Zeitkunst 08 15

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Zeitkunst Germany | Print July August 2015 Circulation: 200,000 ie Nachricht sorgte für Aufsehen im Kunstmarkt: Simon de Pury, ehemaliger Star-Auktionator von Philips, steigt im Herbst mit der Plattform „de Pury“ ins Online-Auktionsgeschäft ein. Er will digital pro- minente Sammlungen versteigern. Geplant sind zwei bis drei Events pro Jahr. Der ambitionierte Auktionator arbei- tet mit dem renommierten Londoner Traditionshändler Mallett zusammen, Anteilseigner der „Masterpiece“-Kunst- messe, und mit dem Schweizer Internet-Investor Klaus Hommels, der sich bereits an Facebook, Skype und Spo- tify beteiligt hat. „Das Internet ist im Moment die wichtigste He- rausforderung im Kunstmarkt“, sagt Simon de Pury. „Digital ist die neue Front- line, und dieses spannende Pro- jekt wird einen neuen Standard setzen. Wir ha- ben genau das richtige Know- how, um etwas Neues auf den Markt zu bri- ngen, das auf der Höhe der Zeit ist.“ Der Verzicht auf Print sei darüber hinaus ein öko- logisches Statement. Die Kosten für die Katalogprodukti- on und den Versand kommen letztendlich dem Kunden zu Gute. Denn Simon de Purys Käuferaufgeld soll im Preisbe- reich bis zwei Millionen Dollar lediglich 15 Prozent betra- gen. Andere Auktionshäuser verlangen 20 bis 25 Prozent. Die erste Auktion soll am 12. Oktober parallel zur Londo- ner „Frieze“ stattfinden. Rund 400 Lose der bekannten „Lambert Art Collection“ kommen dann unter den Ham- mer. Die Kollektion umfasst zeitgenössische Kunst und modernes Design sowie antike Möbel und Kunstobjekte aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Der Mix an Gemälden, Einrichtungsgegenständen und Fotografien ist im Vorfeld in einer prächtigen Ausstellung mit dem Titel „Eine visu- elle Odyssee“ zu sehen, die der französische Designer Jac- ques Grange inszeniert hat. Gezeigt wird die zweiwöchige Schau in Malletts Londoner Hauptquartier Ely House. Hier treffen dann ein Christopher-Wool-Gemälde auf chinesi- sche Möbel oder Design der 1930er auf ein Bild von Ri- chard Prince. Keine Frage: Online-Auktionen sind ein Wachstums- markt. Und immer mehr Spezialanbieter mischen in die- sem Markt mit. Zu den führenden Playern gehört das Berli- ner Start-Up Auctionata. Das Unternehmen, 2012 von dem gelernten Auktionator und ehemaligen Ebay- Mann Alexander Zacke und von dem Techno- logie-Fachmann Georg Untersalmberger mit finanzieller Unterstützung des Holtzbrinck-Ver- lags und der Otto-Gruppe gegründet, verstei- gert wöchentlich in Berlin-Spandau Kunst- und Luxusgüter und überträgt die Auktionen per Internet-Livestream aus den eigenen TV-Stu- dios in die ganze Welt. Mehr als 300 Exper- ten und Sachverständige begutachten im Vorfeld die angebotenen Kunstgegenstände kostenfrei und unverbindlich. Wie erfolgreich der Online-Handel in der Hauptstadt läuft, bewies das Haus jüngst: Eine museale, reich verzierte Musik- und Automatenuhr aus der Guangzhou-Werkstatt (spätes 18. Jahrhundert) erzielte am 20. Juni 2015 mit dem Zuschlag von 3,37 Millionen Euro einen Weltrekord für ein online versteigertes Werk asiatischer Kunst. Möglichkeiten zum Mitbieten gibt es bei Auctionata verschiedene: Diejenigen, die bei Auctionata noch live ein Gebot abgeben wollen, können bei der Auktion selbst vor Ort dabei sein. Wer aber gerade am anderen Ende der Welt sitzt und nicht schnell nach Berlin jetten möchte, bietet telefonisch mit. Oder der Kunde beteiligt sich mit einem simplen Knopfdruck am Computer oder am Smartphone. „Natür- lich bekommen wir Gebote im Vorfeld“, erklärt Luisa Els- ter, Senior PR-Managerin von Auctionata. „Doch es gibt eine recht große Anzahl an virtuellen Bietern beim Live- Stream. Wir beobachten, dass sie bei den höherpreisigen Objekten immer mehr aktiv sind. Die Hemmschwelle be- ziehungsweise die Angst vor dem Online-Bieten löst sich zunehmend auf. Besonders wichtig ist es uns daher, die richtigen Informationen bereitzustellen, um die Distanz zum Kunden zu verringern.“ Aufwendig produziert sind zum Beispiel die Live-Auktionen und die Berichterstat- tung im Nachhinein. Wie an einem Filmset wird hier Regie geführt. Redaktions- und Kamerateams fangen die Atmo- sphäre spannungsvoll ein und geben dem Kunden das Ge- fühl, unmittelbar dabei zu sein. Auch das Marketing der Firma passt hervorragend zu ihrem bis ins kleinste Detail durchkomponierten Auftritt. Kein Wunder also, dass „Sold. With Love.“ ihr Slogan ist. Das schätzt wohl auch Bernard Arnault, der soeben bei Auctionata mit seiner Groupe Ar- nault eingestiegen ist. 45 Millionen Dollar soll er in die Berliner Firma investiert haben. Insgesamt hat Auctio- nata seit der Gründung geschätzte 95,7 Millionen Dollar akquiriert. Arnault scheint als neuer Gesellschafter gut zu Auctionata zu passen, denn die Auktionsplattform hat ihr Luxussegment mit Schmuck, Uhren und Classic Cars in letzter Zeit stark ausgebaut. Auch traditionelle Auktionshäuser entdecken das digitale Geschäft. So betreiben das Auktionshaus Lem- pertz, der Sammler Christian Boros, der Startup-Investor Christoph Maire sowie als jüngster Partner das Münchner Auktionshaus Karl + Faber seit kurzer Zeit zusammen die Online-Plattform Artusiast. Dort bieten Auktionshäuser gebündelt ihre Nachverkaufsware an, also Kunst, die schon geprüft wurde und den Standards der Häuser entspricht. „Für die Auktionshäuser ist das ein zusätzlicher Vertriebs- kanal“, sagt eine Insiderin. Artusiast ist längst in Betrieb, zusätzliche Teilnehmer aber werden noch aufgenommen. www.depurydepury.com www.artusiast.com www.auctionata.com 0B 4A;8=4A )=C4A=47<4= D2C8>=0C0 14CA481C 48= 4864=4B 4A=B47BCD38> D< B48=4 D:C8>=4= ;8E4 8< =C4A=4C ID R14ACA064= 1 4A1BC >=;8=4 '8<>= 34 $DAH 784A <8C B48=4A A0D !82704;0 "4D<48BC4A 0C 30B #=;8=4D:C8>=B70DB D2C8>=0C0 <8C646AR=34C;4G0=34A .02:4

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July August 2015 Circulation: 200,000

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Pury“ ins Online-Auktionsgeschäft ein. Er will digital pro-minente Sammlungen versteigern. Geplant sind zwei bis drei Events pro Jahr. Der ambitionierte Auktionator arbei-tet mit dem renommierten Londoner Traditionshändler Mallett zusammen, Anteilseigner der „Masterpiece“-Kunst-messe, und mit dem Schweizer Internet-Investor Klaus Hommels, der sich bereits an Facebook, Skype und Spo-

tify beteiligt hat. „Das Internet ist im Moment die wichtigste He-rausforderung im Kunstmarkt“, sagt Simon de Pury. „Digital ist die neue Front-line, und dieses spannende Pro-jekt wird einen neuen Standard setzen. Wir ha-ben genau das richtige Know-how, um etwas Neues auf den

Markt zu bri-ngen, das auf der Höhe der

Zeit ist.“ Der Verzicht auf Print sei darüber hinaus ein öko-logisches Statement. Die Kosten für die Katalogprodukti-on und den Versand kommen letztendlich dem Kunden zu Gute. Denn Simon de Purys Käuferaufgeld soll im Preisbe-reich bis zwei Millionen Dollar lediglich 15 Prozent betra-gen. Andere Auktionshäuser verlangen 20 bis 25 Prozent. Die erste Auktion soll am 12. Oktober parallel zur Londo-ner „Frieze“ stattfinden. Rund 400 Lose der bekannten „Lambert Art Collection“ kommen dann unter den Ham-mer. Die Kollektion umfasst zeitgenössische Kunst und

modernes Design sowie antike Möbel und Kunstobjekte aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Der Mix an Gemälden, Einrichtungsgegenständen und Fotografien ist im Vorfeld in einer prächtigen Ausstellung mit dem Titel „Eine visu-elle Odyssee“ zu sehen, die der französische Designer Jac-ques Grange inszeniert hat. Gezeigt wird die zweiwöchige Schau in Malletts Londoner Hauptquartier Ely House. Hier treffen dann ein Christopher-Wool-Gemälde auf chinesi-sche Möbel oder Design der 1930er auf ein Bild von Ri-chard Prince.

Keine Frage: Online-Auktionen sind ein Wachstums-markt. Und immer mehr Spezialanbieter mischen in die-sem Markt mit. Zu den führenden Playern gehört das Berli-ner Start-Up Auctionata. Das Unternehmen, 2012 von dem gelernten Auktionator und ehemaligen Ebay-Mann Alexander Zacke und von dem Techno-logie-Fachmann Georg Untersalmberger mit finanzieller Unterstützung des Holtzbrinck-Ver-lags und der Otto-Gruppe gegründet, verstei-gert wöchentlich in Berlin-Spandau Kunst- und Luxusgüter und überträgt die Auktionen per Internet-Livestream aus den eigenen TV-Stu- dios in die ganze Welt. Mehr als 300 Exper-ten und Sachverständige begutachten im Vorfeld die angebotenen Kunstgegenstände kostenfrei und unverbindlich. Wie erfolgreich der Online-Handel in der Hauptstadt läuft, bewies das Haus jüngst: Eine museale, reich verzierte Musik- und Automatenuhr aus der Guangzhou-Werkstatt (spätes 18. Jahrhundert) erzielte am 20. Juni 2015 mit dem Zuschlag von 3,37 Millionen Euro einen Weltrekord für ein online versteigertes Werk asiatischer Kunst. Möglichkeiten zum Mitbieten gibt es bei Auctionata verschiedene: Diejenigen, die bei Auctionata noch live ein Gebot abgeben wollen, können bei der Auktion selbst vor Ort dabei sein. Wer aber gerade am anderen Ende der Welt sitzt und nicht schnell nach Berlin jetten möchte, bietet telefonisch mit. Oder der Kunde beteiligt sich mit einem simplen

Knopfdruck am Computer oder am Smartphone. „Natür-lich bekommen wir Gebote im Vorfeld“, erklärt Luisa Els-ter, Senior PR-Managerin von Auctionata. „Doch es gibt eine recht große Anzahl an virtuellen Bietern beim Live-Stream. Wir beobachten, dass sie bei den höherpreisigen Objekten immer mehr aktiv sind. Die Hemmschwelle be-ziehungsweise die Angst vor dem Online-Bieten löst sich zunehmend auf. Besonders wichtig ist es uns daher, die richtigen Informationen bereitzustellen, um die Distanz zum Kunden zu verringern.“ Aufwendig produziert sind zum Beispiel die Live-Auktionen und die Berichterstat-tung im Nachhinein. Wie an einem Filmset wird hier Regie geführt. Redaktions- und Kamerateams fangen die Atmo-sphäre spannungsvoll ein und geben dem Kunden das Ge-fühl, unmittelbar dabei zu sein. Auch das Marketing der Firma passt hervorragend zu ihrem bis ins kleinste Detail durchkomponierten Auftritt. Kein Wunder also, dass „Sold. With Love.“ ihr Slogan ist. Das schätzt wohl auch Bernard Arnault, der soeben bei Auctionata mit seiner Groupe Ar- nault eingestiegen ist. 45 Millionen Dollar soll er in die Berliner Firma investiert haben. Insgesamt hat Auctio-nata seit der Gründung geschätzte 95,7 Millionen Dollar akquiriert. Arnault scheint als neuer Gesellschafter gut zu Auctionata zu passen, denn die Auktionsplattform hat ihr Luxussegment mit Schmuck, Uhren und Classic Cars in letzter Zeit stark ausgebaut.

Auch traditionelle Auktionshäuser entdecken das digitale Geschäft. So betreiben das Auktionshaus Lem-pertz, der Sammler Christian Boros, der Startup-Investor Christoph Maire sowie als jüngster Partner das Münchner Auktionshaus Karl + Faber seit kurzer Zeit zusammen die Online-Plattform Artusiast. Dort bieten Auktionshäuser gebündelt ihre Nachverkaufsware an, also Kunst, die schon geprüft wurde und den Standards der Häuser entspricht. „Für die Auktionshäuser ist das ein zusätzlicher Vertriebs-kanal“, sagt eine Insiderin. Artusiast ist längst in Betrieb, zusätzliche Teilnehmer aber werden noch aufgenommen.

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