ZEIT Kommentar - Putin Gehört Nicht Dazu

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  • 7/23/2019 ZEIT Kommentar - Putin Gehrt Nicht Dazu

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    ZEIT Online, 5. Juni 2015

    Kommentar von Steffen Dobbert

    Elmau: Putin gehrt nicht dazuDie Stimmen werden lauter, die eine Rckkehr des russischen Prsidenten in die G 8 fordern. Das

    wre jedoch ein vllig falsches Signal fr den Friedensprozess in Europa.

    Es ist so ein schner, kerniger, einleuchtender, klarer Satz: Wer miteinander spricht, schiet nichtaufeinander. Zusammengefasst lsst sich so das wichtigste Argument jener umschreiben, die inDeutschland unmittelbar vor dem G-7-Treffen auf Schloss Elmau wieder einen roten Teppichausrollen wollen fr den Mann, der die Hauptverantwortung fr den jngsten Krieg in Europa trgt.Fr Wladimir Putin.

    Fangen wir mit dem an, der den grten Respekt verdient: Helmut Schmidt. Solch eine Veranstaltungohne Russland sei nicht sinnvoll, hat der Altkanzler gesagt. Da war es nur eine Frage der Zeit, bisGerhard Schrder, der zweite Ex-Kanzler der SPD, noch einen drauflegt. Es sei ein Fehler, dass

    Russlands Prsident nicht zum G-7-Gipfel eingeladen worden sei,behauptete Schrder,seit Jahrenenger Geschfts- und Mnnerfreund Putins. Dazu gesellten sich sogleich der Vorsitzende desOstausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, natrlich Gregor Gysi und der Vorsitzendedes Deutsch-Russischen Forums und ehemalige SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck. "Russland musszurck in die G 7", lautet dessen Forderung.

    Und nachdem die blichen Stichwortgeber eben die Stichworte gegeben hatten, folgten dieKommentare. Auf Spiegel Onlinebrachte der Chef des Meinungsressorts, Stefan Kuzmany, es auf denPunkt: "G-7-Gipfel ohne Putin: Ein mchtiger Fehler". Praktischerweise war der Text gleich mit

    einem Voting fr "die Leser" verbunden. Wirkt wie eine Einladung fr die Trolle, sprichMeinungsmacher,die etwa in Sankt Petersburg dafr bezahlt werden, russische Propaganda online zuverbreiten.

    Damit kein Missverstndnis entsteht: Natrlich kann man verschiedener Meinung sein, ob Russlandtrotz der Krim-Annexion in den Klub der fhrenden Industrienationen gehrt. Gerade eine solcheMeinungsvielfalt zeichnet unsere debattenfreudige Gesellschaft aus, im Gegensatz zu Russland. Was

    blo an dieser Debatte ber Putins Nichteinladung zum Schloss Elmau einmal mehr auffllt dieprorussische Sichtweise dominiert im ffentlichen medialen Diskurs in Deutschland, selbst wenn dieFakten ziemlich eindeutig gegen die aggressive russische Politik sprechen.

    Um nur die aktuellsten Entwicklungen zu nennen: Obwohl im Donbass seit Februar das zweite Minsker Friedensabkommen gelten sollte, rstet

    die russische Armee die Separatisten weiter auf. Inzwischen sollen auf der prorussischen Seite

    mehr Panzer einsatzbereit stehen, als Deutschland und Frankreich zusammen zur Verfgunghaben.

    Obwohlrussische Soldaten selbst bezeugen, auf Befehl Moskaus in der Ukraine im Einsatz zusein, bestreitet Putins Regierung dies und erklrt gettete russische Soldaten zumStaatsgeheimnis.

    Und obwohl in dieser Woche an der Kampflinie die schwersten Gefechte seit Februarausgebrochen sind, mindestens 26 Menschen starben und die OSZE bezeugt, dass ihre

    Beobachter vor dem Angriff "eine groe Anzahl von schweren Waffen" sahen, die sich aufdem Gebiet der Donezker Volksrepublik in Richtung Westen bewegten, lsst Putin weiterhindas Mrchen verbreiten, mit den Kmpfen nichts zu tun zu haben.

    Die Wahrheit ist: Ohne die skrupellose hybride Kriegsfhrung des russischen Prsidenten wren in derOstukraine seit dem Frhjahr 2014 nicht 6.500 Menschen gestorben. Daran und an die ebenso

    vlkerrechtswidrige Annexion der Krim muss man erinnern, wenn man verstehen will, warum AngelaMerkel jetzt noch einmal bekrftigt hat, dass Putin auf absehbare Zeit nicht in die G-7/G-8-Rundezurckkehren wird.

    http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-06/schloss-elmau-g-7-proteste-camp-york-runtehttp://www.zeit.de/news/2015-06/02/g7-altkanzler-schroeder-wie-schmidt-fuer-gipfel-mit-putin-02115416http://www.spiegel.de/politik/ausland/kommentar-zu-g7-ohne-putin-a-1036645.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russische-trollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russische-trollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.htmlhttp://www.watson.ch/%21810041259http://www.watson.ch/%21810041259http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-russland-soldaten-osze-kaempfehttp://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-konflikt-putin-getoetete-soldaten-staatsgehemnishttp://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-konflikt-putin-getoetete-soldaten-staatsgehemnishttp://www.osce.org/ukraine-smm/162116http://www.osce.org/ukraine-smm/162116http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-konflikt-putin-getoetete-soldaten-staatsgehemnishttp://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-konflikt-putin-getoetete-soldaten-staatsgehemnishttp://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/ukraine-russland-soldaten-osze-kaempfehttp://www.watson.ch/%21810041259http://www.watson.ch/%21810041259http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russische-trollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.htmlhttp://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/russische-trollfabrik-eine-insiderin-berichtet-a-1036139.htmlhttp://www.spiegel.de/politik/ausland/kommentar-zu-g7-ohne-putin-a-1036645.htmlhttp://www.zeit.de/news/2015-06/02/g7-altkanzler-schroeder-wie-schmidt-fuer-gipfel-mit-putin-02115416http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-06/schloss-elmau-g-7-proteste-camp-york-runte
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    Nun geht es in den G-7-Beratungen natrlich nicht nur um die Ukraine. Und natrlich braucht man

    den russischen Prsidenten ob man will oder nicht , um etwa den Krieg in Syrien oder dieVerhandlungen mit dem Iran zu beeinflussen. Doch dafr braucht es keinen Auftritt Putins in Elmau.

    Dafr gibt es die G-20-Treffen und viele bilaterale Weges des Austauschs. Merkel selbst besuchtePutin vor wenigen Wochen in Moskau, sie spricht regelmig mit ihm. Russlands Auenminister trafsich im vergangenen Jahr 17 Mal mit seinem US-Kollegen John Kerry, zuletzt Mitte Mai dieses Jahres

    in Sotschi. Und fast ebenso oft mit Bundesauenminister Frank-Walter Steinmeier.

    Merkel und die brigen G-7-Mitglieder sollten die Tr fr den russischen Gast so lange verschlossenhalten, bis dieser sich wieder durch nachweisliche Taten zu den gemeinsamen Werten bekennt. Dennanders als vielleicht von Gregor Gysi und vielen Gipfelkritikern angenommen, ist dieserZusammenschluss kein Klub, der nur auf Wirtschaftsinteressen basiert. Es geht vielmehr geradedarum, durch das Primat der Politik die Weltwirtschaft zu steuern und globale Probleme zu lsen. Diewestlichen Staaten teilen dabei demokratische Werte. Dazu zhlt auch die Anerkennung desVlkerrechts. Solange Putin dieses bricht, muss ihm die Bhne eines G-8-Gipfels verwehrt bleiben.

    Und was war noch mit der Eingangsbehauptung? Wer miteinander spricht, schiet nicht aufeinander?

    Leider ist das in Bezug auf Wladimir Putin eine Illusion. Der russische Prsident ist in derVergangenheit nicht davor zurckgeschreckt, einerseits politische Gesprche mit westlichen Politikernzu fhren und anderseits zur gleichen Zeit die Separatisten auf dem Staatsgebiet der Ukraine mitUntersttzung eigener Soldaten und Waffen zur Offensive zu ermuntern. Zur Erinnerung: Auch imvergangenen Sommer stand Angela Merkel mit Putin im direkten Kontakt. Sie sprachen miteinander

    whrend fast zeitgleich die Separatisten zur vorerst entscheidenden Offensive gegen die ukrainischeArmee vorrckten.

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/krieg-putin-russland-ukraine-merkelhttp://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/krieg-putin-russland-ukraine-merkelhttp://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/krieg-putin-russland-ukraine-merkelhttp://www.zeit.de/politik/ausland/2014-08/krieg-putin-russland-ukraine-merkel