Erneuerung von Gebäuden der Baujahre 1945 – 1979. Stuttgart / Zürich 2012.
E-Mail-Austausch mit Peter Lewalter, Technische Liegenschaftsverwaltung Helvetia Versicherung
E-Mail-Austausch mit Prof. Jörg Springer, Heidenreich und Springer Architekten, Berlin, Telefonat am 25. 1. 2013
Links
http://www.baunetzwissen.de/objektartikel/Mauerwerk-Siedlung-Altenhagener-Weg-in-Hamburg_2455963.html (Zugriff am 16. 12. 2012)
http://www.helvetia.de/ueber-uns/presse/pressemeldungen/singleview/article/helvetia-feiert-richtfest-fuer-wohnanlage-am-altenhagener-weg-in-hamburg.html (Zugriff am 16. 12. 2012)
257 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 8
258 Vgl. Website: www.baunetzwissen.de/objektartikel/Mauerwerk-Siedlung-Altenhager-Weg-in-Ham-burg (Zugriff am 16. 12. 2012)
259 Springer Architekten, o. J., S. 4
260 Vgl. Website www.helvetia.de (Zugriff am 16. 12 .2012)
261 Wolfram Wrabetz beim Richtfest 2007; Website: www.helvetia.de
262 Springer Architekten, o. J., S. 5
263 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012, S. 8
264 Ebenda, S. 7 (aus der Begründung der Jury)
265 Website: http://www.hamburg.de/contentblob/3469910/data/wohnungsbauprogramm-druckversion-april-2012-teil-1-text.pdf, S. 9 (Zugriff am 25. 1. 2013)
154 4 Fallstudien
A) Basisdaten
4.2.3 Bremerhaven Schillerstraße
Kommune Bremerhaven – Stadtbezirk: Stadtbezirk Süd, Stadtteil: Geestemünde
Bundesland Bremen
Einwohner (31. 12. 2011)266 112.982
Gemeindetyp Kreisfreie Stadt, Oberzentrum im nördlichen Elbe-Weser-Dreieck
Demografietyp (Bertelsmann) stark schrumpfende Kommune mit besonderem Anpassungsdruck (Typ 9)
Prognose aufgrund des Strukturwandels ab den 1970er Jahren starke Bevölkerungsverluste–
seit 2010 Stabilisierung, 2011 leichte Einwohnerzuwächse–
sehr entspannter Wohnungsmarkt, Überangebot an einfachen, unsanierten und –sehr günstigen Wohnungen, Bedarfe im höherwertigen Segment, relativ konstante Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern
Anzahl Wohngebäude267 21.320
Anteil WE in MFH267 73 %
Lage ca. 2,3 km südlich der Innenstadt
Baualter 1950er Jahre
Bebauungsstruktur 4 Gebäudezeilen
Projektart / Größe Wohneinheiten: vor der Modernisierung 68 WE, nachher 56 WE
Projektzeitraum 2005 Bezug der ersten modernisierten Zeile (Haus 129)–
2008 Bezug des letzten modernisierten Hauses–
Initiator/Träger Stäwog, Städtische Wohnungsgesellschaft Bremerhaven (Bauherr)
Kooperationspartner/sonstige Beteiligte
Planung (Architekt): Hans-Joachim Ewert als Architekt mit der Planungsabteilung Stäwog–
1. Bauabschnitt Schillerstraße 129: Ole Ott als Architekt mit der Planungsabteilung der Stäwog–
Tragwerks- und Fassadenplanung: Born + Gollücke Beratende Ingenieure VBI, Bremerhaven–
Prüfstatik: KSF GmbH & Co. KG Beratende Ingenieure VBI, Bremerhaven–
Elektrotechnikplanung: Ingenieurbüro Spell, Bederkesa–
Zielgruppe Menschen, die (weitgehend) barrierefrei erschlossene, kleine Wohnungen nachfragen–
(vorwiegend ältere) Bestandsmieter, mit einer hohen Bindung an den Standort–
Finanzierung für die 4 Zeilenbauten insgesamt ca. 4,3 Mio. Euro (Bruttobaukosten, einschließlich Außenanlagen –und Nebenkosten), durchschnittlich ca. 1.150 Euro/qm Wohnfläche
Wohnraumförderung Land Bremen–
Ausgangslage /Probleme Schlichtbauten aus den 1950er Jahren–
mit Barrieren und ungünstiger Grundrissorientierung (Erschließung im Süden, Balkone im Norden)–
Maßnahmen / Strategien Grundlegender Umbau und Neuorganisation der Erschließung–
Barrierefreiheit–
Schaffung von Übergangsbereichen zwischen privaten Bereichen und Erschließung–
Adresse des Projektes Schillerstraße 129, 131, 133, 135, 27570 Bremerhaven
4.2 Hardware Bremerhaven 155
B) Kontext, Rahmenbedingungen
Bremerhaven ist Oberzentrum im nördlichen Elb-Weser-Dreieck mit rund 113.000 Ein-
wohnern. Ende der 1960er Jahre erreichte die Bevölkerung mit 149.000 Einwohnern einen
Höchststand, seither nahm sie ab, bleibt aber seit 2010 nahezu stabil und verzeichnete 2011
leichte Zuwächse.268 Die kreisfreie Stadt liegt direkt an der Nordsee und ist eine der größ-
ten Europäischen Hafenstädte. Gemeinsam mit Bremen bildet Bremerhaven das Bundes-
land Freie Hansestadt Bremen. Die Stadt gliedert sich in die Stadtbezirke Nord und Süd
mit insgesamt neun Stadtteilen.
Mitte des 19. Jahrhunderts startete in Bremerhaven die erste Dampfschifflinie von
Europa nach Amerika, 1858 wurde eine regelmäßige Schiffsverbindung für Passagiere
nach New York eingerichtet. 1939 hatte die Stadt, damals unter dem Namen Wesermünde,
bereits rund 110.000 Einwohner. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark zerstört; 1944 fiel
das Stadtzentrum einem Luftangriff zum Opfer.
Nach dem Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt wurde Bremerhaven
(Wesermünde wurde 1947 in Bremerhaven umbenannt) nach Ende des Krieges wieder
aufgebaut. Aufgrund der Zerstörungen und der Flüchtlingsströme herrschte in der Stadt
eine große Wohnungsnot, die durch ein großes Bauprogramm rasch und kostengünstig
gelindert werden musste. Die Nachkriegsmoderne ist ein fester Bestandteil der Stadtge-
schichte und -identität. Die Bauten der 1950er bis 1970er Jahre sind in der Stadt allgegen-
wärtig. 1960 wurde Ernst May beauftragt, einen Generalbebauungsplan für die Stadt auf-
zustellen.
In der Werftenkrise in den 1970er und 1980er Jahren schlossen viele traditionsreiche
Werften in Bremerhaven; die deutsche Hochseefischerei wurde fast vollständig aufgelöst
und die Blütezeit der Stadt fand ein Ende.269 Die Stadt ist seither einem starken wirt-
schaftsstrukturellen und demografischen Wandel ausgesetzt, dem sie seit Ende der 1990er
Jahre aktiv – und erfolgreich – begegnet. In den letzten Jahren erlebte die Stadt durch den
Ausbau der Offshore-Technik einen Aufschwung. Die Arbeitslosenzahlen liegen trotzdem
noch bei 14,1 Prozent (November 2012, Landesdurchschnitt Bremen 10,8 Prozent, Bun-
desdurchschnitt 6,5 Prozent). Das durchschnittliche monatliche Industrieeinkommen ent-
spricht rund 80 Prozent des Bundesdurchschnitts.
Der Hafenbetrieb ist der wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt (vorwiegend Seegüter-
umschlag). Die Hochschule Bremerhaven und das Alfred Wegener Institut (AWI) sind
wichtige Arbeitgeber im wissenschaftlichen Bereich.270 Touristisch gewann die Stadt 2005
mit der Eröffnung des Auswandererhauses und dem neuen Zoo am Meer sowie 2009 mit
der Eröffnung des Klimahauses an Bedeutung („Bremerhaven wächst am Meer“ 271). Die
Großprojekte zum Umbau der Wirtschaftsstruktur werden durch Investitionsmittel des
Landes, der Stadt und der EU ermöglicht. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Stäwog
ist ein wichtiger Partner bei der Gestaltung des Strukturwandels, das Unternehmen hat
sich zu einem Dienstleister für die Kommune entwickelt.272
Es gibt Wohnungsleerstände in der Stadt, die sowohl in innerstädtischen Gründerzeit-
beständen als auch in den Großsiedlungen der Nachkriegszeit auftreten. Die Stadt wurde
2002 mit dem Gründerzeitquartier Lehe in das ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West
aufgenommen. In den ersten fünf Jahren nach dem Start des Städtebauförderungspro-
gramms Stadtumbau West verlor die Stadt vier Prozent ihrer Einwohner (2004 – 2007).273
Von den rund 47.000 Wohnungen standen 2010 rund 5.400 Wohnungen, das entspricht
mehr als elf Prozent, leer. Lehe und Geestemünde sind die Stadtteile mit den höchsten
Leerstandsquoten („Lehe wird zum Ladenhüter“274). Auch Leherheide und Klushof gelten
als schwierige Standorte. Bis 2015 wurde mit rund 10.000 leerstehenden Wohnungen
gerechnet.275 Inzwischen hben sich diese Zahlen relativiert. Es wird jetzt davon ausgegan-
gen, dass ich der Wohnungsleerstand auf ca. 5.400 Wohneinheiten stabilisiert. Ein großer
Teil dieser Wohnungen befindet sich im Besitz von kleinen, privaten Wohnungseigentü-
mern. Die Stadt setzt sich für eine neue gesetzliche Regelung ein, um die Eigentümer von
„Schrottimmobilien“ stärker in die Pflicht zu nehmen (Änderung § 179 BauGB Rückbau
266 Vgl. Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)
267 Vgl. Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 20. 12. 2012)
268 Vgl. Stäwog, 2011, S. 7
269 Vgl. Website: http://www.bis-bremerhaven.de/sixcms/media.php/748/BIS_aktuell_08_10_net.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)
270 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 8
271 Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft, 2009, S. 10
272 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 8
273 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_900918/StBauF/DE/StadtumbauWest/Praxis/Kommunale_Praxisbeispiele/Massnahmen/Bremerhaven_Lehe/BHV_lehe_inhalt.html (Zugriff am 9. 1. 2013)
274 Vgl. Website: http://www.nordsee-zeitung.de/region/bremerhaven_artikel,-Lehe-wird-zum-Ladenhueter-_arid,447131.html (Zugriff am 9. 1. 2013)
275 Vgl. vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 22
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und Entsiegelungsgebot). Idee ist es, dass die Eigentümer künftig die Abrisskosten tragen
und nicht die öffentliche Hand. Das Gesetzesvorhaben befindet sich derzeit in der Abstim-
mung (Stand Ende 2012). Der Wohnungsmarkt in Bremerhaven ist aber sehr unterschied-
lich ausgeprägt. Wohnraum für einkommensschwächere Haushalte ist ausreichend vor-
handen. Nicht modernisierte Wohnungen, die vor 1969 gebaut wurden, werden für zwei
bis drei Euro/qm vermietet (Mietspiegel 2011).276 Neben den Leerständen und einem
niedrigen Mietniveau gibt es auch Segmente, in denen hohe Preise erzielt werden können,
beispielsweise in Penthauswohnungen oder Neubauten mit Meerblick (Havenwelten).
Auch kleine Wohnungen in guten Lagen werden nachgefragt. Nach Einfamilienhäusern
gibt es eine weitgehend stabile Nachfrage.
Die Wohnungsunternehmen mit den größten Beständen in der Stadt sind die GEWOBA
(Bestände in Bremen, Bremerhaven und Oldenburg) mit rund 10.000 Wohnungen und das
kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog mit rund 5.100 Wohnungen. Weitere Unter-
nehmen sind die Wohnungsbaugenossenschaft WoGe Bremerhaven, das börsennotierte
Unternehmen GAGFAH Group, die Gemeinnützige Wohnungsfürsorge GmbH und die
Vereinigte Bau- und Siedlungsgenossenschaft.277 Um den hohen Leerstand bewältigen zu
können, werden auf der Grundlage des gesamtstädtischen Stadtumbaukonzeptes Woh-
nungen vom Markt genommen und die freiwerdenden Flächen beispielsweise für den Bau
von Ein- und Zweifamilienhäusern genutzt.278 Die Leerstände der Stäwog haben sich zwi-
schen 2001 und 2011 nahezu halbiert auf rund 219 Wohneinheiten.279
C) Projektbeschreibung und Akteure
Das kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog wurde Anfang der 1940er Jahre gegrün-
det (damals als „Wesermünder Wohnungsbaugesellschaft“ mit einem Bestand von 463
Wohnungen)280 und hat derzeit einen Bestand von rund 5.100 Mietwohnungen in ganz
Bremerhaven.281 Die Stadt Bremerhaven ist zu 100 Prozent Eigentümerin der Wohnungs-
gesellschaft, die heute mehr als 60 Mitarbeiter beschäftigt. Die Stäwog hat ein breites
Tätigkeitsspektrum: neben der Verwaltung von Wohnungen erschließt das Unternehmen
Grundstücke, baut Straßen, verwaltet Immobilien, verpachtet Gartengrundstücke und
übernimmt Bauleitungsaufgaben (z. B. Klimahaus Bremerhaven)282. Darüber hinaus
erbringt das Unternehmen Dienstleistungen (z. B. Hausverwaltungen für Eigentümer-
Gemeinschaften). Neben Wohnungen vermietet das Unternehmen Einzelhandelsflächen.
Das Unternehmen ist ein wichtiger Akteur der Stadtentwicklung, Dienstleister und Wirt-
schaftsfaktor der Stadt. Für die Bereitstellung von Dienstleistungen wurden Tochtergesell-
schaften gegründet (Stäwog Service GmbH und Städtische Grundstücksgesellschaft
Stägrund). Die Stäwog Service wurde gegründet, um die wirtschaftliche Versorgung der
Mieter mit Energie sicherzustellen. Die GmbH betreibt Blockheizkraftwerke, Heizungsan-
lagen und verkauft den Strom an die Mieter.
Zentrales Unternehmensziel ist es, einen Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten und
der sozialen Verantwortung gerecht zu werden: „Sichere und sozial verantwortliche Woh-
nungsversorgung für eine vielschichtige Bevölkerung ist die Hauptaufgabe der 1941
gegründeten Städt. Wohnungsbaugesellschaft mbH.“ 283 Beinahe alle Wohnungen des
Unternehmens sind frei finanziert und werden daher einkommensunabhängig vermietet.
In den Beständen des Unternehmens leben noch viele Mieter der ersten Generation, ent-
sprechend hoch ist der Altersdurchschnitt der Mieter. Das Unternehmen reagiert auf die
Mieterstruktur und bietet, neben den baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Barrie-
ren, Hilfestellungen zur Alltagsbewältigung an. Die Zufriedenheit der Bewohner wird als
hoch eingeschätzt, das engagierte Handeln des Unternehmens wird von den Mietern
gewürdigt.
Die Erneuerung der Bestände der 1950er und 1960er Jahre ist seit rund zwölf Jahren ein
Tätigkeitsschwerpunkt der Stäwog. In den Gebäuden der 1950er Jahre sieht das Unterneh-
men große Erneuerungsspielräume: Es wird von einem „Comeback der 50er-Jahre-Wohn-
anlagen in Bremerhaven“ gesprochen.284 Die Stäwog setzt sich intensiv mit diesen Woh-
4.2 Hardware Bremerhaven 157
nungsbaubeständen auseinander und prüft jeweils, ob eine Erhaltung möglich ist. Den
Grundrissen der 1950er und 1960er Jahre wird ein großes Potenzial zugesprochen, da sie
sich mit vertretbarem Aufwand umbauen und verändern lassen (z. B. Umbau von Drei- in
Zweizimmerwohnungen). Ökonomische, ökologische und sozio-kulturelle Gründe sind
vielfach ausschlaggebend für einen Erhalt der Gebäude, die umfassend modernisiert oder
saniert werden. „Am Twischkamp“ (rund 260 WE) war 1997 die erste Siedlung der 50er
Jahre, die das Unternehmen umfassend erneuerte. Es folgte der Umbau der Siedlung Wuls-
dorf / Buxtehuder Straße mit rund 430 Wohneinheiten im Rahmen des Programms Sozia-
le Stadt. Die Siedlung, die als sozialer Brennpunkt galt („Flachdachhausen“) wurde grund-
legend erneuert und die Dächer durch Flugdächer ersetzt. Das Image der Siedlung hat sich
seither gewandelt: „Das Wunder von Wulsdorf“ 285. Die Stäwog sieht im Weiterbauen drei
wesentliche Vorteile:
1. Energieeinsparung ist gut umsetzbar, da die schlichte Architektur und die Fassaden der
Nachkriegszeit sich für die energetische Modernisierung eignen.
2. Flächen- und Ressourceneinsparung durch die effektive Nutzung des Bestandes
3. Schonung von Rohstoffen („graue Energie“)
Wichtig ist es dem Unternehmen, die Bestände nach einem ganzheitlichen Konzept zu
erneuern. Grundlage sind quartiersbezogene Entwicklungskonzepte. Daher werden nicht
nur die energetischen Aspekte in den Vordergrund gestellt, sondern ebenso der Wohnwert,
das Umfeld und weitere Merkmale, die für ein qualitätsvolles Wohnen wichtig sind. Die
architektonische Gestaltung ist dem Unternehmen wichtig. Ziel ist die Weiterentwicklung
der Gebäude ohne die „Verfremdung der kulturellen Werte […]. Eine Sanierung oder bes-
ser ein Weiterbau ist zudem der Ausdruck des Respekts vor der historischen Bausubtanz,
der Leistung unserer Vorfahren und damit vor der Geschichte unserer Stadt“.286
rechts: Bebauung Am Twischkamp, vor der Erneuerung
unten: Am Twischkamp nach der Sanierung, Gartenseite mit privat nutzbaren Bereichen für die Erdgeschosswohungen
276 Vgl. Website: http://www.mieterverein-bremerhaven.de/fileadmin/template/dmb/bremerhaven/Mietspiegel_2011-2012.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)
277 Vgl. Website: http://www.bremerhaven.de/meer-erleben/bauen-wohnen / (Zugriff am 9. 1. 2013)
278 Vgl. Website: http://www.stadtumbauwest.de/konzept/PW_Bhv_Friedrich_Heckemeier.pdf (Zugriff am 9. 1. 2013)
279 Vgl. Stäwog, 2011, S. 7
280 Vgl. Stäwog, 2010, Umschlaginnenseite
281 Website: http://www.staewog.de/staewog/ (Zugriff am 8. 1. 2013)
282 Vgl. Stäwog, 2010, Umschlaginnenseite
283 Ebenda
284 Stäwog, 2010, S. 8
285 Welt am Sonntag vom 11. 12. 2011, S. 99 und 101: Das Wunder von Wulsdorf
286 Stäwog, 2010, S. 9
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Lageplan Bestand Lageplan nach der Sanierung
oben: Gebäude vor der Modernisierung – nicht nur die Fassade war in die Jahre gekommen
rechts: Grundrisse, alt und neu
4.2 Hardware Bremerhaven 159
Umbau des Wohnquartiers Schillerstraße
Das Wohnquartier Schillerstraße liegt in Geestemünde. Geestemünde war bis 1947 ein
selbständiger Ort und ist heute ein lebendiger, innenstadtnaher Stadtteil mit knapp 33.000
Einwohnern. Die Anbindung an den ÖPNV und die Ausstattung mit Infrastruktur sind
gut, es gibt Geschäfte für den täglichen Bedarf, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen,
Einrichtungen für Ältere, Kirchen und einen Wochenmarkt. Vor der Modernisierung galt
die Wohngegend um die Schillerstraße mit ihren Zeilenbauten nicht als gute Adresse.
Kennzeichnend waren Schlichtbauten aus den 1950er Jahre mit sehr beengten Grundris-
sen und ungünstiger Orientierung (Erschließung im Süden, Balkone im Norden), herunter-
gekommene, lindgrün gestrichene Fassaden, ein hoher Sanierungsstau und ein unattrak-
tives Wohnumfeld. Es war kaum mehr möglich – in einem sehr entspannten Wohnungs-
markt – Mieter für die Bestände zu interessieren. Die vier Zeilengebäude reihen sich leicht
aus dem rechten Winkel gedreht entlang der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Schiller-
straße auf.
Nach einer ersten Analyse sprach vieles für einen Abbruch der Schlichtbauten mit ihren
gravierenden Mängeln. Trotz aller Negativ-Indikatoren entschied sich die Stäwog für den
Erhalt und grundlegenden Umbau des Bestandes der „zweiten deutschen Gründerzeit“.287
Die städtebauliche Qualität der gestaffelten Zeilen war ein Grund für den Erhalt. Auch das
Planungsrecht sprach für den Erhalt, denn aufgrund der aktuellen planungsrechtlichen
Bestimmungen wäre der Bau von Häusern mit einem so geringen Abstand zueinander
nicht mehr genehmigungsfähig. Für die 60 Wohnungen sind beispielsweise auch nur fünf
Parkplätze für Schwerbehinderte ausgewiesen, was bei einem heutigen Neubau nicht mög-
lich wäre.
Zwischen 2005 und 2008 wurden vier Zeilengebäude unter der Projektleitung von Ole
Ott und Hans-Joachim Ewert modernisiert, energetisch saniert, die Grundrisse verbessert
(Raumzuschnitte, Ausrichtung der Wohnungen, Wohnungszusammenlegungen), Süd-
Balkone vorgebaut und weitgehend barrierefrei umgebaut, um die Vermietungschancen
langfristig zu sichern.
„Die Stäwog legte der Modernisierung ein Drei-Säulen-Prinzip zugrunde:
1. Die energetische und haustechnische Sanierung zu einem Niedrigenergiehaus mit Nut-
zung von Fernwärme aus einer Kraftwärmekopplungsanlage.
2. Grundrissoptimierungen durch bauliche Eingriffe wie Änderungen des Erschließungs-
systems, der Raumzuschnitte, Himmelsausrichtungen und Wohnungszusammenlegun-
gen.
3. Reduzierung von Barrieren in den halböffentlichen und privaten Bereichen der Woh-
nungen, Bäder und Balkone, soweit diese Maßnahmen von der Bausubstanz und Wirt-
schaftlichkeit vertretbar waren.“ 288
Das Projekt Schillerstraße wurde sehr präzise geplant und kalkuliert, um die wirtschaft-
liche Tragfähigkeit langfristig sicherzustellen. In allen Bereichen wurde nach Einsparmög-
lichkeiten gesucht (z. B. Erschließung eines Gebäudes mit nur einem neuen Aufzug, Ener-
gieversorgung).
Ziel war es, die Bewohnerstruktur nicht grundlegend zu verändern, sondern den vor-
wiegend älteren Mietern ein langes Wohnen in vertrauter Umgebung zu ermöglichen
(„sozialer Erhalt“). „Die Mieter in der Schillerstraße sind hauptsächlich so genannte ‚Empty
Nesters‘, Alleinstehende oder Ehepaare über 50, deren Kinder ausgezogen sind oder die ihr
Haus im Bremerhavener Umland verkauft haben, um ins Stadtzentrum mit seiner besse-
ren sozialen und kulturellen Infrastruktur zu ziehen.“289
Durch den grundlegenden Umbau und die Neuorganisation der Erschließung sollten
Begegnungszonen geschaffen werden, um das „Miteinander Wohnen“ zu stärken.290 Inspi-
riert wurde der projektleitende Architekt durch ein gemeinschaftliches Wohnprojekt mit
Außengangerschließung und einem überdachten Innenhof des französischen Sozialrefor-
Gebäude vor der Modernisierung – nicht nur die Fassade war in die Jahre gekommen
287 Stäwog, 2010, S. 18
288 Nagel, o. J., S. 48
289 Ebenda, S. 51
290 Vgl. Stäwog, 2010, S. 18
160 4 Fallstudien
Der modernisierte Bestand – Nordseite (oben) und Südseite (unten rechts)
Saniertes Treppenhaus – die Erschließungs-bereiche werden individuell gestaltet
4.2 Hardware Bremerhaven 161
Laubengang – Erschließungsbereich mit neuen Qualitäten
162 4 Fallstudien
mers Jean-Baptiste André Godin aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts („Familistère“
in der nordfranzösischen Stadt Guise).
Der Bestand von 68 Wohneinheiten wurde durch die Umbauten und Grundrissverän-
derungen auf 56 reduziert. Das Wohnumfeld wurde neu gestaltet und den Erdgeschoss-
wohnungen private Gärten vorgelagert. Durch die energetische und haustechnische Sanie-
rung konnte Niedrigenergiehausstandard erreicht werden. Es wird Fernwärme aus einer
Kraftwärme-Kopplungsanlage genutzt. Der Primärenergieverbrauch konnte um 80 Pro-
zent gesenkt werden.
Durch die Umbauten wurde die städtebauliche Struktur nicht grundlegend verändert,
doch aber der Charakter der Bebauung. Das zentrale Element des Umbaus ist die Verände-
rung der Erschließung über den Laubengang. Das mittlere der ursprünglich drei Treppen-
häuser in einer Zeile wurde geschlossen und die zwei verbleibenden Erschließungskerne
durch einen vorgelagerten Laubengang miteinander verbunden.
Der vom Gebäude abgerückte Laubengang wurde mit rahmenlosen Glaselementen
gegen Witterung geschützt und mit einem transparenten Dach versehen, sodass der Ein-
druck einer lichtdurchfluteten, bepflanzten Lobby entsteht. Der als Stahlbeton-Konstruk-
tion errichtete Laubengang sorgt mit seinem schuppenartigen, aber offenen Witterungs-
schutz für eine natürliche Belüftung der dahinterliegenden Funktionsräume. Im Zuge der
Neuorganisation der Erschließung wurde ein gläserner Aufzug angebaut, sodass alle 16
Wohnungen ohne Treppen zu erreichen sind. Die Wohnräume orientieren sich nach Süden,
Bäder, Küchen und Essplätze liegen auf der Seite des Laubengangs. Die einst nach Norden
orientierten kleinen Küchenbalkone wurden geschlossen und als verglaste Eckzimmer den
Wohnungen zugeschlagen.
Der Laubengang versteht sich als Neuinterpretation des außenliegenden Gangs und ist
heute weit mehr als nur eine Erschließungszone, er ist ein wichtiger Kommunikations-
und Sozialraum, der Teilhabe ermöglicht. Diese Bereiche werden von den Bewohnern
selbst gepflegt. Architekt Ewert betont gern den kommunikativen Charakter der lauben-
gangartigen Erschließungsflure, die er als „Laufstege“ bezeichnet. Auf ihnen, so seine
Erfahrung, wollen die Bewohner sehen und gesehen werden. „Die Stahlbeton-Laufgalerien
mit ihrer rahmenlosen schuppenartigen Verglasung wirken wie eine schwerelose Galerie
oder ein Vorgarten. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch die intensive Bepflanzung,
die von den Bewohnern vorgenommen wurde.“ 291
D) Finanzierung
Die Baukosten für die vier Gebäudezeilen betrugen insgesamt ca. 4,3 Mio. Euro (brutto,
einschließlich Außenanlagen und Nebenkosten). Pro qm Wohnfläche wurden durchschnitt-
lich 1.150 Euro investiert. Allen Investitionen des Unternehmens liegt ein langfristiger
Investitionsplan zugrunde. Es wurden öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen
(Wohnraumförderung Land Bremen), das Unternehmen einigte sich aber mit der Stadt-
verwaltung auf eine „mittelbare Belegung“.292 Durch die Laubengangerschließung war
es möglich, alle Wohnungen mit nur einem Aufzug zu erschließen. Die Laubengang-
konstruktion aus Stahlbeton und Glas erwies sich als wirtschaftlich sehr tragfähig. Durch
einen hohen Dämmstandard und eine neue Haustechnik sind die Nebenkosten heute sehr
niedrig. Die Kaltmiete nach der Modernisierung liegt bei 5 – 5,20 Euro/qm.
E) Besonderheiten und Übertragbarkeit
Der Umbau der Zeilenbauten in der Schillerstraße zeigt, dass sich auch Schlichtbauten aus
den 1950er Jahren zukunftsfähig weiterentwickeln lassen und Abriss nicht immer die ein-
zige Option ist. Hervorzuheben ist die besondere Architektur mit der vorgestellten Lau-
bengangkonstruktion, die das Gesicht der Siedlung neu prägt. Durch die Umorganisation
der Erschließung konnten ganz neue Qualitäten entstehen, die sowohl vom Wohnwert als
auch von der Gestaltung her überzeugen. Das Projekt zeigt, wie der städtebaulich schwie-
rige Gebäudetyp der Zeile an heutige Wohnanforderungen angepasst werden kann.
4.2 Hardware Bremerhaven 163
Die Modernisierung der Gebäude setzte einen wichtigen Impuls für die positive Weiter-
entwicklung des gesamten Wohnquartiers, das enorm an Attraktivität gewonnen hat. Das
Interesse von potenziellen Neumietern für die modernisierten Wohnungen ist hoch – es
gibt bereits Wartelisten. Ähnlich gute Erfahrungen machte das Unternehmen in anderen
„runderneuerten“ Siedlungen der 1950er Jahre mit hoher Lagegunst (z. B. „Am Twisch-
kamp“). Das Engagement des Unternehmens für die Stadtentwicklung ist beispielhaft und
zeigt, dass aktive, kreative und kooperative Partner unverzichtbar sind für die Bewälti-
gung des demografischen und strukturellen Wandels.
Das Ziel des Unternehmens, effizient umzubauen, erwies sich als sehr tragfähig und ist
beispielgebend für ähnliche Projekte. Auch die Neugestaltung des Wohnumfeldes hat sich
bewährt, die Grünbereiche werden intensiv gepflegt und die privaten Freibereiche indivi-
duell bewirtschaftet und genutzt. Das Projekt wurde mit einer Anerkennung für den Bremer
Bauherrenpreis 2008 ausgezeichnet: „Dieser Beitrag ist zukunftsweisend, weil er sich
durch ein tragfähiges Konzept auszeichnet, das intelligent ausgestaltet und bis ins Detail
durchdacht wurde.“ 293
Quellen
Besichtigung am 1. 10. 2012 mit Vertretern der Stäwog, Christian Bruns (Geschäftsführer), Sieghard Lückehe (Technischer Leiter), Hans-Joachim Ewert (Architekt, Stäwog) und Sandra Levknecht (Stadt Bremerhaven)
Interview mit der Stadt Bremerhaven, Norbert Friedrich und Sandra Levknecht, Stadtplanungsamt, am 2. 10. 2012
Interview mit der Stäwog, Christian Bruns, Sieghard Lückehe und Hans-Joachim Ewert, am 2. 10. 2012
Architektenkammer der Freien Hansestadt Bremen, Der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, Freie Hansestadt Bremen: Dokumentation Bremer Landespreis für vorbildlichen Wohnungsbau, Bauherren-preis 2008 – Bremen und Bremerhaven – Vielfalt städtischen Wohnens
Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter / Neuer Hafen BEAN mbH & Co. KG (Hg.): Havenwelten Bremerhaven. Broschüre. Bremerhaven 2009.
Broschüre „Soziale Stadt Bremerhaven-Wulsdorf“. Weiterbau eines Stadtquartiers, Stadtwandel Verlag Berlin, o. J.
Städtische Wohnungsbaugesellschaft Bremerhaven, Stäwog (Hg.): Leistungen für Bremerhaven. Wohnen – Kultur – Infrastruktur. Broschüre. SUSA VERLAG Hameln, 2010.
Städtische Wohnungsbaugesellschaft Bremerhaven, Stäwog (Hg.): Geschäftsbericht 2011: Wohnräume für alle Lebenslagen. Bremerhaven 2012.
vdw Niedersachsen (Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen) Magazin 01/2004 und 04/2005.
Welt am Sonntag vom 11. 12. 2011, S. 99 und 101: Das Wunder von Wulsdorf
Links
Homepage der Stäwog www.staewog.de
Homepage der Stadt Bremerhaven www.bremerhaven.de
291 Nagel, o. J., S. 52
292 vdw Niedersachsen, 01/2004, S. 10
293 Votum der Auswahlkommission Bauherrenpreis 2008 – Bremen und Bremerhaven – Vielfalt städti-schen Wohnens, S. 9
164 4 Fallstudien
A) Basisdaten
4.2.4 Spenge Wohnquartier Mühlenweg
Kommune Spenge – Ortsteil: Lenzinghausen
Bundesland Nordrhein-Westfalen
Einwohner (31. 12. 2011)294 14.766
Gemeindetyp Stadt
Demografietyp (Bertelsmann) Stadt und Gemeinde in strukturschwachem ländlichem Raum
Prognose schrumpfend
2009 – 2030 (Prognose, Bertelsmann): – 10,1 %
Anzahl Wohngebäude295 3.939
Anteil WE in MFH295 29 %
Lage ca. 1,5 km von der Ortsmitte Spenge entfernt
Baualter Siedlung aus den 1960er Jahren
Bebauungsstruktur Zeilenbebauung
Projektart / Größe 42 WE (vorher), 44 WE (nachher), ca. 9.000 qm Gesamtfläche
Projektzeitraum Projektbeginn: 2002
Realisierung: 2007 – 2008
Initiator/Träger Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG (Bünde) (Eigentümer und Bauherr)
Kooperationspartner/sonstige Beteiligte
Projektentwicklung, Gebäudeplanung, Bauleitung: B&S Gesellschaft für Wohnungsbau, –Stadt- und Dorferneuerung mbH (Bünde)
Kooperationspartner / Versorgungssicherheit / Seniorenhausgemeinschaft: Arbeiterwohlfahrt –Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e. V., AWO Service gGmbH
Bestands- und Mieterstrukturanalyse: Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie –(Prof. Dr. Grönemeyer) in Kooperation mit der Gesellschaft für Organisation und Entscheidung (GOE, Bielefeld)
Stadt Spenge –
Bewohner des Quartiers am Mühlenweg–
Finanzierung ca. 3 Mio. Euro–
frei finanziert–
4 Wohneinheiten gefördert durch das Wohnungsbauprogramm Nordrhein-Westfalen–
Ausgangslage /Probleme mangelhafter Zustand der Wohngebäude und der Freiräume, großer Instandhaltungsstau–
zunehmende Leerstände–
einseitiges, unzeitgemäßes Wohnungsgemenge–
schlechtes Image–
Maßnahmen / Strategien Beauftragung und Durchführung einer soziologischen Untersuchung–
Entwicklung einer zielgruppenorientierten Sanierungs- bzw. Aufwertungsstrategie–
Rück- und Neubau einiger Wohngebäude, Umbau und Modernisierung der Bestandsgebäude–
Schaffung von besonderen Wohnformen für Ältere (Seniorenwohngemeinschaft)–
Kooperation mit der AWO–
Adresse des Projektes Mühlenweg 36 – 50, 32139 Spenge (Lenzinghausen)
4.2 Hardware Spenge 165
B) Kontext / Rahmenbedingungen
Die Kleinstadt Spenge liegt im Nordosten von Nordrhein-Westfalen rund 14 km nordwest-
lich von Bielefeld. Spenge zählte Ende 2011 knapp 14.800 Einwohner und übernimmt
laut Landesplan die Funktion eines „Grundzentrums mit Teilfunktionen eines Mittel-
zentrums“. Das Stadtgebiet besteht als Ergebnis einer kommunalen Neugliederung Ende
der 1960er Jahre aus fünf überwiegend ländlich geprägten Ortsteilen. Die Bevölkerungs-
struktur im Ortsteil Lenzinghausen (ca. 2.500 Einwohner) weist keine nennenswerten
Besonderheiten auf.296 Der Anteil an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt in Spenge
bei lediglich 29 Prozent.297
C) Projektbeschreibung und Akteure
Die Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eG ist Eigentümerin des
untersuchten Quartiers am Mühlenweg. Die Genossenschaft wurde 1937 mit dem Ziel
gegründet, die Wohnungsnot zu beseitigen und breite Schichten der Bevölkerung mit
bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Im Laufe der Jahre haben sich die Ziele und Auf-
gaben der Genossenschaft vom Neubau zum Bestand verlagert – der soziale Auftrag ist
aber geblieben. Aktuell hat die Genossenschaft rund 3.000 Mitglieder und einen Bestand
von etwa 1.500 Wohnungen. Aufgabenschwerpunkte liegen heute in baulichen und tech-
nischen Bestandsmaßnahmen sowie der altengerechten Anpassung der Wohnungen und
des Umfeldes. Rund 75 Prozent des Wohnungsbestandes der Genossenschaft stammen aus
der Zeitspanne zwischen 1950 und 1979.298
Das Wohnquartier Mühlenweg ist ein typisches, im Laufe der Jahre in Vergessenheit
geratenes Gebiet. Es liegt in ruhiger, naturnaher Lage am Siedlungsrand des ländlich
geprägten Ortsteils Lenzinghausen und wurde zwischen 1965 und 1966 im Rahmen des
Wohnungsbauförderungsprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen errichtet. In das
Quartier zogen anfangs viele Haushalte mit geringem Einkommen. Wald, Wiesen und
Ackerflächen schließen im Norden direkt an. Südlich liegen einige freistehende Einfamilien-
häuser aus den 1990er Jahren.
Die Bebauung bestand ursprünglich aus acht dreigeschossigen Häusern, von denen
jeweils drei Gebäude U-förmig angelegt waren. Am West- und Ostrand lag jeweils noch
ein Gebäude parallel dazu. Die insgesamt 42 weitgehend gleichartigen Wohnungen befan-
den sich in drei Häusern mit je vier Wohneinheiten und fünf Häusern mit je sechs Woh-
nungen. Das Gebiet wies Anfang der 2000er Jahre einen gravierenden Instandhaltungs-
und Modernisierungsbedarf auf. Neben dem desolaten äußeren Erscheinungsbild waren
auch die Wohnungen stark mangelhaft (z. B. Schimmelbefall). Der schlechte Zustand
führte zu erheblichem Leerstand, einer hohen Fluktuation, ersten Ansätzen von Segrega-
tion und Sachbeschädigungen. Nach und nach verschlechterte sich das Image des Quar-
tiers („Mühlenweg Ghetto“). Zu Beginn der Maßnahme im Jahr 2002/03 standen 13 Woh-
nungen leer (d. h. 31 Prozent). Zwischen den Gebäuden lagen große, undefinierte und
ungepflegte Rasenflächen. Inmitten der Wohnbebauung befanden sich fünf Garagen,
zusätzliche Parkplätze gab es entlang des verkehrsberuhigten Mühlenwegs. Ein vorhande-
ner Spielplatz war in schlechtem Zustand.
Seit der Schließung von Nahversorgungseinrichtungen in den 1990er Jahren gibt es in
Lenzinghausen keine Einkaufsmöglichkeiten mehr. Die fehlende Nahversorgung stellt
einen erheblichen Standortnachteil dar.299 Lenzinghausen wird lediglich von einem
Lebensmittelwagen ein Mal in der Woche angefahren. Ein Kindergarten liegt in Fuß-
wegentfernung, Schulen sind im Ort vorhanden (ca. 15 Gehminuten), weitere soziale Infra-
struktur ist in ca. 20 Gehminuten im Ortskern erreichbar. Die fehlende Infrastruktur
stellt gerade für einkommensschwache und mobilitätseingeschränkte Personen ein gravie-
rendes Problem dar.
Auch die ÖPNV-Anbindung ist problematisch einzustufen. Es gibt zwar in Spenge einen
Bürgerbus, aber eine Haltstelle beim Mühlenweg konnte trotz vieler Bemühungen bisher
nicht eingerichtet werden. Die nächste Bushaltestelle ist ca. 1.000 m vom Quartier entfernt
294 Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)
295 Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 10. 1. 2013)
296 Vgl. Website: http://www.spenge.de/index.phtml?mNavID=1492.22&sNavID=1492.37&La=1 (Zugriff am 10. 1. 2013)
297 Vgl. Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/data;jsessionid=3A34A8A6E3E9538D1116EEB4635EC6BC?operation=abruftabelleBearbeiten&levelindex=2&levelid=1358751048017&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswahlverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&selectionname=035-21-5&auswahltext=%23SHRGKRLD-05758032&werteabruf=Werteabruf (Zugriff am 21. 1. 2013)
298 Vgl. Website: http://www.bauundsiedlungsgenossenschaft.de/B%26S_mein_Zuhause/Genossenschaft.html (Zugriff am 21. 1. 2013)
299 Vgl. Universität Bielefeld, 2003, S. 31
166 4 Fallstudien
und somit nur bedingt für mobilitätseingeschränkte Personen zu erreichen. Für die All-
tagsorganisation ist ein Auto fast unverzichtbar.300
Im Jahr 2002 lebten nur noch drei Erstbezieher-Haushalte im Quartier. Viele Bewohner
sind in den 1990er Jahren zugezogen. Etwa ein Drittel wohnte 2002 weniger als drei Jahre
im Gebiet. Die Sozialstruktur in den Mehrfamilienhäusern und den angrenzenden Eigen-
heimen ist sehr unterschiedlich. In den Einfamilienhäusern leben einkommensstärkere
Haushalte, weitgehend ohne Migrationshintergrund.
Für das Wohnquartier liegt kein gültiger Bebauungsplan vor – die geplanten Maßnah-
men mussten sich also an der Bebauung der Umgebung orientieren. Die erheblichen Leer-
stände, die hohe Fluktuationsrate, der gravierende Instandhaltungsstau, die beginnende
Segregation und das bereits negativ auf die gutbürgerliche Nachbarschaft ausstrahlende
Image veranlassten die Genossenschaft aktiv zu werden. Das Projekt am Mühlenweg war
für die Genossenschaft in seiner Größe und Planungstiefe bis dahin einmalig. Es konnte
somit nicht auf vergleichbare Erfahrungen zurückgegriffen werden. Die ersten Überlegun-
gen und Planungen begannen im Jahr 2002.
Untersuchungen und Grundlagen
Um das Quartier bewohnerorientiert weiterzuentwickeln, wurde die Universität Bielefeld
(Fachbereich Soziologie) als externe Beratung hinzugezogen. Im Rahmen einer Projekt-
arbeit führten zwölf Studenten eine genaue Bestandsanalyse durch, die in einem ausführ-
lichen Bericht zusammengefasst wurde. In einem zweiten Bericht wurden Modelle und
Ideen zum zukünftigen Wohnen im Mühlenweg erarbeitet. Mit Hilfe dieser Untersuchun-
gen konnten die Bewohnerbedürfnisse und das Marktpotenzial genauer erfasst werden.
Die Ergebnisse dieser Studie dienten als wichtige Grundlage für die weitere Vorgehensweise
und die Sanierungsstrategie. Bei der Untersuchung wurden Ortsbegehungen durchgeführt
sowie Vertreter der Stadt, Bewohner des Quartiers und der Umgebung und sonstige lokale
Akteure ausführlich befragt.301 Die Ergebnisse zeigten deutlich die schlechte Außenwahr-
nehmung des Wohnquartiers am Mühlenweg. In der Anfangszeit war das Image des
Quartiers noch vergleichsweise gut, aber Anfang der 1990er Jahre begann es sich erheblich
zu verschlechtern. Bis zum Beginn der Umbaumaßnahmen wurde das Quartier als „sozia-
ler Brennpunkt“ wahrgenommen. Die Untersuchungen ergaben, dass kaum Kontakte zu
den Bewohnern außerhalb des Quartiers bestanden – die Bewohner des Wohnquartiers
waren nicht in die intakte Dorfgemeinschaft integriert. Dies wurde zum Teil auf Sprach-
probleme oder auch auf mangelndes Interesse aneinander zurückgeführt.302 Die Ergeb-
nisse der Bewohnerbefragung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Bei der Frage
nach den Gründen für den Einzug in die Wohnanlage entfielen die meisten Antworten auf
die Kategorie „niedrige Mietkosten“ und „es gab keine billigeren Wohnungen“. Fast
30 Prozent der befragten Bewohner beschrieben das Wohnquartier als „Slum“ oder „Ghetto“
und betonten den starken Kontrast zwischen den desolaten Mehrfamilienhäusern und den
„schönen“ Einfamilienhäusern in der Umgebung. Die Befragung ergab, dass schon beim
Einzug rund 50 Prozent der befragten Haushalte mit dem Zustand der Wohnung eher
unzufrieden bzw. überhaupt nicht zufrieden waren. In weiterer Folge bewerteten rund
Siedlung Am Mühlenweg, Spenge, Ausgangslage Bestand – der schlechte Zustand der Zeilen-gebäude und des Umfeldes begünstigten die Ent-stehung eines schlechten Images.
4.2 Hardware Spenge 167
50 Prozent der Befragten, dass sich der Zustand der Wohnung sogar weiter verschlechtert
hat. Geschätzt wurde allerdings die Ruhe in dem Quartier. Die wenigsten Bewohner wür-
den erneut in ihre Wohnung ziehen – dies hängt zum Teil auch mit dem schlechten Infra-
strukturangebot zusammen. Die Untersuchungen lieferten wichtige Erkenntnisse darüber,
wie das Wohnquartier durch die Bewohner und Außenstehende wahrgenommen wird.
Alle Befragten waren sich einig, dass das äußere Erscheinungsbild der Häuser das Haupt-
problem darstellt. Ein Abriss der Häuser wurde allerdings nur von einer Minderheit der
Befragten als wirkliche Option und Lösung des Problems angegeben.303
In dem zweiten Bericht über mögliche Modelle für den Mühlenweg wurden zunächst
demografische, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungstendenzen sowie Modelle
der Stadterneuerung erörtert. Grundlegend wurden zwei Varianten erarbeitet: Erhalt oder
Abbruch, um Neubaukonzepte zu realisieren. „Ziel war es, unter Einbeziehung der speziel-
len Standortbedingungen des Mühlenwegs, zielgruppenspezifische Wohnangebote zu ent-
werfen.“ 304
Im Rahmen der Studien wurde auch die Frage behandelt, wie der Genossenschafts-
gedanke wiederbelebt werden kann und welche Rolle die Genossenschaft bei der Aufwer-
tung des Quartiers einnimmt.
Umbaumaßnahmen im Quartier
Die Genossenschaft verfolgte auf der Grundlage der Analysen und Untersuchungen ver-
schiedene Zielsetzungen. In baulicher Hinsicht sollte die gewachsene städtebauliche Qua-
lität des Quartiers erhalten bleiben. Das bisher einseitige Wohnungsgemenge sollte ausdif-
ferenziert und nachfrageorientierter Wohnraum für Menschen unterschiedlicher Lebens-
phasen und -stile geschaffen werden. Mithilfe verschiedener Maßnahmen und Angebote
sollte das nachbarschaftliche Miteinander verbessert und eine ausgewogene Bewohner-
struktur erreicht werden. Um die Versorgung der Bewohner im Quartier zu sichern, soll-
ten neue Angebote und Dienstleistungen geschaffen werden. Sowohl durch bauliche als
auch durch nicht-investive Maßnahmen wurde eine Revitalisierung des Quartiers ange-
strebt.
Für die Errichtung des Wohnquartiers wurden in den 1960er Jahren Fördermittel in
Anspruch genommen, die eine Belegungsbindung über einen Zeitraum von 40 Jahren
bedingten. Als das Projekt startete, waren noch einige Gebäude von dieser Bindung
Städtebauliches Konzept der Erneuerungs-maßnahme: Ergänzung neuer Gebäude und Umgestaltung der Freibereiche
300 Vgl. Universität Bielefeld, 2003, S. 24
301 Vgl. ebenda, S. 34
302 Vgl. ebenda, S. 32
303 Vgl. ebenda, S. 80
304 Universität Bielefeld, 2003/04, S. 5
168 4 Fallstudien
betroffen – sie konnten daher zunächst nicht abgerissen werden, ohne Mittel zurückzah-
len zu müssen.
Darüber hinaus wäre der künftige Verlust dieses gebundenen Wohnraums durch das Aus-
laufen der Bindungen für die Stadt Spenge zu einem Problem bei der Wohnraumversor-
gung geworden. Angesichts dieser Problematik musste mit dem zuständigen Ministerium
eine Lösung für die geplanten Abrisse und Neuordnungskonzepte gefunden werden. In
mehreren Gesprächen gelang es der Genossenschaft dem Ministerium die Ziele des Pro-
jektes zu vermitteln. In Verbindung mit der Zusage, auch wieder geförderte Wohnungen
zu errichten, stimmte das Land dem Rückbau von zwei Gebäuden zu.
Die umfangreichen Baumaßnahmen wurden in den Jahren 2007 und 2008 durchge-
führt. Zwei nicht mehr erhaltenswerte Wohngebäude wurden entmietet, rückgebaut und
durch neue Wohngebäude ersetzt. Durch die Abbruchmaßnahmen konnte die Bebauung
zur Landschaft geöffnet und auch Platz für Neubauten mit Wohnungstypen geschaffen
werden, die im Bestand nicht zu realisieren sind. Aus den ursprünglich 42 Wohnungen in
acht Gebäuden wurden 26 Wohneinheiten in sechs Altbauten und 18 Wohnungen in drei
Neubauten zuzüglich Seniorenhausgemeinschaft und Nachbarschaftstreff. Der Prozess
des Abbruchs wurde durch ein Umzugsmanagement unterstützt. Die neuen Wohnangebote
oben: Siedlungsrand mit neuen Qualitäten
unten: das neue Gebäude mit den sozialen Einrichtungen am Quartiersplatz
rechts: Bestand und Neubau bilden einen Wohnhof
4.2 Hardware Spenge 169
ergänzen das Wohnangebot. Beispielsweise wurden Penthaus-Wohnungen mit großen
Dachterrassen, Single-Appartements sowie barrierefreie, öffentlich geförderte Wohnungen
realisiert. Die neuen Gebäude sind so angeordnet, dass sie zu einer besseren Raumbildung
und zur Gliederung des öffentlichen Raums beitragen. Die Bestandsgebäude wurden
modernisiert und die Grundrisse grundlegend verändert. Durch vertikale Wohnungszu-
sammenlegungen wurden große Maisonettewohnungen für Familien geschaffen. Die
Gebäude wurden umfassend energetisch saniert und die Wärmeversorgung über ein zent-
rales Blockheizkraftwerk erneuert („Energiehaus“ auf Nachbarschaftsplatz). Die Zugänge
zu den Häusern wurden barrierefrei umgestaltet und die Balkone vergrößert. Sowohl der
modernisierte Bestand als auch die Neubauten wurden seniorengerecht geplant. Bei der
Farbgestaltung der Gebäude wurde ein Farbpsychologe zu Rate gezogen. Die Mischung
aus Neubauten und Bestandsgebäuden verleiht dem Quartier eine ganz neue Prägung.
In eines der neu errichteten Häuser wurde eine Wohngruppe für Menschen mit Alters-
demenz integriert. Im zweiten Obergeschoss des Hauses entstand in Kooperation mit der
„Leben, Wohnen, Begegnen gGmbH“ der AWO Ostwestfalen-Lippe e. V. eine Hausgemein-
schaft für neun Personen. Die Seniorengruppe wird von Fachkräften betreut, die sich um
alle Mahlzeiten und die individuell anfallenden Pflegeleistungen kümmern. Durch die
24-Stunden-Präsenz der AWO ist eine Versorgungssicherheit in dem Quartier garantiert.
Darüber hinaus wurde ein Nachbarschaftstreffpunkt bzw. Gemeinschaftsraum an zentra-
ler Stelle im Erdgeschoss errichtet, um das Miteinander im Quartier zu fördern. Dort fin-
den verschiedene Veranstaltungen statt (z. B. Bewohnerfrühstück, Vortrags- und Informa-
tionsveranstaltungen, private Feiern). Die Nutzung der Räumlichkeit organisieren die
Mitarbeiter der AWO.
Das Wohnumfeld wurde in vielen Bereichen barrierefrei umgestaltet und ein neuer
Bewegungsparcours für generationenübergreifendes Training angelegt. Im Freiraum wur-
den unterschiedliche Plätze und Bereiche geplant. Beispielsweise gibt es einen Spielplatz
und einen Nachbarschaftsplatz. Die Bewohner wurden zu Beginn und während der Um-
bauphase zu mehreren Informationsveranstaltungen eingeladen und auf dem Laufenden
gehalten. Individuelle Gestaltungswünsche wurden aber nicht zugelassen.
Bewohnerstruktur
Die Bewohnerstruktur hat sich durch den Umbau grundlegend verändert. Heute wohnen
junge und ältere Menschen, Familien, Singles, Zuwanderer und Einheimische in den
Gebäuden. Die Wohnungsnachfrage wird vom Unternehmen als „nicht überwältigend“,
170 4 Fallstudien
aber dennoch gut eingestuft. Strukturelle Leerstände gibt es heute nicht mehr. Etwa
50 Prozent der Bewohner sind im Quartier geblieben. Die Zufriedenheit mit der Moderni-
sierung ist sowohl unter den Bewohnern als auch in der Nachbarschaft sehr groß.305
Kooperationen
In der Planungsphase gab es eine enge Abstimmung mit dem Planungs- und Bauord-
nungsamt der Stadt Spenge (Genehmigung nach § 34 BauGB). Die Zusammenarbeit mit
der Stadt war grundsätzlich gut – die Stadt profitierte von dem Projekt auch in vielfältiger
Weise (gebundene Wohnungen zur Versorgung von einkommensschwächeren Haushalten,
Wohnraumangebot für pflegebedürftige Personen).
Bezüglich der wohnbegleitenden Dienstleistungen fand eine Abstimmung mit der Kom-
mune statt. Um ein Wohnangebot für ältere Bewohner zu schaffen, wurde die Kooperation
mit der AWO gesucht. Dem Konzept liegt das sogenannte „Bielefelder Modell“ zugrunde,
bei dem es sich um einen quartiersbezogenen Ansatz des Wohnens mit Versorgungs-
sicherheit ohne Betreuungspauschale handelt. Die Genossenschaft bemühte sich auch um
den sozialen Zusammenhalt im Quartier und konnte die Bewohner dafür gewinnen,
unentgeltlich Dienstleistungen, wie z. B. Hausaufgabenhilfe, anzubieten.
D) Finanzierung
Die Genossenschaft investierte rund 3 Mio. Euro in den Umbau und die Weiterentwick-
lung des Wohnquartiers am Mühlenweg. Die Maßnahmen waren weitgehend frei finan-
ziert – lediglich für vier Wohneinheiten wurden Mittel des Wohnungsbauprogramms
Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommen. Es wurden keine Mittel der Städtebauför-
derung in Anspruch genommen. Die Warmmieten liegen im Neubau bei 6 Euro/qm
bzw. 4,45 Euro/qm bei geförderten Wohnungen (Altbau: 4,43 Euro/qm, Altbau gefördert:
4,30 Euro/qm).
E) Besonderheiten und Übertragbarkeit
Das Wohnquartier am Mühlenweg ist ein gelungenes Beispiel für den umfassenden
Umbau eines Nachkriegsquartiers im ländlichen Raum in Kombination mit nicht-investi-
ven Maßnahmen. Die Wohnanlage in Lenzinghausen ist beispielhaft für die bundesweit so
zahlreich vorhandenen kleinen, aber im Laufe der Jahre in Vergessenheit geratenen Wohn-
quartiere, die trotz ihrer Defizite dennoch große Potenziale für eine zukunftsgerechte
Anpassung haben. Durch die vielfältigen Veränderungen ist aus der desolaten Wohnanlage
Balkone und Terrassen geben den Wohnungen neue Qualitäten – es entstehen Übergangszonen zwischen privat und gemeinschaftlich genutzten Freibereichen
unten: Barrierefreie Erschließung – attraktiv für alle Altersgruppen
4.2 Hardware Spenge 171
ein funktionierendes Quartier genossenschaftlichen Wohnens entstanden. Die Erneue-
rung und Umgestaltung der Gebäude und Freiräume machten das Quartier für neue Ziel-
gruppen attraktiv. Die Kombination aus Bestand und Neubau ermöglichte es, das Woh-
nungsangebot auszudifferenzieren und die ursprüngliche Prägung des Quartiers zu erhal-
ten. Durch den nachfrage- und bedürfnisorientierten Umbau der Bestandsbauten konnte
der gewachsene Charakter des Quartiers bewahrt und revitalisiert werden. In dem einsti-
gen sozialen Brennpunkt leben heute Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer
Herkunft.
Die Vorgehensweise der Genossenschaft, sich von der Universität Bielefeld Rat zu holen
und eine Analyse der Bewohnerbedürfnisse und des Marktpotenzials durchzuführen, hat
wesentlich zum Erfolg des Projektes beigetragen. Durch die anfänglichen Untersuchungen
konnten die Ursachen für die Probleme, potenzielle Zielgruppen sowie Wohnwünsche
erfasst und auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse eine geeignete Umbaustra-
tegie entwickelt werden. Sensibilisiert durch die sozialwissenschaftliche Studie wurde ein
besonderes Augenmerk auf die Verbesserung der Nachbarschaft gelegt. Die in den Studien
entwickelten Modelle für ein verbessertes, nachbarschaftliches Leben haben einen wesent-
lichen Beitrag dazu geleistet, dass beispielsweise Gemeinschaftsräume entstanden sind
und besondere Wohnformen für ältere Haushalte entwickelt wurden.
Durch das Aufbrechen des einseitigen Wohnungsgemenges und die umfassende Umge-
staltung des Gebiets konnten neue Zielgruppen angezogen werden. Durch Moderation
und Initiative des Bauherren und seines Kooperationspartners AWO wurde das soziale
Miteinander gestärkt. Nach Aussagen des Wohnungsunternehmens gilt das Quartier am
Mühlenweg in Spenge heute wieder als eine gute Wohnadresse. Ein wichtiger Standort-
bzw. Aufwertungsfaktor ist die Integration eines Nachbarschaftstreffs und der Senioren-
hausgemeinschaft (Neubau) in das Quartier. Durch das Vorhandensein der AWO ist die
Versorgungssituation gesichert und das Quartier zeichnet sich durch neue Qualitäten bzw.
Standortfaktoren aus.
Gerade das Problem mit den noch laufenden Belegungsbindungen bei Projektbeginn
zeigt beispielhaft, dass Lösungen gefunden und win-win-Situationen geschaffen werden
können, wenn sich die Akteure aufeinander zu bewegen und zu Kompromissen bereit sind.
Die Wohnungsgenossenschaft profitiert von den Erfahrungen und wendet diese seither
auf andere Quartiersprojekte an.
Ansprechpartner
Wohnungsunternehmen (Eigentümer und Bauherr):Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford eGHangbaumstraße 18, 32257 Bünde
Website: www.bus-buende.de
Ansprechpartner: Florian Ohmes
Quellen
Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie: Bestandsanalyse der Wohnanlage „Mühlenweg“ in Spenge-Lenzinghausen. Seminar „Projekt Mühlenweg“, Dr. Axel Groenemeyer, Sommersemester 2003 in Koopera-tion mit der Gesellschaft für Organisation und Entscheidung (GOE), Bielefeld. Auftraggeber: Bau- und Siedlungsgenossenschaft Bünde eG. 2003.
Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie: Zukünftiges Wohnen am Mühlenweg. Herleitung und Entwurf von Modellen. „Entwurf“, Dr. Axel Groenemeyer, Sommersemester 2003 in Kooperation mit der Gesell-schaft für Organisation und Entscheidung (GOE), Bielefeld. Auftraggeber: Bau- und Siedlungsgenossen-schaft Bünde eG. 2003/04.
Diverse, von der Genossenschaft zur Verfügung gestellte Informationen
E-Mail-Austausch mit Herrn Florian Ohmes
Links
http://www.spenge.de/index.phtml?mNavID=1492.23&sNavID=1492.73&La=1 (Zugriff am 12. 9. 2012)
http://www.awoservice.de/20-0-seniorenhausgemeinschaft-spenge.html (Zugriff am 12. 9. 2012)
Ein familienfreundliches Umfeld wurde geschaffen.
305 E-Mail Florian Ohmes, 18. 9. 2012
172 4 Fallstudien
A) Basisdaten
Kommune Arnstadt
Bundesland Thüringen
Einwohner (31. 12. 2011)306 24.922
Gemeindetyp Stadt
Demografietyp (Bertelsmann) stark schrumpfende Kommune mit besonderem Anpassungsdruck
Prognose schrumpfend
2009 – 2030: – 11,4 % (Bertelsmann Wegweiser Kommune)
Anzahl Wohngebäude307 4.127
Anteil WE in MFH307 77 %
Lage ca. 1 km östlich der Innenstadt
Baualter 1960er Jahre
Bebauungsstruktur zwei Zeilengebäude
Projektart / Größe Grundstücksgröße: ca. 6.350 qm–
Gesamte Wohnfläche: ca. 3.115 qm–
Projektzeitraum 2005 – 2009 (von der Idee bis zum Einzug der Mieter)
1/2009 – 12/2009: Bauarbeiten, Realisierung
Initiator/Träger Initiative: Seniorinnen aus Arnstadt
Eigentümer / Träger: Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG)
Kooperationspartner/sonstige Beteiligte
Mietergemeinschaft vertreten durch den Verein „Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen –in Arnstadt-Ost e. V.“
Architektur und Planung: Kommunalbau Thüringen GmbH–
Wohnprojektbegleitung und Beratung: StadtStrategen. Bürogemeinschaft für integrative Stadt-–entwicklung (Weimar)
Unterstützung bei der Projektentwicklung: IG Stadtökologie / Lokale Agenda 21 Arnstadt, –WohnStrategen, Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemeinschaftliches Wohnen e. V., Stadt Arnstadt, Abteilung Stadtplanung u. a.
Finanzierung Eigenmittel der WBG und verschiedene Fördermittel (Wohnungsbauförderung, Städtebauförderung, ExWoSt-Modellvorhaben, KfW-Förderungen)
Ausgangslage /Probleme Wunsch nach gemeinschaftlichem Wohnen einer privaten Gruppe, allerdings kein entsprechendes –Angebot in Arnstadt vorhanden
zunehmender Leerstand in Wohnquartieren (v. a. aus der Nachkriegszeit, Platten)–
Maßnahmen / Strategien Entwicklung eines Wohnprojektes in jahrelangem Beteiligungsprozess–
Suche nach Interessenten, Bildung einer Gruppe, inhaltliche Erarbeitung des Projektes –(sozial + räumlich)
Suche nach einem Investor bzw. Träger und einer geeigneten Immobilie–
umfassender Umbau und Modernisierung von zwei Wohngebäuden (hochwertige Wohnungen, –Gemeinschaftsräume) und gemeinschaftsfördernde Freiraumplanung
Realisierung und Verstetigung des gemeinschaftlichen Wohnprojektes in einem Verein–
Adresse des Projektes Rudolstädter Straße 25 / Saalfelder Straße 2, 99310 Arnstadt
4.2.5 Arnstadt Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost
4.2 Hardware Arnstadt 173
B) Kontext / Rahmenbedingungen
Die Kreisstadt Arnstadt liegt ca. 20 km südlich von Erfurt am Nordrand des Thüringer
Waldes. Arnstadt ist die älteste Stadt Thüringens mit einem gut erhaltenen, denkmal-
geschützten Ortskern. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden im Westen, Osten und
Süden der Siedlungsfläche neue Wohngebiete in verdichteter, industrieller Bauweise. Wie
viele andere Kommunen in Ostdeutschland ist Arnstadt vom demografischen Wandel und
von der ökonomischen Schwächung stark betroffen. Im Jahr 2001 / 2002 hat sich Arnstadt
am Wettbewerb Stadtumbau Ost beteiligt und setzt seither auf Grundlage eines fortge-
schriebenen Stadtentwicklungskonzeptes zahlreiche Stadtumbauprojekte um. Die Bevöl-
kerung der Stadt schrumpft kontinuierlich aufgrund negativer Geburten- und Wande-
rungssalden. Im Jahr 2006 erlebte Arnstadt mit 1,9 Prozent den höchsten Einwohnerver-
lust seit 1989.308
In den Wohnungsbeständen – v. a. in den Nachkriegsquartieren und Plattenbauten –
gibt es erhebliche Leerstände. Mit 19,3 Prozent erreichte die Leerstandsquote 2004 ihren
Höchststand und sank nach zahlreichen Abbrüchen und Stilllegungen von Wohnungen
im Jahr 2009 auf 14,8 Prozent. Insbesondere in den Plattenbauten waren lange die höchs-
ten Einwohnerverluste sowie die höchste Zunahme an älteren Bewohnern festzustellen.
Im Zeitraum zwischen 1997 und 2009 haben ca. 38 Prozent bzw. 3.449 Einwohner die
Plattenbaugebiete verlassen. In den Jahren 2008 und 2009 verzeichneten diese Gebiete auf-
grund von Umbau- und Sanierungsprojekten erstmals wieder Gewinne. Die Quartiere
sind nach wie vor von einer sehr starken Alterung geprägt.309
Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ liegt in Arnstadt-Ost, einem Stadtteil in
innenstadtnaher Lage, der überwiegend in den 1960er Jahren errichtet wurde. Zeittypisch
ist die Zeilenbebauung mit Satteldächern, Plattenbauten an den Rändern und das durch-
grünte Wohnumfeld. In den letzten Jahren wurden einige Plattenbauten abgebrochen, um
der Leerstandsentwicklung entgegen zu wirken. Der restliche Wohnungsbestand besteht
aus relativ preiswerten Wohnungen unterschiedlicher Größe, die inzwischen zum größten
Teil durch komplexe Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen aufgewertet
worden sind. Der Leerstand beträgt aktuell ca. 3 Prozent bei zunehmender Anzahl älterer
Bewohner. Im Stadtentwicklungsplan ist das Wohngebiet als erhaltenswürdig eingestuft.
C) Projektbeschreibung und Akteure
Die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG) ist ein kommunales Unter-
nehmen mit einem Bestand von rund 3.500 Wohneinheiten (2012). Die Stadt Arnstadt ist
alleinige Gesellschafterin. Das Wohnungsangebot umfasst komplex sanierte Block- und
Plattenbauten, ebenfalls sanierte, denkmalgeschützte Altbauten ebenso wie noch nicht
behandelte, aber erhaltungswürdige gründerzeitliche Bebauungen und weitere industriell
errichtete Plattenbauten, die mittelfristig abgerissen werden sollen. In den letztgenannten
Beständen hat die WBG mit erheblichen Leerständen zu kämpfen. Nach einem Höchst-
stand von 22,5 Prozent im Jahr 2005 konnte der Leerstand durch Abbruchmaßnahmen
auf 16,1 Prozent im Jahr 2009 gesenkt werden. Die WBG investiert erhebliche Mittel in
die Instandsetzung und Modernisierung ihres Wohnungsbestandes. Bei allen Maßnah-
men legt das Unternehmen neben der Schaffung von zeitgemäßem Wohnraum besonde-
ren Wert auf die Gestaltung des Wohnumfeldes.310
Im Jahr 2005 entwickelten einige ältere Bürgerinnen erste Ideen für ein gemeinschafts-
orientiertes Wohnprojekt. Die Gruppe suchte Unterstützer und Mitstreiter und nahm u. a.
mit den WohnStrategen, Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum gemein-
schaftliches Wohnen e. V. Kontakt auf. Mit Unterstützung des Mobilitätszentrums (Anbie-
ter von verschiedenen Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung), des Frauen- und
Familienzentrums und der Lokalen Agenda 21 wurde dann die Initiative „Gemeinsam
statt einsam“ gegründet. Auf Empfehlung der WohnStrategen führte die Gruppe mit
Unterstützung eines Vertreters der Regionalstelle Mittelthüringen Agenda 21 erste Gesprä-
che mit der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Arnstadt mbH (WBG), um die Möglich-
306 Website: https://www.destatis.de/cgi-bin/gv2000_suche.pl (Zugriff am 12. 12. 2012)
307 Website: https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/logon (Zugriff am 11. 1. 2013)
308 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011.
309 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011, S. 9
310 Vgl. TEPE Landschafts-Städtebau-Architektur /Stadt Arnstadt, 2011, S. 19;Website: http://www.wbg-arnstadt.de/ (Zugriff am 11. 1. 2013)
174 4 Fallstudien
keiten einer Partnerschaft zur Realisierung des Projektes auszuloten. Nachdem die WBG
Anfang 2006 als Eigentümerin und Vermieterin für das Projekt gewonnen werden konnte,
begann die Suche nach geeigneten Objekten. Die WBG schlug als Standort zwei leerste-
hende, zum Abbruch vorgesehene Zeilenbauten in Arnstadt-Ost vor. Die Kommunalbau
Thüringen GmbH wurde als Planungspartner einbezogen und im Juli 2006 wurden erste
bauliche Konzepte für den Umbau der Zeilenbauten entwickelt, präsentiert und diskutiert.
Parallel dazu fanden erste Informationsveranstaltungen zum Thema gemeinschaft-
liches Wohnen statt. Die potenziellen Mieter begannen Vorstellungen hinsichtlich des
Wohnens und der Gestaltung zu entwickeln und zu konkretisieren. In diesen Zeitraum fiel
auch die Suche des BBR nach Modellvorhaben für das ExWoSt-Forschungsfeld „Innovatio-
nen für familien- und altengerechte Stadtquartiere. Schwerpunkt Wohnen in Nachbar-
schaften“. Da das geplante Projekt für diese Themenstellung geeignet erschien, stellte die
Regionalstelle Thüringen der Bundesvereinigung Forum Gemeinschaftliches Wohnen e. V.
Kontakt zwischen dem BBR und der WBG her. Die Bewerbung beim BBR verlief erfolg-
reich und das Projekt „Gemeinsam statt einsam“ wurde fortan als ExWoSt-Modellvorha-
ben gefördert. Mit den neuen finanziellen Möglichkeiten beauftragte die WBG daraufhin
das Büro StadtStrategen mit der konzeptionellen, kommunikativen und fachlichen Beglei-
tung und der Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt sowie mit der Zuarbeit zur Begleitfor-
schung als Modellvorhaben (2007 – 2009). Ein umfangreiches Konzept zur Öffentlichkeits-
arbeit und Interessentenfindung wurde erarbeitet und viele verschiedene Veranstaltungen
durchgeführt.
Im Gegensatz zu üblichen Mietobjekten wurden von Anfang an die späteren Mieter an
der Planung beteiligt und ihnen eine selbstbestimmte Rolle gegenüber dem Unternehmen
eingeräumt. Im Rahmen des Planungsprozesses wurden verschiedene Beteiligungsformen
aufgebaut. Eine große Bedeutung kam den folgenden beiden Gremien zu: Das Planungs-
team bestand aus der WBG, Bau- und Fachplanern und dem externen Büro für die fach-
liche und kommunikative Begleitung (StadtStrategen). Daneben gab es die Projektgruppe,
die sich aus dem Planungsteam, Vertretern des Stadtplanungsamtes und öffentlicher Ver-
eine sowie aus Mietinteressenten zusammensetzte. Es fand ein regelmäßiger Austausch
aller Beteiligten statt. Darüber hinaus wurden neun Interessentenwerkstätten, mehrere
Wohnprojekt-Stammtische, eine Exkursion zu realisierten Projekten, Arbeitsgruppen und
Gespräche organisiert, um die Interessen der Mieter zu diskutieren und diese dann in die
Sanierungs- und Umbauplanung einfließen zu lassen. Schon zu einem sehr frühen Zeit-
punkt begann die künftige Hausgemeinschaft Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Bei-
spielsweise organisierte sie Projektfeste, um so die Akzeptanz und die Verankerung des
Projektes im Wohnquartier unterstützen.311
Die WBG ging mit diesem Projekt einen völlig neuen Weg der Projektentwicklung und
realisierte das erste gemeinschaftlich orientierte Mietwohnprojekt in Thüringen in dieser
Dimension. Im Laufe der jahrelangen Projektentwicklung hat sich ein stabiler Kern von
Mietinteressenten herausgebildet.
Projektrealisierung
Die inhaltliche Entwicklung des Projektes hat vier Jahre gedauert. Anfang 2009 wurde mit
der Realisierung begonnen und Ende desselben Jahres zogen rund 90 Personen in die
zukunftsfähig umgebauten Bestandsgebäude ein. Die Wohnanlage besteht aus zwei, West-
Ost-orientierten Zeilen am Ostrand der Siedlung. Zwischen den Zeilen liegt ein Flachbau
mit einer Gaststätte. Die beiden viergeschossigen Gebäude aus den 1960er standen leer
und sollten eigentlich abgebrochen werden. Stattdessen wurden sie nun umfassend umge-
baut und modernisiert. Die Erschließung der zeittypischen Zeilenbauten wurde umorga-
nisiert, indem an zentraler Stelle in den Gebäuden ein Erschließungskern mit Aufzug und
Treppenhaus eingebaut wurde. Von dort aus sind die Wohnungen barrierefrei über Lauben-
gänge zu erreichen, die neben der Erschließungsfunktion auch als Begegnungsraum dienen
und entsprechend kommunikativ gestaltet sind. Wegen des Freiraumangebotes in Form
oben: Leerstehendes Gebäude gegenüber der erneuerten Bebauung
unten: Gemeinschaftlich von Jung und Alt genutzter, gestalteter und von den Bewohnern selbst gepflegter Freibereich zwischen den Gebäuden
4.2 Hardware Arnstadt 175
des Laubenganges und der Gemeinschaftsterrasse war zunächst geplant, die Wohnungen
nicht mit Balkonen zu versehen. Die künftigen Nutzer wünschten aber auch private Frei-
flächen, sodass Balkone angebaut wurden. Die Grundrisse der bestehenden Wohnungen
wurden vollständig verändert. Aus den einst 72 Einheiten entstanden 51 barrierefreie
Wohnungen, von denen drei behindertengerecht ausgestattet sind, mit insgesamt ca.
3.100 qm Wohnfläche (1,5-, 2- und 3-Raumwohnungen mit Flächen zwischen 40 und
75 qm und zwei größere Familienwohnungen mit bis zu 120 qm). Entsprechend der Bedar-
fe der Nachfragegruppe liegt der Schwerpunkt der Wohnungsgröße zwischen 50 und
75 qm. Die monatliche Kaltmiete beträgt durchschnittlich 5 Euro/qm. Um Energiekosten
zu sparen, wurden die Gebäude energetisch so modernisiert, dass die Vorgaben der damals
gültigen EnEV deutlich übertroffen wurden.312
Neben den privaten Wohnungen wurden Räume für gemeinschaftliche Aktivitäten
geschaffen. Im westlichen Haus wurde im Erdgeschoss ein Gemeinschaftsbereich errichtet,
zu dem neben dem teilbaren Gemeinschaftsraum eine Küche, ein Büroraum, eine Garde-
robe / Abstellraum, ein behindertengerechtes WC und eine große Terrasse im Außen-
bereich gehören. Die Mietergemeinschaft bestimmt selber über die Organisation, Verwal-
tung und Nutzung der Gemeinschaftsräume und -flächen. Die Miete und die Betriebs-
kosten der gemeinschaftlich nutzbaren Räume werden auf alle Haushalte umgelegt. Pro
Mietpartei belaufen sich die Kosten dafür pro Monat auf ca. 16 Euro. In den gemeinschaft-
lichen Räumen können sich die Bewohner treffen, gemeinsam Hobbys nachgehen oder
Familienfeiern veranstalten. Einmal im Monat arbeiten Menschen mit Behinderung vom
Verein Selbstbestimmt Leben e. V. in den Räumen. Seit Anfang 2012 treffen sich die Mieter
des Wohnprojektes und Bewohner der benachbarten Wohngebäude des Quartiers im Rah-
men der Reihe „Nachbarschaftscafé“ monatlich zu unterschiedlichen Veranstaltungen wie
Vorträgen, Lesungen, Spiel- und Bastelrunden, Ausflügen usw. Verschiedene Feste (z. B.
Terrassenfest, Weinfest) sind bereits zur Tradition in dem Wohnprojekt geworden. Neben
dem Gemeinschaftsbereich existiert eine kleine Gewerbeeinheit, die ein privater Pflege-
dienstleister angemietet hat und als Stützpunkt nutzt.
Die unter Berücksichtigung der Vorstellungen und Anregungen der früheren Interes-
senten und heutigen Bewohner des Projektes neu gestalteten Frei- und Grünflächen zwi-
schen den Gebäuden werden gemeinschaftlich genutzt. Mit der Zielsetzung einer gemein-
schaftsfördernden Freiraumplanung wurden differenzierte Flächen für Spiel und Betäti-
gung, Aufenthalt, Ruhe und Erholung angelegt. Die Gemeinschaftsterrasse zwischen den
Gebäuden dient als Treffpunkt und Kommunikationsort. Die Laubengänge übernehmen
neben der Erschließungsfunktion auch die Rolle eines Kommunikationsraums. Die Balkone
ermöglichen private Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner. Im östlichen Haus wurden
im Erdgeschoss Terrassen mit kleinen Gärten für das Familienwohnen geschaffen. Der
Freiraum wird von den Mietern in Eigenleistung bewirtschaftet und ist in einem auffal-
lend gepflegten Zustand. Auf der benachbarten Fläche eines rückgebauten Plattenbaus
sind 52 Pkw-Stellplätze entstanden.313
Gemeinschaftliches Wohnen
Schon vor dem Einzug hat die künftige Hausgemeinschaft die Ziele und die Organisation
des Wohnprojektes in einem „Statut“ der Mietergemeinschaft festgeschrieben. Darin ist
festgelegt, welche Aufgaben die Mieter zu übernehmen haben und wie Entscheidungen
getroffen werden. In einer Kooperationsvereinbarung, die zwischen der WBG und den
gewählten Mietervertretern geschlossen wurde, sind Rechte und Pflichten festgelegt und
definiert. In dem Vertrag ist u. a. das Mitspracherecht der Mietergemeinschaft bei der
Auswahl von Nachmietern gesichert. Das Statut der Mietergemeinschaft und die Koopera-
tionsvereinbarung sind Grundlage für jeden Mietvertrag.
Um die Selbstverwaltung besser zu organisieren und abzusichern, gründeten die Mieter
im Frühjahr 2011 den „Verein Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-
Ost e. V.“ Der Verein verfolgt gemeinnützige Zwecke und engagiert sich für das Projekt
311 Vgl. Jurrack / Schauber, o. J.; Website: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
312 Vgl. WBG (Hg.): WBG-Rundschau. Nr. 36. Arnstadt 2009, S. 3
313 Vgl. Website: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmbv/staedteundwohnungbau/genialzentral/3_wbg_arnstadt_gse.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
176 4 Fallstudien
Die Gebäude wurden grundlegend umgebaut und modernisiert.
4.2 Hardware Arnstadt 177
Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ als neuer Kristallisationspunkt im Quartier – zwei Zeilen, die zum Abbruch bestimmt waren, wurden umgebaut
178 4 Fallstudien
und das umliegende Quartier. Der Verein übernimmt im Auftrag der Mieter die Bewirt-
schaftung der Gemeinschaftsräume und die Mittelverwaltung. Durch unterschiedliche
Aktivitäten und Veranstaltungen sollen die Nachbarschaft und das Zusammenleben
gestärkt und eine organisierte Nachbarschaftshilfe aufgebaut werden.
Von Beginn an verfolgen die Interessenten die Ziele:
gemeinschaftliches Wohnen in einer gut funktionierenden, selbst gewählten und viel-–
schichtigen Nachbarschaft
Zusammenarbeit in generationenübergreifender Gemeinschaften durch den Aufbau –
von verlässlicher Nachbarschaften bei gleichzeitiger Wahrung der Selbständigkeit der
Bewohner
Jeder Bewohner soll einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten und ein Stück Verantwortung
übernehmen. Jung und Alt, Singles und Familien sollen dort selbstbestimmt in guter
Nachbarschaft leben können. „Gemeinsam statt einsam“ versteht sich nicht als ein Alten-
wohnprojekt, sondern strebt das generationenübergreifende Wohnen in Gemeinschaft an.
Trotz der generationenübergreifenden Projektidee wohnen jedoch derzeit nur wenige
Familien mit Kindern dort.
Die Idee eines generationenübergreifenden Miteinanders bezieht sich aber nicht nur auf
das Wohnprojekt, sondern setzt sich auch im Quartier fort. Von Anfang an zielte das Pro-
jekt auch darauf ab, einen Beitrag zur sozialökonomischen Gebietsstabilisierung zu leisten
und positiv auf das umliegende, von Defiziten geprägte Quartier auszustrahlen. Dafür
werden gemeinsame Aktivitäten angeboten und aufgebaut (z. B. Gymnastikkurse, Diavor-
träge oder Hausaufgabenhilfe). Schon vor dem Einzug wurden Kooperationen im Wohn-
umfeld angestrebt. Beispielsweise wurde auch Kontakt mit lokalen Gewerbetreibenden,
Dienstleistern, Bildungsträgern und Vereinen aufgenommen, um sie für Kooperationen zu Der neu gestaltete Eingangsbereich, über den die
Laubengänge (Aufzug) erreicht werden können
4.2 Hardware Arnstadt 179
gewinnen. Es entstanden Ideen für gemeinsame Aktivitäten mit dem benachbarten Gym-
nasium und einer integrativen Kindertagesstätte. Ziel war und ist es, eine neue Qualität
der Nachbarschaft im Bestand zu schaffen und Generationennetzwerke über die engen
Grenzen des Wohngebietes zu entwickeln.
D) Finanzierung
Neben Eigenmitteln der WBG sind Wohnungs- und Städtebaufördermittel des Landes
Thüringen inklusive der Kofinanzierung der Stadt Arnstadt in das Projekt geflossen.
Ebenso wurden Mittel des Thüringer Ministeriums für Soziales, Familie und Gesundheit
sowie KfW-Förderungen in Anspruch genommen. Im Rahmen des ExWoSt-Modellvorha-
bens „Innovationen für alten- und familiengerechte Stadtquartiere“ wurden die gemein-
schaftlich relevanten baulichen Maßnahmen und die fachliche und kommunikative Pro-
zessbegleitung finanziert. Ohne diese Förderungen wäre das Wohnprojekt allerdings nicht
zu realisieren gewesen.314 In der Nutzungsphase finanziert sich das Projekt aus den Miet-
einnahmen. Die Gemeinschaftsflächen werden durch eine Umlage auf alle Wohneinheiten
finanziert.
E) Besonderheiten und Übertragbarkeit / Bewertung
Das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ in Arnstadt ist beispielgebend für die Um-
strukturierung von Bestandsbauten der Nachkriegsjahrzehnte unter Beteiligung der künf-
tigen Mieter. Es ist eines der sehr seltenen Beispiele für Wohnprojekte zur Miete im
Bestand der 1950er bis 1970er Jahre. Das Projekt zeigt, dass Wohnungsunternehmen ihre
Bestände erfolgreich umstrukturieren und vermarkten können, wenn sie Initiativen von
Interessenten aufnehmen und es wagen, neue Wege zu gehen. Die zum Abbruch vorgese-
henen Gebäude konnten erhalten und mit neuen Konzepten langfristig wiederbelebt wer-
den. Das Projekt ermöglichte es den Bewohnern, innerhalb des Quartiers in barrierearme
Wohnungen zu ziehen und so in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Es sind aber auch
Menschen von außerhalb wegen des besonderen Wohnangebotes in das Projekt gezogen.
Nach einigen Jahren der „Praxis“ lässt sich feststellen, dass sich das Projekt auch im All-
tag bewährt und die schwierige Anfangsphase überwunden hat. Denn es ist keine Selbst-
verständlichkeit eine Gemeinschaft von rund 90 Menschen zum Funktionieren zu bringen.
Die integrative Planung und die umfassende Einbindung der späteren Nutzer sind Allein-
stellungsmerkmale des Projektes. Auf diese Weise ist schon vor dem Einzug ein gutes Ver-
hältnis zwischen Wohnungsunternehmen und Mietern entstanden. Dadurch, dass die
Mieter die gemeinschaftlich nutzbaren Räume und Flächen selber verwalten und pflegen,
können in erheblichem Maße Kosten gespart werden.
Trotz der Zielsetzung des generationenübergreifenden Wohnens interessieren sich – wahr-
scheinlich auch demografisch bedingt – vor allem ältere Haushalte für das Wohnprojekt.
Wie bei vielen anderen derartigen Projekten zeigt sich auch hier, dass eine starke Durch-
mischung verschiedener Generationen nur schwer realisierbar ist. Das Wohnprojekt zeich-
net sich durch seine selbstorganisierte Form und den hohen Anteil ehrenamtlichen Enga-
gements aus. Die Mieter übernehmen Aufgaben, verfügen über Informations-, Kontroll-
und Mitspracherechte und leisten einen Beitrag zur Nachbarschaft und Gemeinschaft.
Auch in baulicher Hinsicht ist das Projekt als gelungen und stimmig zu bewerten. Aus
den einst monotonen, dem Abriss „geweihten“ Zeilen sind für die heutigen Wohnanforde-
rungen geeignete Gebäude entstanden. Die langgestreckte Form der Zeilenbauten wurde
sich zu Nutze gemacht, die Spänner-Erschließung durch über Aufzüge erreichbare Lauben-
gänge ersetzt, die – vergleichsweise kostengünstig – die Wohnungen barrierefrei erschlie-
ßen und entsprechend der Idee des Wohnprojektes auch als Kommunikationszone dienen.
Das Projekt zeichnet sich durch die verschiedenen gemeinschaftlich nutzbaren Flächen
und Räume im Außen- wie Innenbereich aus.
Insbesondere die positive Ausstrahlung auf das umliegende Quartier stellt einen großen
Mehrwert des Projektes dar und bestätigt den sinnvollen Einsatz der Fördermittel. Die
314 Vgl. Website: http://www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/projektdetails.html?uid=10047 (Zugriff am 11. 1. 2013)
180 4 Fallstudien
Zielsetzung, für das ganze Quartier einen Begegnungsort zu schaffen, ist sehr positiv ein-
zustufen. Derartige Projekte sind zwar gerade für die Wohnungswirtschaft mit einem
Mehraufwand verbunden, aber sie bringen auch große Vorteile mit sich. Die Mieter orga-
nisieren sich und übernehmen Verantwortung für das Gebäude und das Wohnumfeld. Sie
suchen sich die Nachmieter selbst aus, sodass funktionierende Nachbarschaften und eine
hohe Zufriedenheit garantiert sind. Die Fluktuation und das Mietausfallrisiko sind sehr
gering. Die Bewohner identifizieren sich sehr stark mit den Häusern, die Substanz wird
wie Eigentum behandelt. Durch die Beteiligung der Bewohner sind Wohnungen entstan-
den, die sich am tatsächlichen Bedarf und Wünschen der Mieter orientieren. Durch die
positive Resonanz und die diversen Auszeichnungen hat das Unternehmen auch hinsicht-
lich des Images profitiert.
Das Projekt bestätigt, dass es ein großes Potenzial an verschiedenen Einrichtungen und
Akteuren gibt, die die Entstehung von besonderen Wohnformen im Bestand unterstützen
können. Im Zuge des Prozesses ist ein umfangreiches Projektnetzwerk in Arnstadt ent-
standen: WBG der Stadt Arnstadt mbH, Architekten und Fachplaner, Wohnprojektberater
und -begleiter (StadtStrategen), Mietergemeinschaft „Gemeinsam statt einsam“, privater
Pflegedienstleister, Umwelt-Medienzentrum Arnstadt / Ilmenau der IG Stadtökologie Arn-
stadt e. V., Nachhaltigkeitszentrum, Frauen- und Familienzentrum Arnstadt, Mobilitäts-
zentrum, Seniorenbeirat der Stadt Arnstadt, Vertreter der Stadtverwaltung, Direkt e. V.
(Kinder- und Jugendarbeit), Marienstift, Selbständige im Gesundheitsbereich, KiTa, Schu-
len (Gymnasium und Förderschule), Evangelischer Kirchenkreis, etc.
Der Erfolg des Projektes kann auch darauf zurückgeführt werden, dass die richtigen
Personen zum richtigen Zeitpunkt miteinander in Kontakt kamen. Gerade die Förderung
im Rahmen des ExWoSt-Modellvorhabens hat entscheidend dazu beigetragen, dass der
lange Prozess der Projektentwicklung und der Gruppenbildung erfolgreich verlief. Das
Projekt wurde in vier Jahren realisiert. Dies zeigt, dass für die Realisierung von Wohnpro-
jekten ein langer Atem und eine professionelle Betreuung notwendig sind. Mit den ver-
schiedenen Akteuren sind neue Prozesse und Projektstrukturen aufgebaut worden. Ohne
externe professionelle Moderation scheitern viele solche Projekte bereits in der Anfangs-
phase. Das Projekt zeigt auf, welche Potenziale in den Gebäuden der 1950er bis 1970er
Jahre stecken. Allerdings hätte das Projekt ohne die Fördermittel nicht realisiert werden
können.
In Arnstadt besteht eine weitere Nachfrage nach solchen Wohnformen und gleich
nebenan gibt es ein weiteres leerstehendes Gebäude. Allerdings kann das Projekt wegen
der fehlenden Finanzierung nicht umgesetzt werden. Derzeit versucht die WBG Förder-
Gemeinsam statt einsam. Generationswohnen in Arnstadt-Ost. Gemeinschaft kurz vor dem Einzug im Herbst 2019 (StadtStrategen)
Raum für viele, verschiedene Aktivitäten
4.2 Hardware Arnstadt 181
mittel zu akquirieren. Es ist schade, wenn derartig sinnvolle Projekte an vergleichsweise
geringen Finanzmitteln scheitern. Insgesamt gibt das Wohnprojekt „Gemeinsam statt ein-
sam“ viele vernünftige Antworten auf die aktuellen Fragen zum Umgang mit dem demo-
grafischen Wandel und dem Gebäudebestand der Nachkriegsjahrzehnte.
Auszeichnungen
Das Projekt wurde für sein Konzept beim bundesweiten Wettbewerb „Generationendialog
in der Praxis – Bürger initiieren Nachhaltigkeit“ im Jahr 2009 als eines von zehn Leucht-
turmprojekten aus über 300 Bewerbungen ausgezeichnet.
Darüber hinaus wurde die WBG für die intensive Beteiligung der zukünftigen Mieter
mit dem „Innovationspreis 2011“ vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft aus-
gezeichnet.315
Quellen
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): ExWoSt-Informationen „Innovationen für familien- und altengrechte Stadtquartiere“ 32/2 – 12 / 2007. Bonn
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): ExWoSt-Informationen „Innovationen für familien- und altengrechte Stadtquartiere“ 32/3 – 6 / 2008. Bonn
Buchverlag W + I (Hg.): Stadtsanierung in Arnstadt. Zeuthen 2000.
Bertelsmann Stiftung: Demographiebericht. Arnstadt, o. J.
WBG (Hg.): WBG-Rundschau. Nr. 36. Arnstadt 2009, S. 3. Online abrufbar: http://www.wbg-arnstadt.de/daten/mieterzeitung/arnstadt_dez_09_fin.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
Jurrack, Ulrike / Schauber, Ulla (StadtStrategen. Büro für integrative Stadtentwicklung): Gemeinschaftliches Wohnen zur Miete. o. J. Online abrufbar: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
Nowak, Rainer: Innovationspreis der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Vorstellung der Preisträger und Anerkennungen. In: Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. (Hg.): Netzwerk Wohnen. Ausgabe 2, 2011, S. 4 –5. Online abrufbar: http://www.vtw.de/fileadmin/vtw/dokumente/NW2-11.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
Schauber, Ulla: Gemeinschaftliches Wohnen im Bestand. Präsentation im Rahmen der Fachtagung „Rendite durch Wohnen und Leben“ am 14. 10. 2012, Schader Stiftung. Online abrufbar: http://www.schader-stiftung.de/docs/ag1_schauber.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
Links
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http://www.gemeinsam-statt-einsam-arnstadt.de / (Zugriff am 20. 12. 2012)
http://www.wohnprojekte-portal.de/projekte-suche/projektdetails.html?uid=10047 (Zugriff am 20. 12. 2012)
http://www.schader-stiftung.de/docs/ag1_schauber.pdf (Zugriff am 20. 12. 2012)
http://www.wbg-arnstadt.de/daten/projekte.html (Zugriff am 20. 12. 2012)
http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmbv/staedteundwohnungbau/genialzentral/3_wbg_arnstadt_gse.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
http://arnstadt.thueringer-allgemeine.de/web/lokal/wirtschaft/detail/-/specific/Arnstaedter-WBG-freute-sich-ueber-Innovationspreis-1137469177 (Zugriff am 11. 1. 2013)
http://www.wbg-arnstadt.de/daten/projekte/080920_1_Fassung_Statut_Mietergemeinschaft.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
315 Vgl. Website: http://www.gemeinsam-statt-einsam-arnstadt.de/ (Zugriff am 11. 1. 2013)
Die Freiflächen werden von den Bewohnern gepflegt und sind in entsprechend gutem Zustand.
182 5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse aus den Interviews, den Fallstudien-Unter-
suchungen sowie aus dem Expertenworkshop zusammengefasst und ein Zwischenresümee
gezogen. Auf dieser Grundlage werden im nächsten Kapitel die Handlungsoptionen ent-
wickelt.
Die Einschätzung hat sich bestätigt, dass in den kleinen Quartieren der 1950er bis 1970er
Jahre außerhalb der Städtebauförderung bisher eher wenige Maßnahmen durchgeführt
wurden. Dadurch hat sich ein großer Handlungs- und Investitionsbedarf aufgestaut. Es
gibt meist kein gemeinsames Vorgehen der Eigentümer in den Quartieren und es werden
keine größeren Maßnahmen umgesetzt. Als größtes Hemmnis für die zukunftsgerechte
und frühzeitige Weiterentwicklung der Bestände lässt sich der fehlende finanzielle Spiel-
raum der Kommunen und Wohnungseigentümer identifizieren. Angesichts der Unsicher-
heiten und der schwierigen Finanzlage ist sogar von einer weiter sinkenden Investitionsbe-
reitschaft bzw. -möglichkeit auszugehen. Wegen der hohen Verschuldung sind viele Kom-
munen nur sehr eingeschränkt handlungsfähig und können ihre städtebaulichen Probleme
ohne finanzielle Unterstützung kaum bewerkstelligen. Die Untersuchungen lassen erken-
nen, dass sich viele Kommunen bisher weitgehend passiv verhalten und in einer reaktiven
Rolle verharren. Prävention wird zwar als sinnvoll eingestuft, aber in der Praxis kaum
umgesetzt, weil es an Ressourcen fehlt. Die kommunalen Verwaltungen sind mit den
Pflichtaufgaben und den Projekten im Rahmen der Städtebauförderung ausgelastet. Dass
Kommunen in naher Zukunft in den kleinen Nachkriegsquartieren stärker tätig werden,
scheint eher unwahrscheinlich zu sein.
Durchaus ernüchternd ist die oft geäußerte Einschätzung, dass ohne Förderungen in
den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre kaum Maßnahmen und notwendige Anpas-
sungen möglich sind. Selbst kleine, erfolgreiche Projekte mit einem großen Mehrwert, wie
das Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“ in Arnstadt, das in sehr sinnvoller Weise auf
die Fragen des demografischen Wandels und des Umgangs mit den Baustrukturen ant-
wortet, scheitern am Fehlen von Finanzmitteln. Positiv aufgefallen ist das große Engage-
ment vieler kommunaler Wohnungsunternehmen, zum Teil auch Aufgaben der öffent-
lichen Hand zu übernehmen. Es ist allerdings schwierig, private Wohnungseigentümer für
die Ziele der Stadtentwicklung zu gewinnen. Dies gelingt nur in seltenen Fällen. Die Woh-
nungswirtschaft übernimmt vielfältige Aufgaben im Bereich des demografischen Wandels
und der Energiewende, nicht alle Unternehmen jedoch können diese Aufgaben stemmen.
Stadtumbau (vor allem der Abriss von Gebäuden) ist im größeren Umfang ohne Förde-
rung nicht möglich.
Überwiegend werden den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre durchaus gute Ent-
wicklungschancen zugesprochen. Wenn allerdings notwendige Verbesserungen in den
Quartieren ausbleiben, kann dies ihre Chancen erheblich beeinträchtigen – gerade eine
Imageverschlechterung kann langfristige Folgen haben. Durch Sanierungen bzw. Moder-
nisierungen können die Wohnungen konkurrenzfähig bleiben. Doch Modernisierungen
allein sind auch kein Allheilmittel: Wenn Modernisierungen mit den damit verbundenen
Mieterhöhungen durchgeführt werden, besteht die Gefahr der Verdrängung in Folge von
Mieterhöhungen. Wenn Modernisierungen ausbleiben, können ein Abwärtstrend und
dann auch Wegzüge eintreten. Bei abnehmender Nachfrage nimmt der Preis- und Qualitäts-
183
wettbewerb unter den Wohnungsanbietern stark zu – die Konkurrenz um die Mieter
steigt.
Insbesondere in Regionen mit konstanten oder steigenden Mieten leisten die Woh-
nungsbestände der 1950er bis 1970er Jahre wegen der meist vergleichsweise günstigen
Mieten einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung von Bevölkerungsgruppen mit
niedriger Wohnkaufkraft. Auf eine zurückgehende Nachfrage wird häufig mit Miet-
senkungen reagiert (Regelung über den Preis).
Während die sich verschärfenden Probleme in vielen Großsiedlungen ein schnelles und
umfassendes Eingreifen erforderten, stellen die Unauffälligkeit und die noch nicht akuten
Probleme in den kleinen Quartieren fast ein Verhängnis dar. Der fehlende Druck hemmt
ein Aktivwerden der Akteure. Häufig werden Zwischenlösungen in den Quartieren reali-
siert oder es wird weiter abgewartet, ob sich Veränderungen einstellen oder ob nicht ein
anderer Eigentümer zuerst tätig wird, um dann davon zu profitieren (Trittbrettfahrer-Pro-
blematik). Bei den Akteuren bestehen durchaus wahrnehmbare Unsicherheiten, wie im
Hinblick auf eine langfristige Entwicklung am sinnvollsten mit den Quartieren umgegan-
gen werden sollte.
Als Resümee kann festgehalten werden, dass die öffentliche Wahrnehmung und auch
die fachliche Diskussion weit auseinander gehen. Die Einschätzungen der Experten hin-
sichtlich möglicher Strategien sind sehr unterschiedlich: Die Forderungen reichen von der
weitreichenden Erhaltung bis hin zum kompletten Abbruch der Quartiere. Die vorge-
brachten Argumentationen sind unter einem bestimmten Blickwinkel auch meist schlüs-
sig aber in einer Gesamtbetrachtung doch nicht in allen Bereichen überzeugend. Daher
können auch keine allgemeingültigen Lösungen für die strategische Weiterentwicklung
der Quartiere gegeben werden. Die entwicklungsbestimmenden Rahmenbedingungen
sind zu zahlreich und zu komplex, um beispielsweise eine begrenzte Anzahl von „Quar-
tierstypen“ zu bilden, für die konkrete Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden
können.
Viele Quartiere leiden gegenwärtig unter ihrer schlechten Außenwahrnehmung, wäh-
rend sich die Bewohner mit ihrem Quartier verbunden fühlen und es schätzen. Die Inter-
views bestätigten, dass die Wohnzufriedenheit in den Quartieren hoch ist. Unter den Be-
wohnern haben sich funktionierende Nachbarschaften entwickelt – nach dem Generatio-
nenwechsel verändert sich die Sozialstruktur oftmals.
Die Kommunen können durch ihr Handeln erheblich Einfluss auf den örtlichen Woh-
nungsmarkt ausüben (z. B. Siedlungs- und Baulandpolitik, Belegung von Sozialwohnun-
gen). Ihnen stehen verschiedene formelle und informelle Planungsinstrumente für die
städtebauliche Erneuerung zur Verfügung. Kommunen mit kommunalen Wohnungs-
unternehmen haben Vorteile, wenn sie wohnungspolitische Zielsetzungen umzusetzen
wollen, da sie so Einfluss auf den Wohnungsmarkt ausüben können.
In vielen Städten und Quartieren werden bisher keine integrierten Ansätze verfolgt, die
angemessen auf die Komplexität der Herausforderungen in den Quartieren reagieren. Es
bleiben daher große Potenziale in den Quartieren ungenutzt. Die Gründe dafür sind viel-
schichtig. Einerseits gibt es Akteure, denen es am Bewusstsein für die Problemstellungen
mangelt, andererseits gibt es solche, die zwar engagiert sind, denen es aber an den notwen-
digen Ressourcen fehlt. Die großen Chancen, die in einer gemeinsamen Vorgehensweise
184 5 Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
und in abgestimmten Maßnahmen in den Quartieren liegen, werden bisher kaum ausge-
schöpft. Die Möglichkeit einer win-win-Situation in den Quartieren ist für viele Akteure
nicht vorstellbar bzw. illusorisch.
Die verschiedenen Akteure und Entscheidungsträger verfolgen oftmals unterschied-
liche Ziele. Es gibt nur selten eine koordinierte Zusammenarbeit auf der Ebene der
Gesamtstadt oder des Quartiers. Sehr schwierig gestaltet es sich, die verschiedenen Sicht-
weisen und Prioritäten der Akteure in Einklang zu bringen und die Zielkonflikte zu lösen.
Während bei den Kommunen die Themen „Soziales“, „Image“, „Infrastruktur“, „öffent-
licher Raum“, „Energie“ und „Umwelt“ im Vordergrund stehen, liegt der Schwerpunkt der
Wohnungsunternehmen auf der Wirtschaftlichkeit, dem Zustand des Wohnungsbestan-
des und der Vermeidung von Wertverlust und Mietausfällen. Die Mieter wiederum haben
ein Interesse an günstigen Mieten und Betriebskosten, intakten Nachbarschaften, einem
attraktiven Wohnumfeld sowie an einer guten Versorgung mit Infrastruktur.
Ein kritischer Blick auf die kleinen Wohnquartiere der drei Nachkriegsjahrzehnte zeigt,
dass es sowohl in Bezug auf eine koordinierte, parzellenübergreifende Vorgehensweise als
auch hinsichtlich des baulichen Umgangs noch viel Verbesserungspotenzial gibt. Beson-
ders qualitätsvolle und innovative Projekte entstehen viel zu selten. Die Fallstudien-Unter-
suchungen lassen den Schluss zu, dass erfolgreiche Projekte in der Regel von einzelnen
Personen an den entscheidenden Stellen und von idealen Rahmenbedingungen abhängen.
Die Entstehung von gelungenen Projekten ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit,
sondern eine viel zu seltene Ausnahme. Zwar gibt es „Leuchttürme“ bzw. ambitionierte
Projekte, aber die breite Masse wird eher qualitätslos und ohne besonderen Anspruch
saniert. Ob dies dem Unvermögen der Architekten, der Planer oder dem Desinteresse der
Wohnungsunternehmen oder Kommunen zuzuschreiben ist, kann an dieser Stelle nicht
geklärt werden. Wahrscheinlich sind es in erster Linie die wirtschaftlichen Restriktionen,
die eine qualitätsvolle Weiterentwicklung der Bestände verhindern. Allerdings dürfen die
fehlenden finanziellen Mittel allein nicht den bisher „stiefmütterlichen“, unsensiblen und
unkoordinierten Umgang mit den kleinen unauffälligen Quartieren der Nachkriegsjahr-
zehnte entschuldigen. Es gibt auch Beispiele, die zeigen, dass mit relativ geringen Mitteln
überzeugende Lösungen erreicht werden können. Dass viele vorbildliche Projekte nur Ein-
zelfälle bleiben, ist schade.
Schrumpfung und Stadtumbau werden künftig in vielen Quartieren der Nachkriegs-
jahrzehnte zu unausweichlichen Themen und stellen in manchen Regionen gerade in
Westdeutschland neue Aufgaben für die Akteure dar – es fehlt an Erfahrungen und Abriss
hat auch immer eine nicht zu unterschätzende psychologische bzw. emotionale Dimension.
Gegenwärtig besteht in den kleineren Quartieren ein breites Spektrum an Herausforde-
rungen. Ebenso wichtig wie die baulichen Belange sind die Belange der Bewohner und die
nicht-investiven Strategien.
In den Nachkriegswohnungsbeständen, die gerade aus sozialpolitischer Sicht besonders
wichtig sind, verfügt die Kommune nur über wenige Einflussmöglichkeiten und es man-
gelt oft an Kooperationen zwischen den Akteuren und an gemeinsamen, kleinräumigen
Konzepten. Die den Wohnungsmarkt bestimmenden Rahmenbedingungen ändern sich
seit einigen Jahren gravierend und vielfach schneller, als die Wohnungswirtschaft und die
Kommunen reagieren können. Dem steigenden Handlungs- und Investitionsbedarf in den
185
Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre stehen sinkende öffentliche und private Finanzie-
rungsmöglichkeiten gegenüber. Die größten Potenziale für die Quartiere liegen in Verbes-
serungen im Bereich Energie und Altengerechtigkeit und in den günstigen Mieten. Die
nicht zu leugnenden Defizite können aber durch entsprechende Maßnahmen und Formen
der Zusammenarbeit gelöst werden. Zusammenfassend scheint eine nachhaltige Quar-
tiersentwicklung in erster Linie ein Finanz-, Ressourcen- und Kommunikationsproblem
zu sein – es ist an vielen Stellen durchaus Wissen und Bewusstsein vorhanden, aber es
fehlt an der Umsetzung und am Durchsetzungswillen. Handlungsmöglichkeiten bestehen
auf vielen Ebenen: bei der öffentlichen Hand (v. a. den Kommunen), den Wohnungseigen-
tümern und auch bei den Bewohnern.
WEITERE FÜR DIE QUARTIERSENTWICKLUNG RELEVANTE AKTEURE
Vereine
Soziale Infrastruktur(Schulen, Kindergärten)
Wirtschaftstreibende(z.B. Einzelhändler, Nahversorgung)
Sonstige Akteure(z.B. Quartiersmanager)
Banken/Finanzinstitute
Immobilienmakler
Soziale Träger / Institutionen
Politik /Entscheidungsträger
Interessensvertreter(z.B. Mieterverein, Seniorenbeirat)
Mieterverein
Architekten
Wohnbezogene Dienstleister
Stadt- und Regionalplaner
Wissenschaftler
Verbände
Banken
Mieterbund etc.
Deutscher Städtetag
Gemeindebund
Architektenkammern
Forschungsinstitute /
Universitäten etc.
186 6 Handlungsoptionen
6 Handlungsoptionen
6.1 Akteure und Strategien (Software)
6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen
6.4 Zwischenfazit
6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)
187
Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der Literatur-
auswertung, den Interviews, den Fallstudien und dem
Expertenworkshop sowie eigener Ideen werden Handlungs-
optionen für die kleinen Wohnquartiere der 1950er bis
1970er Jahre erarbeitet. Dabei handelt es sich um einen
Ideenpool für die Zukunftssicherung dieser Wohnquartiere.
Angesichts der vielfältigen Fragestellungen (vgl. Kap. 1.3)
werden thematische Handlungsfelder gebildet, um die Band-
breite von Maßnahmen der öffentlichen und privaten Akteure
darzustellen. Es werden Optionen aufgezeigt, wie die
Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre im investiven und
nicht-investiven Bereich angepasst werden können. Um in
den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte tätig zu werden,
kann grundlegend zwischen Maßnahmen im nicht-baulichen,
konzeptionellen und organisatorischen Bereich (Akteure und
Strategien nicht-investiv – Software) und im baulichen bzw.
investiven Bereich (städte- und hochbauliche Maßnahmen –
Hardware) unterschieden werden. Abschließend wird auf
die Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen
eingegangen.
188 6 Handlungsoptionen
Die Beschreibung der Handlungsoptionen ist folgendermaßen aufgebaut: Am Anfang
wird die Ausgangslage basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen kurz beschrieben.
Danach werden Strategien und Ideen entwickelt, wie die jeweiligen Probleme gelöst oder
Verbesserungen erreicht werden können. Ziel ist es, das breite Spektrum von Möglichkei-
ten aufzuzeigen, wie die kleineren Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte – vorzugs-
weise ohne den Einsatz von Städtebauförderungsmitteln – weiterentwickelt werden kön-
nen. Allen Empfehlungen liegt die zentrale Fragestellung zugrunde, wie die Maßnahmen
finanziert werden können. Es wird davon ausgegangen, dass die Akteure – wenn auch in
begrenztem Umfang – zu gewissen finanziellen Aufwendungen in der Lage sind. Die
Handlungsoptionen berücksichtigen auch die Probleme, die sich aus der begrenzten Größe
der Quartiere ergeben könnten. Falls bekannt, werden für die jeweilige Handlungsoption
Referenzprojekte aufgeführt, die entweder vollständig oder zumindest in Teilen auf die
einzelne Themenstellung übertragbar sind. Auch wenn der Schwerpunkt auf Quartieren
ohne Förderkulisse liegt, werden vereinzelt auch interessante Ansätze aus der geförderten
Stadterneuerung herangezogen. Neben Projekten aus der Praxis werden auch Forschungs-
projekte oder aktuelle Studien genannt. Die Referenzprojekte werden kurz erläutert – für
zusätzliche Informationen werden weiterführende Quellen aufgeführt.
Die Sammlung soll nicht den Eindruck vermitteln, dass sämtliche Empfehlungen in
einer Kommune oder in einem Quartier (gleichzeitig) angewendet werden sollen bzw.
können. Einige Handlungsoptionen beziehen sich nicht nur allein auf die Wohnquartiere
der 1950er bis 1970er Jahre, sondern können auch für Quartiere aus anderen Bau-
altersklassen angewendet werden. Die Weiterentwicklung der Quartiere kann je nach
Bebauungsstruktur, dem baulichen und energetischen Zustand der Gebäude, der Eigen- Quartiersakteure im Überblick
189
tümerstruktur und der Situation auf dem Wohnungsmarkt vollkommen unterschiedlich
gestaltet werden. Der Einsatz und die Durchsetzungskraft hängen vor allem auch von der
Handlungsbereitschaft der Akteure, deren Konstellation und der lokalen Wohnungs-
marktsituation ab. Die Auswahl der einzelnen, am besten geeigneten Maßnahmen hängt
von den individuellen, sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Kom-
mune und Quartiere ab. Es lassen sich keine allgemeingültigen Empfehlungen für
bestimmte Kommunen oder Quartierstypen entwickeln – jedes Quartier ist anders. Zu
den wichtigsten Rahmenbedingungen für die Auswahl der Handlungsoptionen zählen:
Größe der Kommune (in kleinen Kommunen gibt es einen besseren Überblick –
über den Wohnungsmarkt, schlankere Verwaltungen, etc.)
Bevölkerungsentwicklung (aktuell und künftig: schrumpfend, stagnierend, wachsend)–
Struktur des Wohnungsmarktes und des Bestandes (z. B. Anteil der Wohnungen –
aus den 1950er bis 1970er Jahren)
Akteure auf dem Wohnungsmarkt (v. a. Vorhandensein eines kommunalen –
Wohnungsunternehmens, Unternehmensformen)
lokale Wirtschaft und Arbeitsmarkt (positive wirtschaftliche Entwicklung wichtig –
für Nachfrage)
bisherige Erfahrungen und Strukturen (z. B. im Rahmen der geförderten –
Stadterneuerung)
bisherige Aktivitäten der Kommune und Wohnungseigentümer (z. B. Vorhandensein –
von Konzepten und Grundlagen, bereits Kontakte zwischen den Akteuren)
190 6 Handlungsoptionen
Zuerst wird dargestellt, welche Handlungsmöglichkeiten im Einflussbereich der Kommune,
der Wohnungswirtschaft und der Bewohner liegen und anschließend welche Maßnahmen
im Idealfall in Kooperation der Hauptakteure realisiert werden. Der Handlungsbereich
„Kooperative Strategien der Akteure“ ist auf Grundlage der Erkenntnis gebildet worden,
dass es sehr häufig an der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren mangelt und damit
große Potenziale bei der Quartiersentwicklung nicht ausgeschöpft werden. Zum Teil
zählen zu diesem Handlungsfeld auch Maßnahmen, die zwar weitgehend im Aufgabenbe-
reich der Kommune liegen, aber im Idealfall in Abstimmung mit den anderen Akteuren
(v. a. Wohnungswirtschaft) in Angriff genommen werden sollten. Durch diese Zuordnung
der Handlungsoptionen soll erreicht werden, dass die beiden Hauptakteure Kommune
und Wohnungswirtschaft gemeinsam einen Blick auf die Möglichkeiten werfen, wie sie
aktiv werden können.
6.1.1 Kommunales Handeln
Kommunen verfügen über vielfältige Möglichkeiten, die Entwicklung von Quartieren
positiv zu beeinflussen. Aufgrund der schwierigen Haushaltslage, abnehmender Förde-
rungen und auslaufender Belegungsbindungen verringern sich die Steuerungs- und Ein-
flussmöglichkeiten jedoch kontinuierlich. Im Folgenden werden Maßnahmen dargestellt,
wie Kommunen primär im nicht-baulichen Bereich bzw. konzeptionell tätig werden kön-
nen, um Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln. Handlungsmög-
lichkeiten, die die Kommunen im Idealfall mit anderen Akteuren, insbesondere der Woh-
nungswirtschaft und den Bewohnern umsetzen, werden im Handlungsfeld „Kooperative
Strategien der Akteure“ erläutert.
6.1.1.1 Rolle der Kommune
Stadterneuerungsaktivitäten vieler Städte und Gemeinden konzentrieren sich seit Jahren
auf diejenigen Quartiere mit den größten städtebaulichen oder funktionalen Missstän-
den. Dies sind meist Großwohnsiedlungen, besonders benachteiligte Gebiete oder funk-
tionsgeschwächte Innenstädte und Ortsteile. Bisher bestand das kommunale Handeln im
Hinblick auf benachteiligte Quartiere in der Regel darin, Städtebauförderungsmittel zu
beantragen, um damit Defizite zu beheben. Viele Planungsämter sind mit den alltägli-
chen Pflichtaufgaben und den meist sehr aufwändigen Projekten der Städtebauförderung
ausgelastet. Daher finden die bislang unauffälligen Wohnquartiere der 1950er bis 1970er
Jahre, in denen aber mittel- oder langfristig auch mit Handlungsbedarf zu rechnen ist,
kaum Beachtung. Zum Teil werden die Chancen, die in einem frühzeitigen Eingreifen
liegen, nicht ausreichend gesehen und / oder die personellen und finanziellen Ressourcen
reichen einfach nicht aus. Die Interviews zeigen, dass sich die meisten Kommunen gegen-
über den kleinen Wohnquartieren der Nachkriegsjahrzehnte bisher weitgehend passiv
verhalten.
Erneuerungen in den Nachkriegsquartieren werden unausweichlich und der Generatio-
nenwechsel schreitet voran. Dies ist ein idealer Zeitpunkt für die Kommunen, sich mit den
Nachkriegsquartieren auseinanderzusetzen und das kommunale Handeln ggf. anzupassen.
Den Kommunen ist zu empfehlen, ihr zumeist sehr passives Verhalten trotz aller Hemm-
nisse aufzugeben. Ein erster, wichtiger Schritt könnte in einer aufmerksameren Rolle
6.1 Akteure und Strategien (Software)
Akteure der Quartiersentwicklung
Die Kommune als Hauptakteur
6.1.1 Software Kommunales Handeln 191
liegen, um die Entwicklungen in den Wohnquartieren genauer beobachten und Probleme
frühzeitig erkennen zu können.
Daher ist es notwendig, alle relevanten Ämter der Verwaltung und den Gemeinderat für
das Thema zu sensibilisieren. Um das Bewusstsein zu stärken und die Quartiere mit ihren
spezifischen Problemlagen und Chancen stärker in den Fokus zu rücken, ist es sinnvoll,
sich die politische Unterstützung zu sichern und entsprechende Gemeinde- bzw. Stadtrats-
beschlüsse anzustreben. Für ein aktives bzw. präventives Handeln der Kommune gibt es –
wie im Folgenden dargestellt – viele gute Argumente, die es entsprechend zu kommunizie-
ren und abzusichern gilt:
Die Kosten für präventive Maßnahmen sind geringer als die finanziellen Aufwendun-–
gen, die anfallen, wenn ein Quartier bereits „gekippt“ ist. Es ist einfacher und kosten-
günstiger, die Entstehung neuer Problemquartiere zu vermeiden, als hinterher „Brenn-
punkte“ wieder zu stabilisieren und aufzuwerten.
Durch die Anpassung der Wohnungsbestände können Neubauquartiere inkl. der kost-–
spieligen Errichtung von technischer und sozialer Infrastruktur vermieden werden
(Beitrag zur Innenentwicklung).
Die Vermögenswerte der Kommune in den Quartieren können erhalten bleiben.–
Während ein schlechtes Image innerhalb kürzester Zeit entstehen kann, dauert es um –
ein Vielfaches länger, bis ein Quartier seine schlechte Außenwahrnehmung wieder ver-
liert und negative Assoziationen in der Öffentlichkeit verschwinden.
Ein „Rollenwechsel“ und eine „Aktivitätssteigerung“ der Kommune erfordern einen
Initiator. Ideal für diese Aufgabe sind die Planungsämter, da sie über die entsprechenden
Fachkompetenzen verfügen. Die Änderung und „Neujustierung“ der Rolle der Kommune
ist allerdings sehr stark von den Personen an den entscheidenden Stellen in der Verwal-
tung abhängig.
Die Kommune kann in unterschiedlicher Weise aktiv werden. Neben der Ausübung der
kommunalen Planungshoheit wird ihr bei der Qualifizierung der Wohnquartiere der
1950er bis 1970er Jahre insbesondere die Rolle einer Initiatorin und Moderatorin zukom-
men, um Prozesse anzustoßen und zu unterstützen. Auch wenn bei der Quartiersentwick-
lung außerhalb der Städtebauförderung die Aufgaben zu einem großen Teil auf die priva-
ten Akteure übertragen werden (müssen), kommt der Kommune nach wie vor in diesem
Prozess eine entscheidende Rolle zu. Eine Hauptaufgabe besteht darin, sicherzustellen,
dass die Interessen aller Akteure in angemessener Weise berücksichtigt werden und die
Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Bereich koordiniert wird. Auch wenn
die Wohnraumversorgung überwiegend durch den Markt erfolgen sollte, hat die Kom-
mune dafür zu sorgen, dass alle Haushalte mit einer geringen Wohnkaufkraft angemessen
mit Wohnraum versorgt werden. Im Bestand ist der Handlungsspielraum der Kommune
in der Regel gering – insbesondere wenn die Gebäude und der größte Teil des Freiraums
im Besitz von Wohnungsunternehmen sind. Eine wichtige kommunale Aufgabe liegt
daher darin, die Wohnungswirtschaft und sonstige Akteure zu Aktivitäten und Maßnah-
men anzuregen.
Die Rolle der Kommune als Moderatorin wird umso wichtiger und komplexer, je mehr
Akteure es einzubinden gilt. Im Hinblick auf die Bestandsquartiere sollten Kommunen
eine zunächst aufmerksame und dann aktive, initiierende, moderierende und aktivieren-
de Rolle einnehmen. Nachfolgend wird ein Spektrum an Handlungsoptionen dargestellt,
die im unmittelbaren Aufgabenfeld und Einflussbereich der Kommune liegen.
6.1.1.2 (Kleinräumige) Analysen und Monitoring
In den Kommunen gibt es oft nur wenig detaillierte Informationen über die Situation auf
dem Wohnungsmarkt und die kleinräumige Entwicklung in den Quartieren. Eine konti-
nuierliche Wohnungsmarktbeobachtung und teilräumliche Analysen finden sich bei Wei-
tem nicht in allen Kommunen. Somit fehlt es an Datengrundlagen über die Struktur der
Mögliche Rollen der Kommunen
192 6 Handlungsoptionen
Bewohner und des Gebäudebestandes, um daraus fundierte Aussagen für die künftig zu
erwartende Situation ableiten zu können. Eine laufende Analyse des Wohnungsmarktes
auf gesamtstädtischer und kleinräumiger Ebene kann einen zielgerichteten Umgang mit
den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte erleichtern und wichtige Grundlagen hinsicht-
lich des Zeitpunkts eines präventiven Einschreitens liefern. Kommunale Verwaltungen
bzw. die verschiedenen Fachämter verfügen über umfangreiche statistische Informationen,
die aber häufig nicht miteinander verknüpft oder unter verschiedenen Fragestellungen
ausgewertet werden. Kommunen sollten die vorhandenen Daten zusammenführen und
eine Wohnungsmarktbeobachtung aufbauen, die neben der Gesamtstadt auch die Ebene
der Quartiere berücksichtigt. Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollen dabei hin-
sichtlich Auffälligkeiten und Abweichungen vom städtischen Durchschnitt beobachtet
werden. Es ist sinnvoll, ein laufendes Leerstandskataster aufzubauen, um Probleme früh-
zeitig erkennen zu können („Frühwarnsystem“).
Im Austausch und in der Zurverfügungstellung von Daten liegt auch ein erfolgsverspre-
chender Ansatz für eine Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wohnungswirtschaft,
da Unternehmen für ihre Investitionsentscheidungen in der Regel ein großes Interesse an
Informationen haben. Da neben den kommunalen Daten gerade auch Zahlen der Woh-
nungswirtschaft zum Gebäudebestand (Baujahr, Sanierungsstand, Leerstand, Verkaufs-
fälle) sowie zur Entwicklung der Mietpreise aufschlussreich sind, können Kommunen ver-
suchen, mit Wohnungsunternehmen Kooperationen und einen Datenaustausch aufzubau-
en. Eine derartige Verknüpfung von Daten der Kommune und der Wohnungswirtschaft
führt zu einer neuen Datenqualität und liefert wichtige Aufschlüsse über die Entwicklun-
gen in den Quartieren.
Da sich nachteilige Veränderungen von Quartieren aber nicht allein durch Zahlen
erkennen lassen, sind die Ergebnisse kritisch von den Entscheidungsträgern zu interpre-
tieren und ggf. durch persönliche Einschätzungen zu ergänzen. Beispielsweise bietet es
sich an, die statistischen Ergebnisse durch Begehungen der Quartiere abzugleichen und zu
einem Gesamtbild zusammenzufassen (siehe Checkliste Kap. 9.5).
Neben quantitativen Analysen müssen auch qualitative Aspekte erfasst werden. Um bei-
spielsweise Informationen über die Wohnzufriedenheit und die künftigen Pläne der
Bewohner zu erhalten, können leitfadengestützte Interviews mit Bewohnern geführt oder
eine schriftliche Bewohnerbefragung durchgeführt werden. Auf diese Weise lassen sich
wichtige Erkenntnisse über die Stärken und Schwächen sowie das „Innenleben“ eines
Quartiers gewinnen. Als positiver Nebeneffekt kann eine Bewohnerbefragung das Inte-
resse für die Quartiersentwicklung wecken und eine weitere Mitwirkungsbereitschaft
begünstigen. Neben den Motiven der Bewohner sollten auch die Ziele, Investitionsabsich-
ten und Einschätzungen der verschiedenen Eigentümer in den Quartieren erfasst werden.
Je nach Eigentümerform eignen sich dafür z. B. Expertengespräche, Fragebögen oder ver-
schiedene Veranstaltungsformate (z. B. Arbeitskreise, informelle Gesprächsrunden).
Bei allen Analysen ist darauf zu achten, dass nicht eine unüberschaubare Menge an
Daten produziert wird, sondern zielgerichtet die einzelnen Quartiere untersucht und die
Ergebnisse entsprechend bewertet und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Auch
wenn Analysen und ein laufendes Monitoring mit Kosten verbunden sind, so rechtfertigt
der Erkenntnisgewinn den Einsatz der Finanzmittel durchaus. Um bei qualitativen Analy-
sen Kosten zu sparen, können Kommunen oder Wohnungsunternehmen beispielsweise
die Zusammenarbeit mit Universitäten oder Hochschulen suchen, die im Rahmen von
Studienprojekten entsprechende Befragungen durchführen und der Stadt die Ergebnisse
zur Verfügung stellen (siehe Fallstudie Spenge, S. 164 – 171).
Analysen
Befragung
6.1.1 Software Kommunales Handeln 193
Referenzprojekte
Dortmund: Kleinräumige Quartiersanalyse
Angesichts zunehmender Leerstände zeigte sich in Dortmund, dass die gesamtstädtische
Wohnungsmarktbeobachtung nicht mehr ausreichend Informationen lieferte. Um frühzei-
tig mögliche Handlungsoptionen für bestimmte Quartiere erörtern zu können, hat das
Amt für Wohnungswesen gemeinsam mit der Universität Bochum eine Analysemethode
entwickelt, die durch Erhebung von kleinräumigen Daten und durch Experten- und
Bewohnerbefragungen Stärken und Schwächen eines Wohnquartiers verdeutlicht. Ausge-
wählt werden die zu untersuchenden Quartiere auf Grundlage von Wohnungsleerstands-
daten und Sozialdaten aus dem Sozialstrukturatlas der Stadt Dortmund. Seit 2008 wurden
auf diese Weise 15 Quartiere analysiert. In umfangreichen Abschlussberichten werden die
Ergebnisse dargestellt, die über eine reine Problemanalyse hinausgehen, indem sie auch
Stärken, Entwicklungspotenziale und Handlungsoptionen aufzeigen.316
Mannheim: Siedlungsmonitoring in Kooperation von Stadt und
kommunalem Wohnungsunternehmen
In Mannheim betreiben die Stadt und die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG
ein gemeinsames Siedlungsmonitoring in ausgewählten Bezirken. Dadurch werden Ent-
wicklungen in den Quartieren genau beobachtet und bei nachteiligen Entwicklungen
Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen. Dabei werden verschiedene Daten der Stadt mit
Daten des Wohnungsunternehmens verknüpft (s. auch Fallstudie Mannheim, S.114–127).317
Regionalisierte Wohnungsmarktbeobachtung Rheinland-Pfalz
Bei dem Projekt Regionalisierte Wohnungsmarktbeobachtung (ReWoB) Rheinland-Pfalz
handelt es sich um ein flexibles Auswertungs- und Analyseinstrument zur kleinräumigen
Einschätzung des Wohnungsmarktes. Es soll Entscheidungsträgern in Wohnungspolitik
und -wirtschaft als Unterstützung und Grundlage für ihre Investitionsentscheidungen
dienen. Initiiert wurde das Projekt vom Bauforum Rheinland-Pfalz, einem Zusammen-
schluss aller am Baugeschehen beteiligten Organisationen, Verbänden und Körperschaf-
ten unter Führung des Landes Rheinland Pfalz.318
Forschungsprojekt „Nachfrageorientiertes Nutzungszyklusmanagement“
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes werden Möglichkeiten eines sogenannten Nutzungs-
zyklusmanagements bei Wohnquartieren erarbeitet. Dabei handelt es sich um ein Analyse-
und Steuerungsinstrument für Kommunen und Wohnungsunternehmen mit dem Ziel,
Handlungsmöglichkeiten für die Instandsetzung, Modernisierung und Weiterentwicklung
von Wohnquartieren aufzuzeigen. In den Handlungsempfehlungen des Forschungsprojek-
tes wird ausführlich dargestellt, wie praxisnah eine Analyse und ein Monitoring auf der
Ebene der Gesamtstadt und des Quartiers erfolgen können.319
Forum KomWoB
Beim Forum KomWoB handelt es sich um ein Netzwerk von Städten und Kreisen, die sich
zum Ziel gesetzt haben, kommunale Wohnungsmarktbeobachtung gemeinsam voranzu-
treiben, ihre Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Die Teilnehmer tref-
fen sich in verschiedenen Arbeitsgruppen und bei jährlichen Tagungen. Die Koordination
des Forum KomWoB erfolgt durch das BBSR, die N.Bank und die NRW.BANK. Das
Forum präsentiert sich auch auf einer Website mit umfangreichen Informationen zum
Thema „Wohnungsmarktbeobachtung“.320
316 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b, S. 34–36; vgl. Website: http://dev.wohnungswesen.dortmund.de/project/assets/template1.jsp?content=wu&smi=6.0&tid=88934 (Zugriff am 26. 11. 2012); vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_23550/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/KommunaleKonzepte/Modellvorhaben/Dortmund/MV__dortmund.html (Zugriff am 26. 11. 2012)
317 Vgl. Stadt Mannheim: Beschlussvorlage Nr. 312/2010. Kooperationsvereinbarung zur Woh-nungsversorgung zwischen der Stadt Mannheim und der GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH (GBG).
318 Vgl. Website: http://www.rewob.de/ (Zugriff am 5. 12. 2012)
319 Vgl. Bizer, 2009, S. 26–34
320 Vgl. Website http://wohnungsmarktbeobachtung.de/komwob/forum-komwob/ueber-uns (Zugriff am 26. 11. 2012)
194 6 Handlungsoptionen
6.1.1.3 Planungen und Konzepte
Den Kommunen steht eine große Bandbreite an formellen und informellen Planungs-
instrumenten zur Verfügung, um die Entwicklung der Gesamtstadt und der Quartiere
zielgerichtet voranzutreiben. Basierend auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der
Mittel sollten Kommunen zunächst die Möglichkeiten konsensualer Vorgehensweisen
prüfen, bevor hoheitliche Mittel angewendet werden.
Formelle Instrumente
Im Rahmen der hoheitlichen Flächennutzungsplanung haben Kommunen die Chance, die
Entwicklung bestehender Wohnquartiere positiv zu beeinflussen. Indem beispielsweise
keine weiteren Wohnbauflächen ausgewiesen werden, kann die Nachfrage auf den Bestand
gelenkt werden. Eine große Schwierigkeit liegt dabei allerdings in der Konkurrenz der
Kommunen um Einwohner, die in das Umland abwandern, wenn es keine entsprechenden
Angebote gibt. Auch bei der Bauleitplanung haben Kommunen in Bestandsquartieren die
Möglichkeit, städtebauliche Maßnahmen durch die Aufstellung oder Änderung eines vor-
handenen Bebauungsplanes oder auch durch eine sehr „freigiebige“ Auslegung bestehen-
den Baurechts zu erleichtern (z. B. Fallstudie Köln, Buchheimer Weg: Der Abriss und die
Neubebauung erfolgten als Vorhaben im Innenbereich § 34 BauGB). Die Kommune kann
bei der Schaffung von Baurecht ihre Planungshoheit im Neubau aber auch im Bestand
(z. B. Nachverdichtungen) nutzen, um besondere Standards in den Quartieren zu erreichen
bzw. einzufordern. Die Absicherung kann über städtebauliche Verträge (§ 11 BauGB) er-
folgen.
Informelle Instrumente und Konzepte
Informelle kommunale Konzepte enthalten Zielsetzungen und Maßnahmenkataloge,
schaffen im Idealfall Planungssicherheit und geben den direkt oder indirekt betroffenen
Akteuren eine Orientierung. In vielen, vor allem kleineren Kommunen liegen weder inte-
grierte Stadtentwicklungskonzepte noch sonstige Konzepte (z. B. städtebauliche Entwick-
lungskonzepte, Wohnraumversorgungskonzepte, Stadtumbaukonzepte) vor, die sich mit
dem Thema Wohnen und der künftigen Entwicklung der Bestände beschäftigen. Somit
fehlt es der öffentlichen Hand und auch allen anderen Wohnungsmarktakteuren an ver-
lässlichen Aussagen und Informationen, auf Grundlage derer Entscheidungen getroffen
werden können.
Integrierte Konzepte tragen dazu bei, sich praxisnah und umsetzungsorientiert mit der
künftigen Entwicklung der Nachkriegsquartiere auseinanderzusetzen. Da für die spätere
Akzeptanz der Erarbeitungsprozess entscheidend ist, müssen alle betroffenen Akteure ein-
bezogen, ein Konsens hinsichtlich der Ziele gefunden und auch eine Verbindlichkeit für
die Umsetzung hergestellt werden. Hinsichtlich des Problems der Finanzierung von Kon-
zepten ist es vorstellbar, dass sich auch die Wohnungsunternehmen, die von solchen Pla-
nungen erheblich profitieren (z. B. Sicherung oder Steigerung der Immobilienwerte), an
den Kosten beteiligen. Es gibt auch seltene Fälle, in denen die Konzepte nicht von der
Kommune, sondern von der Wohnungswirtschaft initiiert werden.
Die Konzepte sollten regelmäßig evaluiert und fortgeschrieben werden. In den Inter-
views wurde kritisch angemerkt, dass Konzepte nur einen Nutzen haben, wenn sie auch
mit einem entsprechenden Budget hinterlegt werden. Konzepte haben zwar durchaus das
Potenzial, Eigentümer zu Aktivitäten und Investitionen anzuregen, aber in der Regel müs-
sen Kommunen auch selber tätig werden, um Entwicklungen anzustoßen und die Ziele zu
erreichen. Oft verschwinden Konzepte in der Schublade und werden nicht umgesetzt.
Unter der Annahme von stark reduzierten Fördermitteln wird vorgeschlagen, zumin-
dest die Erstellung von Analysen und Konzepten finanziell zu fördern, da diese wichtige
Grundlagen für die künftige Entwicklung der Quartiere liefern und im besten Fall private
Investitionen anstoßen. Damit die Konzepte aber nicht nur „beschriebenes Papier“ bleiben,
braucht es weitere Anreize und im Idealfall finanzielle Mittel.
Planungen und Konzepte
6.1.1 Software Kommunales Handeln 195
Stadtentwicklungskonzept
Stadtentwicklungskonzepte definieren den langfristigen Handlungsrahmen für eine städte-
baulich geordnete, sozial verträgliche, wirtschaftlich tragfähige und ökologisch nachhal-
tige Stadtentwicklung. Darin werden Ziele formuliert, Prioritäten gesetzt sowie Umset-
zungsstrategien und Maßnahmen erarbeitet werden. Integrierte Stadtentwicklungskon-
zepte gelten als wichtiges strategisches Steuerungsinstrument für eine nachhaltige
Stadtentwicklung und einen fundierten und langfristig ausgerichteten Stadtumbau. In vie-
len Kommunen liegen (noch) keine integrierten Stadtentwicklungskonzepte vor. Diese
Tatsache hat sich in den Interviews bestätigt: den Kommunen mangelt es an verbindlichen
Grundlagen und konkreten Zielen für die Zukunft. „In den Kommunen ist ein Bewusst-
sein für die Notwendigkeit und die Bedeutung der langfristigen strategischen Planung
durchaus vorhanden. Die Erfahrungen in den neuen Bundesländern zeigen aber, dass
sich diese Sichtweise erst unter dem Zwang der Förderungsregularien in praktisches
Handeln umgesetzt hat.“ 321 Wesentliche Probleme bzw. Hemmnisse bei der Erstellung
von informellen Planungen und Konzepten liegen in begrenzten personellen und finan-
ziellen Ressourcen, der unzureichenden Datenlage, mangelndem verwaltungsinternem
oder politischem Rückhalt oder auch in einer fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der
Akteure.322
Bei kritischer Betrachtung so mancher Stadtentwicklungskonzepte muss jedoch neben
dem reinen Vorhandensein auch die Qualität, der Erarbeitungsprozess und die Umset-
zungsorientierung kritisch hinterfragt werden. Da es für Stadtentwicklungskonzepte keine
konkreten Vorgaben hinsichtlich der Struktur und Erarbeitung gibt, kommen darin die
Themen Wohnen und Nachkriegswohnquartiere oft zu kurz. Es wird daher Kommunen
geraten, ein integriertes Stadtentwicklungskonzept zu erarbeiten, bei dem das Thema
„Wohnen“ und damit verbunden die Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre genau unter-
sucht und konkrete Ziele und Aussagen zur weiteren Entwicklung getroffen werden. Auf
Grundlage eines Stadtentwicklungskonzeptes können je nach Größe und Gliederung der
Stadt weitere kleinräumige Konzepte für einzelne Stadtteile erarbeitet werden (z. B. Stadt-
teil- oder Quartiersentwicklungskonzepte).
Konzepte für das Wohnen / Wohnraumversorgungskonzepte
Mit Hilfe von Konzepten, die sich auf das Wohnen fokussieren, können groß- und klein-
räumig Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt analysiert, Handlungsbedarfe ermittelt
sowie Instrumente für die Steuerung aufgezeigt werden. Derartige Konzepte helfen eine
ausgewogene Wohnraumversorgung unter Berücksichtigung des gesamten Wohnungsbe-
standes und aller Nachfragegruppen zu sichern und liefern wichtige strategische Grund-
lagen für Investitionen in den Wohnungsbestand. Es ist daher zu empfehlen, Konzepte für
das Wohnen unter besonderer Berücksichtigung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre
zu erstellen. Dabei sollen auf Grundlage genauer Analysen wohnungspolitische Zielset-
zungen für die Gesamtstadt und für einzelne Teilbereiche formuliert und quantitative,
qualitative und räumliche Aspekte des Wohnungsmarktes berücksichtigt werden. Die
Konzepterstellung sollte ämter- bzw. fachbereichsübergreifend und unter Einbeziehung
der wichtigsten Wohnungsmarktakteure erfolgen. Kommunale Wohnkonzepte veranlas-
sen im Idealfall Wohnungsunternehmen dazu, ihre Investitionen nicht unabhängig von
stadtentwicklungspolitischen Zielen zu tätigen.323
Angesichts der stark ausdifferenzierten Gesellschaft und Wohnungsnachfrage sollte in
den Konzepten genau nachgefragt werden, welche Zielgruppen für die einzelnen Quartie-
re langfristig in Frage kommen und wie auf deren Ansprüche reagiert wird. Der Woh-
nungsbestand ist neben dem Neubau ein besonderer Betrachtungsschwerpunkt. Zu den
Bestandsquartieren der 1950er bis 1970er Jahre sollten konkrete Aussagen getroffen wer-
den: Welche Rolle spielen die Nachkriegsquartiere bei der prognostizierten Bevölkerungs-
und Wohnraumentwicklung? Wie gestaltet sich die Versorgung der bisher dort lebenden
Menschen (v. a. Angebot für altengerechtes Wohnen)? Welche Maßnahmen werden ange-
321 Friesecke / vhv Dienstleistung GmbH, 2010, S. 233–234
322 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b, S. 3
323 Vgl. Tölle / Gössel, 2004, S. 21–22; vgl. Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH / Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, 2008, S. 7
196 6 Handlungsoptionen
sichts der formulierten Ziele notwendig? Entscheidend ist es, Wohnraumversorgungs-
konzepte mit anderen städtischen Zielen und Strategien zu verknüpfen, um Synergie-
effekte zu erreichen – idealerweise ist ein solches Konzept in ein integriertes Stadtentwick-
lungskonzept eingebettet.
Gesamtstädtische Analyse von Nachkriegsquartieren
Da die Erstellung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes aufwändig ist und in der
Regel viel Zeit in Anspruch nimmt, könnten Kommunen – angesichts des wichtigen Zeit-
punkts für Maßnahmen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre – möglichst zeit-
nah ein Teil- bzw. Fachkonzept erarbeiten, bei dem flächendeckend alle Stadtraumtypen
mit einem besonderen Fokus auf die Nachkriegsquartiere erfasst werden. Da vielen größe-
ren Kommunen der Überblick über die – vor allem auch kleineren – Wohnquartiere der
1950er bis 1970er Jahre fehlt, sollten zuerst in einer gesamtstädtischen Betrachtung alle
Quartiere identifiziert und an Hand wesentlicher Strukturmerkmale beschrieben werden.
Zielführend ist eine Untersuchung, die die Qualität der Nachkriegsquartiere analysiert
und in Beziehung zu anderen Quartieren setzt sowie ihre langfristigen Perspektiven als
Wohnstandorte thematisiert.
Darauf basierend könnten die Quartiere mit dem größten Handlungsdruck bestimmt
und Prioritäten hinsichtlich eines „Aktivwerdens“ der Kommune gesetzt werden („Vor-
ranggebiete“). Maßnahmen in einzelnen Quartieren sollten in einem gesamtstädtischen
Konzept koordiniert werden, um eine Verschärfung der Konkurrenz zwischen den Gebie-
ten zu vermeiden. Gerade in schrumpfenden Regionen sollte sich die öffentliche Hand
frühzeitig der schwierigen Frage stellen, ob auf lange Sicht alle Quartiere erhalten werden
können. Zu einem möglichst frühen Zeitpunkt sollten Quartiere mit besonders schlechten
Zukunftschancen für den Rückbau vorgesehen werden, um weitere, nicht mehr langfristige
Investitionen in den Bestand zu vermeiden.
Referenzprojekte
Chemnitz: Gesamtstädtische und kleinräumige Konzepte für den Stadtumbau
Infolge der tiefgreifenden Veränderungen und des Strukturwandels erarbeitet die Stadt-
verwaltung Chemnitz seit den 1990er Jahren im Rahmen des Stadtumbaus verschiedene
Konzepte. Das Städtebauliche Entwicklungskonzept – Chemnitz 2020 ist das zukünftige
Handlungsinstrument der Stadt Chemnitz und stellt mit seinen Leitlinien die Weichen der
gesamtstädtischen Entwicklung. Es ist unter intensiver Beteiligung der Öffentlichkeit
entstanden. Auf Grundlage des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes wurden klein-
räumige Gebietspässe erarbeitet, die konkrete Entwicklungsziele und Maßnahmenschwer-
punkte der einzelnen Stadtteile beinhalten. Um stadtplanerische sowie wohnungspolitische
und -wirtschaftliche Entwicklungen abzusichern, hat das Stadtplanungsamt im Jahr 2009
eine Studie zum zukünftigen Wohnraumbedarf in Chemnitz in Auftrag gegeben. Die
zentrale Leitfrage des Wohnraumbedarfskonzeptes ist: „Welche Wohnungen werden in
welchem Umfang von wem langfristig nachgefragt?“ Als Ergebnis werden Handlungsemp-
fehlungen für die Stadt, die Wohnungsunternehmen sowie die privaten Eigentümer for-
muliert. Die methodische Vorgehensweise dabei ist sehr vorbildhaft.324
Dortmund: Masterplan Wohnen
„Der Masterplan Wohnen ist gemeinsam von Vertreterinnen und Vertretern aus Kommu-
nalpolitik, Wohnungswirtschaft, Interessensvertretungen, Wissenschaft und Verwaltung
in einem mehrjährigen Aufstellungsprozess erarbeitet und vom Rat der Stadt Dortmund
am 13. 05. 2004 beschlossen worden. Dieses nicht normierte Planungsinstrument bildet
den Orientierungsrahmen für die zukünftige Entwicklung der Dortmunder Wohnungs-
politik.“ 325 Der Plan konzentriert sich dabei auf folgende Zielsetzungen: Stützung des
Strukturwandels, Weiterentwicklung des Wohnungsmarktes in Richtung Qualität und
Eigentumsbildung, Stärkung der Attraktivität Dortmunds als Wohnstandort. Der Master-
6.1.1 Software Kommunales Handeln 197
plan wird fortgeschrieben und dabei verschiedene Themen fokussiert, beispielsweise das
Wohnen im Alter (2005) oder die Wohnungsmarktbeobachtung (2006).326
Ludwigsburg: Stadtteilentwicklungspläne
Für die nachhaltige Entwicklung sämtlicher Stadtteile in Ludwigsburg werden basierend
auf dem integrierten Stadtentwicklungskonzept kleinräumige Konzepte erarbeitet. In den
Stadtteilentwicklungsplänen werden die Leitsätze und strategischen Ziele des Stadtent-
wicklungskonzeptes auf den jeweiligen Stadtteil heruntergebrochen und konkretisiert. Die
Bürger werden dabei intensiv beteiligt.327
Arbeitshilfe: Erstellung kommunaler Wohnungsmarktkonzepte
Das Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH (IfS) erstellte im Auftrag des
Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein eine Arbeitshilfe, wie kommunale
Wohnraumkonzepte insbesondere unter dem Aspekt der Verfügbarkeit notwendiger
Daten und Informationen erstellt werden können. Im Anhang sind zudem Überlegungen
und Vorschläge zur Integration des Handlungsfeldes „Energieeinsparung im Bereich
Wohnen“ enthalten.328
ExWoSt Forschungsprogramm: Kommunale Konzepte: Wohnen
Zwischen 2007 und 2010 wurden in neun Kommunen mit unterschiedlichen Rahmenbe-
dingungen modellhaft innovative Ansätze erprobt, wie mit Hilfe von Konzepten die aktu-
ellen und künftigen wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Aufgaben gelöst werden
können. Themenschwerpunkte waren dabei die Wohnraumversorgung von Haushalten
mit Marktzugangsschwierigkeiten, die Entwicklung der Wohnungsbestände und die Stär-
kung der Innenentwicklung.329
Forschungsprojekt: Leitfaden für die Erstellung integrierter städtebaulicher
Entwicklungskonzepte
Ein im September 2012 gestartetes Forschungsprojekt des BBSR (Auftragnehmer: Schulten
Stadt- und Raumentwicklung) beschäftigt sich mit den inhaltlichen und qualitativen Stan-
dards von integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepten und erarbeitet als Ergeb-
nis einen praxisorientierten Leitfaden für lokale Akteure.330
Themenbezogene LiteraturInstitut Wohnen und Umwelt GmbH: Leitfaden zur Erstellung kommunaler Wohnraumversorgungskonzepte in Hessen. Endbericht. Darmstadt 2005.
Analyse & Konzepte / Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hg.): Kommunale Wohnraumversor-gungskonzepte. 1. Zwischenbericht. Bonn 2005.
6.1.1.4 Verwaltungsstrukturen und -organisation
Die öffentliche Hand tritt nicht einheitlich auf, sondern muss in Politik und Verwaltung
unterschieden werden. Die Lokalpolitik kann aus unterschiedlichen räumlichen Ebenen
und gewählten Vertretern sowie Fraktionen bestehen. Kommunalverwaltungen bestehen
aus verschiedenen Ressorts und Fachämtern und stellen eine inhomogene Gruppe dar.331
Im Rahmen der Untersuchungen und Interviews hat sich gezeigt, dass es in manchen
Kommunen nur wenig Austausch und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen
Ämtern gibt. Da der traditionelle Verwaltungsaufbau und die Organisation zersplittert
und nicht auf die teilräumliche Quartiersebene zugeschnitten sind, entstehen oft Schwie-
rigkeiten, auf der Ebene des Quartiers tätig zu werden. „Da Probleme in der Lebenswelt
von Bürgern und Bürgerinnen in den meisten Fällen nicht eindimensional auf Verwal-
tungsgliederung und Zuständigkeitsordnung passen, ist ämter- und trägerübergreifende
Kooperation notwendig. Und diese gelingt umso besser, umso mehr stadtteilorientierte
kontinuierliche Arbeitsstrukturen geschaffen werden.“ 332
324 Vgl. Analyse & Konzepte / Stadtplanungsamt der Stadt Chemnitz, 2010
325 Website: http://dev.wohnungswesen.dortmund.de/project/assets/template3.jsp?content=wu&dcode=grossprojekte.wohnungswesen.downloads_masterplan_wohnen&did=0&dorder=downloaddate+desc&smi=4.02&tid=82492 (Zugriff am 4. 1. 2013)
326 Vgl. ebenda (Zugriff am 4. 1. 2013)
327 Vgl. Website http://www.ludwigsburg.de/,Lde/start/Stadt+_+Buerger/STEP.html (Zugriff am 26. 11. 2012)
328 Vgl. Institut für Stadtforschung und Struktur-politik GmbH / Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, 2008
329 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 b; vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/KommunaleKonzepte/01_Start.html (Zugriff am 26. 11. 2012)
330 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/FP/ReFo/Staedtebau/2012/LeitfadenEntwicklungskonzepte/01_Start.html (Zugriff am 26. 11. 2012)
331 Vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), 2005, S. 19
332 Bartscher, 2005, S. 35
198 6 Handlungsoptionen
Da die Qualifizierung von Nachkriegsquartieren viele Handlungsbereiche (z. B. Soziales,
Wohnen, Bildung, Städtebau, Verkehr, Energie) berührt, die ineinander greifen oder auf-
einander abbauen, muss eine integrierte Herangehensweise innerhalb der Kommunal-
verwaltung vorangetrieben werden. Um Quartiere in ihrer Komplexität zielgerichtet und
effizient weiterzuentwickeln, sind in vielen Kommunen Anpassungen der Verwaltungs-
struktur und der Aufbau neuer Formen der Zusammenarbeit erforderlich. Gerade in grö-
ßeren Kommunen sind die Verwaltungen stark zersplittert, sodass zunächst verwaltungs-
intern funktionsfähige Strukturen in Form von Querschnittskompetenzen für die Quar-
tiersebene aufgebaut werden sollten (z. B. Zusammenarbeit von Stadtplanungsamt,
Sozialamt, Wohnungsamt, Grünflächenamt).
An Stelle einer Themenorientierung der Verwaltung sollte eine stärkere Raumorientie-
rung treten – das heißt die Planungen der verschiedenen Ämter orientieren sich auf einen
bestimmten räumlichen Bereich – das Quartier.333 Wenn sich eine Kommune entschließt,
sich aktiver mit der Weiterentwicklung der Wohnquartieren auseinanderzusetzen (siehe
Handlungsoption Rolle der Kommune, S. 190 f.) sollten die Verwaltungsstrukturen über-
prüft werden, inwieweit sie für diese Aufgabenstellung geeignet sind und angepasst wer-
den können. Die Anpassung der Verwaltungsorganisation muss als lernender Prozess
angegangen werden, der auf die sich wandelnden Anforderungen reagiert. Dabei sollte ein
Amt die Projektsteuerung übernehmen und kontinuierlich die Beschäftigung mit den
Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte vorantreiben (Abstimmungsrunden, Arbeitskreise,
Workshops, etc.). Das Stadtplanungsamt mit seinem räumlichen Bezug ist für die Koordi-
nation sehr gut geeignet.
Die Zuständigkeiten und die Rolle der einzelnen Ämter sollten festgelegt und das Res-
sortdenken innerhalb der Verwaltung überwunden werden, um verwaltungsinterne Kon-
flikte zu vermeiden. An den wichtigen Stellen bzw. bei konfliktträchtigen Themen ist es
sinnvoll, bei Bedarf neutrale Dritte in den Prozess einzubeziehen. Ein Ansatz besteht z. B.
darin, eine Arbeitsgruppe in der Verwaltung aufzubauen, die die Entwicklungen auf dem
Wohnungsmarkt und in den Quartieren beobachtet und in regelmäßigen Abständen dis-
kutiert.
Da in den Kommunalverwaltungen aus dem Programm Soziale Stadt oft sehr gute
Erkenntnisse vorliegen, wie Maßnahmen auf der Ebene des Quartiers realisiert werden
können, kann sehr gut auf diese Strukturen und Kontakte zurückgegriffen werden. Ange-
sichts der Tatsache, dass es sich um neue Aufgaben und eine neue Maßstabsebene handelt,
kann auch die Fortbildung der städtischen Mitarbeiter für die besonderen Anforderungen
auf der Quartiersebene weiterhelfen. Innerhalb der Verwaltung gilt es, Software und
Hardware miteinander zu verbinden, da die Herausforderungen in den Quartieren weder
allein mit baulichen noch allein mit nicht-baulichen Maßnahmen gelöst werden können –
insbesondere der Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung und Sozialarbeit kommt eine
große Bedeutung zu. In den Kommunen gibt es oft zahlreiche Einrichtungen, die aber nur
wenig zusammenarbeiten (z. B. Seniorenbüros). Ein großes Potenzial besteht darin, alle
relevanten Einrichtungen quartiersbezogen zu einer Zusammenarbeit zu aktivieren und
im Sozialraum vernetzte Aktivitäten aufzubauen.
Neben dem Verwaltungshandeln müssen aber auch die politischen Strukturen betrach-
tet werden. Während es auf Stadtteilebene Einrichtungen und Entscheidungsstrukturen
gibt, fehlen diese auf der Ebene des Quartiers in der Regel. Die politischen und organisa-
torischen Verwaltungs- bzw. Entscheidungseinheiten stimmen nicht mit der räumlichen
Gliederung überein. Daher soll darüber nachgedacht werden, auch auf der Ebene der Quar-
tiere entsprechende Beratungs- und Entscheidungsstrukturen aufzubauen (z. B. Quartiers-
räte).
Die Einrichtung eines Quartiersbeauftragten in der Verwaltung kann helfen, die zahl-
reichen für die Entwicklung relevanten Bereiche und Themen zu koordinieren und Pro-
jekte anzustoßen. Eine ideale „Konstruktion“ könnte darin bestehen, dass auf der Seite der
Verwaltung „Quartiersbeauftragte bzw. Kümmerer“ eingerichtet werden, die in den Quar-
Verwaltungsstrukturen
6.1.1 Software Kommunales Handeln 199
tieren feste Ansprechpersonen haben (z. B. Quartiersräte), um mit diesen Entwicklungen
zu beraten. Die Entstehung solcher Modelle kann beispielsweise durch die Bereitstellung
von Quartiersbudgets bzw. Verfügungsfonds angeregt werden, über deren Verwendung
die Quartiersräte eigenständig bestimmen dürfen. Relevante kommunale Akteure / Ämter:
Bau- und Planungsamt, Jugendamt, Sozialamt, Bildungsbereich, Wohnungsamt, Tiefbau,
technische Infrastruktur, etc. Folgende Strukturen und Arbeitsformen könnten in Verwal-
tungen für die Quartiersebene infrage kommen:
gesamtstädtische Lenkungsgruppen, Arbeitsgruppen für Stadtteile / Quartiere –
verwaltungsinterne Gebietsteams –
Fachämter für Sozialraummanagement, Quartiersmanagement, Quartierskoordinator, –
Quartiersbeauftragter.334
Referenzprojekte
Mannheim: Stadtteilorientierung der Verwaltung
Im Zuge einer Reform der Mannheimer Stadtverwaltung wurde ein Konzept (Change2 –
Wandel im Quadrat) für eine stärkere Orientierung an den Stadtteilen erarbeitet. Dadurch
soll das Verwaltungshandeln stärker raumbezogen erfolgen und die Ziele der gesamtstäd-
tischen Entwicklung individuell auf die Stadtteile heruntergebrochen werden. Es wurden
umfangreiche Leitlinien und Maßnahmen zur Stärkung der Stadtteilorientierung erarbei-
tet (siehe auch Fallstudie Mannheim, S. 114 – 127).335
Essen: Raumorientiertes Verwaltungshandeln
Ein Anfang zu einer raumorientierten Verwaltung wurde in Essen mit dem Modell Quar-
tiersmanagement und seiner Umsetzung in zwei Stadtteilen gemacht. Dafür wurde in der
Verwaltung eine für den Sozialraum zuständige Gebietsbeauftragte eingerichtet, die mit
den relevanten Fachbereichen für die Entwicklung dieses Raums Kontakt aufnimmt. Diese
Beauftragte arbeitet dabei mit Stadtteilmoderatoren, die auf der intermediären Ebene
angesiedelt sind, sowie mit den Stadtteilarbeitern vor Ort zusammen.336
6.1.1.5 Kommunale Beratungsangebote
Die Kommunen haben nur wenige direkte Eingriffs- bzw. Einflussmöglichkeiten auf den
Bestand – vor allem dann, wenn das Besondere Städtebaurecht nicht zur Anwendung
kommt. Von daher nimmt die Bedeutung von sonstigen, „weichen“ Maßnahmen zu, um
Verbesserungen in den Quartieren zu befördern. Da bei Eigentümern aber auch bei Bewoh-
nern oft Unsicherheiten hinsichtlich der Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Gebäude
und Wohnungen bestehen, könnten Beratungsangebote sinnvoll sein. In manchen Berei-
chen sind die Kommunen schon seit Jahren beratend tätig (z. B. Soziales, Bauberatung,
Fördermöglichkeiten von Maßnahmen). Kommunen können ihre Beratungsangebote aus-
bauen, um auf „indirekte“ Weise die Bewohner und Eigentümer zu unterstützen und zu
Investitionen in Nachkriegsquartieren anzuregen (z. B. Energie, Barrierefreiheit).
Kommunen sind dabei in der vorteilhaften Situation, dass sie bei bestimmten Themen
von den Eigentümern und Bewohnern als neutrale Beratungsinstanz wahrgenommen wer-
den, während privaten Anbietern wegen ihrer Eigeninteressen eher wenig vertraut wird.
Beispielsweise könnte eine Energieberatung den Eigentümern helfen ein energetisches
Konzept für ihr Gebäude aufzustellen und so energetische Verbesserungen zu erreichen.
Ebenso vorstellbar ist eine Beratung, wie Barrieren sowohl im Wohnumfeld als auch in
der Wohnung reduziert und Wohnräume altengerecht angepasst werden können. Solche
Beratungsangebote zielen nicht nur auf Nachkriegsquartiere ab, sondern können allen
Beständen zugute kommen. Bei der Beratung ist auf die Neutralität und Unabhängigkeit
zu achten. Kann die Kommune die Beratung nicht in Eigenleistung erbringen, könnten
Beratungsstrukturen mit externen Experten oder sozialen Trägern aufgebaut werden.
Kommunale Beratung
333 Vgl. Bartscher, 2005, S. 29–30
334 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 c, S. 4
335 Vgl. Website: http://www.mannheim.de/stadt-gestalten/projekt-08-stadtteilorientierung-verwaltung (Zugriff am 27. 11. 2012); vgl. Stadt Mannheim, 2010
336 Vgl. Institut für Stadtteilentwicklung, Sozial-raumorientierte Arbeit und Beratung (ISSAB) / Stadt Essen, Büro Stadtentwicklung, 2009
200 6 Handlungsoptionen
Referenzprojekt
Ludwigsburg: Ludwigsburger Energieagentur
Die Ludwigsburger Energieagentur (LEA) berät Privatpersonen, Kommunen, Institutionen
und Gewerbe umfassend und neutral zu allen Fragen rund um das Thema „Energie“. Die
Energieagentur wurde im Jahr 2006 als gemeinnütziger Verein gegründet. Mitglieder
sind neben dem Landkreis Ludwigsburg mehrere Kommune sowie verschiedene weitere
Institutionen. Die LEA wird durch das Land Baden-Württemberg und die Stiftung „Natur-
und Umweltschutz“ der Kreissparkasse Ludwigsburg gefördert. Schwerpunkte liegen im
Bereich Energiesparen im Alt- und Neubau, effiziente Energienutzung, Einsatz von rege-
nerativen Energien und Fördermöglichkeiten. Die Agentur erstellt aber auch Energiekon-
zepte für Gebäude oder Baugebiete.337
6.1.1.6 Kommunale Wohnungsunternehmen
Rund fünf Prozent des deutschen Wohnungsbestandes ist im Eigentum von kommunalen
Wohnungsunternehmen. Durch den Verkauf von großen Beständen kommunaler Woh-
nungsunternehmen haben viele Städte Einflussmöglichkeiten auf den Wohnungsmarkt
verloren und die kurzfristigen Gewinne können auf lange Sicht negative Konsequenzen für
die Stadtentwicklung nach sich ziehen. Denn kommunale Wohnungsunternehmen sind
sehr wichtig für die Steuerung der Stadtentwicklung und des Wohnungsmarktes sowie für
die kommunale Wohnungs-, Sozial und Wirtschaftspolitik.338
Da kommunale Vertreter an entscheidenden Stellen in den Unternehmen sitzen, kann
die Tätigkeit des Unternehmens an den wohnungspolitischen Zielen der Stadtentwicklung
ausgerichtet werden. Bei den meisten im Rahmen des Forschungsprojektes interviewten
Wohnungsunternehmen handelte es sich um kommunale oder kommunal-nahe Unterneh-
men. Es ließ sich klar erkennen, dass die Unternehmen nicht rein privatwirtschaftliche
Ziele mit einer maximalen Gewinnerzielung verfolgen, sondern der Versorgungsauftrag
im Vordergrund steht.
Die Einflussmöglichkeiten, die sich durch ein entsprechendes strategisches Handeln
dieser Unternehmen ergeben, müssen genutzt werden. Kommunale Wohnungsunterneh-
men können in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte eine Vorreiter-Rolle überneh-
men, indem sie beispielsweise besonders qualitätsvolle Projekte realisieren. Denn heraus-
ragende Projekte haben eine nicht zu unterschätzende Ausstrahlungskraft und können
andere Unternehmen zu Investitionen anregen, um z. B. auf entspannten Wohnungsmärk-
ten weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben (Nachahmer-Effekt). Wirtschaftlich erfolgreich
realisierte Projekte können wichtige Denkanstöße liefern und zu ähnlichen Maßnahmen
in den Beständen animieren. Darüber hinaus leisten die kommunalen Wohnungsunter-
nehmen einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Wohnraumversorgung von Haushalten
mit Zugangsschwierigkeiten auf dem freien Wohnungsmarkt, der angesichts der zuneh-
menden Zahl von armutsgefährdeten Haushalten unbedingt zu bewahren ist.
Die kommunalen Wohnungsunternehmen bieten vielfältige Möglichkeiten, in den
Nachkriegsquartieren Prozesse anzustoßen und Maßnahmen zu realisieren. Aufgaben, die
außerhalb der Verwaltung einfacher umzusetzen sind, sollten auf kommunale Wohnungs-
unternehmen übertragen werden. Dafür gibt es interessante und erfolgreiche Beispiele.
Beispielsweise wurde in Hannover dem städtischen Tochterunternehmen GBH die Ein-
richtung und Durchführung des Quartiersmanagements übertragen, da dies die Stadtver-
waltung wegen ihrer langen Entscheidungswege und sehr begrenzten Möglichkeiten nicht
bewerkstelligen kann. Mehrfach wurde in den Interviews erwähnt, dass die kommunalen
Wohnungsunternehmen in der Regel sehr viel schneller handeln können, einen sehr guten
Einblick in die Quartiere haben und daher sehr wertvolle Partner sind.
Kommunales Wohnungsunternehmen
6.1.1 Software Kommunales Handeln 201
Referenzprojekte
Hannover: Quartiersmanagement in Nicht-Fördergebieten
In Hannover führt das städtische Wohnungsunternehmen GBH (Gesellschaft für Bauen
und Wohnen Hannover mbH) Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftra-
gung in Nicht-Fördergebieten durch. Ursprünglich war geplant, dass die Stadt ein entspre-
chendes Quartiersmanagement aufbaut. Da jedoch der Stadt die finanziellen Mittel fehl-
ten, wurde die Aufgabe dem kommunalen Wohnungsunternehmen übertragen339 (siehe
auch Fallstudie Hannover, S. 76 – 83).
Essen: Allbau AG
Bei der Allbau AG handelt es sich um ein kommunal(nahes) Wohnungsunternehmen, das
nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv Wohnungsbau betrieb und damit maßgeblich die
Stadtentwicklung Essens beeinflusste. Trotz der Abschaffung der gesetzlichen Regelung
zur Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen 1990 wurde durch eine Selbstverpflichtung in
der Satzung der ursprüngliche wohnungspolitische Auftrag beibehalten. Die Allbau AG
ist nicht nur Verwalterin bzw. Vermieterin von Wohnungen, sondern beschäftigt sich
unter dem Motto „Wohnen ist mehr“ auch intensiv mit der zukunftsgerechten Entwick-
lung von Wohnquartieren. Das Unternehmen engagiert sich aktiv in der Stadtentwicklung,
im Stadtumbau und in der Projektentwicklung und übernimmt soziale und gesellschaftli-
che Verantwortung (Stichwort „Stadtrendite“). Die Allbau AG übernimmt dabei die Rolle
als Initiatorin, Akteurin und Moderatorin von kooperativen Stadtteil- und Quartiersent-
wicklungsprojekten und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Integration, zur Entwick-
lung funktionierender Nachbarschaften und gegen soziale Verwahrlosung. Die Allbau AG
ist in Essen ein wichtiger Motor bzw. wichtiges Instrument der Stadt- und Quartiersent-
wicklung. Das Unternehmen hat gute Voraussetzungen dafür, da es nahe bei den Bewoh-
nern ist sowie finanzielle Spielräume und direkte Handlungsmöglichkeiten in den Quar-
tieren hat. Die langwierigen und oft auch komplizierten Prozesse in den Stadtverwaltun-
gen können so umgegangen werden.340
6.1.1.7 Weitere Handlungsoptionen der Kommune
Bereitstellung von Quartiersbudgets bzw. Verfügungsfonds: geringe Finanzmittel, über –
deren Verwendung die Bewohner eines Quartiers selber entscheiden dürfen
Ausbau / Verbesserung der sozialen Infrastruktur – (siehe Handlungsbereich Daseins-
vorsorge, S. 249 – 252)
einwerben von Fördermitteln (nicht nur Städtebauförderung, EU-Mittel, Stiftungen, –
Modellvorhaben etc.)
Förderung der lokalen Wirtschaft: Standortpolitik, Wirtschaftsförderung (ausreichende –
und sichere Arbeitsplätze als Grundvoraussetzung für Wohnungsnachfrage)
Forschungsprojekte oder Modellvorhaben initiieren oder akquirieren–
fundierte Festlegung der Kosten der Unterkunft (KdU): Seit der Neustrukturierung der –
sozialen Sicherungssysteme 2005 liegt die Zuständigkeit für die Übernahme der Kosten
der Unterkunft bei den Kommunen, die auch die Höhe der angemessenen Kosten je nach
lokalen Gegebenheiten festlegen. Den Kommunen obliegt dabei die Ausgestaltung der
Angemessenheitskriterien, für die es keine bundeseinheitlichen Vorgaben zur Definition
von Angemessenheit gibt. Durch eine entsprechende Festlegung der angemessenen Kos-
ten haben die Kommunen die Möglichkeit, auf die Wohnungsmarktsituation vor Ort zu
reagieren. Um Segregationstendenzen zu vermeiden und alle Haushalte angemessen mit
Wohnraum zu versorgen, sollte die Bemessung der Mietobergrenze kritisch hinsichtlich
ihrer Auswirkungen auf die Quartiere überprüft und ggf. angepasst werden.341
Durchführung von Wettbewerben und konkurrierenden Verfahren für Aufwertungen –
im Bestand
verschiedene Maßnahmen zur Sicherung der Gestaltungsqualität und Baukultur – (siehe
Handlungsbereich Baukultur und Gestaltungsqualität, S. 258 – 260)
337 Vgl. Website: http://www.lea-lb.de/10 (Zugriff am 13. 12. 2012)
338 Vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), 2007; vgl. Bundesverband deutscher Wohnungs- undImmobilienunternehmen e. V. (GdW), 2011 b
339 Vgl. Kulle, 2006, S. 28
340 Vgl. Allbau AG, 2012
341 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c, S. 9
202 6 Handlungsoptionen
6.1.2 Wohnungswirtschaftliches Handeln
Nach den Handlungsoptionen, die im Aufgabenbereich der Kommune liegen, werden nun
Möglichkeiten aufgezeigt, wie Wohnungsunternehmen in den Quartieren der 1950er bis
1970er Jahre aktiv werden können und welche Maßnahmen sie zur Bestandsverbesserung
ergreifen können. Das Engagement und die Handlungsspielräume hängen u. a. stark von
der Rechts- bzw. Eigentümerform, der Größe und auch der Philosophie des Unternehmens
ab (vgl. Kap. 2.3.2). Eine große Herausforderung besteht darin, wie das wohnungswirt-
schaftliche und das kommunale Handeln aufeinander abgestimmt werden können. Neben
der Kommune sind die Wohnungseigentümer die entscheidenden Akteure für die Weiter-
entwicklung der Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre. Sie haben eine hohe Verant-
wortung für die Quartiersentwicklung. Die Erwartungen an die Wohnungswirtschaft
dürfen aber nicht zu hoch geschraubt werden. „Die Wohnungswirtschaft kann nicht der
Reparaturbetrieb negativer gesellschaftlicher Entwicklungen sein. Allerdings kann sie
einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen leisten.“ 342
6.1.2.1 Rolle und Philosophie der Unternehmen
Das Handeln vieler Wohnungsunternehmen – vor allem in Westdeutschland – war bisher
stark von Wachstum geprägt. Während der Neubau und die reine Bewirtschaftung der
Wohnungen lange im Aufgabenmittelpunkt standen, machen es die veränderten Rahmen-
bedingungen unausweichlich, dass die Wohnungsunternehmen ihre Rolle und ihre Strate-
gien in dem komplexen Prozess der Stadt- und Quartiersentwicklung hinterfragen und
ggf. anpassen. In den Interviews ließ sich in diesem Bereich ein gespaltenes Bild erkennen.
Auf der einen Seite waren unter den Befragten solche Unternehmen, die sich schon seit
Jahren in der Stadt- und Quartiersentwicklung engagieren und ihre Tätigkeiten längst
nicht mehr in der alleinigen Bestandsbewirtschaftung sehen, auf der anderen Seite gab es
aber auch Unternehmen, die sich bisher nicht über ein Mindestmaß hinaus engagieren
und denen auch das Verständnis für die Ebene des Quartiers weitgehend fehlt. Zwar ver-
folgen die Wohnungsunternehmen nach eigenen Aussagen die Strategie eines nachhalti-
gen Wirtschaftens, manchmal geht aber der Blick nicht über die technisch-wirtschaftliche
Betrachtung des Gebäudes hinaus.
Im Idealfall werden die Wohnungseigentümer im Prozess der Stadt- und Quartiersent-
wicklung zum gleichwertigen Partner der Kommune. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei
denen Wohnungsunternehmen verstärkt gesellschaftliche Aufgaben übernehmen und so
wesentlich zur Entwicklung von Städten und Quartieren beitragen. Angesichts der ständi-
gen Reduzierung öffentlicher Leistungen und einer zunehmenden Konkurrenz um Mieter
geraten Wohnungsunternehmen unter Druck, neben dem Vermietungsgeschäft weitere
Angebote zu entwickeln, um die Vermietung ihrer Bestände dauerhaft zu sichern (siehe
auch Handlungsoption Dienstleistungen und soziales Engagement, S. 207 – 211). Dieser Bei-
trag zur Stadtentwicklung kann mit der sogenannten Stadtrendite erfasst werden, die den
gesellschaftlichen Beitrag eines Unternehmens für eine Kommune ermittelt.343
Für ein zukunftsfähiges Wirtschaften – auch im Sinne der Stadtentwicklung – ist Woh-
nungsunternehmen zu empfehlen, entweder ein Unternehmensleitbild zu entwerfen, in
dem auch die Bestände der Nachkriegsjahrzehnte ausführlich behandelt werden, oder
wenn bereits ein solches Papier vorhanden ist, dies mit konkreten Aussagen zu den Wohn-
quartieren und zur allgemeinen Wohnraumversorgung zu ergänzen. Wie in der Stadtpla-
nung können Leitbilder in Unternehmen helfen, sich über das Selbstverständnis und die
Grundprinzipien Klarheit zu verschaffen, Ziele zu definieren und einen Rahmen für das
Handeln „aufzuspannen“. Unternehmensintern gibt ein Leitbild allen Beteiligten eine
Orientierung – nach außen verdeutlicht es, wofür das Unternehmen steht. Kommunale
Wohnungsgesellschaften orientieren sich in der Regel an den Zielen der Stadtentwicklung.
Es wäre wünschenswert, dass alle Wohnungsunternehmen ihre „Philosophie“ stärker an
den Zielen der Gesamtstadt und der Quartiersentwicklung ausrichten. Im Idealfall sind
die Unternehmen in die Erstellung der kommunalen Konzepte und Planungen eingebunden;
Akteur Wohnungsunternehmen
Rolle und Philosophie des Unternehmens
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 203
sie nutzen sie als Grundlage und richten ihr strategisches Handeln und Leitbild an den
dort formulierten Zielen und Maßnahmen aus (z. B. Abstimmung mit Stadtentwicklungs-
konzept oder sonstigen kleinräumigen Konzepten).
Referenzprojekt
Essen: Allbau AG
Trotz der Abschaffung der gesetzlichen Regelung zur Gemeinnützigkeit im Wohnungswe-
sen 1990 hat die Allbau AG durch eine Selbstverpflichtung in der Satzung den ursprüngli-
chen wohnungspolitischen Auftrag beibehalten („Gegenstand und Zweck der Gesellschaft
ist vorrangig, ein sicheres und sozial verantwortbares Wohnen zu gewährleisten (gemein-
nütziger Zweck).“) Die Allbau AG hat eine „Unternehmensstrategie 2015“ als Leitfaden für
ihr Handeln entwickelt. Es wurden sechs Leitbilder für das Unternehmen formuliert. Dar-
in wird unter anderem das Ziel definiert, ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftlichkeit,
nachhaltiger Stadt- und Stadtteilentwicklung sowie sozialem Ausgleich in den Wohnquar-
tieren anzustreben. Investitions- und Desinvestitionsstrategien sind dabei gleichberechtig-
te Handlungsfelder, die sich am Ziel der Steigerung des Unternehmenswertes ausrichten.
Das Unternehmen berücksichtigt dabei aber auch die Zielsetzungen der Stadt und „wirkt
wohnungswirtschaftlich daran mit, Essen als attraktive Stadt für die Menschen, die bereits
hier leben und insbesondere für die, die in diese Stadt kommen wollen, erlebbar zu
machen. Hierzu trägt auch die Förderung von Kunst, Kultur und Sport im Stadtgebiet bei,
denn sie sind wesentliche Determinanten für lebenswertes und zufriedenes urbanes Woh-
nen.“ 344 Exemplarisch zeugt schon der Titel des Geschäftsberichtes 2011 vom Engage-
ment des Unternehmens im Bereich der Quartiersentwicklung: „Unverzichtbar für Essen:
engagierte Stadtteilentwicklung“.345
6.1.2.2 Investitionen in die Bestände
Die Erneuerungsstrategien und Investitionsentscheidungen von Wohnungseigentümern
haben unmittelbare Auswirkungen auf die Stadt- und Quartiersentwicklung. Auf der
einen Seite können ausbleibende, aber notwendige Sanierungen einen Abwärtstrend von
Quartieren begünstigen – auf der anderen Seite können Modernisierungen, die die Mieten
stark ansteigen lassen, zur Verdrängung von Mietern führen. Aktuell weisen sowohl die
Gebäude als auch die Freiräume in vielen Geschossbauquartieren der Nachkriegsjahr-
zehnte einen erheblichen Investitionsstau auf. Genaue Zahlen hinsichtlich des Sanierungs-
standes von Gebäuden aus den 1950er bis 1970er Jahre liegen nicht vor. Eine Studie des
Instituts Wohnen und Umwelt („Datenbasis Gebäudebestand“) aus dem Jahr 2011 geht
davon aus, dass grob geschätzt 70 bis 75 Prozent der Gebäude im Altbau noch keine Ver-
besserung des Wärmeschutzes erfahren hat.346 Sowohl gestalterisch als auch bautech-
nisch bzw. -physikalisch (Lärm, Schallschutz, etc.) sind viele Gebäude in einem mangel-
haften Zustand, woraus sich erhebliche Vermietungsschwierigkeiten und letzten Endes
Leerstände ergeben können. Eine Untersuchung des BMVBS über Investitionsprozesse im
Wohnungsbau der 1970er und 1980er Jahre stellt fest, dass im Vergleich zu anderen Unter-
nehmensformen insbesondere kommunale Gesellschaften und Wohnungsgenossenschaf-
ten Modernisierungsmaßnahmen durchführen. Private Eigentümer sind bei Modernisie-
rungen, die nur schwer refinanzierbar sind, eher zurückhaltend.347
Der Druck auf die Wohnungsunternehmen, in den Beständen aktiv zu werden, wird
künftig zunehmen, um die Vermietbarkeit zu garantieren und auf dem Wohnungsmarkt
konkurrenzfähig zu bleiben. Der Fokus bei Investitionen liegt oft auf den einzelnen
Gebäuden, Quartiersaspekte werden häufig nicht berücksichtigt. Die Investitionsstrate-
gien der Wohnungseigentümer hängen von der jeweiligen Unternehmenspolitik und
den -zielen, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie den Rahmenbedingungen auf
dem Wohnungsmarkt ab. Die Einschätzungen in der Literatur und in den Interviews hin-
sichtlich der Investitionsbereitschaft in wachsenden und schrumpfenden Wohnungsmarkt-
regionen gehen auseinander. Einerseits wird argumentiert, dass in angespannten Woh-
342 Dr. Rudolf Ridinger (Vorstandssprecher des VdW südwest). In: Institut Wohnen und Umwelt GmbH, 2008, S. 3
343 Vgl. Schwalbach / Schwerk / Smuda, 2006 a; vgl. Schwalbach / Schwerk / Smuda, 2006 b, S. 381
344 Website: http://www.allbau.de/wir-ueber-uns/unternehmen/geschichte.html (Zugriff am 14. 9. 2012)
345 Vgl. Allbau AG, 2012, S. 51
346 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2011, S. 12
347 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 62, 79
204 6 Handlungsoptionen
nungsmärkten die Chancen für Eigentümer besser sind, die Investitionen durch eine hohe
Vermietungswahrscheinlichkeit und durch höhere Mieten zu refinanzieren. Ebenso gibt es
aber auch das Argument, dass in angespannten Märkten Wohnungen trotz eines schlech-
ten Zustands weiterhin vermietet werden können und somit auch ohne Investitionen die
Vermietung gesichert ist. In entspannten Wohnungsmärkten können Verbesserungen der
Bestände notwendig werden, um weiterhin Mieter zu finden und Leerstand zu vermeiden.
Allerdings stellt sich bei abnehmender Nachfrage die Frage, ob Investitionen bei einem
niedrigen Preisniveau oder Leerstandsgefahr auf lange Sicht überhaupt wirtschaftlich ren-
tabel sein können.348
Grob kann zwischen folgenden Bewirtschaftungstypen bzw. Investitionsstrategien
unterschieden werden:
„Verwalter bzw. Bestandshalter“, die mit möglichst geringen Investitionen eine Voll-–
vermietung erreichen wollen und somit kaum strategische Überlegungen hinsichtlich
Mieterstruktur und Quartiersentwicklung anstellen (d. h. Weiternutzung als Billig-
Wohnraum, Erhaltung des Status-quo)
„Bestandsentwickler bzw. -verbesserer“, die eine zielgruppenorientierte Aufwertung –
vorantreiben, um so langfristig eine Vermietung und Werthaltigkeit der Bestände zu
sichern und gewisse Zielgruppen anzusprechen (z. B. Vollmodernisierung ggf. mit
Umbau und baulichen Veränderungen)
Unternehmen, die ihre Bestände abstoßen (z. B. Streubesitz, Bestände mit schlechten –
Zukunftsaussichten, Privatisierung oder Verkauf an andere Unternehmen)
Unternehmen, die Gebäude mit oder ohne anschließendem Neubau abbrechen (z. B. –
Errichtung neuer Wohnformen an gleicher Stelle oder Bereinigung des Wohnungs-
marktes).349
In den im Rahmen des Projektes geführten Interviews mit der Wohnungswirtschaft zeigte
sich, dass die Unternehmen immer genauer prüfen und überlegen, welche Sanierungen
bzw. Modernisierungen sich mit den vorhandenen Rahmenbedingungen (v. a. Lage, Gebäu-
dezustand, Bevölkerungsprognose) langfristig rechnen. Die Herangehensweise an Investi-
tionsentscheidungen fällt bei den Unternehmen sehr unterschiedlich aus, es lassen sich
keine verallgemeinerbaren Muster ableiten. Es werden in der Regel sehr viele, auch „weiche“
Indikatoren einbezogen und objektive Berechnungen um subjektive Einschätzungen der
Entscheidungsträger ergänzt. Oft steckt hinter den Investitionsentscheidungen auch die
Befürchtung der Wohnungsunternehmen, mit einem minderwertigen Wohnungsstandard
„schwierige“ Mieter anzuziehen, was zu einem steigenden Aufwand bei der Verwaltung
und Instandhaltung und zu einem eingeschränkten Mietanhebungspotenzial führen
kann.350
Einen umfassenden und interessanten Versuch, Entscheidungen zu systematisieren,
stellt die folgende Matrix der Entscheidungsfindung dar (siehe Seite 205 oben), die im Rah-
men eines Forschungsprojektes über Erneuerungen von 1950er Jahre-Siedlungen entwickelt
wurde.
Die Maßnahmen, die an den Gebäuden der Nachkriegsjahrzehnte sehr häufig durchge-
führt werden, sind: Anbau von Balkonen, Erhöhung des Ausstattungsstandards, Verbesse-
rungen des Schall- und Wärmeschutzes, Reduzierung von Barrieren. Bei Aufwertungen
sollten die Eigentümer stets abwägen, ob die Lagequalität für das erneuerte Wohngebäude
ausreichend ist oder ob auch in das Wohnumfeld investiert werden muss, damit die Quali-
tät des Gebäudes und der Umgebung zusammenpasst.351 Zudem gilt es auch danach zu
fragen, ob sich das Quartier auf lange Sicht positiv entwickeln wird bzw. kann und sich
somit Investitionen langfristig rechnen. Im Idealfall werden Investitionsentscheidungen
mit anderen Eigentümern im Quartier und / oder mit ggf. vorhandenen städtischen oder
quartiersbezogenen Konzepten abgestimmt, um dem Standort angepasste und langfristig
sinnvolle Investitionen zu tätigen. Idealerweise greifen Investitionen der Eigentümer in
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 205
Soziale Aspekte
NachbarschaftenMilieuSozialmischungBetreuungsangebotIdentifikationMietereinbindungSelbsthilfe
Wohnumfeld
SicherheitKinderspielVersorgungErschließungKommunikationBarrierefreiheitMüllaufbewahrung
Städtebau
ÖPNVRäumeStellplätzeInfrastrukturIdentifikationAußenanlagenLage in der Stadt
Wohnungswirtschaft
LeerstandBelegbindungSoziales GefügeErzielbare MieteFinanzielle BelastungAktivierungsfähigkeit
Bauliche Aspekte
Schall-/WärmeschutzBauteilerneuerungEntwässerungBeheizungGrundrissänderungenBäder und KüchenBalkone
BESTANDSANALYSE NACH THEMATISCHEN SCHWERPUNKTEN
INDIKATORENAUSWERTUNG mit Handlungsoptionen
ERGEBNIS
Bestand ist nachhaltig undwirtschaftlich VERÄNDERBAR
Mängel bleibenAusschlusskriterien:
– Raumhöhen
– Standfestigkeit
– Schallschutz
– Problemlage in der Stadt
– Mietzins
UNVERÄNDERLICH
z.B. Vollmodernisierung– Grundrisserweiterung– Wohnungszusammenlegung– Energetische Modernisierung– Barrierefreiheit
Erhalt ErhaltAbrissZiel
die Gebäude und Standortaufwertungen der öffentlichen Hand ineinander. Schon bei der
Erarbeitung der langfristigen Investitionspläne der Unternehmen könnte eine Abstim-
mung mit der Kommunalverwaltung erfolgen und ggf. für beide Seiten tragbare Kompro-
misse erarbeitet werden.352
Bei allen Investitionsentscheidungen sind die Einkommensverhältnisse der Mieter und
die Auswirkungen auf die Sozialstruktur zu berücksichtigen. Von großer Bedeutung ist es,
preiswerten Wohnraum zu erhalten.353
Matrix der Entscheidungsfindung
348 Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum-forschung (BBSR), 2011, S. 76
349 Vgl. Bizer / Ewen / Knieling / Stieß, 2010, S. 21, 52–53; vgl. Selk / Walberg / Holz, 2007, S. 67–85
350 Vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. 46
351 Vgl. Streck, 2011, S. 52
352 Vgl. Noell, Kay: Thesen von Wohnungsunterneh-men und Kommune aus Sicht des Landes. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bau-wesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW), 2006, S. 59
353 Vgl. InWIS Forschung und Beratung GmbH, 2003, S. 11
Überblick über mögliche Ziele von Wohnungsunternehmen bei Investitionen in Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre
Vermeidung bzw. Reduzierung der Leerstandsquote und des Mietausfalls–
möglichst geringe Fluktuation –
Stärkung von Nachbarschaften, soziale Stabilisierung des Quartiers–
Aufwertung des Images –
Vermeidung von Vandalismusschäden–
Sicherung der Vermietbarkeit der Wohnung–
Erhaltung bzw. Steigerung der Immobilienwerte–
Reduzierung der Kosten für die Pflege und Verwaltung der Wohnungsbestände–
Anpassung des Gebäudebestandes an behördliche Auflagen–
Anpassung der Wohnungen an veränderte Nachfrage–
ggf. Rückbau bei nicht mehr langfristig gesicherter Vermietbarkeit–
206 6 Handlungsoptionen
Portfolio-Management
Viele Wohnungsunternehmen treffen ihre Investitionsentscheidungen mit Hilfe von Port-
folio-Management. Statt eines kurzfristigen Planungshorizonts und einer schnellen Maxi-
mierung der Erträge bewertet ein Portfolio-Management mit Hilfe von EDV-Programmen
den Objektstandard, um darauf aufbauend langfristige Investitionsentscheidungen abzu-
leiten. Dabei sind nicht nur die technischen Gegebenheiten der Gebäudesubstanz aus-
schlaggebend für die Investitionsentscheidung, sondern es wird der Gesamtbestand hin-
sichtlich der Positionierung auf dem Markt und der Berücksichtigung der aktuellen und
mittelfristigen Nachfrage bewertet.
Ein Grundgedanke von Portfolio-Management besteht darin, dass bestimmte Bestände
mit geringem Risiko und hohen Überschüssen („cash cows“) Erträge erwirtschaften, um
diese dann in andere riskantere Geschäftsfelder zu investieren. Das Portfolio-Management
besteht aus den beiden Achsen Objekt- und Standortqualität. Ein großes Potenzial könnte
darin liegen, die standort- und objektbezogene Betrachtung der Wohnungsunternehmen
mit den Zielen der Stadt- und Quartiersentwicklung abzustimmen (z. B. Unternehmen
investieren dort, wo auch die Stadt Handlungsbedarf sieht und tätig wird) und die Ebene
des Quartiers stärker einzubeziehen (z. B. Berücksichtigung der Qualitäten von Quartie-
ren). Dadurch könnten Fehlinvestitionen vermieden sowie der Nutzen der eingesetzten
Mittel optimiert werden. Im Idealfall korrespondieren Stadtentwicklung und Portfolio-
Management miteinander.354
Modernisierungen und Umlage der Kosten auf die Mieten
Investitionen bzw. Modernisierungen scheitern oft daran, dass die daraus resultierenden
Mieten entweder nicht marktfähig oder nicht sozialverträglich sind. Bei Modernisierun-
gen in den preissensiblen Beständen der Nachkriegsjahrzehnte sollten sich die Wohnungs-
unternehmen die Frage stellen, ob die elf Prozent Umlagemöglichkeit (§ 559 BGB) ausge-
schöpft werden soll und wie sich dies in der weiteren Folge auf die Mieterstruktur aus-
wirkt. Im energetischen Bereich ist die Situation in den Nachkriegsbeständen sehr
komplex: Einerseits sind einkommensschwächere Haushalte, die meist gerade in den
Gebäuden mit hohem Energiebedarf wohnen, nicht in der Lage die ständig steigenden
Kosten für Energie zu bezahlen, auf der anderen Seite können sie auch nur sehr einge-
schränkt Mietsteigerungen infolge von Modernisierungen tragen.355
In den Interviews wurde oft erwähnt, dass die gesetzlich mögliche Umlage von elf Pro-
zent der Modernisierungskosten nicht ausgeschöpft wird, da die Bewohner dies nicht
bezahlen können. Denn die infolge von Modernisierungen erzielbaren Einsparungen der
Betriebskosten kompensieren in der Regel nicht die Erhöhung der Kaltmiete. Warmmie-
tenneutrale Mieterhöhungen reichen wiederum in der Regel nicht aus, um die Kosten für
die energetische Ertüchtigung innerhalb einer vertretbaren Laufzeit zu amortisieren und
angemessene Renditen zu erzielen. Die ohnehin geringen Mieten und die fehlenden bzw.
minimalen Mieterhöhungspotenziale gelten als wesentliche Hemmnisse bei der Durch-
führung von Modernisierungen.356
Trotz der großen Finanzierungsprobleme wird Wohnungsunternehmen empfohlen, im
Rahmen des Möglichen und Sinnvollen energetische Verbesserungen durchzuführen, um
so unter der Annahme weiterer Energiepreissteigerungen das Risiko zunehmender Wohn-
kosten zu vermindern und auch Vermarktungsvorteile zu schaffen. Ebenso kann dadurch
der Wohnwert zunehmen und sich in der Folge auch das Image des Quartiers verbessern
(siehe auch Handlungsoption Mietpreise, S. 211 – 213).
DE-investieren bzw. Investitionsstopp
Bei hohen Leerstandsquoten und einem zu erwartenden Nachfragerückgang sollten Woh-
nungsunternehmen frühzeitig in Erwägung ziehen, nicht mehr in die Bestände zu inves-
tieren, sondern Wohnungen abzubrechen. Welche Bestände an welchen Standorten vom
Markt genommen werden, stellt dabei eine zentrale Problemstellung dar, die nur in Zusam-
Investitionen in Bestände
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 207
menarbeit der betroffenen Akteure und in Abstimmung mit einem gesamtstädtischen
Stadtumbaukonzept gelöst werden kann. Ohne Fördermittel und Kompensation sind für
Eigentümer Wohnungsabrisse allerdings nicht möglich.
Referenzprojekte
Lörrach: Wohnbau Lörrach
Seit Anfang der 1990er Jahre verfolgt das kommunale Unternehmen Wohnbau Lörrach
die Strategie, Teile des Miethausbestandes (Anlagevermögen) zu veräußern, um so das
Portfolio abzurunden, Eigenmittel für Neubauvorhaben und Modernisierungen zu gene-
rieren und Schwellenhaushalten die Wohneigentumsbildung zu ermöglichen. Dabei han-
delt es sich meist um Wohnungen aus den 1960er und 1970er Jahren in Streubesitz, die
vor dem Verkauf umfassend saniert und aufgewertet werden. Ziel ist es, auf diese Weise
„starke Wohnquartiere“ zu erreichen, in denen die Wohnbau Lörrach mehr als 90 Prozent
der Miethäuser besitzt. In diesen Quartieren schafft dann das Unternehmen als „Haupt-
eigentümer“ Mietertreffpunkte, Gemeinschaftsräume, etc., die durch das unternehmens-
eigene Sozialmanagement unterstützt werden. Durch diese Strategie des Kaufens und Ver-
kaufens entstehen hochwertige Mietwohnanlagen und Quartiere überwiegend im Eigen-
tum des Unternehmens, was die Aufwertung erheblich erleichtert.357
Forschungsprojekt: Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre
(Auftraggeber: BBSR; Bearbeitung: Analyse & Konzepte, Hamburg)
Die Wohnungsbestände der 1970er bis 1980er Jahre spielen bei der Wohnraumversorgung
in Deutschland eine wichtige Rolle. Die für die Marktgängigkeit notwendigen Investitio-
nen hängen jedoch stark von der jeweiligen Marktsituation und den Eigentümerzielen ab.
Von daher sind die Investitionsprozesse verschiedener Eigentümerformen von zunehmen-
dem Interesse für die Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik. Vor diesem Hintergrund
zielt die Studie aus dem Jahr 2010 darauf ab, eine räumliche und methodische Strukturie-
rung der betreffenden Wohnungsbestände nach Eigentümergruppen zu erarbeiten. Neben
den Marktprozessen werden unterschiedliche Bestandsstrategien und Ziele der Akteurs-
gruppen analysiert, um daraus Rückschlüsse für die künftige Entwicklung des Wohnungs-
bestandes und für daraus resultierende wohnungspolitische Implikationen zu ziehen.358
6.1.2.3 Dienstleistungen und soziales Engagement
Wohnen ist heute mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Die vielschichtigen Verände-
rungen der Gesellschaft (v. a. die zunehmende Zahl älterer, hilfsbedürftiger Menschen,
prekäre Arbeits- / Lebensverhältnisse, aufgelöste Familienstrukturen) lassen den Bedarf an
Serviceleistungen und Pflege ansteigen, der aber nicht allein von der öffentlichen Hand
gedeckt werden kann. Dienstleistungen von Wohnungsunternehmen rund um das Woh-
nen können in soziale, gewerbliche und öffentliche Leistungen kategorisiert werden.
Soziale Dienstleistungen
Soziale Dienstleistungen können das Wohnungsangebot eines Unternehmens zielgrup-
pengerecht ergänzen und werden in der Immobilienwirtschaft auch als „Soziales Manage-
ment“ bezeichnet. Es gibt ein breites Spektrum an Möglichkeiten, wie sich Wohnungs-
unternehmen sozial für ihre Mieter engagieren können: Mieter- und Schuldnerberatung,
Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Mietertreffs), Betreuungsdienste für
Ältere oder Kinder, Pflegedienste, Einkaufsdienste, Wohnungsbetreuung bei Abwesenheit,
Winterdienste, Mieterfeste, Umzugshilfen, Quartiersmanagement etc.359
In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre leben heute viele ältere Menschen
mit dem Wunsch, möglichst lange und selbständig den Alltag zu bewältigen, was sich in
einem steigenden Bedarf nach Betreuung und Pflege immer mehr bemerkbar macht. Aber
nicht nur bei den älteren Menschen, sondern auch bei jüngeren Haushalten wird von einer
zunehmenden Nachfrage nach Dienstleistungen und Hilfestellungen im Alltag ausgegangen
354 Vgl. InWIS Forschung und Beratung GmbH, 2003; vgl. Friesecke / vhw Dienstleistung GmbH, 2010, S. 126–128
355 Vgl. InWIS Forschung & Beratung GmbH, 2011, S. 9
356 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 2–3; vgl. Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW), 2011 a, S. 78
357 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Unternehmensstrategie- (Zugriff am 25. 1. 2013)
358 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a
359 Vgl. Galonska, Jürgen / Kühne-Büning, Lidwina: Wohnungsunternehmen. In: Kühne-Büning / Nordalm /Steveling, 2005, S. 117
208 6 Handlungsoptionen
(z. B. Kinderbetreuung, Paketannahme). Einige der befragten Wohnungsunternehmen
haben bereits diesen Bedarf erkannt, frühzeitig reagiert und bieten ihren Mietern ver-
schiedene Leistungen an. Auch wenn die Experten berichteten, dass zwar die Nachfrage
oft noch etwas verhalten sei, weil die Menschen eine hohe Hemmschwelle bei der Inan-
spruchnahme von Hilfestellungen haben, so rechnen sie dennoch mit einem steigenden
Bedarf und somit mit einem weiteren Ausbau der Angebote.
In der Studie des IWU „Neue Soziale Fragen des Wohnens“ wird gefordert, dass die
Wohnungswirtschaft mehr soziale Aufgaben übernehmen sollte. Denn soziales Engage-
ment hat nicht nur einen Nutzen für die Gesellschaft, sondern auch für das Wohnungsun-
ternehmen und kann somit zur Sicherung der Immobilienwerte beitragen.360 Eine andere
Studie über Wohnungsunternehmen und deren soziales Engagement auf dem Berliner
Wohnungsmarkt stellt unter anderem fest, dass das Maß des wohnungswirtschaftlichen
Engagements primär von der Lage der Bestände sowie von der Größe des Unternehmens
abhängig ist.361
Indem Wohnungsunternehmen wohnungsbezogene Service- und Dienstleistungen für
eine einfachere Alltagsorganisation anbieten, können sie die Attraktivität der Nachkriegs-
bestände für gewisse Zielgruppen erhöhen, die Vermietbarkeit verbessern sowie Kunden
an das Unternehmen binden. Um sich auf dem Wohnungsmarkt zu behaupten, wird es
immer wichtiger werden, neue Geschäftsfelder und Einnahmequellen zu entwickeln und
sich auch für die Quartiere zu engagieren. Neben eigenen Dienstleistungen können Woh-
nungsunternehmen neue Geschäftsmodelle und Partnerschaften mit externen, professio-
nellen Anbietern aufbauen und Angebote vermitteln. Die Leistungen werden meist zu
Sonderkonditionen angeboten und in der Regel keine Pauschalen verlangt, sondern die
Mieter müssen nur bezahlen, was auch in Anspruch genommen wird. Eine interessante
Möglichkeit besteht z. B. in der Gründung eines Vereins für verschiedene Angebote,
der durch ein Wohnungsunternehmen unterstützt wird (siehe Referenzbeispiel Hand in
Hand e. V. in Kassel, S. 209).
Neben den Angeboten für die Alltagserleichterungen richten Wohnungsunternehmen
zunehmend ein Sozialmanagement als Teil der Bestandsbewirtschaftung ein. Vor allem
kommunale Unternehmen sind sehr daran interessiert, soziale Härtefälle abzufangen und
Mieter in persönlichen Problemlagen zu betreuen. Beispielsweise haben einige Unterneh-
men in den letzten Jahren eine Mietschuldenhilfe eingerichtet, die ab der ersten ausstehen-
den Miete aktiv wird.
Gerade in den entspannten Märkten entstehen erstaunlich innovative Ideen und Kon-
zepte im „Kampf um den Mieter“. Es gibt Unternehmen, die eigene Schauräume unterhal-
ten, in denen die Mieter verschiedene Sanierungsvarianten ihrer Wohnung begutachten
können. Ein interessantes Modell, das zwar überwiegend für größere Gebäudekomplexe
in Frage kommt, sind Concierge-Dienste. Mit vergleichsweise wenig Aufwand für Unter-
nehmen realisierbar ist beispielsweise die Bereitstellung von Räumen für verschiedene
Aktivitäten von Bewohnern oder für sonstige Einrichtungen.
Ein wesentliches Problem in der von „harten Fakten“ geprägten Wohnungswirtschaft
besteht darin, dass der Nutzen von sozialem Engagement nur schwer berechnet werden
kann. „Vor allem die fehlende Quantifizier- bzw. Monetarisierbarkeit des betriebswirt-
schaftlichen Nutzens von sozialem Engagement, daneben aber auch der Umstand,
dass dieser Nutzen erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung anfällt, machen es ver-
ständlich, weshalb für viele Wohnungsunternehmen soziale Aktivitäten eine Hürde dar-
stellen.“ 362
Gewerbliche Dienstleistungen
Gewerbliche Dienstleistungen stellen häufig neue Geschäftsfelder bzw. komplementäre
Leistungen von Wohnungsunternehmen dar. Dazu zählen eine Vielzahl von Dienstleis-
tungen, wie z. B. die Energieversorgung in Form von Block- oder Fernheizwerken, Reini-
gungs- oder Sicherheitsdienste, Contractinglösungen, Car-Sharing oder Service-Wohnen.
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 209
Solche Angebote können auch für die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre interes-
sante Ansätze bieten.363
Öffentliche Dienstleistungen
Als Partner der öffentlichen Hand haben manche Wohnungsunternehmen in den letzten
Jahren eine Reihe von Aufgaben übernommen. Viele Kommunen haben wegen ihrer Haus-
haltsnotlage große Probleme, die soziale Infrastruktur und Einrichtungen in den Quartie-
ren zu erhalten oder aufzuwerten. In den Interviews wurde erstaunlich oft berichtet, dass
Wohnungsunternehmen durchaus bereit wären, sich künftig an der Erhaltung bzw. Ein-
richtung von sozialer Infrastruktur zu beteiligen. Hierfür gibt es auch schon Beispiele (z. B.
Allbau AG in Essen). Es ist daher Wohnungsunternehmen zu empfehlen, bei fehlender
oder wegbrechender Infrastruktur Kommunen im Rahmen des Möglichen zu unterstüt-
zen, um die Standortqualitäten zu erhalten oder zu verbessern.364
Da durch verschiedene zielgruppenorientierte Dienstleistungsangebote die Attraktivität
von Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre erheblich verbessert werden kann, kann
es zielführend sein, die potenzielle Nachfrage nach solchen Leistungen zu untersuchen und
entsprechende Angebote entweder in Eigenleistung oder in Kooperation mit professionel-
len Anbietern und / oder anderen Wohnungsunternehmen aufzubauen. Gerade im Bereich
betreutes Wohnen im Alter kann von einem großen Potenzial ausgegangen werden.
Referenzprojekte
Kassel: Hand in Hand e. V.
Die Vereinigte Wohnstätten 1889 eG initiierte als Reaktion auf die zunehmende Zahl älte-
rer Bewohner in ihren Beständen 2001 die Gründung des gemeinnützigen Nachbarschafts-
hilfevereins „Hand in Hand e. V.“ . Der Verein zielt darauf ab, die Gemeinschaft in den
Stadtteilen zu fördern, nachbarschaftliche Hilfen zu vermitteln und hilfsbedürftige Men-
schen zu unterstützen. Dabei sollen wohnungswirtschaftliche Maßnahmen und bürger-
schaftliches Engagement miteinander verbunden werden. Für einzelne Quartiere werden
Konzepte entwickelt, die sich durch eine Mischung aus bürgerschaftlichem Engagement,
professioneller Koordination und sozialer Vernetzung auszeichnen. Hauptbausteine von
sogenannten Quartiersprojekten sind bauliche Maßnahmen an den Gebäuden, Beratung
und Alltagshilfen, soziale Integration und gegenseitige Hilfe, Pflege und Betreuung zu
Hause, selbständige Wohnformen sowie Wohnformen für Pflegebedürftige. Die Kosten
für den laufenden Betrieb werden von der Baugenossenschaft (50 Prozent), der öffentli-
chen Hand (33 Prozent) und aus Spenden (15 Prozent) und Beiträgen finanziert. Koordi-
nations-, Beratungs- und Vermittlungsleisten sind für die Bewohner kostenlos.365
Hannover: Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH)
Das städtische Wohnungsgesellschaft GBH bietet ihren Mietern vielfältige zusätzliche
Angebote und betreibt Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftragung in
mehreren Wohngebieten außerhalb der Förderung. Die GBH baut unter dem Begriff
„wohnen+“ ihr Angebot für die zunehmende Zahl älterer Bewohner aus. Das Konzept
umfasst altengerecht ausgestattete Wohnungen und Serviceangebote. Die GBH kümmert
sich um die Verbesserung des Wohnumfeldes und ausreichende Versorgungsmöglichkei-
ten und bietet Ansprechpartner vor Ort an. Dafür fällt keine Grundgebühr an. Beispiels-
weise werden Wohncafés als Treffpunkt eingerichtet, in denen auch ein Mittagstisch ange-
boten wird und die auch allen anderen Bewohnern zur Verfügung stehen. Außerdem wer-
den Hilfen bei kleinen Tätigkeiten in der Wohnung, schnelle Unterstützungsmöglichkeiten
in Notfällen, Informationen zu Veranstaltungen im Stadtteil sowie Beratungen zu Fragen
des täglichen Lebens angeboten. Hauswirtschaftliche, pflegerische und soziale Dienst-
leistungen sind jederzeit verfügbar. Das „wohnen +“-Angebot ermöglicht es den Mietern,
auch im Alter bzw. bei erhöhtem Hilfebedarf selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden
im gewohnten Quartier leben zu können. Die Angebote werden in Zusammenarbeit von
Dienstleistungen
360 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 10
361 Vgl. Besecke / Enbergs, 2008, S. 79 – 80
362 Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 23
363 Vgl. Galonska, Jürgen / Kühne-Büning, Lidwina: Wohnungsunternehmen. In: Kühne-Büning / Nordalm /Steveling, 2005, S. 118
364 Ebenda
365 Vgl. Institut Wohnen und Umwelt, 2008, S. 46; vgl. Bertelsmann Stiftung und Kuratorium Deutsche Altershilfe, 2005, S. 65 –6 9; vgl. Hand in Hand e. V. / Vereinigte Wohnstätten 1889 eG, o. J. Website: http://www.handinhand-kassel.de/ (Zugriff am 21. 8. 2012)
210 6 Handlungsoptionen
verschiedenen Sozialen Trägern (z. B. Johanniter) angeboten. Erst im Bedarfsfall müssen
die Leistungen bezahlt werden.366
Braunschweig: Nibelungen-Wohnbau GmbH
Die kommunale Nibelungen-Wohnbau GmbH ist einer der größten Wohnungsanbieter in
Braunschweig. Das Unternehmen entwickelt innovative Konzepte, um Mieter mit verschie-
denen Wohn- und Lebensansprüchen für sich zu gewinnen, und offeriert zudem verschie-
dene Beratungs- und Dienstleistungsangebote (z. B. Gästewohnungen, Energieberatung).
Durchaus einfallsreich sind die sogenannte Tarifangebote, mit denen individuelles Woh-
nen gefördert wird und Bestände für bestimmte Zielgruppen attraktiv gemacht werden
(z. B. Sportlertarif = 10 Prozent Mietermäßigung mit Vereinsausweis, Autotarif = Woh-
nung inkl. Leasingauto).367
Essen: Allbau AG
Als kommunal-nahes Wohnungsunternehmen hat die Allbau AG seit einigen Jahren ein
sehr breites Angebot an wohnbegleitenden Dienstleistungen aufgebaut. Die Angebote wer-
den über die Miete finanziert. Auch auf der Quartiersebene werden zahlreiche erfolgrei-
che Projekte von dem Unternehmen betrieben. Das Unternehmen betreibt seit einigen
Jahren ein ambitioniertes Programm zur Bereitstellung von Räumlichkeiten für KiTas, um
so eine qualifizierte Kinderbetreuung in der Nähe der Wohnung sicher zu stellen. Bis zum
Jahr 2011 waren Plätze für über 800 Kinder fertig gestellt, in Bau oder in konkreter
Planung.368 Um die Mieter optimal zu betreuen, die Wohnzufriedenheit zu erhöhen und
stabile Nachbarschaften zu fördern, wurde als wichtiges Instrument des Unternehmens-
handelns ein Sozialmanagement geschaffen. Es beschäftigt sich mit dem sozialen und
demografischen Wandel im Wohnungsbestand und entwickelt besondere Projekte sowie
Servicedienstleistungen. Das Sozialmanagement wird auch unter Rentabilitätsgesichts-
punkten eingesetzt, da sich dadurch die Kundenzufriedenheit verbessert und Leerstand
und Fluktuation abnehmen. Der Erfolg des Sozialmanagements lässt sich an Hand von
Zahlen statistisch klar belegen.369 Die Allbau AG verfolgt die Strategie, gerade in unattrak-
tiven bzw. schwierigen Beständen die Defizite durch eine besondere Betreuung und durch
die Schaffung von Standortfaktoren auszugleichen. Die Bandbreite an vom Sozialmanage-
ment angestoßenen Projekten kann folgendermaßen gegliedert werden: quartiersbezogene
Projekte / Quartiersmanagement (z. B. Einrichtung und Unterhaltung von Nachbarschafts-
treffpunkten und KiTas), themenorientierte Projekte (z. B. Spielplatzpatenschaften, Taschen-
geldprojekt), zielgruppenorientierte Projekte (z. B. Wohnen im Alter) sowie individuelle
Unterstützung bei persönlichen Wohnproblemen (z. B. Einzelfallberatungen).370
Jena: JenaWohnen
Jenas größte Wohnungsgesellschaft JenaWohnen bietet den Mietern ein umfangreiches
Angebot an Serviceleistungen. Beispielsweise dienen mehrere Service-Center als wohnort-
nahe Anlaufstellen oder ein Sozialmanagement betreut die Mieter zu den Themen „Woh-
nen im Alter“, „Umzug“ oder „Mietschulden“. Im Rahmen von Mieterforen bespricht das
Unternehmen mit den Bewohnern konkrete Fragen oder Probleme. Im Rahmen des Ange-
bots „wohnenplus“ können die Mieter ihre Wohnungen individuell umgestalten – dafür
wurden eigens Ausstellungsräume mit verschiedenen Ausstattungsmöglichkeiten in der
Innenstadt eingerichtet.371
Lübeck: Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH
Zahlreiche Gebäude des kommunalen Unternehmens Grundstücks-Gesellschaft „Trave“
mbH liegen in Quartieren mit zunehmenden sozialen Problemen. Vor diesem Hinter-
grund ist ein Sozialmanagement als integriertes Instrument der Unternehmenssteuerung
aufgebaut worden. Die Aufgabenfelder umfassen die Zusammenarbeit mit verschiedenen
Einrichtungen der Stadt, betreute Wohnangebote, Umzugsmanagement, quartiersbezogene
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 211
Unterstützung und Aktivierung sowie Wohn- und Sozialberatung (z. B. spezieller Service
durch einen „Wohn- und Sozialberater“).372
Lörrach: Wohnbau Lörrach
Die Wohnbau Lörrach verfolgt die Strategie, durch geeignete Wohnprodukte und Soziales
Management (z. B. präventives Quartiersmanagement) die Entstehung von intakten Quar-
tieren zu unterstützen. Als kommunikative Treffpunkte werden in den Quartieren
Gemeinschaftsräume, Spielplätze, Mietergärten etc. geschaffen und die Nachbarschafts-
entwicklung gefördert. Ein Schwerpunkt liegt auf der Kooperation und Vernetzung der
verschiedenen Akteure in den Quartieren sowie auf der Beteiligung der Bewohner.373
Themenbezogene Literatur
Besecke, Anja / Enbergs, Claus: Professionelle Wohnungsunternehmen und soziales Engagement. Duett oder Dissonanz – Das Beispiel Berlin. Graue Reihe des Instituts für Stadt- und Regionalplanung. Hg.: Technische Universität Berlin. Forum Stadt- und Regionalplanung e. V., Heft 11, Berlin 2008.
Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. (Hg.): Sozialmanagement in Wohnungsunternehmen. Förderung guter Nachbarschaft. Hamburg 2002.
6.1.2.4 Belegungsmanagement
Viele Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre sind im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus
entstanden. Die damit verbundenen Belegungsbindungen haben lange Zeit vorgegeben,
welche Einkommensgruppen dort einziehen können. Jahr für Jahr laufen nun die Bindun-
gen aus und ermöglichen den Eigentümern, die Wohnungen frei an Interessenten zu ver-
geben. Im Laufe der Jahre haben sich in vielen Nachkriegsquartieren ungünstige Bele-
gungsstrukturen entwickelt. Die Konzentration von sozialen Konflikten und „schwierigen“
Mietern kann für die Wohnungsunternehmen einen erheblichen finanziellen und organi-
satorischen Mehraufwand verursachen und die Entwicklungschancen von Quartieren
beeinträchtigen. Die Probleme vieler Quartiere liegen nicht allein in der städtebaulichen
Struktur, sondern „die eigentlichen Problemursachen liegen […] in aller Regel in der Zu-
sammensetzung der Bewohnerschaft bzw. der Hausgemeinschaften.“ 374
Die Wohnungsunternehmen können mit ihrer Belegungsstrategie erheblichen Einfluss
auf die Zusammensetzung der Bewohner und somit auf die sozial stabile Entwicklung von
Quartieren ausüben. Eine gut überlegte und gezielte Belegung von Gebäuden und Woh-
nungen kann funktionierende Nachbarschaften fördern, die Fluktuation verringern und
die Wohnzufriedenheit erhöhen. Gerade in den dichten Strukturen, in denen Menschen
unterschiedlicher Herkunft und Orientierung auf engem Raum nebeneinander leben, soll-
ten durch eine geeignete Auswahl von Mietern konfliktträchtige Belegungssituationen
vermieden bzw. entschärft werden. Es ist daher Wohnungsunternehmen zu empfehlen, in
der Wohnungsverwaltung ein Belegungsmanagement mit qualifiziertem Personal aufzu-
bauen, das sich intensiv darum kümmert, dass funktionierende Nachbarschaften entste-
hen. Im Idealfall sollte das Belegungsmanagement in Abstimmung mit anderen Woh-
nungsunternehmen und der Kommune auf Grundlage übergeordneter Konzepte und Ziel-
setzungen erfolgen (siehe auch Handlungsoption Sozialstruktur, S. 230 –232).
6.1.2.5 Mietpreise
Die Gestaltung der Mietpreise ist durch zahlreiche ordnungspolitische Maßnahmen des
Staates geregelt. Die Mietwohnungsbestände der 1950er bis 1970er Jahre leisten wegen
ihres günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumver-
sorgung einer breiten Schicht der Bevölkerung und üben in vielen Kommunen eine stabi-
lisierende Wirkung auf dem Wohnungsmarkt aus.375 In zahlreichen Interviews wurde
berichtet, dass die Vermietbarkeit der weniger attraktiven Wohnungen der 1950er bis
1970er Jahre bis zu einem gewissen „Tiefpunkt“ über die Reduzierung der Miete gesichert
werden kann. Dem komplexen Thema des Mietpreises kommt eine große Bedeutung für
Belegungsmanagement
366 Vgl. Website: http://www.gbh-hannover.de/pdf/Wohnenplus.pdf (Zugriff am 10. 9. 2012)
367 Vgl. Website: http://www.nibelungen24.de/suchen-und-mieten/tarife.html (Zugriff am 29. 11. 2012)
368 Vgl. Allbau AG, 2009/2010, S. 23
369 Vgl. ebenda
370 Vgl. ebenda
371 Vgl. Website: http://www.jenawohnen.de/mieterservice.html (Zugriff am 29. 11. 2012)
372 Vgl. Verband norddeutscher Wohnungsunterneh-men e. V., 2002, S. 15–16
373 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)
374 Kirchhoff / Jacobs, 1990, S. 9
375 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2010 a, S. 75, 95
212 6 Handlungsoptionen
die Weiterentwicklung der betrachteten Quartiere zu. Zentrale Herausforderungen beste-
hen in den möglichen Modernisierungsumlagen, auslaufenden Mietpreisbindungen, der
Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Transfermittelempfänger und
der Notwendigkeit, dass Eigentümer aus den Mieteinnahmen Rücklagen für Investitionen
generieren können. Zudem sind die Bewohner in diesen Beständen sehr preissensibel.376
Mieterhöhungen nach Modernisierungen
Wertverbessernde Maßnahmen an den Wohnungen können laut § 559 Bürgerliches
Gesetzbuch mit elf Prozent der Modernisierungskosten auf die jährliche Miete umgelegt
werden. Trotz dieser gesetzlichen Möglichkeit der Kostenumlegung können allerdings die
Mieterhöhungspotenziale oft nicht ausgeschöpft werden – dies wurde auch in vielen Inter-
views bestätigt. Gerade in entspannten Wohnungsmärkten ist der Mieterhöhungsspiel-
raum sehr gering und die „Schmerzgrenze“ der in diesen Beständen wohnenden Haus-
halte sehr niedrig. Bei einer Mieterhöhung steigt die Gefahr eines Auszugs der Mieter. Da
das Segment des kostengünstigen Wohnraums vor allem unter der Annahme, dass die
Zahl einkommensschwacher Haushalte ansteigen wird, erhalten werden sollte, ist Woh-
nungsunternehmen geraten, bei Modernisierungen einen Mittelweg zwischen Aufwertung
und Mietpreiserhöhung zu suchen und im Idealfall die Mieten warmmietenneutral anzu-
heben. Allerdings belegen verschiedene Studien, dass bei einer umfassenden Modernisie-
rung eine Warmmietenneutralität in der Regel nicht erreicht werden kann. „Je nach
Gebäudetyp liegt die zu erwartende Mieterhöhung je qm um das Anderthalbfache bis das
Vierfache höher als die Heizkostenersparnis. Besonders günstig stellt sich das Verhältnis
bei Mehrfamilienhäusern der Baujahre 1950 bis 1965 dar: Auf geschätzte 1,49 €/qm Miet-
erhöhung kommen 0,96 €/qm Heizkostenersparnis, das heißt, die reelle Mehrbelastung
liegt bei 0,53 €/qm.“ 377 In diesem Zusammenhang muss auch bedacht werden, dass erheb-
liche Mietsteigerungen zu einem Mieterwechsel führen können, was wiederum Mietaus-
fälle und einen erhöhten Aufwand für die Wiedervermietung nach sich zieht. Als zentrale
Frage gilt es zu klären, wie hochwertig modernisiert werden soll, in welcher Höhe die Kosten
für Modernisierungen auf die Mieter umgelegt werden können und wie sich dies auf die
Bewohnerstruktur auswirkt (Gefahr der Verdrängung). Es kann aber auch eine bewusste
Strategie sein, die Mieten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu erhöhen, um eine
„gezielte Verdrängung“ zu befördern. Eine problematische Bewohnerstruktur kann aufge-
brochen und Nachbarschaften stabilisiert werden (siehe auch Handlungsoption Sozial-
struktur, S. 230 – 232).
Mietpreisbindungen / Belegungsbindungen
In den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte gibt es einen hohen an Anteil an gebundenen
Wohnungen, bei denen die Mietpreise seit der Entstehung vergleichsweise gering geblieben
sind. Derzeit laufen die Bindungen zunehmend aus, was dazu führen kann, dass die
Mieten an das ortsübliche Niveau angepasst werden. Zum Teil haben in den letzten Jahren
Unternehmen auch Darlehen vorzeitig zurückgezahlt, um frei über die Wohnungen verfü-
gen zu können. Der Umgang mit Belegungsbindungen kann nur individuell – je nach
Standort und Unternehmensstrategie – entschieden werden.
Wohnungsleerstand und Mieten
Ein zunehmender Wohnungsleerstand lässt die Mietpreise sinken, weil die Eigentümer die
Mieten reduzieren, um die Vermietung zu sichern. Bei niedrigen oder sinkenden Mieten
unterbleiben Instandsetzungen und die Gefahr der Entstehung von „Schrottimmobilien“,
die städtebaulich und sozialräumlich problematisch sind, steigt. Wenn die Mieten unter
eine gewisse Grenze fallen, dann sind mittelfristig die Wirtschaftlichkeit und die Mög-
lichkeiten der Instandhaltung nicht mehr gesichert, da es den Eigentümern an Rücklagen
fehlt. Quadratmeter-Mieten von unter fünf Euro sind wirtschaftlich nicht darstellbar, da
sie es nicht ermöglichen, Rücklagen für notwendige Instandhaltungen zu bilden.
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 213
Angemessene Kosten der Unterkunft (KdU)
Seit der gesetzlichen Neuregelung der sozialen Sicherungssysteme 2005 (Zusammenle-
gung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II) übernehmen die Kom-
munen, unter finanzieller Beteiligung des Bundes, die Kosten der Unterkunft und Hei-
zung (KdU) für Bedarfsgemeinschaften in „angemessener“ Höhe. Dabei ist es Aufgabe der
Kommune, die Höhe der angemessenen Kosten festzulegen. Wohnungsunternehmen soll-
ten berücksichtigen, inwieweit ihre Mietpreise in den Quartieren der 1950er bis 1970er
Jahre für Transfermittelempfänger in Frage kommen und je nach Rahmenbedingungen
die Mietpreise an den angemessenen Kosten der Unterkunft orientieren (soweit das wirt-
schaftlich möglich ist). In einigen Interviews wurde darauf hingewiesen, dass es durchaus
große Schwierigkeiten gibt, wenn die Kosten zu gering angesetzt werden. In einer Studie
des BMVBS, die sich mit den Auswirkungen der Änderung der KdU-Thematik beschäf-Thematik beschäfThematik beschäf
tigt, wurde Folgendes hinsichtlich der Vorgehensweise der Kommunen festgestellt: „Insge-
samt haben aber in den Kommunen die wohnungspolitischen Zusammenhänge und Wir-
kungen der KdU-Praxis einen zu geringen Stellenwert, vielfach werden sie überhaupt nicht
berücksichtigt. So bleibt insbesondere die Konkurrenzsituation im Hinblick auf die Nach-
frager ohne Transferleistungsbezug meistens völlig außer Betracht.“ 378
Die Wohnungsunternehmen haben in der Regel sehr gute Kenntnisse über die Situation
auf dem Mietwohnungsmarkt. Daher würde es sich anbieten, dass sich die lokalen Unter-
nehmen im Idealfall zusammenschließen und Kontakt zur zuständigen Stelle bei der
Kommune aufnehmen. Sie könnten die Problematik erläutern, Verbesserungsvorschläge
vorbringen und so in den Quartieren stabile Sozialstrukturen begünstigen.
Senkung der Betriebskosten
Neben den Mieten haben Wohnungsunternehmen verschiedene Möglichkeiten, die
Betriebskosten-Belastung für die Mieter zu senken. Neben Verbesserungen der Energie-
standards können beispielsweise durch die Anlage von Mietergärten die Kosten für die
Pflege der Freiflächen reduziert werden. Ebenso können sich, wie z. B. beim Arbeitskreis
StadtSpuren in Potsdam (siehe Fallstudie Potsdam, S. 94 –101), mehrere Wohnungsunter-
nehmen zusammenschließen, um gemeinsam bei Ver- und Entsorgungsunternehmen
Sonderkonditionen zu vereinbaren, die auf die Mieter umgelegt werden.
Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass das Segment des kostengünstigen
Wohnraums angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung langfristig nachfragt sein wird
bzw. die Nachfrage sogar steigen wird. Es ist daher sehr wichtig, dass der kostengünstige
Wohnraum in diesen Quartieren in angemessenem Maße erhalten bleibt und eine
Mischung verschiedener Wohnstandards bzw. Mietpreise realisiert wird. Dieses Ziel sollte
idealerweise in Kooperation von Wohnungswirtschaft und Kommune umgesetzt werden
und auf einem gemeinsamem Wohnraumversorgungskonzept beruhen, das sich auch
intensiv mit dem Thema des Mietpreises beschäftigt (siehe auch Handlungsoptionen
Sozialstruktur, S. 230 – 232, und Planungen und Konzepte, S. 194 –197). Ausstattung,
Wohnumfeld und somit das Preisniveau müssen in den Nachkriegsquartieren so gestaltet
werden, dass die Nachfrager erreicht werden, für die der Bestand am besten geeignet ist.
6.1.2.6 Kooperationen zwischen Wohnungsunternehmen
In vielen Kommunen gibt es keine geregelte Zusammenarbeit zwischen den lokalen Woh-
nungsunternehmen auf der Ebene der Gesamtstadt oder des Quartiers. Obwohl die Unter-
nehmen meist von den gleichen Problemen betroffen sind und dieselben Ziele verfolgen,
bestehen kein Zusammenschluss und keine Abstimmung untereinander. Durch eine
Zusammenarbeit eröffnet sich den Wohnungsunternehmen allerdings die Chance, eine
gemeinsame Stimme und eine stärkere Position gegenüber der öffentlichen Hand zu ent-
wickeln und ihren Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen. Kooperationen bringen
viele Vorteile mit sich: z. B. gemeinsames Durchsetzen von Forderungen, gemeinsames
Auftreten nach außen, Erfahrungsaustausch, bessere Konditionen bei Energieversorgern.
Mietpreis
376 Vgl. Kühne-Büning, Lidwina/Steveling, Lieselotte: Mietensysteme in ihrer ordnungspolitischen Funktion. In: Kühne-Büning / Nordalm / Steveling, 2005, S. 261 – 267
377 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 52 – 53; vgl. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) / Institut Wohnen und Umwelt GmbH (IWU), 2010
378 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c, S. 9
214 6 Handlungsoptionen
Eine Schwierigkeit bei der Zusammenarbeit von Wohnungsunternehmen liegt neben dem
Konkurrenzdenken darin, dass meist sehr verschieden große Unternehmen auf dem loka-
len Wohnungsmarkt tätig sind. Neben wenigen großen Unternehmen gibt es kleinere
Gesellschaften oder Genossenschaften, die wegen ihrer geringen Größe wesentlich weniger
Handlungsmöglichkeiten und finanzielle Mittel, aber auch andere Ziele haben. Zentral für
den Aufbau von Kooperationen ist dabei die Frage, welches Unternehmen die Initiative
ergreift und sich um die kontinuierliche Weiterführung des Austauschs und der Zusam-
menarbeit kümmert. Vorstellbar wäre, dass der Impuls von einem großen, z. B. kommu-
nalen Unternehmen, mit entsprechenden Personalressourcen ausgeht, aber auch die Kom-
mune könnte die Entstehung eines Zusammenschlusses anregen und begleiten.
Ein wichtiges Thema bei der Kooperation der Wohnungsmarktakteure kann die Ent-
wicklung von Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre sein, da in diesen Beständen
meist alle mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Gerade in Quartieren mit vielen
verschiedenen Eigentümern ist es von großer Bedeutung, dass sich die Unternehmen mit-
einander verständigen und gemeinsam und parzellenübergreifend Maßnahmen angehen.
Ziel sollte es ein, dass sich ein institutionalisierter Austausch zwischen den lokalen Woh-
nungsmarktakteuren entwickelt und entsprechende Strukturen aufgebaut werden. Trotz
der Konkurrenzsituation – v. a. auf entspannten Wohnungsmärkten – sollte versucht wer-
den, sich auf Kooperationen und gemeinsame Positionen zu einigen und auch auf der
Ebene des Quartiers abgestimmte Konzepte in Angriff zu nehmen. Solche Kooperationen
funktionieren aber nur, wenn sie auf einer win-win-Situation für alle Teilnehmer beruhen.
Für die Organisation könnte es sinnvoll sein, eine Koordinations- oder Geschäftsstelle
einzurichten.
Referenzprojekte
Ruhrgebiet: WIR – Wohnen im Revier
WIR – Wohnen im Revier ist eine Kooperation kommunaler Wohnungsunternehmen im
Ruhrgebiet. Die neun Mitgliedsunternehmen mit mehr als 80.000 Wohnungen möchten
gemeinsam dazu beitragen, das Ruhrgebiet zu einer lebenswerten Metropolregion zu
entwickeln. Im Jahr 2008 gründeten die Wohnungsunternehmen den Verein. Die WIR-
Unternehmen arbeiten in festen Strukturen regelmäßig zusammen, intensivieren den
Informationsaustausch und bringen Erfahrungen sowie Wettbewerbsvorteile jedes einzel-
nen in die Kooperation ein. Neben dem Vorstand und der Mitgliederversammlung gibt es
fünf Arbeitskreise zu verschiedenen Themen mit Experten aus den Unternehmen. Der
Verein zielt darauf ab, die bürgerschaftliche Verantwortungsbereitschaft und unternehme-
risches Interesse in Handlungsstrategien zusammenzuführen und somit die immer gerin-
ger werdenden Handlungsspielräume bei Staat und Kommunen für das Ruhrgebiet zu
überbrücken. Der Schwerpunkt liegt auf einer nachhaltigen, quartiersorientierten Weiter-
entwicklung des Wohnungsbestandes mit einem hohen Maß an ökonomischer, städtebau-
licher, sozialer und ökologischer Verantwortung. Die Wohnungsunternehmen sind in viele
Prozesse der Stadtentwicklung eingebunden und können als starke Partner auch darauf
drängen, dass wichtige und städteübergreifende Projekte bzw. Maßnahmen angegangen
werden.379 Zusammenfassend ist WIR eine Plattform für Einkauf, Know-how-Transfer,
Marketing, Dienstleistungskonzentration, Personalmanagement, Aus- und Weiterbildung,
IT, Mess- und Abrechnungswesen, TV und Telefonie. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der
Kooperation liegt darin, dass die kommunalen und kommunal-nahen Unternehmen fast
ausschließlich in ihrer jeweiligen Stadt Wohnungen anbieten. Dadurch, dass sich die
Unternehmen auf ihren Heimatmarkt konzentrieren, kann Konkurrenz vermieden und
das Vertrauensverhältnis gesichert werden.380
Potsdam: Arbeitskreis StadtSpuren
Der Arbeitskreis StadtSpuren ist seit 1997 ein Kooperationsprojekt von mittlerweile acht
Potsdamer Wohnungsunternehmen (rund 40 Prozent aller Potsdamer Mietwohnungen
Vernetzung Wohnungsunternehmen
6.1.2 Software Wohnungswirtschaftliches Handeln 215
sind im Eigentum der Mitglieder). Ziel des Zusammenschlusses ist es, durch eine gemein-
same und abgestimmte Vorgehensweise die Wohnqualität der Mieter zu verbessern.
Besondere Schwerpunkte und Zielsetzungen sind eine soziale Wohnungswirtschaft, Sanie-
rungen und Neubau von Wohnungen, Interesse für die Entwicklung der Stadt, soziales
Management sowie funktionierende Nachbarschaften. Dabei denken die Unternehmen
über die eigenen Grenzen hinaus und überwinden die Konkurrenz durch die Kooperation
zur Erreichung gemeinsamer Ziele (siehe auch Fallstudie Potsdam, S. 94 –101).381
Chemnitz: Chemnitzer Wohnungsunternehmen
Die Chemnitzer Wohnungsunternehmen haben sich organisiert und einen regelmäßigen
Austausch untereinander aufgebaut. Zum Neujahrsempfang 2012 haben die Wohnungsun-
ternehmen beispielsweise ein gemeinsames Positionspapier verfasst. Darin sind konkrete
Forderungen und Vorschläge enthalten, wie die Situation auf dem Chemnitzer Wohnungs-
markt verbessert und wie auf übergeordneter Ebene die Rahmenbedingungen für die
Wohnungswirtschaft optimiert werden könnten (z. B. Anpassungen der EnEV).382
Duisburg: Woledu
Im Jahr 2002 wurde die Kooperationsgemeinschaft Wohnen und Leben in Duisburg
(Woledu) bei einem Treffen von damals vier Wohnungsunternehmen und der Stadtverwal-
tung gegründet. Die Teilnehmer verfolgen das Ziel, Duisburg als attraktiven Wohn- und
Lebensraum zu etablieren. Beispielsweise werden Wohnungsbörsen veranstaltet, ein Inter-
netauftritt mit Online-Wohnungssuche angeboten oder eine Broschüre zum Thema „Woh-
nen in Duisburg“ herausgegeben. So entwickelte sich ein Netzwerk von Wohnungsmarkt-
experten. Mittlerweile zählen insgesamt 38 Unternehmen zu den Kooperationspartnern
(26 Wohnungsunternehmen, vier Haus und Grundeigentümervereine, zwei Mietervereine
sowie sechs wohnungsnahe Dienstleistungsunternehmen). Die zwei wesentlichen Elemente
der Kooperation bestehen in der Innenmoderation und der Außendarstellung.383
6.1.2.7 Weitere Strategien und Handlungsoptionen der Wohnungswirtschaft
Mitwirkung bei der Erstellung verschiedener kommunaler Konzepte und Planungen–
eigene Erstellung bzw. Beauftragung von Analysen und Konzepten (z. B. einzelnes –
Unternehmen oder Zusammenschluss von verschiedenen Wohnungsunternehmen
am Ort)
Schaffung von Zweigstellen oder Servicebüros in den Quartieren (direkte Ansprech-–
partner bzw. Präsenz vor Ort, feste Öffnungszeiten)
Bereitstellung von Räumlichkeiten für soziale Zwecke oder für Bewohnerinitiativen–
Unterstützung von bewohnergetragenen Initiativen (z. B. Wohngruppenprojekte)–
Einrichtung von Hausmeister- oder Sicherheitsdiensten bei Problemen in den –
Quartieren
Förderung der Entstehung oder Unterstützung eines Mieterbeirats (Interessens-–
vertretung / Sprachrohr für die Mieter)
Umzugsmanagement (z. B. bei Sanierungen, in altengerechte Wohnungen)–
Einrichtung von Concierge-Services (bei unterschiedlichen Eigentümern: Zusammen-–
schluss der Wohnungseigentümer und gemeinsame Organisation und Finanzierung
des Services)
Veranstaltungen für die Mieter zur Verbesserung der Nachbarschaft, Kundenbindung –
(z. B. Mieterfeste)
Entwicklung von Informationsmedien: Mieterzeitung mit aktuellen Themen –
(z. B. auch zum Quartier), Erarbeitung evtl. in Zusammenarbeit mit der Stadt
Durchführung von Befragungen hinsichtlich Wohnzufriedenheit und Wünschen; –
Ergebnisse als Grundlage für weitere Investitionen (In den Interviews haben erstaunlich
viele Unternehmen bereits umfangreiche Befragungen durchgeführt.)
Aufbau von Beteiligungsmodellen der Mieter bei baulichen Veränderungen–
379 Vgl. Website: http://www.wir-wohnen-im-revier.de/ (Zugriff am 30. 11. 2012)
380 Vgl. WIR – Wohnen im Revier: Tätigkeitsbericht 2010. 2011
381 Vgl. Website: http://www.stadtspuren.com/index.html (Zugriff am 30. 11. 2012)
382 Website: http://www.ggg.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Positionspapier_Neujahrsempfang_2012.pdf (Zugriff am 30. 11. 2012); vgl. Website: http://www.ggg.de/pressemitteilung.html?&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=222&cHash=4e901ec2a795ca76e4289a4c1e5af530 (Zugriff am 30. 11. 2012)
383 Vgl. Website: http://www.woledu.de/info.html (Zugriff am 27. 11. 2012)
216 6 Handlungsoptionen
Maßnahmen der Qualitätssicherung bei baulichen Maßnahmen (z. B. Wettbewerbe; –
Realisierung einer hohen Architekturqualität bisher nur selten)
Erschließung neuer Zielgruppen zur Vermeidung von Leerstand: z. B. Studenten –
(z. B. Studenten-Flatrate, keine Kündigungsfrist, günstige Mietpreise, etc.)
Betreiben einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit („Positive Presse“)–
Aufbau von Kooperationen mit Wohlfahrtsverbänden und verschiedenen lokalen –
Akteuren (Vernetzung als zentrale Aufgabe des Wohnungsunternehmens)
Initiierung von besonderen Projekten für die Bewohner (z. B. Taschengeldprojekte)–
Einstellung von qualifiziertem Personal für die verschiedenen Aufgaben in der –
Verwaltung (z. B. Sozialarbeiter, etc.)
Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter–
Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen–
Einrichtung von Treffpunkten und Kommunikationsräumen für die älteren Bewohner–
Immobilientausch: Wohnungsunternehmen tauschen Wohnungen untereinander, um –
in einem Quartier größere Bestände zu bündeln und Streubesitz zu reduzieren
(Vereinfachung der Eigentümerverhältnisse, Reduzierung der Anzahl verschiedener
Eigentümer in den Quartieren)
stärkere Verbandsarbeit der Unternehmen (Erfahrungsaustausch)–
6.1.3 Bewohner / bewohnergetragene Initiativen
Neben der Kommune und der Wohnungswirtschaft liegt ein großes Potenzial für die Wei-
terentwicklung der Nachkriegsquartiere bei den Bewohnern vor Ort. Viele Projekte der
geförderten Stadterneuerung zeigen, dass nur durch die Einbeziehung der Bewohner
Quartiere langfristig aufgewertet werden können. Gerade vor dem Hintergrund des immer
stärkeren Rückzugs der öffentlichen Hand aus den Versorgungsaufgaben und der Redu-
zierung der Fördermittel ist es wichtig, im privaten Bereich neben der Wohnungswirt-
schaft auch die Bewohner verstärkt einzubeziehen. Obwohl die Bewohner in den Nach-
kriegsquartieren oft ähnliche Probleme und Wünsche haben (z. B. Schwierigkeiten beim
Wohnen im Alter, Unzufriedenheit mit dem Wohnumfeld), gibt es nur selten ein gemein-
sames Vorgehen oder Zusammenschlüsse. In den Interviews berichteten die Experten,
dass die Bewohner in diesen Beständen weitgehend „ruhig“ sind und sich eher selten aktiv
für Verbesserungen engagieren.
Bei der Aktivierung der Bewohner sind die jeweiligen Besonderheiten der Sozialstruk-
tur zu berücksichtigen. Eine Herausforderung besteht darin, dass bei Mietern von einem
geringeren Engagement ausgegangen werden muss als bei selbstnutzenden Eigentümern,
die ein großes Interesse am Werterhalt ihrer Immobilie haben. In den Quartieren der
Nachkriegsjahrzehnte besteht somit ein sinnvoller Ansatz darin, auf Dauer angelegte
Strukturen bzw. Bewohnerorganisationen aufzubauen, die das gemeinsame Ziel verfolgen,
die Lebens- und Wohnqualität durch eigenes Engagement zu verbessern. Eine Idealvor-
stellung wäre, dass die Bewohner als eigenständige Akteure am Quartiers- bzw. Stadtent-
wicklungsprozess teilnehmen. Solche Aktivitäten entstehen aber in der Regel nicht von
allein, sondern es sind Anstöße von außen und insbesondere in der Anfangsphase ist eine
externe, professionelle Unterstützung notwendig. Ein erster wichtiger Schritt besteht
darin, den Bewohnern die Verantwortung und ihre Einflussmöglichkeiten bewusstzu-
machen. Meist brauchen die Bewohner Beratung hinsichtlich der Organisation – dies
kann je nach Quartier und Rahmenbedingungen unterschiedliche Formen und Ausmaße
annehmen. Dass Bewohnerorganisationen langfristig selbsttragend funktionieren, gelingt
nur in seltenen Fällen und sollte daher nicht das oberste Ziel sein. „Freiwilliges Engage-
ment in benachteiligten Stadtteilen braucht kontinuierliche professionelle Unterstüt-
zung.“ 384 Da die Kommune und die Wohnungswirtschaft von Verbesserungen durch
Bewohnerorganisationen profitieren (z. B. höhere Wohnzufriedenheit, Aufwertungen im
Quartier), könnten sie die Entstehung solcher Initiativen anstoßen bzw. unterstützen (z. B.
Überlassen von Räumlichkeiten, Zurverfügungstellung von Infrastruktur wie Telefon,
6.1.3 Software Bewohner 217
Computer). Instrumente der Bewohneraktivierung sind z. B. gemeinsame Ortsbegehun-
gen, Gespräche oder eine aktivierende Befragung. Ein Anreiz wäre beispielsweise, wenn
die Stadt und / oder die Wohnungswirtschaft dem Quartier ein überschaubares Budget
(Verfügungs- oder Quartiersfonds) zur Verfügung stellt, das die Bewohner selber verwal-
ten und für Verbesserungen gemäß spezieller Vergaberichtlinien im Quartier einsetzen
dürfen. Den Freiwilligen könnten u. a. Schulungsangebote für ihre Aufgaben angeboten
werden. Ein wichtiger Schritt liegt darin, eine Interessensvertretung bzw. demokratische
Strukturen in den Quartieren aufzubauen, die eigenständig ihre Interessen gegenüber der
Stadt oder dem Vermieter vertreten (z. B. Quartiersräte, siehe auch Handlungsoption Ver-
waltungsstrukturen und -organisation, S. 197 –199). Auch die Gründung von Vereinen oder
Gremien bietet sich an, in denen sich interessierte Bewohner eines Quartiers vernetzen
und nach außen artikulieren. Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau von Bewohner-
organisationen sind ein vorhandener Veränderungsbedarf bzw. -druck sowie Ressourcen,
Interesse und Eigenkräfte innerhalb der Bewohnerschaft. Daher kommen sicherlich nicht
für alle Quartiere solche Modelle in Frage.
Bewohnergetragene Organisationen könnten idealtypisch folgendermaßen aufgebaut
werden (angelehnt an den Vorschlag des Büros für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen
Gemeinde zu Düren): 385
Voruntersuchung und Auswahl der Quartiere: Welche Quartiere haben besonderen –
Bedarf und eignen sich zum Organisationsaufbau? Im Idealfall erfolgt dies unter
gesamtstädtischer Betrachtung aller Nachkriegsquartiere (siehe Handlungsoption
Planungen und Konzepte, S. 194 –197)
Start der Aktivierung: Entwicklung einer Vorgehensweise in den Quartieren –
(z. B. Gespräche), Ermittlung des Handlungsbedarfs und der Aktivierungspotenziale
Entwicklung von Strukturen bzw. angemessenen Organisationsformen: z. B. Bildung –
von Vorbereitungsgruppen, Bewohnerversammlungen, Verständigung über gemein-
same Ziele und Planung weiterer Schritte, Entwicklung von Bürgerprogrammen,
Absprachen über die Zusammenarbeit / Verteilung von Aufgaben und Verantwortlich-
keiten, Entwicklung von Kooperationsstrukturen und Organisationsformen
Start der Strategie- und Organisationsbetreuung mit den Gruppen / Organisationen: –
Begleitung und Beratung der Aktionskerne / Organisationen, Durchführung von
Projekten aus den Bewohnerprogrammen (gemeinschaftliches Handeln), etc.
Dies kann entweder unter der Federführung der Kommune oder eines Wohnungsunter-
nehmens, das im jeweiligen Quartier große Bestände besitzt, oder durch ein externes Büro
erfolgen, das von der Kommune und / oder der Wohnungswirtschaft beauftragt wird.
Bewohnerinitiativen können vielfältige Ausprägungen und Zielsetzungen haben. Eine
interessante und wichtige Aufgabe liegt z. B. in der gegenseitigen Unterstützung im Alltag.
Beispielsweise könnten in den Nachkriegsquartieren nach dem Modell der Seniorengenos-
senschaften Hilfestellungen mit Gegenleistungen bzw. einem Zeitkonto aufgebaut wer-
den.386 Gerade bei den einkommensschwächeren Haushalten könnten derartige Hilfsan-
gebote zur Verbesserung ihrer Situation beitragen und der Austausch zwischen den Gene-
rationen könnte gefördert werden.
Die in verschiedenen Formen organisierten Bewohner können auch karikative bzw.
soziale Einrichtungen ansprechen, um Träger für verschiedene Dienstleistungen zu gewin-
nen oder Projekte umzusetzen (bis hin zu Wohnprojekten). Eine weitere Möglichkeit des
Engagements besteht z. B. darin, dass die Bewohner in den Quartieren bestimmte Aufgaben
ehrenamtlich übernehmen (z. B. Bepflanzung oder Unterhaltung von Freiflächen, Pflege-
patenschaften). Dadurch können Betriebskosten reduziert, die Nachbarschaft verbessert
und die Identifikation mit dem Quartier erhöht werden. Erschwerend ist jedoch der
Umstand, dass die Bewohner nur in ihrer Freizeit aktiv werden können – es besteht die
Gefahr einer Überforderung der Ehrenamtlichen. Indem die Bewohner selber aktiv wer-
den, kann eine an den Bedürfnissen der Bürger ausgerichtete Entwicklung der Quartiere
384 Kotlenga, 2011, S. 3
385 Vgl. Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)
386 Vgl. Website: http://www.martin-riedlingen.de/senioren/seniorenhomepage.htm (Zugriff am 28. 12. 2012)
218 6 Handlungsoptionen
und somit eine ganz andere Qualität der Qualifizierung erreicht werden. Durch ein
gemeinsames Engagement werden Nachbarschaften und das Zusammenleben gefördert
und die Bewohner gewinnen Einfluss auf ihre Lebensverhältnisse. Ganz ohne professio-
nelle Hilfe von außen werden bewohnergetragene Initiativen wahrscheinlich langfristig
nicht möglich sein – die Hauptaufgabe externer Betreuer sollte in der Unterstützung und
im Aufzeigen von Mitwirkungsmöglichkeiten liegen. Ziel sollte es sein, dass auch die
Bewohner ihren Teil zur Quartiersentwicklung beitragen, sich selber mit (minimaler) Hilfe
von außen organisieren und Verantwortung übernehmen. Dabei sollten Kommunen und
Wohnungsunternehmen den Bewohnern Rechte und Befugnisse einräumen und dafür
auch Gegenleistungen und Pflichten einfordern. In den bürgerschaftlichen Trägerformen
liegt ein sehr großes Potenzial für die Weiterentwicklung von Wohnquartieren außerhalb
der Förderung.
Angebote, die durch Bewohner initiiert werden könnten:
Nachbarschaftshilfe, Hilfe im Alltag–
Hausaufgabenhilfe–
Einkaufshilfe–
Kinderbetreuung–
Mieterbeirat–
Einrichtung eines Quartiersrats, Quartierforum–
Dienstleistungsagentur (Tausch von verschiedenen Leistungen der Bewohner)–
Bürgergruppen / -initiativen, Bürgervereine–
Pflege der Freiräume (z. B. Pflegepatenschaften)–
Referenzprojekte
Arnstadt: Gemeinsam statt einsam e. V.
Eine kleine Gruppe von älteren Menschen in Arnstadt ist aktiv geworden und hat gemein-
sam mit dem städtischen Wohnungsunternehmen das Wohnprojekt „Gemeinsam statt
einsam“ in zwei Zeilenbauten der 1960er Jahre entwickelt und realisiert. Die Bewohner
haben sich in einem Verein organisiert und übernehmen zahlreiche Aufgaben im Quartier.
Die Realisierung des Projektes wäre allerdings nicht ohne den Einsatz von verschiedenen
Fördermitteln und von professioneller Betreuung möglich gewesen. Es handelt sich aber
dennoch um ein hervorragendes und seltenes Beispiel dafür, wie durch das Engagement
von Bewohnern (bottom-up) erfolgreiche Projekte im Nachkriegsbestand entstehen kön-
nen (siehe auch Fallstudie Arnstadt, S. 172 –181).387
Düren: Büro für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen Gemeinde zu Düren
In Düren werden seit 1980 vom Büro für Gemeinwesenarbeit der Evangelischen Gemeinde
die Bewohner von Quartieren beim Aufbau eigenständiger Interessenvertretungen bera-
ten. Auf diese Weise sollen Bewohner zur aktiven Gestaltung und Veränderung ihrer
Wohn- und Lebensverhältnissen angeregt werden. Denn besonders Bevölkerungsgruppen
in benachteiligten Gebieten brauchen eigene Formen für Zusammenkünfte, Interessens-
austausch und gemeinsames Handeln. Durch konsequente Aufbauarbeit, Aktivierung,
Strategie- und Taktikberatung von Bewohnern sind in den letzten Jahren in Düren zahl-
reiche Organisationen entstanden (z. B. der Bürgerverein Satellitenviertel als eine der bun-
desweit größten Bürgerselbstorganisationen). Das Büro für Gemeinwesenarbeit ist nur
beratend tätig und handelt nach folgendem Leitgedanken: „Tue nie, was die Leute selbst
tun können, aber tue alles, damit sie es können.“ 388
Selbsttragend wird in der Arbeit des Büros folgendermaßen definiert: „Selbsttragende
Bewohnerorganisationen vertreten ihre Interessen eigenständig nach außen (gegenüber
Verwaltung, Politik, Wirtschaft und den übrigen BewohnerInnen im Stadtteil). Das bedeu-
tet nicht, dass sie völlig ohne professionelle Beratung durch GemeinwesenarbeiterInnen
auskommen müssen.“ 389
Bewohner als wichtige Akteure
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 219
Worms: Bewohner-Initiative im Wormser Süden
Im Jahr 2008 gründete sich die Bewohner-Initiative im Wormser Süden (Soziale Stadt-
Gebiet), die mit zahlreichen Helfern versucht, die Nachbarschaftsbeziehungen zu fördern.
Nach dem Konzept des Community Organizing nach Paul Cromwell zielt die Bewohner-
Initiative darauf ab, möglichst viele Menschen zusammenzubringen, damit sie stark wer-
den und Probleme in der Nachbarschaft selbst lösen können. Beispielsweise werden
gemeinsame Pflanzaktionen, Kinderfeste, Straßenfeste oder kulturelle Feste und Aktivitä-
ten, Stadtteilbegehungen sowie der Besuch von kranken Nachbarn oder von hohen Jubila-
ren organisiert. Neue Bewohner erhalten einen persönlichen Willkommensgruß. Ein Vor-
stand, der sich aus Vertretern aller Wohngebiete und aus unterschiedlichen Altersgruppen,
Kulturen und Geschlechtern zusammensetzen soll, wird jährlich von den Bewohnern
gewählt.390
Mannheim: GBG: Initiativgruppenarbeit
Das Soziale Management der GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft unterstützt
Mieterinitiativen, Selbsthilfegruppen und ehrenamtliches Engagement (siehe auch Fallstudie
Mannheim, S. 114 –127).391
6.1.4 Kooperative Strategien der Akteure
Lange galt die Stadt- bzw. Quartiersentwicklung als alleinige Aufgabe der öffentlichen
Hand – die tiefgreifenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Verände-
rungen lassen dieses Aufgabenverständnis mittlerweile überholt erscheinen. „Angesichts
der Komplexität der Aufgabe Stadtumbau und bei gleichzeitig vielerorts nachlassenden
Möglichkeiten, über die Verteilung von Geldern Entwicklungsdynamiken zu steuern, ist
eine veränderte Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit den privaten Akteuren erfor-
derlich.“ 392
Die drei Hauptakteure bei der Qualifizierung von Wohnquartieren der 1950er bis
1970er Jahre sind die öffentliche Hand, die Wohnungseigentümer und die Bewohner. Das
Kapitel „Kooperative Strategien der Akteure“ fasst die Möglichkeiten dieser Akteure bei
der Quartiersentwicklung zusammen und beruht auf der wesentlichen Erkenntnis des
Forschungsprojektes, dass es sehr viele Einrichtungen gibt, die in unterschiedlicher Weise
einen Beitrag zur Entwicklung von Quartieren leisten könnten – nur arbeiten diese in der
Regel nicht zusammen. Es werden Maßnahmen dargestellt, die vor allem Kommunen und
Wohnungsunternehmen gemeinsam in Angriff nehmen und umsetzen sollten. Darunter
befinden sich auch Vorschläge, die zwar vornehmlich im Aufgabenbereich der Kommune
liegen, aber im Idealfall in enger Zusammenarbeit von Wohnungswirtschaft und Bewoh-
nern entwickelt und realisiert werden. Bei vielen der folgenden Optionen wird die Kom-
mune die Aufgabe der Initiierung und Steuerung des Prozesses übernehmen müssen
(siehe Handlungsoption Rolle der Kommune, S. 190 f.190 ).
Die folgenden Handlungsempfehlungen konzentrieren sich auf die Frage, wie die ver-
schiedenen (Stadtumbau-)Akteure besser miteinander verknüpft werden und gemeinsam
vorgehen können. Die zentrale Herausforderung dabei ist, wie die kommunalen und pri-
vaten Interessen räumlich, zeitlich, „inhaltlich / strategisch“ und qualitativ in Einklang
gebracht werden können. Die Betrachtung des einzelnen Gebäudes und des einzelnen
Akteurs wird überwunden und die Quartiere in einer alle Aspekte integrierenden Sicht-
weise betrachtet. Die Entwicklung von Wohnquartieren ist eine Querschnittsaufgabe und
erfordert darauf abgestimmte Akteurskonstellationen und ein gemeinsames Handeln.
6.1.4.1 Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene
Die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt und in den Quartieren sind ohne
Kooperationen zwischen Wohnungseigentümern, Bewohnern, Kommune und sonstigen
Betroffenen und Interessensvertretern (z. B. Versorgungswirtschaft) kaum zu bewältigen.
Dennoch besteht in vielen Kommunen bisher keine geregelte bzw. kontinuierliche Zusam-
Kooperative Strategien
387 Vgl. Jurrack / Schauber, o. J.; vgl. Website: http://www.stadtstrategen.de/downloads/%5BStadtStrategen%5D%20100507_Referenz_GSE_website.pdf (Zugriff am 11. 1. 2013)
388 Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)
389 Website: http://www.stadtteilarbeit.de/handlungsfelder-gwa/aktivierung-empowerment/226-selbsttragende-bewohnerorganisationen.html (Zugriff am 3. 12. 2012)
390 Vgl. Website: http://aktionswoche-wohnen.rlp.de/fileadmin/aktionswoche-wohnen.rlp.de/Wettbewerb/Laudatio_Wormser_S%C3%BCden.pdf (Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Website: http://www.worms.de/deutsch/rathaus/stadtnachrichten/nachrichten/archiv_2009/4464_quartier-boosstrasse.php (Zugriff am 3. 12. 2012)
391 Vgl. GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesell-schaft mbH, 2012, S. 29
392 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 225
220 6 Handlungsoptionen
menarbeit zwischen den betroffenen Akteuren. Während in Studien und in der Literatur
immer wieder behauptet wird, dass es bereits vielerorts ein gemeinsames Wirken von
Wohnungswirtschaft und Kommunen gibt, hat sich im Rahmen des Forschungsprojektes
ein anderes Bild geboten.393 In den interviewten Kommunen gab es nur in Einzelfällen
eine institutionalisierte Kooperation mit der Wohnungswirtschaft und auch die Experten
beim Workshop berichteten von großen Defiziten in diesem Bereich. In kleineren Kom-
munen besteht zumindest ein informeller Austausch, da das Geschehen auf dem Woh-
nungsmarkt überschaubar ist und sich die Akteure kennen.
Die Vorbehalte und die unterschiedlichen Interessenslagen der Akteure erschweren eine
gemeinsame Vorgehensweise. Wohnungseigentümer interessieren sich meist nur am Rande
für die Ziele der Stadtentwicklung. Zudem steht der eher gesamtstädtischen und langfris-
tig orientierten Sichtweise der Kommune meist die kleinräumig ausgelegte Betrachtung
der Wohnungsunternehmen gegenüber. Da Kooperationen in der Regel mit einem Mehr-
aufwand und auch Zugeständnissen verbunden sind, müssen starke Anreize und Vorteile
für die jeweiligen Partner vorhanden sein.
Da Kommunen die Probleme in den Bestandsquartieren nicht allein lösen können und
ein Zusammenwirken der Akteure mit vielen Vorteilen verbunden ist, ist Kommunen zu
empfehlen, eine nach festen Regeln organisierte Kooperation mit den lokalen Wohnungs-
marktakteuren aufzubauen (Stichwort „Governance“). Eine mögliche Vorgehensweise
besteht darin, dass die Kommune in einem ersten Schritt alle wichtigen Akteure der
lokalen Wohnungswirtschaft kontaktiert und über die Zielsetzung, eine Zusammenarbeit
zwischen den Akteuren aufzubauen, informiert. Aufgrund der Vorbehalte und dem damit
verbundenen Mehraufwand sollten die Vorteile einer Kooperation ausführlich dargelegt
werden (z. B. Kostenersparnis, Wissens- und Erfahrungstransfer, Stärkung der eigenen
Interessen). Für die Implementierung wird der Kommune die Aufgabe zufallen, die Woh-
nungsunternehmen zu sensibilisieren, deren Interessen zu bündeln und dabei dennoch
übergeordnete Gemeinwohlinteressen zu wahren.394 Um langfristige Strukturen aufzu-
bauen, wird die Kommune nicht umhinkommen, Steuerungs- und Koordinationsaufga-
ben zu übernehmen. Ein besonderer Anreiz für Kooperationen kann beispielsweise die
gegenseitige Zurverfügungstellung von Analysen und Daten sein, da sowohl für Kommu-
nen als auch für Wohnungsunternehmen detaillierte, kleinräumige Informationen über
die Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt von großem Interesse sind (siehe Handlungs-
option Analyse und Monitoring, S. 191 –193). Eine Vertrauensbasis und Gesprächskultur
sowie ein institutionalisierter Austausch sollten geschaffen werden. Bei großen Konflikt-
potenzialen ist die Einschaltung einer externen, professionellen Moderation angeraten.
Eine möglichst bindende Zustimmung der Akteure für Kooperationen ist sinnvoll (z. B.
schriftliche Vereinbarungen). Ziel der Zusammenarbeit ist die Herstellung einer win-win-
Situation zwischen den Akteuren. Viele Kommunen haben im Rahmen von Projekten der
geförderten Stadterneuerung Kontakte mit Unternehmen geknüpft und Erfahrungen
gesammelt, auf die aufgebaut werden sollte.
Je nach lokalen Bedingungen sollte über die Form der Kommunikation entschieden
werden. Das Spektrum von Kooperationsformen reicht von informellen Instrumenten,
über vertraglich geregelte Ansätze bis hin zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Formelle
Organisation: Lenkungskreis, Forum, Werkstatt / Runder Tisch, Arbeitskreis, Moderati-
onsverfahren. Informelle Organisation: Gesprächsrunden, Verhandlungsgespräche, infor-
melle Treffen, Fachveranstaltungen, Workshops.395
Bei bestimmten Themenstellungen könnte es sinnvoll sein, neben den verschiedenen
Ämtern der Kommune und den Wohnungsunternehmen noch weitere betroffene Akteure
einzubeziehen, wie z. B. private Eigentümer, Bewohner, Politik, Interessensvertreter (z. B.
Seniorenbeirat), Immobilienmakler, Finanzinstitute, Verbände, soziale Träger, Träger
öffentlicher Belange, Ver- und Entsorgungsbetriebe, Verkehrsbetriebe, Investoren, lokale
Vereine, etc.
Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 221
Überblick über Kooperationspartner und KooperationsformenQuelle: Röber, Manfred / Sinning, Heidi (Hg.): Wohnen im Bestand. Nachfrageorientierung als Perspektive. Detmold 2010, S. 125
Kooperationspartner Kooperationsformen Bedeutung für die Wohnungswirtschaft und Anwendungsfelder
Verwaltung / Politik, Wirtschaft, Bürgerschaft
Runde Tische, Allianzen, Stadtteilforen, Stadtteilkonferenzen etc.
Zusammenarbeit in der Stadt- und Quartiersentwicklung (z. B. Stadtentwicklungs-konzepte, Leitbildprozesse), im Stadtumbau (z. B. Stadtumbau-, Wohnraumversorgungs-konzepte, zur Verbesserung des Quartiers-images)
Wirtschaft und Verwaltung / Politik Vereinbarungen und Verträge (PPP, BID, HID etc.), Projektgesellschaften, Runde Tische, Allianzen etc.
Wirtschaft und Bürgerschaft Corporate Citizenship, Corporate Social Responsibility, Kooperationsvereinbarungen, Sponsoring und Spenden etc.
gesellschaftliches Engagement und soziale Verantwortung der Wohnungswirtschaft
Verwaltung / Politik und Bürgerschaft Partizipation, Bürgerforen, Workshops, Bürgerhaushalt etc.
Information zu Planungen und Entwicklungen sowie Beteiligung der Bewohner an kommuna-len Entscheidungen
Bürgerschaft Bürgerschaftliches Engagement, Bürger-initiativen, Vereine, Selbsthilfegruppen, Nachbarschaften etc.
Stärkung der bürgerschaftlichen Akteure und ihres Eigenengagements
Referenzprojekt
Münster: Arbeitskreis „Wohnen in Münster“
Der Arbeitskreis „Wohnen in Münster“ wurde von der Stadt Münster im Jahr 2004 initi-
iert und tagt zwei Mal im Jahr. Er berät die Politik und hat das Ziel, Münster als Wohn-
standort zu stärken. Die Rahmenbedingungen des lokalen Wohnungsmarktes sollen kon-
tinuierlich beobachtet und die Stimme der Wohnungsmarktakteure gestärkt und gebün-
delt werden. Handlungsleitend ist das Ziel, nachteilige Entwicklungen in Wohnquartieren
zu vermeiden. Wohnquartiere mit besonderen demografischen Merkmalen (z. B. Abnah-
me der Bevölkerung, hoher Altersdurchschnitt) sollen im Rahmen der „strategischen
Wohnstandortentwicklung“ stabilisiert werden. „Die Komplexität der Aufgabenstellungen
der strategischen Wohnstandortentwicklung und die eingeschränkten Zuständigkeiten
und Handlungsmöglichkeiten der Stadt verlangen eine Kooperation der unterschiedlichen
Wohnungsmarktakteure und das Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen. Der
Arbeitskreis Wohnen in Münster bietet ein Forum zur Kooperation im Sinne der strategi-
schen Wohnstandortentwicklung. Im Arbeitskreis arbeiten folgende Akteursgruppen
zusammen: Wohnungswirtschaft, Immobilien- und Finanzwirtschaft, Interessenverbän-
de, Politik, Verwaltung. Auf der Quartiersebene können und sollen weitere Akteure einbe-
zogen werden.“ 396
6.1.4.2 Kooperationen auf der Quartiersebene
Wie auf gesamtstädtischer Ebene besteht in Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre –
außerhalb der geförderten Stadterneuerung – nur selten eine Zusammenarbeit zwischen
den Eigentümern untereinander und der Kommune. Eine besondere Schwierigkeit in den
Quartieren besteht in den häufig stark zersplitterten Eigentumsverhältnissen. Die einst als
eine Einheit entstandenen Quartiere werden heute wegen der Vielzahl an Eigentümern
mit unterschiedlichen Interessenslagen nicht als „Ganzes“ weiterentwickelt. Die kleinteilige
Mischung aus verschiedenen Eigentümern (kommunale Unternehmen, Genossenschaften,
freie Unternehmen, WEG) kann den Aufbau von Kooperationen und eine koordinierte
Vorgehensweise erheblich erschweren.
Viele Probleme in den Wohnquartieren würden sich durch „kleinere“ gemeinsame oder
zumindest aufeinander abgestimmte Maßnahmen wesentlich einfacher lösen lassen als
durch unabgestimmte Einzelinvestitionen. Da nicht nur das Einzelgebäude, sondern auch
393 Vgl. Sinning, Heidi / Ziervogel, Daniela: Gover-nanceansätze in der Wohnungsbestands- und Stadtteil-entwicklung. In: Röber / Sinning, 2010, S. 122
394 Vgl. Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 226
395 Vgl. Dransfeld / Pfeiffer / Forum Bauland-management, 2005, S. 36
396 Website: http://www.muenster.de/stadt/stadtplanung/raum-wohnen-ak.html (Zugriff am 27. 11. 2012)
222 6 Handlungsoptionen
das Wohnumfeld und das Quartiersimage eine entscheidende Rolle für die Attraktivität
von Wohnstandorten spielen und sich quartiersbezogene Probleme nur durch ein gemein-
sames Handeln der Eigentümer und der Kommune effizient lösen lassen, ist zu empfehlen,
frühzeitig Strukturen der Zusammenarbeit aller Beteiligten aufzubauen und zu erproben.
Die Kommunen, die Wohnungseigentümer und auch die Bewohner sollten stärker mit-
einander kooperieren, gemeinsame Konzepte und Projekte erarbeiten und koordiniert
umsetzen.
Trotz des Mehraufwandes gibt es gute Gründe für Kooperationen auf der Quartiers-
ebene: Wenn Eigentümer gemeinschaftlich handeln, können sie ihre Einflussmöglichkei-
ten auf das gesamte Wohnumfeld erweitern und die Quartiere als Ganzes aufwerten.
Dadurch verbessern sich die Chancen des Quartiers und die Sicherheit von Investitionen
erhöht sich. Durch eine gemeinsame Vorgehensweise bei Baumaßnahmen in den gleich-
artigen Gebäuden kann auch eine Kostensenkung bei den Baukosten erreicht werden
(„Mengenrabatt“). Gemeinsame Interessenslagen der Wohnungswirtschaft und der Kom-
munen liegen u. a. in der Anpassung der Wohnungsangebote an eine veränderte Nachfrage,
in der Vermeidung von sozialer Segregation und instabilen Nachbarschaften, in der Auf-
wertung des Wohnumfeldes und der Anpassung der technischen und sozialen Infrastruk-
tur. Ein interessanter Ansatz liegt zum Beispiel darin, dass Unternehmen in Quartieren
gemeinsam Projekte realisierten, wie z. B. die Einrichtung von Concierge-Diensten für
mehrere Gebäude, gemeinsame Pflege der Freiflächen etc.
Argumente für Kooperationen der Akteure auf Quartiersebene:
Förderung der Qualität der Planung, Entstehung besserer Lösungen durch Diskussion –
und Erfahrungsaustausch
abgestimmte Ziele und Lösungen durch koordiniertes Vorgehen–
gesteigerte Chancen für die Umsetzung –
Vermeidung von Konflikten und unnötiger Konkurrenz zwischen den Eigentümern–
zielführende Lösung der Probleme auf Quartiersebene–
Beschleunigung von Planungen–
Verbesserung der Vermarktungschancen–
Sicherung der Immobilienwerte–
ggf. positive Beeinflussung des Quartiersimages–
bei gemeinsamen Baumaßnahmen „Mengenrabatt“–
Aufbau von Kooperationen
Im Idealfall geht die Initiative für Kooperationen auf der Quartiersebene von den Eigen-
tümern aus. Da dies aber nicht immer eintreten wird, wird in vielen Fällen der Kommune
die Aufgabe zufallen, Eigentümer anzusprechen und zu einem gemeinsamen Vorgehen zu
animieren. Entscheidend bei Kooperationen und Maßnahmen in den kleinen Quartieren
ist somit die Frage, wer die Initiative ergreift und sich kontinuierlich darum kümmert. Ein
erster Schritt kann darin bestehen, dass Kommunalverwaltungen interessante Gesprächs-
plattformen und Angebote für Wohnungsunternehmen und Privateigentümer sowie für
Bewohner entwickeln, um so die Kommunikation zu fördern. Kooperative Prozesse müs-
sen eingeübt und sollten in ausgesuchten Quartieren erstmals erprobt werden, um sie
dann auf weitere Quartiere zu übertragen. Einige Ressourcen und Kompetenzen können
zentral für alle Quartiere in einer Kommune aufgebaut werden (z. B. Verwaltungsarbeiten,
Kompetenzen, Drittmittelakquise).
Beim Aufbau von Kooperationsstrukturen ist auch der hohe Anteil von privaten, nicht-
institutionellen Vermietern (60 Prozent der Mietwohnungen) sowie von selbstnutzenden
Eigentümern (WEG) zu berücksichtigen. Es liegen zwar keine genauen Zahlen vor, wie
viel Prozent dieser Wohnungen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre liegen,
aber dennoch kann davon ausgegangen werden, dass diese Eigentümergruppen in man-
chen Quartieren eine nicht zu vernachlässigende Größenordnung darstellen. Der Mangel
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 223
an Kapazitäten und Wissen dieser Eigentümer kann die Einbindung in Kooperationen
schwierig gestalten.
Organisation der Kooperationen
Die Struktur, Organisation und Steuerung der Kooperation müssen auf die jeweilige
Situation im Quartier reagieren. Beispielsweise werden Unternehmen mit nur wenigen
Wohnungen in einem Quartier kaum Anreize haben, sich an der Quartiersentwicklung zu
beteiligen oder eine aktive Rolle zu übernehmen. Leitfragen für den Aufbau der Koopera-
tion könnten sein: Welche Arten von Eigentümer bzw. welche Bewirtschaftungsziele
dominieren im Quartier? Wie viele Eigentümer gibt es im Gebiet bzw. wie kleinteilig ist
die Eigentümerstruktur? Handelt es sich um lokal ansässige Eigentümer? Sind die Eigen-
tümer über künftig zu erwartende Entwicklungen ausreichend informiert? Um die parzel-
lenübergreifende Vorgehensweise der Eigentümer zu koordinieren und zu organisieren,
gibt es verschiedene Möglichkeiten von freiwilligen, informellen Zusammenschlüssen bis
hin zu „erzwungenen Kooperationsformen“. Abgesehen von den Instrumenten im Rah-
men der geförderten Stadterneuerung sind in den letzten Jahren verschiedene neue For-
men eigentümerorientierter Standortkooperationen entstanden. Je nach Ausgangslage gilt
es, in den Quartieren funktionsfähige Strukturen aufzubauen und Handlungsfähigkeit
herzustellen. Bei freiwilligen Zusammenschlüssen gelingt es allerdings oft nicht, alle
Nutznießer von Maßnahmen angemessen zu beteiligen („Trittbrettfahrer-Problematik“).
Als Reaktion darauf eröffnet das Baugesetzbuch den Ländern die Möglichkeit, im Rahmen
von Landesgesetzen private Initiativen zur Stadtentwicklung auch auf eine öffentlich-
rechtliche Grundlage zu stellen (§ 171f BauGB). Seit einigen Jahren werden in diesem
Zusammenhang intensive Diskussionen über sogenanntes Urban Improvement Districts
(UID) geführt.
Bei UID handelt es sich um hoheitlich flankierte private Selbstorganisationen, bei denen
die Verwaltung die Rolle eines Mitinitiators zur Einrichtung einer Struktur übernimmt.
Ziel dieser Modelle ist die Aktivierung der Eigentümer durch Zwang. Bislang sind solche
Initiativen für Wohnquartiere (sogenannte HID Housing Improvement Districts oder
NID Neighbourhood Improvement Districts) aber – mit Ausnahme von Hamburg im Jahr
2007 – nicht in die Landesgesetzgebungen aufgenommen worden (vgl. Kap. 2.5.3).397 Die
Idee, alle Eigentümer zur Kooperation zu verpflichten und Trittbrettfahrer in den Quar-
tieren zu vermeiden, ist im Prinzip als sinnvoll zu bewerten. Jedoch kann bezweifelt wer-
den, ob der gesetzliche Zwang tatsächlich die Entstehung langfristiger Kooperationsstruk-
turen in den Quartieren fördert und nicht eher freiwillige Formen vorzuziehen sind.
Bei Eigentümerstandortgemeinschaften (ESG) handelt es sich um „einen freiwilligen
Zusammenschluss von Eigentümern benachbarter Immobilien mit dem Ziel, durch
gemeinsame Aktivitäten oder Maßnahmen die Verwertungschancen ihrer Objekte zu ver-
bessern.“ 398 ESG sind zuerst im Bereich Einzelhandel entstanden und beruhen auf der
Idee, dass Immobilieneigentümer mit kooperativen Lösungsansätzen die Probleme im
Quartier gemeinsam angehen. Solche Zusammenschlüsse stellen ein Instrument der Stadt-
entwicklung dar, das auch für die Entwicklung der kleinen Quartiere der 1950er bis 1970er
Jahre zielführende Lösungsansätze bietet. Für den Aufbau von Kooperationen wird auf
den „Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften“ (Herausgeber: Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2011) verwiesen, der praxisnah und ausführlich
beschreibt, wie Eigentümerkooperationen auf Quartiersebene aufgebaut werden kön-
nen.399
Ein freiwilliger Zusammenschluss von allen Eigentümern in einem Quartier und auch
der Kommune sollte auf der Grundlage gegenseitiger Vorteile und gemeinsamer Ideen für
das Quartier angestrebt werden. Im Idealfall führt eine Kooperation dazu, dass die Akteure
gemeinsam – unter Federführung der Stadt oder eines sonstigen Trägers – ein verbind-
liches Konzept für die weitere Quartiersentwicklung erarbeiten (siehe Handlungsoption
Quartiersentwicklungskonzepte, S. 225 f.).
397 Vgl. Website: http://www.urban-improvement-districts.de/?q=HID/NID (Zugriff am 29. 12. 2012)
398 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b, S. 6
399 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b
224 6 Handlungsoptionen
Kooperationsmodelle:
HID oder NID–
ESG–
informelle Kooperationsmodelle, z. B. gemeinsame Arbeitsgruppen / Arbeitskreise in –
regelmäßigen Abständen, „runde Quartierstische“ und ähnliches
Zusammenfassend können in der Quartiersentwicklung folgende Verfahren unterschie-
den werden: 400 Hoheitlich gesteuerte Verfahren (z. B. Gebiete der Städtebauförderung),
privat initiierte informelle Kooperationen, Mischformen öffentlich privater Zusammen-
arbeit (z. B. Kooperationsverträge nach WoFG) und Business Improvement Districts in
Geschäftsbereichen, Housing Improvement Districts in Wohnquartieren oder Neighbour-
hood Improvement Districts in gemischt genutzten Gebieten.
Referenzprojekte
Wiesbaden-Klarenthal: Siedlung Hermann-Brill-Straße
In der Großsiedlung Hermann-Brill-Straße wird ein einzigartiges Modellprojekt für woh-
nungsgesellschaftsübergreifende Freiflächen- und Conciergekonzeptionen außerhalb von
Förderprogrammen umgesetzt (beteiligte Wohnungsunternehmen: Wohnungsbaugesell-
schaften GENO 50, GWW, Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesell-
schaft mbH). Als Grundlage für die gemeinsame Neugestaltung dient eine Machbarkeits-
studie. Es wurde ein Conciergesystem eingerichtet, das die Sicherheit und einen ständigen
Informationsaustausch zwischen Bewohnern und Hausverwaltung gewährleistet und
zudem Arbeitsplätze schafft. Im Freiraum und an den Gebäuden wurden zahlreiche Ver-
besserungen durchgeführt (Umgestaltung von anonymen Eingangsbereichen zu Kommu-
nikationsräumen, Einhausung von verwahrlosten Müllsammelstellen, Umwandlung von
unattraktiven Freiflächen in Terrassen- und Themengärten). Die Freiflächen wurden
wohnungsgesellschaftsübergreifend neu zoniert und aufgewertet. Zudem werden vom
Volksbildungswerk Klarenthal verschiedene soziale und kulturelle Bildungsprojekte durch-
geführt (z. B. Taschengeldprojekt, bei dem Kinder und Jugendliche unter Anleitung Reini-
gungs- und Pflegearbeiten im Stadtteil übernehmen).401
Lörrach: Wohnbau Lörrach
Das kommunale Wohnungsunternehmen Wohnbau Lörrach engagiert sich stark für die
Entwicklung von Wohnquartieren. Eine Strategie besteht dabei darin, sämtliche Akteure
in Quartieren zu vernetzen und Kooperationen aufzubauen. Beispielsweise wird in Stadt-
teilkonferenzen der Informationsaustausch zwischen Bürgern und Vertretern aus Kom-
munalpolitik und -verwaltung sowie sozialen Einrichtungen moderiert und gemeinsam
Projekte in den Quartieren initiiert, geplant und umgesetzt.402
BMVBS: Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften
Im „Leitfaden Eigentümerstandortgemeinschaften – Empfehlungen zur Gründung und
Begleitung von Eigentümerstandortgemeinschaften“ des BMVBS werden zehn Schritte für
den Weg zur Eigentümerstandortgemeinschaft genannt: 403 Zunächst sollten die quar-
tiersbezogenen städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Probleme erkannt werden.
Um eine räumliche Abgrenzung zu definieren, sollte eine (vorläufige) Gebietsabgrenzung
erfolgen, die später angepasst werden kann. Nach der ersten Ansprache von engagierten,
interessierten Eigentümern, Personen und Netzwerken sollte ein externer Moderator
beauftragt und eine Anlaufstelle bei der Kommune gefunden werden. Aufbauend darauf
sollten alle Eigentümer angesprochen und für eine aktive Mitwirkung gewonnen werden.
Gemeinsam diskutieren dann alle Beteiligten die übergreifenden Zielsetzungen und das
gemeinsame Leitbild für ihr Engagement. Aus einer Stärken-Schwächen-Analyse werden
Handlungsfelder und Maßnahmen abgeleitet. Nach der Erprobung geeigneter Organisati-
onsformen, z. B. in unterschiedlichen Projektgruppen und einer möglichen Formalisie-
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 225
rung der Gemeinschaft (z. B. als Verein) können die Projekte und Maßnahmen umgesetzt
werden. Als grundsätzlich wichtige Erfolgsfaktoren für Eigentümerstandortgemeinschaf-
ten wird empfohlen, auf bestehenden Strukturen, persönlichem Engagement und vorhan-
denen Kontakten im Quartier aufzubauen.
6.1.4.3 Quartiersentwicklungskonzepte / quartiersbezogene Konzepte
Für die Inanspruchnahme von Städtebauförderungsmitteln müssen Vorbereitende Unter-
suchungen (VU) durchgeführt werden, um Beurteilungsgrundlagen über die Notwendig-
keit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen zu schaffen. Die sozialen, strukturellen und
städtebaulichen Verhältnisse werden dabei unter Einbeziehung der beteiligten Akteure
und der Träger öffentlicher Belange untersucht. Der erarbeitete Bericht zeigt die städte-
baulichen Missstände sowie konkrete Vorschläge zur Beseitigung auf. Die Erarbeitung
und Aufstellung solcher Konzepte helfen dabei, die Problemwahrnehmung zu schärfen
und verbindliche kommunalpolitische Aussagen für die weitere Stadtentwicklung zu
befördern.404 In Quartieren außerhalb der Förderung fehlen in der Regel diese wichtigen
Planungsgrundlagen und „Visionen“.
Da das große Potenzial, das in einer koordinierten, parzellenübergreifenden Vorgehens-
weise liegt, vielerorts nicht ausgeschöpft wird, wird die Erarbeitung von Quartiersent-
wicklungskonzepten empfohlen, die die lokalen Eigenarten sowie städtebauliche, sozial-
planerische und wohnungswirtschaftliche Belange behandeln. Im Idealfall geschieht dies
in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungseigentümern sowie Bewohnern eines
Quartiers. Wenn die Wohnungswirtschaft allerdings nicht zu einer aktiven Mitarbeit
bereit ist, kann die Kommune mit der Hoffnung in Vorleistung gehen, durch ein solches
Konzept die Eigentümer zu Kooperationen und Investitionen anzuregen und sich dabei an
übergeordneten Zielsetzungen zu orientieren. Bereits bestehende Konzepte sollten in Hin-
blick auf ein Quartier ausgewertet oder aktualisiert werden, wenn neue Erkenntnisse vor-
liegen.
Die Quartierskonzepte sollten in gesamtstädtische Strategien eingebunden sein und
Grundlage für das weitere kommunalpolitische und wohnungswirtschaftliche Handeln
und für Investitionsentscheidungen darstellen. Durch umsetzungsorientierte Konzepte
lassen sich die Entwertung von Immobilien und Infrastrukturen und somit Vermögens-
verluste für die Wohnungsunternehmen, Kommunen und Privateigentümer vermeiden
und ein abgestimmtes Vorgehen der Akteure erreichen. Der kommunalen Verwaltung fällt
dabei in den meisten Fällen die Rolle zu, die Erstellung der Konzepte anzustoßen, den
Prozess zu koordinieren und die Planung auszuarbeiten. Wegen der mangelnden Ressour-
cen der öffentlichen Hand sollte versucht werden, die Aufgaben und die Finanzierung mit
der Wohnungswirtschaft zu teilen und ggf. die Erarbeitung an Externe zu übertragen. Bei
der Erstellung von Quartierskonzepten bietet es sich an, auf die Vorgehensweise und
Erkenntnisse bei Projekten der geförderten Stadterneuerung zurückzugreifen. Wichtig ist
es, das wirtschaftlich Machbare zu identifizieren und Lösungen für die Finanzierung auf-
zuzeigen. Da ohne die Investitionsbereitschaft Konzepte nicht umsetzbar sind, sollten
passive Haltungen der Eigentümer möglichst früh aufgebrochen werden.
Inhaltlich sollten Quartierskonzepte konkrete Aussagen zu Städtebau, Freiraum, Gebäu-
den, sozialer und technischer Infrastruktur und Bewohner enthalten. Gerade bei den im
Rahmen des Forschungsprojektes fokussierten „kleinen“ Quartieren besteht aber die
Schwierigkeit, inwieweit angesichts des Aufwandes flächendeckend Konzepte entwickelt
werden können. Eine Lösung könnte darin liegen, dass sehr „schlanke“ bzw. „abgespeckte“
Konzepte („light-Konzepte“ zur Kostenersparnis) mit einem überschaubaren Aufwand
erarbeitet werden, die sich auf die größten Defizite des jeweiligen Quartiers und die wich-
tigsten Fragestellungen konzentrieren (siehe Checkliste, Kap. 9.5).
Die Erarbeitung und Umsetzbarkeit von Quartierskonzepten sind in besonderer Weise
davon abhängig, wie kleinteilig die Eigentumsverhältnisse sind – je mehr Eigentümer vor-
handen sind, umso schwieriger gestaltet sich die Umsetzung. Die Erstellung von Quartiers-
400 Vgl. Website: http://www.urban-improvement-districts.de/files/File/Kreutz-Krueger_vdw-magazin_0407.pdf (Zugriff am 4. 1. 2013)
401 Vgl. NH ProjektStadt / Nassauische Heimstätte Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft /Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landentwicklung, o. J., S. 26;vgl. Volksbildungswerk Klarenthal, 2011, S. 42– 45; vgl. Website: http://www.klarenthal.org/; vgl. Website: http://www.klarenthal.org/concierge-stadtteilcafe-stadtteiltreff-projekte (Zugriff am 22. 8. 2012)
402 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)
403 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2011 b, S. 13 – 14
404 Vgl. Friesecke / vhw Dienstleistung GmbH, 2010, S. 13
Kooperationen Konzepte
226 6 Handlungsoptionen
konzepten ist im Idealfall mit dem Aufbau von Kooperationsstrukturen auf Quartiers -
ebene verbunden (siehe Handlungsoption Kooperationen auf Quartiersebene, S. 221 f.).
Überblick über mögliche Teilkonzepte für die Quartiersentwicklung:
städtebauliches Konzept / Rahmenplan–
Energieeffizienzkonzept (energetisches Quartierskonzept, Energieversorgungskonzept)–
Wohnungswirtschaftliches Konzept (z. B. Belegungsmanagement)–
Beteiligungskonzept –
Durchführungskonzept (z. B. Zeitplan)–
Finanzierungskonzept–
Kommunikationskonzept: Zwischen der Stadtverwaltung, den Bewohnern und lokalen –
Akteuren sollten frühzeitig stabile und verbindliche Kommunikations-, Vernetzungs-
und Kooperationsstrukturen auf der Quartiersebene aufgebaut werden.
Referenzprojekte
Offenburg: Albersbösch
Für den Stadtteil Albersbösch wurde im Rahmen eines Förderprogramms des Landes
Baden-Württemberg ein umsetzungsorientiertes städtebauliches Konzept unter umfang-
reicher Mitwirkung der Betroffenen erarbeitet. Die Erstellung des Rahmenplanes kostete
rund 42.000 Euro. Es handelt sich dabei um ein Beispiel, wie für ein gesamtes Quartier der
Nachkriegszeit außerhalb der Städtebauförderung ein übergeordnetes Konzept erarbeitet
wurde. Gegenwärtig stellt sich aber die Frage nach der Realisierung bzw. Finanzierung der
vorgeschlagenen Maßnahmen (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).405
Neumünster: Konzepte für drei Quartiere im Rahmen von „Integrative Quartiers-
entwicklung“ der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH)
Die IB.SH bietet die Förderberatung und Dienstleistung „Integrative Quartiersentwick-
lung“ an. Die Stadt Neumünster beauftragte die Investitionsbank mit der Betrachtung von
drei Quartieren (2010). Dafür wurden bestehende Konzepte ausgewertet, Eigentümer-
gespräche geführt, die Quartiere analysiert und Handlungsoptionen erarbeitet. Die Kon-
zepte lieferten wichtige Erkenntnisse. Die Umsetzung der Empfehlungen gestaltet sich
allerdings aufgrund mangelnder Ressourcen und Kooperationsbereitschaft der Eigentümer
schwierig (siehe Fallstudie Neumünster, S. 102 – 113).406
Ginsheim-Gustavsburg: Wohnquartier „An der Schleuse“
Vor dem Hintergrund einer abnehmenden Akzeptanz, Segregationstendenzen und ersten
sozialen Problemen wurden für das Wohnquartier „An der Schleuse“ aus den 1960er /
1970er Jahren bereits frühzeitig Maßnahmen zur integrierten Entwicklung in energeti-
scher, sozialer und räumlicher Hinsicht entwickelt. Es wurde eine Untersuchung durchge-
führt, wie die Gebietsentwicklung ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln verbessert
werden könnte. Die Kommune beauftragte 2007 in Abstimmung mit den vor Ort vertrete-
nen Wohnungsunternehmen die NH ProjektStadt mit der Untersuchung. Zunächst wur-
den die Grundlagen ermittelt, eine Stärken-Schwächen-Analyse durchgeführt sowie Ziele
und Handlungsfelder identifiziert. Anschließend wurden Lösungsansätze formuliert.
Durch eine Befragung wurden die Mieter an der Konzepterstellung beteiligt. Bei diesem
Projekt handelt es sich um einen niedrigschwelligen Ansatz zur Untersuchung und Opti-
mierung von Gebieten unterhalb der Schwelle von Förderprogrammen.407
6.1.4.4 Beteiligung der Bewohner
Bei der geförderten Stadterneuerung ist die Beteiligung der Bewohner ein fester Bestand-
teil bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen und eine Grundvoraussetzung für
den Erfolg der städtebaulichen Erneuerungsmaßnahme. Dabei wurde in den letzten Jah-
ren eine Bandbreite an Beteiligungsmöglichkeiten entwickelt, auf deren Erfahrungen und
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 227
Erkenntnisse zurückgegriffen werden kann.408 Die Beteiligung von Bewohnern an Maß-
nahmen in nicht-geförderten Wohnquartieren ist keine Selbstverständlichkeit. Neben den
gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten hat sich in den geführten Interviews gezeigt, dass
Kommunen und Wohnungsunternehmen in der Regel davon absehen, Bewohner in Pla-
nungen und Entscheidungen einzubeziehen. Daher wird geraten, dass sich bei Maßnah-
men in den Quartieren sowohl die Wohnungsunternehmen als auch die Kommune die
Frage stellen, wie die Bewohner beteiligt und aktiviert werden können. Ziel der Bemühun-
gen sollte es sein, das soziale Kapital in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahren zu
nutzen und die Bewohner in die Umbauprozesse einzubeziehen. Bei anstehenden Maß-
nahmen empfiehlt es sich, die Bewohner möglichst frühzeitig über geplante Veränderun-
gen zu informieren und über deren Mitwirkungsmöglichkeiten aufzuklären. Die Beteili-
gung von Bewohnern hat vielfältige Vorteile. Beispielsweise kann eine stärkere Einbin-
dung der Bewohner einen verantwortungsvolleren Umgang mit dem Gebäude und dem
Wohnumfeld nach sich ziehen. „Die Kunst ist es, Prozesse in Gang zu setzen, bei denen
das Mitmachen für die Bürgerschaft einen Nutzen entfaltet, ohne Kommunalverwaltun-
gen und gewählte politische Gremien aus ihrer Verantwortung zu entlassen.“ 409 Bei
Quartiersentwicklungen sollte nicht mit fertigen Plänen in die Beteiligung eingestiegen
werden, sondern gemeinsam mit den Bewohnern Ideen und Maßnahmen erarbeitet werden.
Ein zielführender Ansatz kann darin bestehen, auf der Ebene des Quartiers ein Gremium
für die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung einzurichten (z. B. Quartiersrat).
Auch bei Veränderungen an den Gebäuden kann es durchaus sinnvoll sein, die Bewoh-
ner an den Planungen und Entscheidungen zu beteiligen. In den Interviews hat sich gezeigt,
dass Wohnungsunternehmen ihre Mieter bei der Gebäude- und Wohnungssanierung nur
selten einbeziehen, da dies nach Meinung der Experten den Prozess zusätzlich erschwere.
In entspannten Wohnungsmärkten allerdings wird den Mietern bei der Ausstattung der
Wohnung zunehmend Mitsprache eingeräumt. Es gibt gute Gründe, die Bewohner am
Sanierungsprozess zu beteiligen. Einerseits kann die Akzeptanz der anstehenden Maßnah-
men erhöht werden, und die Mieter identifizieren sich stärker mit dem Gebäude, wodurch
die Fluktuation sinken kann. Durch das Einbeziehen der Mieter können die Veränderun-
gen auch genauer an die Bewohnerwünsche angepasst werden, wobei darauf geachtet wer-
den muss, dass die Maßnahmen auch für spätere Mieter attraktiv sind.410
Mögliche Beteiligungsformen auf Quartiersebene könnten sein:
Stadtteil- oder Quartierskonferenz–
Zukunftswerkstatt–
Befragungen (Fragebogen, Interviews)–
Entwicklung und Diskussion von Szenarien–
runde Tische–
Internetauftritt mit Informationen und Diskussionsplattform–
Informationsbroschüren, Stadtteilzeitung, dgl.–
Schaffung von Treffpunkten in den Quartieren für Aufbau von Beteiligungsstrukturen–
Quartiersmanagement–
Referenzprojekte
Offenburg: Stadtteilkonferenzen
In den Stadtteil- und Familienzentren in Offenburg finden seit den 1990er Jahren zwei
Mal jährlich unter Federführung der Stadt Offenburg Stadtteilkonferenzen statt. Dabei
treffen sich Bewohner, Organisationen, Initiativen und Gruppen aus dem Stadtteil sowie
Vertreter der Stadt und diskutieren verschiedene Themen der Stadtteilentwicklung. Diese
Veranstaltungen haben sich mittlerweile in Offenburg etabliert und ermöglichen Bewoh-
nern an den Entwicklungen in den Stadtteilen teilzunehmen (siehe auch Fallstudie Offen-
burg, S. 84 – 93).411
Beteiligung der Bewohner
405 Vgl. Stadt Offenburg, Rahmenplan Albersbösch, 2011
406 Vgl. Investitionsbank Schleswig-Holstein, 2012
407 Vgl. Website: http://www.nh-projektstadt.de/fileadmin/anwenderdaten/projektstadt/PDF/Ginsheim_Gustavsburg_final.pdf (Zugriff am 25. 1. 2013); vgl. Dilger / Lüter, o. J., S. 27
408 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 b
409 Adam, 2010, S. II
410 Vgl. Fink / Laborgne, 2009, S. 6
411 Vgl. Becker, 2003
228 6 Handlungsoptionen
Forschungsprojekt: Partizipationsmöglichkeiten in Sanierungsprozessen unter
besonderer Berücksichtigung von Fragen des Wärmekonsums und der Demografie
Das Forschungsprojekt, das von dem Europäischen Institut für Energieforschung (EIFER)
durchgeführt wurde, beschäftigt sich mit den Möglichkeiten der Beteiligung von Bewoh-
nern in Sanierungsprozessen und, wie ein nachhaltiger Wärmekonsum bei Mietern geför-
dert werden kann. Anhand von Berichten, Fallbeispielen und Interviews werden Strategien
der Beteiligung aufgezeigt. Die Studie stellt fest, dass die Nachhaltigkeit von Sanierungs-
maßnahmen durch Partizipation der Bewohner erheblich verbessert werden kann und
dass sich der damit verbundene Mehraufwand durchaus lohnt.412
6.1.4.5 Quartiersmanagement und Kümmerer
Neben (städte-)baulichen und konzeptionellen Maßnahmen liegen in den Quartieren gro-
ße Aufwertungspotenziale im sozialräumlichen, nicht-investiven Bereich. Eine Möglich-
keit auf dieser Ebene tätig zu werden, liegt in der Einrichtung eines Quartiersmanage-
ments oder Kümmerers (Stadtteilkoordinators). Der Begriff des Quartiersmanagements ist
sehr breit gefasst und wird oft undifferenziert eingesetzt. In vielen Kommunen wird Quar-
tiersmanagement vor allem im Rahmen des Förderprogramms Soziale Stadt seit Jahren
erfolgreich betrieben. Diese Einrichtungen zielen in erster Linie darauf ab, vor Ort als
Anlaufstelle präsent zu sein („Kümmerer“), vorhandene Ressourcen zu bündeln und durch
nicht-investive Maßnahmen Verbesserungen in den Quartieren zu erreichen. Wenn sozial-
räumliche Probleme in den Nachkriegsquartieren vorliegen, besteht eine sinnvolle Strate-
gie im Aufbau von Quartiersmanagement. Lange galt die Einrichtung und Unterhaltung
von Quartiersmanagement als alleinige Aufgabe der öffentlichen Hand. Entgegen dieser
Praxis haben in manchen Städten in den letzten Jahren (kommunale) Wohnungsunter-
nehmen die Initiative ergriffen und Quartiersmanagement bzw. quartiersmanagement-
ähnliche Einrichtungen geschaffen.413 Es ist zu empfehlen, in Gebieten mit sozialräumli-
chen Defiziten Quartiersmanagement als eine gemeinsame Aufgabe zwischen Wohnungs-
unternehmen, der öffentlichen Hand und sonstigen sozialen Trägern aufzubauen und
dafür geeignete Trägerformen zu entwickeln (z. B. Verein wie in Mannheim). 414 Allein die
Einrichtung eines Quartiersmanagements reicht aber in der Regel nicht aus. Es muss auch
ein Budget vorhanden sein, mit dem – wenn auch nur in geringem Umfang – Projekte rea-
lisiert werden können. Die Einrichtung eines Quartierskapitals oder Verfügungsfonds ist
daher zu empfehlen. Das Quartiersmanagement kann ein Entscheidungsgremium aufbau-
en, das darüber abstimmt, welche Maßnahmen daraus finanziert und realisiert werden.
In den kleinen Wohnquartieren stellt sich allerdings die Frage, inwieweit Quartiersma-
nagement dort tragfähig sein kann. In diesen Quartieren wird es wahrscheinlich notwen-
dig sein, „Sondermodelle“ zu entwickeln, die sich beispielsweise nicht nur um ein Quartier,
sondern um mehrere Gebiete mit gleichartigen Problemen kümmern. Eine andere Lösung
kann darin bestehen, den Bearbeitungsbereich auf angrenzende Gebiete zu erweitern. Da
die Kernaufgabe von Quartiersmanagement in der Präsenz vor Ort und dem Vernetzen
von Akteuren liegt, können auch „vereinfachte“ Formen von Quartiersmanagement für
die kleinen Quartiere einen zielführenden Ansatz darstellen. Beispielsweise wurde bei
einem Interview mit der Wohnungswirtschaft die durchaus interessante Idee geschildet,
dass Hausmeister, die sich bei einigen Unternehmen intensiv um die Wohnungsbestände
kümmern, die Mieter gut kennen und vor Ort präsent sind, auch als eine sehr simple Form
des Quartiersmanagements betrachtet werden können. Es handelt es sich dabei nicht um
eine „professionelle Betreuung“, aber sie übernehmen in gewisser Weise – mit einem etwas
anderen Schwerpunkt und als Angestellte des Unternehmens – auch die Rolle eines Küm-
merers und werden von den Bewohnern bei Problemen aller Art angesprochen. Die Haus-
meister als einfach erreichbare Ansprechpersonen können je nach Qualifikation und Pro-
blemlage auf schnellem Wege Verbesserungen in den Quartieren erzielen. Eine weitere
vereinfachte Form von Quartiersmanagement kann in einer neutralen Moderation auf der
Ebene des Quartiers liegen, die ergebnisoffen mit den Bewohnern Ideen für ein bestimmtes
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 229
Quartier entwickelt. Diese Strategie wäre mit relativ geringen finanziellen Mitteln verbun-
den und könnte wichtige Impulse für weitere Maßnahmen und Aktivitäten auslösen (siehe
auch Handlungsbereich Bewohner / bewohnergetragene Initiativen, S. 216 –219).
In den Interviews wurden Einrichtungen des Quartiersmanagements durchweg als sehr
positiv und zielführend eingestuft. Trotz des großen Nutzens besteht das zentrale Problem
darin, wie solche Einrichtungen auf Dauer finanziert werden können und nicht nur Pro-
jekte bleiben, die sich nach Auslaufen der Förderung in der Regel nicht selber tragen. Im
Idealfall sollten selbsttragende, ehrenamtliche Strukturen entstehen, die das Quartiersle-
ben positiv beeinflussen und mit geringen finanziellen Mitteln auskommen.
Mögliche Aufgaben eines Quartiersmanagements:
Quartiersbüros als Beratungs-, Vermittlungs- und Informationszentren für Bewohner –
und Initiativen
Aufbau einer lokalen Öffentlichkeits- und Informationsarbeit–
Erarbeitung geeigneter Formen der Bewohnerbeteiligung–
Initiierung und Leitung von Arbeitsgruppen und Projekten zu verschiedenen Problemen–
Unterstützung und Aufbau von Netzwerken auf Quartiers- und Stadtteilebene ebenso –
wie auf der Ebene der Gesamtstadt sowie zwischen Akteuren aller Ebenen 415
Referenzprojekte
Hannover: Quartiersmanagement in Nicht-Programmgebieten
In Hannover wird vom kommunalen Wohnungsunternehmen GBH (Gesellschaft für Bau-
en und Wohnen) seit 2004 Quartiersmanagement im Rahmen einer Eigenbeauftragung in
mehreren Nichtprogrammgebieten durchgeführt. Es besteht ein großer Vorteil darin, dass
die GBH als Wohnungsunternehmen die anderen Eigentümer auf Augenhöhe ansprechen
kann. In den Quartieren werden mit möglichst geringen Mitteln nicht-investive Projekte
umgesetzt und wenn möglich auf vorhandene Strukturen zurückgegriffen (siehe Fallstudie
Hannover, S. 76 – 83).416
Mannheim: Quartiersmanagement
In Mannheim wird seit Ende der 1990er Jahre erfolgreich auch in nicht geförderten Quar-
tieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auf-tieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auftieren Quartiersmanagement betrieben. Quartiersmanagement wird als gemeinsame Auf
gabe von Kommune, Wohnungsunternehmen (GBG) sowie verschiedenen sozialen Trä-
gern gesehen. Im Jahr 2009 wurde für das Quartiersmanagement neue Strukturen und
Ziele erarbeitet und 2011 der Verein Mannheimer Quartiersmanagement e. V. (MaQua)
gegründet, der vom Gemeinderat mit der Durchführung des Quartiersmanagement
beauftragt wurde (siehe Fallstudie Mannheim, S. 114 – 127).417
Freiburg: Städtisches Konzept Quartiersmanagement
Im Jahr 2002 wurde im Sozial- und Jugendamt eine Koordinationsstelle Quartiersmanage-
ment eingerichtet, um vorhandene Strukturen und Modelle von Quartiersarbeit zusam-
menzuführen sowie ein gemeinsames Verständnis in diesem Arbeitsbereich zu schaffen.
Im Jahr 2004 wurde das städtische „Konzept Quartiersmanagement“ erarbeitet, das Ziele,
Strukturen und Elemente für eine nachhaltige Stadtentwicklung sowie Kooperations-
strukturen zwischen Stadtteil / Quartier und Verwaltung festlegt. Mit Hilfe quartiers-
orientierter Ansätze werden die soziale Situation und die Strukturen in den Quartieren
stabilisiert. Für eine professionelle Koordination und Moderation wird vor Ort eine Quar-
tiersarbeit eingerichtet, die alle Akteure vernetzt, vorhandene Ressourcen bündelt und
Bewohner an Entscheidungsprozessen beteiligt. In Freiburg wurden in verschiedenen
Stadtteilen Anlaufstellen eingerichtet, die von der städtischen Koordinationsstelle Quar-
tiersmanagement unterstützt werden. Die Weiterentwicklung des Konzeptes gestaltet sich
als kontinuierlicher Prozess in Abstimmung mit den Akteuren der einzelnen Stadtteile /
Quartiere.418
Quartiersmanagement
412 Vgl. Fink / Laborgne, 2009
413 Vgl. Peters, 2010
414 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 c, S. 17; vgl. Franke, 2003
415 Vgl. Krummacher, 2003
416 Vgl. Kulle, 2006, S. 25–40
417 Vgl. Website: http://www.mannheim.de/stadt-gestalten/quartiermanagement (Zugriff am 7. 1. 2013)
418 Vgl. Website: http://www.freiburg.de/pb/,Lde/205408.html (Zugriff am 28. 11. 2012)
230 6 Handlungsoptionen
Bremerhaven: Wulsdorf „Die Wohnung“
Bereits 1976 wurde „Die Wohnung“ als Bestandteil der Stadtteilarbeit (Träger: Amt für
Jugend und Familie) in Bremerhaven gegründet. Die Wohnung hat von Montag bis Freitag
eine offene Tür und stellt eine Anlauf-eine offene Tür und stellt eine Anlaufeine offene Tür und stellt eine Anlauf und Kontaktstelle für Bewohner in Wulsdorf dar.
Es finden zwanglose Gespräche statt. Ziel ist es, die Bewohner zu motivieren und für die
Belange des Wohnquartiers zu aktivieren. Dadurch soll die Integration von Menschen aus
anderen Kulturkreisen gestärkt und der Umgang unterschiedlicher Kulturen untereinan-
der verbessert werden. In „der Wohnung“ können die Bewohner viele verschiedene Ange-
bote in Anspruch nehmen: z. B. unbürokratische Hilfe beim Ausfüllen von Formularen
und bei Behördengängen, Gruppenarbeiten mit Kindern, Frauen und Männer, Informatio-
nen zu verschiedenen Problemen, Kurse.419
Lörrach: Wohnbau Lörrach: Soziale Quartiersentwicklung
Das kommunale Wohnungsunternehmen Wohnbau Lörrach versucht durch Ver- und
Ankäufe möglichst viele Mietwohnhäuser in einzelnen Quartieren zu besitzen und auf
diese Weise „starke Quartiere“ zu entwickeln. Durch ein präventives Quartiersmanage-
ment sollen eine ausgewogene Bewohnerstruktur und intakte Nachbarschaften gefördert
werden. In den Quartieren als „Lebensmittelpunkt“ für Jung und Alt werden durch diverse
zielgruppenspezifische Unterstützungsangebote in Kooperation mit verschiedenen Part-
nern selbstorganisierte Unterstützungsnetzwerke gefördert und die Lebensqualität deut-
lich gesteigert. Denn neben hochwertigen Baumaßnahmen an den Häusern und im Wohn-
umfeld braucht es auch ein Soziales Management, um sozialräumliche Segregationspro-
zesse aufzuhalten und wieder einkommensstärkere Haushalte zu gewinnen. Die Wohnbau
Lörrach hat die Erfahrung gemacht, dass mit „integrierten Handlungskonzepten […]
benachteiligte Quartiere wieder attraktiv gemacht werden (können). Das soziale Engage-
ment lohnt sich und trägt zunehmend Früchte.“ 420
6.1.4.6 Sozialstruktur
Ein großer Teil der Wohnungen in den Nachkriegsquartieren ist im Rahmen des geförder-
ten Wohnungsbaus entstanden und war seither mit Belegungsbindungen verknüpft. Die
lange praktizierte Objektförderung führte häufig zu einer sehr homogenen Bewohner-
struktur in den Beständen. Aktuell ist in den Quartieren der Mieterwechsel in vollem
Gange und nach einer langen Phase geringer Fluktuation verändern die nachziehenden
Haushalte aus anderen Bevölkerungsschichten, Kulturkreisen oder Altersklassen die Be-
wohnerstruktur deutlich. Über Jahrzehnte entstandene Nachbarschaften zerfallen und die
Gefahr von Konflikten zwischen den Generationen steigt. Auf entspannten Wohnungs-
märkten ist vielerorts ein zunehmendes sozialräumliches Auseinanderdriften zu erkennen.
Einkommensstärkere Haushalte verlassen die Bestände und suchen hochwertigeren
Wohnraum (im Neubau). Die Gefahr einseitiger bzw. problematischer Belegungsstruktu-
ren und einer sozialen Segregation in den Quartieren nimmt zu. In der aktuellen stadtent-
wicklungspolitischen Diskussion wird die Herstellung einer sozialen Mischung als eines
der Hauptziele in Bestands- wie Neubauquartieren propagiert. In den Quartieren der
Nachkriegsjahrzehnte stellt sich die Frage, inwieweit eine soziale Mischung angestrebt
bzw. erreicht werden kann. Durch den Generationenwechsel ändert sich die Sozialstruktur
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 231
Zur Steuerung bzw. Stabilisierung der Bewohnerstruktur in den kleinen Quartieren der
1950er bis 1970er Jahre und zur Vermeidung von sozialräumlichen Polarisierungen stehen
der Kommune und den Wohnungsunternehmen verschiedene Möglichkeiten zur Verfü-
gung. Eng damit verbunden sind auch die wohnungswirtschaftlichen Handlungsoptionen
Mietpreise (siehe S. 211– 213) und Belegungsmanagement (siehe S. 211).
Um frühzeitig problematische Verschiebungen zu erkennen und entgegensteuern zu
können, wird Kommunen und der Wohnungswirtschaft empfohlen, die Sozialstruktur in
den Quartieren und Wanderungsbewegungen kontinuierlich zu beobachten. Beispielsweise
kann die Erarbeitung eines Sozialplanes oder eines Wohnraumversorgungskonzeptes
(siehe Handlungsoption Planungen und Konzepte, S. 194 –197) für die Gesamtstadt oder für
ein Quartier dabei helfen, die Wohnverhältnisse vor allem der einkommensschwächeren
Haushalte im Blick zu behalten und darauf aufbauend Maßnahmen für sozial stabile Ent-
wicklungen zu erarbeiten. Wenn die Kommune und / oder Wohnungsunternehmen in den
Quartieren aktiv werden, sollte frühzeitig die Frage geklärt werden, inwieweit die beste-
hende Sozialstruktur erhalten oder verändert werden soll. Ein weiterer Lösungsweg
besteht z. B. darin, das bisher homogene Wohnungsgemenge auszudifferenzieren. Monos-
trukturierte Quartiere mit nur kleinen Wohnungen gelten hinsichtlich der Sozialstruktur
als besonders problematisch. Indem neue Wohnungen für unterschiedliche Ansprüche
und finanzielle Möglichkeiten in dem meist homogenen Nachkriegsbestand geschaffen
werden, können neue Nachfragegruppen angesprochen werden. Durch ein ausdifferen-
ziertes Wohnungsangebot kann vermieden werden, dass Haushalte in andere Quartiere
ziehen, wenn sie z. B. eine größere Wohnung oder eine bessere Ausstattung suchen, Eigen-
tum erwerben wollen oder aufgrund von Arbeitslosigkeit oder real sinkendem Einkom-
men eine preiswertere Wohnung benötigen.421 Eine zielführende Vorgehensweise für eine
soziale Mischung liegt somit auf lange Sicht auch darin, nicht sämtliche Gebäude eines
Quartiers auf einen maximalen Standard zu modernisieren, sondern verschiedene bauli-
che Qualitäten von Wohnungen anzubieten, ohne dabei aber einen Mindeststandard zu
unterschreiten.
Eine – kontrovers diskutierte – Strategie, problematische Mieterstrukturen in den
Quartieren aufzubrechen, besteht für Wohnungsunternehmen darin, die gesetzlichen
Möglichkeiten für Mieterhöhungen zu nutzen und so eine Veränderung der Mieterstruktur
bewusst herbeizuführen (siehe Handlungsoption Belegungsmanagement, S. 211). Die Steue-
rung der Belegung gebundener Wohnungen ist ein wichtiger Bestandteil von wohnungs-
wirtschaftlichen und stadtentwicklungspolitischen Strategien. Der Umgang mit gebundenen
Wohnungen kann von einzelfallbezogenen, kleinteiligen Strategien von Wohnungsunter-
nehmen bis zu gesamtstädtischen Konzepten in Zusammenarbeit von Wohnungsunter-
nehmen und der Kommune reichen (z. B. Belegungskonzepte).422 Das Wohnraumförde-
rungsgesetz (2002) schuf für öffentliche und private Akteure neue Handlungsmöglichkei-
ten, die Wohnraumversorgung auch räumlich zu steuern (z. B. § 30 WoFG Freistellung von
Belegungsbindungen, § 31 WoFG Übertragung von Belegungs- und Mietbindungen). Da
sich häufig in den Nachkriegsquartieren gebundene Wohnungen konzentrieren und dies
zu Problemen führen kann, kann ein Kooperationsvertrag zwischen Kommune und Woh-
nungsunternehmen geschlossen werden, um diese Konzentrationen aufzulösen. Darin
können beispielsweise Freistellungs- und Tauschmöglichkeiten von Belegungsbindungen
vereinbart werden. Eine weitere Strategie besteht darin, die auf konkrete Wohnungen
begrenzte Belegung durch eine Quote zu ersetzen, die das jeweilige Wohnungsunterneh-
men in seinem Bestand nach freier Entscheidung erfüllen muss.423 Kooperationsverträge
(§ 14 und § 15 WoFG) beruhen auf dem Prinzip der Leistung und Gegenleistung zwischen
Wohnungseigentümern und öffentlicher Hand und eröffnen Kommunen interessante
Handlungsmöglichkeiten. Beispielsweise kann die Kommune Wohnungen von Belegungs-
bindungen freistellen und im Gegenzug verpflichtet sich das Wohnungsunternehmen zu
bestimmten Leistungen (z. B. Maßnahmen an Gebäuden oder im Freiraum, Sozialarbeit,
Quartiersmanagement) (siehe auch Handlungsoption Mietpreis, S. 211 –213).424
419 Vgl. Website: http://www.bremerhaven.de/meer-erleben/jugend-haus/die-wohnung.13636.html (Zugriff am 4. 12. 2012)
420 Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)
421 Vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. VIII
422 Vgl. Danielzyk, Rainer: Vorwort. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bau-wesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW), 2004, S. 5
423 Vgl. Institut für Landes- und Stadtentwicklungs-forschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-West-falen (ILS NRW), 2004, S. 45; vgl. Schader-Stiftung, 1999
424 Vgl. Metzger, Norbert: Die Bielefelder Bele-gungsvereinbarung als Beispiel eines Kooperations-modells zwischen Kommune, der Wohnungswirtschaft und privaten Vermietern. S. 29; und vgl. Danielzyk, Rainer: Vorwort. S. 5;beide in: Institut für Landes- und Stadtentwicklungs-forschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-West-falen (ILS NRW), 2004
232 6 Handlungsoptionen
Seit der Neustrukturierung der sozialen Sicherungssysteme liegt die Zuständigkeit für die
Übernahme der Kosten der Unterkunft (KdU) und die Festlegung der angemessenen
Miethöhe bei den Kommunen. Der Bemessung der Angemessenheit sollte sich an den
lokalen Wohnungsmarkt- und Mietpreisverhältnissen orientieren, um unerwünschte,
sozialräumliche Auswirkungen zu vermeiden. Den Kommunen ist zu empfehlen, genau zu
prüfen, wie viele Wohnungen im Rahmen einer bestimmten Mietobergrenze vorhanden
sind und wo sich diese befinden. In dieser komplexen Frage könnte eine Zusammenarbeit
und ein Austausch mit der Wohnungswirtschaft sinnvoll sein. Eine eher großzügig bemes-
sene Mietobergrenze hilft dabei, Segregationstendenzen zu vermeiden und einkommens-
schwächere Haushalte auf größere Bestände zu verteilen. Niedrige Mietobergrenzen füh-
ren dazu, dass KdU-beziehende Haushalte sich auf begrenzte Bestände konzentrieren
müssen. In verschiedenen Fällen kann es sinnvoll sein, die angemessenen Kosten etwas zu
erhöhen, um Konzentrationen in den Beständen zu vermeiden.425
Eine weitere Möglichkeit, die Quartiere für bestimmte Zielgruppen attraktiv zu machen,
liegt in der Schaffung von besonderen soziale Infrastruktureinrichtungen oder Dienst-
leistungsangeboten, die die Qualität des Wohnstandortes verbessern. Spezielle Bildungs-
angebote haben beispielsweise das Potenzial, verstärkt Familien in die Quartiere zu
ziehen – sofern entsprechender Wohnraum vorhanden ist – und somit zur Verbesserung
der Be-wohnerstruktur beizutragen.
Überblick über die Möglichkeiten zur Steuerung der Sozialstruktur:
Analyse und Monitoring der Entwicklung der Sozialstruktur in den Quartieren–
Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges > Schaffung neuer Wohnformen –
Möglichkeiten des WoFG nutzen, um ungünstige Belegungssituationen aufzubrechen–
sachgerechte Festlegung der angemessenen Kosten der Unterkunft für Transfermittel-–
empfänger
Einrichtung oder Qualitätsverbesserung von sozialer Infrastruktureinrichtungen als –
Standortfaktoren (Steigerung der Attraktivität des Quartiers)
Referenzprojekt
Lübeck: Kooperationsverträge
Im Jahr 2003 wurde der erste Kooperationsvertrag zwischen der Hansestadt Lübeck, dem
Lübecker Bauverein und der Investitionsbank Schleswig-Holstein für das Quartier
St. Jürgen geschlossen. „Wesentlicher Baustein dieses Vertrages sind die auf der Grundlage
der Bestimmungen des Wohnraumförderungsgesetzes (§§ 14, 15 WoFG) getroffenen Rege-
lungen zur Verteilung vorhandener und neuer Belegungs- und Mietpreisbindungen –
unabhängig vom geförderten Bestand, aber in Abhängigkeit der Wohnraumversorgungs-
und Wohnraumbedarfslage und der sozialen Situation der Stadtquartiere – mit dem Ziel,
eine ausgewogene Struktur der Bewohnerinnen und Bewohner sowie eine bedarfsgerechte
Wohnraumversorgung der Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung erreichen zu
können. Dabei werden, vereinfacht ausgedrückt, die Belegungs- und Mietpreisbindungen
geförderter Neubau- und Bestandswohnungen (Förderwohnungen) bei Bedarf auf moder-
nisierte oder teilmodernisierte und zugleich preiswertere, aber bisher nicht gebundene
Genossenschaftswohnungen (Ersatzwohnungen) übertragen. Hierdurch sollen bestehende
Konzentrationen von Bindungen sozialverträglich aufgelöst und eine nachhaltige Stabili-
sierung und ‚Durchmischung‘ erreicht werden. Die Hansestadt Lübeck erhofft sich ebenso
wie die beiden anderen Vertragspartner dadurch einen effektiven Beitrag zur Wohnraum-
versorgung und zur Belebung von benachteiligten Gebieten in der Hansestadt Lübeck, in
denen es soziale Probleme gibt.“ 426 Im Jahr 2006 wurde aufgrund der guten Erfahrungen
der Kooperationsvertrag auf den ganzen Bestand des Lübecker Bauvereins ausgeweitet.
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 233
6.1.4.7 Finanzierungsmöglichkeiten
Die zahlreichen bundesweit realisierten Stadtumbau- und Stadterneuerungsprojekte wären
ohne die Mittel der Städtebauförderung nicht in der Quantität und Qualität möglich
gewesen. Viele erfolgreiche Maßnahmen und Projekte im Rahmen der geförderten Stadt-
erneuerung sind somit nicht ohne weiteres auf Nicht-Fördergebiete übertragbar. Eine zen-
trale Schwierigkeit besteht darin, dass wegen der defizitären Haushaltslage vieler Kommu-
nen ohne Finanzhilfen von Bund und / oder Land kaum Maßnahmen umsetzbar sind. In
den Quartieren herrscht aber ein erheblicher Investitionsbedarf. Selbst kostengünstige
Projekte, die sich positiv auf die Quartiersentwicklung auswirken können, scheitern daran,
dass nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Es muss dringend über
alternative Finanzierungskonzepte nachgedacht und v. a. private Investitionen angereizt
werden.
Die Frage der Finanzierung hängt auch mit dem Zeitpunkt der Investitionen zusam-
men. In der Diskussion, wann die Akteure idealerweise tätig werden, kann argumentiert
werden, dass die Kosten für präventive Maßnahmen geringer sind, als die Kosten, die
anfallen, wenn bereits gravierende städtebauliche Missstände und ein negatives Quartiers-
image entstanden sind. Allerdings ist der Handlungsdruck in den betrachteten Quartieren
oft noch gering, sodass die Notwendigkeit von Maßnahmen nicht ausreichend gesehen
wird und die Argumente für ein präventives Handeln und die damit verbundenen Kosten
nicht überzeugen.
Kommunen sollten verstärkt versuchen, alternative Finanzierungskonzepte zu ent-
wickeln und privates Kapital für die Quartiere zu aktivieren. Einen Ansatz stellen die privat
getragenen Maßnahmen zur Quartiersaufwertung dar (siehe auch Handlungsoption
Kooperationen auf Quartiersebene, S. 211 –215, z. B. HID). Da beispielsweise die Wohnungs-
eigentümer wesentlich von den Verbesserungen, die durch Maßnahmen der öffentlichen
Hand entstehen, profitieren, kann ein Ansatz darin liegen, die Begünstigten in die Erar-
beitung und auch in die Finanzierung einzubeziehen und die Kosten bestimmter Maß-
nahmen (z. B. Erstellung von Quartierskonzept) aufzuteilen.
Alle Maßnahmen in den Nachkriegsquartieren sollten auf der Überlegung beruhen, wie
mit minimalen Finanzmitteln ein maximaler Nutzen erreicht werden kann. In den Stadt-
verwaltungen sollte geprüft werden, inwieweit bestehende Mittel umgeschichtet bzw. effi-
zienter im Hinblick auf die Nachkriegsquartiere „mit zu erwartendem Handlungsdruck“
eingesetzt werden können. Um die Zustimmung der Kommunalpolitik für dringend not-
wendige Projekte in den Nachkriegsquartieren und die Berücksichtigung im Haushaltsetat
zu erreichen, sollte das Bewusstsein auf breiter Basis geschärft und kontinuierlich auf die
Sinnhaftigkeit bestimmter Maßnahmen hingewiesen werden (z. B. durch eine konsequen-
te Öffentlichkeitsarbeit, umfassende Berichterstattung).
In den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur Erwirtschaf-In den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur ErwirtschafIn den Quartieren sollte individuell geprüft werden, ob es Potenziale zur Erwirtschaf
tung von Finanzmitteln gibt. Beispielsweise besteht die Möglichkeit, durch die Vermie-
tung von Gemeinschaftsräumen an verschiedene Interessenten Einnahmen zu generieren,
die wiederum in das Quartier investiert werden können.
Eine große Chance, in den Quartieren ohne großen finanziellen Aufwand Verbesserun-
gen voranzutreiben, besteht in der Aktivierung und Förderung des ehrenamtlichen Enga-
gements der Bewohner (siehe auch Handlungsbereich Bewohner / bewohnergetragene Initia-
tiven, S. 216 –219). In den Quartieren besteht oft ein großes Humankapital, das gerade für
die gemeinschaftliche bzw. gegenseitige Hilfe unter den Bewohnern aktiviert werden kann.
In der Entwicklung von innovativen Projekten mit minimalen Kosten, aber maximalem
Nutzen liegt ein großes Potenzial. Beispielhaft wird an dieser Stelle ein sogenanntes
Taschengeldprojekt genannt, bei dem Jugendliche für ein Taschengeld gemeinsam mit
Bediensteten von Wohnungsunternehmen den Freiraum säubern. Neben Verbesserungen
im Wohnumfeld steigt das Bewusstsein und die Wertschätzung der Jugendlichen für das
Wohnumfeld und sie lernen den Umgang mit Geld.
425 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2009 c
426 Website: http://www.luebeck.de/aktuelles/presse/pressedienstarchiv/view/2006/5/060396R/ (Zugriff am 27. 11. 2012);vgl. Güldenberg, o. J.
Finanzierungsmöglichkeiten
234 6 Handlungsoptionen
Überblick über mögliche Finanzierungsmodelle:
Bürgerstiftungen oder „Quartiersstiftungen“ als Form der gesellschaftlichen Selbst-–
organisation; Stiftungszweck: Verbesserung der Situation in den Nachkriegsquartieren
Quartiers- bzw. Verfügungsfonds (Bereitstellung von Finanzmitteln für die Bewohner –
zur Unterstützung von Maßnahmen und Projekten durch Kommune oder Wohnungs-
wirtschaft)
ggf. Mittel aus revolvierenden Stadtentwicklungsfonds und Quartiersentwicklungs-–
fonds 427
Einwerbung von privatem Kapital (z. B. von Wohnungsunternehmen)–
ehrenamtliches Engagement–
KfW-Förderungen (z. B. neues Programm „Energetische Stadtsanierung – Zuschüsse –
für integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager“)
Sozialsponsoring / Fundraising–
Erwirtschaftung von Einnahmen: z. B. aus der Vermietung von (Gemeinschafts-)–
Räumen in Quartieren (z. B. an karikative Einrichtungen oder Vereine)
Gründung von Vereinen für die Quartiersaufwertung (Finanzierung über Mitglieds-–
beiträge)
HID / NID: Zwangsabgabe zur Finanzierung von Maßnahmen, die von der Kommune –
einbezogen wird
Verkauf von Grundstücken durch öffentliche Hand in den Quartieren > Nutzung der –
Erlöse für Aufwertungen im Quartier
Verkauf von Wohnungen oder Gebäuden für Aufwertung des Gebäudebestandes und –
somit des Quartiers
Arbeitsmarktprojekte, Integration von Jugendlichen in die Arbeit–
Einbeziehung der Bewohner in Aufwertungsmaßnahmen zur Kosteneinsparung –
(z. B. Pflegepatenschaften)
Anschubfinanzierungen (auf Investitionen der Eigentümer hoffen (Initialzündung, –
Multiplikator))
Errichtung von Gebäuden für soziale Infrastruktur durch Wohnungsunternehmen –
(Vermietung an Kommune)
Mittel von Stiftungen oder Sponsoren (z. B. ansässige Firmen) für besondere Projekte –
akquirieren
EU-Mittel–
ExWoSt-Mittel–
Referenzprojekte
Lörrach: Wohnbau Lörrach: Aktionsfonds für bürgerschaftliches Engagement
Die Wohnbau Lörrach stellt für gemeinnützige Initiativen in den Quartieren den enga-
gierten Bewohnern jährlich 15.000 Euro zur Verfügung. Damit werden Aktionen und Pro-
jekte aus den Bereichen Bildung, Wohnumfeld, Sport und Freizeit, Kunst und Kultur
sowie Zusammenleben und Events unterstützt. „Jedes einzelne Projekt kann mit bis zu
1.500 Euro unbürokratisch gefördert und so oftmals kurzfristig gestartet werden. Dadurch
soll die Vielfalt des kulturellen Lebens in den Quartieren sichtbar, die Nachbarschaften
verbessert und gleichzeitig die Attraktivität der Quartiere erhöht werden.428
Nassauische Heimstätte: Taschengeldprojekt in den Siedlungen
In mehreren Siedlungen der Nassauischen Heimstätte in Wiesbaden (z. B. Klarenthal,
Erbenheim) übernehmen Jugendliche Pflege- und Reinigungsarbeiten in den Außenan-
lagen. Dabei werden sie von Mitarbeitern des Unternehmens angeleitet. Durch die regel-
mäßigen Arbeiten können sie ihr Taschengeld aufbessern.429
6.1.4 Software Kooperative Strategien der Akteure 235
ExWoSt-Modellvorhaben: Unternehmen und Stiftungen für
die soziale Quartiersentwicklung
Im ExWoSt-Forschungsfeld „Unternehmen und Stiftungen für die soziale Quartiersent-
wicklung” werden sieben Modellvorhaben gefördert. Im Oktober 2012 haben interessierte
Kommunen ihre Interessensbekundung mit Projektskizzen eingereicht. Im Rahmen des
Modellvorhabens wird untersucht, wie Akteure im Rahmen von Soziale Stadt-Projekten
eingebunden werden und wo ein solches Engagement bereits besteht. Weiters wird der
Frage nachgegangen, wie das Engagement gefördert und verlässlich gestaltet werden kann
und wie weitere Stiftungen und lokale, nationale und internationale Unternehmen mobili-
siert werden können.430
6.1.4.8 Sonstige Handlungsoptionen in Kooperation der Akteure
gemeinsame Organisation von Veranstaltungen: z. B. Stadtteilfest (Organisation, –
Initiierung, finanzielle Unterstützung durch Kommune und Wohnungswirtschaft;
Ziel: Verbesserung der Nachbarschaft)
gemeinsame Initiierung von Modellvorhaben oder Leuchtturmprojekten in den –
Quartieren
Aufbau / Angebot von Treffpunkten in den Quartieren in Zusammenarbeit von –
Kommune, Wohnungsunternehmen und Bewohnern
Maßnahmen zur Verbesserung des Images von Quartieren: z. B. „Neighbourhood –
Branding“ (Beteiligungsverfahren zur Erfassung von gemeinsamen Wertvorstellungen)
Quartiersmarketing: Vermarktung des Quartiers als Marke, Schaffung von Identifi-–
kationsmöglichkeiten 431
gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit (z. B. gemeinsame Stadtteilzentren)–
427 Vgl. Skubowius / Krawczyk, 2009; vgl. Simons, 2007; vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS), 2011 c; vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS) / Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), 2009
428 Vgl. Website: http://www.wohnbau-loerrach.de/de/Unternehmen/Soziales-Engagement- (Zugriff am 25. 1. 2013)
429 Vgl. Website: http://www.naheimst.de/service/nachbarschaft/taschengeldprojekte/ (Zugriff am 22. 1. 2013)
430 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2012/UnternehmenStiftungen/01_Start.html (Zugriff am 16. 1. 2013)
431 Vgl. Diehl / Deffner / Stieß, 2009
236 6 Handlungsoptionen
Um die kleinen Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln und zu
qualifizieren, sind angesichts der (städte-)baulichen Defizite und des jahrelangen Investi-
tionsstaus Verbesserungen in der Bebauungs- und Gebäudestruktur meist unausweichlich.
Im Folgenden werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Quartiere in baulicher Hinsicht
angepasst werden können. Die Maßnahmen sind nicht isoliert von den strategischen,
nicht-investiven Handlungsoptionen (vgl. Kap. 6.1) zu sehen, sondern sollten in Zusam-
menarbeit aller Akteure auf der Grundlage von integrierten Konzepten erfolgen.
6.2.1 Städtebau
6.2.1.1 Bebauungsstruktur
Die nach den städtebaulichen Leitbildern der Nachkriegszeit erbauten Wohnquartiere
weisen nach mehreren Jahrzehnten, in denen sich die Planungsprinzipien und Wohnvor-
stellungen gravierend verändert haben, vielfältige städtebauliche Defizite auf. Bei den auf-
gelockerten Siedlungen der 1950er Jahre liegen Nachteile in der fehlenden Raumbildung
und in der Organisation der großzügigen Freiräume, denen es an einer Differenzierung
zwischen öffentlichen und privaten Bereichen und an Nutzungsqualität mangelt (unge-
nutztes Abstandsgrün). Hauptprobleme der Quartiere der 1970er Jahre, in denen die
Gebäude stärker raumbildend angeordnet wurden, bestehen in den großmaßstäblichen,
massiven und hohen Strukturen mit einer hohen Dichte und einem monotonen Erschei-
nungsbild (siehe auch Kap. 2.1). Während viele Gebiete noch in ihrer ursprünglichen
Bebauungsform vorhanden sind, sind in einigen Quartieren im Laufe der Zeit bereits
strukturelle Veränderungen vorgenommen worden (z. B. Nachverdichtungen, Aufstockun-
gen, punktuelle Abrisse). Es gibt auch Beispiele von Quartieren, in denen Geschosswoh-
nungsbauten abgebrochen und an deren Stelle weniger dichte Strukturen mit Einfamilien-
häusern (freistehend oder gereiht) entstanden sind.
Die Bebauungsstruktur der jeweiligen Quartiere sollte kritisch untersucht und „behut-
sam“ an die heutigen Anforderungen angepasst werden. Eine wesentliche Fragestellung
liegt darin, inwieweit in die Bebauungsstruktur eingegriffen werden kann bzw. soll. Die
Ansätze und Meinungen in der Praxis und in den Interviews gehen bei diesem Thema sehr
weit auseinander. Einerseits werden angesichts der vielfältigen Defizite (Energie, Gestal-
tung, Raumbildung, Grundrisse etc.) Abbruch und Neubebauung in veränderter Struktur
als einzig sinnvolle Strategie gesehen, die aber meist nicht finanzierbar ist. Andererseits
gibt es Forderungen, die Bebauungsstruktur als Teil der Stadtbaugeschichte weitgehend zu
erhalten und möglichst wenig in das gewohnte Wohnumfeld der Menschen einzugreifen.
Städtebauliches Spektrum:
Beibehaltung der Bebauungsstruktur (nur Veränderungen an den Gebäuden)–
Veränderungen der Bebauungsstruktur unter Erhaltung der Charakteristika der –
Bebauung (z. B. punktueller Abriss, Nachverdichtung, Aufstockungen, städtebauliche
Nachbesserungen)
Teilrückbau mit Veränderung der Bebauungsstruktur und der Gebäudetypen –
(z. B. Umbau von Plattenbauten zu Stadthäusern)
Abbruch und Neubau in veränderter Struktur (Ersatzneubau, ganze Quartiere oder –
nur Teilbereiche)432
Abbruch ohne Neubebauung (Renaturierung, neue Freiräume)–
6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)
6.2.1 Hardware Städtebau 237
Allgemeingültige Empfehlungen für die Verbesserung von Bebauungsstrukturen können
nicht gegeben werden – die städtebaulichen Defizite eines Quartiers sowie die Potenziale
des Wohnungsmarktes gilt es individuell zu erfassen und darauf aufbauend Aufwertungs-
bzw. Umbaukonzepte zu entwickeln. Es wird daher empfohlen, zunächst eine genaue Ana-
lyse mit Stärken, Schwächen sowie Potenzialen durchzuführen und in Abgleich mit der
gesamtstädtischen Entwicklung (v. a. Bevölkerungszahl, Wohnungsbedarf) zu entscheiden,
wie in städtebaulicher Hinsicht mit dem Quartier umgegangen wird. Wenn langfristig mit
einer sinkenden Nachfrage zu rechnen ist, sollten schon frühzeitig Rückbauszenarien in
Erwägung gezogen werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Solche Entscheidungen
sollten aber nur auf Grundlage eines integrierten Stadtentwicklungs- bzw. Stadtumbau-
konzept getroffen werden. Im Idealfall wird ein städtebaulicher Rahmenplan unter Betei-
ligung aller betroffenen Akteure als Handlungsgrundlage erarbeitet. Darin sollten Visio-
nen für die künftige Entwicklung des Quartiers (Wie soll das Quartier in 20 Jahren aus-
sehen?) sowie konkrete bauliche Maßnahmen aufgezeigt werden (siehe Handlungsoption
Quartiersentwicklungskonzepte, S. 225 f.).
Bauliche Verbesserungen in den Quartieren können – abgesehen von öffentlichen Flä-
chen – aber nur erreicht werden, wenn die Eigentümer zu einer Mitarbeit und zu Investi-
tionen bereit sind. Um eine Abwärtsspirale zu vermeiden, wird geraten, gravierende
städtebauliche Defizite möglichst schnell zu beseitigen. Für eine koordinierte Entwicklung
sollten der Zeitpunkt und die Gestaltung baulicher Maßnahmen der verschiedenen Eigen-
tümer aufeinander abzustimmen.
Verbesserungen des Erscheinungsbilds können wichtige Impulse auslösen und das Ver-
trauen in die Zukunft des Quartiers bestärken. Wenn Gebäude mit großen baulichen und
gestalterischen Mängeln in den Quartieren vorhanden sind, die nicht mehr mit einem ver-
tretbaren Aufwand in Stand zu setzen sind und die das Image des Quartiers beeinträchti-
gen, dann sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt über einen Abbruch nachgedacht
werden. Beispielsweise wurde aus der Praxis berichtet, dass schon ein einziges Gebäude in
sehr schlechtem Zustand die Außenwahrnehmung eines ganzen Quartiers gravierend ver-
schlechtern kann. Durch den Abriss eines maroden, stigmatisierten Hochhauses sei es
gelungen, den Stadtteil wieder zu stabilisieren und das Image erheblich zu verbessern. Für
nicht-zukunftsfähige Wohnungsbestände ist Abriss eine Option, die in jedem Fall geprüft
werden sollte.
In den gering verdichteten Siedlungen der unmittelbaren Nachkriegszeit bieten die
weitläufigen Freiflächen ein großes Potenzial für die Weiterentwicklung der Bebauungs-
struktur. Die Flächen können bei Bedarf auch für ergänzende Neubauten genutzt werden,
um so Wohnbauflächen andernorts einzusparen (Beitrag zur Innenentwicklung), die städ-
tebauliche Situation zu verbessern (z. B. Lärmschutz durch Schließung von Stirnseiten)
und auch das Wohnungsgemenge zu erweitern. Nachverdichtungen sind jedoch baurecht-
lich meist schwierig umzusetzen und in entspannten Märkten spielt die Schaffung weite-
ren Wohnraums ohnehin keine Rolle. Zudem ist die Akzeptanz bei den Bewohnern gegen-
über baulichen Ergänzungen sehr gering und es treten oft Proteste auf.433
Da die Grünflächen wesentlich zur Attraktivität dieser Quartiere beitragen, ist es wich-
tig, diese Qualität möglichst zu erhalten. Bei einem kritischen Blick auf die breite Masse
der bisherigen Veränderungen in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte zeigt sich,
Möglichkeiten, die Quartiere städtebaulich weiterzuentwickeln
432 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 b
433 Vgl. Weeber, 1997; vgl. ARGE Kirchhoff / Jacobs, 2005, S. 83 – 98
238 6 Handlungsoptionen
dass nur selten funktional und gestalterisch überzeugende Lösungen entstehen. Daher
wird empfohlen, mit den Bebauungsstrukturen dieser Zeit wertschätzender und behutsamer
umzugehen und die baukulturelle Bedeutung bei allen Eingriffen in die Bebauungsstruk-
tur angemessen zu berücksichtigen (siehe auch Handlungsbereich Baukultur und Gestal-
tungsqualität, S. 258 – 260).
Referenzprojekte
Stuttgart: Heumaden Paprikastraße
In Stuttgart-Heumaden hat das Siedlungswerk eine kleine Wohnsiedlung mit Zeilen aus
den späten 1950er Jahren in unbewohntem Zustand grundlegend erneuert. Zur städtebau-
lichen Aufwertung wurde die Zeilenbebauung durch Punkthäuser mit Eigentumswoh-
nungen ergänzt. Dadurch konnte das Wohnungsgemenge erweitert und die bestehenden
Flächenpotenziale genutzt werden. Es ist ein gelungenes Beispiel für eine Nachverdichtung
und damit verbundenen Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges einer kleinen ge-
wachsenen Siedlungseinheit.434
Köln: Buchheimer Weg
Bei der Siedlung Buchheimer Weg mit Zeilen aus den 1950er Jahren hat sich das kommu-
nale Wohnungsunternehmen wegen der sehr schlechten Bausubstanz entschieden, den
Gebäudebestand abzubrechen und die Flächen neu zu bebauen. Die Struktur der Erschlie-
ßungsstraßen wurde beibehalten und modifizierte Zeilengebäude mit einem Knick in
höherer Verdichtung errichtet (siehe Fallstudie Köln, S. 130 – 143).
Hamburg: Altenhagener Weg
In Hamburg wurden im Altenhagener Weg Zeilengebäude der 1950er Jahre modernisiert
und deren Erscheinungsbild grundlegend verändert. Darüber hinaus wurde die Bebauung
mit Punkthäusern nachverdichtet. Insgesamt ist bei diesem Projekt eine sehr hohe städte-
bauliche und architektonische Qualität erreicht worden, die beispielhaft aufzeigt, welche
großen Weiterentwicklungspotenziale in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte liegen
(siehe Fallstudie Hamburg, S. 144 – 153).435
Offenburg: Albersbösch
In Offenburg wurde in einer umfassenden Rahmenplanung die Siedlungsstruktur des
Stadtteils Albersbösch (1950er / 1960er Jahre) verbessert. Auf Grundlage einer umfassen-
den Analyse wurde ein Katalog an Maßnahmen für die bauliche Aufwertung erarbeitet.
An ausgewählten Stellen werden bestehende Gebäude mit schlechter Bausubstanz durch
Neubauten ersetzt und so eine Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges sowie eine
Aufwertung der Siedlungsstruktur erreicht (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).436
Leinefelde und Halle / Saale: Transformation von Plattenbauten
zu neuen Gebäudetypen
In der von industriellem Wohnungsbau geprägten Stadt Leinefelde (ca. 15.000 Einwohner)
hat der Frankfurter Architekt Stefan Forster in sieben Umbauprojekten Plattenbauten in
neue Wohngebäude umgewandelt. Beispielsweise wurden Geschosse reduziert oder aus
langen Plattenbauzeilen Teile abgebrochen, um so freistehende Stadtvillen zu schaffen. Die
Erdgeschosszonen wurden grundlegend umorganisiert: Wohnungen erhielten Gärten mit
direktem Zugang, Hauseingänge wurden neu positioniert und gestaltet und das monotone
Erscheinungsbild der Gebäude mit Hilfe einer durchdachten Gestaltung verändert.
Ein ähnliches Projekt entstand in der Großwohnsiedlung Halle Neustadt (im Oleander-
weg) im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Stadtumbau 2012. Ein Plattenbau
wurde zum Teil rückgebaut und neue Wohnungstypen entwickelt („Haus-im-Haus“-Woh-
nungen mit separatem Eingang und Privatgarten, Wohnungen mit Dachterrassen).
Stuttgart Heumaden, Nachverdichtung
6.2.1 Hardware Städtebau 239
Dabei handelt es sich um architektonische sehr hochwertige Projekte, die aufzeigen, wie
monotone Plattenbauten an heutige Anforderungen angepasst werden können. Allerdings
waren diese Projekte nur mit Hilfe von hohen Fördersummen realisierbar.437
Bremerhaven: Schillerstraße
Das kommunale Wohnungsunternehmen Stäwog hat in den letzten Jahren in Bremerha-
ven einige vorbildhafte Projekte in Wohnsiedlungen der 1950er bis 1960er Jahre realisiert.
In der Schillerstraße wurden schlichte Zeilenbauten umfassend modernisiert, die Erschlie-
ßung barrierefrei mit einem Laubengangelement neu organisiert sowie Wohnungsgrund-
risse verändert. Den Erdgeschosswohnungen wurden private Gärten zugeordnet. Das Pro-
jekt zeigt, wie aus simplen Zeilenbauten durch vergleichsweise kleine Eingriffe neue Woh-
nungstypen mit hoher Wohnqualität entstehen können (siehe Fallstudie Bremerhaven,
S. 154 – 163).
Köln-Niehl: Fordsiedlung
Die dreigeschossigen Zeilen aus den 1950er Jahren wurden um ein Geschoss aufgestockt
(45 Prozent mehr Wohnfläche) sowie umfassend modernisiert. Der Energieverbrauch
wurde stark reduziert und das Wohnungsgemenge ausdifferenziert. Die Aufwertung um-
fasst neue Erdgeschossgärten, Fahrradabstellanlagen, neue Verbindungswege sowie neue
Bepflanzungen.438
Lübeck: Roter Hahn
Die Wohnsiedlung „Roter Hahn“ im nördlichen Lübecker Stadtteil Kücknitz ist eine klas-
sische Stadterweiterung auf der „grünen Wiese“ der 1950er bis 1960er Jahre und ein ehe-
maliges Demonstrativbauvorhaben des Bundes. Da gerade im Bestandskern die Gebäude
technisch und wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll zu modernisieren waren, entschloss sich
die Eigentümerin, die Grundstücks-Gesellschaft „Trave“ mbH, für die Variante Abbruch
und Neubau und brachte das Grundstück in einen Wettbewerb des Innenministeriums
Schleswig-Holstein „Wohnen mit Kindern in der Stadt“ (2008) ein.
Fünf Architekturbüros erarbeiteten eine vollständige Neubebauung, die vorrangig die
Wohnansprüche von Familien mit Kindern erfüllen sollte. Der Siegerentwurf des Archi-
tekturbüros Zastrow+Zastrow wurde mit dem Bereich Stadtplanung der Hansestadt
Lübeck überarbeitet und abgestimmt. Er sieht eine Neuaufteilung des bisher gleichmäßig
Halle Neustadt, Oleanderweg
434 Vgl. Siedlungswerk gemeinnützige Gesellschaft für Wohnungs- und Städtebau mbH, 2009
435 Vgl. Fallstudie Hamburg Altenhagener Weg. In: Wüstenrot-Stiftung, 2012, S. 8
436 Vgl. Stadt Offenburg, Rahmenplan, 2011
437 Vgl. Website: http://www.stefan-forster-architekten.de/de/stadtumbau/thematik /(Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Website: http://www.stefan-forster-architekten.de/fileadmin/media/2011/Link_Dateien/Buero/Veroeffentlichungen_-_Buecher/Peter_Richter.pdf (Zugriff am 5. 1. 2013); vgl. Website: http://www.stadtumbau-ost.info/programm/Dokumentation-zum-Bundeswettbewerb-Stadtumbau-Ost.pdf (Zugriff am 5. 1. 2013)
438 Vgl. Website: http://dtp-essen.de/index.php?article_id=148 (Zugriff am 21.8.2012); vgl. Arbeitsgruppe Kooperation GdW–BDA–DST, 2011, S. 37
240 6 Handlungsoptionen
bebauten Grundstücks in drei unterschiedlich verdichtete Bereiche vor. Der Bestand wird
sukzessive von Westen nach Osten abgebrochen und mit neuen Mietwohnungen für Fami-
lien ersetzt.439
Spenge: Siedlung Mühlenweg
In der Kleinstadt Spenge wurde eine kleine Siedlungseinheit aus den 1960er Jahren in
Randlage angesichts steigender Leerstände umgebaut. Teilweise wurden Gebäude abgebro-
chen und an deren Stelle Neubauten mit besonderen Wohnformen errichtet. Die erhalte-
nen Häuser wurden im Inneren grundlegend umorganisiert und modernisiert (siehe Fall-
studie Spenge, S. 164 – 171).
Wolfsburg: Neue Burg
In dem überwiegend in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Stadtteil Detmerode
hat die Neuland Wohnungsgesellschaft mbH die Wohnsiedlung Burg grundlegend erneu-
ert (Architekten: KSP Jürgen Engel Architekten, Braunschweig). Die Ausgangslage war
von hohen Leerständen, einer gleichförmigen Bebauung, unzeitgemäßen Grundrissen und
einem steigenden Anteil älterer Bewohner geprägt. Ziele des Umbauprojektes waren eine
Imageverbesserung, eine Reduzierung des Leerstands, die Nutzung und Veränderung des
vorhandenen Bestands, die Schaffung von altengerechtem Wohnraum sowie die komplette
Aufwertung des Wohnquartiers.
Folgende Maßnahmen wurden durchgeführt: Abriss von über 100 Wohneinheiten (v. a.
zehngeschossige Wohngebäude), Umbau und Modernisierung, Umgestaltung der Wohn-
anlage, Reduzierung der zehngeschossigen Gebäude auf vier Geschosse, Grundrissverän-
derungen, Penthaus-Wohnungen mit Dachgärten, EG-Wohnungen mit Terrasse und
Zugang zum Garten, Neuordnung der Parkierung, Neugestaltung des Wohnumfeldes,
gemeinschaftliche Wohnprojekte für ältere Bewohner, Einrichtung eines speziellen Ser-
vice-Teams für die Betreuung der Bewohner, Schaffung von Service-Angeboten, Neubau
von Gebäuden, Veranstaltung von Feiern bei Abbruchmaßnahmen (Beteiligung der Wolfsburg Detmerode, Stadtumbau in der Wohnsiedlung Burg
6.2.1 Hardware Städtebau 241
Bewohner), Information der Bewohner über Abbruchtechnik, Newsletter über Bau-
fortschritt. Das Projekt ist ein gelungenes Beispiel für die hochwertige Neugestaltung
und Transformation eines Nachkriegsquartiers unter weitreichender Beteiligung der
Bewohner.440
6.2.1.2 Freiraum und Wohnumfeld
Der zeittypische Städtebau mit den großen, fließenden Freiräumen, die heute oft unzurei-
chend gepflegt werden und auch in die Jahre gekommen sind und die mangelhafte Unter-
bringung des ruhenden Verkehrs führen in vielen Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre
zu einem unattraktiven Wohnumfeld. Die Freiflächen sind meist rein funktional gestaltet
und überdimensioniert und es mangelt ihnen an Aufenthaltsqualität, sodass sie von den
Bewohnern kaum genutzt werden. Die Pflege und Unterhaltung der großen Abstandsflä-
chen sind mit erheblichen Kosten verbunden, die auf die Mieter umgelegt werden. In
ungünstigen Fällen werden die großen, nicht einsehbaren Freiflächen mit ihren Büschen
und dem gewachsenen Baumbestand als Angsträume wahrgenommen und das Sicher-
heitsgefühl der Bewohner verschlechtert sich. Vielerorts sind die Freiräume nicht barriere-
frei und schränken somit die Mobilität älterer Bewohner ein. Spielflächen für Kinder sind
zwar vorhanden, aber oft in einem mangelhaften Zustand. Häufig fehlen Räume für
Jugendliche, an denen sie sich ungestört aufhalten können. Die Erdgeschosswohnungen
verfügen meistens nicht über einen direkten Bezug zum Außenraum. Der größte Teil des
Wohnumfeldes liegt in der Hand bzw. Verantwortung der Wohnungseigentümer. Die
Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Bereichen sind fließend. Bereits einzelne
ungepflegte Flächen können sich unmittelbar auf das Erscheinungsbild des Quartiers aus-
wirken. In vielen Projekten der geförderten Stadterneuerung hat sich die Aufwertung des
Wohnumfeldes als erfolgversprechende Strategie bewährt, um Quartiere zu stabilisieren.
Die Finanzierung von Maßnahmen ohne Förderungen stellt aber ein erhebliches Problem
dar. Die Studie „Investitionsprozesse im Wohnungsbestand der 70er und 80er Jahre“ des
BMVBS hat ergeben, dass im Normalfall „Wohnumfeldmaßnahmen […] oftmals eine
geringe Priorität [haben] und kaum finanziert“ werden.441
Die zeittypischen großen Freiflächen bieten ein enormes Potenzial, die Situation in den
Nachkriegsquartieren zu verbessern. Aufwertungen im Freiraum können zu einer höhe-
ren Zufriedenheit der Bewohner, zu einem besseren Image sowie zu mehr Sicherheit und
Ordnung führen. Insbesondere Bewohner, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und
das Wohnquartier nicht täglich verlassen können (z. B. ältere Menschen, Kinder, Jugend-
liche), sind auf ein qualitätsvolles Wohnumfeld angewiesen. Der Qualität der Umgebung
kommt eine große Bedeutung für die Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen zu.
Projekte im „informellen“ Freiraum können einen großen Beitrag zur Förderung von Inte-
gration und zur Verbesserung der Nachbarschaften leisten. Ebenso wirken sich die großen
Freiräume in ökologischer Hinsicht positiv auf das Wohnumfeld aus (z. B. Verbesserung
des Luft- und Wärmeaustauschs).
Angesichts der vielfältigen Vorteile und Potenziale ist Kommunen und Wohnungsun-
ternehmen zu empfehlen, gemeinsam und in gegenseitiger Abstimmung die Freiräume in
den Nachkriegsquartieren aufzuwerten. Um das Wohnumfeld als Gesamtheit weiterzuent-
wickeln, sollten zunächst Analysen durchgeführt und darauf aufbauend ein Freiraumkon-
zept mit entsprechenden Maßnahmen erarbeitet werden. Da Kommunen im öffentlichen
Raum direkte Eingriffs- bzw. Einflussmöglichkeiten haben und selber Projekte umsetzen
können, besteht dort die Möglichkeit, erste Akzente zu setzen und darauf zu hoffen, dass
die kommunalen Vorleistungen „ausstrahlen“ und Eigentümer oder auch Bewohner zu
weiterem Engagement animieren.
Die großen Grünflächen können in vielfältiger Weise aufgewertet und anderen Nutzun-
gen zugeführt werden. Im gestalterischen Bereich bestehen Verbesserungsmöglichkeiten
in einer stärkeren Gliederung und Differenzierung der fließenden Räume, barrierefreien
Übergängen vom Gebäude in den Freiraum und eindeutigen Zuordnungen von Flächen zu
Freiraum / Wohnumfeld
439 Vgl. Verband norddeutscher Wohnungs-unternehmen, 2009, S. 37–39
440 Vgl. Website: http://www.nld.de/miete/aktuelle-projekte/neue-burg.html; vgl. Website: http://www.nld.de/neuland/zukunft-neue-projekte/neue-burg/browse/1.html; vgl. Website: http://www.german-architects.com/de/projekte/bau-der-woche-detail/37795_rueckbau_umbau_und_modernisierung_einer_wohnanlage (Zugriff am 3. 12. 2012)
441 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS), 2010, S. 83
242 6 Handlungsoptionen
bestimmten Hauseinheiten und Nutzungen oder der Umgestaltung von verwahrlosten
Müllsammelstellen. Für die verschiedenen Bewohnergruppen (v. a. Kinder, Jugendliche,
ältere Menschen) sollten entsprechend ihren Bedürfnissen Aufenthaltsbereiche und Kom-
munikationsräume eingerichtet werden. Bei der Freiraumgestaltung sollte auf das unter-
schiedliche „Freiraumverhalten“ der verschiedenen Kulturen und Altersgruppen Rück-
sicht genommen werden. Beispielsweise können Wohnungsunternehmen für die Bewohner
Mietergärten anlegen oder den Erdgeschosswohnungen direkt erreichbare, private Gärten
zuteilen. Dadurch können auch die in die Betriebskosten einfließenden Pflegekosten für
die Grünflächen erheblich reduziert werden. Allerdings wurde in den Interviews berichtet,
dass eine solche „Privatisierung“ von Freiflächen sehr genau geplant werden muss und
auch nicht immer erfolgreich verläuft. Es wurde von Projekten berichtet, in denen die
Mieter wegen des Mehraufwands gar kein Interesse an den angebotenen Gartenflächen
hatten. Vor der Anlage von Mietergärten ist es daher sinnvoll, die Akzeptanz und das
Interesse an solchen Gärten bei den Bewohnern abzufragen. Interessante Ansätze bieten
auch das Anlegen von Stadtteilgärten oder interkulturellen Gärten. Vielleicht könnte auch
das zunehmende Interesse an „Urban gardening oder farming“ in den Quartieren mit den
großen Freiflächen einen interessanten Ansatz darstellen. Es sollte in den Quartieren der
1950er bis 1970er Jahre das Ziel verfolgt werden, die bestehenden Qualitäten eines „grünen
Wohnens“ zu erhalten und die bisher oft ungenutzten Abstandsflächen zu einem kommu-
nikativen, ansprechenden und wertschätzenden Wohnumfeld weiterzuentwickeln.
Mögliche Maßnahmen und Projekte im Freiraum im Überblick:
Durchführung einer Wohnumfelduntersuchung (z. B. Zustand der Freiflächen, Eignung –
des Freiraums für die verschiedenen Nutzergruppen, Identifikation von Defiziten)
Erarbeitung eines Freiraumkonzeptes oder Rahmenplanes (idealerweise in Zusammen-–
arbeit von Kommune, Wohnungseigentümern und Bewohnern; Entwicklung von
konkreten Maßnahmen im Freiraum)
Aufwertung und Neugestaltung der Freiflächen (z. B. Verbesserung oder Anlage –
von Plätzen, neue Zonierungen und Nutzungen, Beseitigung von Barrieren)
Errichtung oder Umgestaltung von Müll- und Fahrradnebengebäuden–
Schaffung von Räumen und Flächen für Jugendliche (z. B. Skaterplatz) an geeigneten –
Standorten (Berücksichtigung der Lärmbelästigungen)
Neuordnung des ruhenden Verkehrs (z. B. neue Stellplatzflächen, neue Parkierungs-–
bauwerke; siehe dazu auch Handlungsbereich Verkehr und Erschließung, S. 254 f.)
Verkehrsberuhigungsmaßnahmen–
Nachverdichtung (städtebauliche Raumbildung, Lärmschutz an stark befahrenen –
Straßen durch bauliche Anlagen)
Aufbau von Pflegepatenschaften für Freiflächen–
Zuordnung von privaten Freiflächen zu Wohnungen (Gartenwohnungen)–
Anlage von Mietergärten–
Einrichtung von Stadtteilgärten, Schulgärten, dgl.–
Nutzung der Flächen für Urban gardening bzw. farming, Errichtung von Stadtteil –
oder Schulgärten, dgl. (z. B. Gemüsegärten als Erlebnis oder Erholungsraum)
Referenzprojekte
Bremerhaven: Am Twischkamp
Das innenstadtnahe Quartier aus den 1950er / 1960er Jahren mit ca. 250 Wohnungen in
viergeschossigen Zeilen wurde zwischen 1997 und 2003 umfangreich aufgewertet. Sowohl
im Gebäudebestand als auch im Wohnumfeld wurden Maßnahmen umgesetzt. Die
Grundrisse wurden großzügiger gestaltet, Balkone ergänzt und die Dachgeschosse ausge-
baut. Den Wohnungen wurden private Gärten zugeordnet, die durch Freitreppen aus den
Erdgeschossen und dem ersten Obergeschoss zu erreichen sind.442
Abstandsgrün – Wohnumfeld mit wenig Qualitäten: undifferenzierte Außenräume, üppige Freiräume, wenig genutzter Spielbereich mit Mängeln
6.2.1 Hardware Städtebau 243
München: Am Paulanerplatz
Zwischen 2005 und 2006 hat die GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH
ein Quartier der 1950er Jahre sowohl im Bereich der Gebäude als auch des Freiraums
umfassend aufgewertet. Das Münchner Büro Teutsch-Ritz-Rebmann Landschaftsarchitek-
ten hat die ungenutzten und zugewucherten Grünräume neu bepflanzt und gestaltet. Es
wurden neue Wegeverbindungen sowie Kommunikationsräumen geschaffen und die Flä-
chen mit Freiraummobiliar ausgestattet.443
Interkulturelle Gärten Kassel Brückenhof 444
Die Brückenhofsiedlung entstand in den 1960er Jahren und ist durch großmaßstäbliche
Baustrukturen gekennzeichnet. Gemeinsam mit der Siedlung Mattenberg wurde die
Brückenhofsiedlung 2004 in das Programm Stadtumbau West aufgenommen (Stadt-
umbaugebiet Oberzwehren). Es wurden interkulturelle Gärten geschaffen, um Räume für
Begegnungen unterschiedlicher Kulturen zu schaffen, den Austausch durch die gemein-
same Bewirtschaftung der Flächen zu fördern und einen Beitrag zur Stadtökologie zu
leisten.445
Der internationale Garten Brückenhof wurde vom Frauentreff Brückenhof initiiert und
in der unmittelbaren Wohnumgebung umgesetzt. Ein 1.700 qm großes, gepachtetes
Grundstück wird seit 2008 gemeinsam von einer Gruppe Interessierter bewirtschaftet.
Das Projekt leistet einen Beitrag zur Gestaltung des Wohnumfeldes und trägt zur Aneig-
nung bei.
Deutscher Landschaftsarchitekturpreis – Sonderpreis Wohnumfeld 2011:
Elefantensiedlung Ulm
Neben der großen Bedeutung sozialer Projekte für die Aneignung und Aufwertung des
Wohnumfeldes können besonders ambitionierte Freiraumgestaltungen erheblich zur
Imageverbesserung von Nachkriegsquartieren beitragen. Der Bund Deutscher Land-
schaftsarchitekten lobt in zweijährigem Turnus einen bundesweiten Landschaftsarchitek-
turpreis aus. Im Wettbewerb 2001 wurden die neu gestalteten Freibereiche in der Ulmer
Elefantensiedlung, einer Schlichtwohnsiedlung aus den 1950er Jahren, ausgezeichnet (Fer-
tigstellung 2007, ver.de Landschaftsarchitektur Freising). „Zu der ganzheitlichen Sanie-
rung gehört auch die geschickte und behutsame Ergänzung und Umgestaltung der Freiflä-
chen. Dabei wird Störendes – wie Garagen – entfernt und Wertvolles – wie der 60jährige
Baumbestand – erhalten und gepflegt. Mit einfachen Mitteln werden neue geschützte Räu-
me geschaffen, Identitäten vorhandener Räume gestärkt und die Adressenbildung unter-
stützt. Die Landschaftsarchitektur stellt sich hier dezent und selbstverständlich in den
Dienst der gemeinsamen Aufgabe und leistet so einen wichtigen Beitrag zu einem gelunge-
nen Werk.“ 446
Themenbezogene Literatur
Müller, Christa (Hg.): Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. München 2001.
oben und Mitte: Bremerhaven, Bebauung Am Twischkamp: Neuordnung der Freiflächen durch Zuordnung privater Gärten
unten: Beispiel eines neu gestalteten Grün-flächenbereichs als Seniorenspielplatz
442 Vgl. Gerlach, Ulf: Quartiersbezogene Entwick-lungskonzepte. In: vdw Niedersachsen, Magazin 4/2005, S. 22 – 24; vgl. Website: http://www.klima-sucht-schutz.de/bestpractice-archiv/bremen/daemmung/modernisierung-einer-mehrfamilienhaussiedlung/121130.html (Zugriff am 24. 1. 2013)
443 Vgl. Website: http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/wohnumfeldgestaltung-muenchen-au-paulanerplatz-muenchen/ (Zugriff am 3. 12. 2012)
444 Vgl. Website: http://www.stadtumbau-hessen.de/tiny_docman/files/SUH_Profil_E08_Kassel.pdf (Zugriff am 25. 1. 2013)
445 Vgl. Website: http://www.stiftung-interkultur.de (Zugriff am 25. 1. 2013)
446 Vgl. Website: http://www.deutscher-landschaftsarchitektur-preis.de/preistraeger-2011/sonderpreis-2011/freianlagen-elefantensiedlung-neu-ulm/ (Zugriff am 25. 1. 2013)
244 6 Handlungsoptionen
6.2.2 Gebäude
6.2.2.1 Gebäudebestand
Die Gebäude der Nachkriegsjahrzehnte weisen heute häufig Bauschäden und baukon-
struktive Probleme wie Schimmelbildung oder mangelnden Schallschutz auf. Die Bausub-
stanz hat oft energetische Mängel, was zu hohen Energieverbräuchen und CO2-Emissio-
nen führt. Die Belastung der Bewohner durch die sogenannte zweite Miete steigt. Da die
Gebäude bei Weitem nicht den heutigen Standards (v. a. Energie) entsprechen, können sich
daraus erhebliche Vermarktungsschwierigkeiten ergeben. Insbesondere Substandardwoh-
nungen werden zunehmend unvermietbar bzw. unverkäuflich. Die Schlichtbauten der
1950er Jahre sind in bautechnischer Hinsicht besonders problematisch einzustufen – ab
den 1960er Jahren wurde mit rationalisierten Fertigungsmethoden zunehmend solider,
aber keineswegs schadensfrei gebaut. Die Sanierungs- bzw. Modernisierungsstrategien der
Unternehmen gehen weit auseinander. In den geführten Interviews zeigte sich, dass die
Entscheidungen über das Ausmaß der Verbesserungen an den Gebäuden individuell je
nach Rahmenbedingungen im Quartier getroffen werden. Die Kosten und deren Refinan-
zierbarkeit sind ausschlaggebend für den realisierten Standard.
Der Nachkriegswohnungsbestand ist vielerorts von einem erheblichen Instandhaltungs-
stau geprägt. Die Konzentration von baulich mangelhaften Gebäuden kann sich nachteilig
auf die Quartiersentwicklung auswirken. Um die Vermietbarkeit langfristig zu sichern,
kommen Wohnungseigentümer immer mehr in Zugzwang, in ihren Bestand zu investie-
ren und an aktuelle Standards anzupassen. Allerdings fehlt es den Wohnungsunterneh-
men meist an finanziellen Mitteln für die notwendigen Bestandsverbesserungen bzw. an
Möglichkeiten die Modernisierungskosten auf die Miete umzulegen (siehe auch Hand-
lungsoption Investitionen in die Bestände, S. 203 –207). Bei Investitionen in die mangelhaf-
te Gebäudesubstanz stellt sich zudem die Frage, inwieweit eine Anpassung an aktuelle
Standards wirtschaftlich möglich ist oder ob ein Bestandsersatz (Abriss und Neubau) auf
lange Sicht sinnvoller und wirtschaftlicher ist.447 „Gerade wenn es darum geht, die Woh-
nungen altengerecht bzw. barrierefrei zu modernisieren, bildet der Bestandsersatz aus
Sicht einzelner Wohnungseigentümer häufig die wirtschaftlichere Alternative zur Kom-
plettmodernisierung.“ 448
In schrumpfenden Regionen ist ohnehin zu hinterfragen, ob überhaupt alle Gebäude
erhalten werden können bzw. bei welchen Gebäuden ein Abbruch am ehesten in Frage
kommt. Vor Sanierungen / Modernisierungen sollte genau geprüft werden, ob ein Quartier
eine langfristige Entwicklungsperspektive hat oder ob es möglicherweise sinnvoller ist,
nicht durchgreifend zu sanieren, sondern mit kleineren, effektiven Maßnahmen Verbesse-
rungen für die Restnutzdauer anzustreben.
Angesichts der steigenden Energiekosten und der zunehmenden Zahl älterer Bewohner
sollten die Prioritäten auf der energetischen Ertüchtigung sowie der Reduzierung von Bar-
rieren liegen. Bei der energetischen Verbesserung sollte auf ein angemessenes Kosten-Nut-
zen-Verhältnis und auf die gestalterische Qualität geachtet werden. Insbesondere durch
den Anbau von Balkonen und die Erneuerung der Ausstattung (v. a. Bad, Küche) können
Gebäude der 1950er bis 1970er Jahre an die aktuelle Nachfrage angepasst werden.
Ein zielführender Ansatz kann darin liegen, nicht alle Gebäude in einem Quartier auf
einen gleichen Stand(ard) zu bringen, sondern verschiedene Angebote zu schaffen. Im
Idealfall basieren Verbesserungen an einem Gebäude auf einem zuvor unter Beteiligung
aller Eigentümer erarbeiteten Quartiersentwicklungskonzept. Bei Baumaßnahmen eröff-
nen die gleichen, meist einfachen Bauweisen und der große Bestand bei einem entspre-
chenden Vorgehen große Rationalisierungspotenziale – insbesondere dann, wenn sich die
Eigentümer in den Quartieren zu gemeinsamen Maßnahmen zusammenschließen.449
Mögliche Maßnahmen zur Anpassung bzw. Verbesserung des Gebäudebestandes:
Sanierung oder Modernisierung der Gebäude (idealerweise auch unter Beteiligung –
der Bewohner)
oben: Die Gebäude weisen oft Bauschäden auf.unten: In den Gebäuden wurden oft gesundheits-gefährende Materialen verbaut, die beseitigt werden sollten.
Gebäudebestand
6.2.2 Hardware Gebäude 245
Energetische Ertüchtigung der Gebäude (Senkung der Energiekosten, Erneuerung –
der Fenster, der Heizungsanlage und Gebäudehülle)
Reduzierung von Barrieren (Schaffung von altengerechtem Wohnraum)–
Verbesserung bzw. Erneuerung der Haustechnik–
Erneuerung der Ausstattung der Wohnung (Bad, Küche)–
Ausdifferenzierung des homogenen Wohnungsgemenges (z. B. Wohnungs-–
zusammenlegungen, Grundrissänderungen)
Entfernung von gesundheitsgefährdenden Substanzen–
Anbau von Balkonen–
Aufstockung–
Einbau von Aufzügen–
Aufwertung der oft unattraktiven Eingangssituationen zu den Gebäuden –
Unterscheidung von grundsätzlichen Erneuerungsstrategien:
Instandhaltung und -setzung der Gebäude und Wohnungen (nur das Notwendige –
wird gemacht)
Sanierung oder Modernisierung in unterschiedlichem Ausmaß (z. B. umfassende –
Aufwertung der Gebäude, energetische Modernisierung, Reduzierung von Barrieren,
Einbau von Aufzügen)
bauliche Anpassung der Wohnungen an aktuelle Wohnbedürfnisse (Grundriss-–
änderungen)
Abriss von Gebäuden mit besonders schlechter Gebäudesubstanz und unzeitgemäßen –
Grundrissen
Referenzprojekte
Hagen: Höxterstraße
Die GWG Hagen hat das vorher problematische Wohnquartier „Höxterstraße“ (1974 / 1975)
durch umfangreiche Modernisierung und völlige Neugestaltung der Außenanlagen aufge-
wertet. Unter Beteiligung der Bewohner wurden die Fassaden und die Eingangsbereiche
neu gestaltet, Fenster, Dächer, Solaranlagen, Treppenhäuser und Außenanlagen erneuert.
Der Umbauprozess wurde von dem Filmemacher Adolf Winkelmann in dem Film „Ein
neues Kleid für 17 Kisten“ dokumentiert.450
München: Sanierung eines neungeschossigen Hochhauses
Die GEWOFAG Projektgesellschaft mbH aus München hat ein neungeschossiges Wohn-
Hochhauses (Baujahr 1963) in verkehrsbelasteter Lage modernisiert. In einem beschränk-
ten Realisierungswettbewerb wurde ein geeignetes Sanierungskonzept gesucht. Das Sieger-
projekt sieht einen ganzheitlichen Umbau vor, der neben einer Verbesserung des Energie-
standards auch eine maßgebliche Steigerung der Wohnqualität versprach. Der Standard
„KfW-Effizienzhaus 40“ nach der Energieeinsparverordnung 2007 wurde erreicht. Zudem
wurden Wohnungen zusammengelegt und möglichst viele Barrieren reduziert. Zentraler
Bestandteil des Umbaus war der Abriss der bestehenden Balkone, die durch eine selbsttra-
gende, vorgestellte Betonskelettkonstruktion mit größeren, verglasten Balkonen ersetzt
wurden.451
Passivhochhaus in Freiburg
Im Freiburger Stadtteil Weingarten-West wurde ein Hochhaus aus den 1960er Jahren zum
Passivhaus umgebaut. Das Projekt ist sowohl architektonisch als auch energetisch vorbild-
lich, konnte jedoch nur mit Finanzhilfen der Städtebauförderung umgesetzt werden (Sozi-
ale Stadt-Gebiet Freiburg Weingarten-West 2006 – 2014). Unter Einbeziehung der ehemali-
gen Balkone und Optimierung der Wohnungsgrundrisse konnten insgesamt 49 zusätzliche
Wohnungen geschaffen werden. Neue Balkone wurden thermisch entkoppelt vor das
Gebäude gestellt. Neben der energetischen Sanierung und der Erneuerung der Haustechnik
Passivhochhaus, Freiburg, Bugginger Straße
447 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), 2012 b
448 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 37
449 Vgl. Bauforum Rheinland-Pfalz, 2004, S. 6
450 Vgl. Website: http://www.gwg-hagen.de/fileadmin/user_upload/PDFs/Hoexter_DW_10_2010.pdf (Zugriff am 22. 1. 2013); vgl. Website: http://www.gwg-hagen.de/modernisie-rung-bauvorhaben/wohnquartier-hoexterstrasse/ (Zugriff am 22. 2. 2013)
451 Vgl. Website: http://www.baulinks.de/webplugin/2012/1394.php4 (Zugriff am 22. 1. 2013)
246 6 Handlungsoptionen
wurde der Hauseingang barrierefrei gestaltet. Im Erdgeschoß entstanden Flächen für
soziale Einrichtungen. Ein Concierge dient als Ansprechpartner für alle Mieter. Die Frei-
flächen wurden unter intensiver Bürgerbeteiligung als großer Garten gestaltet.452
6.2.2.2 Wohnraum
Die zeittypischen Wohnungen, die zum Teil noch von den ersten Beziehern im Ursprungs-
zustand bewohnt werden, werden heute von vielen Nachfragern nicht mehr angenommen.
Die Qualität der Grundrisse kann aber nicht pauschal als unzureichend eingestuft werden –
so sind durchaus auch Wohnungstypen entstanden, die zwar nicht mehr wie einst für
Familien, aber heute für kleinere Haushalte durchaus geeignet sind. In den 1950er Jahren
waren die Wohnungen zunächst sehr klein (durchschnittlich ca. 50 qm). Nach der Verab-
schiedung des 2. Wohnungsbaugesetzes 1956 nahmen die Flächenstandards zu und er-
reichten ungefähr jene des sozialen Wohnungsbaus heute.453
In vielen Nachkriegsquartieren entstehen zunehmend Probleme, da viele ältere Men-
schen in Wohnungen leben, deren Ausstattung nicht den Erfordernissen des Alters ent-
sprechen.454 Es gibt keine Aufzüge und im Außen- und Innenraum Barrieren, die das
Leben mobilitätseingeschränkter Menschen erheblich erschweren. Aber nicht nur für ältere
Menschen ist dies von Relevanz – in den Interviews wurde berichtet, dass auch bei jünge-
ren Haushalten Barrierearmut / -freiheit bei der Wohnungswahl eine immer wichtigere
Rolle spielt. Verbesserungen des Wohnraums und des Wohnwerts sollten daher einen
wesentlichen Bestandteil bei Qualifizierungsstrategien darstellen.
Im Idealfall sollte die Qualität der Wohnungen im Rahmen der Erstellung eines Quar-
tierskonzeptes untersucht und darauf aufbauend Ziele entwickelt werden, wie die ver-
schiedenen Wohnbedürfnisse (z. B. von Familien, Singles, älteren Menschen) erfüllt wer-
den können. Die Wohnungen sollten sowohl an die Bedürfnisse von älteren Bewohnern
als auch von zuziehenden Haushalten angepasst werden. Die meisten Geschosswohnungs-
bauten der Nachkriegsjahrzehnte verfügen nicht über Aufzüge. Da der An- bzw. Einbau
von Aufzügen sehr kostspielig ist, sollten Alternativen gesucht werden. Eine Strategie kann
beispielsweise darin bestehen, dass Wohnungsunternehmen sämtliche Erdgeschosswohnun-
gen auf ihre Eignung für altengerechtes Wohnen überprüfen und durch Umzugsmanage-
ment bzw. -hilfen die Unterbringung von älteren Bewohnern in diesen Wohnungen vor-
antreiben. Da ältere Menschen oft Bedenken hinsichtlich der Sicherheit in Erdgeschoss-
wohnungen haben, muss diesen besonderen Sicherheitsbedürfnissen Rechnung getragen
werden (Einbau von Rollläden, Sicherheitsschlösser, dgl.). Im Hinblick auf altengerechtes
Wohnen können die oft kritisierten Hochhäuser wegen ihrer Aufzüge eine neue Bedeu-
tung gewinnen. Es wird Unternehmen empfohlen, Wohnungen in Hochhäusern barriere-
frei (oder barrierearm) zu gestalten und den Bewohner anzubieten, innerhalb des Quar-
tiers in eine altengerechte, bezahlbare Wohnung umzuziehen.
In den Interviews mit der Wohnungswirtschaft hat sich gezeigt, dass Grundrissverän-
derungen wegen der hohen Kosten nur selten durchgeführt werden. Oft sind größere Ein-
griffe auch aus statischen Gründen nicht mit einem vertretbaren Aufwand möglich. Da
die Qualität und die Gestaltung des Wohnraums für Menschen an Bedeutung gewinnen
(Wohnen als Statussymbol), haben bereits einige Wohnungsunternehmen darauf reagiert
und gewähren z. B. ihren Mietern Mitsprache bei der Ausstattung des Wohnraums. Bei-
spielsweise unterhalten einige Unternehmen eigene Ausstellungsräume, in denen verschie-
dene Ausstattungsvarianten gezeigt werden. Gerade in entspannten Wohnungsmärkten
kann dadurch die Kundenbindung erhöht und drohende Leerstände vermieden werden.
Übersicht über mögliche Maßnahmen im Bereich des Wohnraums:
Reduzierung von Barrieren in den Wohnungen, Gebäuden und auch im Wohnumfeld–
Erneuerung bzw. Verbesserung der Ausstattung (v. a. Bad, Küche)–
Veränderung der Grundrisse (Vergrößerung von Räumen, Zusammenlegung von –
kleinen Wohnungen)
Hochhaus – oft gut geeignet für altengerechtes Wohnen, da Aufzüge bereits vorhanden sind
Wohnraum
6.2.2 Hardware Gebäude 247
Anbau / Einbau von Aufzügen–
Prüfung der Eignung von Erdgeschosszonen und Wohnungen in Hochhäusern für –
altengerechtes Wohnen (Unterbringung von älteren Menschen in diesen Wohnungen,
Einrichtung von Umzugsmanagement)
Referenzprojekt
Bremerhaven Schillerstraße
Im innenstadtnahen Stadtteil Geestemünde hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft
Stäwog zwischen 2004 und 2007 vier Gebäudezeilen aus den 1950er Jahren umfassend
saniert und durch die Neuorganisation der Erschließung barrierefrei gestaltet. Lauben-
gänge wurden ergänzt und Aufzüge angebaut. Die Laubengänge wurden vom Gebäude
abgesetzt, sodass großzügige, lichtdurchflutete Erschließungsbereiche entstanden sind,
die auch als Ort des Austauschs dienen. Die Wohnungsgrundrisse wurden vergrößert (aus
drei wurden zwei Wohnungen), nach Süden ausgerichtet und es wurden Balkone angebaut.
Die Erdgeschosswohnungen verfügen heute über Gärten. In den Gebäuden wohnen viele
ältere Menschen, die die sehr guten Lage- und Wohnqualitäten der Bebauung schätzen
(siehe auch Fallstudie Bremerhaven, S. 154 –163).
6.2.2.3 Neue Wohnformen
Das Wohnungsgemenge in den Nachkriegsquartieren ist hinsichtlich der Wohnungsgrö-
ßen und der Grundrisse meist sehr homogen. Erst ab den 1970er Jahren wurden in den
Gebäuden vermehrt verschiedene Wohnungstypen realisiert. Eine erfolgsversprechende
Weiterentwicklungsstrategie für die Quartiere liegt darin, den bestehenden Wohnungsmix
mit neuen Wohnformen zu ergänzen.
Angesichts des steigenden Interesses vieler Menschen an Wohnprojekten bzw. Wohn-
formen mit einem erhöhten gemeinschaftlichen Anspruch könnte versucht werden, diese
Nachfragegruppe in die Bestände der 1950er bis 1970er Jahre zu lenken. Bei Quartiersent-
wicklungen sollte daher geprüft werden, ob in einer Kommune eine ausreichende Nach-
frage nach gemeinschaftlichen Wohnformen vorhanden ist und inwieweit sich der Nach-
kriegsbestand für solche Projekte eignet. Für Wohnprojekte in Nachkriegsquartieren gibt
es bisher nur sehr wenige Beispiele. Interessante Ansätze würden z. B. in Baugemeinschaf-
ten im Bestand liegen. Vorstellbar wäre der Verkauf von leerstehenden Gebäuden (z. B.
Zeilen) an eine Gruppe von Bauherren, die die Gebäude gemeinsam nach ihren Vorstel-
lungen umbauen und anpassen. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass
Gemeinschaftsprojekte eher nicht die Nachkriegsquartiere als Standort präferieren. Um
solche Initiativen für die Entwicklung der Quartiere zu gewinnen, wird es notwendig sein,
dass Kommunen und Wohnungsunternehmen entsprechende Anreize schaffen.
Da Wohnprojekte in der Regel nicht von alleine entstehen und meist externe Hilfe und
bestimmte Rahmenbedingungen benötigen, ist Kommunen und auch Wohnungsunter-
nehmen zu empfehlen, entsprechende Unterstützungsangebote für gemeinschaftliches
Wohnen mit einem speziellen Fokus auf den Bestand der 1950er bis 1970er Jahre zu schaf-
fen. Für Wohnprojekte zur Miete ist es notwendig, dass die Wohnungsunternehmen die
Trägerschaft übernehmen und bereit sind, den mit solchen Projekten verbundenen Mehr-
aufwand zu tragen. Eine zielführende Strategie könnte es sein, zunächst ein Pilotprojekt
in einem Quartier erfolgreich zu realisieren, um damit Folgeprojekte anzustoßen, die auf
den gemachten Erfahrungen aufbauen. Für die Wohnungswirtschaft bestehen Vorteile
durch Wohnprojekte in einem geringen Mietausfallrisiko und einem sorgfältigen Umgang
mit der Immobilie. Kommunen können die Entstehung von Wohnprojekten durch finan-
zielle Förderungen oder durch sonstige Hilfestellungen (z. B. Beratung hinsichtlich Rechts-
formen, Kontaktstelle) unterstützen. Die Realisierung von besonderen Wohnprojekten
kann den Beständen der 1950er bis 1970er Jahre zu neuen Qualitäten verhelfen.
Im Bereich von Wohnprojekten, die bisher meist im Neubau entstehen, gibt es bereits
viele Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden kann. Es haben sich in den letzten
Neue Wohnformen
452 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2011, S. 40
453 Vgl. Gerlach / Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen Bremen e. V., 2005, S. 22–23
454 Vgl. Edinger / Lerch, 2001
248 6 Handlungsoptionen
Jahren verschiedene Vereine und Institutionen gegründet, die Hilfestellungen anbieten
(z. B. Bundesverband Baugemeinschaften, Forum Gemeinschaftliches Wohnen e. V.).455
Um auf die Bedürfnisse der zunehmenden Zahl älterer Bewohner zu reagieren, bietet es
sich an, im Bestand der Nachkriegsjahrzehnte spezielle Wohnformen für das Wohnen im
Alter zu schaffen. Manche Gebäudetypen aus dieser Zeit, wie Mittelganghäuser, bieten
durchaus geeignete bauliche Rahmenbedingungen, um z. B. betreute Wohngruppen oder
Senioren-Wohngemeinschaften mit Einzelwohnungen und gemeinschaftlich genutzten
Flächen einzurichten. Ebenso entwickeln Wohnungsunternehmen zunehmend in Bestands-
quartieren Angebote mit barrierefreien Wohnungen für ältere Menschen, bei denen bei
Bedarf Pflegedienstleistungen dazu gekauft werden können (siehe auch Handlungsoption
Dienstleistungen und soziales Engagement, S. 207 –211). Um besondere Wohnprojekte zu
realisieren, ist Kommunen und / oder Wohnungsunternehmen zu empfehlen, mit sozialen
Trägern Kooperationen aufzubauen (z. B. AWO, DRK, Caritas) und gemeinsame Wohnan-
gebote für die verschiedenen Nachfragegruppen zu schaffen. Wegen der zunehmenden
Zahl älterer Haushalte kann künftig von einer deutlich steigenden Nachfrage nach Alter-
nativen zum Pflegeheim ausgegangen werden. Das Thema „neue Wohnformen“ wird
künftig enorm an Bedeutung gewinnen und kann mit entsprechenden Konzepten und
Angeboten einen wichtigen Ansatzpunkt für eine „neue Zukunft“ der Wohnquartiere der
1950er bis 1970er Jahre darstellen. Ohne Engagement und Mitwirkungsbereitschaft der
Wohnungsunternehmen lässt sich dies aber nicht realisieren.
Überblick über neue Wohnformen in Bestandsquartieren:
betreute Wohneinrichtungen–
Baugemeinschaften–
verschiedene Wohngemeinschaften (z. B. Demenz-WG)–
Wohnprojekte zur Miete oder im Eigentum–
Wohnangebote für Studenten (Schaffung von attraktiven Angeboten bei nachlassender –
Nachfrage zur Vermeidung von Leerstand)
Mehrgenerationenwohnen, Generationenhäuser in den Quartieren–
Wohnen mit gegenseitigen Hilfeleistungen, integrative Wohnformen–
Service-Wohnen–
Referenzprojekte
Arnstadt: Wohnprojekt „Gemeinsam statt einsam“
Auf Initiative einer kleinen privaten Gruppe von Seniorinnen ist in Arnstadt ein
Generationen-Wohnprojekt entstanden. Das städtische Wohnungsunternehmen hat dafür
zwei leerstehende Zeilenbauten aus den 1960er Jahren umgebaut und modernisiert. Für
die Finanzierung sind verschiedene Förderungen von Land und Bund in Anspruch
genommen worden. Das Projekt zeichnet sich durch seinen Entstehungsprozess und das
generationenübergreifende Wohnen aus. Die Bewohner haben einen Verein gegründet
und übernehmen zahlreiche Aufgaben bei der Bestandserhaltung. Das Projekt strahlt
positiv in den Stadtteil aus (siehe Fallstudie Arnstadt, S. 172 – 181).456
Nürnberg: St. Johannis
In dem Nürnberger Stadtteil St. Johannis bietet angesichts der steigenden Zahl von Senio-
ren und Menschen mit Hilfebedarf die Joseph-Stiftung gemeinsam mit dem Diözesan-
Caritasverband, der Caritas-Sozialstation und der Tagespflege Nürnberg-Nord e. V. das
Wohnmodell „In der Heimat wohnen – ein Leben lang“ an. Dabei wird hochwertiger
barrierearmer Wohnraum zu ortsüblicher Miete geschaffen.
Durch die enge Zusammenarbeit mit der Caritas und der Tagespflege wird eine flexible
und individuell angepasste ambulante Versorgung ohne Betreuungspauschale gewährleis-
tet. In dem Wohnquartier der 1960er Jahre wurden einige Gebäude abgebrochen und an
deren Stelle ein Neubau errichtet. Dort befinden sich eine Wohngemeinschaft für
6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 249
Demenzkranke im Erdgeschoss sowie weitere barrierefreie Wohnungen für Menschen in
allen Lebensphasen.457
Spenge: Siedlung Mühlenweg
Die kleine Wohnsiedlung aus den 1960er Jahren wurde umfassend unter teilweisem Ersatz
des Bestandes weiterentwickelt. In einem der Neubauten wurde eine Wohngruppe für
Menschen mit Altersdemenz eingerichtet, die durch eine 24-Stunden-Präsenz der Arbei-
terwohlfahrt (AWO) betreut wird. In dem Haus gibt es ebenso einen Bewohnertreffpunkt,
um die Nachbarschaft zu fördern (siehe Fallstudie Spenge, S. 164 – 171).458
Karlsruhe: MiKa – MieterInneninitiative Karlsruhe
Die MiKa ist ein gemeinschaftliches Wohnprojekt auf einem ehemaligen Kasernenareal in
Karlsruhe (Smiley-Areal). In Haus- und Arbeitsgruppen wird das Zusammenleben von
rund 220 Bewohnern organisiert, deren Lebenssituation und Lebensformen sehr unter-
schiedlich sind. 1994 entstand die Idee, drei Jahre später wurde die MiKa als Genossen-
schaft gegründet. Sie baute als Bauherrin vier ehemalige Kasernengebäude um; die künfti-
gen Bewohner waren intensiv am Prozess beteiligt, haben ihre Wohnungen selbst geplant
und Ideen für die Gestaltung der Gemeinschaftsflächen eingebracht. Ein Kultur- und
Gemeinschaftshaus ergänzt die Wohnbebauung als Forum für gemeinschaftliche und kul-
turelle Aktivitäten. Das selbstverwaltete Projekt MiKa hat sich sehr erfolgreich entwickelt
und wurde zu einem wichtigen Kristallisationspunkt im Quartier. Das Projekt wurde
bereits mehrfach ausgezeichnet und vielfach publiziert.459
Bremerhaven: Wulsdorf: Demenz-WG
Im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf-Dreibergen hat die städtische Wohnungsgesellschaft
Stäwog ein achtstöckiges Wohngebäude mit hohem Leerstand aus den 1970er Jahren auf
drei Stockwerke reduziert und anschließend zu drei Wohngemeinschaften für 24 Demenz-
kranke umgebaut. Zusätzlich wurde für eine Tagespflege-Einrichtung ein Anbau errichtet,
der die spezifischen Bedarfe demenzerkrankter Menschen berücksichtigt. Mit diesem
Wohn- und Serviceangebot haben Demenzkranke die Chance, trotz Krankheit im Quar-
tier bleiben zu können. Die AWO ist Träger der Maßnahme und für die pflegerische
Unterstützung der Bewohner der Wohngemeinschaften sowie für die Tagespflege zustän-
dig. In einem direkt angrenzenden Gebäude wurde eine Wohngemeinschaft für junge
Mütter eingerichtet. Der Freiraum wird von beiden Gruppen genutzt und ist entsprechend
gestaltet.460
Jena: JenaWohnen: Umbau eines Mittelganghauses
Die JenaWohnen GmbH und der DRK-Kreisverband Jena-Eisenberg-Stadtroda haben im
Stadtteil Lobeda in einem Bestandsgebäude eine Wohngemeinschaft für Senioren ein-
gerichtet. In dem barrierefrei zugänglichen Mittelganghaus werden in der ersten Etage
elf Einzimmerwohnungen und eine Zweizimmerwohnung mit Küche, Schlafnische, Bad
und Balkon ausgebaut. Die Wohnungen sind auf Bedürfnisse älterer Menschen mit Pflege-
stufe abgestimmt. Durch die Zusammenlegung von zwei Wohnungen im Zentrum der
Etage wurde eine große Gemeinschaftsfläche geschaffen. Dieses Wohnprojekt ermöglicht
älteren Menschen, selbständig in den eigenen vier Wänden zu leben und dabei gleichzeitig
die Vorteile einer Wohngemeinschaft sowie flexible Pflegeleistungen nutzen zu kön-
nen.461
6.2.3 Daseinsvorsorge
6.2.3.1 Soziale Infrastruktur
In den größeren Siedlungsplanungen der Nachkriegsjahrzehnte wurden meist an zentra-
len Standorten Infrastruktureinrichtungen geschaffen, die mittlerweile in die Jahre
gekommen und mit einer abnehmenden Nachfrage konfrontiert sind. In den kleineren
Demenz-WG Bremerhaven in einem ehemaligen Hochhaus (Rückbau)
455 Vgl. Websites: http://www.bv-baugemeinschaften.de; http://www.fgw-ev.de (Zugriff am 5. 1. 2013)
456 Vgl. Website: http://www.wohnstrategen.de/wohnprojekte/gemeinsam-statt-einsam-generations-wohnen-in-arnstadt-ost (Zugriff am 22. 8. 2012)
457 Vgl. Websites: https://www.joseph-stiftung.de/mieten/wohnmodelle; http://downloads.eo-bamberg.de/9/883/1/67454890684643064249.pdf (Zugriff am 3. 12. 2012)
458 Vgl. Universität Bielefeld, 2003; vgl. Universität Bielefeld, 2003/04
459 Vgl. Website http://www.mika-eg.de/index.html (Zugriff am 28. 2. 2013)
460 Vgl. Website: http://www.werkstatt-stadt.de/de/projekte/202/ (Zugriff am 3. 12. 2012); vgl. Nagel, o. J., S. 48
461 Vgl. Website: http://www.jenawohnen.de/index.php?id=79&print=1&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=371&tx_ttnews%5BbackPid%5D=22; vgl. Website: http://www.jenapolis.de/2011/03/erste-senioren-wg-oeffnet-in-lobeda-kooperation-von-jenawohnen-und-drk-mit-neuem-angebot/; vgl. Website: http://www.jenatv.de/soziales/Leben_in_der_Platte:_Senioren_WG_in_Lobeda-9085.html (Zugriff am 18. 12. 2012)
250 6 Handlungsoptionen
Quartieren wurde selten eigene Infrastruktur realisiert. Meist waren die notwendigen Ein-
richtungen in der Umgebung vorhanden oder wurden im Rahmen größerer Stadtteil-
planungen realisiert. Ist dies nicht der Fall, können die Wege zu den Einrichtungen des
täglichen Bedarfs und zu sozialer Infrastruktur lang sein. Qualitativ und quantitativ hat
sich die Infrastruktur-Nachfrage in den in kurzer Zeit aufgesiedelten Quartieren geballt
verändert. Während früher vorwiegend Familien zu versorgen waren, sind es heute vor
allem ältere Bewohner. Die Kommunen müssen auf die erheblichen Veränderungen der
Nachfragestruktur reagieren. Die Kosten für die Infrastruktur steigen, während die Nach-
frage abnimmt.
In den Interviews wurde die wachsende Bedeutung von sozialer Infrastruktur bei der
Wohnstandortwahl und der Profilbildung von Quartieren bekräftigt. Einrichtungen der
sozialen Infrastruktur sind eine Grundvoraussetzung, um eine hohe Lebensqualität in den
Quartieren zu gewährleisten. Da die soziale Infrastruktur bei der Entscheidung für einen
Wohnstandort an Bedeutung gewinnt, stellen ihre Erhaltung und Verbesserung einen
wichtigen Ansatzpunkt für die Qualifizierung von Quartieren dar. In diesem Bereich
muss Stadtumbau neben den quantitativen auch die qualitativen Aspekte berücksichtigen
und sich flexibel auf eine schwankende Nachfrage in den verschiedenen Altersgruppen
(z. B. im Bildungsbereich) einstellen. Allerdings wird es für Kommunen unter dem stei-
genden Sparzwang immer schwieriger, über das Mindestmaß hinaus in die soziale Infra-
struktur zu investieren oder in schrumpfenden Bereichen Einrichtungen zu erhalten.
Angesichts der prekären finanziellen Lage der öffentlichen Hand kann eine sinnvolle Stra-
tegie darin liegen, dass Kommunen verstärkt im Bereich der Daseinsvorsorge Kooperatio-
nen mit Wohnungsunternehmen anstreben und auch neue Trägermodelle entwickeln. Vor
dem Hintergrund dieser Problematik haben sich einige befragte Wohnungsunternehmen
durchaus offen dafür gezeigt, im Ernstfall soziale Infrastruktureinrichtungen zu unter-
stützen, um so Standortvorteile in den Quartieren zu erhalten. Einzelne Unternehmen
praktizieren dies auch schon (z. B. Bereitstellung von Räumen, finanzielle Unterstützung,
Errichtung von Kitas). Gerade auch vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen
Kita-Platz ab Sommer 2013 haben einige (v. a. kommunale) Unternehmen in den letzten
Jahren das Geschäftsmodell entwickelt, Gebäude für Kitas zu errichten und diese dann an
die Kommune zu vermieten. Solche Einrichtungen bauen die Unternehmen vorzugsweise
in der Nähe der eigenen Bestände, um von ihrer positiven Ausstrahlung zu profitieren.
Durch spezielle Infrastrukturangebote kann die Attraktivität eines Wohnstandorts ver-
bessert werden. Beispielsweise kann eine Schule mit einem besonderen Profil bewirken,
dass Familien in ein Quartier ziehen (z. B. Einrichtung einer Ganztagsschule) – von sol-
chen Effekten wurde in den Interviews durchaus berichtet.
Wenn die Nachfrage sinkt, wird es sich in vielen Kommunen nicht vermeiden lassen,
Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zu schließen. In diesen Fällen ist die Entschei-
dung, welche Standorte geschlossen werden, von großer Bedeutung für die Quartiere der
Nachkriegsjahrzehnte. Kommunen wird empfohlen, genau zu prüfen, wie sich die Schlie-
ßung einer Einrichtung auf die umliegenden Gebiete auswirken kann, und der Erhaltung
von Einrichtungen in bzw. in der Nähe von Nachkriegsquartieren Priorität einzuräumen,
um diese Standortvorteile zu erhalten.
Der Handlungsebene des Quartiers kommt beim Thema „Wohnen und Leben im Alter“
eine wachsende Bedeutung zu. Eine Studie über Lebensräume zum Älterwerden stellt fest:
„Die Zukunft des Wohnens bis ins hohe Alter liegt im Quartier.“ 462 Dies trifft zwar auf
alle Stadtquartiere zu, ist aber für Gebiete der 1950er bis 1970er Jahre angesichts des hohen
Anteils älterer Bewohner von besonderer Relevanz. Um den älteren Menschen ein mög-
lichst langes, selbständiges Leben im Quartier zu ermöglichen, sollte der Aufbau von
unterstützenden Dienstleistungen, Pflegeangeboten und Einrichtungen verstärkt werden.
Kommunen und Wohnungsunternehmen sollten gemeinsam überlegen, wie die Quartiere
an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst und entsprechende Strukturen (z. B. mit
karikativen Trägern) aufgebaut werden können. Neben altengerechten Wohnformen könn-
Soziale Infrastruktur
6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 251
ten Beratungs-, Dienstleistungs- und Pflegeangebote geschaffen werden. Einen besonders
interessanten Ansatz stellt beispielsweise die Errichtung von Pflegestützpunkten oder
ambulanten Betreuungsangeboten dar (nach dem Vorbild des niederländischen Modells
der betreuten Wohnzonen).463 Da sich ältere Bewohner oft informelle Treffpunkte im
Wohnumfeld wünschen, kann die Einrichtung solcher Räume erheblich zur Lebensquali-
tät beitragen.
In den Nachkriegsquartieren besteht ein sehr großes Potenzial darin, die verschiedenen
Bereiche sozialer Infrastruktur „sozialraumorientiert“ miteinander zu verknüpfen. Fragen
der Altenpflege, Kinderbetreuung, Bildung, Jugendliche etc. sollten in den Quartieren
gemeinsam betrachtet und Synergien aufgebaut werden. Durch eine Zusammenarbeit
könnten Ressourcen gemeinsam genutzt und verschiedene Bewohnergruppen miteinander
vernetzt werden (generationenübergreifender Ansatz, Integration, Inklusion). Ein interes-
santer Ansatz liegt z. B. in der Entwicklung von „flexiblen Gebäuden“, in denen je nach
Bedürfnissen bzw. Alter der Bewohner infrastrukturelle Angebote im Laufe der Zeit ein-
gerichtet werden können. Als Reaktion auf die veränderte Nachfrage können Anpassungs-
strategien im Bereich der sozialen Infrastruktur von Um- bzw. Rückbau über veränderte
Nutzungskonzepte bis hin zu neuen Trägerschaften und Kooperationsstrukturen mit ver-
schiedenen Einrichtungen reichen.464
Überblick über mögliche Maßnahmen im Bereich der sozialen Infrastruktur:
Erstellung von Analysen und Konzepten für Einrichtungen der sozialen Infrastruktur –
für die Gesamtstadt
Erhaltung vorhandener sozialer Infrastruktur zur Vermeidung weitere Attraktivitäts-–
verluste
Verbesserung der vorhandenen Infrastruktur (z. B. besondere Bildungs- oder –
Betreuungsangebote)
Aufbau einer Zusammenarbeit mit verschiedenen Trägern–
Entwicklung von Pflegeangeboten–
Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen zur Schaffung oder Erhaltung von –
sozialer Infrastruktur (z. B. Errichtung der Gebäude durch Wohnungsunternehmen)
Schaffung von Einrichtungen für die Betreuung der älteren Bewohner in den –
Quartieren, Einrichtung von Pflegestützpunkten oder Sozialstationen in den
Quartieren (z. B. Demenz-Einrichtungen)
Schaffung von Angeboten für Jugendliche–
bei Wegbrechen von sozialer Infrastruktur Verbesserung der verkehrlichen Anbindung –
zu den nächstgelegenen Einrichtungen
Einrichtungen der Gemeinwesenarbeit in den Quartieren (Schaffung von Kontakt-–
stellen in den Quartieren), Quartiersmanagement (siehe auch Handlungsoption
Quartiersmanagement, S. 228 – 230)
zunächst Prüfung des Bestandes hinsichtlich der Eignung für soziale Infrastruktur vor –
Errichtung von Neubau, z. B. Bereitstellung von leerstehenden Wohnungen für Einrich-
tungen der sozialen Infrastruktur
Nutzung der KfW-Programme für den Bereich Soziale Infrastruktur–
Referenzprojekte
Essen: Tätigkeiten der Allbau AG im Bereich soziale Infrastruktur
Die Allbau AG hat es sich in Essen zum Programm gemacht, den flächendeckenden Aus-
bau von Betreuungsplätzen durch den Bau von Kitas – v. a. in Quartieren mit eigenen
Beständen – voranzutreiben. Vorzugsweise nutzt das Unternehmen bestehende Gebäude
zu Kindertagesstätten um. Die Allbau AG errichtet als Investor die Gebäude, die dann von
verschiedenen Trägern übernommen werden. Darüber hinaus werden von dem Unterneh-
men verschiedene quartiersbezogene Projekte durchgeführt.465
In Wohnquartieren der Nachkriegsjahrzehnte nehmen Pflegeangebote an Bedeutung zu.
462 Netzwerk: Soziales neu gestalten, 2009, S. 8
463 Vgl. Michell-Auli / Kuratorium Deutsche Alters-hilfe, 2011; vgl. Netzwerk: Soziales neu gestalten (SONG), 2008
464 Vgl. Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V., 2007, S. 128
465 Vgl. Allbau AG, Essen, 2009/2010, S. 23
252 6 Handlungsoptionen
Offenburg: Stadtteil- und Familienzentren
In Offenburg gibt es seit den 1990er Jahren in mehreren Stadtteilen sogenannte Stadtteil-
und Familienzentren. Dabei werden verschiedene kommunale soziale Dienstleistungen
sozialraumorientiert miteinander verknüpft. Sie vereinen Kinder-, Jugend-, Erwachsenen-
und Gemeinwesenarbeit und fördern bürgerschaftliches Engagement und Nachbarschaf-
ten (siehe Fallstudie Offenburg, S. 84 – 93).466
6.2.3.2 Nahversorgung
Der Zugang zu einer wohnortnahen Versorgung mit Waren und Dienstleistungen des täg-
lichen Bedarfs ist heute ein wichtiger Bestandteil der Lebens- und Wohnqualität und somit
ein wichtiger Faktor für positive Quartiersentwicklungen. Nachdem sich in den letzten
Jahren im ländlichen Raum die Nahversorgungssituation kontinuierlich verschlechtert hat,
sind mittlerweile auch verstärkt Stadtteile und kleinere Nebenzentren von Problemen
betroffen. Vielerorts haben bereits kleine Lebensmittelläden geschlossen, sodass sich die
wohnortnahe Versorgung mit Waren des kurzfristigen Bedarfs gerade für ältere und
mobilitätseingeschränkte Bewohner erheblich verschlechtert hat. Leerstehende Ladenlo-
kale, eine schlechtere Versorgung sowie ein weiterer Verlust von Standortqualitäten sind
die nachteiligen Folgen. In manchen Interviews wurde auf die (noch) gute Ausstattung mit
Einzelhandel in den großen Wohnsiedlungen als großer Vorteil hingewiesen.
Falls noch Nahversorgungseinrichtungen in den Nachkriegsquartieren oder in der
Nähe bestehen, ist dringend geraten, sich um deren langfristige Erhaltung zu bemühen.
Oftmals lassen sich Nahversorgungseinrichtungen allerdings nicht mehr wirtschaftlich
betreiben und brechen weg. In den letzten Jahren sind in vielen Kommunen erfolgreich
alternative Konzepte und Betriebstypen entstanden, um die Versorgung mit Waren und
Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu sichern. Eine Möglichkeit liegt z. B. in Klein-
flächenkonzepten, die auf Grundlage einer vertraglichen Bindung an einen Großhandels-
partner funktionieren. Die Läden sind Teil einer Ladenkette und werden in der Regel von
selbständigen Kaufleuten, Bürgergesellschaften und Genossenschaften oder ehrenamtlich
durch einen Verein geführt (z. B. „Ums Eck“). Vorstellbar sind auch Kooperationen mit
karikativen Einrichtungen zur Unterhaltung von Nahversorgungseinrichtungen, die sich
zusätzlich durch einen gesellschaftlichen Mehrwert auszeichnen (z. B. Integrationsmärkte).
Um eine umfassende Versorgung der Bewohner zu gewährleisten, gibt es auch Modelle,
Grundversorgungsangebote mit sonstigen Dienstleistungen zu bündeln und so kleine
Dienstleistungszentren zu schaffen (z. B. Bäcker mit Postdienstleistungen). Falls bereits
leerstehende Geschäfts- bzw. Gewerbegebäude in Quartieren existieren, sollte zügig über
Nachnutzungsmöglichkeiten und, wenn diese fehlen, über einen Abriss nachgedacht wer-
den, da die ungenutzten Gebäude das Erscheinungsbild beeinträchtigen und ein offen-
sichtliches „Zeichen“ aufkommender Probleme darstellen. Um eine fehlende Nahversor-
Stadtteil- und Familienzentrum Nord-West, Selbstlernzentrum und Mensa, Offenburg
Nahversorgungseinrichtungen: wichtig für die Lebensqualität im Quartier, aber oftmals von Leerstand bedroht
6.2.3 Hardware Daseinsvorsorge 253
gung zu kompensieren, besteht – ebenso wie bei wegbrechender sozialer Infrastruktur –
eine Lösungsstrategie darin, die verkehrliche Anbindung bzw. die Erreichbarkeit der
nächstgelegenen Versorgungseinrichtung zu verbessern (siehe auch Handlungsbereich Ver-
kehr und Erschließung, S. 254 f.).
Überblick über mögliche Strategien zur Erhaltung und Stärkung vorhandener Nahversor-
gung:
Erstellung von Einzelhandels-, Zentren- und Nahversorgungskonzepten –
(ggf. auch in interkommunaler Abstimmung)
Kontaktaufnahme und Unterstützung der Betreiber durch die Kommune –
(z. B. Verhinderung von Konkurrenz durch großflächigen Einzelhandel)
Förderung von Existenzgründungen bei Nahversorgungseinrichtungen–
Profilbildung und Werbemaßnahmen für die lokale Versorgung („Kauf im Ort –
bzw. im Quartier“)
Verkleinerung der Verkaufsflächen (Umsetzung von Kleinflächenkonzepten)–
Erweiterung des Angebots durch Dienstleistungen oder ein spezielles Sortiment –
(z. B. regionale Produkte)
Schaffung kleiner „Dienstleistungszentren“ in den Quartieren–
Aufbau neuer Versorgungsmodelle: mobile Anbieter, Bringdienste, Einkaufs-Shuttle, –
Wochenmärkte in den Quartieren, etc.
Referenzprojekte
Modellprojekt „Die Zukunft der Nachbarschaftsläden“
Ziel der 2011 publizierten Studie war es, Lösungen aufzuzeigen, wie eine wohnortnahe
und dezentrale Versorgung der Bevölkerung, insbesondere im ländlichen Raum und in
peripheren Stadtrandlagen aufrecht erhalten werden kann.467 „Vorrangiges Ziel des Pro-
jektes ist daher die modellhafte Entwicklung wirtschaftlich tragfähiger und nachhaltiger
Betreiberkonzepte unter Berücksichtigung sowohl wirtschaftlicher Zielvorstellungen und
Notwendigkeiten aus Betreibersicht als auch der Zielvorstellungen des Städtebaus und
Regionalplanung.“468
Unterschiedliche Fallstandorte wurden mit verschiedenen Standortkategorien gewählt,
darunter Zentren in verdichteten Quartieren der 1960er Jahre, mit und ohne Nahversor-
gung. Zudem wurden Stärken-Schächen-Analysen erarbeitet und dabei die Sichtweisen
den Kommunen (Hauptinteresse: flächendeckende Versorgungsinfrastruktur) und der
Betreiber (Hauptinteresse: wirtschaftlicher Erfolg) mit einbezogen. Parallel zur Analyse
der Fallstandorte wurden Best-Practice Beispiele untersucht. Fallbeispiel für den Typ
„Quartierszentrum der 1960er / 1970er Jahre“ war die Siedlung „Auf der Lieth“ in Pader-
born. Aus der Untersuchung wurden Erfolgsfaktoren für nachhaltig funktionierende Nah-
versorgungseinrichtungen erarbeitet. Dabei wurden ebenso die Objekteigenschaften (z. B.
Ladenflächen mit mindestens 300 qm, Barrierefreiheit, Erreichbarkeit) als auch potenzielle
Betreiberprofile, Angebotskonzeptionen und die planerische Absicherung mit einbezogen
sowie beispielhafte Umsetzungsprozesse skizziert.
MANDIE
Im Rahmen des INTERREG-Projektes „MANDIE – Managing District Centres in North
West Europe“, das zwischen 2009 und 2011 durch den Europäischen Fonds für Regionale
Entwicklung gefördert wurde, haben elf Partner, darunter Kommunen, Verbände und
Hochschulen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Großbritannien, Methoden
für das Management von Stadtteilzentren entwickelt. Ziel war die Stärkung von kleineren
Stadtteilzentren, auch in Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte. Es wurden Strategien
erprobt und Handlungsempfehlungen aufgezeigt, die beispielhaft umgesetzt wurden. Die
Sicherung der Nahversorgung in Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre war dabei ein
wichtiges Thema.469
Survival Kit forRetail in ailing districtsA little guide to successful retailing in declining areas …
MANDIE District Centre Management
466 Vgl. Stadt Offenburg, 2007;vgl. Becker, 2003
467 Vgl. Website: http://www.bbe-standort.de/download/Endbericht%20Kurzversion.pdf (Zugriff am 26. 1. 2013)
468 Vgl. Website: http://www.bbe-standort.de/download/Endbericht%20Kurzversion.pdf S. 2(Zugriff am 26. 1. 2013)
469 Weitere Informationen unter: http://www.district-management.eu; vgl. Brombach / Kurth / Simon-Philipp, 2011
254 6 Handlungsoptionen
6.2.4 Verkehr und Erschließung
6.2.4.1 Anbindung und Mobilität
Je nach Lage der Quartiere im Siedlungsgefüge spielt die Qualität der verkehrlichen
Anbindung eine wichtige Rolle für die künftige Entwicklung. Eine mangelhafte Erreich-
barkeit v. a. bei peripher gelegenen Quartieren kann sich nachteilig auf die Attraktivität
des Wohnstandorts auswirken und so in weiterer Folge die Zukunftsfähigkeit beeinträch-
tigen. Da Nachkriegsquartiere nach der Fertigstellung oft nicht gut an den öffentlichen
Personennahverkehr angebunden und dadurch benachteiligt waren, wurde im Laufe der
Zeit – häufig im Rahmen der geförderten Stadterneuerung – die Anbindung verbessert
(z. B. S-Bahn-Anschlüsse). Momentan steigt in den Gebieten mit abnehmender Bewohner-
zahl wegen der in der Regel ohnehin nicht kostendeckenden Finanzierung des ÖPNV die
Gefahr, dass sich die Qualität der Anbindung verschlechtert (z. B. Reduzierung der Tak-
tung, Auflassung von Buslinien).
Im Hinblick auf eine nachhaltige Stadt- und Quartiersentwicklung liegen im Bereich
Verkehr und Mobilität große Potenziale zur Senkung der CO2-Emissionen und zur Steige-
rung der Energieeffizienz. Als Beitrag zum Klimaschutz bietet es sich an, auf der Quar-
tiersebene die Verkehrsvermeidung und die Veränderung der Verkehrsmittelwahl in Rich-
tung klimaschonender Verkehrsträger voranzutreiben.470 Maßnahmen im Bereich Ver-
kehr können sowohl die Kommunen als auch Wohnungsunternehmen umsetzen.
Ein verändertes Mobilitätsverhalten und die ständig steigenden Kosten für die Fort-
bewegung sind weitere Themenstellungen, die auch für die Entwicklung der Quartiere der
1950er bis 1970er Jahre von Relevanz sind. Um Lagenachteile auszugleichen, ist in Quar-
tieren mit mangelhafter Anbindungsqualität zur Kernstadt oder zu Einrichtungen des täg-
lichen Bedarfs zu empfehlen, das ÖPNV-Angebot zielgruppengerecht zu verbessern (z. B.
kürzere Taktung, Ruftaxi). Je nachdem ob sich ein Verkehrsunternehmen in staatlichem,
kommunalem oder privatem Besitz befindet, verfügen Kommunen über Einflussmöglich-
keiten und Gestaltungsspielräume, die allerdings wiederum von der Finanzlage abhängen.
In den Interviews wurde die große Bedeutung einer guten ÖPNV-Anbindung mehrfach
betont. Beispielsweise hat ein Unternehmen berichtet, dass intensive Kontakte zu den ört-
lichen Verkehrsbetrieben gepflegt werden, um in einem sich ausdünnenden Quartier die
Anbindung aufrecht zu erhalten. In Quartieren mit Rückbau stellt die Anpassung des
ÖPNV eine zentrale Herausforderung dar und sollte von Anfang an mitbedacht werden.
Überblick über die Möglichkeiten für Verbesserungen im Bereich Verkehr und Mobilität:
Verbesserung der Anbindung (z. B. Einbindung der Quartiere in Nahverkehrspläne, –
Verbesserung des Liniennetzes, kürzere Taktung)
besondere Tarife und Tickets für bestimmte Zielgruppen –
kurze und barrierefreie Wege zu den Haltestellen–
altersgerechte Umgestaltung der Haltestellen und Fahrzeuge–
Ausdünnung des Takts, um ersatzloses Wegbrechen zu vermeiden –
(ggf. Ergänzung durch alternative Mobilitätskonzepte)
Verkleinerung der Beförderungsfahrzeuge (Kleinbusse statt herkömmlicher Linienbusse)–
Bewusstseinsbildung, Aktivierung, Beratungsangebote und Schulung älterer Menschen –
hinsichtlich ÖPNV-Benutzung
Car-Sharing, Fahrgemeinschaften–
Aufbau von neuen Mobilitätsangeboten in den Quartieren als Standortfaktoren–
Referenzprojekt
Mannheim: Einrichtung eines Einkaufshuttles durch die GBG
Das Soziale Management der GBG hat im Stadtteil Wohlgelegen gemeinsam mit dem
Quartierbüro des Caritasverbands und mit Unterstützung von Gewerbetreibenden einen
Einkaufsshuttle installiert, um mobilitätseingeschränkten Mietern den Einkauf in einem
Einkaufszentrum zu ermöglichen.471
Die Aufrechterhaltung des ÖPNV wird in den Quartieren immer mehr zu einem Problem.
Verkehr und Mobilität als wichtige Ansatzpunkte in den Quartieren
6.2.4 Hardware Verkehr und Erschließung 255
6.2.4.2 Ruhender Verkehr und Verkehrsflächen
In vielen Quartieren, die ab den 1960er Jahren unter dem Leitbild der autogerechten Stadt
entstanden sind, gibt es überdimensionierte Verkehrs- und Erschließungswege, die das
Erscheinungsbild der Siedlungen beeinträchtigen. Kommunen haben die Möglichkeit, im
öffentlichen Raum tätig zu werden und z. B. die Straßenprofile neu zu gestalten (z. B. neue
Grüninseln), Straßen instand zu setzen, Fahr- und Fußbereiche niveaugleich oder als
Mischfläche (shared space) anzulegen.
Eine weitere Herausforderung im verkehrlichen Bereich besteht in der Unterbringung
des ruhenden Verkehrs. Die Quartiere wurden nicht für den heutigen Fahrzeugbestand
geplant, daher führt der ruhende Verkehr oft zu erheblichen Beeinträchtigungen im
Freiraum (z. B. wildes Parken, unattraktive Garagenhöfe, Verkehrsbauwerke als störende
Elemente in der Bebauung) (siehe auch Handlungsoption Freiraum und Wohnumfeld,
S. 241– 243). Die Probleme mit der Unterbringung des ruhenden Verkehrs sollten in
Zusammenarbeit von Kommune und Wohnungsunternehmen quartiersbezogen gelöst
werden – idealerweise auf der Grundlage eines Quartierskonzeptes. Die Parkierung steht
in einem Spannungsfeld: einerseits wollen die Autobesitzer ihr Fahrzeug möglichst nahe
an der Wohnung abstellen, andererseits nehmen die Bewohner die parkenden Fahrzeuge
als große Störung wahr.
In den Interviews wurde berichtet, dass die Bewohner bei Befragungen meist den
ruhenden Verkehr als größte Störung in den Quartieren nennen (z. B. wildes Parken,
unansehnliche Garagenhöfe). Eine neue Organisation und Unterbringung des ruhenden
Verkehrs können daher erheblich zur Aufwertung von Quartieren beitragen. Falls geeig-
nete Flächen in den Quartieren vorhanden sind, bietet es sich an, durch Änderung oder
Neuaufstellung eines Bebauungsplanes neue Stellplatzflächen zuzulassen und gestalterisch
in den Freiraum zu integrieren.
Um das Problem des ruhenden Verkehrs quartiersbezogen zu lösen, können z. B. Test-
planungen oder Wettbewerbe durchgeführt werden. Um die Mobilität der Bewohner zu
verbessern, bestehen weitere Möglichkeiten darin, in den Quartieren Car-Sharing-Ange-
bote einzurichten oder Fuß- und Radwegeverbindungen in das Stadtzentrum auszubauen.
Überblick über Verbesserungen von Verkehrsanlagen in den Quartieren:
Verbesserung der Unterbringung des ruhenden Verkehrs (z. B. Umgestaltung von –
Garagenhöfen, Errichtung von Tiefgaragen, neu gestaltete Stellplatzflächen)
Anpassung der „autogerechten“ Quartiere an heutige Anforderungen (z. B. Reduzierung –
und Umgestaltung der überdimensionierten Erschließungssysteme)
Defizite im ruhenden Verkehr: unattraktive Garagenhöfe und die Dominanz des ruhenden Verkehrs beeinträchtigen in vielen Quartieren das Wohnumfeld.
Ruhender Verkehr und Verkehrsflächen als wichtige Ansatzpunkte
470 Vgl. Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 30
471 Vgl. Gesellschaft für Bauen und Wohnen Hannover mbH (GBH), 2012, S. 29
256 6 Handlungsoptionen
6.2.5 Technische Infrastruktur
Eine abnehmende Nachfrage und ein verändertes Verbraucherverhalten in den Nach-
kriegsquartieren können bei der technischen Infrastruktur zu einer Unterauslastung füh-
ren, die sich negativ auf die Funktionsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit auswirken
kann (v. a. Trinkwasser-, Abwasser- und Fernwärmenetze). Bei Bewohnerrückgängen kann
die technische Infrastruktur bis zu einem gewissen Punkt durch Veränderungen der
Betriebsabläufe erhalten werden (z. B. Durchspülung oder Reinigung der Leitungen). Bei
abnehmender Nachfrage werden die Kosten allerdings nicht mehr gedeckt und eine Erhö-
hung der Gebühren droht. Die veränderten Bedarfsstrukturen in den sich ausdünnenden
Quartieren machen neue Lösungen bei der Ver- und Entsorgung erforderlich.472
Stadtumbau wird oft nur aus Sicht der Stadtentwicklung und der Wohnungswirtschaft
betrachtet – die technische, „unterirdische“ Infrastruktur spielt häufig eine untergeordne-
te Rolle, was zu erheblichen Problemen führen kann.473 In den kleinen Wohnquartieren
der 1950er bis 1970er Jahre, bei denen in Schrumpfungsregionen auch über ein Rückbau
nachgedacht werden muss, ist es daher notwendig, auch die Belange die Ver- und Entsor-
gungsbetriebe frühzeitig in die Entscheidungen einzubeziehen.474
Die Ziele der Stadtplanung und der Wohnungswirtschaft können durchaus den Anfor-
derungen der technischen Infrastruktur entgegenstehen. Beispielsweise kann eine Ent-
dichtung bzw. ein Teilrückbau die städtebauliche Situation und die Lebensqualität verbes-
sern, aber gleichzeitig zu Problemen bei der Erhaltung der stadttechnischen Infrastruktur
führen. Da zur Sicherung einer funktionsfähigen und ökonomisch tragbaren stadttechni-
schen Erschließung bestimmte Mindestdichten erforderlich sind, sollten sich Stadtumbau
und Infrastrukturplanung unbedingt ergänzen und koordiniert erfolgen (Stadtumbau-
konzepte für die Gesamtstadt unter besonderer Einbeziehung der einzelnen Quartiere).
Aus Sicht der technischen Infrastruktur gilt es als sinnvoll, bei starker Schrumpfung
anstatt dispersem Rückbau ganze Siedlungseinheiten vom Markt zu nehmen, um so Infra-
strukturabschnitte stillzulegen. Bei Stadtumbauprozessen sollte die bauliche Dichte der
Quartiere erhalten werden, weil die Effizienz der technischen Infrastruktur direkt davon
abhängt.475 Um dies zu erreichen, könnte beispielsweise der Rückbau eines ausgewählten
Quartiers beschleunigt werden, um so andernorts eine Ausdünnung zu vermeiden. Im
Rahmen des Stadtumbau Ost wurde in den letzten Jahren viel Erfahrung beim Rückbau
von technischer Infrastruktur gesammelt, auf die zurückgegriffen werden kann. Aus Sicht
der technischen Infrastruktur sollte der Rückbau von den Netzenden bzw. von außen nach
innen stattfinden. „Parallel zu der Anpassung des Wohnungsbestandes für die Einwoh-
nerzahl der Zukunft – wohnungswirtschaftliche, soziale und architektonische Aspekte –
müssen Kommunen aber auch die geeignete Netzgröße bestimmen.“ 476
Energieversorgung
Nachdem sich die Diskussion um die Energie- und CO2-Einsparung zunächst auf die
Gebäude oder die Kommune konzentrierte, rücken Stadtquartiere als ideale Umsetzungs-
und Handlungsebene in den Fokus. Immer mehr Kommunen erstellen gesamtstädtische
oder quartiersübergreifende Energiekonzepte und bundesweit nehmen Bemühungen zu,
sowohl im Neubau als auch im Bestand energieeffiziente und klimaneutrale Quartiere zu
schaffen. In den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre mit ihrem großen Investitionsstau
bietet sich aktuell die Chance, die notwendigen Sanierungen bzw. Modernisierungen
der Gebäude mit einer Erneuerung der Energieversorgung zu verknüpfen. Das Thema
„Energie“ wird im Idealfall über das einzelne Gebäude hinaus in einem größeren Zusam-
menhang betrachtet. Wenn z. B. die Gebäude eines Quartiers energetisch modernisiert
werden, kann die sogenannte Energiebedarfsdichte soweit sinken, dass wegen der Unter-
auslastung bestehender Versorgungssysteme neue Energiesysteme notwendig werden. In
Abhängigkeit von der Eigentümerstruktur und sonstigen Rahmenbedingungen eignen
sich die Nachkriegsquartiere für ein übergreifendes Denken in Energiefragen und für den
Aufbau von quartiersbezogenen Versorgungssystemen.
Technische Infrastruktur
6.2.5 Hardware Technische Infrastruktur 257
Empfohlen wird, in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungswirtschaft, Versorgungs-
unternehmen und Energiefachleuten, energetische Sanierungs- und Energie-(versorgungs)
konzepte für die kleinen Nachkriegsquartiere zu erarbeiten. Der Aufbau von Nahwärme-
netzen, der Einsatz erneuerbarer Energien oder innovative Lösungen mit Kraft-Wärme-
Kopplung sollten geprüft und in den zusammenhängenden Quartieren realisiert werden.
„Damit die Produktion und die Nutzung der erneuerbaren Energien eine hohe Effizienz
erreichen, sind Kooperation zwischen Stadtwerken bzw. Energieunternehmen und Eigen-
tümern bzw. Immobilienunternehmen z. B. in Form von Contracting-Verträgen anzustre-
ben. Auch die Gründung von Eigenbetrieben der lokalen Wohnungswirtschaft ist mög-
lich.“ 477
Für die kleinen Wohnquartiere kann z. B. das im Januar 2012 eingeführte Programm
der KfW-Förderbank „Energetische Stadtsanierung“ in Frage kommen, das die Erstellung
von Quartierskonzepten und den Einsatz eines Sanierungsmanagers finanziell unter-
stützt.478 Die Frage nach einer effizienten und kostengünstigen Energieversorgung kann
auch als Anstoß für eine weiterreichende Zusammenarbeit der Eigentümer in den Quar-
tieren dienen und wichtige Kontakte zwischen den Unternehmen entstehen lassen. So
können gemeinsame Energieversorgungssysteme entwickelt und Kooperationen für güns-
tigere Konditionen beim Einkauf von Energie aufgebaut werden.
Neben den technischen Möglichkeiten bieten sich auch auf Seite der Akteure neue For-
men der Zusammenarbeit und der Organisation für die wirtschaftliche Umsetzung an.
Beispielsweise gibt es Wohnungsunternehmen, die eigene Tochtergemeinschaften gründen,
um die Bewohner kostengünstig mit Energie zu versorgen. Für den Aufbau einer eigenen
quartiersbezogenen Energieversorgung besteht ein interessanter Ansatz z. B. in der Grün-
dung einer Energiegenossenschaft.
Durch die Verbesserung im Bereich Energie können in den Quartieren der Nachkriegs-
jahrzehnte neue Qualitäten geschaffen werden. Energetische Maßnahmen sollten immer
auch mit den wirtschaftlichen und sozialen Belangen verknüpft werden. Trotz aller tech-
nischen Möglichkeiten der Energieeinsparung sollte aber nicht der wichtige Aspekt der
Bezahlbarkeit des Wohnraums vernachlässigt werden. Zusammenfassend kann in den
Quartieren der Effekt genutzt werden, durch eine Bündelung des Wärmbedarfs zu größe-
ren Einheiten in Form von Fern- oder Nahwärmenetzen die Effizienz zu erhöhen. Bei
energetischen Konzepten auf Quartiersebene müssen der energetische Standard der
Gebäude (d. h. Wohnungseigentümer) und das Versorgungssystem (d. h. Energieversorger)
gemeinsam betrachtet und intelligente Konzepte entwickelt werden.479
Referenzprojekt
Karlsruhe: Rintheimer Feld
Im Wohnquartier Rintheimer Feld (Soziale Stadt-Gebiet, ca. 1.200 WE) in Karlsruhe hat
die VOLKSWOHNUNG neben einem Gesamtkonzept ein beispielhaftes Energiekonzept
erarbeitet. Neben bestmöglicher Kosteneffizienz soll eine Minimierung des Primärener-
gieeinsatzes und der CO2-Emissionen erreicht werden. Gleichzeitig mit dem Aufbau eines
Nahwärmenetzes – gespeist aus KWK und Abwärme – werden die Gebäude wirtschaftlich
optimal modernisiert. Der nachfolgende Betrieb wird kontinuierlich überwacht und opti-
miert und die Bewohner mit in die Energieeinsparbemühungen einbezogen.480
472 Vgl. Libbe / Köhler / Beckmann, 2010
473 Vgl. Westphal, 2008, S. 232–234
474 Vgl. Koziol / Veit / Walther, 2006, S. 8
475 Vgl. Koziol, 2005, S. 7 – 8
476 Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städte-bau und Raumordnung e. V., 2007, S. 133
477 Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 29
478 Vgl. Website: http://www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Energetische_Stadtsanierung/index.jsp ( Zugriff am 23. 11. 2012)
479 Vgl. Habermann-Nieße / Heinrich-Böll-Stiftung, 2012, S. 55 – 56
480 Vgl. Website: http://www.energieforum-karlsruhe.de/index.php?id=78 (Zugriff am 3. 1. 2013); vgl. Website: http://www.eneff-stadt.info/de/pilotprojekte/projekt/details/integrales-quartiers-energiekonzept-karlsruhe-rintheim/ (Zugriff am 3. 1. 2013)
258 6 Handlungsoptionen
6.2.6 Baukultur und Gestaltungsqualität
Sowohl die breite Öffentlichkeit als auch die Fachwelt sehen (bisher) im Wohnungsbau-
erbe der 1950er bis 1970er Jahre wenige Qualitäten. Allerdings steigt das Interesse – auch
der Denkmalpflege – an der Bauproduktion dieser Zeit, was sich auch in verschiedenen,
jüngst erschienenen Publikationen zeigt.481 Vor allem der großmaßstäbliche Wohnungs-
bau der späten 1960er und 1970er Jahre wird in der öffentlichen Wahrnehmung nur wenig
wertgeschätzt und häufig als nicht-erhaltenswert abgeurteilt. Dennoch haben die Bestände
der Nachkriegsjahrzehnte eine baukulturelle und stadtbaugeschichtliche Bedeutung, mit
der es angemessen umzugehen gilt. Die Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte mit
ihrer leitbildspezifischen Struktur und Bebauung stellen in vielen Kommunen einen wich-
tigen Teil des Siedlungsbestandes und somit ein Stück Stadtbaugeschichte dar. Aus bau-
kultureller Sicht besonders interessant sind die Demonstrativbauvorhaben mit ihren spe-
ziellen Bau- und Wohnkonzepten, die in vielen Städten auf der Grundlage von Wettbewer-
ben entstanden sind (1956 – 1977).482 Für eine angemessene Bewertung der Bestände
müssen mit einem „unvoreingenommenen“ Blick insbesondere die Rahmenbedingungen,
unter denen die Quartiere in den Nachkriegsjahrzehnten entstanden sind, in all ihren
Facetten einbezogen werden.
Die mangelnde Wertschätzung dieser Bestände lässt sich vielerorts in qualitäts- und
rücksichtslosen Sanierungen oder Rückbaumaßnahmen sowie in Sachbeschädigungen
erkennen. Die Weiterentwicklung des Wohnungsbaus der 1950er bis 1970er Jahre ist aber
eine wichtige, nicht zu unterschätzende Gestaltungsaufgabe. Die Gebäude flächendeckend
mit einer Wärmedämmung und mit einem bunten Farbanstrich ohne Gestaltungsan-
spruch zu überziehen, kann weder in energetischer noch in gestalterischer Hinsicht die
Lösung sein.
Auch wenn nur wenige dieser Bestände die Kriterien des Denkmalschutzes erfüllen, so
lohnt es sich trotzdem, die Siedlungen der 1950er bis 1970er Jahre als Zeugen einer Zeit
des Aufschwungs nach dem Krieg und vieler Innovationen zu betrachten und – nach
Möglichkeit – diese Bestände zu erhalten. Aus heutiger Sicht weisen die Quartiere vielfäl-
tige Nachteile und städtebauliche Defizite auf – daher sollte der Grundsatz gelten, die
positiven Charakteristika zu erhalten und Lösungen für ihre nachteiligen Eigenschaften
zu finden, ohne aber die typischen Merkmale der Quartiere und Gebäude bis zur
„Unkenntlichkeit“ zu verändern. Da auch die Gestaltung und ein attraktives Erscheinungs-
bild wichtige Faktoren für die Vermarktung und die Nachfrage sind, ist es empfehlenswert,
bei der Weiterentwicklung der Bestände hochwertige Lösungen anzustreben. Dies kann
aufgrund der Masse der Gebäude nicht flächendeckend stattfinden – aber angesichts der
vielen lieblosen und „unsensiblen“ Eingriffe ist eine stärkere Wertschätzung und ein diffe-
renzierterer Umgang mit diesen Gebäuden dringend angeraten. Die kleinen wie großen
Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollten als erkennbare und lesbare Bestandteile der
baulichen Entwicklung jeder Stadt erhalten bleiben.
Besondere städtebauliche und bezüglich ihrer Entstehungsgeschichte herausragende
Projekte sollten hinsichtlich ihrer Denkmalwürdigkeit untersucht und in ihrer Charakte-
ristik erhalten bleiben. Je nach ihrem Dokumentationswert bzw. den Denkmaleigenschaf-
ten kann eine Unterschutzstellung entsprechend den jeweiligen Denkmalschutzgesetzen
der Länder in Frage kommen. In Baden-Württemberg hat das Landesamt für Denkmal-
pflege im Regierungspräsidium Stuttgart ein Projekt initiiert, bei dem in Zusammenarbeit
mit der Hochschule für Technik Stuttgart verdichtete Siedlungen der 1960er und 1970er
Jahre erfasst und hinsichtlich ihrer Denkmalwürdigkeit untersucht wurden. Dabei wur-
den Denkmalkriterien für diese Bestände erarbeitet und auf deren Grundlage sieben Pro-
jekte aus den 1960er und 1970er Jahren in der Region Stuttgart unter Denkmalschutz
gestellt. Nur bei einem Projekt handelt es sich aber um ein zusammenhängendes Quartier
– die meisten Siedlungen und Quartiere wurden bereits stark verändert.483
Die Planungs- bzw. Gestaltungsqualität in den Quartieren kann – auch außerhalb der
Denkmalpflege – mit Hilfe verschiedener Strategien verbessert bzw. gesichert werden. So
Gestaltungsqualität?
6.2.6 Hardware Baukultur und Gestaltungsqualität 259
lohnt es sich beispielsweise bei der Modernisierung bzw. Sanierung konkurrierende Ver-
fahren durchzuführen (Wettbewerbe, Mehrfachbeauftragungen) oder besonders gelunge-
ne Projekte auszuzeichnen.484 Bei allen baulichen Veränderungen sollten Architekten als
Experten im Bereich der Gestaltung einbezogen werden. Oft reichen wenige Details aus,
um die Charakteristik des Bestandes zu erhalten. In vielen Quartieren mit kleinteiligen
Eigentümerstrukturen ist in den letzten Jahren ein buntes Durcheinander verschiedener
Gebäudegestaltungen entstanden, was die Qualität des Wohnumfeldes beeinträchtigt. Um
das Erscheinungsbild der einst zusammenhängend entstandenen Quartiere „stimmig“ zu
erhalten, wird geraten, dass Eigentümer die Gestaltung ihrer Gebäude aufeinander abstim-
men (z. B. auf Grundlage von Gestaltungskonzepten, Einsetzen eines „Quartiersarchitek-
ten“). Wohnquartiere können dadurch an Attraktivität gewinnen. Um Quartiere als bau-
kulturelles Zeugnis zu erhalten, kann z. B. durch eine Gestaltungssatzung versucht werden,
das einheitliche Siedlungsbild zu bewahren. Darüber hinaus können Beratungsangebote
für gestalterisch hochwertige Instandsetzungen bei der Kommune eingerichtet werden
(siehe Handlungsoption Kommunale Beratungsangebote, S. 199 f.). Je nach vorhandenem
Baurecht können auch im Rahmen der Änderung oder Neuaufstellung eines Bebauungs-
planes Gestaltungsregeln festgesetzt werden. Falls kein rechtsgültiger Bebauungsplan vor-
liegt, ist zu prüfen, ob § 34 BauGB ausreichend ist, um die Einheitlichkeit einer Quartiers-
bebauung zu erhalten.
Mögliche Maßnahmen zur Erhaltung der Charakteristika und zur Sicherung der Gestal-
tungsqualität in den Quartieren:
gemeinsame, zwischen den Einzeleigentümern abgestimmte Gestaltungskonzepte –
(evtl. auf der Grundlage eines Quartiersentwicklungskonzeptes)
Bewusstseinsbildung zur Erkennung der Qualitäten (Forschungsvorhaben, Veranstal-–
tungen, Vorträge, etc.)
Erhaltungssatzung (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB; Genehmigung für Veränderungen –
notwendig)
Gestaltungssatzung (örtliche Bauvorschriften mit räumlich begrenztem Geltungs-–
bereich)
Unterschutzstellung als Einzeldenkmal oder der Ensemble (Denkmalpflegepläne)–
Änderung / Neuaufstellung von Bebauungsplänen (Festsetzungen zur Erhaltung –
der Siedlungsgestalt)
Beratung durch die Kommune–
informelle Instrumente (z. B. Gestaltungsfibeln, Gestaltungshandbücher)–
Installierung eines Kümmerers, Beraters für Instandsetzungen –
Beauftragung von Architekten bei baulichen Maßnahmen an Gebäuden–
Einrichtung von „Quartiersarchitekten“ (neutrale Beratung, Abstimmung der –
Gestaltung der verschiedenen Gebäude)
Durchführung von konkurrierenden Verfahren bei Bestandsmaßnahmen–
Der Versuch, durch Farbe die Quartiere aufzuwerten, glückt nicht immer.
481 Vgl. Von Buttlar / Heuter, 2007; Vgl. Kroos / Bund Deutscher Architekten, 2008; vgl. Gisbertz, 2012; vgl. Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg, 2012
482 Vgl. Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau u. Raumordnung , 1965
483 Vgl. Hopfner / Simon-Philipp / Wolf, 2012
484 Vgl. Wüstenrot Stiftung, 2012
260 6 Handlungsoptionen
Referenzprojekte
Stuttgart: Siedlung Aspen
Die Siedlung Aspen in Stuttgart Botnang (1963-1966, Architekten Kammer und Belz,
Stuttgart) wurde 2011 als Kulturdenkmal ausgewiesen. Geplant als gehobener Wohn-
standort für Landesbedienstete, verfügt die Bebauung bis heute über hohe Qualitäten. Das
1967 mit dem Paul-Bonatz-Preis ausgezeichnete Quartier ist ein gelungenes Beispiel für
verdichtetes, individuelles Wohnen mit einer hohen Wertschätzung des Privaten. „Das
Baugebiet Aspen steht mit seinem hohen Gestaltungsanspruch und den durchdachten
Grundrissen beispielhaft für den gehobenen Wohnungsbau der 1960er Jahre.“ 485
Saarbrücken
Die Stadt Saarbrücken setzt sich in einem Forschungsprojekt – begleitet durch eine inten-
sive Öffentlichkeitsarbeit – mit den Qualitäten der 1950er Jahre Bestände auseinander.
Unter dem Titel „Baukultur in der Praxis – Die modernen 50er in der Eisenbahnstraße“
sollen „verborgene Qualitäten“ wiederentdeckt werden. Das Forschungsvorhaben zielt
darauf ab, das Bewusstsein für Baukultur auf kommunaler Ebene durch vorbildhafte Bei-
spiele zu stärken und praxistaugliche Ansätze zur Sicherung des baukulturellen Erbes auf-
zuzeigen. Die Stadt Saarbrücken koordiniert das Projekt und wird gestalterisch beratend
begleiten. Weitere Kooperationspartner stehen im Projekt beratend zum Thema „Finan-
zierung, Förderung und energetische Sanierung“ zur Seite.486
Hamburg: Altenhagener Weg
Das Fallbeispiel Altenhagener Weg in Hamburg zeigt, wie einst desolate Zeilenbauten
durch einen sensiblen Umgang und mit viel architektonischem Geschick unter Beibehal-
tung der Charakteristika mit hohem Gestaltungsanspruch weiterentwickelt werden kön-
nen (siehe Fallstudie Hamburg, S. 144 – 153).
Behutsame Sanierung Wohnanlage Hochholz, Stuttgart Heumaden (seit 2011 unter Denkmalschutz)
Siedlung Aspen in Stuttgart Botnang (seit 2011 unter Denkmalschutz)
485 Hopfner, Karin / Simon-Philipp, Christina: Größer, höher. Dichter – Projekte: Stuttgart Aspen. In: Hopfner / Simon-Philipp / Wolf, 2012, S. 184–191
486 Vgl. Website: http://www.saarbruecken.de/de/rathaus/stadtentwicklung/baukultur_eisenbahnstrasse (Zugriff am 6. 1. 2013)
6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 261
Wie in den vorherigen Kapiteln aufgezeigt, gibt es ein breites Spektrum an investiven und
nicht-investiven Handlungsoptionen, um die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre
weiterzuentwickeln und an die veränderten Herausforderungen anzupassen. Bund und
Länder können wichtige Voraussetzungen schaffen für die Umsetzung der aufgezeigten
Optionen im Bereich Software (vgl. Kap. 6.1) und Hardware (vgl. Kap. 6.2). Wesentlich für
die Entwicklungschancen der Quartiere sind neben den gebietsbezogenen Eigenschaften
weitere Faktoren auf Ebene der Stadt und der Region (z. B. Bevölkerungs- und Arbeits-
platzentwicklung) sowie die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen, deren
Gestaltung in der Hand des Bundes und der Länder liegt (vgl. Kap. 2.5). Diese Rahmen-
bedingungen werden im Folgenden thematisiert.
Für die Bewältigung und Steuerung des Stadtumbaus haben Bund, Länder und die
Europäische Union im Laufe der Jahre ein umfangreiches Instrumentarium in Form von
Finanzierungs- und Förderangeboten und gesetzlichen Regelungen geschaffen. Von großer
Bedeutung ist die Städtebauförderung des Bundes und der Länder. Die Novellierungen des
Baugesetzbuches mit dem Allgemeinen und Besonderen Städtebaurecht und die verschie-
denen Förderprogramme, die immer wieder flexibel auf die aktuellen Anforderungen
reagieren, wurden zu den wichtigsten Instrumenten. Die Forcierung der Innenentwick-
lung und die stärkere Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klima-
anpassung sind zu zentralen, gesetzlich verankerten Handlungsfeldern geworden.
Heute ist ein umfangreiches Förderangebot für die Problemstellungen der Stadt- und
Quartiersentwicklung vorhanden, das fortlaufend weiterentwickelt wird. Allerdings muss
angesichts der vielschichtigen Herausforderungen in den zahlreichen Nachkriegsquartie-
ren diskutiert werden, wie quartiersbezogene Projekte auch außerhalb der Städtebauförde-
rung erfolgreich realisiert werden können. Zudem stellt sich die Frage, wie das vorhandene
Förder- und Steuerungsinstrumentarium – vor dem Hintergrund sinkender Fördermittel –
angewendet werden kann, um die Qualifizierung dieser Bestände voranzutreiben. Bund
und Länder haben verschiedene Möglichkeiten, Voraussetzungen zu schaffen, um die
Anpassung und Weiterentwicklung der kleinen Nachkriegsquartiere zu befördern.
Im Folgenden werden Ansätze und Ideen skizziert sowie Fragen aufgeworfen, in wel-
chen Bereichen es auf der Ebene von Bund und Ländern Handlungsbedarf geben könnte.
Angesichts der Komplexität dieser Materie sind weitere, vertiefende Untersuchungen not-
wendig, die im Rahmen des einjährigen Forschungsprojektes nicht abgedeckt werden kön-
nen.
Rahmenbedingungen und Finanzierung
Auf übergeordneter Ebene gilt es Rahmenbedingungen zu gestalten, die dazu beitragen,
den Werteverfall der Bestände zu vermeiden und Negativspiralen – auch in den kleinen
Quartieren – aufzuhalten bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Angesichts der großen
Menge an Beständen aus den Nachkriegsjahrzehnten mit einem hohen Handlungsbedarf
ist es unverzichtbar, die Quartiere in die aktuelle (nationale) Stadtentwicklungspolitik
aktiv mit einzubinden. In der Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, welche Mög-
lichkeiten es ohne oder nur mit wenigen Fördermitteln zur Weiterentwicklung der Quar-
tiere gibt. Es ließ sich jedoch feststellen, dass die Handlungsspielräume der Kommunen
und der Wohnungsunternehmen ohne Fördermittel oft zu gering sind, um die komplexen
6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen
262 6 Handlungsoptionen
Herausforderungen in den kleinen Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre langfristig zu
lösen. Ausbleibende Investitionen sowohl der Städte in die kommunale Infrastruktur und
die Stadtentwicklung als auch der Wohnungsunternehmen in die Bestände gefährden die
Qualität und die Zukunftsfähigkeit der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre. Somit droht
eine Verschlechterung in den Quartieren, Abwärtsspiralen können einsetzen und die
Gefahr besteht, dass „Brennpunkte“ entstehen. Fehlen präventive Strategien, können die
Kosten für spätere Aufwertungsmaßnahmen erheblich höher ausfallen. Angesichts knap-
per Ressourcen stellt sich die Frage, wie mit wenigen Mitteln maximale Effekte erreicht
werden können. Ziel ist ein hocheffizienter Einsatz öffentlicher Mittel mit einer hohen
Anstoßwirkung für private Investitionen.
Politikfelder und Gesetzgebung
Die Stadt- und Quartiersentwicklung sind sehr stark von der Ausgestaltung unterschied-
licher Politikfelder abhängig: Struktur-, Stadtentwicklungs-, Infrastruktur-, Wohnungs-,
Arbeits-, Sozial- und Bildungspolitik. Die Wechselbeziehungen der Politikfelder sind kom-
plex und es gilt die räumlichen Auswirkungen der Gesetzgebung (z. B. SGB, KdU, Miet-
recht, Steuergesetzgebung, etc.) und der Förderprogramme auf die Städte und Quartiere
genauer zu untersuchen. Die Förderprogramme und Fördermaßnahmen (z. B. steuerliche
Abschreibungsmöglichkeiten) können u. U. zu Fehlentwicklungen führen. Daher ist es
unabdingbar zu prüfen, ob die Maßnahmen mit den Zielen der Stadt- und Regionalent-
wicklung in Einklang stehen. Hierfür können unterschiedliche Regelungen getroffen wer-
den.
Förderung
Städtebauförderung ist unverzichtbar, um die durch den demografischen und wirtschafts-
strukturellen Wandel verursachten Probleme zu lösen. Für Quartiersansätze in der Stadt-
erneuerung und im Stadtumbau sind Finanzhilfen (v. a. der Städtebauförderung) ein zen-
trales Steuerungsmittel. Die Städtebauförderung schafft sehr gute Rahmenbedingungen
und setzt wichtige Impulse für private Investitionen. Hierfür ist es notwendig, die Erstel-
lung von integrierten Quartierskonzepten und den Aufbau von Kooperationsstrukturen
als investitionsvorbereitende Maßnahmen zu unterstützen. Da immer mehr Städte wegen
ihres angespannten Finanzhaushalts die geforderte Kofinanzierung von Investitionsvor-
haben im Rahmen der Städtebauförderung nicht mehr aufbringen können, sollten die vor-
handenen Ideen für neue Formen der Kofinanzierung, für die Substituierung des kommu-
nalen Eigenanteils weiterentwickelt und auf ihre Praxistauglichkeit und Tragfähigkeit hin
geprüft werden.487
Energetische Verbesserungen und Anpassungsmaßnahmen an eine älter werdende
Gesellschaft sind für die Zukunftsfähigkeit der Quartiere aber unbedingt erforderlich. Da
die notwendigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den Nachkriegsbe-
ständen häufig wegen der geringen Mieten nicht aus den Mieteinnahmen finanzierbar
sind, ist eine Erneuerung der Gebäude oft nur mit Fördermitteln umsetzbar. Abbruch-
maßnahmen, die in machen Quartieren unausweichlich werden, sind ohne Förderung in
der Regel nicht möglich. Bei den Förderungen sollte auch den nicht-investiven Maßnah-
men eine große Bedeutung beigemessen werden (z. B. Erstellung von Konzepten in der
Gesamtschau der Stadt zur Sicherung der Langfristigkeit von Maßnahmen, Prozess-
steuerung, Netzwerkbildung). (Umfangreiche) Förderangebote werden daher weiterhin
notwendig sein (Wohnungsbauförderung, Ausbau von KfW-Programmen, Städtebauför-
derung etc.). Ohne diese Mittel ist es sehr schwierig, langfristig sinnvolle und funktionie-
rende Lösungen in den Quartieren zu realisieren.
Weiterentwicklung der Förderprogramme
Es wäre zu überlegen, für die wichtige Umbruchphase, in der sich aktuell die Wohnquar-
tiere der 1950er bis 1970er Jahre befinden, ein Förderangebot als Ergänzung zur bestehen-
6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 263
den Städtebauförderung zu schaffen, das die Investitionskraft der Städte und Eigentümer
stärkt und Impulse setzt, um den enormen Investitionsstau in den Quartieren abzubauen.
Die Förderung sollte einfach und effizient gestaltet werden und könnte z. B. im Rahmen
eines Programms für kommunale Infrastrukturinvestitionen oder wohnungswirtschaftli-
che Investitionen aufgelegt werden. Investitionen in die Quartiere der 1950er bis 1970er
Jahre könnten mit günstigen Förderkonditionen unterstützt und angeregt werden. Ergän-
zend zu den Förderinstrumenten ist das Steuerrecht geeignet, um Eigentümer zu Investi-
tionen in den Quartieren anzureizen. Steuervergünstigungen und Abschreibungen kön-
nen in den Quartieren Verbesserungen bewirken und Investitionen begünstigen.
Die bestehenden Förderprogramme sollten verstetigt und – auch im Hinblick auf die
kleinen Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre – weiterentwickelt werden. Stadterneuerung
braucht einen langen Atem und langfristig zuverlässige Finanzierungsmöglichkeiten.
Wichtig ist es, die Stabilisierung auch der kleinen Quartiere voranzutreiben und den wich-
tigen Moment des Generationenwechsels für die notwendigen Aufwertungen zu nutzen.
Förderungen sollten Steuerungswirkung haben und Fehlinvestitionen in die Bestände
unbedingt vermeiden. Ein Monitoring und eine Evaluierung der Programme sind dabei
selbstverständlich. Die Ziele der integrierten Stadtentwicklung lassen sich besser umset-
zen, wenn ein integriertes Förderangebot zur Verfügung steht. Dies setzt die ressortüber-
greifende Bündelung der Fördermittel voraus (Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung, Sozia-
les, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Bildung, Verkehr, Umwelt). Durch die Bündelung von Mit-
teln kann bezogen auf einen Sozialraum ein größtmöglicher Nutzen entfaltet werden. Die
Städtebauförderung versteht es, die Bereiche zu verknüpfen und räumlich abzubilden. Es
sollte auch eine bessere und vor Ort leichter umsetzbare Verzahnung mit europäischen
Programmen angestrebt werden. Da die verschiedenen Förderungen, die für die Quar-
tiersentwicklung in Frage kommen, sehr komplex und fast unüberschaubar sind, könnten
„Finanzierungsberater bzw. -manager“ sinnvoll sein (z. B. Sanierungsbeauftragte, Sanie-
rungsträger u. a.), um die Kommune und sonstige Akteure bei der Mittelakquise zu unter-
stützen.488
Soziale Wohnraumförderung Die im Jahr 2006 vollständig vom Bund auf die Länder
übertragene Soziale Wohnraumförderung, sollten die Länder stärker an den Herausforde-
rungen und Problemen der Bestände ausrichten und die Förderung entsprechend der
Komplexität von Bestandsmaßnahmen gestalten. Hier ist beispielhaft das Wohnraumför-
derungsgesetz Schleswig-Holstein zu nennen.489 Im Gesetz über die Wohnraumförde-
rung in Schleswig-Holstein (SHWoFG) vom 25. April 2009 heißt es in §1 zum Gesetzes-
zweck und den Zielgruppen: „(3) Weitere Ziele der sozialen Wohnraumförderung sind die
Erhaltung und Schaffung angemessener Wohnumfelder (Wohnumfeldförderung) und die
Erhaltung und Schaffung stabiler Wohn- und Nachbarschaftsverhältnisse, Bewohner- und
Quartiersstrukturen (Quartiersförderung). Die Wohnumfeld- und Quartiersförderung
sollen im Zusammenhang mit gefördertem oder zu förderndem Wohnraum stehen und
müssen die Wohnverhältnisse der Zielgruppen verbessern.“ Um den Quartiersbezug zu
stärken, könnten die Fördermittel nur noch vergeben werden, wenn die Maßnahmen auf
Grundlage eines Quartierskonzeptes erfolgen. Auch das Vorhandensein von Verträgen
zwischen Stadtumbaupartnern könnte als ein begünstigendes Element bei der Fördermit-
telvergabe herangezogen werden.
KfW-Förderungen Neben der Städtebau- und Wohnungsbauförderung gelten die Pro-
gramme der KfW-Förderbank als wichtige Instrumente für verschiedene Investitionen der
Kommunen und Wohnungsunternehmen. Die KfW-Förderbank bietet vielfältige Pro-
gramme an, die sich positiv auf die Entwicklung der Quartiere auswirken. Es ist vorstell-
bar, diese Programme stärker auf die Problemlagen in den kleinen Nachkriegsquartieren
abzustimmen, die Erarbeitung von Quartierskonzepten zu unterstützen und die privaten
Eigentümer zu gemeinsamen Maßnahmen und Kooperationen zu aktivieren. Denkbar
487 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, 2012 d
488 Vgl. KfW Bankengruppe, 2006, S. 38
489 Vgl. Website: http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Rechtsgrundlagen/Wohnraum/Wohnraum_node.html (Zugriff am 11. 1. 2013)
264 6 Handlungsoptionen
wäre die Förderung eines Quartiersmanagers (entsprechend dem Sanierungsmanager bei
der energetischen Entwicklung). Neben der KfW-Förderbank gibt es verschiedene Landes-
förderinstitute, z. B. die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Kreditförderprogramme
anbieten. Es sollte die Frage kritisch geprüft werden, welche Auswirkungen eine weitere
Verschärfung der EnEV – vor allem in sozialer Hinsicht – auf die Quartiere hat. Sanierun-
gen, die aufgrund der hohen Auflagen ausbleiben, können die Entwicklung von Quartie-
ren erheblich beeinträchtigen – Modernisierungen, deren hohe Kosten auf die Mieten auf-
geschlagen werden, können zu Verdrängungen führen.
Förderung von Kooperationen
Für die Qualifizierung der Quartiere sind das Engagement und die Investitionen der pri-
vaten Akteure im Stadterneuerungsprozess von entscheidender Bedeutung. Bund und
Länder könnten Rahmenbedingungen schaffen, die dazu beitragen, privates Kapital für
die Quartiersentwicklung zu mobilisieren und ein gutes Ineinandergreifen öffentlicher
und privater Investitionen befördern. Die Förderbedingungen sollten so ausgestaltet wer-
den, dass sie schon von den Voraussetzungen her eine Interessenabstimmung und Koope-
ration erfordern. Im Jahr 2011 startete das Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung die Bundesinitiative „Kooperation konkret“. Das Forschungsprojekt
sucht anhand von fünf Fallstudien nach neuen Wegen zur Förderung der Zusammenar-
beit im Quartier.490
Eine zentrale Frage ist, wie parzellenübergreifende Konzepte und Vorgehensweisen in
den Quartieren – idealerweise ohne Zwang – befördert werden können. Im Rahmen des
Forschungsprojektes hat sich gezeigt, dass die Akteure – v. a. außerhalb der Städtebauför-
derung – wenig vernetzt sind und Kooperation nicht zum Alltag gehört. Es sollten daher
Lösungen gefunden werden, wie ein gemeinsames Vorgehen der Akteure in den Quartie-
ren und Investitionen in die Zukunft der Städte und Quartiere als Wohn- und Wirt-
schaftsstandorte befördert werden können. Es stellt sich die Frage, wie die Handlungs-
fähigkeit der Akteure zur Durchsetzung von quartiersbezogenen Maßnahmen erhöht und
ihre Vernetzung gefördert werden kann. In den Interviews hat sich gezeigt, dass einige
Wohnungsunternehmen durchaus bereit sind, Verantwortung und Aufgaben zu überneh-
men. Dieses Potenzial sollte unbedingt genutzt und gefördert werden. Neue Ansätze könn-
ten im Rahmen der nationalen Stadtentwicklungspolitik oder als ExWoSt-Modellvorhaben
oder Modellvorhaben der Städtebauförderung erprobt und später in die Programmgestal-
tung einbezogen werden. Vorstellbar wäre ein – möglicherweise ressortübergreifendes –
Förderprogramm, das den Aufbau von Strukturen in Städten und Quartieren zur Herstel-
lung der wichtigen Vernetzung zwischen allen Akteuren unterstützt. Dies müsste mit
einem vergleichsweise geringen finanziellen Aufwand möglich sein und könnte sich auf
lange Sicht positiv auf die Stadt- und Quartiersentwicklung auswirken.
Zur Förderung von Kooperationen gibt es verschiedene Instrumente und Modelle.
Eigentümer können sich in einem Gebiet auf freiwilliger Basis als Eigentümergemein-
schaft (ESG) zusammenschließen, die Eigentümer sind nicht zu Abgaben verpflichtet.
Das Modell der Housing Improvement Districts (HID) erfordert eine Verordnung der
Gemeinde, auf deren Grundlage Gebühren von allen Eigentümern in dem festgelegten
Gebiet für quartiersbezogene Maßnahmen erhoben werden können. Ein HID kommt auf
Antrag der Eigentümer zustande, vorausgesetzt ein bestimmter Prozentsatz stimmt dafür.
Um die Umsetzung eines HID zu ermöglichen, müssen die Länder Landesgesetze erlassen.
Erprobt wird das Modell der HID derzeit in der Hamburger Großsiedlung Steilshoop
(ca. 6.400 WE). Die Tragfähigkeit des Modells und seine Übertragbarkeit auf die kleinen
Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Um
die Umsetzung neuer Modelle und Ansätze zu erleichtern und zu fördern, können Bund und
Länder – neben der Schaffung der ggf. erforderlichen gesetzlichen Grundlagen – Informa-
tionen bereitstellen, beispielsweise in Form von Leitfäden (vgl. Leitfaden Eigentümer-
standortgemeinschaften des BMVBS, 2011 b). Um Netzwerke aufzubauen und den Infor-
6.3 Gestaltung der übergeordneten Rahmenbedingungen 265
mationsaustausch zu fördern, kann die Einrichtung einer Transfer-Stelle auf Landesebene
(z. B. Bauforum Rheinland-Pfalz) sinnvoll sein. Die Transfer-Stelle fördert einen praxis-
nahen Wissenstransfer, gibt Publikationen heraus und dgl. Wichtig ist es, die verschiede-
nen Verbände für die Belange der Nachkriegsquartiere stärker zu sensibilisieren.
Förderung integrierter Planungsansätze
In vielen Kommunen gibt es keine qualifizierten integrierten Stadtentwicklungskonzepte
als wichtige Grundlage für sämtliche Entwicklungen und Entscheidungen – nicht nur in
den Nachkriegsquartieren. Die integrierten Entwicklungskonzepte auf gesamtstädtischer
Ebene und / oder auf Quartiersebene können einen wichtigen Orientierungsrahmen geben.
Derartige Konzepte sollten daher für alle (gebietsbezogenen) Förderungen vorausgesetzt
und zur Bedingung für die Inanspruchnahme von Mitteln werden. Dabei sollten auch
Qualitätsanforderungen an die Inhalte und den Erarbeitungsprozess berücksichtigt wer-
den. Die investitionsvorbereitenden und nicht-investiven Prozessbestandteile sind von
großer Bedeutung für die Stadt- und Quartiersentwicklung (z. B. Steuerung, Netzwerkbil-
dung, Quartiersmanagement, etc.) und sollten daher auf breiter Ebene unterstützt werden.
Bewusstseinsbildung und Wettbewerb der Ideen
Bund und Länder können die Anpassung und Weiterentwicklung der Nachkriegsquartiere
durch angewandte Forschungsvorhaben, Auszeichnungsverfahren, Pilotprojekte und
Modellvorhaben (be)fördern (z. B. Modellprojekt „LWQ – Lebendige Wohnquartiere für
Jung und Alt“ in Bayern) und zur Bewusstseinsbildung beitragen. Es könnten beispiels-
weise Ideenwettbewerbe mit besonderen Fragestellungen hinsichtlich der Entwicklung von
Nachkriegsquartieren von Bund oder Land ausgelobt werden (z. B. Schleswig-Holstein:
Wohnen mit Kindern).491 Durch die Kommunikation und Diskussion gelungener Ansätze
und Projekte (z. B. durch Gestaltungspreise, Bauherrenpreise) und eine breite Öffentlich-
keitsarbeit können mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln Akteure aktiviert,
zum Nachahmen angeregt und positive Veränderungen in den Quartieren abgestoßen
werden. Vorstellbar wäre auch ein stärkerer Wettbewerb um Fördermittel – somit könnte
die Vergabe von Fördermitteln mit einer Qualitäts- und Innovationssteigerung bei Projek-
ten verknüpft werden.
Es ist deutlich geworden, dass die Ausgestaltung der übergeordneten Rahmenbedingun-
gen, der Gesetzgebung und der Förderprogramme von entscheidender Bedeutung für die
Weiterentwicklung Nachkriegsquartiere ist. Nur durch ein konzertiertes Vorgehen auf
allen Ebenen und in Kooperation aller beteiligten Akteure wird es möglich sein, Perspek-
tiven und Handlungsoptionen für das Wohnungsbauerbe der 1950er bis 1970er Jahre zu
entwickeln.
Referenzprojekte
Land initiiert Modellprojekt: „LWQ – Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt“
Im Jahr 2003 initiierte die Oberste Baubehörde (Bayern) das Modellvorhaben „LWQ –
Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt“. Im Rahmen dieses Projekt sollten Strategien
aufgezeigt werden, wie baulich und sozial problematische Bestandsquartiere aufgewertet
werden können. Dafür wurden acht Quartiere in verschiedenen Städten in das Modellvor-
haben des experimentellen Wohnungsbaus aufgenommen, in denen verschiedene Maß-
nahmen und Sanierungsstrategien erprobt wurden. „Ziel des Modellvorhabens war es,
innovative Lösungen für den Bestandsumbau und die Bestandsentwicklung kleiner Quar-
tiere insbesondere der 1950er und 1960er Jahre zu entwickeln, die über die herkömmli-
chen Gebäude bezogenen Modernisierungsstrategien hinausgehen. Durch bauliche Maß-
nahmen an den Gebäuden und im Wohnumfeld wie auch durch ergänzende soziale Ange-
bote sollte erkennbaren Mängeln entgegengewirkt, die Wohnqualität verbessert und
die Zukunftsfähigkeit der Quartiere insgesamt gesichert werden. […] Die Strategien ver-
490 Vgl. Website: http://www.bbsr.bund.de/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2011/KooperationKonkret (Zugriff am 24. 1. 2013)
491 Vgl. Website: http://www.schleswig-holstein.de/IM/DE/StaedteBauenWohnung/Wohnungswesen/WohnenKinder/WohnenKinder_node.html (Zugriff am 24. 1. 2013)
266 6 Handlungsoptionen
folgten drei Handlungsschwerpunkte: Aufwertung des Wohnumfeldes, die Ertüchtigung
des Gebäudebestandes, die Stabilisierung der Bewohnerstruktur.“492 Im Rahmen des Pro-
jektes wird von einem „Fitnessprogramm“ für die Wohnquartiere gesprochen.
Investitionsbank Schleswig-Holstein: Integrative Quartiersentwicklung (IB.IQ)
Die Investitionsbank Schleswig-Holstein bietet seit 2010 die Förderberatung und Dienst-
leistung „Integrative Quartiersentwicklung (IB.IQ)“ – dabei werden Kommunen woh-
nungswirtschaftlich beraten und Wohnungsunternehmen bei der Quartiersentwicklung
durch umfassende Förderberatung unterstützt. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf
Gesprächen mit den Wohnungseigentümern, um wirtschaftlich machbare Maßnahmen
zu erfassen. Modellhaft wurde in Neumünster „IB.IQ“ angewendet und für drei Quartiere
Konzepte erstellt (siehe Fallstudie Neumünster, S. 102 – 113).
492 Oberste Baubehörde im Bayerischen Staats-ministerium des Innern, 2010, S. 4
6.4 Zwischenfazit 267
Die dargestellten Handlungsoptionen der drei Hauptakteure – Kommune, Wohnungs-
wirtschaft und Bewohner – im investiven und nicht-investiven Bereich zeigen, dass das
Spektrum an Möglichkeiten, wie in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre Verbesse-
rungen vorangetrieben werden können, sehr groß ist. Ebenso gibt es auch auf der überge-
ordneten Ebene zahlreiche Ansatzpunkte, um die Entwicklung von Quartieren der 1950er
bis 1970er Jahre zu steuern und zu begünstigen. Für die aufgezeigten Handlungsoptionen
gibt es z. T. schon praktische Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden kann – viele
Optionen müssen aber erst noch in der Praxis erprobt werden. Die Wirkungsweise von
verschiedenen Maßnahmen auf das Quartier können nur antizipiert bzw. idealtypisch
betrachtet werden. Die genauen Auswirkungen hängen von so vielen Faktoren ab, sodass
kein konkretes Maßnahmen-Wirkung-Zusammenspiel entwickelt werden kann.
Die Möglichkeiten reichen von vergleichsweise kleinen Projekten, über die Analyse und
Konzepterstellung bis hin zum Umbau oder auch Abriss von Quartieren. Zentral ist die
Frage, welcher Akteur wie strategisch am sinnvollsten vorgeht und zuerst tätig wird und
wie die Finanzierung gesichert werden kann. Es gibt Optionen, die mit wenig finanziellem
Aufwand und mit bereits vorhandenem Personal zu realisieren sein müssten. Andere Maß-
nahmen sind nur mit größeren Finanzmitteln umsetzbar. Ganz ohne Investitionen wer-
den in den Quartieren kaum Verbesserungen zu erreichen sein.
Gemeinsam ist allen Optionen, dass die Akteure ihre bestehenden Handlungsmuster
ändern, mehr in der Dimension „Quartier“ denken und stärker miteinander kooperieren
sollten. Neue Aktivierungs- und Handlungsstrategien sind die Grundlage, um die Quar-
tiere auf lange Sicht zu qualifizieren. Entscheidend ist, wer wann die Initiative ergreift und
wie die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten aufeinander – v. a. inhaltlich und zeitlich
– abgestimmt werden können – dabei kommt der Kommune als Moderatorin und Koordi-
natorin eine große Bedeutung zu. Bei den dringend anzustrebenden Kooperationen ist zu
prüfen, inwieweit auf freiwilliger Basis eine Zusammenarbeit erreicht werden kann oder
ob doch Zwangsinstrumente (z. B. HID) notwendig sind. Die größten Potenziale in den
Quartieren liegen im Handeln der Eigentümer und der Bewohner. Gerade die Förderung
des Bewohnerengagements ist wichtig, um die Quartiere nachfrage- und zukunftsgerecht
weiterzuentwickeln. Zusammenfassend geht es darum, dass alle Akteure ihre Rollen kri-
tisch überdenken bzw. überprüfen und im Hinblick auf eine langfristige Quartiersent-
wicklung anpassen. Die passiven, abwartenden Haltungen und Handlungsweisen gilt es zu
überwinden und aktiver, oder zumindest aufmerksamer mit den kleinen Quartieren der
Nachkriegsjahrzehnte umzugehen. Allein in dieser neuen Ausrichtung der Handlungs-
und Denkweise könnte ein großes Potenzial liegen. In erster Linie geht es darum, Koope-
rationen und Kommunikation zu den anderen Akteuren aufzubauen, gemeinsam zu über-
legen, wie sich ein Quartier entwickeln sollte, und dann dem dafür am besten geeigneten
Akteur die verschiedenen Aufgaben zuzuteilen. In den Quartieren liegen viele ungenutzte
Potenziale, die es zu aktivieren gilt. Angesichts der geringen finanziellen Möglichkeiten
und Spielräume ist es umso wichtiger, innovative Projekte und Lösungen für die verschie-
denen Probleme zu suchen und auch mal unkonventionell vorzugehen. Gerade auf der
übergeordneten Ebene sollten zügig Verbesserungen und Anpassungen vorangetrieben
werden, um die aktuelle, wichtige Phase des Generationenwechsels und der baulichen
Ertüchtigung in diesen Quartieren für notwendige Anpassungen zu nutzen.
6.4 Zwischenfazit
Folgende Aspekte und Belange sollten bei der Entwicklung von Quartieren in Einklang gebracht werden
städtebauliche–
baulich / architektonische–
stadtpolitische–
wohnungswirtschaftliche–
ökonomische–
ökologische–
energetische–
partizipatorische–
gesellschaftliche–
soziale–
268 6 Handlungsoptionen
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
6.1 Akteure und Strategien (Software)
6.1.1 Kommunales Handeln
Rolle der Kommune überwiegend passives Verhalten der Kommunen–
kaum präventives Handeln–
nur geringe Einflussmöglichkeiten auf den –
Bestand (v. a. ohne Besonderes Städtebaurecht)
fehlende finanzielle + personelle Ressourcen–
„Rollenwechsel“: aktive oder zumindest aufmerksame –
Rolle gegenüber Nachkriegsquartieren (Aktivitäts-steigerung)
Aufgaben: v. a. Initiative, Moderation, Aktivierung –
Privater
Sensibilisierung für das Thema bzw. Bewusstseinsbil-–
dung in Verwaltung + Politik für frühzeitiges Aktivwerden
politische Legitimierung anstreben–
Analyse + Monitoring eher wenig quantitative + qualitative Datengrund-–
lagen + Analysen in Kommunen vorhanden (v. a. kleinräumig)
selten kontinuierliche Beobachtung–
wenig konkrete Informationen für Entscheidungen –
> oft nur Einschätzungen
mangelnde Nutzung + Verknüpfung von –
vorhandenem Datenmaterial
Erstellung von Analysen (Bewohner, Gebäudebestand, –
Wohnungsmarkt, auch kleinräumig!) als Entscheidungs-grundlagen
Nutzung des Datenmaterials für quartiersbezogene –
Auswertungen
kontinuierliches Monitoring der Bau- + Sozialstruktur –
(„Frühwarnsystem“) > quantitative + qualitative Quartiersanalysen (z. B. Bewohnerbefragung)
Austausch + Verknüpfung von Daten zwischen Kommune –
und Wohnungswirtschaft
Planungen + Konzepte Einflussmöglichkeiten durch formelle + informelle –
Instrumente nicht ausgenutzt
in vielen Kommunen keine (Stadtentwicklungs-) –
Konzepte + Planungen vorhanden (v. a. in kleineren Kommunen)
falls Stadtentwicklungskonzepte vorhanden, dann –
positiv bewertet (wichtige Arbeitsgrundlage, lehrreicher Entwicklungsprozess)
fehlende (gemeinsame) Perspektiven + Ziele zur –
Orientierung der Akteure
keine Neuausweisung von Wohnbauflächen (FNP)–
„großzügiger“ Umgang mit formellem Planungsrecht –
im Bestand
Erstellung langfristiger Konzepte für Stadtentwicklung –
(u. a. mit genauer Betrachtung der Nachkriegsquartiere)
Erarbeitung von Fachkonzepten > Verknüpfung mit –
Gesamtkonzept (z. B. Wohnraumversorgungskonzept)
gesamtstädtische Analyse von Nachkriegsquartieren–
Erstellung von integrierten Quartiersentwicklungs-–
konzepten
wichtig: Umsetzungsorientierung, realistische Ziele, –
Bereitstellung von Finanzmitteln, Beteiligung + Abstim-mung mit Betroffenen
Beauftragung Dritter im Bedarfsfall–
Verwaltungsstrukturen + -organisation
zersplitterte Verwaltungsstrukturen > fehlende –
Zusammenarbeit bei Querschnittsthemen
oft keine Entscheidungsstrukturen / Zuständig-–
keiten auf Quartiersebene
Schaffung von Strukturen für Zusammenarbeit auf –
Quartiersebene: ressortübergreifende Zusammenarbeit, Querschnittskompetenzen (z. B. Koordination durch Stadtplanungsamt)
Raumorientierung statt Themenorientierung der –
Verwaltung
Zuständigkeiten schaffen bzw. deren Entstehung unter-–
stützen (z. B. Quartiersräte, Arbeitsgruppen)
Quartier als wichtige Handlungs- und Umsetzungsebene –
kommunale Beratungsangebote
nur wenige Eingriffs- und Einflussmöglichkeiten –
auf Bestandsquartiere
oft fehlende Kenntnisse bei Eigentümern + –
Bewohnern über Veränderungen
Schaffung von Beratungsangeboten zur Unterstützung –
der Eigentümer + Bewohner (z. B. Energieberatung, altengerechter Umbau, Fördermöglichkeiten)
wichtig: Neutralität + Unabhängigkeit–
6.4 Zwischenfazit 269
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
kommunale Wohnungsunternehmen
mancherorts Verkauf von kommunalen Woh-–
nungsbeständen in der Vergangenheit
sozialer Auftrag: Sicherung der Wohnraumversor-–
gung von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt
Erhaltung / Stärkung der kommunalen Wohnungs-–
unternehmen
Nutzung der kommunalen Unternehmen zur Beeinflus-–
sung des Wohnungsmarktes (z. B. Ausstrahlung von Sonderprojekten )
Übertragung von außerhalb der Verwaltung einfacher –
realisierbaren Aufgaben auf kommunales Unternehmen
weitere Handlungs-optionen der Kommune
Bereitstellung von Quartiersbudgets bzw. Verfügungs-–
fonds
Ausbau / Verbesserung der sozialen Infrastruktur–
Akquise von Fördermitteln (nicht nur Städtebau-–
förderung)
Förderung der lokalen Wirtschaft (z. B. Standortpolitik)–
Initiierung von Modellvorhaben bzw. Leuchtturm-–
projekten
sinnvolle Festlegung der angemessenen Kosten der –
Unterkunft (KdU)
Durchführung von Wettbewerben oder konkurrierenden –
Verfahren im Bestand
etc.–
6.1.2 Wohnungswirtschaftliches Handeln
Rolle + Philosophie der Unternehmen
viele Wohnungsunternehmen (WU) wenig –
„aktiv“ + „innovativ“
oft nur „sporadische“ Berücksichtigung der Ziele –
der Stadtentwicklung (Fokus auf Gebäude)
aktive Rolle bei Stadt- + Quartiersentwicklung –
Erarbeitung / Anpassung Unternehmensleitbild (stärkere –
Berücksichtigung sozialer + ökologischer Belange) > Orientierung an Stadtentwicklung im Idealfall
Partner der Kommune („Stadtrendite“)–
Investitionen in die Bestände
großer Instandhaltungsstau in Quartieren–
WU sehr vorsichtig bei Investitionen–
abnehmende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit–
sehr unterschiedliche Erneuerungsstrategien –
oft geringe Berücksichtigung der Quartiersebene –
bei Investitionen
warmmietenneutrale Modernisierung kaum –
möglich
Abstimmung der Investitionen mit Stadt- / Quartiers-–
entwicklung
Investition auf Basis eines Quartiersentwicklungs-–
konzepts im Idealfall
umfangreiche Abwägung der Folgen für Bewohner –
+ Quartier
Schaffung von langfristig bezahlbarem Wohnraum–
Portfolio-Management um Quartiersebene + weiche –
Faktoren erweitern
Rückbau frühzeitig in Erwägung ziehen–
Dienstleistungen und soziales Engagement
Wohnungsunternehmen nicht mehr nur klassische –
Verwalter
steigender Bedarf an Hilfen + sonstigen Leistun-–
gen, wachsendes Interesse an Unterstützung im Alltag bei vielen Bewohnern
zunehmende Konkurrenz um Mieter –
(v. a. in entspannten Wohnungsmärkten)
soziale Dienstleistungen: Aufbau von wohnbegleitenden –
Dienst- bzw. Serviceleistungen (z. B. Pflege, Betreuung, Sozialmanagement, Concierge-Dienste), Erweiterung des Geschäftsfeldes, Aufbau von Partnerschaften mit externen Anbietern
gewerbliche Dienstleistungen: z. B. eigene Energie-–
versorgung, Car-Sharing, Service-Wohnen
öffentliche Dienstleistungen: teilweise Übernahme –
von Aufgaben der öffentlichen Hand (z. B. bei sozialer Infrastruktur)
Steigerung der Attraktivität der Bestände durch –
Dienstleistungen
270 6 Handlungsoptionen
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
Belegungs-management
oft Konzentration schwieriger Bewohnergruppen –
in Quartieren
Gefahr überforderter Nachbarschaften –
durch ungünstige Belegungsstrukturen
auslaufende Belegungsbindungen–
Aufbau von Sozial- / Belegungsmanagement mit –
qualifiziertem Personal in Wohnungsverwaltung
Steuerung der Zusammensetzung der Bewohner –
> Schaffung stabiler Nachbarschaften
im Idealfall in Abstimmung mit übergeordneten –
Stellen / Konzepten
Mietpreise meist vergleichsweise günstige Mieten in –
Nachkriegsquartieren
kaum Mieterhöhungsspielraum–
gesetzlich mögliche Umlage der Modernisie-–
rungskosten (11 % lt. § 559 BGB)
Festlegung von Mieterhöhungen unter Berücksichtigung –
der Zahlungsfähigkeit der Bewohner
Erhaltung von günstigem Wohnraum–
allerdings auch Rücklagenbildung für Wohnungs-–
unternehmen notwendig
angemessene Kosten der Unterkunft (KdU) –
berücksichtigen
Senkung der Betriebskosten–
strategische Koopera-tion zwischen Woh-nungsunternehmen
meist wenig (freiwillige) + kontinuierliche –
Zusammenarbeit + Kommunikation
wenig Abstimmung bei Projekten im Quartier –
mit anderen Eigentümern
Zusammenarbeit bei gesamtstädtischen / konzeptionel-–
len Themen + in Quartieren (z. B. gemeinsame Stimme)
Aufbau von Kommunikation mit anderen Unternehmen –
(gemeinsame Stimme gegenüber Stadt)
weitere Strategien + Handlungsoptionen von Wohnungsunter-nehmen
Mitwirkung bei der Erstellung kommunaler Konzepte –
eigene Erstellung oder Beauftragung von Analysen /–
Konzepten
Einrichtung von Zweigstellen in den Quartieren mit –
festen Öffnungszeiten (Präsenz vor Ort)
Bereitstellung von Räumlichkeiten für verschiedene –
(soziale) Zwecke
Unterstützung von bewohnergetragenen Initiativen –
Einrichtung von Hausmeister- oder Sicherheitsdiensten–
Stärkung oder Förderung der Entstehung eines Mieter-–
beirats (Interessensvertretung/Sprachrohr für die Mieter)
Umzugsmanagement (z. B. bei Sanierungen)–
Concierge-Service (ggf. in Kooperation mit anderen –
WU im Quartier)
Veranstaltungen für Mieter (z. B. Mieterfeste)–
Entwicklung von Informationsmedien (z.B. Mieterzeitung)–
Befragungen zur Wohnzufriedenheit–
Mieterbeteiligung bei Baumaßnahmen–
Qualitätssicherung bei Baumaßnahmen –
(z. B. Wettbewerbe)
Erschließung neuer Zielgruppen (z. B. Studenten)–
positive Öffentlichkeitsarbeit –
Aufbau von Kooperationen mit Wohlfahrtsverbänden, dgl.–
Initiierung von besonderen Projekten (z. B. Taschengeld-–
projekt)
Einstellung von qualifiziertem Personal (z. B. Sozial-–
arbeiter)
Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter–
Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen–
Einrichtung von Treffpunkten in den Quartieren–
Immobilientausch (Vereinfachung von Eigentums-–
verhältnissen in Quartieren)
Stärkere Verbandsarbeit–
6.4 Zwischenfazit 271
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
6.1.3 Bewohner / bewohnergetragene Initiativen
Bewohnerinitiativen nur selten Zusammenschlüsse von Bewohnern –
in Quartieren
wenig Engagement der Bewohner –
unterschiedliche Bewohnerinteressen in den –
Quartieren (Erstbezieher, Neuhinzuziehende)
verstärkte Einbeziehung der Bewohner in Quartiers-–
entwicklung
Unterstützung von Bewohnerinitiativen zur Verbesse-–
rung der Lebens- und Wohnqualität
Idealvorstellung: selbsttragende Strukturen in den –
Quartieren
Förderung des freiwilligen Engagements durch –
Kommune u. / o. Wohnungsunternehmen (z. B. Bereitstellung von Verfügungsfonds)
6.1.4 Kooperative Strategien der Akteure
Kooperationen auf gesamtstädtischer Ebene
wenig (kontinuierliche) Kommunikation –
+ Kooperation zwischen Kommune + Wohnungsunternehmen (konzeptionell + projektbezogen)
Mehrwert eines gemeinsamen Vorgehens –
wenig erkannt
Hemmnisse: unterschiedliche Interessenlagen, –
Mehraufwand
Schaffung von Kooperationsanreizen (win-win-Situation, –
Synergie-Effekte)
Aufbau von geregelten Kooperationsstrukturen zwischen –
Kommune + Wohnungswirtschaft (projektbezogen + gesamtstädtisch)
gemeinsame Erarbeitung + Umsetzung von Konzepten –
+ Projekten
bessere Abstimmung der Investitionen–
externe Moderation bei großen Konflikten–
Erprobung verschiedener Kooperationsformen –
(z. B. Foren, Gesprächsrunden)
bei Bedarf Einbeziehung weiterer Akteure–
Kooperationen auf Quartiersebene
selten Zusammenarbeit der Eigentümer –
+ Kommune auf Quartiersebene
keine Entwicklung der Quartiere als „Gesamtheit“–
Aufbau von Kooperationen zwischen Eigentümern –
+ Kommune für Quartiersentwicklung
gemeinsame Erstellung + Umsetzung von Konzepten –
(Abstimmung der Investitionen + Maßnahmen)
Nutzung der Vorteile durch konzertierte Vorgehensweise–
Auslotung gemeinsamer Interessen–
Suche nach geeigneter Form der Kooperation –
(z. B. ESG)
Quartiersentwick-lungskonzepte /quartiersbezogene Konzepte
meist keine Konzepte + Ziele bzw. Grundlagen –
für Quartiere vorhanden
Mangel an „Visionen“–
Erarbeitung von Konzepten inkl. Maßnahmen in Zusam-–
menarbeit von Kommune, Eigentümern + Bewohnern
Fokus auf das wirtschaftlich Machbare (realisierbar –
ohne Förderungen)
als Anreiz für Investitionen (Schaffung von Planungs-–
sicherheit)
Einbindung in gesamtstädtische Konzepte–
„light“-Konzepte für die kleinen Quartiere–
Beteiligung der Bewohner
selten Beteiligung der Bewohner bei –
Planungen + Entscheidungen
Hemmnis: Mehraufwand, Verlängerung –
des Prozesses
Aufbau von Beteiligungsangeboten–
Aktivierung der Bewohner, Einbeziehung der Bewohner –
in Umbauprozess
Einräumen von Stimmrecht + Gestaltungsspielraum–
272 6 Handlungsoptionen
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
Quartiersmanagement (QM) + Kümmerer
viele positive Erfahrungen mit QM in geförderten –
Quartieren > Kümmerer in Quartieren sehr wichtig
große Potenziale im nicht-investiven Bereich–
Quartiere ggf. zu klein–
meist keine langfristige Finanzierung –
(nur Projekte)
Aufbau von QM als Daueraufgabe (Kommune oder –
Wohnungsunternehmen)
Entwicklung von Finanzierungs- und Trägermodellen –
(Kommune, WU, sonstige?)
Etablierung eines Kümmerers vor Ort –
(z. B. Hausmeister)
spezielle Formen in kleinen Quartieren?–
Sozialstruktur einst homogene Bewohnerstruktur–
Generationenwechsel: Veränderung der –
Sozialstruktur
zunehmende Schwierigkeiten in den Quartieren –
durch überforderte Nachbarschaften
zunehmendes sozialräumliches Auseinander-–
driften in entspannten Wohnungsmärkten
Steuerung + Stabilisierung der Bewohnerstruktur–
kontinuierliche Beobachtung der Sozialstruktur–
Erarbeitung von Wohnraumversorgungskonzepten –
oder Belegungskonzepten
Ausdifferenzierung des Wohnungsgemenges–
Steuerung der Belegung gebundener Wohnungen–
Ansprache neuer Zielgruppen (z. B. durch soziale –
Infrastruktur)
Finanzierungsmög-lichkeiten
ohne Förderungen kaum Maßnahmen möglich–
Reduzierung der Förderungen–
bisher kaum private Investitionen in Quartieren–
Entwicklung alternativer Finanzierungsmodelle –
bzw. -quellen
richtiger Zeitpunkt für präventive Maßnahmen –
(wann Kosten geringer?)
private Maßnahmen, bürgerschaftliches Engagement –
anregen
minimale Finanzmittel > maximaler Nutzen–
sonstige Handlungsoptionen in Kooperation der Akteure
gemeinsame Organisation von Veranstaltungen–
gemeinsame Initiierung von Modellvorhaben –
+ Leuchtturmprojekten
Aufbau von Treffpunkten in Quartieren–
Imageverbesserung (z. B. Neighbourhood Branding)–
Quartiersmarketing–
gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit–
6.4 Zwischenfazit 273
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
6.2 Städte- und hochbauliche Maßnahmen (Hardware)
6.2.1 Städtebau
Bebauungsstruktur häufig (leitbedingte) städtebauliche Defizite in –
den Quartieren (Lage, Dichte, Freiflächen, Erreichbarkeit, Parkierung etc.)
Frage nach den strukturellen Veränderungen bzw. –
Erhaltung der Baustruktur und Neustrukturierung
komplexer Entscheidungsprozess hinsichtlich –
städtebaulichen Umgangs mit Quartieren
Behebung der städtebaulichen Probleme–
verschiedene Varianten hinsichtlich Bebauungsstruktur: –
Erhaltung, geringfügige oder strukturelle Veränderungen (punktueller Abriss, Nachverdichtung, Teilrückbau), Abbruch mit Neubau, Abbruch ohne Neubau
zuerste Analyse der Stärken + Schwächen der Quartiere –
> Entwicklung eines räumlichen Konzeptes (in Kooperation Kommune + Wohnungsunternehmen im Idealfall)
Freiraum und Wohnumfeld
überdimensionierte Freiräume (Abstandsgrün)–
wenig Nutzungs- + Aufenthaltsqualität–
großer Pflegeaufwand–
viel Grün ist aber auch Qualität–
fließende Übergänge der öffentlichen + privaten –
Flächen
oft Beschädigungen / Vandalismus –
(erste Anzeichen für Abwärtsspirale)
Wohnumfelduntersuchung > Erarbeitung von –
Freiraumkonzept
Aufwertung / Umgestaltung des Freiraums –
(v. a. auch Parkierung!)
Schaffung von Freiräumen für unterschiedliche –
Zielgruppen
Anlage von Mietergärten bei Interesse –
(Reduzierung der Betriebskosten)
schnelle Beseitigung von Vandalismus –
+ Beschädigungen
ggf. Nutzung der Flächen für Nachverdichtung–
6.2.2 Gebäude
Gebäudebestand oft Bauschäden + bauphysikalische Probleme –
(Schimmelbildung, Trittschall, Haustechnik, etc.)
Instandhaltungs- / Modernisierungsstau–
energetische Mängel (hohe Energiekosten)–
standardisierte, einfache Wohnungen–
hohe Baukosten–
Grundrissänderungen sehr aufwändig–
Sanierung oder Modernisierung (energetische –
Ertüchtigung mit Augenmaß, Reduzierung von Barrieren)
Erneuerung der Haustechnik–
Anbau von Balkonen, Erneuerung der Ausstattung–
Aufstockung / Nachverdichtung–
Verbesserung der Wohn- + Gestaltungsqualität–
Abbruchalternative bei zu schlechtem Zustand –
bzw. mangelnder Wirtschaftlichkeit
Wohnraum Wohnraum begrenzt für heutige Anforderungen –
geeignet
viele ältere Menschen in nicht altengerechten –
Wohnungen (viele Barrieren, keine Aufzüge) > Wunsch: Verbleib möglichst lange selbständig in gewohnter Umgebung
Anpassung an heutige Wohnbedürfnisse–
Reduzierung von Barrieren–
Einbau von Aufzügen (meist wirtschaftlich kaum –
darstellbar)
Überprüfung aller Erdgeschosse hinsichtlich Eignung –
für ältere Bewohner > Umzugsmanagement ins EG
Grundrissveränderungen (wenn wirtschaftlich machbar)–
Verbesserung der Ausstattung–
neue Wohnformen gleichartiges Wohnungsgemenge > nachteilige –
Auswirkungen auf Bewohnerstruktur
Realisierung besonderer Wohnformen in –
Beständen kaum möglich
nur bedingt nachfragegerechte Wohnungen–
Ausdifferenzierung des Wohnraumangebotes in –
Quartieren (ggf. auch durch Neubau)
Entwicklung von Wohnprojekten im Bestand –
(z. B. Generationenwohnen, Senioren-WG) > Schaffung von Unterstützungsangeboten, Bereitschaft von Wohnungsunternehmen zur Trägerschaft
274 6 Handlungsoptionen
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
6.2.3 Daseinsvorsorge
soziale Infrastruktur größere Siedlungen meist mit eigener Infra-–
struktur, kleine Quartiere meist ohne
oft eingeschränkte Erreichbarkeit–
drohende Schließungen bei abnehmender Nach-–
frage > Attraktivitätsverlust von Quartieren
soziale Infrastruktur wichtig bei Wohnstandort-–
entscheidung + für Lebensqualität
Erhaltung oder Ausbau der sozialen Infrastruktur –
als Standortqualität
ggf. Einbeziehung der Wohnungswirtschaft bei –
Erhaltung der sozialen Infrastruktur
Entwicklung neuer Trägermodelle–
Schaffung von Einrichtungen für Ältere –
(z. B. Pflegestützpunkte)
sozialraumorientierte Verknüpfung verschiedener –
sozialer Bereiche (Bildung, Altenpflege etc.) > gemeinsame Nutzung von Ressourcen
Nahversorgung wegbrechende Nahversorgung vielerorts–
wohnortnahe Versorgung wichtig für –
Wohnqualität (v. a. für ältere Bewohner)
Erstellung von Einzelhandelskonzepten (Vermeidung –
von Konkurrenz)
Sicherung der Versorgung durch Erhalt vorhandener –
Läden
ggf. Aufbau von alternativen Versorgungskonzepten–
Standortvorteil durch Nahversorgung sichern–
6.2.4 Verkehr und Erschließung
Anbindung + Mobilität Verkehrsanbindung je nach Lage von –
großer Bedeutung
Zunahme mobilitätseingeschränkter –
(älterer) Bewohner
Wegbrechen des ÖPNV bei Rückbau–
steigende Kosten für Mobilität–
Sicherung oder Verbesserung der verkehrlichen –
Anbindung (v. a. ÖPNV)
Einrichtung alternativer Mobilitätsmodelle –
(z. B. Bürgerbus, Car-sharing)
ruhender Verkehr + Verkehrsflächen
Beeinträchtigungen des Freiraums durch –
ruhenden Verkehr
„Autogerechte“ Erschließung, überdimensionierte –
Verkehrsflächen
verbesserte Unterbringung des ruhenden Verkehrs–
Umgestaltung der großen Verkehrsflächen–
6.2.5 Technische Infrastruktur
technische Infrastruktur
Anpassung der technischen Infrastruktur –
schwierig
Tragfähigkeit der Infrastruktur durch Bewohner-–
rückgang + verändertes Verbraucherverhalten gefährdet
mangelnde Kostendeckung–
oft mangelnde Berücksichtigung von Belangen –
der technischen Infrastruktur bei Stadtumbau
ungenutzte Potenziale im Bereich Energie –
in Quartieren
frühzeitige Einbindung der Ver- und Entsorgungs-–
betriebe bei Quartiersumbau
bei Rückbau technische Infrastruktur anpassen –
bzw. berücksichtigen (v. a. leitungsgebundene Infrastruktur)
statt dispersem Rückbau Auflassung ganzer –
Siedlungseinheiten
Erstellung von Energieversorgungskonzepten–
Aufbau von Nahwärmenetzen, dgl. für Energie-–
versorgung auf Quartiersebene, Einsatz erneuerbarer Energien, Kooperationen zwischen Eigentümern + Energieversorgern
6.4 Zwischenfazit 275
Problem / Ausgangslage Handlungsempfehlung / Vorschlag
6.2.6 Baukultur und Gestaltungsqualität
Baukultur + Gestaltungsqualität
mangelnde Wertschätzung des Wohnungsbaus –
der 1950er – 1970er Jahre
unsensibler Umgang mit Gebäuden der –
Nachkriegsjahrzehnte
Bewusstseinsbildung für Wohnungsbauerbe–
sensibler Umgang mit den Gebäuden–
Erhaltung der Charakteristika als Zeugen –
der Nachkriegszeit
Untersuchung hinsichtlich Denkmalwürdigkeit–
Verbesserung der Gestaltungsqualität (z. B. durch –
konkurrierende Verfahren, Gestaltungskonzepte, Quartiersarchitekten)
6.3 Gestaltung der Rahmenbedingungen auf übergeordneter Ebene
Rahmenbedingungen + Finanzierung
wenig Aufmerksamkeit für die kleinen Quartiere –
der Nachkriegsjahrzehnte
keine Aufmerksamkeit für quartiersbezogene –
Ansätze außerhalb der Städtebauförderung
oft nur sektorale Strategien, ressortübergreifende –
Ansätze wenig ausgeprägt
Stärkung präventiver Ansätze–
Förderung von quartiersbezogenen Ansätzen –
durch ressortübergreifende Programme / Initiativen
Kontinuierliche Weiterentwicklung, Anpassung –
und Bündelung der Förderprogramme
Förderung / Unterstützung von Kooperationen–
Weiterentwicklung und Stärkung der Wohnungsbau-–
förderung
Verstetigung der Städtebauförderung–
Stärkung der Bewusstseinsbildung –
Unterstützung von anwendungsbezogenen, –
disziplinübergreifenden Forschungsprojekten
276 7 Szenario einer Quartiersentwicklung
7 Szenario einer Quartiersentwicklung
Die in Kapitel 6 dargestellten Handlungsoptionen zeigen ein breites Spektrum an Mög-
lichkeiten für die Weiterentwicklung und Revitalisierung der Nachkriegswohnquartiere
auf. Je nach Rahmenbedingungen können die Hauptakteure die verschiedenen Optionen
anwenden und miteinander kombinieren. Im Folgenden wird ein idealtypischer Prozess
in der fiktiven Stadt Wohnhausen aufgezeigt, wie die Akteure sowohl auf der Ebene der
Gesamtstadt als auch in einem konkreten Quartier vorgehen könnten. Es soll beispielhaft
dargestellt werden, wie ein kleines Wohnquartier der 1950er bis 1970er Jahre – in diesem
Fall das Quartier „Luft und Sonne“ – durch ausgewählte Maßnahmen und eine koordi-
nierte Vorgehensweise einer „neuen Zukunft“ zugeführt werden kann. Es wird davon
ausgegangen, dass keine Mittel der Städtebauförderung zur Verfügung stehen. So wie im
Szenario angegeben, könnte es sich zutragen.
Gesamtstadt
Steckbrief Kommune Wohnhausen
Einwohner: 70.000 –
Mittelzentrum–
äußerer Randbereich eines Verdichtungsraums–
derzeit bereits leichte Bevölkerungsrückgänge (Prognose: weitere Schrumpfung)–
Wohnungsmarkt entspannt (Neubau nur noch bei Einfamilienhäusern am Stadtrand)–
Anteil Wohnungen in MFH: 40 %–
große Wohnungsbestände aus den 1950er bis 1970er Jahren (neben einer Groß-–
siedlung am Stadtrand zahlreiche kleinere Quartiere v. a. aus den 1960er Jahren)
Wohnungsmarktakteure: kommunales Wohnungsunternehmen (ca. 20 % der Woh-–
nungsbestände in MFH), 2 Genossenschaften, freie Wohnungsunternehmen, in vielen Quartieren kleinteilige Eigentümerstrukturen
bislang flächendeckend gute Versorgung mit sozialer Infrastruktur, Nahversorgung –
teilweise allerdings bereits weggebrochen (v. a. in den Nebenzentren und peripheren Stadtteilen)
Arbeitsmarkt / Wirtschaft: einige große Arbeitgeber vorhanden, Abwanderung junger –
Menschen in Großstadt
kein Stadtentwicklungskonzept vorhanden–
bisher keine Auseinandersetzung mit den kleinen Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte–
Verschiedene Fachbereiche der Stadtverwaltung von Wohnhausen stellen zunehmend fest,
dass sich die Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre verändert. Bis-
her waren die Quartiere eher unauffällig; die Stadt hat sich nicht mit diesen Strukturen
beschäftigt. Neben der Sanierung der historischen Innenstadt hat sich das Stadtplanungs-
amt bisher intensiv um die Großsiedlung Blockstraße gekümmert, deren Stabilisierung seit
drei Jahren durch das Bund-Länder-Programm „Soziale Stadt“ gefördert wird. Dort
wurden bereits erste Erfolge erzielt, aber die zuständigen Stellen beobachten die ständig
sinkenden Programmmittel mit großer Sorge.
Stadtgrundriss von Wohnhausen mit Kernstadt
Gesamtstadt 277
In den kleinen, bisher unauffälligen Quartieren nehmen seit einiger Zeit Beschwerden
über Defizite im öffentlichen Raum zu – der ungepflegte Spielplatz, auf dem sich zuneh-
mend lärmende Jugendliche am Abend treffen, Beschädigungen an der Bushaltestelle und
wild parkende Autos erregen das Ärgernis bei einigen langjährigen Bewohnern. In den
Nachkriegsquartieren steigt der Anteil älterer, mobilitätseingeschränkter und auf Pflege
angewiesener Menschen an. Beim Amt für Familie, Jugend und Senioren fragen immer
mehr ältere Menschen aus den Quartieren nach Rat, da ihre Wohnungen nicht alten-
gerecht sind und die Alltagsorganisation vor allem seit der Schließung von diversen Nah-
versorgern zunehmend schwierig wird.
Das kommunale Wohnungsunternehmen stellt gleichzeitig fest, dass es auf dem sich
entspannenden Markt immer schwieriger wird, Wohnungen in den verdichteten Nach-
kriegsquartieren zu vermieten. Vor allem die peripher gelegenen Quartiere und kleine,
weitgehend unsanierte Wohnungen werden kaum mehr nachgefragt. Gleichzeitig müssen
immer mehr Bewohner „der ersten Stunde“ in das städtische Pflegeheim umziehen, da sie
den Alltag nicht mehr bewältigen können und pflegebedürftig sind.
Der Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsgesellschaft, Herr Immomann, beobach-
tet mit Sorge, dass selbst bei sehr günstigen Mieten Familien nicht mehr in diese Quartiere
ziehen. Es lässt sich ein klarer Trend in die innerstädtischen Lagen oder an den Stadtrand
in die Einfamilienhausgebiete feststellen. Trotz beträchtlicher Investitionen in den Bestand
lässt der Vermietungserfolg zu wünschen übrig und die Refinanzierung der Ausgaben ent-
spricht nicht den Vorstellungen. In einigen Quartieren ist die Fluktuation stark angestie-
gen und oft sind problematische Mieter in die Wohnungen gezogen – der Aufwand für die
Verwaltung der Wohnungen und die Betreuung der Mieter hat sich in den letzten Jahren
stark erhöht. Herr Immomann berichtet der Leiterin des Planungsamtes, Frau Planmann
bei einem Treffen im Rahmen des Neujahrsempfangs von diesen noch nicht sehr besorg-
niserregenden, aber durchaus wahrnehmbaren Entwicklungen in den Quartieren der
Nachkriegsjahrzehnte.
Im Stadtplanungsamt wächst das Bewusstsein, dass sich die kleinen Probleme in den
Quartieren künftig durchaus verschärfen könnten. Frau Planmann spricht diese Thematik
in einer Besprechung mit ihrem Team an. Die Problematik wird diskutiert und es wird
selbstkritisch festgestellt, dass man sich bisher nicht mit diesen Quartieren auseinander-
gesetzt hat. Die Mitarbeiter des Planungsamtes sind sich einig, dass Probleme zu erwarten
sind – vor allem, weil die Eigentümer kaum investieren und der Sanierungsstau mittler-
weile sehr groß ist. In der nächsten Abteilungsleitersitzung setzt Frau Planmann das
Thema auf die Tagesordnung und bespricht sich mit ihren Kollegen aus anderen Fachge-
bieten. Dabei zeigt sich, dass auch die anderen Abteilungen schon erste Anzeichen für
Verschlechterungen wahrnehmen oder Schwierigkeiten in der Zukunft erwarten.
Frau Planmann beauftragt einen Mitarbeiter, sich einen ersten, groben Überblick über die
Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre zu verschaffen. In einer
Stadtgrundkarte markiert er alle Wohngebiete, die in den drei Nachkriegsjahrzehnten
entstanden sind, und ist selber erstaunt, wie viele bunte Flächen sich schließlich auf dem
Plan finden. Das städtische Amt für Statistik wertet beispielhaft für drei Quartiere die
Einwohnerdaten der letzten Jahre aus. In der Zeitreihe lässt sich erkennen, dass die
Bewohnerzahl – auch im Vergleich zur Gesamtstadt – seit Jahren stark rückläufig ist. Der
Anteil der Menschen über 65 Jahre liegt mit bis zu 75 Prozent deutlich über dem städti-
schen Durchschnittswert. Es wird weiter recherchiert und stichhaltige Grundlagen und
Informationen vorbereitet, die die Problematik und die Chancen der Quartiere aufzeigen.
Mehr und mehr verdeutlicht sich, dass eine „aufmerksame“ Rolle der Kommune ange-
sichts der Menge an Beständen und Problemen auf lange Sicht nicht ausreichend sein wird,
sondern dass ein präventives, vorausschauendes Handeln notwendig ist.
Beschwerden von Bewohnern aus Nachkriegs-quartieren nehmen zu.
Die Mietpreise in Wohnhausen sinken.
Im Planungsamt wird die Problematik erkannt und besprochen.
Bei der Kartierung wurden erstaunlich viele Quartiere identifiziert.
278 7 Szenario einer Quartiersentwicklung
In der Folge wird ämterübergreifend eine Vorlage für den Gemeinderat vorbereitet, in der
die Situation in den Nachkriegsquartieren aus verschiedenen Blickwinkeln beschrieben
und ausführlich dargelegt wird, weshalb sich die Kommunalverwaltung künftig stärker
mit den Wohnungsbeständen der 1950er bis 1970er Jahre beschäftigen sollte. In der nächs-
ten Gemeinderatssitzung erläutert Planungsamtsleiterin Planmann die Herausforderun-
gen, die sich momentan in den zahlreichen Nachkriegsquartieren ergeben, und weist darauf
hin, welche Vorteile gerade in einem frühzeitigen Einschreiten liegen. Der Gemeinderat
erkennt die Chancen, die sich aus einer präventiven Beschäftigung mit den Quartieren
ergeben. Deshalb wird beschlossen, dass die Situation in den Nachkriegsquartieren genau-
er analysiert und Konzepte für die Entwicklung der Quartiere erarbeitet werden sollen.
Nach diesem positiven Beschluss ist das Stadtplanungsamt voller Tatendrang und beginnt
mit konkreten Überlegungen, wie die Problematik der Quartiere angemessen in ihrer
gesamten Komplexität erfasst werden kann. Bei der Erarbeitung zeigt sich, dass es sinnvoll
wäre in der sektoral organisierten Kommunalverwaltung eine Struktur zu schaffen, die es
ermöglicht, alle relevanten Ämter an einen Tisch zu holen. Unter der Federführung des
Stadtplanungsamtes wird eine fachübergreifende Arbeitsgruppe aufgebaut (Sozialamt,
Wohnungsamt, Baurecht, soziale Infrastruktur, Statistik, technische Infrastruktur etc.),
im Rahmen derer die Situation in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er aus den ver-
schiedenen fachlichen Perspektiven regelmäßig besprochen wird. Nach und nach ergibt
sich „Gesamtbild“ der Veränderungen und Herausforderungen in den Quartieren.
Das Stadtplanungsamt vertieft den vorhandenen Plan, in dem bereits sämtliche Quartiere
der 1950er bis 1970er Jahre kartiert sind. In Zusammenarbeit mit dem statistischen Amt
werden die Entwicklung der Bewohnerzahl in den letzten zehn Jahren sowie die Sozial-
struktur sämtlicher Quartiere an Hand weniger Daten analysiert. In allen Quartieren zeigt
sich ein ähnliches Bild: Die Zahl der Bewohner nimmt ab, der Altersdurchschnitt ist sehr
hoch. Um aber fundierte Aussagen unter Berücksichtigung der Gesamtstadt treffen zu
können, zeigt sich, dass es an genauen Kenntnissen über die Situation auf dem lokalen
Wohnungsmarkt und die Wohnraumversorgung der verschiedenen Nachfragegruppen in
Wohnhausen fehlt. Darüber hinaus mangelt es an konkreten Informationen über die mit-
tel- und langfristige Entwicklung der Kommune. Welche Entwicklungen sind zu erwarten
und welche Ziele sollen für die Gesamtstadt angestrebt werden? Angesichts dieser Defizite
setzt sich im Planungsamt immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Erstellung eines
integrierten Stadtentwicklungskonzeptes sehr sinnvoll wäre. Bisher hat man sich vor dem
Aufwand des Erarbeitungsprozesses eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes ge-
scheut.
In der nächsten Gemeinderatssitzung wird die Erstellung eines integrierten Stadtentwick-
lungskonzeptes vorgeschlagen und beschlossen. Unter Zuhilfenahme eines externen Büros
wird mit breiter Beteiligung der Bevölkerung und sämtlicher anderer Betroffener in einem
zweijährigen Prozess ein Stadtentwicklungskonzept („Zukunft Wohnhausen 2050“) erar-
beitet. Gleich zu Beginn wird ein Wohnraumversorgungskonzept erstellt, bei dem Ange-
bot und Nachfrage sowie die Wohnsituation der Einwohner genau untersucht und kon-
krete – auch räumliche Aussagen – getroffen werden, welche Bestände bzw. Quartiere für
welche künftige Nachfragegruppen besonders geeignet sind. Im Kapitel „Wohnen“ des
Stadtentwicklungskonzeptes werden die Perspektiven der Nachkriegsquartiere im Kontext
der Gesamtstadt ausführlich thematisiert. Für jedes Quartier wird eine kurze Analyse der
Stärken, Schwächen und Potenziale erarbeitet, Aussagen zu deren künftigen Entwicklung
getroffen sowie erste Maßnahmen für Verbesserungen aufgezeigt („Quartiersprofile“). An-
gesichts der ständigen Veränderungen wird beschlossen, ein kontinuierliches Monitoring
Wohnen aufzubauen und das Wohnraumversorgungskonzept kontinuierlich fortzuschrei-
ben.
Der Gemeinderat beschließt, die Quartiere genauer zu untersuchen.
Eine fachübergreifende Arbeitsgruppe wird aufgebaut.
Die Quartiere werden genauer untersucht.
Ein integriertes Stadtentwicklungskonzept wird erarbeitet.
Gesamtstadt 279
Im Zuge der Erstellung des Konzeptes gelingt es der Kommune mit den verschiedenen
Akteuren auf dem Wohnungsmarkt in Kontakt zu kommen und eine Zusammenarbeit
aufzubauen. Die Kommune hat ein kurzes „Paper“ verfasst und an die verschiedenen
Wohnungsunternehmen verschickt, in dem sie ihr Anliegen und die Problematik der
Nachkriegsbestände kurz und bündig darlegt, um bei den Eigentümern das Bewusstsein
zu schärfen. Während sich neben der kommunalen Wohnungsgesellschaft die beiden
Genossenschaften als sehr kooperativ erweisen, macht die Kommune die Erfahrung, dass
es ziemlich schwierig ist, die freien Wohnungsunternehmen, die in den letzten Jahren
Streubesitz in einigen Bereich aufgekauft haben und nicht am Ort ansässig sind, für die
Belange der Stadt- und Quartiersentwicklung zu aktivieren.
Unter Federführung der Stadt wird künftig drei Mal jährlich ein Arbeitstreffen mit den
kooperationsbereiten Wohnungsunternehmen stattfindet, bei dem über aktuelle Entwick-
lungen und Probleme auf dem Wohnungsmarkt diskutiert wird und ein Austausch voran-
getrieben wird. Das Stadtplanungsamt übernimmt die Koordination und Organisation
und greift dabei aber bei Bedarf auf die Ressourcen der Unternehmen zurück (z. B. Räum-
lichkeiten, Büroinfrastruktur). Die kontinuierliche Zurverfügungstellung von wohnungs-
marktrelevanten Daten seitens der Stadt stellt sich als guter Anreiz heraus, um die Woh-
nungsunternehmen für die Zusammenarbeit zu gewinnen. Im Gegenzug stellen auch eini-
ge Wohnungsunternehmen dem städtischen Statistikamt Daten ihres Wohnungsbestandes
zur Verfügung. Auf diese Weise kann die Aussagekraft der Daten erheblich verbessert und
die Entwicklungen in den Quartieren besser verfolgt werden.
Auf Grundlage des Stadtentwicklungskonzeptes, der gesamtstädtischen Quartiersanalyse,
des Monitorings und der Informationen aus den Arbeitstreffen mit der Wohnungswirt-
schaft wird genau abgewogen, welche Nachkriegsquartiere in der Stadt am ehesten bzw.
am frühesten von Problemen betroffen sein könnten. Bei einzelnen Quartieren zeichnet
sich ab, dass auf lange Sicht die Chancen für eine positive Entwicklung nicht allzu gut
stehen. Unter Berücksichtigung des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs wird für das
Quartier „Stadtrandsiedlung“ ein Rückbaukonzept ausgearbeitet. Die Siedlung entstand in
den 1960er Jahren an einem nicht-integrierten Standort, weist bereits erhebliche Leerstände
auf und kann nicht mehr mit vertretbarem Aufwand an heutige Anforderungen angepasst
werden. Die Wohnungseigentümer werden in das Stadtplanungsamt eingeladen und es
wird ihnen ausführlich erläutert, weshalb in ihrem Quartier nicht von positiven Perspek-
tiven ausgegangen werden kann und sich daher Investitionen nicht mehr lohnen.
Die Stadt verfolgt die Strategie, statt dispersem Rückbau eine ganze Siedlungseinheit
vom Markt zu nehmen, um so andere Quartiere mit besseren Zukunftschancen zu stabili-
sieren. Für den Rückbau sollen Mittel der Städtebauförderung akquiriert werden. Im
Quartier „Luft und Sonne“ will die Stadtverwaltung künftig verstärkt Maßnahmen zur
Aufwertung und Zukunftssicherung vorantreiben. Zunächst soll erprobt werden, wie die
Eigentümer zu Investitionen angeregt, Kooperationen aufgebaut und Maßnahmen umge-
setzt werden können, um die Erfahrungen auf weitere Quartiere zu übertragen. Um sich
aber nicht nur auf ein Quartier zu konzentrieren und die Entwicklung der anderen Quar-
tiere außen vor zu lassen, wird im Stadtplanungsamt ein „Quartiersbeauftragter“ benannt.
Die Verwaltung verfolgt damit das Ziel, auch in den anderen Quartieren erste Aktivitäten
der Eigentümer und Bewohner anzuregen und die Quartiere im Blick zu behalten. Im
Rahmen einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit (u. a. Zeitungsartikel, Flyer) werden
Bewohner verschiedener Nachkriegsquartiere aufgefordert, sich zusammenzuschließen
und einen Quartiersrat zu wählen – dafür wird auch eine Hilfestellung der Stadt angebo-
ten. Wenn dies gelingt, wird der Bewohnergruppe ein jährliches Budget von bis zu
3.000 Euro zur Verfügung gestellt, das frei für Maßnahmen im Quartier genutzt werden
darf. Gleichzeitig schafft die Kommune verschiedene Beratungsangebote (z. B. „Wohnen
im Alter“, „Energieberatung“).
Die Kommune baut Kontakte zur Wohnungs-wirtschaft auf und informiert über das Vorgehen.
Lage des Quartiers „Luft und Sonne“ im Stadtgrundriss
Ein Arbeitskreis unter der Federführung der Stadt wird eingerichtet.
280 7 Szenario einer Quartiersentwicklung
Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“
Steckbrief des Quartiers „Luft und Sonne“
Bebauungsstruktur: viergeschossige Zeilen aus den 1960er Jahren, –
wenige Einfamilienhäuser am Rand, ein Hochhaus aus den 1970er Jahren an zentraler Stelle
Lage: Randlage, ca. 20 Gehminuten zur Innenstadt–
Infrastruktur: im Gebiet keine sozialen Einrichtungen vorhanden–
ca. 350 WE (überwiegend kleine Zwei- und Dreizimmerwohnungen)–
ca. 70 Prozent der Bewohner über 60 Jahre alt–
hohe Fluktuation, fortschreitender Generationenwechsel bzw. Mieterwechsel –
(ca. 15 Prozent noch Erstbezieher)
hoher Investitionsstau bzw. Sanierungsbedarf der Gebäude (abgesehen von neuen –
Fenstern in den 1990er Jahren kaum Verbesserungen an den Gebäuden seit der Fertigstellung)
mangelhaftes Erscheinungsbild, unattraktive Eingangssituationen–
große, ungepflegte Freiflächen ohne Aufenthaltsqualität, unansehnliche Garagenhöfe, –
ruhender Verkehr an den Straßenrändern, unordentliche Müllsammelplätze
Eigentümerstruktur: kommunale Wohnungsgesellschaft, Genossenschaft, privatwirt-–
schaftliches Wohnungsunternehmen, private Kleinanbieter, einige WEG
Die gesamtstädtische Analyse der Nachkriegsquartiere hat für das Quartier „Luft und
Sonne“ einen besonderen Handlungsbedarf erkannt, aber auch Chancen festgestellt. Das
Quartier soll in den nächsten Jahren in Zusammenarbeit von Kommune, Wohnungseigen-
tümern und Bewohnern ohne den Einsatz von Städtebauförderungsmitteln folgenderma-
ßen weiterentwickelt werden.
Die Kommune informiert alle Eigentümer und Bewohner in dem Quartier schriftlich,
dass sie sich künftig verstärkt um den Bereich kümmern und Verbesserungen anstoßen
will. Auch in der örtlichen Presse wird darüber berichtet. Transparent und ausführlich
wird begründet, weshalb das Quartier „Luft und Sonne“ ausgewählt wurde und welche
Ziele verfolgt werden. Allerdings wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Kommune
dies nicht allein erreichen kann, sondern auf die Mithilfe der lokalen Akteure angewiesen
ist. Die Kommune definiert von vornherein ihre Rolle: In der Anfangsphase wird sie ver-
stärkt aktiv sein, um Entwicklungen anzustoßen, und vor allem die Aufgabe einer Mode-
ratorin und Koordinatorin übernehmen. Die Eigentümer, aber auch die Mieter werden
aufgefordert, sich an Ideen und Maßnahmen für die Zukunft des Quartiers zu beteiligen.
Die Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes für das Quartier „Luft und Sonne“ ist als
mehrstufiger Prozess angelegt, an dem alle Betroffenen beteiligt werden. Die Stadt über-
nimmt die Federführung sowie die textliche und grafische Darstellung des Konzeptes – ein
Mitarbeiter ist damit sechs Wochen beschäftigt. Die Kommune veranstaltet einen Auf-
takttermin, zu dem alle Wohnungseigentümer eingeladen werden. Bei der Informations-
veranstaltung wird über die Vorgehensweise und Zielsetzungen informiert, die Vorteile
einer Zusammenarbeit aufzeigt und schließlich die grundsätzliche Bereitschaft für eine
Mitwirkung abgefragt. Während die Wohnungsbaugesellschaft „Wohngut“ noch keine
Leerstände hat und sich daher weitgehend passiv verhält, hat die Genossenschaft „Gemein-
sam Wohnen“ schon erhebliche Leerstände und ist daher gleich kooperationsbereit. Die
Stadt versucht einen verbindlich organisierten Prozess und eine Struktur aufzubauen. Die
meisten Eigentümer können davon überzeugt werden, sich an der Erstellung des Quar-
tiersentwicklungskonzeptes aktiv zu beteiligen – auch finanziell.
In einem ersten Schritt wird eine umfassende Bestandsanalyse durchgeführt. Dabei
werden folgende Themen untersucht: Lage und Verknüpfung des Quartiers, Städtebau,
Bebauungsstruktur des Quartiers „Luft und Sonne“
Die Kommune informiert alle Akteure über die anstehende Beschäftigung mit dem Quartier.
Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“ 281
Erscheinungsbild, Energie (Sanierungsstand der Gebäude, Energieversorgung), Freiraum
(Wohnumfeld, ruhender Verkehr, Pflegezustand, Aufenthaltsqualität), Eigentümerstruktur,
Bewohnerstruktur (Anteil älterer Bewohner und Kinder, Einkommensstruktur, Wohnzu-
friedenheit), Nahversorgung sowie soziale und technische Infrastruktur. Um den Gebäu-
dezustand mit möglichst geringem Aufwand zu erfassen, bittet die Stadt die Eigentümer
um Informationen über die Gebäude (v. a. hinsichtlich Energie, Barrieren, Grundrisse,
Sanierungsstand, Haustechnik).
Um mehr über die Probleme, Wünsche und Ziele der Bewohner zu erfahren, wird ein
externes Büro beauftragt, eine schriftliche Bewohnerbefragung durchzuführen. In
Abstimmung mit der Stadt und den Wohnungsunternehmen, die auch Vorschläge für Fra-
gen einbringen können, wird ein Katalog mit offenen und geschlossenen Fragen erarbeitet.
Der Rücklauf ist gut (über die Hälfte der Bewohner antwortet). So werden wichtige
Erkenntnisse über das Innenleben und die Zukunftspläne der Bewohner gewonnen, die
als Grundlage in die Ziele des Quartierskonzeptes einfließen. Beispielsweise wünschen
sich die älteren Bewohner, möglichst lange in dem Quartier bleiben zu können, sehen aber
große Schwierigkeiten, da die Wohnung für das Wohnen im Alter nicht geeignet ist. Die
Wohnzufriedenheit und die Verbundenheit mit dem Quartier sind trotz der Defizite
erstaunlich hoch. Am meisten stören die Bewohner die Unordnung und die mangelnde
Qualität des Wohnumfeldes. Darüber hinaus werden mit den Wohnungseigentümern leit-
fadengestützte Interviews geführt, um die Ziele und geplanten Investitionen in dem Quar-
tier zu erfassen. Schwierig gestaltet sich die Kontaktaufnahme mit der Wohnungseigen-
tümergemeinschaft in dem Hochhaus.
Die Ergebnisse der Analyse werden den Bewohnern in einer öffentlichen Veranstaltung
präsentiert. In einer anschließenden Zukunftswerkstatt sammeln die Bewohner Vorstel-
lungen für die künftige Entwicklung. Auch den Wohnungseigentümern werden die Ergeb-
nisse vorgestellt. Es folgen mehrere Besprechungen und es wird ein Arbeitskreis eingerich-
tet, in dem die Potenziale und möglichen Zielsetzungen besprochen werden. Die Rohfas-
sung des Konzeptes wird den Eigentümern zur Verfügung gestellt und dann deren
Einwände und Vorschläge im Rahmen des Möglichen eingearbeitet. Ein Kraftakt besteht
darin, die unterschiedlichen Interessenslagen der Eigentümer angemessen zu berücksich-
tigen und in Einklang zu bringen. Wenn Wünsche bzw. Forderungen nicht aufgenommen
werden können, dann wird dies ausführlich begründet. Ziel war es, dass am Ende sämtli-
che Eigentümer das Konzept mittragen können und prinzipiell damit einverstanden sind.
Parallel dazu wird die Rohfassung auch den Bewohnern präsentiert, die ebenfalls die Mög-
lichkeit haben, Vorschläge und Änderungen einzubringen. Sämtliche Anregungen werden
geprüft und entweder eingearbeitet oder begründet abgelehnt. Durch dieses kooperative
Verfahren und durch die breite Beteiligung der Akteure wird ein für alle tragbares Kon-
zept erarbeitet. Handlungsfelder und Ziele werden definiert und mögliche Maßnahmen
und Projekte sowohl textlich als auch zeichnerisch in einem Rahmenplan dargestellt.
Anschließend wird geprüft, welche Maßnahmen am ehesten aus wirtschaftlicher Sicht zu
realisieren und besonders effektiv in Hinblick auf den Aufwand und Nutzen sind (Unter-
teilung in Prioritäten, Erarbeitung eines Umsetzungs- und Finanzierungskonzeptes).
In städtebaulicher Hinsicht wird vorgeschlagen, an den Stirnseiten der Zeilen neue Punkt-
häuser mit altengerechten Wohnungen zu schaffen. So kann für Familien, aber auch für
ältere Bewohner geeigneter Wohnraum in der gewohnten Umgebung angeboten werden.
Gleichzeitig wird ein Beitrag zur Innenentwicklung geleistet und die Raumbildung der
aufgelockerten Siedlung verbessert. Im Rahmen des Konzeptes wurde unter Einbeziehung
aller Wohnungsunternehmen auch ein Energieversorgungskonzept erarbeitet – leider
konnten die privaten Eigentümer nicht dafür gewonnen werden. Die professionelle Woh-
nungswirtschaft sieht die großen Einsparungschancen und ist bereit, die veraltete Energie-
Eine Stärken-Schwächen-Analyse wird erarbeitet.
Die Kommune befragt die Bewohner und Wohnungsunternehmen.
Ein Konzept und ein Rahmenplan werden unter Beteiligung der Akteure erarbeitet.
An der Stirnseite der Zeilen werden neue Punkt-häuser errichtet und ein Nahwärmenetz aufgebaut.
282 7 Szenario einer Quartiersentwicklung
versorgung in den Gebäuden umzustellen. Es soll ein Blockheizkraftwerk (BHKW) an
einer geeigneten Stelle errichtet werden, das alle anderen Gebäude über ein Nahwärme-
netz versorgt und erhebliche Kosteneinsparungen erzielt.
Auf Grundlage des Quartiersentwicklungskonzeptes und des Rahmenplanes beginnen
sowohl die Kommune als auch die Wohnungseigentümer nach und nach, verschiedene
Maßnahmen und Projekte umzusetzen. Die Stadt wertet die unattraktiven Straßenräume
und einen Spielplatz auf. Dadurch setzt sie ein wichtiges Zeichen und animiert weitere
Eigentümer zu Investitionen in ihre Bestände. Die ersten Gebäude werden modernisiert
und dabei die im Konzept vorgeschlagene Farbgestaltung berücksichtigt. Neben Häusern,
die lediglich energetisch und gestalterisch aufgewertet werden, werden in manchen Gebäu-
den, in denen es statisch und bautechnisch problemlos möglich ist, Grundrissveränderun-
gen durchgeführt. Kleine Zweizimmerwohnungen werden zu großen familiengerechten
Wohnungen zusammengelegt. Nachdem ein Zeilengebäude weitgehend barrierefrei umge-
baut und ein Aufzug ergänzt wurde, wird den älteren Bewohnern im Quartier angeboten,
dorthin umzuziehen. Die Wohnungsunternehmen arbeiten zusammen und bieten auch
ein Umzugsmanagement an.
Für die Errichtung der neuen Punkthäuser in den Zwischenräumen schafft die Kommune
in einem unkomplizierten Verfahren Baurecht (§ 34 BauGB) und das kommunale Woh-
nungsunternehmen beginnt mit den Bauarbeiten. An anderer Stelle nehmen drei Woh-
nungsunternehmen gemeinsam die Umgestaltung eines desolaten Garagenhofes in An-
griff. Die Garagen werden zum Teil abgebrochen und der ruhende Verkehr weniger stö-
rend in den Freiraum integriert.
Im leitbildtypischen, unattraktiven Abstandsgrün wird an einem schönen Sommertag ein
„Quartiersgarten“ unter Federführung des kommunalen Wohnungsunternehmens ange-
legt. Vorab sind die Bewohner darüber informiert worden und der neue Garten mit einer
Laube wird mit einem Fest eingeweiht. Künftig wird ein Hausmeister des Unternehmens
den Garten „im Auge“ behalten. Dort steht es den Bewohnern nach dem Vorbild des
„urban gardening“ frei, Gemüse etc. anzupflanzen. Die notwendigen Geräte werden von
einer lokalen Gärtnerei gespendet, die auch mit Rat zur Seite steht. Der Garten hat sich in
der warmen Jahreszeit zu einem wichtigen informellen Treffpunkt entwickelt.
Um die Bewohner stärker in die Aufwertung einzubeziehen und das durchaus vorhandene,
aber nicht genutzte ehrenamtliche Engagement zu aktivieren, wird in dem Quartier eine
„verkleinerte Form“ des Quartiersmanagements geschaffen. In einer leerstehenden Erdge-
schosswohnung wird ein Büro eingerichtet, das montags und freitags mit einer städtischen
Sozialarbeiterin besetzt ist. Es handelt sich dabei um eine quartiersmanagementähnliche
Einrichtung als Mischung aus Mietertreff und Quartiersbetreuung. Dort können Bewoh-
ner ihre Probleme und Wünsche vorbringen. Die Stadt hat in zähen Verhandlungen
erreicht, dass die Wohnungsunternehmen die Personalkosten zur Hälfte übernehmen –
dies sind wenige hundert Euro im Monat, die sich aber durchaus bezahlt machen. Die
Wohnung wird von dem kommunalen Wohnungsunternehmen kostenlos überlassen. Die
Quartiersmanagerin Frau Care kümmert sich an den restlichen Wochentagen um zwei
weitere Quartiere mit ähnlichen Rahmenbedingungen bzw. Herausforderungen. In einem
der Zimmer wurde ein kleines Bewohnercafé eingerichtet, das von den älteren Mietern
rege genutzt wird. Gerade für die zuziehenden Bewohner mit Migrationshintergrund wer-
den verschiedene Hilfestellungen angeboten (z. B. Übersetzungshilfen, Sprachkurse). Am
Nachmittag bietet ein pensionierter Lehrer Hausaufgabenbetreuung für die Kinder an.
Zudem organisiert das Büro verschiedene kleinere Projekte und Veranstaltungen, wie
Mieterfeste oder gemeinsame Reinigungsaktionen des Freiraums. Das Angebot dieses
informellen Treffpunkts wird von den Bewohnern sehr gut angenommen. Ziel ist es, die
Der öffentliche Raum wird aufgewertet.
In den neuen Punkthäusern entstehen bedarfs-gerechte Wohnungen.
Die oberirdische Parkierung wird neu geordnet.
Im Abstandsgrün wird ein kommunikativer Quartiersgarten eingerichtet.
Quartiersentwicklung „Luft und Sonne“ 283
Einrichtung nach einer ersten Erprobungsphase auch an den anderen Tagen zu öffnen –
dies soll durch einen Bewohnerverein getragen werden, der die Verantwortung übernimmt
und diesen Kommunikations- und Treffpunkt mit ehrenamtlichem Engagement sichert.
Für diese Aufgabe haben sich einige pensionierte Bewohner schon bereit erklärt. Je nach
Ernteertrag gibt es gemeinsame „Kochtage“, an denen das Gemüse aus dem Quartiersgar-
ten verarbeitet wird. Am Dienstagnachmittag wird der Gemeinschaftsraum an den Verein
„Wohnhausener Literaturfreunde“ vermietet. Ebenso besteht die Möglichkeit, den Gemein-
schaftsraum für Familienfeste und dgl. zu nutzen. Die Einnahmen kommen dem Quartier
zugute (z. B. Quartiersfest).
Um den Standort für Familien attraktiver zu machen, beschließt die Kommune im Rah-
men des gesetzlich ohnehin notwendigen Kita-Ausbaus, gezielt in eine nahe gelegene Kita
zu investieren. Das mittlerweile in die Jahre gekommene Gebäude wird modernisiert und
das Angebot mit erweiterten Öffnungszeiten und besonderen Betreuungskonzepten ver-
bessert.
Die kommunale Wohnungsgesellschaft besitzt ein Zeilengebäude an zentraler Stelle des
Quartiers, das wegen mangelnder Instandhaltung und besonders schlechten Grundrissen
zu einem großen Teil leer steht. Da sich in den letzten Jahren in Wohnhausen immer wie-
der Gruppen gemeldet haben, die sich für gemeinschaftliches bzw. generationenübergrei-
fendes Wohnen interessieren, versucht das Unternehmen diese Nachfrage durch besonders
günstige Konditionen in das Bestandsgebäude zu lenken. Zunächst wird der Versuch
unternommen, über direkte Ansprache von Interessierten und durch Öffentlichkeitarbeit
eine Baugemeinschaft zu finden, die das Gebäude kauft und als Eigentumsobjekt umbaut.
Da sich jedoch keine verbindliche Gruppe bilden lässt und vielen Interessierten die Kosten
zu hoch sind, entscheidet das Unternehmen, gemeinsam mit einer bereits formierten
Gruppe aus jüngeren Familien und älteren Menschen, die an den Kosten gescheitert ist,
ein Mietwohnprojekt entwickeln. Die noch in dem Gebäude wohnenden Mieter werden
beim Umzug in eine gleichwertige Wohnung unterstützt. Das Unternehmen hat bereits
eine Personalstelle für Sozialmanagement, die den Entwicklungsprozess des Wohnprojek-
tes unterstützt. Gemeinsam mit den Bewohnern wird der Umbau des Hauses geplant und
durchgeführt. Im Erdgeschoss wird ein Gemeinschaftsraum eingerichtet, der auch von
anderen Menschen oder Einrichtungen im Quartier genutzt werden kann. Nach der Fertig-
stellung übernimmt die Hausgemeinschaft zahlreiche Aufgaben (z. B. Pflege der Freiflä-
chen) und darf bei Mieterwechseln die neuen Bewohner auswählen. Das Wohnprojekt
strahlt positiv in die Umgebung aus, die Bewohner unterschiedlichen Alters helfen sich
gegenseitig bei der Alltagsorganisation. Die Fluktuation ist sehr gering und es fällt für das
Wohnungsunternehmen nur wenig Verwaltungsarbeit an. Die Identifikation der Bewoh-
ner mit ihrem Wohnquartier ist hoch.
Zur Förderung der Nachbarschaft wird jeden Sommer ein Bewohnerfest veranstaltet,
das die Wohnungsunternehmen gemeinsam finanzieren. Die Quartiersmanagerin organi-
siert das Fest mit Hilfe einiger engagierter Bewohner. Dabei wird das Engagement verdien-
ter Bewohner gewürdigt und ausgezeichnet.
Im 1960er Jahre-Quartier „Luft und Sonne“ ist innerhalb weniger Jahre sowohl die
Bebauungs- als auch die Sozialstruktur erheblich verbessert worden. Durch diverse Verän-
derungen an den Gebäuden und im Freiraum ist ein hochwertiges Erscheinungsbild ent-
standen. Der erneuerte, weiterhin kostengünstige Wohnraum entspricht den aktuellen
Anforderungen und zieht somit neue Nachfragegruppen in das Quartier. Durch die ver-
schiedenen Aktivitäten im nicht-investiven Bereich hat sich die Qualität der Nachbar-
schaft verändert und auch das Image des Quartiers hat sich erheblich verbessert. Aus dem
in die Jahre gekommenen Quartier „Luft und Sonne“ ist ein aus sich selbst heraus funktio-
nierendes, zukunftsgerechtes Quartier geworden.
Die soziale Infrastruktur wird verbessert.
284 8 Fazit und Ausblick
In dem Forschungsprojekt wurde der Frage nachgegangen, wie die kleinen Wohnquartiere
der 1950er bis 1970er Jahre ökonomisch, energetisch, sozial, gestalterisch, funktional und
städtebaulich weiterentwickelt und an neue Anforderungen angepasst werden können.
Insbesondere die große Zahl der Nachkriegs-Wohngebäude, die in vielen Kommunen
einen wichtigen Beitrag zur Wohnraumversorgung leisten, mahnt zu einer verstärkten
Beschäftigung und zu Überlegungen, wie diese Quartiere erneuert werden können. Die
Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte zählen in vielen Regionen zu den Verlierern des
demografischen und wirtschaftlichen Wandels, der sich in erheblichem Umfang auch auf
den Wohnungsmarkt auswirkt – sie geraten aus ihrem sozialen, ökonomischen, ökologi-
schen, baulichen und „baukulturellen“ Gleichgewicht. In den Quartieren der 1950er bis
1970er Jahre treffen die drängenden „Megathemen“ der Gegenwart und Zukunft – demo-
grafischer Wandel und Energie – in besonderer Weise aufeinander. Die fehlende Ziel-
gruppeneignung und die fehlende Attraktivität sind ein wesentliches Problem der Nach-
kriegsquartiere. Das Erbe des Wiederaufbaus steht derzeit in vielen Kommunen vor einer
ungewissen Zukunft.
Der Wohnungsbau der 1950er bis 1970er Jahre hat in den letzten Jahrzehnten eine
wechselvolle Entwicklung hinter sich gebracht. Während die Quartiere unter Bedingun-
gen von Wohnungsmangel und knappen Ressourcen entstanden sind, sind sie heute
bereits in vielen Regionen mit einem Wohnungsüberhang konfrontiert – Leerstände statt
Wohnungsnot. Einst galten sie als Zeichen des Aufschwungs und eines besseren Lebens –
heute kämpfen sie (oftmals) mit einem schlechten Image. Die große städtebauliche und
soziale Bedeutung der Nachkriegsbestände ist unbestritten. In strukturstarken Regionen
sind sie zwar meist weniger nachfragegerecht, aber wegen des günstigen Mietpreises sehr
beliebt – unter Schrumpfungsbedingungen werden die Wohnungen meist nicht mehr
nachgefragt und sind von Leerstand bedroht. In entspannenden Wohnungsmärkten haben
die Quartiere im Vergleich zu anderen Wohnungsmarktangeboten ein erhöhtes Leer-
standsrisiko. Die Bestände müssen an die veränderte Nachfrage angepasst werden, um
eine Weiternutzung und somit auch eine Sicherung der Immobilienwerte zu erreichen.
Soziale, ökonomische und baulich-räumliche Handlungsfelder überlagern sich in kom-
plexer Weise.
Ausgehend von der Annahme, dass der Handlungsdruck in vielen Wohnquartieren der
1950er bis 1970er Jahre in den kommenden Jahren gravierend zunehmen wird, stellt sich
die Frage, wie die Akteure die Qualifizierung der Quartiere frühzeitig vorantreiben kön-
nen – auch dann, wenn keine Städtebauförderungsmittel zur Verfügung stehen. Die Fall-
studien-Untersuchungen sowie die zahlreichen Interviews und Gespräche haben gezeigt,
dass in den kleinen Quartieren bisher noch kaum langfristig wirksame Veränderungen
vorgenommen wurden und sich die Schwierigkeiten verschärfen. Die vermeintliche
Unauffälligkeit der Quartiere darf nicht mit einer Problemlosigkeit gleichgesetzt werden.
Lebendige, funktionierende und ressourcenschonende Wohnquartiere sind ein zentrales
Ziel der aktuellen Stadtentwicklungspolitik. Es muss kritisch gefragt werden, weshalb es
bis heute nicht besser gelingt, die so zahlreich vorhandenen Wohnquartiere aufzuwerten
und an die aktuellen und künftigen Bedürfnisse anzupassen. Ein wesentliches Hemmnis
für die Qualifizierung liegt in den fehlenden finanziellen Ressourcen der Kommunen und
der Wohnungseigentümer. Da auch künftig nicht auf breiter Basis von einer Verbesserung
8 Fazit und Ausblick
8 Fazit und Ausblick 285
der finanziellen Lage ausgegangen werden kann, müssen Lösungen gefunden werden, die
kostengünstig realisiert werden können.
Potenziale der Nachkriegsquartiere nutzen und
gemeinsam Zukunftsperspektiven entwickeln
In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre schlummern ungenutzte Potenziale.
Die momentane Phase der Quartiere, in der Sanierungen bzw. Modernisierungen nötig
werden und der Generationenwechsel immer stärker einsetzt, ist ideal, um neue Ideen und
Zukunftsperspektiven für diese Quartiere zu entwickeln. Die Bestände sind in so großer
Menge vorhanden, dass eine reine Bestandserhaltung ohne nachhaltige und langfristig
ausgelegte Veränderungen nicht ausreichend ist. Die Probleme sind vielschichtig und
unterscheiden sich von Quartier zu Quartier, sodass keine allgemeinen, auf bestimmte
Quartierstypen bezogenen Handlungsempfehlungen gegeben werden können. Die Weiter-
entwicklung der Quartiere ist eine Gemeinschaftsaufgabe und sollte sich nicht nur in Ein-
zelaktionen erschöpfen. Es ist daher wichtig, individuell ein Verständnis für die Zusam-
menhänge eines Quartiers und darauf aufbauend Handlungsstrategien zu entwickeln. Die
Perspektiven der Quartiere sind in hohem Maße von der lokalen Wohnungsmarkt- und
Wirtschaftslage sowie den Entwicklungszielen der Eigentümer abhängig. Darüber hinaus
sind die Planungskultur und die Anbieterstruktur auf dem lokalen Wohnungsmarkt wich-
tige Rahmenbedingungen. Die wichtige Phase des Umbruchs und den kontinuierlichen
Veränderungsprozess gilt es zu steuern. Die vielfach verfolgte Strategie des Abwartens ist
nicht zukunftsfähig, denn der Erneuerungsbedarf in den Quartieren wird zunehmen und
der Handlungsdruck auf die Akteure steigen. Gleichzeitig sind die Steuerungsmöglichkei-
ten begrenzt – v. a. wenn öffentliche Mittel fehlen.
Eine Zukunftsfähigkeit der Bestände kann insbesondere durch eine hohe Objekt- und
Standortqualität erreicht werden, die aber die Bezahlbarkeit des Wohnraums nicht außer
Acht lässt. In den schrumpfenden Regionen wird sich aber künftig die Situation so gestal-
ten, dass es nur noch Verschiebungen der Probleme geben wird – entweder zwischen kon-
kurrierenden Kommunen oder Quartieren. Die Aufwertung eines Bereichs der Stadt geht
meist zu Lasten eines anderen, da es an Einwohnern fehlt und es wird unumgänglich sein,
Bestände vom Markt zu nehmen. Die Untersuchung zeigte, dass die Gebäude durch ent-
sprechende Maßnahmen durchaus große Potenziale für die weitere nachhaltige Entwick-
lung haben – sowohl für die Kommunen, als auch für die Wohnungswirtschaft bzw.
Eigentümer. Die Architektur und Gestaltung der Nachkriegsjahrzehnte stoßen allerdings
bei vielen Menschen auf Ablehnung und es wird wenig sensibel mit diesem Bestand umge-
gangen. Einige Projekte – leider sind es bisher nur wenige im Vergleich zur Masse der
Bestände – zeigen aber, welches Potenzial in den „unattraktiven und unauffälligen“
Gebäuden liegt. Manche Wohnungsunternehmen sprechen sogar von einem „Comeback
der 1950er Jahre“ (z. B. Stäwog Bremerhaven).
Kooperationen aufbauen und eine neue Kommunikationskultur entwickeln
Für die Entwicklung der Quartiere ist eine neue Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen
den Akteuren notwendig. Die Weiterentwicklung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre
ist ein Prozess, der nur durch Kooperationen und eine neue Kommunikationskultur in
286 8 Fazit und Ausblick
Gang zu setzen ist. Die entscheidende Frage bei der Entwicklung der Quartiere besteht
darin, ob es gelingt die privaten Akteure und Bewohner von der Notwendigkeit des
Stadtumbaus und von Kooperationen zu überzeugen. Aktionismus ist jedoch nicht ziel-
führend – es ist wichtig, langfristige Perspektiven zu entwickeln. Erfolge stellen sich dann
ein, wenn die Eigentümer aktiviert werden können, da ohne deren Investitionsbereitschaft
keine Veränderungen umgesetzt werden können. Es kann angenommen werden, dass in
vielen Fällen vor allem Kommunen die Initiatoren sein werden (z. B. Planungsamt, Sozial-
amt). Aber auch Wohnungsunternehmen können an die Kommune herantreten, um die
Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven eines Gebiets zu besprechen, bevor Investi-
tionen getätigt werden.
In den Untersuchungen ließ sich feststellen, dass es kaum ein gemeinsames Handeln der
verschiedenen „Quartiersakteure“ gibt. Die Gründe dafür sind nicht klar benennbar –
einerseits scheint es an einem Verständnis für die Vorteile von Kooperationen zu fehlen,
andererseits schreckt der dadurch entstehende Mehraufwand ab. Zentraler Ausgangs-
punkt für quartiersbezogene Ansätze und neue Formen der Zusammenarbeit ist die Tat-
sache, dass ein einzelner Akteur in einem Quartier meist nur wenig bewegen kann und
dass für ganzheitliche Aufwertungen koordinierte Vorgehensweisen notwendig sind. Die
gleichen Problemlagen und die gleiche Betroffenheit der Akteure stellen ein großes Poten-
zial für Kooperationen in den Quartieren dar. Eine moderierende Begleitung der Prozesse
kann sinnvoll sein. Es gibt verschiedene geeignete Akteure, die eine Dienstleistung als
Gesamtprojektmanager für die Quartiersentwicklung anbieten können, z. B. Planungs-,
und Projektsteuerungsbüros oder Sanierungsträger. Wichtig dabei ist die Neutralität der
Beratung.
Eine wesentliche Schwierigkeit besteht darin, dass die verschiedenen Akteure meist
unterschiedliche „Reaktionszeiten“, Zielsetzungen und Handlungsspielräume haben, die
es zu koordinieren gilt. Die Stadtverwaltungen sind mit ihren langwierigen Abläufen oft
zu „träge“, um gezielt und rasch reagieren zu können. Daher besteht ein sinnvoller und in
vielen Kommunen bereits praktizierter Ansatz darin, dass sich die Wohnungsunterneh-
men – vor allem kommunale Gesellschaften – an der Entwicklung von Quartieren beteili-
gen. Sie können schneller und effektiver reagieren als kommunale Verwaltungen. Ange-
sichts der Überforderung der öffentlichen Hand in vielen Bereichen sollte darauf hin gear-
beitet werden, dass die Privaten (Wohnungseigentümer, Bewohner) zu den Hauptakteuren
des Stadtumbaus werden. Die Kommunen müssen versuchen, Verantwortung für die
Umsetzung von Maßnahmen auszulagern und strategische Kooperationen aufzubauen.
Allerdings hat auch die Übertragung von Verantwortung der zunehmend finanziell einge-
engten öffentlichen Hand auf Private ihre Grenzen.
Die Einbindung aller Hauptakteure in den Anpassungsprozess der Quartiere stellt hohe
Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit und das Kommunikationsmanagement.
Quartiersentwicklung kann nur auf der Basis einer breiten Beteiligung und Akzeptanz der
Betroffenen funktionieren. Die zentrale Herausforderung besteht darin, eine handlungs-
fähige Eigentümerstruktur aufzubauen. Die Aufgaben der öffentlichen Hand bzw. der
Kommune verschieben sich bei der Quartiersentwicklung in Richtung Management, Kon-
zeption, Beratung, Aktivierung und Aushandlung. Kommunen werden aber auch weiter-
hin Investitionen v. a. in den öffentlichen Raum übernehmen und ihre Pflichtaufgaben
8 Fazit und Ausblick 287
erfüllen müssen. Die Wohnungseigentümer können durch – gut geplante und gezielt ein-
gesetzte – Investitionen in den Bestand einen Beitrag leisten. Mieter können die Situation
in den Quartieren durch ehrenamtliches Engagement verbessern. Ebenso haben sie die
Möglichkeit die Kommune und die Eigentümer zum Handeln aufzufordern. Im Idealfall
übernimmt die Stadt die strategische Steuerungsfunktion und greift bei der operativen
Umsetzung auf die verschiedenen privaten Akteure zurück.
Ein Konsens und für beide Seiten – die öffentliche Hand und die Privaten – tragbare
Ziele lassen sich nur finden, wenn ein vertrauensvolles Klima hergestellt werden kann und
wenn die Kommune berechenbar und strategisch handelt. Daher ist es z. B. wichtig, bei
Umbauplanungen sowohl die Aspekte des Städtebaus, der Architektur, der technischen
und sozialen Infrastrukturplanung als auch die wohnungswirtschaftlichen Belange zu
berücksichtigen. Zentrale Schwierigkeiten bei der gemeinsamen Quartiersentwicklung
bestehen darin, die Aktivitäten der Akteure zeitlich abzustimmen. Abwartende Haltun-
gen der Eigentümer gilt es zu überwinden. Insbesondere der Aufbau von selbsttragenden
Strukturen ist von großer Bedeutung für die dauerhafte Sicherung von Quartieren. Es
kann resümiert werden, dass die Herausforderungen in den Quartieren ohne Kooperatio-
nen zwischen Wohnungswirtschaft, Kommune und sonstigen öffentlichen Einrichtungen,
Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und Bewohnern nicht zu bewältigen sind.
Integrierte Entwicklungskonzepte als Prozess – Stadt – Stadtteil – Quartier
Ohne integrierte Konzepte sind die disziplinübergreifenden Handlungsfelder nicht in Ein-
klang zu bringen und die Quartiersentwicklung der Nachkriegsbestände bleibt ein Frag-
ment. Die Erarbeitung von integrierten Stadt(teil)entwicklungskonzepten, die sich auch
mit der Entwicklung von Nachkriegsquartieren beschäftigen, ist ein wichtiges Instrument.
Sie berücksichtigen die Belange der unterschiedlichen Handlungsfelder, führen sie in
einem integrierten Konzept zusammen und können dazu beitragen, Fehlinvestitionen zu
vermeiden. Sämtliche Investitionen sollten im Idealfall in Konzepte eingebunden sein bzw.
auf Grundlage von langfristigen Konzepten erfolgen. Ohne das Engagement und die
Investitionen der jeweiligen Akteure haben Konzepte allerdings nur wenig Sinn und „landen
in Schubladen“. Für eine möglichst hohe Verbindlichkeit ist es von großer Bedeutung, alle
relevanten Akteure in den Erarbeitungsprozess einzubeziehen. Standortperspektiven für
die Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sollten dabei in Abstimmung mit allen
betroffenen und davon profitierenden Akteuren entwickelt werden, ein Ausgleich der
Interessenslagen geschaffen und eine win-win-Situationen zwischen den Akteuren ange-
strebt werden.
Bei Umbaukonzepten sollte eine bedarfsgerechte und sensible Neuausrichtung und
Überprüfung der Planungsgrundsätze der 1950er bis 1970er Jahre im Fokus stehen – der
baukulturelle Wert der Siedlungen sollte unbedingt erhalten bleiben. Angesichts der sehr
geringen Ressourcen in allen Bereichen sind kluge Konzepte und Maßnahmen mit mög-
lichst geringem Kostenaufwand notwendig. Wichtig für die Revitalisierung der Bestände
ist es, soziale, wirtschaftliche, ökologische, baukulturelle und städtebauliche / räumliche
Aspekte sinnvoll in einem Gesamtkonzept miteinander zu verknüpfen. Bei der räumlichen
Entwicklung stellt sich die Frage, wie stark der Siedlungscharakter überformt werden soll –
auch unter dem Gesichtspunkt der Baukultur. Die Planung und Gestaltung der gebauten
288 8 Fazit und Ausblick
Umwelt in den Quartieren tragen entscheidend zur Weiterentwicklung und zur Identitäts-
bildung bei. Das gleichzeitige Nebeneinander von wachsenden und schrumpfenden Quar-
tieren in den Kommunen erfordert differenzierte Strategien und den Blick auf die Gesamt-
stadt. Es ist wichtig, nicht nur die Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte zu fokussieren,
sondern die Gesamtstadt in den Blick zu nehmen und die teilräumigen Konzepte in ein
Gesamtbild einzufügen.
Bei absehbaren Wohnungsüberhängen wird dringend geraten, frühzeitig zu überlegen,
welche Quartiere in einer Kommune auf lange Sicht die besten Chancen haben, sich ohne
enormen Fördereinsatz positiv zu entwickeln. Es sollte unbedingt vermieden werden, in
die Leerstände der Zukunft zu investieren. Die Kommunen und die Eigentümer sollten
sich frühzeitig gemeinsam der schwierigen Frage stellen, welche Quartiere auf lange Sicht
erhalten werden können bzw. sollen und für welche Bestände ein Rückbau in Erwägung
gezogen werden muss. Statt dispersem Rückbau kann es sinnvoll sein, ganze Siedlungsein-
heiten vom entspannten Wohnungsmarkt zu nehmen. Bei nachlassender Nachfrage steigt
die Bedeutung einer Zusammenarbeit zwischen Kommune und Wohnungswirtschaft. Die
Entscheidungen der Kommunen hinsichtlich der künftigen Stadt- und Quartiersentwick-
lung können die Tätigkeiten der Wohnungsunternehmen erheblich beeinflussen. Durch
entsprechende Aussagen kann Planungssicherheit geschaffen werden und die verschiede-
nen Akteure zu Investitionen angeregt werden.
Private und öffentliche Investitionen müssen ineinandergreifen
In den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahren ist eine Kumulation an Aufgaben zu
finden, die eine Mischung von investiven und nicht-investiven Maßnahmen aller betroffe-
nen Akteure erfordert. Quartiere der Nachkriegsjahrzehnte erfordern wegen der vielfäl-
tigen Defizite umfassende Verbesserungen in den Bereichen Städtebau, Architektur /
Gebäude(technik), Wohnumfeld, Belegungs- und Sozialstruktur. Der Handlungsspiel-
raum und die Einflussmöglichkeiten der Kommunen im Bestand sind sehr gering, was die
Entwicklung der Quartiere erheblich erschweren kann. Lediglich im öffentlichen Raum
und bei der sozialen Infrastruktur kann die Kommune direkt tätig werden und die Wei-
chen für eine positive Quartiersentwicklung stellen. Die Wohnungseigentümer – jeglicher
Form – sitzen in den Bestandsquartieren an den Stellschrauben. Selbstverständlich kön-
nen nicht alle in diesem Forschungsprojekt aufgezeigten Handlungsfelder und Maßnah-
men parallel und in gleicher Intensität angegangen werden. Je nach Rahmenbedingungen
gilt es in den Quartieren Prioritäten zu setzen.
Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in den Quartieren müssen in
Umfang und Qualität auf den jeweiligen Standort und die Zielgruppe abgestimmt werden.
Der Abbruch von Wohngebäuden mit schlechter Objektqualität sollte stets genau geprüft
werden. Bei der Entwicklung von Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre muss vor dem
Hintergrund begrenzter finanzieller Ressourcen darauf geachtet werden, dass zielgenau
und langfristig sinnvoll investiert wird. Um die Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte
langfristig zu stabilisieren, reichen einfache Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr aus.
Maßnahmen in den Quartieren müssen über das bunte Streichen der Fassaden oder
Dämmen der Gebäude hinausgehen. Zwar können Investitionen in die Gebäude die Pro-
blematik dieser Gebiete kurz- bis mittelfristig entschärfen, aber für die strukturbedingten
8 Fazit und Ausblick 289
Probleme sind andere Lösungen anzustreben. Vielmehr sind grundlegende Umbaumaß-
nahmen in den Wohnungen, im Wohnumfeld und bei der Infrastruktur erforderlich, die
dazu geeignet sind, neue Nachfragegruppen für diese Wohnstandorte zu interessieren und
an die Quartiere zu binden. Ebenso wichtig ist es, Maßnahmen im sozialen Bereich zur
Verbesserung der Nachbarschaften und der Lebensbedingungen in den Quartieren zu
ergreifen.
Bei allen Maßnahmen ist es unbedingt erforderlich, die Sozialverträglichkeit zu prüfen
und zu hinterfragen – gerade vor dem Hintergrund, dass in diesen Quartieren oft Bewoh-
nergruppen wohnen, die mit Beschränkungen auf dem regulären Wohnungsmarkt kon-
frontiert sind. Der bezahlbare Wohnraum ist eine zentrale Qualität dieser Bestände. In
den Interviews hat sich immer wieder gezeigt, dass es scheinbar zwei gegensätzliche
Anforderungen gibt: einerseits qualitätsvollen Wohnraum zu schaffen, in dem sich die
Bewohner wohl fühlen, und andererseits bezahlbaren Wohnraum anzubieten. In Wachs-
tumsregionen ist zunehmend zu beobachten, dass bezahlbarer Wohnraum meist unsaniert
und eher dem Substandard zuzurechnen ist.
Gezielte öffentliche Impulse werden (weiterhin) notwendig sein
Wenn Private zu zentralen Akteuren im Umgang mit dem Wohnungsbauerbe werden, sind
gezielte öffentliche Impulse als ein wichtiges Steuerungsmittel notwendig. Die privaten
Akteure müssen aktiviert und die Finanzierung des Quartiersumbaus zwischen öffent-
licher und privater Hand aufgeteilt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Kosten vieler
Maßnahmen weder von den Eigentümern noch von den Wohnungsunternehmen getragen
bzw. refinanziert werden können, sind weiterhin gezielt eingesetzte Förderungen notwen-
dig, um die Zukunftsfähigkeit der Quartiere zu sichern. Bisher konzentriert sich die Städte-
bauförderung auf die Quartiere mit den größten Handlungsbedarfen. Die betrachteten
Quartiere gehören zwar nicht dazu, es ist aber wichtig, sich mit ihnen auseinanderzuset-
zen und sie zu fördern, wenn sie zukunftsgerecht angepasst werden sollen.
Trotz der Fragestellung des Forschungsprojektes, wie in den Nachkriegsquartieren ohne
Städtebauförderung eine Qualifizierung erreicht werden kann, steht am Ende des Vorha-
bens die klare Forderung, die Mittel der Städtebauförderung zu verstetigen und anstatt zu
reduzieren zu erhöhen sowie die Programme für die Anwendung in den kleinen Quartie-
ren inhaltlich und strategisch angepasst werden. Im Hinblick auf die Frage der Städte-
bauförderung gilt es, die bisherige Förderpraxis und die Abläufe zu überdenken – bei-
spielsweise könnten Verwaltungsabläufe erleichtert und verschlankt werden. Die beste-
henden Förderprogramme sollten daher problemgerecht angepasst und auch die
Entwicklung von neuen Programmbereichen geprüft werden.
Da viele notwendige Maßnahmen in den Quartieren ohne finanzielle Unterstützung
nicht möglich sind, ist es unverzichtbar, die Fördermittel möglichst wirksam einzusetzen.
Es sollte genau untersucht werden, wie mit minimalen Mitteln ein größtmöglicher Nutzen
erreicht werden kann. Darüber hinaus ist es wichtig, die Erschließung sonstiger, alternati-
ver Finanzierungsquellen zu prüfen. Nachhaltige Quartiersentwicklung ohne Städte-
bauförderung erfordert neue strategische Vorgehensweisen, verändertes Denken und mehr
Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft bei allen Akteuren.
290 8 Fazit und Ausblick
Neue Kultur der Quartierspflege im Dialog von Praxis, Politik und
Wissenschaft
Alle Kommunen sollten sich der Herausforderung stellen, die Wohnquartiere der 1950er
bis 1970er Jahre weiterzuentwickeln. Es geht dabei nicht nur um eine oberflächliche „Auf-
besserung“ der Quartiere oder um eine rein städtebauliche Aufwertung, sondern es müs-
sen auch die „weichen“ Probleme gelöst werden (z. B. instabile Nachbarschaften). Die
Komplexität einer umfassenden Quartiersentwicklung wirkt geradezu abschreckend. Die
kleinen Quartiere mögen zwar auf den ersten Blick „Selbstläufer“ sein – bei genauerer
Betrachtung und bei einem Abgleich mit den heute präferierten Wohnformen und den
Rahmenbedingungen (v. a. Schrumpfung) zeigt sich aber, dass es in diesen Quartieren
zwangsläufig zu einem Anpassungsbedarf kommen muss. Für eine nachhaltige und integ-
rative Entwicklung der Quartiere scheint die Etablierung einer neuen Kultur der Quar-
tierspflege und der Planung erforderlich. Die Rahmenbedingungen für die Quartiersent-
wicklung ändern sich aktuell so schnell, dass es sinnvoll ist, lernende Strukturen aufzu-
bauen, die immer wieder an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden können. Das
Denken in der Dimension „Quartier“ ist entscheidend für die Entwicklung des Woh-
nungsbauerbes der 1950er bis 1970er Jahre. Wichtig bei der Quartiersentwicklung sind
integrierte Handlungskonzepte sowie Maßnahmenvorschläge, die auch realistisch bzw.
wirtschaftlich von den Akteuren umgesetzt werden können.
Angesichts der großen Menge der Wohnungsbestände aus den Nachkriegsjahrzehnten
wäre es zielführend, größere finanzielle, rechtliche und instrumentelle Handlungsspiel-
räume und -möglichkeiten für die Kommunen zu schaffen. Es reichen nicht nur verein-
zelte herausragende Projekte und „kleine Maßnahmen“ aus. Notwendig sind eine innova-
tive Stadt- und Wohnungspolitik sowie entsprechende Rahmenbedingungen, die Neue-
rungen zulassen. Mit den bisherigen Vorgehens- und Denkweisen lassen sich die
komplexen Schwierigkeiten in den Quartieren nicht effektiv lösen. Die Situation in den
Quartieren kann nur angemessen in Vernetzung und Kooperation unterschiedlicher Poli-
tikbereiche und Disziplinen gelöst werden – in gemeinsamer Verantwortung von öffent-
licher Hand (Bund, Land, Kommune), Wohnungswirtschaft, Bewohnern, unter Einbezie-
hung der Forschung und sonstiger relevanter Akteure (z. B. Projektträger). Kooperation
und Engagement sind die Schlüsselbegriffe bei der Entwicklung der Quartiere.
Ausblick – Entwicklungschancen der Nachkriegsquartiere
in Zukunft offensiver nutzen
In dem Forschungsprojekt ist deutlich geworden, dass die mangelnde oder zu späte Be-
schäftigung mit den „unauffälligen“ Nachkriegsquartieren deren Entwicklungschancen
deutlich verschlechtern kann. Für die Weiterentwicklung der Nachkriegsquartiere gibt es
viele gute Gründe – in den Quartieren schlummern große Potenziale für die Beantwor-
tung vieler, aktuell drängender Fragen (z. B. altengerechtes Wohnen, bezahlbares Wohnen,
Energieeinsparung). Die Sanierung, Modernisierung und Aufwertung – aber auch u. U.
der Abbruch – der Wohnquartiere der 1950er bis 1970er Jahre sind von großer wohnungs-
politischer, sozialer und volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der Umbau bzw. die Entwick-
lung von Quartieren sollte nur in gesamtstädtischem oder sogar stadtregionalem Zusam-
menhang erfolgen.
8 Fazit und Ausblick 291
Für die nachhaltige Entwicklung der Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre muss eine ent-
sprechende Planungs-, Beteiligungs-, Organisations- und Umsetzungskultur entwickelt
werden. Tragfähige Perspektiven für die Quartiere entstehen nur durch die Verknüpfung
von sozialen, wirtschaftlichen, städtebaulichen und energetischen Belangen. Die Entwick-
lung von Wohnquartieren aus den 1950er bis 1970er Jahren ist in erster Line auch eine
wohnungswirtschaftliche Fragestellung – die Planung kann nur Hilfe dabei leisten. Den
Stadtplanern wird die Aufgabe zufallen, die vielschichtigen Themen zusammenzudenken
und Vernetzungen sowie Kommunikationsstrukturen aufzubauen. Die Forschung und
wissenschaftliche Beschäftigung in dem Bereich sollten weiter vorangetrieben werden.
Kosten und Nutzen sowie Ergebnisse von Investitionen sollten genauer untersucht werden.
Gerade der Blickwinkel der Wohnungswirtschaft und der Wirtschaftlichkeit im Hinblick
auf die Quartiere im Zusammenhang mit baukulturellen Aspekten sollten vertieft auf-
gearbeitet werden.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass in den kleinen Nachkriegsquartieren trotz ihrer
„Unauffälligkeit“ eine Handlungsnotwendigkeit, aber auch große Handlungspotenziale
bestehen. Die Wohnquartiere stehen unter einem großen Anpassungsdruck – die Erhal-
tung bezahlbaren Wohnraums muss dabei eine hohe Priorität einnehmen.
Die Weiterentwicklung des Wohnungsbauerbes der 1950er bis 1970er Jahre ist ein disziplin-
übergreifender Prozess, der integrierte Quartiersentwicklungskonzepte erfordert, eine Betei-
ligung Aller notwendig macht, die Einbeziehung, Motivierung und Respektierung der priva-
ten Eigentümer einfordert und im Dialog zwischen Praxis und Forschung zu lösen ist.
292 9 Anhang
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9 Anhang
9.1 Literatur
9.1 Literatur 293
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Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS) / Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hg.): Private Eigen-tümer im Stadtumbau. Viele einzelne Eigentümer und unterschiedliche Eigentumsverhältnisse: Chance oder Hemmnis beim Stadtumbau West? Werkstatt: Praxis Heft 47. Bonn 2007.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-entwicklung (BMVBS) / Bundesinstitut für Bau-,Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Hg.): Stadt-entwicklungsfonds in Europa. Ideen zur Umsetzung der JESSICA-Initiative, BBSR-Online-Publikation 02/2009.
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Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (Hg.): Fördern und Finanzieren. Förderbanken in Deutschland. Berlin 2012, S. 34–35
Cichorowski, Georg: Institutionen des Nutzungs-(zyklus)managements. Eine städtebauliche und institutionenanalytische Perspektive auf den Hand-lungsbedarf und -möglichkeiten zur Zukunfts-sicherung von Wohnquartieren der 50er und 60er Jahre. Sofia-Studien 09-1. Darmstadt 2009.
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297 https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/data;jsessionid=3A34A8A6E3E9538D1116EEB4635EC6BC?operation=abruftabelleBearbeiten&levelindex=2&levelid=1358751048017&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswahlverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&selectionname=035-21-5&auswahltext=%23SHRGKRLD-05758032&werteabruf=Werteabruf (Zugriff am 21. 1. 2013)
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451 http://www.baulinks.de/webplugin/2012/1394.php4 (Zugriff am 22. 1. 2013)
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460 http://www.werkstatt-stadt.de/de/projekte/202/ (Zugriff am 3. 12. 2012)
461 http://www.jenawohnen.de/index.php?id=79&print=1&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=371&tx_ttnews%5BbackPid%5D=22; http://www.jenapolis.de/2011/03/erste-senioren-wg-oeffnet-in-lobeda-kooperation-von-jenawohnen-und-drk-mit-neuem-angebot/; http://www.jenatv.de/soziales/Leben_in_der_Platte:_Senioren_WG_in_Lobeda-9085.html (Zugriff am 18. 12. 2012)
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469 http://www.district-management.eu (Zugriff am 28. 12. 2012)
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480 http://www.energieforum-karlsruhe.de/index.php?id=78 (Zugriff am 3. 1. 2013); http://www.eneff-stadt.info/de/pilotprojekte/projekt/details/integrales-quartiers-energiekonzept-karlsruhe-rintheim/ (Zugriff am 3. 1. 2013)
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490 http://www.bbsr.bund.de/nn_21888/BBSR/DE/FP/ExWoSt/Forschungsfelder/2011/KooperationKonkret (Zugriff am 24. 1. 2013)
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* Die angegebenen Nummern verweisen auf die Fußnoten, in denen die Websites erwähnt sind.
302 9 Anhang
A AutobahnAWO Arbeiterwohlfahrt
BA BauabschnittBauGB BaugesetzbuchBBR Bundesamt für Bauwesen und RaumordnungBBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und RaumforschungBHKW BlockheizkraftwerkBID Business Improvement DistrictBMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungBW Baden-Württemberg
DIW Deutsches Institut für WirtschaftsforschungDRK Deutsches Rotes Kreuz
EFRE Europäischer Fonds für regionale EntwicklungeG eingetragene GenossenschaftEG ErdgeschossEIB Europäische InvestitionsbankEnEV EnergieeinsparverordnungESF Europäischer SozialfondsESG EigentümerstandortgemeinschaftEStG EinkommensteuergesetzEW EinwohnerExWoSt Experimenteller WohnungsbauEZH Ein- und Zweifamilienhäuser
FNP Flächennutzungsplan
GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.GenG Genossenschaftsgesetz
ha HektarHID Housing Improvement District
IBA Internationale Bauausstellung
KfU Kosten der UnterkunftKfW Kreditanstalt für WiederaufbauKWh / qm Kilowattstunden / Quadratmeter
MFH Mehrfamilienhaus
NID Neighbourhood Improvement District
ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr
QM Quartiersmanagement
SGB SozialgesetzbuchStBauFG Städtebauförderungsgesetz
vs. versusVV Verwaltungsvereinbarung
WE WohneinheitenWG WohngemeinschaftWGG WohnungsgemeinnützigkeitsgesetzWK WohnungsbaukreditanstaltWoFG WohnraumförderungsgesetzWU Wohnungsunternehmen
9.3 Abkürzungsverzeichnis
9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews 303
9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews
In den Interviews sollen die Entwicklungslinien und Handlungsmöglichkeiten aus Sicht
der Kommunen und der Eigentümer dargestellt werden. Es stellt sich die Frage, welche
Faktoren die Weiterentwicklung der Quartiere beeinflussen und welche Bestände primär
mit Problemen konfrontiert sein könnten. Es geht um:
Quartiere weitgehend außerhalb der (Städtebau)Förderung–
präventives Vorgehen–
die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Wohnungswirtschaft–
die Quartiersebene und Quartiersansätze–
Fragen Kommune
Allgemeines
Hat die Stadt XX ein Stadtentwicklungskonzept? Welches sind die zentralen Inhalte?
Welche Ziele werden im Bereich Wohnen verfolgt?
Gibt es einen Wohnungsmarktbericht / ein Wohnungsmarktkonzept oder ein Monito-
ring? Wenn nicht, wie wird der Wohnungsmarkt beobachtet? Welche Schwierigkeiten
sehen Sie, auf der Ebene des Gebietes ein Monitoring durchzuführen (da müssten auch
Eigentümer einbezogen werden)?
Wo liegen die besten, die mittelmäßigen und die problematischsten Wohnungsbestände
im Stadtgebiet?
Wie viele Sanierungsgebiete gibt es? Wo liegen die Schwerpunkte?
Welche Bedeutung haben die Nachkriegsbestände für die Wohnraumversorgung?
Wie werden die aktuelle Situation und der Problemdruck in diesen Quartieren ein-
geschätzt?
Gibt es strukturellen Leerstand? Wenn ja, wie wird damit umgegangen?
Welche Strategien gibt es?
Welche Potenziale werden in diesen Quartieren gesehen?
Ist ausreichend Wohnraum für einkommensschwächere Haushalte vorhanden?
Wie schätzen Sie die Versorgungssituation dieser Gruppe ein?
Welche Rolle spielt die kleinräumige Ebene des Quartiers in der Stadtentwicklung?
Wie wird mit der Ebene des Quartiers in der Stadtplanung umgegangen? Gibt es bei-
spielsweise auch Quartiersmanagement außerhalb der Förderung? Welche Erfahrungen
wurden mit Quartiersmanagement bisher gemacht?
Wohnungsmarkt
Welches sind die Hauptakteure auf dem Wohnungsmarkt? Welche Formen von Woh-
nungsunternehmen herrschen vor? Gab es in den letzten Jahren nennenswerte Verände-
rungen? Gibt es ein städtisches Wohnungsunternehmen? Wie ist die Zusammenarbeit
mit den anderen Wohnungsunternehmen?
Wie wird die Lage am Wohnungsmarkt aktuell, mittel- und langfristig eingeschätzt?
Lassen sich Verschiebungen bzw. Verlagerungen in den Beständen feststellen?
Können Sie die These bestätigen, dass bei einem sich entspannenden Wohnungsmarkt
zuerst in diesen Beständen Vermietungsschwierigkeiten auftreten könnten?
Interviewpartner:
Herr / Frau Mustermann
Kommune:
Musterstadt:
Größe:
XXX
304 9 Anhang
Wird noch Neubau in nennenswertem Umfang in der Stadt betrieben?
Wenn ja, wo und welche Gebäudetypen?
Wie ist die Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum? Gibt es erkennbare Defizite?
Wird in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre Handlungsbedarf in diesem Bereich
gesehen?
Wer wohnt (noch) in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre?
Sanierungen / Modernisierungen
Hat die Kommune ausreichend Kenntnisse bzw. Einblick in die Entwicklungen
in den Quartieren (Zustand der Gebäude, Ziele der Eigentümer, öffentlicher Raum)?
Wie stark werden Modernisierungen in den Quartieren der 1950er bis 1970er Jahre
betrieben?
Wie schätzen Sie die Problematik ein, dass Mieter wegen der Modernisierungsumlage
aus den Beständen verdrängt werden können? Lassen sich verstärkte Umzüge feststellen,
wenn Modernisierungen durchgeführt werden und die Mieten steigen?
Wäre es sinnvoll, dass Modernisierungen angezeigt werden müssten, damit die
Kommune die Entwicklungen im Mietwohnungsmarksegment besser beobachten kann?
Können Sie Probleme durch den Generationen- bzw. Mieterwechsel feststellen?
Wer zieht in diese eher „ungeliebten“ Quartiere? Ergeben sich daraus Probleme bzw.
Handlungsbedarf?
Strategien
Wie wird das Thema „Stadterneuerung ohne den Einsatz von Fördermitteln“ einge-
schätzt (wenn man Abbruchmaßnahmen ausklammert)?
Welche Einflussmöglichkeiten auf die Wohnungsbestände sind vorstellbar?
Inwieweit ist ein präventives Eingreifen in diesen Quartieren vorstellbar bzw. seitens
der Kommune realisierbar? Welche Maßnahmen könnten ergriffen werden?
Welche Rückbaustrategien in den Beständen wären vorstellbar?
Gibt es eine bewährte Strategie der Kommune benachteiligte Gebiete zu stabilisieren –
z. B. durch soziale Infrastruktur oder eine verbesserte Verkehrsanbindung?
Wie schätzen Sie die Bedeutung von sozialer Infrastruktur ein?
Wie könnte die Zusammenarbeit mit den Eigentümern und auch den Bewohnern
verbessert werden? Welche (kleinräumigen) Strukturen wären vorstellbar (v. a. auf
Quartiersebene, z. B. Arbeitskreise etc.)? Welche Möglichkeiten werden gesehen,
die Wohnungsunternehmen dazu zu bringen, die Ziele der Stadt- bzw. Quartiers-
entwicklung stärker umzusetzen; vor allem, wenn man die Förderprogramme außer
Acht lässt?
Welche Strukturen der Zusammenarbeit aller relevanten Akteure auf Quartiersebene
wären vorstellbar? Welche Rolle könnte die Kommune übernehmen?
9.4 Interviewleitfäden / Ziele der Interviews 305
Fragen Immobilienwirtschaft
Allgemeines – Unternehmen und Wohnungsmarkt
Erläutern Sie bitte in wenigen Worten die wesentlichen Charakteristika und die
Philosophie des Unternehmens. Entwickeln Sie Neubauprojekte oder sind Sie vor-
wiegend im Bestand tätig?
Um welche Art von Quartieren und Wohngebäuden handelt es sich bei Ihren Beständen
vorwiegend (z. B. Gebäudetypen, Lage, gebundene Wohnungen)? Gibt es viele Wohnun-
gen, bei denen in den letzten Jahren die Belegungsbindungen ausgelaufen sind?
Welche Strategie wird verfolgt, wenn die Bindungen auslaufen?
Wie werden die Bestände verwaltet? Haben Sie ein Portfolio-Management?
Wenn ja, seit wann und welche Erfahrungen werden damit gemacht?
Wie groß ist die Wohnungsverwaltung in ihrem Unternehmen? Gibt es zunehmende
Probleme mit Mietern (z. B. Mietnomaden, etc.)?
Wie schätzen Sie die aktuellen und künftigen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt
der Stadt und in der Region ein?
Gibt es Kooperationen mit anderen Wohnungsunternehmen? Wie ist die Zusammen-
arbeit mit der Stadt?
Wir sprechen bei unserem Forschungsvorhaben von einem „schwierigen“ baukulturel-
len Erbe. Wie sehen Sie dies – auch in Bezug auf Ihre Bestände?
Bestände und Strategien
Welche Bestände sind – je nach Zielgruppe – am beliebtesten bzw. unbeliebtesten (Bau-
jahr, Größe, Gebäudetypen, Wohnungen, Lage, bauliche Qualität)? Wo lassen sich am
ehesten Vermarktungsschwierigkeiten feststellen > sanierte, unsanierte Gebäude? Lage?
Welche Probleme und Schwierigkeiten erwarten Sie mittel- und langfristig in den
Beständen? Erwarten Sie in naher Zukunft Vermietungsschwierigkeiten? Welche Gegen-
maßnahmen sind vorstellbar?
Können Sie einen Preis- und Qualitätswettbewerb mit anderen Anbietern feststellen?
Gehen Sie von einer Verschärfung bzw. von einer stärkeren Konkurrenz um Mieter aus?
Welches sind erfolgsversprechende Möglichkeiten, die Vermietbarkeit von Wohnungen
langfristig zu sichern?
Welche Rolle spielen Abbruch (evtl. mit Neubau) und Nachverdichtung?
Wurden damit bereits Erfahrungen gemacht?
Sanierungen und bauliche Veränderungen
Welche Erneuerungsstrategie verfolgt das Unternehmen? Lassen sich Unterschiede
in Abhängigkeit des Bestandstyps (hinsichtlich Lage, Gebäude) feststellen?
Auf welchen Datengrundlagen werden die Investitionsentscheidungen getroffen?
Welche Rahmenbedingungen werden einbezogen? Wie wird der Standard der Sanierung
festgelegt? Wie groß ist der Handlungsdruck für energetische und altengerechte Sanie-
rungen?
Haben Sie in den letzten Jahren Sanierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen in
größerem Umfang durchgeführt? Gibt es bei zusammenhängenden Beständen eine
koordinierte Vorgehensweise / übergeordnete Konzepte?
Wie wird bei Sanierungen in der Regel mit den Mietern umgegangen? Inwieweit werden
soziale Aspekte berücksichtigt? Welche Erfahrungen wurden gemacht? Werden Mieter
an Sanierungen beteiligt?
Nach welchen Gesichtspunkten werden bei Modernisierungen die Kosten auf die Mieter
umgelegt? Wird die 11 Prozent-Umlagemöglichkeit ausgeschöpft (§ 559 BGB)?
Wie wirken sich Mieterhöhungen auf die Bewohnerstruktur aus? Wie schätzen Sie
die Gefahr der Verdrängung von Mietern ein?
Unternehmen: AG Muster
Interviewter / Funktion: Mustermann
Ort: Musterstadt
Eigentümer- / Unternehmensform:
Städtisches Wohnungsunternehmen
Bestände (Zahl der WE und räumliche
Verteilung):
XXX
306 9 Anhang
Haben Sie Kontakt mit der Kommune, wenn Sie in Ihren Beständen Sanierungen oder
Veränderungen durchführen (kein Sanierungsgebiet, genehmigungsfreie Maßnahmen)?
Unter welchen Bedingungen werden Veränderungen der Wohnungsgrundrisse durch-
geführt?
Bewohner / Zielgruppen
Wie würden Sie grob die Mieterstruktur in den Quartieren der Nachkriegsjahrzehnte
beschreiben (Einkommen, etc.)? Wie schätzen Sie die Wohnzufriedenheit ein?
Wohnen noch viele Erstbezieher in den Beständen? Welche Nachfragegruppen ziehen
nun in die Quartiere der 1950er bis 1970er Jahre? Ergeben sich daraus für Sie Hand-
lungsbedarfe (z. B. mehr Verwaltungsaufwand, Mieterbetreuung)? Wie sehen Sie
die Zielsetzung einer sozialen Mischung in diesen Beständen?
Gibt es einen Mieterbeirat oder sonstige Einrichtungen, die die Interessen von Mietern
vertreten? Wenn nein, wäre eine solche Einrichtung vorstellbar?
Infrastruktur und Wohnumfeld
Welche Rolle spielt das wohnortnahe Angebot von sozialer Infrastruktur bei der
Vermietung? Wie schätzen Sie die Wirkung einer guten Verkehrsanbindung oder
einer überdurchschnittlichen sozialen Infrastrukturausstattung ein?
Würde sich auch das Unternehmen am Aufbau solcher aufwertender Infrastruktur
beteiligen?
Wie gehen Sie mit den oft vorhandenen großen Freiräumen des Nachkriegswohnungs-
baus um? Haben Sie bereits Aufwertungen im öffentlichen Raum durchgeführt
(z. B. Anlage von Mietergärten)? Wie sind die Erfahrungen damit?
Gibt es ein Angebot wohnungsbegleitender Dienstleistungen? Wenn ja, wie wird es
angenommen? Wäre die Schaffung von solchen Angeboten vorstellbar?
Wohnraum
Welche Ausstattungsmerkmale der Wohnungen werden besonders nachgefragt?
Welches sind die größten Hemmnisse bei der Vermietung von Wohnungen?
Wie stark treiben Sie die altengerechte bzw. möglichst barrierefreie Umgestaltung
der Wohnungen voran?
Städtebauliche Umbaumaßnahmen, Quartier, Kooperationen
Wie schätzen Sie das Thema „Abbruch und Neubau“ ein? Wurden bereits solche Maß-
nahmen durchgeführt?
Spielt Nachverdichtung eine Rolle? Gibt es bereits Erfahrungen mit diesem schwierigen
Thema?
Gibt es Erfahrungen mit Quartiersmanagement? Würden Sie sich auch außerhalb
der Förderung an solchen Einrichtungen inhaltlich und finanziell beteiligen? Welche
Bedeutung messen Sie der Ebene des Quartiers bei?
Wie gestaltet sich derzeit die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Woh-
nungswirtschaft? Könnten Sie sich vorstellen, intensiver mit der Stadt zusammen-
zuarbeiten und sich ggf. stärker an den Zielen der Stadtentwicklung zu orientieren?
Wie beurteilen Sie die Vorgehensweise und Auseinandersetzung der Stadt mit dem
Thema „Wohnen und Nachkriegsquartiere“?
Würden Sie es begrüßen, wenn sich die Kommune verstärkt präventiv auch um aktuell
noch „unauffällige“ Quartiere kümmern und versuchen würde, Strukturen auf der
Quartiersebene aufzubauen – das heißt, sich nicht nur auf Großwohnsiedlungen kon-
zentrieren würde?
9.5 Checkliste 307
9.5 Checkliste
Um mögliche Probleme bzw. Defizite in den Wohnquartieren der 1950er bis 1970er Jahre
zu erfassen und sich einen ersten Überblick über die Situation / Ausgangslage zu verschaf-
fen, kann die folgende Checkliste herangezogen werden. Darin sind verschiedene Merk-
male enthalten, die wichtig für die zukunftsgerechte Entwicklung dieser Bestände sind.
Zunächst ist es sinnvoll, alle Wohnquartiere der Nachkriegsjahrzehnte in einer Stadt zu
erfassen und eine erste Einschätzung hinsichtlich ihrer Zukunftsfähigkeit bzw. Problem-
lage zu skizzieren. In den Quartieren, bei denen mittel- und langfristig von negativen Ent-
wicklungen ausgegangen wird, könnte die folgende Checkliste helfen, die Defizite, aber
auch die Potenziale zu erkennen, um darauf aufbauend eine Gesamteinschätzung des
Quartiers zu formulieren. Das Quartier sollte sinnvoll und nicht zu groß eingegrenzt
werden – die Grenzen sollten aber nicht zu eng gesehen, sondern auch das Umfeld entspre-
chend einbezogen werden. Bei vielen Angaben handelt es sich um erste Einschätzungen,
die dann je nach Ergebnis vertieft werden können.
308 9 Anhang
Name des Quartiers
Straßennamen
Kenndaten
Baualtersklasse 1950er Jahre
1960er Jahre
1970er Jahre
gemischt (verschiedene Baualtersklassen)
Fläche (gesamt) ha
Wohneinheiten (ca.) WE
Bewohner EW
Bewohnerzahl 2000 – 20 EW
Lage
Lage in der Stadt zentral / integriert
Randlage
nicht integriert
Geh- / Fahrminuten zum Stadtzentrum
Beschreibung der Lage
allgemeine Bewertung gut
mittelmäßig
schlecht
9.5 Checkliste 309
Topografie
Gelände ebenes Gelände
Hanglage, bewegt
unterschiedliches Gelände
Einschränkungen durch Topografie
ja
nein
Bebauungsstruktur
Gebäudetypen etc. Zeilenbauten
Wohnblöcke, verdichtete Strukturen
Hochhäuser
sonstige Gebäudetypen:
unbebaute Grundstücke vorhanden
homogene Bebauung
heterogene Bebauung
Beschreibung der Bebauungs-struktur (Geschosse, Zustand, dominante Strukturen, Dichte)
rechtskräftiger Bebauungsplan vorhanden
ja
nein
EigentümerstrukturKooperations-bereitschaft **– o +
Name der Eigentümer + Unternehmensform *
* evtl. Kartierung der Bestände der Eigentümer in Übersichtsplan
** Fragen: Ist der Eigentümer am Ort ansässig? Bestehen bereits Kontakte?
– = nicht kooperationsbereit o = unter Umständen kooperationsbereit
+ = koopererationsbereit
310 9 Anhang
Image
Außenwahrnehmung gut
mittelmäßig
schlecht
Baukultur
Schutzwürdigkeit, besondere Gestaltungsqualität
ja
nein
Verkehr und Anbindung
+ + / – – Notizen
MIV
ÖPNV (ART: )
Fuß- / Radwege
Gebäude
+ + / – – Notizen
Erscheinungsbild
San. / Modernisierungsstand
energetischer Zustand
Eignung altengerechtes Wohnen
Wohnungstypen *
Aufzüge in manchen Gebäuden vorhanden
ja
nein
stigmatisierende Gebäude ja
nein
* Welche Wohnungsgrößen überwiegen? (1-, 2-Zimmerwohnungen etc.)
+ = gut+ / – = mittelmäßig– = mangelhaft
9.5 Checkliste 311
+ = gut+ / – = mittelmäßig– = mangelhaft
Freiraum
+ + / – – Notizen
Zustand der Grünflächen
Zustand des Straßenraums
Barrierefreiheit
Unterbringung ruhender Verkehr
Nutzungs- / Aufenthaltsqualität
Spielplätze ja
nein
wenn ja: Zustand Spielplätze
Vandalismus / Beschädigungen ja
nein
private Freiräume bei EG-Wohnungen
ja
nein
Potenzial für Mietergärten ja
nein
Sozialstruktur
noch viele Erstbezieher ja
nein
Durchschnittsalter *
Quartier für Familien attraktiv? ja
nein
Besonderheiten der Sozialstruktur (Generationenwechsel)
* Hoher Anteil älterer Menschen (falls mit vertretbarem Aufwand ermittelbar, Schätzung)
312 9 Anhang
Wohnungswirtschaft
keine gering mittel hoch Notizen
Leerstand *
Fluktuation
Mietrückstände
durchschnittliche Wohndauer
durchschnittliche Kaltmiete
* Schätzungen oder evtl. in Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen bzw. größerem Eigentümer in Quartier
Daseinsvorsorgevorhanden Wenn nein,
nächste Einrich-tung fußläufig erreichbar?
Qualität
ja nein mittel hoch – o + Notizen
Kindergarten
Schule
Jugendeinrichtungen
Altenheime
Mietertreff
Vereine
kulturelle Einrichtungen
Lebensmittel
Apotheke
sonstige (z. B. Bank, Post)
9.5 Checkliste 313
Zusammenfassung + Ausblick
Stärken + Schwächen des Quartiers Schwächen + Defizite des Quartiers
Künftig verstärkte Beschäftigung mit dem Quartier?
ja
nein
noch abwarten
314 9 Anhang
Umschlag GAG Immobilien AG Köln, Bilderbuch Köln
Kapitel 1Seiten 12– 19
12GAG Immobilien AG Köln (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)
13Dieter Raichle (links oben, links Mitte)Bernd Hiepe, Berlin (rechts oben und rechts Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (rechts unten)
14, 19Grafik: HFT Stuttgart, Karin Hopfner
Kapitel 2Seiten 20– 53
20 / 21Christina Simon-Philipp
22Landesmedienzentrum LMZ 2-3a, Nr. 47346 (links oben) Amtsblatt der Stadt Stuttgart vom 8. 1. 1953 (links unten) Schema der gegliederten und aufgelockerten Stadt, aus: Göderitz, Johannes / Rainer, Roland /Hoffman, Hubert: Die gegliederte und auf-gelockerte Stadt. Tübingen 1957, S. 26 (rechts oben)Landesmedienzentrum LMZ 74 – 43, Nr. 47407 (rechts oben)Thomas Fütterer (rechts Mitte und rechts unten)
23Urbanität durch Dichte, aus: Reinborn, Dietmar: Städtebau im 19. und 20. Jahrhundert. Stuttgart, Berlin, Köln 1996, S. 239Dieter Raichle (Mitte und unten)
24Landesmedienzentrum LMZ 2/40798C (links oben)Thomas Fütterer (links Mitte)Marianne Götz (rechts oben)SWSG Stuttgart (rechts Mitte)Gottfried Planck / Bestand SAAI (rechts unten)
25Dieter Raichle (oben)Thomas Fütterer (links Mitte)Peter Faller (rechts Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (links unten)KBK Architekten (rechts unten)
27Stadtplanungsamt Stuttgart (2002), Kai Feseker
28HFT Stuttgart, Karin Hofpner
30Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 27
32Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 32 (oben) und S. 51 (unten)
32Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 52HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp (links)Stadt Stuttgart, Amt für Stadtplanung und Stadt-erneuerung (Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)
33HFT Stuttgart, Karin Hopfner
34Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 13
35Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 41 – 43 (oben)Eigene Darstellung auf Grundlage von: Statistisches Bundesamt, Bauen und Wohnen Mikrozensus – Zusatzerhebung 2010, Bestand und Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der Haushalte, Wiesbaden 2012, S. 41 – 43 (links)Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung: Wohnen und Bauen in Zahlen 2011/2012. Bonn 2012, S. 15 (rechts)
39Peter Palm, Berlin auf Grundlage von: Bundes-institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung (Hg.): Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2011. Bonn 2011, S. 121
40Statistisches Bundesamt (Destatis) / Wissens-zentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Zentrales Datenmanagement: Datenreport 2011. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutsch-land. Bonn 2011, S. 211 (links)Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Statistisches Jahrbuch Deutschland und Internationales 2012. Wiesbaden 2012, S. 173 (rechts)
44Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2012 (VV 2012), S. 4 (oben)Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung (Hg.): 40 Jahre Städtebauförderung. Berlin 2011, S. 12 (unten)
45Eigene Darstellung auf Grundlage von Daten: http://www.staedtebaufoerderung.info/cln_033/nn_1147082/StBauF/DE/Soziale-Stadt/Pro-gramm /GrundlagenFinanzierung/grundlagen_inhalt.html (Zugriff am 23. 11 .2012)
46HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben und Mitte)Jenkis, Helmut W.: Kompendium der Wohnungs-wirtschaft. 4. Auflage, Oldenburg 2001, S. 89 (unten)
51HFT Stuttgart, Karin Hopfner
52HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp
Kapitel 3Seiten 54–71
54HFT Stuttgart, Karin Hopfner
56HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben)Christina Simon-Philipp (unten)
57– 64HFT Stuttgart, Karin Hopfner
65HFT Stuttgart, Karin Hopfner KBK Architekten (links Mitte)
66HFT Stuttgart, Karin Hopfner
67KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, für Neuland Wohnungsbaugesellschaft Wolfsburg
68KSP Jürgen Engel Architekten GmbH (links) HFT Stuttgart, Karin Hopfner (rechts)
69HFT Stuttgart, Karin Hopfner (links)Jürgen Voss / KSP Jürgen Engel Architekten GmbH (rechts)
Kapitel 4Seiten 72 –181
74LEHEN drei Architekten und Stadtplaner (oben)Thomas Wolf, Gotha (unten)
75PROJEKTKOMMUNIKATION Hagenau GmbH (oben)Thomas Wolf, Gotha (unten)
77– 82Thomas Wolf, Gotha
84LEHEN drei Architekten und Stadtplaner
87Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales: Konzeption der Offenburger Stadtteil-und Familienzentren, Stand 2007
88 – 90LEHEN drei Architekten und Stadtplaner
91GEMIBAU Offenburg
93Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales: Konzeption der Offenburger Stadtteil-und Familienzentren, Stand 2007
9.6 Bildquellen
9.6 Bildquellen 315
95 –100PROJEKTKOMMUNIKATION Hagenau GmbH
104, 106IB.SH (Investitionsbank Schleswig Holstein)
108 –111Thomas Wolf, Gotha
112, 113Stadt Neumünster, IB.SH
115Thomas Wolf, Gotha
116Stadt Mannheim, Fachbereich Geoinformation und Vermessung
118 –121Thomas Wolf, Gotha
122Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 358/2010, S. 14
123Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 365/2011, S. 16
124Eigene Darstellung auf Grundlage: Stadt Mann-heim, Beschlussvorlage 358/2010, S. 22
126Thomas Wolf, Gotha
128 / 129Jeweils untereinanderliegende Fotos / Abbildungen, von links nach rechts: GAG Immobilien AG Köln, Bilderbuch Köln / Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH, Stäwog Bremerhaven / Karin Hopfner / Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt
132 –133GAG Immobilien AG Köln
134ASTOC GmbH & Co. KG (Grafiken oben)Bilderbuch Köln (unten)
135Bilderbuch Köln (oben)ASTOC GmbH & Co. KG (Grafiken unten)
138 –141Christa Lachenmaier, Köln / ASTOC GmbH & Co. KG
146Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH (oben und Mitte)Bernd Hiepe, Berlin (unten)
147Jörg Springer Heidenreich & Springer Architekten Gesellschaft mbH (oben links und oben Mitte)Bernd Hiepe, Berlin
148 / 149Bernd Hiepe, Berlin
150Bernd Hiepe, Berlin (oben)Helvetia Versicherungen, Technische Liegen-schaftsverwaltung (unten)
151, 152Bernd Hiepe, Berlin
157 –161Stäwog Bremerhaven
166 –171B&S Bau- und Siedlungsgenossenschaft für den Kreis Herford
174HFT Stuttgart, Karin Hopfner (oben) Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt (unten)
176WBG Arnstadt (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)
176 / 177, 178 – 181WBG Arnstadt
180Stadtstrategen
181Stadt Arnstadt, WBG Arnstadt (oben) HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)
Kapitel 5Seiten 182 – 185Peter Palm, Berlin
Kapitel 6Seiten 186 – 275
186 / 187, 188– 203HFT Stuttgart, Karin Hopfner
205Peter Palm, Berlin auf Grundlage von: Selk, Dieter / Walberg, Dietmar / Holz, Astrid: Siedlungen der 1950er Jahre – Modernisierung oder Abriss? Endbericht. Kiel 2007, S. 98
206 – 220HFT Stuttgart, Karin Hopfner
221Röber, Manfred / Sinning, Heidi (Hg.): Wohnen im Bestand. Nachfrageorientierung als Perspektive. Detmold 2010, S. 125
222 – 239HFT Stuttgart, Karin Hopfner
240Jürgen Voss / KSP Jürgen Engel Architekten GmbH
241, 242HFT Stuttgart, Karin Hopfner
243Stäwog Bremerhaven (oben und Mitte)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (unten)
244HFT Stuttgart, Karin Hopfner
245HFT Stuttgart, Christina Simon-Philipp
246 – 247HFT Stuttgart, Karin Hopfner
249 – 251HFT Stuttgart, Karin Hopfner
252Stadt Offenburg, Fachbereich Bürgerservice und Soziales (oben)HFT Stuttgart, Karin Hopfner (Mitte und unten)
253Managing District Centres in Northwest Europe (Hg.): Survival Kit, Berlin 2011. Online unter www.http://www.district-management.eu
254– 259HFT Stuttgart, Karin Hopfner
260Thomas Fütterer
Kapitel 7Seiten 276 – 283
276 – 283HFT Stuttgart, Karin Hopfner
AnhangSeiten 304 – 308
307HFT Stuttgart, Karin Hopfner
316 9 Anhang
Karin Hopfner
B. Sc. Arch, M. Eng.,
Bachelor-Studium Architektur an der Hochschule Liechtenstein (Vaduz)
Master-Studium Stadtplanung an der Hochschule für Technik Stuttgart
2003 – 2006 diverse Praktika und Tätigkeiten in Architekturbüros (Vorarlberg)
von 2009 – 1/2013 akademische Mitarbeiterin an der Hochschule für Technik Stuttgart
in verschiedenen Forschungsprojekten zum Wohnungs- und Städtebau, zur Stadtentwick-
lung und Stadterneuerung; diverse Veröffentlichungen, auch als Mitherausgeberin
seit Februar 2013 Mitarbeiterin der Universitätsstadt Tübingen.
Christina Simon-Philipp
Prof. Dr.-Ing., Architektin und Stadtplanerin,
Architekturstudium an der Universität Stuttgart und der ETH Zürich
1993 – 1997 Tätigkeit als Architektin / Stadtplanerin
1996 – 2004 wissenschaftliche Assistentin am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart,
2001 Promotion
2004 – 2007 Baurätin im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
seit 2007 Professorin für Städtebau und Stadtplanung an der Hochschule
für Technik Stuttgart
Mitgliedschaften: Architektenkammer Baden-Württemberg, Vereinigung für Stadt-,
Regional- und Landesplanung (SRL), Deutsche Akademie für Städtebau und
Landesplanung (DASL), Deutscher Werkbund Baden-Württemberg (dwb BW)
Forschungsschwerpunkte: Stadtentwicklung und Stadterneuerung, Wohnungsbau,
öffentlicher Raum.
Autoren
9.6 Bildquellen 317
Wir danken allen Interviewpartnern und Experten herzlich für ihre Gesprächs-
bereitschaft. Die Interviews und der Expertenworkshop waren zentrale Bestandteile der
vorliegenden Untersuchung. Dank gilt gleichermaßen allen Fallstudien und Referenz-
beispielen, den Ansprechpartnern und Akteuren, die uns mit Informationen, Unterlagen
und Bildmaterialien unterstützt haben.
In dieser Publikation wird im Interesse einer besseren Lesbarkeit auf die geschlechter-
bezogene sprachliche Differenzierung verzichtet. Vereinfachend werden ausschließlich die
männlichen Bezeichnungen genannt; diese schließen aber ausdrücklich das weibliche
Geschlecht immer mit ein.
Dank
Publikationen der Wüstenrot Stiftungen
Soziale Mischung in der Stadt
Case Studies – Wohnungspolitik in Europa – Historische Analyse
Harlander, Tilman / Kuhn, Gerd / Wüstenrot Stiftung (Hg.)
Die soziale Mischung in der Stadt ist ein Thema, das in der Fachöffentlichkeit und in der
allgemeinen Diskussion über die Entwicklung unserer Städte an Aufmerksamkeit gewon-
nen hat. Dies gilt auch für andere europäische Länder, in denen die soziale Mischung
ebenfalls auf der Agenda der nationalen Integrations- und Wohnungspolitik zu finden ist.
Für die Verantwortlichen in Kommunen, Wohnungswirtschaft und Politik gehören das
Konzept und die konkrete Steuerung der sozialen Mischung zu den großen Herausforde-
rungen, die es aktuell in der Entwicklung unserer Städte zu bewältigen gilt. Zum einen,
weil die vielen Facetten der sozialen Mischung weit in die Geschichte unserer Städte
zurückreichen und zum anderen, weil eine ausgewogene soziale Mischung und eine dar-
auf beruhende soziale Kohäsion zu den Grundlagen eines modernen Sozialstaates gehören.
Die Vielschichtigkeit und die Bedeutung der sozialen Mischung in der Stadt erfordern eine
differenzierte, umfassende Betrachtung. Ein Forschungsprojekt der Wüstenrot Stiftung
hat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwick-hat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwickhat deshalb einen Bogen geschlagen von ihren historischen Wurzeln über neue Entwick
lungen in Deutschland und Europa bis hin zu aktuellen Konzepten und Strategien in der
kommunalen und wohnungswirtschaftlichen Praxis. Zahlreiche Länderstudien und inter-
nationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschaf-nationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschafnationale Fallbeispiele schließen globale Prozesse der Polarisierung von Stadtgesellschaf
ten mit ein.
Bezugsquelle: Buchhandel
Deutsch, 1. Auflage
440 Seiten
zahlreiche Abbildungen,
Pläne und Zeichnungen
22,5 x 27 cm, Hardcover
29,50 € [D]
ISBN 978-3-7828-1539-0
29,50 Euro
Vergessene Stadtteile?
Herausforderung und Chance für eine strategische Stadtentwicklung
Dokumentation der Fachveranstaltung am 1. Dezember 2011 in Berlin
Im Mittelpunkt einer gemeinsamen Fachveranstaltung des Bundesministeriums für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung und der Wüstenrot Stiftung stand das breite Spektrum an
Stadtteilen, deren Gemeinsamkeit es ist, keine besonderen Auffälligkeiten aufzuweisen
und unter keinem spezifischen Problemdruck zu stehen. Sie erhalten deshalb in der fach-
lichen wie auch in der öffentlichen Wahrnehmung wenig Aufmerksamkeit, obwohl sie
aufgrund ihrer Verbreitung und ihres Entwicklungspotenzials von großer Bedeutung für
die zukünftige Stadtentwicklung sind. Viele Auswirkungen des demografischen und des
wirtschaftsstrukturellen Wandels in Deutschland werden in den Städten räumlich kon-
kret.
Die Veranstaltung richtete den Fokus auf Ansätze und Konzepte, die dabei helfen, einem
daraus erwachsenden Problemdruck frühzeitig begegnen zu können. Es sind vor allem
neue Formen der Kooperation zwischen privaten Eigentümern, bürgerschaftlichem Enga-
gement und öffentlicher Hand, die besonders geeignet scheinen, zentrale Aufgaben für die
weitere Entwicklung solcher „vergessener“ Stadtteile zu lösen und die damit verbundenen
Chancen für eine strategische Stadtentwicklung zu sichern.
Die Dokumentation der Veranstaltung im Eigenverlag der Wüstenrot Stiftung fasst die
wichtigsten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen zusammen.
Bezugsquelle: Wüstenrot Stiftung