Zeit für Transparenz

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PRAXIS | Artikel ZfCM | Controlling & Management 55. Jg. 2011, H.2 87 Robert Winter/Michael Schopf Weniger Aufwand für Verwaltung und mehr Zeit für Arbeitsvermittlung – die Bundesagentur für Arbeit hat nach mehre- ren Reformschritten ein neues Gesicht. Die gesamte Organisationsstruktur der Kör- perschaft des Öffentlichen Rechts wurde dafür nach Effizienzkriterien und Kunden- bedürfnissen durchleuchtet. Arbeitsabläu- fe und Verantwortlichkeiten standen dabei genauso zur Disposition wie betriebsinter- ne Verwaltungsvorgänge. So setzte Con- trolling den Impuls, für alle Berichte und Präsentationen neue Gestaltungsregeln einzusetzen und dadurch für mehr Trans- parenz zu sorgen. Denn Transparenz ist schließlich die Voraussetzung für zielge- richtete Steuerung und kontinuierliche Verbesserung. Unter dem Motto „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“ galt es Diagramme, Schaubil- der und Tabellen aussagekräftiger zu ma- chen und diesen Elementen jeweils eine Botschaft voranzustellen. Mit einer eindeu- tigen Notation sollte in der Kommunikation des über 110.000 Mitarbeiter starken Unter- nehmens und im Berichtswesen ein einheit- licher Sprachcode eingeführt werden. Prozessplanung und Zielnachhaltung Das Vorhaben ist kein leichtes Unterfan- gen, gilt es doch ein verständliches und praktikables Berichtswesen für ein bundes- weit flächendeckendes Netz aus Arbeits- agenturen und Geschäftsstellen einzufüh- ren. Die Mitarbeiter am Hauptsitz in Nürn- berg und in den Außenstellen sollen sich umfassend um den Arbeits- und Ausbil- dungsmarkt kümmern, nicht aber mit Auf- gaben abseits ihrer Schwerpunkttätigkeit blockiert werden. Effizientes Management ist indes nur machbar, wenn die Kennzah- len in einer Weise aufbereitet werden, die schnelles Handeln auf der Führungsebene ermöglicht. Erst die verständliche Vermitt- lung fachlicher Inhalte zeigt, ob vorgegebe- ne Ziele erreicht und welche Zusatzmaß- nahmen möglicherweise erforderlich wer- den. Ohne ein Controllingsystem, das aussagekräftige Analysen über strategische Geschäftsfelder und operative Maßnah- men liefert, lässt sich der Erfolg der einge- schlagenen Richtung nicht messen. Wirksame Führung erfordert also eine Standardisierung in der Kommunikation, die bis zur höchsten Entscheidungsebene aussagekräftige Ergebnisse liefert. Die Bundesagentur für Arbeit hat deshalb ihre Berichtsqualität mit einheitlichen Gestal- tungsprinzipien gesteigert, um Informa- tionen verständlich aufbereiten und Ent- scheidungsträgern klare Empfehlungen geben zu können. Diese allgemeingültigen Gestaltungsregeln für Managementberich- te und Geschäftspräsentationen sorgen für eine fachlich korrekte und wirksame In- formationsvermittlung. Aber aller Anfang ist schwer: Um Ver- besserungen zu erzielen war die Berichts- und Informationslandschaft zunächst gründlich zu inventarisieren. Alleine in der Zentrale standen ca. 40 Produkte des Stan- dardberichtswesens zur Überarbeitung an. In Kenntnis der Gestaltungsprinzipien von Professor Hichert wurden, angesichts der weitgehend willkürlichen Gestaltung von Diagrammen und Tabellen in den bis da- hin wenig verdichteten Berichten, deutli- che Nachbesserungsbedarfe offenbart. Heute profitieren die Verantwortlichen von einer kompakten Informationsdichte, wie beispielsweise Abbildung 4 zeigt, auf der regionale Trends der Geschäftsergebnisse in Relation zur Entwicklung in verschiede- nen arbeitsmarktlichen Vergleichsclustern gesetzt werden. Effizienz und Transparenz sind Chefsache Im Falle der Bundesagentur waren vor Pro- jektbeginn Mängel in der Darstellung der teilweise komplexen Datenkonstellationen erkennbar. Die einzelnen Agenturen für Arbeit nutzten unterschiedliche Darstel- lungsformen, um betriebswirtschaftliche Zeit für Transparenz Steigerung■der■Berichtsqualität■mit■den■ Gestaltungsprinzipien■von■Professor■Dr.■ Hichert:■Bei■der■Bundesagentur■für■Arbeit■ (BA)■liefern■einheitliche■Berichte■und■Prä- sentationen■aussagekräftige■Fakten,■auf■ deren■Grundlage■effektive■Entscheidun- gen■getroffen■werden. Frank-Jürgen■Weise,■der■Vorstandsvor- sitzende■der■Bundesagentur■für■Arbeit,■ engagiert■sich■persönlich■für■das■Thema■ und■stimmt■Maßnahmen■mit■dem■Con- trollingbereich,■dem■Vorstand■und■dem■ Verwaltungsrat■ab. Unter■Einbindung■aller■beteiligten■Stel- len■führt■die■Bundesagentur■für■Arbeit■■ein■ professionelles■Roll-out■der■Gestaltungs- regeln■mit■über■200■Multiplikatoren■für■ 20.000■beteiligte■Mitarbeiter■durch. Spezialisten■der■BA■erstellen■Berichts- werkzeuge,■die■den■höheren■Gestaltungs- anforderungen■Rechnung■tragen■und■die■ tägliche■Arbeit■erleichtern. Die■Mitarbeiter■nutzen■ein■breites■In- house-Schulungsangebot■aus■Vorträgen,■ Seminaren■und■Workshops,■die■Grundla- gen■und■Praxisbeispiele■einheitlicher■No- tation■vermitteln. Autoren Robert Winter Bereichsleiter■Controlling,■Bundesagen- tur■für■Arbeit,■Regensburger■Straße■104,■ 90478■Nürnberg,■E-Mail:■robert.winter@ arbeitsagentur.de Michael Schopf Referent■Controlling,■Bundesagentur■für■ Arbeit,■Regensburger■Straße■104,■90478■ Nürnberg,■ E-Mail:■ michael.schopf2@■ arbeitsagentur.de

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ZfCM | Controlling & Management 55. Jg. 2011, H.2 87

Robert Winter/Michael Schopf

Weniger Aufwand für Verwaltung und mehr Zeit für Arbeitsvermittlung – die Bundesagentur für Arbeit hat nach mehre­ren Reformschritten ein neues Gesicht. Die gesamte Organisationsstruktur der Kör­perschaft des Öffentlichen Rechts wurde dafür nach Effizienzkriterien und Kunden­bedürfnissen durchleuchtet. Arbeitsabläu­fe und Verantwortlichkeiten standen dabei genauso zur Disposition wie betriebsinter­ne Verwaltungsvorgänge. So setzte Con­trolling den Impuls, für alle Berichte und Präsentationen neue Gestaltungsregeln einzusetzen und dadurch für mehr Trans­parenz zu sorgen. Denn Transparenz ist schließlich die Voraussetzung für zielge­richtete Steuerung und kontinuierliche Verbesserung.

Unter dem Motto „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“ galt es Diagramme, Schaubil­der und Tabellen aussagekräftiger zu ma­chen und diesen Elementen jeweils eine Botschaft voranzustellen. Mit einer eindeu­tigen Notation sollte in der Kommunika tion

des über 110.000 Mitarbeiter starken Unter­nehmens und im Berichtswesen ein einheit­licher Sprachcode eingeführt werden.

Prozessplanung und Zielnachhaltung

Das Vorhaben ist kein leichtes Unterfan­gen, gilt es doch ein verständliches und praktikables Berichtswesen für ein bundes­weit flächendeckendes Netz aus Arbeits­agenturen und Geschäftsstellen einzufüh­ren. Die Mitarbeiter am Hauptsitz in Nürn­berg und in den Außenstellen sollen sich umfassend um den Arbeits­ und Ausbil­dungsmarkt kümmern, nicht aber mit Auf­gaben abseits ihrer Schwerpunkttätigkeit blockiert werden. Effizientes Management ist indes nur machbar, wenn die Kennzah­len in einer Weise aufbereitet werden, die schnelles Handeln auf der Führungsebene ermöglicht. Erst die verständliche Vermitt­lung fachlicher Inhalte zeigt, ob vorgegebe­ne Ziele erreicht und welche Zusatzmaß­nahmen möglicherweise erforderlich wer­den. Ohne ein Controllingsystem, das aussagekräftige Analysen über strategische Geschäftsfelder und operative Maßnah­men liefert, lässt sich der Erfolg der einge­schlagenen Richtung nicht messen.

Wirksame Führung erfordert also eine Standardisierung in der Kommunikation, die bis zur höchsten Entscheidungsebene aussagekräftige Ergebnisse liefert. Die Bundesagentur für Arbeit hat deshalb ihre Berichtsqualität mit einheitlichen Gestal­tungsprinzipien gesteigert, um Informa­tionen verständlich aufbereiten und Ent­scheidungsträgern klare Empfehlungen geben zu können. Diese allgemeingültigen Gestaltungsregeln für Managementberich­te und Geschäftspräsentationen sorgen für eine fachlich korrekte und wirksame In­formationsvermittlung.

Aber aller Anfang ist schwer: Um Ver­besserungen zu erzielen war die Berichts­ und Informationslandschaft zunächst gründlich zu inventarisieren. Alleine in der Zentrale standen ca. 40 Produkte des Stan­dardberichtswesens zur Überarbeitung an. In Kenntnis der Gestaltungsprinzipien von

Professor Hichert wurden, angesichts der weitgehend willkürlichen Gestaltung von Diagrammen und Tabellen in den bis da­hin wenig verdichteten Berichten, deutli­che Nachbesserungsbedarfe offenbart. Heute profitieren die Verantwortlichen von einer kompakten Informationsdichte, wie beispielsweise Abbildung 4 zeigt, auf der regionale Trends der Geschäftsergebnisse in Relation zur Entwicklung in verschiede­nen arbeitsmarktlichen Vergleichsclustern gesetzt werden.

Effizienz und Transparenz sind Chefsache

Im Falle der Bundesagentur waren vor Pro­jektbeginn Mängel in der Darstellung der teilweise komplexen Datenkonstellationen erkennbar. Die einzelnen Agenturen für Arbeit nutzten unterschiedliche Darstel­lungsformen, um betriebswirtschaftliche

Zeit für Transparenz

■■ Steigerung■der■Berichtsqualität■mit■den■Gestaltungsprinzipien■von■Professor■Dr.■Hichert:■Bei■der■Bundesagentur■für■Arbeit■(BA)■liefern■einheitliche■Berichte■und■Prä-sentationen■aussagekräftige■Fakten,■auf■deren■Grundlage■effektive■Entscheidun-gen■getroffen■werden.■■ Frank-Jürgen■Weise,■der■Vorstandsvor-

sitzende■der■Bundesagentur■für■Arbeit,■engagiert■sich■persönlich■für■das■Thema■und■stimmt■Maßnahmen■mit■dem■Con-trollingbereich,■dem■Vorstand■und■dem■Verwaltungsrat■ab.■■ Unter■Einbindung■aller■beteiligten■Stel-

len■führt■die■Bundesagentur■für■Arbeit■■ein■professionelles■Roll-out■der■Gestaltungs-regeln■mit■über■200■Multiplikatoren■für■20.000■beteiligte■Mitarbeiter■durch.■■ Spezialisten■der■BA■erstellen■Berichts-

werkzeuge,■die■den■höheren■Gestaltungs-anforderungen■Rechnung■tragen■und■die■tägliche■Arbeit■erleichtern.■■ Die■Mitarbeiter■nutzen■ein■breites■ In-

house-Schulungsangebot■aus■Vorträgen,■Seminaren■und■Workshops,■die■Grundla-gen■und■Praxisbeispiele■einheitlicher■No-tation■vermitteln.

Autoren

Robert Winter

Bereichsleiter■Controlling,■Bundesagen-tur■für■Arbeit,■Regensburger■Straße■104,■90478■Nürnberg,■E-Mail:■[email protected]

Michael Schopf

Referent■Controlling,■Bundesagentur■für■Arbeit,■Regensburger■Straße■104,■90478■Nürnberg,■ E-Mail:■ michael.schopf2@■arbeitsagentur.de

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Informationen aufzubereiten und an ihre Geschäftsführungen weiterzureichen. So gab es kein standardisiertes Reporting­For­mat zur Berichterstattung der Ergebnisse an die nächsthöhere Geschäftsebene. Auch bei Auswertungen für den Verwaltungsrat – dem Aufsichtsratsgremium der BA – gab es keine einheitlichen Kommunikations­formen. Hier waren die Präsentationen oft­mals von der in der heutigen Geschäftswelt weit verbreiteten PowerPoint­„Unkultur“ gekennzeichnet, von Textfolien Inhalte ab­zulesen, anstatt PowerPoint zielgerichtet als Medium der Vortragsunterstützung einzu­setzen.

Gerade vor dem Hintergrund des Haus­haltsvolumens der BA – dieses betrug für 2010 rund 45 Milliarden Euro – ist eine transparente Wirkungsanalyse aller Ein­zelposten und Budgets in einer einheit­lichen Form und hohen Informationsdich­te unbedingt erforderlich. Der unstruktu­rierte Einsatz von Softwareprogrammen wie PowerPoint verleitet oftmals dazu Prä­sentationen zu erstellen, die nicht infor­mieren, sondern Daten unübersichtlich aneinanderreihen. Für eine sachgerechte Nutzung von Kommunikationsmitteln müssen jedoch bestimmte Voraussetzun­gen und Grundsätze erfüllt sein. Ansons­ten ist es für die verantwortlichen Ent­scheidungsträger fast unmöglich, eine komplexe Situation zu übersehen. Dies ist jedoch erforderlich, geht es darum zielfüh­rende Maßnahmenpakete zu definieren und umzusetzen.

Die genannten Missstände, wie etwa „Zahlenfriedhöfe“ und „Textwüsten“, galt es grundlegend zu beseitigen. Ein zentra­ler Bestandteil des Anforderungsprofils war, Leistungsvergleiche zwischen einzel­nen Arbeitsagenturen anhand wichtiger Kennzahlen ziehen zu können. Hierzu wurden die Reporting­Formate von der Zentrale komplett neu aufgebaut. Mit der Einführung eines über alle Ebenen ein­heitlichen Maßnahmencontrollings wurde sichtbar, welche operativen Maßnahmen sich tatsächlich als wirksam erweisen und ob hierbei regionale Unterschiede auftre­ten.

Gleichzeitig wurde im Zuge der Neu­konzeption erreicht, dass der Monats­bericht der Zielerreichung in jeder Arbeits­agentur in Format und Inhalt gleich auf­bereitet wird. Zudem ist er für alle Vor­standsmitglieder und Controller über das Führungsinformationssystem zugänglich – dies gewährleistet vollumfängliche Transparenz.

Schrittweise Umsetzung und Qualifizierung

Im Rahmen eines Workshops mit allen Be­reichen der Zentrale der BA vermittelte Professor Dr. Rolf Hichert das von ihm ent­wickelte Konzept für eine effiziente Ge­schäftskommunikation, das von der Bot­schaftsvermittlung bis zur Vereinheitli­chung von Bedeutungen und Gliederung fachlicher Inhalte reicht. Für die praktische Umsetzung innerhalb der Bundesagentur zählte das Konsensprinzip: Im Sinne brei­ter Akzeptanz klärten die Mitarbeiter, wel­che Grundsätze von Professor Hichert für die BA relevant und umzusetzen waren. In einem Gremium aller Bereichsvertreter einigte man sich schnell auf die Berichts­ und Präsentationsregeln, die in einem Re­gelwerk niedergeschrieben auch fortan für die Organisation Gültigkeit erlangen soll­ten. Auf Planwänden wurden die Regeln strukturiert, bevor sich eine Kernarbeits­gruppe von 7 Mitarbeitern um eine redak­tionell schlüssige Aufbereitung des Regel­werks kümmerte.

Anhand praktischer Beispiele wird da rin aufgezeigt, wie sich komplexe Informatio­nen am einfachsten zusammenfassen und

zum Beispiel in Form wie Monatsberich­ten, Projektberichten und Entscheidungs­vorlagen nutzen lassen.

Daran anschließend sammelten die Fachgruppen systematisch alle Berichte, Präsentationen und Auswertungen, die in­tern bisher Verwendung fanden. Nach der Inventarisierung dieser Produkte detail­lierte die Kernarbeitsgruppe im nächsten Schritt das Regelwerk, indem Farbnota tion, Symbolik und Abkürzungen für den jewei­ligen Darstellungszweck festgelegt wurden. So wurde beispielweise jedem Zeitaggregat – z. B. „Ist“ „Ist­Ist“ oder „Soll­Ist“ – in Ta­bellen und Diagrammen eine spezifische RGB­Farbe zugeteilt.

Im ersten praktischen Schritt stellte man jene Produkte um, von denen wichtige Un­ternehmensentscheidungen abhängen, wie etwa den monatlichen Controllingberich­ten der Zielerreichung. Auch außerhalb des Controllings, bei der Arbeitsmarktbe­richterstattung an die interessierte Öffent­lichkeit und Politik, wurden Berichte an­hand der neuen Notationsregeln überar­beitet. Dem Controlling kam in seiner Methodenverantwortung eine Coaching­Rolle zu, in der viele andere Unterneh­mensbereiche beraten werden mussten,

Abb.■1:■■Das■Intranet-Angebot■der■BA■zu■den■Gestaltungsregeln

Gestaltungsregeln zum Nachschlagen

Templates zum Download

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um das Ziel universeller Gestaltungsprin­zipien für alle Sparten zu erreichen. Die Kunst war es, die Menschen nicht zu über­reden, sondern zu überzeugen!

Die größte Herausforderung bestand je­doch darin, die Gestaltungsregeln nicht nur in der Zentrale, sondern auch in den 176 Arbeitsagenturen mit rund 600 Geschäfts­stellen und 10 Regionaldirektionen flächen­deckend in allen Bezirken zu verbreiten. Hierfür wurden zunächst rund 250 Multi­plikatoren gewonnen. Deren Aufgabe war es, an ihren Standorten die neuen Gestal­tungsregeln zu verbreiten sowie Qualifizie­rungs­ und Umstellungspotenziale zu er­kennen. In einer Art Schneeballsystem wurde den Multiplikatoren die Möglichkeit eingeräumt, weitere Kollegen für die Aufga­be zu begeistern und sie bei der Qualifizie­rungsoffensive zu unterstützen.

Auf einer Kick­Off­Veranstaltung an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim wurden die neuen Multipli­katoren in das Audimax eingeladen, um im Original­Ton von Professor Hichert sowie der Kernarbeitsgruppe das Grundlagen­wissen für ihre Aufgabe vermittelt zu be­kommen. Die Resonanz war durchweg po­sitiv, da die Adaptions­ und Umsetzungs­möglichkeiten in allen Fachbereichen gegeben waren.

Abb.■3:■■Mehr■Informationsdichte■–■Zielerreichung■aller■Regionaldirektionen■im■Überblick■(hier:■Testdaten)

Abb.■2:■■Entlastung■und■Unterstützung■–■Software-Tools■von■Mitarbeitern■für■Mitarbeiter

Notations-Addin für Tabellenkalkulationsprogramme

Formatierungs-Tool zur Sofortnutzung für Mitarbeiter

Soll-Ist-Abweichung nach Kennzahlen im Gesamtdurchschnitt [in %]

Ist-Wert-Verteilung nach Regionen und Kennzahlen

Soll-Ist-Abweichung nach Kennzahlen und Regionen [in %]

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Alle Multiplikatoren erhielten zur Unter­stützung der Qualifizierungsmaßnahmen eine Mappe mit umfassendem Schulungs­material. Um in der dezentral angelegten Organisation der BA einen hohen Verbrei­tungsgrad zu erzielen und die Umsetzung gleichzeitig in einem wirtschaftlichen Rah­men zu halten wurde ein Intranet­Angebot geschaffen. Darin wurden neben den theoretischen Arbeitsgrundlagen insbe­sondere Hilfsmittel zum Download ange­boten und Beispiele aus den BA­Bereichen ausgestellt, um zur Nachahmung zu moti­vieren. Diese reichen von Excel­Werkzeu­gen bis zu Formatierungshilfen für Data Warehouse­Tabellen (Abbildungen 1 und 2). Spezialisten aus dem eigenen Haus erstell­ten Berichtswerkzeuge im Umfeld von Business Ware house und Office, die eine nahtlose Kompatibilität mit den fachspezi­fischen Ansprüchen der Anwender ermög­lichen. Zwar ist für die Erstellung der Hilfs­mittel ein einmaliger Zusatzaufwand erfor­derlich, dieser zahlt sich aber in der Folge

durch Produktivitätssteigerungen vieler Mitarbeiter aus.

Zudem sind im Intranet PowerPoint­Präsentationen zu finden, welche sich aus­schließlich auf vortragsunterstützende Schaubilder anstelle von „Textwüsten“ be­schränken. Die korrespondierenden Texte finden sich stattdessen in so genannten Tischvorlagen (Word­Format) wieder. Da­durch wird in Dienstbesprechungen und Fachtagungen ein deutlicher Mehrwert für den Zuhörer generiert, der sich nunmehr auf den Vortragenden konzentrieren kann und nicht durch das Ablesen der Textfoli­en von der Leinwand abgelenkt wird.

Das wichtigste Prinzip bei der Umset­zung war, die Beschäftigten der BA nicht mit den theoretischen Anforderungen al­leine zu lassen, sondern jede Vorgabe mög­lichst weitgehend durch zum Download angebotene Arbeitsmittel zu automatisie­ren. Nur so konnte Akzeptanz erreicht und die nötige Konzentration der Mitarbeiter aufs Tagesgeschäft beibehalten werden.

Die neuen Hilfsmittel reichen von Excel­Werkzeugen bis zu Formatierungshilfen für DataWareHouse­Tabellen (Abbildung 2). Spezialisten aus dem eigenen Haus er­stellen Berichtswerkzeuge im Umfeld von Business Warehouse und Office, die eine nahtlose Kompatibilität mit den fachspezi­fischen Ansprüchen der Anwender ermög­lichen. Zwar ist für die Erstellung der Hilfs­mittel ein einmaliger Zusatzaufwand erfor­derlich, aber in der Folge zahlen sich die Überstunden einzelner Mitarbeiter in Zeit­gewinn und Produktivitätssteigerungen vieler Sachbearbeiter aus.

Weiter werden für Diagramme Templa­tes zum Download angeboten. Diese ent­halten bereits standardisiert alle Notations­elemente und ermöglichen dem Anwender über ein einfach zu bewerkstelligendes Be­dienkonzept die Erstellung von Diagram­men in nur kurzer Zeit.

Auch für Tabellen wird ein Hilfsmittel angeboten. Das so genannte Notations­Add In wird in Excel installiert und bietet dort

Abb.■4:■■Leistungsmessung■nach■Arbeitsagenturen■auf■einen■Blick■(Testdaten)

Soll, Ist und Soll-Ist-Abweichungen nach Kennzahlen im Jahresverlauf

Ist-Ist-Vergleich zum Vorjahr nach Kennzahlen und Regionen■ So stehen Sie im Ist-Ist-Vergleich in Ihrer Region

■ So stehen Sie im Soll-Ist-Vergleich in Ihrer Region

Soll-Ist-Vergleich nach Kennzahlen und Regionen

DO

I: 10

.100

7/s1

2176

-011

-002

9-3

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umfangreiche Funktionalitäten an, wie et­wa das Justieren der vereinbarten Notati­onsfarben, einen Titelassistenten zur Er­stellung des Tabellenkopfbereiches oder das Einfügen von Symbolen. Auch ist eine Hilfedatei mit den wichtigsten Notations­regeln hinterlegt.

Für unformatierte Tabellen, welche aus dem Data Ware House exportiert werden, wird der „DWH­Formator“ als Formatie­rungshilfe angeboten. Damit gelingt es mit nur wenigen Voreinstellungen eine Roh­tabelle nach den Gestaltungsregeln umzu­formatieren.

Doch vor der Einführung der Hilfsmittel waren noch „Barrieren“ zu beseitigen. So gilt für alle Behörden der Bundesverwal­tung die Barrierefreie Informationstechnik­Verordnung (BITV), nach der alle Websei­ten – auch der Intranet­Auftritt – mit den angebotenen Hilfsmitteln für sehbehinder­te bzw. blinde Menschen zugänglich sein muss. Auch müssen die mit den Arbeitsmit­teln erzeugten Endergebnisse in Form der Berichtsprodukte barrierefrei sein. Eine He­rausforderung für das Projekt; aus Sicht al­ler Beteiligten aber absolut notwendig. Kre­ative Lösungen waren nun gefragt. Auch hier gelang es kurzfristig praktikable Lö­sungen anzubieten, indem beispielsweise alle Diagramme mit einem Hilfetext verse­hen werden können. Dieser kann wiede­rum von einer Vorlesesoftware ausgelesen werden. Ein interessanter Effekt: Die Be­richtsprodukte sind mit den Gestaltungs­regeln barrierefreier als früher. Eine weite­re Synergie ist also erzielt worden.

Von der Analyse zur Empfehlung

Neben den individuellen Arbeitshilfen für die Beschäftigten war die standardisierte Be­reitstellung fertiger Reports im so genann­ten Führungsinformationssystem (FIS) ein wichtiger Erfolgs­ und Effizienzfaktor.

Zumal für eine wirklich effektive Aus­wertung von Kennzahlen eine Standardisie­rung unbedingt erforderlich ist, auch wenn ein bestimmtes Maß an Standards nicht überschritten werden darf. Ansonsten wür­de die praktische Arbeit in den Dienststel­len durch aufgabenferne Tätigkeiten über­lagert. Die erarbeiteten Werkzeuge dienen dazu, die fachgerechte Eingabe von Daten zu vereinfachen und zu beschleunigen. Feh­ler bei der Sammlung von Informationen werden von vornhe rein minimiert, indem ein Business­Intelli gence­System mit nütz­lichen Daten gefüttert wird, aus dem der

Controllingbereich über das Führungsin­formationssystem FIS die gewünschten Er­gebnisse mit besonders hoher Aussagekraft generieren kann. Controller exportieren die wichtigsten Diagramme ohne zusätzlichen Zeit­ und Arbeitsaufwand direkt in die ge­forderten Berichte. Die gelieferten Informa­tionen lassen sich einfacher für Manage­mentzwecke aufarbeiten und für die eigent­liche Analysearbeit und Erarbeitung der Botschaften an den Vorstand bleibt deutlich mehr Zeit.

Im Ergebnis entstehen Datenzusam­menfassungen mit deutlich gesteigerter In­formationsdichte. Abbildung 3 verdeut­licht anhand eines Praxisbeispiels, wie kompakt sich nun zentrale Leistungsdaten zusammenfassen lassen. Durch die Einfüh­rung eines einheitlichen Titelkonzepts mit aussagekräftiger Botschaft ist die präsen­tierte Analyse schnell verständlich. Für al­le visuellen und tabellarischen Darstellun­gen gilt dabei, dass die zusammengefassten Kennzahlen einer eindeutigen Farbnotati­on folgen, damit willkürlich gewählte Farb­gebungen nicht das Verständnis erschwe­ren. Auch die Vergabe eines eindeutigen Kennzahlenindexes dient der Wiederer­kennung und Komprimierung, sodass zen­trale Aussagen auf einen Blick erkennbar sind. Die hohe Informationsdichte dieses Ansatzes zeigt sich darin, dass sich alle Regionen sowie der Bundesdurchschnitt gemeinsam darstellen lassen.

Besonders großes Gewicht legt das Ma­nagement der Bundesagentur für Arbeit auf die Informationsverdichtung, um die aktuelle Gesamtlage schnell und präzise analysieren zu können. Mehrmals im Jahr berichtet der Vorstand dem Verwaltungs­rat über die aktuellen Leistungsdaten in den unterschiedlichen Regionalbezirken. Die Managementtreffen dienen dazu, die Gesamtstrategie weiterzuentwickeln und die Leistungsbilanz regionaler Agenturen genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie wirkt sich der Betreuungsschlüssel auf die erfolgreiche Vermittlung von Arbeitsstel­len aus? Welche Prozesse funktionieren und wo gibt es Korrekturbedarf? Zur Be­wältigung der Informationsvielfalt kommt es hier darauf an, verwirrende Darstel­lungsformen bei Schriftart, Farbe, Größe und Textauszeichnung zu vermeiden.

Durch die professionelle und visuell kla­re Aufbereitung der gelieferten Daten fal­len Leistungsunterschiede zwischen den Agenturen sofort auf. Schließlich kommt es in der Geschäftskommunikation darauf an, zu informieren und nicht zu dekorie­

ren. Im Soll­Ist­Vergleich zeigen sich die Leistungsunterschiede von Agenturen in­nerhalb eines Regionalbezirkes. Die Folge: Die Qualität der Analyse steigt und das Controlling kann der Führungsebene bes­sere Empfehlungen geben.

Der hohe Standardisierungsgrad hat sich auch bei der Bearbeitung von Direkt­anfragen positiv ausgewirkt. Nachfragen wegen fehlender oder unklarer Informati­onen sind auf ein Drittel gefallen. Das ist eine enorme Entlastung für den Control­lingbereich und zeigt zugleich, dass die verdichteten und standardisierten Infor­mationsbotschaften verstanden werden. Die Controller der Bundesagentur für Ar­beit greifen auf die gesammelten Daten über ein Führungsinformationssystem zu und exportieren die gewünschten Dia­gramme in ihre Controlling­Berichte. Controller konzentrieren sich also auf die analytische Arbeit und die Erstellung der wichtigen Botschaften an die Manager. Die Zeit, die früher in die Informationsaufbe­reitung investiert wurde, fließt jetzt in die Analyse­ und Beratungsqualität ein. Und der Effizienz­ und Service­Anspruch der Bundesagentur für Arbeit kommt auf allen Controlling­Ebenen zum Tragen.

Fazit

Es ist wichtig, die Mitarbeiter zu überzeugen und nicht zu überreden. Ein Paradigmen­wechsel in der Berichts­ und Präsenta­tionskultur großer Unternehmen gelingt nur im Konsensprinzip unter Beteiligung aller Bereiche. Begünstigend wirkte in der BA der Vorstandswille des Vorsitzenden Frank­Jürgen Weise. Es zählt dabei der Grundsatz: Die Berichtsempfänger müssen die Regeln wollen.

Die Regeln „nur über den Zaun zu schmei-ßen“ genügt nicht. Damit ist gemeint: Ein theoretisches Regelwerk alleine reicht nicht aus. Die Anforderungen gilt es mit praktikab­len Hilfs­ und Arbeitsmitteln zu hinterlegen. Die Vorteilsübersetzung gegenüber den Beschäftigten gelingt in dem Maße, in dem eine Arbeitserleichterung geschaffen wird.

Eine Standardisierung unter Beibehal-tung flexibler Auswertungsmöglichkeiten ist zudem wichtig. Ein Führungsinforma­tionssystem, welches die Gestaltungsregeln bereits in Standard­Reports befolgt, führt zu einem hohen Automatisierungs­ und Verbreitungsgrad. Gleichzeitig müssen Analysen flexibel gehandhabt werden können.