ZEITSCHRIFT DES DIRIGENTENFORUMS JULI 2014 · 2014. 7. 7. · in Koproduktion mit dem G. Henle...

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ZEITSCHRIFT DES DIRIGENTENFORUMS JULI 2014 Erster Deutscher Chordirigentenpreis geht an Manuel Pujol SEITEN 4 BIS 9 Erstmalige Zusammen- arbeit mit der Staatsoperette Dresden SEITEN 17 UND 18 Carus-Verlag vergibt „Bach vocal“- Förderpreise SEITE 23 37

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  • ZEITSCH RI FT DES DI RIGENTEN FORUMSJ U LI 2014

    Erster Deutscher Chordirigentenpreis geht an Manuel Pujol SEITEN 4 BIS 9

    Erstmalige Zusammen- arbeit mit der Staatsoperette Dresden

    SEITEN 17 U N D 18

    Carus-Verlag vergibt „Bach vocal“- Förderpreise

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  • Urtext der genialen Interpretation

    Breitkopf

    Ravels geniale kompositorische Interpretation ist bis heute die bekanntesteund eigenständigste Instrumentierung der „Bilder einer Ausstellung“. Alsder französische Komponist sich 1922 auf der Höhe seiner MeisterschaftMussorgskys Klavierzyklus zuwendet, steht Paris ganz im Bann der rus-sischen Musik. Ravels Orchestrierung, präzis im Partiturautograph notiert,ist von Anfang an erfolgreich. Jean-François Monnard, als Herausgeberbereits für die Breitkopf Urtext-Ausgaben von „Bolero“, „La Valse“ und„Rapsodie espagnole“ verantwortlich, legt einen bis in jedes Detail stim-migen Notentext vor. Die Neuedition räumt nicht nur mit vielen bislang unentdeckten Fehlernauf, sie bietet zudem eine Fülle von praktischen Informationen zur langenund facettenreichen Aufführungsgeschichte einschließlich der Metronom-angaben großer Dirigenten, die auf besondere Weise mit dem Werkverbunden waren.

    Modest Mussorgskij / Maurice RavelTableaux d’une Exposition(Bilder einer Ausstellung)hrsg. von Jean-François MonnardPB 5532 Partitur € 59,90

    Orchesterstimmen mietweise lieferbar

    EBENFALLS NEU IM „BREITKOPF URTEXT“

    Camille Saint-SaënsHavanaise E-dur op. 83 für Violine und Orchesterhrsg. von Christiane Strucken-PalandPB 15136 Partitur € 22,90 OB 15136 Streicher à € 3,90

    Harmoniestimmen € 26,90EB 11037 (HN 1037)

    Ausgabe für Violine und Klaviervom Komponisten € 13,–

    in Koproduktion mit dem G. Henle Verlag, München

    Die „Havanaise“ geht möglicherweise auf die Freundschaftdes Komponisten mit dem aus Kuba stammenden GeigerRafael Diaz Albertini zurück. So könnte es nahe gelegen haben,dass Saint-Saëns aus Sympathie zu seinem Musizierpartner aufdie Habanera, einen synkopierten langsamen Tanz aus Kubazurückgriff, als es 1887 darum ging, ein Werk für Diaz Albertinizu schreiben. Grundlage der ersten Urtext-Ausgabe des Werks ist der Erst-druck, den Saint-Saens vermutlich selbst überwacht hat.

    Robert SchumannOuvertüre zu Goethes „Hermann und Dorothea“ op. 136 hrsg. von Christian Rudolf RiedelPB 5320 Partitur € 28,–OB 5320 Streicher à € 4,80

    Harmoniestimmen € 42,–

    Die Ouvertüre ist das einzige kompositorische Ergebnis Schu-manns zu Goethes Versepos. Ursprünglich plante er eine ganzeOper, dann ein Singspiel, schließlich ein Oratorium – und dochentstand Ende 1851 in kürzester Zeit nur eine Orchesterparti-tur, die dann zu Lebzeiten ungedruckt blieb. Die markante the-matische Verwendung der Marseillaise ist dabei mehrfachmotiviert. Goethes Text spielt 1796, als die Liebenden vor denfranzösischen Revolutionstruppen fliehen, die Ereignisse desJahres 1848 hatte Schumann in Dresden unmittelbar miterlebt,und schließlich dürfte auch der Staatsstreich Louis Napoleonsam 2. Dezember 1851 seine Wirkung gezeitigt haben. Hauptquelle der Urtextausgabe von Schumanns „Revolutions-Ouvertüre“ ist das sorgfältig geschriebene Autograph.

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

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    Inhalt

    bei der Vergabe des ersten Deutschen Chordirigentenpreises haben sich die Besten der ersten Jahrgänge unserer Chordirigenten in einem Konzert mit dem RIAS Kammerchor präsentiert. Die Veranstaltung war nicht nur Abschluss und Höhepunkt der Förderung für die drei Finalisten, sondern rückte auch das Chordirigieren ins Rampenlicht. So freute uns ganz besonders das große Interesse der Fachwelt an der neuen Auszeichnung, die nun im zweijährigen Turnus vergeben werden soll. Auf den nachfolgenden Seiten berichten wir ausführlich zu diesem Thema.

    Eine weitere Premiere war die Zusam-menarbeit mit der Staatsoperette Dresden. Chefdirigent Andreas Schüller, selbst ehemals Stipendiat im DIRIGENTEN FORUM, bot an „seinem“ Haus ein Kursprogramm mit Auszügen aus verschiedenen Opern an. Neben dem Orchester der Staatsoperette wirkten auch Sänger des Ensembles mit, so dass sich die Kursteilnehmer mit den Schwierigkeiten der Sängerbeglei-tung auseinandersetzen konnten. Lesen Sie hierzu die Seiten 17 und 18.

    Auch bei unserem jährlich stattfi n-denden Operettenworkshop in der Musikalischen Komödie Leipzig stand die Arbeit mit Sängern im Fokus. Der im Abschlusskonzert des Work-

    shops vergebene Operettenpreis ging in diesem Jahr an Mihhail Gerts, der eine Assistenz und zwei Vorstellungs-dirigate bei einer Lehár-Produktion an der Muko gewann und somit das im Kurs Gelernte direkt anwenden konnte. Einen Bericht über Workshop, Preisver-gabe und Assistenz können Sie auf den Seiten 11 bis 13 lesen.

    Das vielfältige Kursprogramm reißt auch im Sommer nicht ab. Im Juli und August machen wir Station bei den Orchestern in Flensburg, Heidelberg und Dortmund und veranstalten darüber hinaus in Kooperation mit der Sommerakademie Mozarteum Salzburg einen Spezialkurs zu zeitgenössischer Musik mit dem oenm . österreichi-sches ensemble für neue musik und Johannes Kalitzke. So geht es nahtlos in die nächste Saison über, in der weitere spannende Kurse auf unsere Stipendi-aten warten. Eine Veranstaltungsüber-sicht fi nden Sie auf der Seite 29.

    Entspannte Sommertage und einen guten Start in die nächste Saison wünsche ich uns allen!

    Deutscher Chordirigentenpreis .......... 4

    Werkstatt Kristjan Järvi .......................10

    Operettenworkshop ..............................11

    Werkstatt Marc Piollet .........................14

    Deutsch-Russisches Dirigenten-Forum ................................. 15

    Dirigierkurs Neubrandenburg ............16

    Dirigierkurs Staatsoperette Dresden .................................................... 17

    Assistenzen .............................................19

    NDR Chor, MDR Rundfunkchor .........20

    Musikmesse ............................................ 21

    „Bach vocal“-Förderpreise ...................23

    Werkstatt María Guinand ...................25

    Stipendiaten ..........................................26

    Veranstaltungen ...................................29

    Personen .................................................30

    Maestros von Morgen ..........................32

    Kurz notiert .............................................33

    Impressum ............................................. 34

    Ihre

  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Der krönende AbschlussManuel Pujol gewinnt den ersten Deutschen Chordirigentenpreis. VON ESTH ER KLOSE

    Der 31-jährige Manuel Pujol schloss das Ende seiner För derung im DIRIGENTEN-FORUM mit dem Sieg beim ersten Deutschen Chordiri-gentenpreis ab. „Es waren drei intensive Probentage mit dem RIAS Kammerchor, in denen ich viel gelernt und erreicht habe. Beim Konzert selbst habe ich dann nicht mehr an den Wettbewerb gedacht, sondern nur noch genossen: die wunderbare Musik und den großartigen RIAS Kammer-chor“, so der frisch gekürte Preisträger. Manuel Pujols fokussierte Probenarbeit und das zugleich gelöste Moment seines Dirigats überzeugten die Jury unter dem Vorsitz von Prof. Jörg-Peter Weigle. Neben Weigle wirkten in der interna-tional besetzten Jury Joachim Buhrmann, Prof. Michael Gläser, Bern-hard Heß, Sigvards Klava, Prof. Stefan Parkman, Dr. Sabine Vorwerk und Dr. Christian Wildhagen mit.

    In seiner Begrüßungsrede ließ der Präsident des Deutschen Musik-rates Prof. Martin Maria Krüger die vergangenen sechs Jahre seit der

    Gründung des DIRIGENTEN-FORUM-Chor Revue passieren und unterstrich die Bedeu-tung des Deutschen Chordiri-gentenpreises sowohl für die profes sionelle als auch für die Laienchorszene.Die drei Finalisten Tobias Löbner, Manuel Pujol und Corne-lius Volke hatten sich durch ihre mehrjährige erfolgreiche Teilnahme am DIRIGENTEN-FORUM für das Finalkonzert in der Berliner Philharmonie quali-fi ziert. Als Gewinner, so betonte der Juryvorsitzende bei der Preisverleihung, verließen alle drei die Bühne. Eine Konzert-woche mit einem der weltweit führenden Profi chöre ist keine

    Selbstverständlichkeit für einen jungen Dirigenten und für sich gesehen schon ein großer Gewinn für jeden einzelnen der Finalisten. Und die Zeichen für den nächsten Karriereschub der drei Kandi-daten stehen gut, denn die Vergabe des ersten Deutschen Chordirigenten-preises stieß auf großes Interesse in der Fachwelt. Zahlreiche Intendanten, Chordirektoren und -manager, Künst-leragenten und Journalisten waren anlässlich des Ereignisses nach Berlin gereist, um sich einen Eindruck von der nachrückenden Chordirigentengene-ration zu machen. Ein abschließender Empfang, zu dem die preisstiftenden Verbände Deutsche Orchestervereini-gung (DOV) und Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) geladen hatten und der die jungen Diri-genten mit der Fachwelt in geselliger Runde in Kontakt brachte, rundete die erfolgreiche Premiere des Deutschen Chordirigentenpreises ab.

    Prof. Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrates, Tobias Löbner, Cornelius Volke, Manuel Pujol, Tobias Könemann, Geschäftsführer der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnen-tänzer (VdO), Andreas Bausdorf, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereini-gung (DOV) und Prof. Jörg-Peter Weigle, Vorsitzender der Jury (v.l.n.r.)

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    Manuel Pujol nimmt die Glückwünsche von Jury-vorsitzendem Prof. Jörg-Peter Weigle entgegen.

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    Jochen Hubmacher: Es wird spannend am kommenden Freitag, wenn in der Berliner Philharmonie der Deutsche Chordirigentenpreis vergeben wird. Zum ersten Mal überhaupt messen sich junge Chordirigenten auf Bundes-ebene bei einem Wettbewerb. Initiiert hat das ganze der Deutsche Musikrat im Rahmen seines Förderprogramms DIRIGENTENFORUM-Chor und die drei Finalisten bekommen es mit einem absoluten Weltklasseensemble zu tun: dem RIAS Kammerchor. Wer nachher die 5.000 Euro Preisgeld mit nach Hause nehmen darf, darüber entscheidet eine Jury aus Dirigenten und Musikjourna-listen. Juryvorsitzender ist Jörg-Peter Weigle, den ich hier jetzt im Studio begrüße:[…] Herr Weigle, Sie sind in der Chor-dirigentenausbildung aktiv tätig. Sie haben eine Professur für Chordirigieren an der Hochschule „Hanns Eisler“ in Berlin. Das DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates wurde vor gut 25 Jahren gegründet, damals, um jungen Orchesterdirigenten während der Hochschulausbildung ein Stück weit auf die Sprünge zu helfen, da ja immer das Problem herrscht, dass die eigentlich ganz wenig Praxis vor dem Orchester sammeln können. Sie müssen das Programm meistens mit Pianisten vorbereiten und dann dürfen sie vielleicht ein-, zwei-, oder wenn es hoch kommt dreimal im Semester das Hochschulorchester dirigieren. Existiert dieses große Problem, das es jetzt im Orchesterbereich nach wie vor noch gibt, auch für junge Chordirigenten? Haben die auch keine Möglichkeiten, sich auszuprobieren?

    Prof. Jörg-Peter Weigle: Das ist sehr unterschiedlich. In aller Regel haben die Hochschulen – sofern sie eine Lehrerausbildung haben – natürlich auch Chöre mit Studenten. Die Frage ist, welches Niveau hat diese Arbeit und

    welche Idee steht dahinter. Das heißt nicht auto-matisch, dass ein Laien ensemble oder ein Studen-tenensemble schlechte Arbeit macht oder eine schlechte Qualität hat, sondern bei den Chordirigenten muss man sehr genau defi nieren. Ein junger Chor klingt anders als ein alter Chor. Ein Gospelchor klingt anders als ein Oratoriumschor. Das heißt, der Chordirigent ist in vielen Fragen sehr viel spezifi scher unterwegs. Und das ist etwas, das wir versuchen, mit dem Programm an einem ganz bestimmten Punkt auszugleichen. Ich glaube nicht, dass die meisten Studie-renden während ihrer Studienzeit zu wenig Möglichkeit haben, vor dem Objekt zu stehen. Aber sie haben zu wenig Möglichkeiten, sich mit und an diesem Objekt zu entwickeln.

    Hubmacher: Jetzt ist ja das DIRIGEN-TENFORUM, also das Förderprogramm des Deutschen Musikrates für junge Orchesterdirigenten, seit Anfang der 1990er Jahre am Start. Noch relativ jung ist dieses DIRIGENTENFORUM-Chor. Seit 2008 werden dort speziell Chordirigenten gefördert. Unter anderem, indem man ihnen einen Mentor zur Seite stellt. Sie sind einer dieser Mentoren. Wie arbeiten Sie dort konkret mit Ihren Stipendiaten?

    Weigle: Es gibt mehrere Workshops, in denen zum Teil ganz gezielt und ganz spezifi sche Punkte des Chordirigenten-

    lebens angesprochen werden. In bin im Wesentlichen dafür verantwortlich, den Einstieg in dieses Programm zu machen, einen so genannten Auftakt. […] Dann besucht jeder Stipendiat verschiedene Kurse mit zum Teil unterschiedlichen Schwerpunkten: zum Beispiel für die Alte Musik oder Kurse mit roman-tischem Repertoire. Dann gibt es Kurse mit Rundfunkchören, zum Beispiel mit Stefan Parkman. Es gibt also eine Reihe von diesen speziellen Veranstaltungen, die auf dem Weg zum professionellen Dirigenten enorm wichtig sind.

    Hubmacher: Jetzt ist Höhepunkt und Abschluss dieses DIRIGENTENFORUM-Chor. Zum ersten Mal wird der Deut-sche Chordirigentenpreis verliehen. Was ist die Idee hinter diesem Preis?

    Weigle: Die Idee ist, dass dieses DIRI-GENTENFORUM das Chordirigieren fördern will in Richtung Professiona-lität, und zwar in Richtung professi-oneller Chöre – Opern- oder Konzert-chöre das spielt in dem Fall keine Rolle – und in Richtung professioneller Arbeit.

    Deutscher ChordirigentenpreisGespräch mit Prof. Jörg-Peter Weigle in der Sendung „Musikjournal“ im DeutschlandfunkVON JOCH EN H U BMACH ER

    Cornelius Volke am Pult des RIAS Kammerchores

    DEUTSCH LAN DFU N K, MUSI K JOU RNAL, 4. FEBRUAR 2014

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Natürlich ist ein Preis ein Preis und jeder möchte ihn gewinnen und soll ihn haben. Aber es wäre nicht dieser spezi-elle Preis, wenn man nicht vorherge-hend die Möglichkeit hätte, mit diesem überragenden Ensemble zu arbeiten und mit ihm zu kommunizieren. Eben nicht nur als Dirigent sondern auch in Gesprächen. Und so ist der Preis sicher-lich der Höhepunkt dieser gesamten mehrjährigen Arbeit, die wir mit den Stipendiaten hinter uns haben. Aber es ist auch ein Schritt und ein Weg hin in die professionelle Chorszene.

    Hubmacher: Wenn das Finale statt-fi ndet, dann werden drei Finalisten den RIAS Kammerchor dirigieren. Sie sind Juryvorsitzender. Was zeichnet denn für Sie einen guten Chordirigenten aus. Auf was werden Sie ganz besonders achten am Freitag?

    Weigle: Ich darf das ja sagen, worauf ich achte, weil ich Vorsitzender ohne Stimmrecht bin. Ich bin sozusagen der Moderator des Ganzen. Ich selber würde erstens sehr genau darauf

    achten, wie unter-schiedlich die drei Kandidaten in der Lage sind, die Klänge der verschiedenen stilistischen Rich-tungen zu erzeugen.

    Hubmacher: Also es sind verschiedene Werke aus verschie-denen Epochen auf dem Programm?

    Weigle: Ja, alle drei bekommen prak-tisch die gleichen Aufgaben. Also entweder ein Werk von Schütz oder eines von Schein, ein Stück von Scelsi und ein Stück von Schumann oder Mendelssohn. So dass es wirklich eine

    Vergleichbarkeit zwischen den Dreien gibt. Wer hat den spezifi schen Klang der unterschiedlichen stilistischen Richtungen am besten getroff en? Und zweitens: Wer wirkt im Moment sehr inspirativ? Bei wem wird möglicher-weise auch nur das abgeliefert, was man in den Proben gelernt hat? Bei wem ist das, was in den Proben erarbeitet worden ist, die Grundlage, um im Konzert dann noch einmal „einen draufzusetzen“? Also letztlich beobachte ich das, was dann am Ende des Tages – wie man heute so sagt – den professionellen Dirigenten wirklich ausmacht.

    Hubmacher: Wenn Sie mal Ihre eigenen Ausbildungsbedingungen aus den 70er Jahren – Sie haben in der damaligen DDR studiert – mit der Situation heute in Deutschland für junge Chordiri-genten vergleichen. Haben es diese leichter oder schwerer als damals?

    Weigle: Eigentlich will ich das gar nicht vergleichen. Auf der einen Seite glaube ich, ist es leichter, weil es so unendlich

    viele tolle Möglichkeiten gibt. Auf der anderen Seite ist es schwerer, weil es so unendlich viele tolle Möglichkeiten gibt. Von einem bestimmten Punkt an muss man sich möglicherweise gerade als Chordirigent spezialisieren. Ein „Allrounder“ hat es wahrscheinlich wirklich schwer. Jemand der sagt, ich will Alte Musik machen und der das sehr gut kann, wird sicherlich schnell zu Spitzenergebnissen und zu Spitzen-ensembles kommen. Wenn jemand sagt, ich will überhaupt nur Konzert- oder Rundfunkchöre dirigieren, der wird es vielleicht auch schaff en. Letztendlich kommt es auf die Persönlichkeit an und auf das, was diese Persönlichkeit mit sich selber vorhat. Was die musika-lischen Ziele dieser Persönlichkeit sind.

    Jörg-Peter Weigle, Juryvorsitzender beim 1. Deutschen Chordirigentenpreis, leitete den Rundfunkchor Leipzig, war Chefdirigent der Dresdner Philhar-monie sowie der Stuttgarter Philhar-moniker und leitete Produktionen an der Dresdner Semperoper sowie an der Komischen Oper in Berlin. Er ist Professor für Chordirigieren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin, wo er von 2008 bis 2012 Rektor war und seit April 2014 Kommissa-rischer Rektor ist. Er ist Künstlerischer Leiter des Philharmonischen Chores Berlin und langjähriges Mitglied im Beirat des DIRIGENTENFORUMs.

    DEUTSCH LAN DFU N K, MUSI K JOU RNAL, 4. FEBRUAR 2014

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    Manuel Pujol, Preisträger des 1. Deutschen Chordirigentenpreises, dirigiert den RIAS Kammerchor im Finalkonzert.

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    SWR 2 CLUSTER, 10. FEBRUAR 2014

    Stimmsensible Maestros

    Manuel Pujol: „Viele tolle Sachen haben sich während dieser Zeit ergeben. Der Kontakt zu professionellen Ensembles, die Betreuung durch renommierte Dirigenten. Diese Erfahrungen, die man im DIRIGENTENFORUM sammeln kann, fi nde ich großartig.“

    Obwohl es das DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates bereits seit vielen Jahrzehnten gibt, fand ein großes, öff entlichkeitswirksames Finale – fast ein Wettdirigieren – bisher nur für Orchesterdirigenten statt. Manuel Pujol vermutet, warum das so ist. Chordiri-gieren ist einfach nicht so glamourös.

    Manuel Pujol: „Ganz oft ist es bei Konzertchören so, dass man als Chorleiter oder Chordirektor den Chor einstudiert und dann kommt der Diri-gent mit dem Orchester und vollendet quasi die Arbeit. Dadurch rückt das Image des Chordirektors nicht so in den Fokus.“

    Der Deutsche Musikrat sah sich deshalb in der Pfl icht, die Arbeit der Chorleiter mehr in die Auf merksamkeit zu rücken. Der Chordirigentenwettbewerb mit einer hochkarätigen Jury war da ein wesentlicher Teil. Der Berliner Chorlei-tungsprofessor Jörg-Peter Weigle ist Vorsitzender der Jury.

    Jörg-Peter Weigle: „Wir haben das Geld für die Chordirigentenförderung in der Tat erst vor einigen Jahren zuge-sprochen bekommen und haben dann sofort angefangen, ein Programm aufzulegen, das an das Orchester-dirigentenprogramm angelehnt ist. Die Kandidaten bewerben sich mit DVDs. Von denen werden 15 zum Vordirigieren eingeladen. Daraus werden etwa drei bis fünf Kandidaten ausgewählt, die sich dann nach zwei Jahren erneut einer Jury stellen müssen. In diesen

    zwei Jahren haben sie verschiedene Meisterkurse besucht und Anregungen erhalten. Nach den zwei Jahren entscheidet dann eine Jury über die Aufnahme in die 2. Förderstufe.“

    Die drei Finalisten haben eigentlich alle gewonnen. Sie durften in der letzten Woche drei Tage lang mit dem RIAS Kammerchor proben, eine Gelegenheit, die für junge Dirigenten – egal mit welcher Vorerfahrung – selten ist. Der Chordirigent Tobias Löbner hat eben-falls davon profi tiert.

    Tobias Löbner: „Es ist in erster Linie sehr respekteinfl ößend, wenn man weiß, mit welchen Dirigenten der Chor sonst arbeitet und was er für eine Literatur singt. Man merkt dann immer wieder, dass man noch am Anfang steht.“

    Die Finalisten haben im Vorfeld des Konzerts proben geleitet, die gewisser-maßen mit Netz und doppeltem Boden stattfanden. Bei solchen angeleiteten Proben gibt es noch einen Dirigenten hinter dem Dirigenten, in diesem Fall Hans-Chris toph Rademann, Chefdiri-gent des RIAS Kammerchores. Rade-mann sekundierte und hatte noch einige Anmerkungen für sein Ensemble. Wenn man auf so eine Art mit einem Spitzenchor arbeitet und dabei noch das Proben selbst proben darf, mache man als Chordirigent Erfahrungen für das ganze Leben, sagt Tobias Löbner.

    Tobias Löbner: „Vieles bietet einem der Chor sofort an und auf einem Level, das einem jeder Laienchor vielleicht erst nach mehrmonatiger Arbeit anbieten würde. Das schärft die eigene Vorstel-lung. Hier arbeitet man auf einem hohen Niveau und das hilft auch bei der Arbeit mit den Laienchören, dort eben auch noch zuzulegen, sie weiter zu formen und zu vervollkommnen.“

    Es mag in Deutschland weitaus mehr Laien- als Profi chöre geben und die brauchen gute Dirigenten mit viel Erfahrung. Dennoch will das DIRIGEN-TENFORUM des Deutschen Musikrates mit seinem Chordirigentenpreis auch der professionellen Chorszene etwas Gutes tun. Deshalb ist es wichtig, wie ein Profi chor mit den jeweiligen Kandidaten klar kommt. Um das zu erfahren, hat die Jury auch ein Mitglied des RIAS Kammerchores in ihren Reihen, den Tenor Joachim Buhrmann. Die Doppelfunktion ist für ihn keine leichte Aufgabe.

    Joachim Buhrmann: „Man versucht natürlich auch den jungen Leuten gerecht zu werden. Man versucht, ihre Sprache zu lesen. Ihre Körpersprache und was sie sagen. Das fordert viel Aufmerksamkeit zusätzlich zur stimm-lichen Belastung, die extrem hoch ist. Und das waren drei anstrengende Tage.“

    Drei anstrengende Tage, die sich aber vor allem für Spitzenchöre in Deutsch-land auszahlen werden, betont Jörg-Peter Weigle.

    Jörg-Peter Weigle: „Wir haben in Deutschland, glaube ich, viele gute, zum Teil auch sehr gute Chordirigenten im Laienbereich und was uns fehlt, ist ein wirklich aussichtsreicher Nachwuchs, bei dem wir erkennen können, dass er in der Lage ist, über kurz oder lang mit den professionellen Chören zu arbeiten und sie auch geistig in neue Situationen zu führen bzw. sie auch geistig weiter-zuentwickeln.“

    Ein Resümee zum Deutschen Chordirigentenpreis. VON MATTH IAS NÖTH ER

    Der Beitrag wurde am 10. Februar 2014 in der Sendung SWR 2 Cluster gesendet. Mit freundlicher Genehmigung des SWR 2

  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Werkstatt der Meister von morgenVON ARN E REU L

    Seit 2008 fördert der Deutsche Musik rat mit dem DIRIGENTENFORUM-Chor ambitionierte Chordirigentinnen und -dirigenten. Derartige Programme sind dringend notwendig – denn das Angebot von Chorleitungsstudien-gängen an deutschen Hochschulen ist äußerst dürftig. „Beim Chordirigieren wünscht man sich jemanden, der mit seinem Körper, seinen Armen, mit seinen Händen, mit Gesicht und Augen ausdrücken kann, welchen Klang er sich vorstellt und wie er das Stück interpretieren möchte“, sagt die Sopranistin Judith Engel, die im Rundfunk-chor Berlin singt und mit vielen Weltklassediri-genten zusammenarbeitet. Außerdem hat sie durch die internationale Meisterklasse ihres Chefdirigenten Simon Halsey die Gelegenheit, viele junge Nachwuchsdirigenten in ihrer Entwicklung zu beobachten.Es gibt in Deutschland eine ganze Reihe von Workshops und Meisterkursen für ambitionierte ChorleiterInnen. Dennoch: Wenn es um die Besetzung der Spitzenpositionen bei Rund-funk- und Opernchören geht, steht es mit geeigneten BewerberInnen aus Deutschland nicht zum Besten. „Uns fi el auf, dass bis auf wenige Ausnahmen keine Dirigenten am Pult der Rund-funkchöre stehen, die aus Deutschland stammen oder hier studiert haben. Dabei gibt es genug Talente“, erläutert

    Bernhard Heß, der Chormanager des RIAS Kammerchors.Tatsächlich liegt ein Teil des Problems an der unzureichenden Ausbildung in den Musikhochschulen. […] „Die Ausbildung an deutschen Hochschulen ist nicht darauf ausgelegt, professio-nelle Chordirigenten hervorzubringen, sondern mit Schulchören oder Ensem-

    bles bis zum gehobenen Laienbereich zu musizieren“, sagt Jörg-Peter Weigle. Als Professor für Chordirigieren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin hat Weigle einen guten Einblick in das Hochschulwesen Deutschlands. Weigle arbeitet zudem mit vielen Spit-zenensembles. So war er in den 80er Jahren Leiter des Rundfunkchors Leipzig und gastiert regelmäßig bei anderen deutschen Rundfunkchören. Seit 2003 leitet er den Philharmonischen Chor Berlin. Darüber hinaus engagiert sich Weigle im Beirat des DIRIGENTEN-FORUMs des Deutschen Musikrats. Hier sollen junge DirigentInnen gefördert werden, deren explizites Ziel es ist, eines Tages ein Spitzenensemble zu leiten. Das DIRIGENTENFORUM hat ein

    eigenes Ausbildungskonzept entwi-ckelt. Pro Jahr bewerben sich etwa 25 bis 35 NachwuchsdirigentInnen mit einer DVD, die Kostproben ihres Dirigats zeigt. Etwa 15 von ihnen werden zum Probedirigieren eingeladen und müssen mit einem Ensemble Chormusik verschiedener Stilrichtungen erarbeiten. Erfahrungsgemäß kommen sechs bis acht KandidatInnen durch und müssen dann die Jury davon überzeugen, dass sie auch mit chorsinfonischer Musik umgehen können. Wer auch hier musi-kalisch punkten kann, ist im Förder-programm des DIRIGENTENFORUMs aufgenommen. In der zweijährigen 1. Förderstufe arbeiten die Stipendiat-Innen mit professionellen Ensembles unter Anleitung namhafter Maestros. Den Start macht der „Auftakt Berlin“, wo drei bis vier junge DirigentInnen mit dem Philharmonischen Chor von Jörg-Peter Weigle arbeiten. Hier werden bewusst noch einmal die Grundlagen rekapituliert: „Wir arbeiten vor allem an drei Punkten“, erläutert Weigle. „A: Proben-Methodik – Wie man schnell zum Ziel kommt. B: Wie verwirkliche ich meine Klangvorstellung? Und C: Diri-gentisches Handwerk. Wie kann ich mit möglichst wenig verbalem Aufwand den größten Teil meiner Interpretati-onsvorstellungen im Chor umsetzen?“Tobias Löbner, Manuel Pujol und Corne-lius Volke gehören zu den Kandidaten, die auch in den Genuss der 2. Förder-stufe gekommen sind. Außerdem schaff ten sie es, als Finalisten beim Sonderkonzert des RIAS Kammerchors für die Auslobung des 1. Deutschen Chordirigentenpreises anzutreten. In den vergangenen Jahren brachte sie das DIRIGENTENFORUM unter anderen mit dem RIAS Kammerchor, den Rundfunk-chören des NDR und MDR sowie mit Opernchören in Berlin, Frankfurt und Wien zusammen. Angeleitet wurden sie dabei von herausragenden Künstler-

    Meisterkurs mit dem RIAS Kammerchor 2013: Peter Dijkstra und Stipen-diat Manuel Pujol

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    persönlichkeiten wie Stefan Parkman, Peter Dijkstra, Howard Arman, Philipp Ahmann, Hans-Christoph Rademann oder Georg Grün.Die Stipendiaten betonen dabei ganz unterschiedliche Vorzüge. Cornelius Volke hebt den Kontakt zu den Spit-zenensembles hervor und dass ihm die genannten Dirigenten nun als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Tobias Löbner hingegen meint: „Jeder Chor hat seinen eigenen Klang und jeder Dirigent, mit dem man arbeitet, hat seine eigenen inter-pretatorischen Vorstellungen. Aus all dem kann man für sich das Beste heraus-nehmen. So wächst man weiter und identifi ziert sich immer stärker als Chordiri-gent.“ Noch konkreter wird Jörg-Peter Weigle: „Unsere große Hoff nung ist, dass durch diese Begegnungen professionelle Ensembles sagen: ‚Den können wir uns für diese oder jene Arbeit vorstellen'“.Mit Werken von Heinrich Schütz bis hin zur Musik des italienischen Avantgarde-Komponisten Giacinto Scelsi war das Programm des 1. Deutschen Chordiri-gentenpreises bewusst vielschichtig konzipiert. Vergleichsmöglichkeiten gab es, weil alle drei Teilnehmer jeweils ein Stück aus Mendelssohns „Lieder im Freien zu singen“, Schumanns „Vier doppelchörige Gesänge“ und Scelsis „Tre canti sacri“ mit dem RIAS Kammer-chor interpretieren mussten.Das mit Abstand größte Gespür für die Musik des 17. Jahrhunderts hatte Cornelius Volke, der mit „Drei schöne Dinge“ von Johann Hermann Schein

    eine Motette präsentierte, die man sich vitaler und musizierfreudiger kaum vorstellen kann. Interessant war es auch zu beobachten, dass gerade die bekannten Chorstücke von Mendels-sohn und Schumann ihre Tücken haben.Gefordert ist hier ein Ton, der die romantische Volkstümlichkeit der Stücke einfängt, gleichzeitig aber eine gute Textverständlichkeit garan-tiert und dennoch die Bewahrung eines transparenten Klangbildes gewährleis tet. An der Kunst, dies alles

    in Einklang zu bringen, hatten alle drei Kandidaten ihre kleineren Schwie-rigkeiten. Schließlich gab es noch die besondere Herausforderung, jeweils eines von Scelsis diffi zilen, gleichwohl ätherischen „Tre canti sacri“ zu inter-pretieren. Das genaue Heraushören und Darstellen von Nuancen ist bei dieser Musik mit ihren Glissandi und Vierteltönen wahrlich eine Aufgabe für Spitzendiri gent Innen und Spitzenen-sembles. Insgesamt war es erstaunlich, wie der RIAS Kammerchor die selben Komponisten durch individuellen Zugriff und Lesart der Dirigenten jeweils unterschiedlich zu Gehör brachte. „Man kann dem Chor seine Vorstellung unmittelbar vermitteln und der Chor spiegelt einem das direkt

    wider“, beschreibt Löbner seine Erfah-rung mit den Profi sängern. Schließlich durfte Manuel Pujol, der insgesamt am souveränsten auftrat und damit als Gewinner des Chordirigentenpreises hervorging, noch Bachs „Singet dem Herrn ein neues Lied“ mit dem RIAS Kammerchor musizieren.Die vergangenen vier Jahre beim DIRI-GENTENFORUM resümiert Pujol ganz unbescheiden so: „Ich habe gelernt, was es heißt, mit einem Profi ensemble zu arbeiten und habe auch meine Schwä-

    chen erkannt. Ich weiß jetzt, wo ich besser und schneller sein kann. Alle diese Erfah-rungen konnte ich in diesem unbeschwerten Rahmen sammeln. Sich selbst auszu-probieren, dafür ist das DIRIGENTENFORUM eine große Bereicherung.“ Cornelius Volke hingegen plant, die entstandenen Kontakte und Möglich-keiten im Opernbereich zu nutzen. Dass er sich mit den Profi chören des DIRIGENTENFORUMs fast ausschließlich um Inter-pretationsfragen kümmern konnte, hat er besonders genossen.Gleichwohl: Für die langjäh-rige Rundfunkchor-Sängerin

    Judith Engel sind Persönlichkeit und Aura eines Dirigenten neben dem hand-werklichen Können von mindestens so großer Bedeutung. „Ich arbeite am liebsten mit Dirigenten“ resümiert sie, „die ein natürliches Selbstbewusstsein verkörpern. Da gibt es etwas, was von einer inneren Kraft herrührt – man sieht dann einfach: Der ist eins mit seinem Körper! Das ist ein bisschen wie beim Tanz, das erreicht mich auch nur, wenn sozusagen eine innere Botschaft mitschwingt. Und diese Begabungen müssen einfach entdeckt werden.“ Denn ohne gezielte Förderung haben auch die größten Talente kaum eine Chance. Das DIRIGENTENFORUM-Chor erfüllt hier eine unentbehrliche Aufgabe.

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    Tobias Löbner beim 1. Deutschen Chordirigentenpreis in der Berliner Philharmonie

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Künstlerische Leitung: Kristjan Järvi | MDR Sinfonieorchester | 9. bis 14. Dezember 2013

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    Solist Wayne Marshall

    Felix Bender bei der Probenarbeit mit dem MDR Sinfonieorchester

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    Ciarán McAuley Chin-Chao Lin

    Kristjan Järvi und Chin-Chao Lin

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    Augen-Blicke machen Musik

    In der Musikalischen Komödie beginnt das Jahr am Samstag mitt-lerweile schon taditionell mit dem Abschlusskonzert des Operettenwork-shops junger Dirigenten. 2014 bereiten sich fünf außergewöhnliche Talente auf die Leitung des Orchesters vor, so Roland Seiff arth.Sie reißt die Augen weit auf, wirft ihren Blick nach links. Die beiden Operet-tensänger stimmen im Duett roman-tische „Rosenknospen“ an. Die Lider von Giedre Slekyte senken sich über die blauen Iriden. Ihre Brauen ziehen sich zu einer fast geschlossenen Welle zusammen. Während das Orchester dem ruhig-eleganten Schwung des Taktstocks der jungen Leipziger Studentin folgt. Das Zusammenspiel mit dem 40-köpfi gen Orchester der Musikalischen Komödie und den Sängern scheint zu funktionieren. Die Anspannung weicht für einen Moment aus dem Blick. Ein Lächeln zeichnet sich im ganzen Gesicht der 24-Jährigen ab. Der Körper spielt ihr Instrument – das Orchester – und in Augen-Blicken spie-gelt sich auch die Stimmung der Musik. Bis Roland Seiff arth von der Seite des Proberaums in der Leipziger Oper regelrecht hereinspringt und fast das Dirigieren übernimmt. Dann unter-bricht der MuKo-Ehrendirigent. „Da dia, da dia dia, so muss es sein“, sagt der 73-Jährige. […] Die Studentin lächelt und nickt. Freundlich bittet sie das Orchester um einen neuen Versuch, bei Takt 52 des Stücks von Franz Lehár aus „Die lustige Witwe“.„Auch wieder so ein schweres Stück, warum habe ich gerade das rausge-sucht“, fragt Seiff arth halblaut, als er sich wieder auf seinen Stuhl setzt, auf

    dem der Vollblut-Operetten-Dirigent nie ruhig bleiben kann. Mit jeder Faser seines Körpers geht er bei jedem Takt mit. Die schweren Stücke hat er vermutlich gewählt, weil er hier die besten Nachwuchstalente vor sich hat. „Die Teilnehmer des DIRIGENTEN-FORUMs sind aus über 60 Bewerbern ausgewählt worden“, wie die Assis-tentin der Projektleitung des Deutschen Musikrates, Esther Klose, sagt.Dabei sind längst nicht mehr alle Studenten. Mihhail Gerts etwa ist bereits Kapellmeister an der Nati-onaloper Estland. „In diesem Jahr

    sind es fünf ganz wunderbare junge Dirigenten“, sagt Seiff arth. Die ganz unterschiedlich begabt und in ihren Persönlichkeiten seien – aber alle „sehr gut“. Obwohl der Operettenworkshop mittlerweile im 17. Jahr stattfi ndet, diese Talente hob der Fachmann hervor. Die Dirigenten im Alter zwischen 22 und 29 Jahren haben ihren Lebens-mittelpunkt im deutschsprachigen Raum. Das ist Voraussetzung, um als Stipendiat ins DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates aufgenommen zu werden. Das hat sich die Förde-rung junger Dirigenten zur Aufgabe gemacht und vergibt zusammen mit der Oper Leipzig in diesem Jahr

    den 6. Deutschen Operettenpreis im Rahmen des Abschlusskonzerts. Zudem lässt die Leipziger Volkszeitung einen Publikums preis wählen. „Manchmal deckt sich das Urteil der Fachjury und Zuhörern, manchmal auch nicht“, so Klose vom Deutschen Musikrat.Das Konzert, mit dem der Operetten-workshop abschließt, ist inzwischen zur Institution an der MuKo gewachsen. „Das ist wichtig. Die jungen Dirigenten haben bei ihrer heutigen Ausbildung kaum die Chance, Operette zu lernen“, betont Seiff arth, der sich seit über 50 Jahren mit dem Genre befasst.

    Dabei ist es gerade die Operette, die viele junge Dirigenten beim Einstieg in die Arbeitswelt spielen müssen.So selten eine Gelegenheit, desto intensiver wird sie genutzt – wie diese vier Tage. Die fünf Teilnehmer sind begeistert, beraten sich untereinander, gehen bei jedem Stück mit. „Es ist faszinierend, wie Roland Seiff arth gleich spürt, wenn etwas nicht stimmt“, sagt Slekyte, die

    an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater studiert. Es bringe etwas auf lange Sicht, denn in so kurzer Zeit, könne gar nicht alles aufgenommen werden. Die Herausforderung der Operette ist groß. Doch das Orchester kennt fast schon das ganze Programm – im Gegen-satz zu den jungen Dirigenten. Der Vorteil: Wenn ein Takt zu schnell vorge-geben wird, dann unterstützen auch die Musiker der MuKo mit freundlichem Rat. Manchmal einfach mittendrin mit einem Blick. „Beim Konzert müssen die Augen mitspielen – auf jeden Fall“, sagt Slekyte. Es sind die Augen(-)Blicke, die Musik machen.

    Fünf Talente dirigieren in der Musikalischen Komödie um den Operettenpreis. VON MATTH IAS PÖLS

    Roland Seiff arth, Chin-Chao Lin, Mihhail Gerts, Giedre Slekyte, Hermes Helfricht und Sergey Simakov (v.l.n.r.)

    LEI PZIGER VOLKSZEITU NG, 10. JAN UAR 2014

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    LEI PZIGER VOLKSZEITU NG, 13. JAN UAR 2014

    Richtig gut ist richtig schwer

    Am späten Samstagabend steht in Leipzigs Musikalischer Komödie der Gewinner fest: Mihhail Gerts erhält den zum sechsten Mal vergebenen „Deut-schen Operettenpreis für junge Diri-genten“ der Oper Leipzig in Zusammen-arbeit mit dem DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates.

    Damit darf sich der 1984 geborene Este auf eine Assistenz und ein Gastdirigat bei der MuKo-Produktion von Lehárs „Die lustige Witwe“ im März freuen.Die Wahl des Gewinners war alles andere als leicht. Denn die fünf Teil-nehmer des diesjährigen Workshops erweisen sich im Abschlusskonzert im gestopft vollen Haus Dreilinden

    durchweg als höchst talentierte Operet-tendirigenten.Bettina Volksdorf führt durch den Abend, und ein bisschen dick trägt die Moderatorin schon auf, wenn sie anfangs verkündet, die Operette sei das Schwierigste, was es zu dirigieren gebe. Dem möchte man gerne widersprechen, aber ein Körnchen Wahrheit fi ndet sich dennoch: Es ist richtig schwer, dieses Musikgenre richtig gut zu dirigieren, zumal im Gegensatz beispielsweise zu Neuer Musik, jeder, wirklich jeder hört, wenn mal was nicht funktioniert. Hier setzt die Musikalische Komödie Leipzig hohe Maßstäbe.Dass das hiesige Orchester Operetten richtig gut spielen kann, hat es vor allem Roland Seiff arth zu verdanken, der dem MuKo-Klangkörper nach seinem Wechsel in den wohlverdienten Ruhestand immer noch als Ehrendiri-gent verbunden ist. Auch 2014 leitet Seiff arth den mittlerweile 12. Operet-tenworkshop im Leipziger Westen und bricht hier eine weitere Lanze für die andernorts leider allzu oft stiefkindlich behandelte kleine Schwester der Oper.Fünf junge Menschen aus Deutschland, Russland, Estland, Litauen und Taiwan haben die diesjährige Chance genutzt, einige Tage mit einem Berufsorchester

    und einem erfahrenen Dirigenten zu arbeiten und sich dem schweren Genre der leichten Muse professionell zu nähern. Nun stellen sie sich dem Urteil der Jury, die unter dem Vorsitz des Diri-genten Manfred Mayrhofer den Chefdi-rigenten und Musikalischen Oberleiter der Musikalischen Komödie Stefan Diederich, den Theaterwissenschaftler Stefan Frey, den Ehrendirigenten Roland Seiff arth sowie die Kammersängerin Regina Werner-Dietrich vereint.Ein schöner Gala-Abend wird es mit den abwechselnd von den Teilnehmern dirigierten Schmankerln der Operet-tenliteratur, ein Genuss wird es mit dem glänzend aufspielenden Orchester der Musikalischen Komödie sowie den Gesangssolisten Lilli Wünscher, Bénédicte Hilbert, Anne-Kathrin Fischer, Milko Milev, Radoslaw Rydlewski und Andreas Rainer.Doch nicht nur das Votum der Jury ist gefragt, auch das Votum im rappel-vollen Saal hat Mitspracherecht, denn die Leipziger Volkszeitung vergibt erneut einen Publikumspreis. Und auch hier wird schnell off ensichtlich: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Denn talen-tiert sind die Kandidaten wirklich alle und bringen überdies jeweils ein ganz persönliches Profi l mit.

    „Deutscher Operettenpreis für junge Dirigenten“ und LVZ-Publikumspreis in der Musikalischen KomödieVON BI RGIT H EN DRICH

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    Preisträger Mihhail Gerts

    Die Kursteilnehmer lassen sich mit dem Orchester und den Solisten der Musikalischen Komödie vom Leipziger Publikum feiern.

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    So ist der Schlag des jungen Russen Sergey Simakov wohl der geschmei-digste, auch wenn die Ouvertüre zu Johann Strauß‘ „Zigeunerbaron“ in seiner Liebe zum Detail etwas kleinteilig gerät und den Schwung vermissen lässt, den er im zweiten Programmteil in Robert Stolz‘ „Ob blond, ob braun“ nachliefert.Hermes Helfricht, 21, kommt aus Radeul, studiert derzeit in Berlin und entle-digt sich seiner Aufgabe mit Bravour. Achtsam, sinnlich, elegant und fein-fühlig koordiniert er das Zusammen-spiel von Orchester und Bariton Milev in Millöckers Auftrittslied des Ollendorf aus „Der Bettelstudent“ und erntet für die Ouvertüre zu „Leichte Kavallerie“ von Franz von Suppé nach der Pause einen vehementen Bravoruf und viel Applaus.Besonders reichlichen Beifall erhält auch Giedre Slekyte aus Litauen. Dabei hätte man sich auch von der jungen Dame, die so inspiriert und mit kompetenter Grazie „Die Unschuld vom Lande“ aus Strauß‘ „Die Fledermaus“

    dirigiert, eine zweite Kostprobe ihres Könnens vor der Pause und damit vor der Abgabe der Publi-kums-Stimmzettel gewünscht – die anderen vier Kandidaten hatten diese Gelegenheit.Chin-Chao Lin beispielsweise kann dadurch seine Wandlungs-fähigkeit beweisen, wenn er auf den lockeren, lässigen fast groo-vigen Hüftschwung in „Wenn du mich sitzen lässt“ aus Emmerich Kálmáns „Die Zikusprinzessin“ zurückhaltende Eleganz in Strauß‘ „An der schönen blauen Donau“ folgen lässt.Mihhail Gerts schließlich hat in seiner Heimat Estland bereits Operetten dirigiert und nach eigenem Bekunden in Leipzig „Tradition gelernt“. In Strauß‘ Ouvertüre zur „Fledermaus“ lässt er entsprechend souverän die Violinen silbrige Fäden spinnen und später alle in mitreißendem Schmiss auftrumpfen – der Preisgewinn ist verdient, und der Applaus begeistert wie anerkennend.Ihr Herz hat die Zuhörerschaft aller-

    dings an einen anderen Teilnehmer verschenkt: Den LVZ-Publikumspreis, Kulturchef Peter Korfmacher übergibt dem Gewinner neben der Urkunde Noten der Operette aller Operetten, Johann Strauß‘ „Die Fledermaus“, und Alain Lombards Maßstäbe setzende Einspielung von Off enbachs „La Péri-chole“, nimmt am späten Samstag-abend nach einer denkbar knappen Entscheidung der Taiwanese Chin-Chao Lin mit nach Hause. […]

    Chin-Chao Lin erhielt den LVZ-Publikumspreis.

    LEI PZIGER VOLKSZEITU NG, 13. JAN UAR 2014

    Wiedersehen in LeipzigFür Mihhail Gerts, den Gewinner des diesjährigen Operettenpreises für junge Dirigenten, gab es im Frühjahr ein Wiedersehen mit dem Ensemble der Musikalischen Komödie Leipzig. Die Auszeichnung, die ihm im Rahmen des Operettenworkshops von Oper Leipzig und Deutschem Musikrat verliehen wurde, beinhaltete eine Assistenz bei der Neuproduktion von Franz Lehárs „Die lustige Witwe“, die von Georg Fritzsch geleitet wurde. Für Mihhail Gerts, der bereits seit einigen Jahren als Kapellmeister an der Nationaloper Estland tätig ist, bot sich hier die Möglichkeit, sein Operettenrepertoire zu erweitern. Als Mentor konnte Georg Fritzsch, der selbst von 1992 bis 1997 Stipendiat im DIRIGENTENFOURM war und sich seit 2003 als Künstlerischer Leiter für die nachwachsende Dirigentengeneration

    engagiert, seinem jungen Assistenten wertvolle Tipps geben, wie man die Herausforderungen der Operette am besten meistert. So leicht und vergnügt die Lehárschen Ohrwürmer wie „Da geh‘ ich zu Maxim“ und das anrührende Liebesduett „Lippen schweigen“ auch klingen, mit seinen zahlreichen Rubati und Accelerandi erfordert es vom Dirigenten technisches Geschick und höchste Konzentration. Das Orchester der Musikalischen Komödie Leipzig ist auf dieses Genre spezialisiert, was die Arbeit für Mihhail Gerts noch reiz-voller machte. In Gesprächen mit den einzelnen Ensemblemitgliedern erhielt er immer wieder konstruktive Hinweise und erlebte im Haus der Musikalischen Komödie ein Stück deutsche Operetten-tradition. Als Abschluss seiner Assistenz dirigierte er selbst zwei erfolgreiche Vorstellungen der „Lustigen Witwe“.

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    Lilli Wünscher als Hanna Glawari und Radoslaw Rydlewski als Graf Danilo in Franz Lehárs „Die lustige Witwe“ an der Musika-lischen Komödie Leipzig

  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    RH EI N-ZEITU NG, 23. JAN UAR 2014

    Eine Feuerprobe für vier künftige Maestri

    Ein Höllenlärm. Nicht umsonst stellt sich diese Assoziation bei der Besu-cherin ein, als sie sich an diesem Vormittag dem großen Saal des Görres-hauses nähert. Drinnen geht es wirklich infernalisch zu bei der Tanzorgie im Palast des Königs Kastschej in der zweiten Suite Igor Strawinskys zu seinem Ballett „Der Feuervorgel“. Zauberkräftig entfacht der märchen-hafte Vogel diese Orgie, als ihn der in den Palast eingedrungene Iwan Zare-witsch mittels einer goldenen Feder um Hilfe gegen den bösen König und seine dämonischen Diener bittet.Die Suite steht, neben Debussys „La Mer“, dem „Prélude à l’après-midi d’un faune“ und der Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 von Johannes Brahms, auf dem Probenplan der Dirigierwerkstatt. Veranstaltet wird sie vom DIRIGEN-TENFORUM des Deutschen Musikrates und ist eine von mehreren Fördermaß-nahmen für die Maestri von morgen.Die Rheinische Philharmonie nimmt daran teil und bietet jungen Dirigenten die Möglichkeit, unter fachkundiger Anleitung fünf Tage lang mit einem Profi orchester in großer Besetzung zu arbeiten. Eine Chance, die sich während des Studiums eher selten bietet. „Da dirigieren wir meist nur ein Klavier oder einen Flügel“, sagt Felix Bender

    und lacht. Er ist einer der vier Teilnehmer des Meister-kurses und derzeit erster Kapellmeis ter am Städtischen Theater Chemnitz.Sein Kollege, der aus Italien stammende Daniele Squeo, der, wie Bender und Vladimir Yaskorski, in Weimar […] studierte beziehungsweise noch studiert, hat gerade die alles andere als einfache Aufgabe, beim „Danse infernale“ für musikalische Ordnung zu sorgen. Die rhythmische Struktur dieses Tanzes, das In- und Miteinander ungewöhnlicher Taktarten, harte, fast brutale Ostinato-Partien, heftigste Tutti-Ausbrüche nach fl irrenden Streicherpassagen machen ihn zu einer vertrackten Aufgabe für Orchester und Dirigenten.Squeo kämpft, man sieht es ihm an, gibt sich alle Mühe, die Fäden in der Hand zu behalten, aufmerksam beobachtet von dem 1962 in Paris geborenen Marc Piollet, der den Meisterkurs betreut. Bis 2012 war er Generalmusikdirektor in Wiesbaden und arbeitet seitdem freischaff end, mit international renommierten Orchestern und Solisten. „Ich wollte einfach wieder mehr Zeit und Energie allein fürs Künst-

    lerische und nicht für die Verwaltungsaufgaben aufwenden.“Seit Jahren setzt er sich intensiv auch für die Förderung des Dirigen-tennachwuchses ein. 1995 erhielt er selbst als einer der ersten den Preis des DIRIGENTEN-FORUMs des Deutschen Musikrates. „Gerade zu Beginn einer Karriere sind Starthilfen wie die Dirigierwerkstatt,

    wie Orchesterassistenzen ungeheuer wichtig, um bei der Arbeit mit guten Orchestern wie der Rheinischen Phil-harmonie Erfahrungen zu sammeln, Sicherheit zu gewinnen.“ Ab und zu unterbricht Piollet die Probe, weist Squeo beispielsweise darauf hin, die Celli nicht zu vernachlässigen, nimmt ihn in der Pause zur großen Manöverkritik beiseite. „Du musst immer bei deinem Tempo bleiben, selbst in den dramatischen Momenten, darfst nicht schneller werden oder dem Orchester vorauseilen. Die Musiker brauchen eindeutige Zeichen und Ansagen, dann fi nden sie auch in schwierigen Passagen zusammen.“Währenddessen studiert Felix Bender die Partitur. „Ich habe gerade erfahren, dass ich jetzt gleich, in Abänderung des Probenplans, den dritten Satz vom ‚Feuervogel‘ dirigieren soll, da muss ich noch mal in die Partitur schauen.“ Alle vier Beteiligten – Vierter im Bunde ist Christian Weidt, der nach dem Studium […] in Mannheim gegenwärtig in Kaiserslautern verschiedene Orches ter leitet – müssen sich mit allen vier Werken, die auf dem anspruchsvollen Programm der Dirigierwerkstatt stehen, auseinandersetzen. „Ich wollte bewusst kein rein klassisches oder romantisches Programm“, erklärt Piollet. […]

    Nachwuchsdirigenten arbeiten beim Meisterkurs mit der Rheinischen Philharmonie. VON LI ESELOTTE SAU ER-KAU LBACH

    Marc Piollet und Christian Weidt im Gespräch

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    I NTERNATIONALES

    Im Rahmen der diesjährigen „Musik-festtage an der Oder“ fanden erstmals zwei internationale Dirigierkurse statt, an denen neben Stipendiaten des DIRIGENTENFORUMs Studenten des Moskauer Tschaikowsky-Konservato-riums teilnahmen. Bei einer Dirigier-werkstatt mit dem Brandenburgischen Staatsorchester erarbeiteten die insge-samt vier Kursteilnehmer ein sowohl facettenreiches als auch anspruchs-volles Konzertprogramm mit Werken von Beethoven, Brahms, Prokofjew und Strauss. Chefdirigent Howard Griffi ths stand den Kursteilnehmern als Mentor zur Seite und fokussierte neben den rein musikalischen Aspekten auch die Probenmethodik der einzelnen Kandidaten und den Austausch der jungen Dirigenten untereinander. Wie sieht die Dirigierausbildung in den verschiedenen Ländern aus? Wie sind die Möglichkeiten für Studie-rende, berufspraktische Erfahrungen zu sammeln und mit professionellen Orchestern zusammenzuarbeiten? Wie werden die Berufsaussichten für ange-hende Dirigenten auf dem Musikmarkt eingeschätzt? Diese und weitere Fragen über die kulturellen Verhältnisse der Herkunftsländer bestimmten neben dem Austausch über die individuelle Herangehensweise an das Konzertpro-gramm die Gespräche untereinander. Sergey Simakov, Stipendiat im DIRIGEN-TENFORUM, übernahm dabei gleich eine weitere Funktion, denn er konnte als Übersetzer einspringen, wenn sprachliche Probleme den Austausch erschwerten.Die internationale Begegnung im Rahmen des Dirigierkurses korrespon-dierte thematisch sehr gut mit dem Anliegen des traditionsreichen deutsch-polnischen Festivals „Musikfesttage an der Oder“, das sich als eine grenzüber-greifende Musikveranstaltung versteht

    und Gelegenheit zur Begegnung und zum interkulturellen Dialog diesseits und jenseits der Oder geben will.Der Abschluss des Dirigierkurses in Frankfurt (Oder) läutete zugleich den Beginn des Musikfestivals ein. Beim Eröff nungskonzert erlebten die Zuhörer vier junge Dirigenten mit ganz unter-schiedlichen Persönlichkeiten und Temperamten sowie individuellen Blick-winkeln auf die musikalischen Werke.Doch damit nicht genug. Ebenfalls mit der Bestrebung, junge Begabungen zu fördern, standen zwei Konzerte im polnischen Zielona Góra auf dem Programm der „Musikfesttage an der Oder“. Fünf junge Dirigenten aus Polen, Russland und Deutschland waren zu Gast beim Sinfonieorchester der Philharmonie Zielona Góra und gleich mit zwei Projekten innerhalb eines fünftägigen Kurses unter der Leitung des polnischen Dirigenten Czeslaw Grabowski betraut. Junge Menschen musizieren für junge Menschen hätte das Motto zweier Schulkonzerte in Polen lauten können, denn die jungen Dirigenten – vom DIRIGENTENFORUM

    reisten Fergus Macleod und Hermes Helfricht nach Zielona Góra – arbei-teten mit drei jungen Solisten im Alter von 14 und 15 Jahren zusammen, deren Leistungen die Schüler im Publikum in Erstaunen versetzten.Neben den Schulkonzerten fand auch das Konzert mit dem Titel „Fünf Dichtungen – Fünf Dirigenten / Piec Poematów – Piec Przewodów” unter dem Dirigat des russisch-deutsch-polnischen Nachwuchses statt, bei dem bekannte sinfonische Dichtungen von Smetana, Mussorgsky, Moniuszko, Sibe-lius und Tschaikowsky zur Auff ührung gebracht wurden.Die Kooperationspartner Brandenbur-gisches Sinfonieorchester Frankfurt, Philharmonie Zielona Góra, Moskauer Tschaikowky-Konservatorium und DIRIGENTENFORUM resümierten am Ende der gelungenen Premiere, dass der Austausch zwischen den jungen Diri-genten sowohl für die künstlerische als auch für die persönliche Entwicklung prägende Erfahrungen bereithält und die Zusammenarbeit einen grenzüber-schreitenden Dialog fördert.

    Grenzüberschreitende Begegnungen entlang der Oder VON ESTH ER KLOSE

    Domink Beykirch und Kursleiter Howard Griffi ths

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    NORDKU RI ER, 2 . APRI L 2014

    Sie stehen am Anfang ihrer beruf-lichen Laufbahn, sind aber keineswegs Anfänger. Denn sonst hätten Dominik Beykirch (1990), Hermes Helfricht (1992) und Sergey Simakov (1985) keine Chance gehabt, in das Förder-programm DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates aufgenommen zu werden. Und als dessen Stipendiaten die Philharmonie Neubrandenburg zu dirigieren. Letzteres als Krönung eines Meisterkurses mit Generalmusikdi-rektor Stefan Malzew. Auf dem Programm standen Werke ohne sinfonische geadelte „Botschaften“, eher geprägt von einer gewissen Unbeschwertheit und dennoch künstlerisch wie dirigentisch hohen Ansprüchen. Und so machte es Sinn, schlagtechnische wie gestalte-rische Lerneff ekte gerade an einer oft unterschätzten, weil angeblich leichtge-wichtigen Literatur zu demonstrieren. Etwa an den spanischen Finessen einer

    Andalucia-Suite von Ernesto Lecuona und dem klang-schwel-gerischen National-kolorit der 2. Rumä-nischen Rhapsodie von George Enescu (Simakov). Oder an Liszts unver-wüstlicher 2. Unga-rischen Rhapsodie, der Helfricht dann einen erstaunlich spanischen Czardas für Saxofon und Orchester (Pedro Itur-

    ralde) folgen ließ.Auch Debussys subtile Klang-farben seiner Rhapsodie für Altsaxofon und Orchester sowie – den Nachmittag fulminant abschließend – Enescus weltbekannte, 1. Rumänische Rhapsodie, gehörten dazu (Beykirch). Diese musikalischen „Visi-tenkarten“ der drei jungen Dirigenten nahm man gern entgegen.Keiner ließ es an erfolg-reichem Bemühen fehlen, den oft genug popu-listisch überspielten, rhythmischen, harmo-nischen und melodischen Feinheiten dieser Stücke klanglich reizvolle Geltung zu verschaff en. Sie arbeiteten die Vielfalt einer rhapsodischen, also

    freien Gestaltung prägnant heraus und lebten die Vitalität eines meist sehr bodenständigen Musizierens aus. Dazu verhalfen auch ein vorzüglicher Solist (Koryun Asatryan, Saxofon) und die herzhaft musizierende Philharmonie.

    Dirigenten der Zukunft beweisen KlasseDie Stipendiaten des DIRIGENTENFORUMs können in der Neubrandenburger Philharmonie überzeugen. VON EKKEHARD OCHS

    Solist Koryun Asatryan und Dominik Beykirch bei einer Probe mit der Neubrandenburger Philharmonie

    Sergey Simakov dirigierte u.a. Enescus „2. Rumänische Rhapsodie“ beim Abschlusskonzert in der Neubrandenburger Konzertkirche.

    Hermes Helfricht und Kursleiter Stefan Malzew analysieren die Probenarbeit.

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    Opernpraxis in DresdenBei der erstmaligen Kooperation mit der Staatsoperette Dresden und ihrem Chefdirigenten Andreas Schüller drehte sich im DIRIGENTENFORUM eine Woche lang alles um die Oper. VON ESTH ER KLOSE

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    Der 29-Jährige Mario Hartmuth steht am Pult der Staatsoperette Dresden und dirigiert das Orchester sowie die Solisten Ingeborg Schöpf (Sopran), Frank Blees (Bass-Bariton) und Frank Ernst (Tenor) durch das Finale des 2. Aktes von Puccinis „Tosca“. Plötzlich erhebt sich jemand aus dem Orchester und unterbricht.Eine Woche lang hat Chefdirigent Andreas Schüller seinen Platz am Dirigentenpult für vier junge Kollegen geräumt, die vom DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates gefördert werden. Platz genommen hat Schüller direkt im Geschehen – zwischen den zweiten Geigen und den Celli – um die jungen Dirigenten aus der Sicht der Musiker genau zu beobachten, um gegebenenfalls zu unterbrechen und sie mit Hinweisen zu unterstützen. „Versu-chen Sie, den Klang mehr mit Ihrer Taktstockspitze zu führen“, empfi ehlt Schüller. „Stellen Sie sich vor, Sie ziehen Ihren Taktstock durch zähfl üssigen Honig.“ Für Mario Hartmuth, der erst vor wenigen Wochen nach einem mehrstufi gen Bewerbungsverfahren in das DIRIGENTENFORUM aufgenommen wurde, ist es der erste vom Deutschen Musikrat organisierte Meisterkurs. Er

    setzt zu einem erneuten Auftakt an und schon erscheint sein Dirigat viel kraftvoller und ausdrucksstärker. Das sieht man nicht nur, sondern man hört es auch am Klangergebnis. „Ein solches sprachliches Bild wie das mit dem zähfl üssigen Honig hilft enorm und regt das Vorstellungsvermögen an. So kann man die Tipps schnell und zielführend umsetzen“, äußert Mario Hartmuth nach seinem Dirigat. Andreas Schüller formuliert seine Hinweise stets konstruktiv und verständlich, damit die jungen Kollegen am Pult die Anregungen direkt aufnehmen und in ihre Arbeit mit einfl ießen lassen können. Da Schüller selbst vor einigen Jahren Stipendiat im DIRIGENTENFORUM war und im Rahmen von Meisterkursen an den Pulten verschiedenster professioneller Orchester stand, kann er sich gut in die Lage der heutigen Kursteilnehmer hineinversetzen, auf die nicht nur die Blicke der Orchestermusiker gerichtet sind, sondern die zusätzlich unter der besonderen Beobachtung eines kritischen Mentors stehen. Inzwischen arbeitet das DIRIGENTENFORUM mit einer Vielzahl von Künstlerischen Leitern zusammen, die selbst als junge

    Talente durch das DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates gefördert wurden. Neben Pavel Baleff (Stipen-diat von 1995 bis 2002), Gabriel Feltz (Stipendiat von 1992 bis 1999), Georg Fritzsch (Stipendiat von 1992 bis 1997), Marc Piollet (Stipendiat von 1992 bis 1995) und Markus Poschner (Stipendiat von 1998 bis 2004) konnte nun erstmals eine Zusammenarbeit mit Andreas Schüller und „seinem“ Orchester reali-siert werden. Schüller wurde von 2003 bis 2007 durch den Deutschen Musikrat in seiner künstlerischen Entwicklung gefördert. Nach Stationen an der Volks-oper Wien, den Salzburger Festspielen, dem Staatstheater Wiesbaden und der Oper Leipzig ist er seit Beginn der Spiel-zeit 2013/14 Chefdirigent der Staatsope-rette Dresden. Mit Mario Hartmuth sind drei weitere Stipendiaten des DIRIGENTENFORUMs, Dominik Beykirch, Fergus Macleod und Vladimir Yaskorski, nach Dresden gereist, um die Möglichkeit zu nutzen, ein anspruchsvolles Opernprogramm, bestehend aus Auszügen aus Mozarts „Don Giovanni“, Webers „Der Frei-schütz“, Puccinis „Tosca“ und Wagners „Holländer“ mit professionellen Sängern zu erarbeiten. Mit viel Geduld und Leidenschaft hilft Kursleiter

    Dominik Beykirch und Andreas Schüller

    Vladimir Yaskorski und das Orchester der Staatsoperette Dresden

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    Andreas Schüller weiter. So empfi ehlt er Dominik Beykirch, immer wieder zu hinterfragen, wann man den Musikern mit einem klaren Schlagbild ohne „diri-gentischen Firlefanz“ durch schwierige Passagen helfen muss, und wann es heißt, Passagen musikalisch auszuge-stalten und zu formen, damit man dem Publikum nicht nur „kalten Kaff ee“ serviert. Dominik Beykirch weiß genau, was der Kursleiter damit meint: „Das ist gerade für uns junge Dirigenten eine große Herausforderung, da wir noch nicht so viel Erfahrungen sammeln konnten, um sofort zu wissen, wann welche Instrumentengruppe was vom Dirigenten braucht und an welchen Stellen wir vielleicht sogar stören.“ Sein Kollege Fergus Macleod pfl ichtet ihm bei: „Deshalb suche ich auch gezielt das Gespräch mit dem Orchester. Zusätzlich zu den Hinweisen vom Kursleiter profi -

    tiere ich vom Feedback der einzelnen Musiker. Denn schließlich ist mein Dirigat an sie adressiert und sie müssen es lesen und verstehen können.“ Damit die Schlagfi guren für alle gut lesbar sind, legt Kursleiter Schüller bei der Arbeit mit dem Nachwuchs den Fokus auf die Choreographie des Schlag-bilds und die klare Positionierung der Zählzeiten. „Schlagen Sie die Drei mehr nach außen, damit die Musiker, die neben ihnen sitzen auch eine klare Orientierung haben. Ansonsten sieht ihr Schlag von der Seite immer gleich aus“, gibt der Chefdirigent dem vierten Kursteilnehmer Vladimir Yaskorski mit auf dem Weg. Schüller will aber nicht nur schlagtech-nische Anregungen vermitteln. Er gibt auch Erfahrungen aus seiner langjäh-rigen Opernpraxis weiter. So gilt es unter anderem zu bedenken, dass das

    szenische Geschehen viel Flexibilität vom Dirigenten verlangt. Die Sänger sind im Handlungsgeschehen einge-bunden, müssen schauspielern und unter Umständen ihre Gesangspartien dem Bühnengeschehen anpassen. Deshalb fordert Schüller die Solisten auf, sich an den einen oder anderen Stellen gestalterische Freiheiten zu erlauben, um so das fl exible Reagieren der Dirigenten zu schulen. Beim abschließenden Matineekonzert im Saal der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden überzeugen die jungen Dirigenten nicht nur ihren Mentor Andreas Schüller und das Ensemble der Staatsoperette Dresden sondern auch das Publikum, das ein sowohl anspruchsvolles als auch kurzweiliges Programm von vier ganz unterschiedlichen Dirigentenpersön-lichkeiten präsentiert bekommt.

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    Musikmesse

    ASSISTENZEN

    Bei Assistenzen an Opernhäuser werfen Stipendiaten des DIRIGENTENFORUMs einen Blick hinter die Kulissen und lernen das Aufgabenfeld des Chordirektors kennen. VON ESTH ER KLOSE

    Junge Chordirigenten arbeiten während ihres Studiums mit dem Hochschulchor oder mit Laienensembles zusammen, der Zugang zur professionellen Chorszene bleibt ihnen hingegen in den meisten Fällen verschlossen. Sie können weder bei der Arbeit mit einem Rundfunkchor noch mit einem Opernchor notwendige berufsprak-tische Erfahrungen sammeln. Diese Ausbildungslücke will das DIRIGENTEN-FORUM schließen und bietet seit 2008 Meisterkurse u.a. mit dem NDR Chor, dem MDR Rundfunkchor und dem RIAS Kammerchor an. Um den Stipendiaten auch das Berufsbild des Chordirektors und seine spezifi schen Aufgaben nahe-zubringen, ergänzt das DIRIGENTEN-FORUM neuerdings seine Fördermaß-nahmen durch die Zusammenarbeit mit großen Opernhäusern und deren Chören und vermittelt Assistenzen u.a. an der Staatsoper Stuttgart, der Wiener Staatsoper, der Oper Frankfurt und der Deutschen Oper Berlin.Für Manuel Pujol ging es im Mai an die Wiener Staatsoper, wo er Chordirektor Thomas Lang assistierte und die Gele-genheit nutzte, sich mit den Beschäf-tigten des Opernhauses auszutauschen. Pujol, der selbst bereits seit vier Jahren als Chordirektor am Theater Görlitz arbeitet, erlebte in Wien ganz neue Dimensionen: mit 92 fest engagierten professionellen Sängern steht der Opernchor der Wiener Staatsoper an fast 250 Tagen im Jahr in bis zu 55 verschiedenen Opern auf der Bühne. „Das erfordert eine ungeheure Profes-sionalität und eine stringente Proben-disziplin, um die weltweit geschätzte Qualität des Chores bei einem solchen Pensum zu gewährleisten“, resümiert Manuel Pujol, nachdem er bei zahl-reichen Proben und Vorführungen hospitiert hat. „Auch wenn sich die Chöre in Wien und Görlitz strukturell stark voneinander unterscheiden, so

    habe ich doch viele Eindrücke und Anregungen für eine effi ziente Proben-gestaltung erhalten, die ich in meiner Arbeit als Chordirektor in Görlitz umsetzen möchte. Es ist immer wieder gut, Impulse von außen zu bekommen und mal aus dem Arbeitsalltag am eigenen Haus rauszukommen.“Cornelius Volke, der ebenfalls als Assistent von Thomas Lang in die vielfältigen Aufgaben des Chordirek-tors eingebunden war, ergänzt Manuel Pujols Einschätzung: „Der straff organi-sierte Probenplan und die zeitlich knapp bemessenen Proben dulden keine Ablenkung und keine Empfi ndlichkeiten von Seiten der Sänger. Am meiste inspi-rierte mich, dass Thomas Lang auf das Vertrauen in das eigenverantwortliche Arbeiten der Sänger setzt und dieses auch immer wieder stärkt. Bei einem so großen Proben- und Vorstellungsreper-toire wie an der Wiener Staatsoper sind Disziplin, Konzentration, Nervenstärke und Eigenverantwortung gefragt.“ Dass neben den künstlerischen Aufgaben auch die organisatorische Arbeit eines Chordirektors viel Raum einnimmt, weiß Cornelius Volke nur zu gut. Er ist seit zwei Spielzeiten am Theater Hof als Chordirektor engagiert und hat sich von Herrn Lang einige Tricks abgeschaut, wie er die Kommu-nikation zwischen den verschiedenen Bereichen eines Opernbetriebs noch reibungsloser und effi zienter gestalten kann, damit am Ende auch das künstle-rische Ergebnis stimmt.Die Stipendiatin Ines Kaun, die an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar Chordirigieren studiert, betrat während ihrer Assistenz an der Oper Stuttgart Neuland. „Ich bin während der gesamten Zeit mit dem Chor mitgelaufen, um möglichst viel mitzubekommen und aufzusaugen. Im Austausch mit dem Chordirektor Johannes Knecht und dessen Stellver-

    treter Christoph Heil habe ich viel über die künstlerische und organisatorische Arbeit des Chordirektors erfahren. Ich würde sagen, dass ich am meisten von den vielen Gesprächen profi tiert habe, denn nun habe ich einen unmittelbaren Einblick in ein Berufsfeld erhalten, in dem es für Chordirigenten verhältnis-mäßig viele Stellen gibt.“Das DIRIGENTENFORUM will daher seine Stipendiaten durch die zahl-reichen Maßnahmen gezielt für den Berufsmarkt qualifi zieren und ihnen neben den rein musikalischen Inhalten auch Aspekte wie Probenorganisation, Kommunikation und Organisations-management vermitteln, damit sie den Übergang vom Studium ins Berufs-leben Schritt für Schritt erfolgreich meistern. Doch nicht nur die Stipendi-aten profi tieren von der Zusammen-arbeit mit den Opernchören. Auch die Opernhäuser sind daran interessiert, bei der Weiterbildung von qualifi ziertem Nachwuchs mitzuwirken, um so in die nächste Generation zu investieren, die das vielseitige Aufgabengebiet des Chordirektors nicht nur kennt sondern auch zu schätzen weiß.

    Berufsbild Chordirektor

    Neuer Partner des DIRIGENTENFORUMs ist der Deutsche Bühnenverein, der sich für die Förderung der jungen Chor-dirigenten engagiert. Der Deutsche Bühnenverein ist der Interessen- und Arbeitgeberverband der Theater und Orchester. Sein Ziel ist es, die Vielfalt der deutschen Theater- und Orches-terlandschaft und deren kulturelles Angebot zu erhalten, zu fördern und fortzuentwickeln. Er thematisiert alle für die Theater und Orchester wichtigen künstlerischen, rechtlichen, organisato-rischen und politischen Fragen.

  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    FOTOGRAFISCH E IMPRESSION EN

    NDR Chor MDR RundfunkchorKünstlerische Leitung: Philipp Ahmann6. bis 10. Januar 2014

    Künstlerische Leitung: Prof. Stefan Parkman24. bis 29. November 2013

    Ines Kaun und Prof. Stefan Parkman

    Lukas Grimm

    Mitglieder des NDR Chores

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    Kursleiter Philipp Ahmann

    Mitglieder des MDR Rundfunkchores

    Benedikt Haag

  • 20 | 21

    MUSI KMESSE

    Am Ende sind sie alle MaestrosAuf der diesjährigen Musikmesse in Frankfurt sprachen Prof. Michael Alber und Bernhard Heß über den Status Quo des Chordirigierens in Deutschland. VON ESTH ER KLOSE

    „Chordirigieren in Deutschland“ stand in großen Buchstaben auf dem Infoscreen des Gemeinschaftsstands von Deutschlandradio und Deutschem Musikrat auf der Musikmesse Frank-furt und kündigte eine einstündige Gesprächsrunde mit den Beiratsmitglie-dern des DIRIGENTENFORUMs Michael Alber, Professor für Chordirigieren an der Hochschule für Musik Trossingen und ehemaliger Chordirektor der Staatsoper Stuttgart, und Bernhard Heß, Manager des RIAS Kammerchores, an. Die Musikredakteurin bei Deutsch-landradio Kultur Ruth Jarre übernahm die Gesprächsführung und spannte einen thematischen Bogen von der Ausbildungssituation von Chordiri-genten an deutschen Hochschulen über die Fördermaßnahmen des DIRIGEN-TENFORUMs im Bereich Chordirigieren bis hin zum Image des Chordirigenten im deutschen Musikleben.Michael Alber, der durch seine Profes-sorentätigkeit an der Musikhochschule in Trossingen mit den Ausbildungsbe-dingungen von Chordirigenten vertraut ist, skizzierte auf Ruth Jarres Bitte hin die Situation für Studierende an deut-schen Hochschulen: „Zunächst verläuft die Ausbildung aller Studierenden, die mit Chorleitung in irgendeinem Sinne zu tun haben, parallel. Es gibt die unterschiedlichsten Aufgabenfelder für einen Chorleiter – von der Leitung einer Kantorei bis hin zu einem ambitio-nierten Knaben- oder Mädchenchor. Es gibt eine Vielzahl von Berührungs-punkten in den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern, und in Trossingen unterrichten wir vieles gemeinsam. Die Studierenden dirigieren sich gegen-seitig und geben sich untereinander Feedback.“ Die Rolle des DIRIGENTEN-FORUMs greift nach Albers Meinung genau an dem Punkt, an dem es um den notwendigen Kontakt zu profes-sionellen Klangkörpern geht, denn das

    können die Hoch-schulen in der Regel ihren Studierenden aus fi nanziellen und organisatorischen Gründen nicht bieten. „Das DIRIGENTEN-FORUM ermöglicht seinen jungen begabten Stipendi-aten nicht nur die Zusammenarbeit mit fantastischen Chören wie dem RIAS Kammerchor, dem MDR Rundfunkchor oder auch dem NDR Chor, sondern der Nachwuchs wird hier mit einer Chor-literatur in Berührung gebracht, die von Profi ensembles gesungen wird. Insbesondere zeitgenössische Werke sind zum Teil sehr komplex, hier sind praktische Erfahrungen beim Einüben mit einem professionellen Chor von großer Bedeutung.“ Neben Meister-kursen mit Rundfunkchören und der Erarbeitung eines zeitgenössischen Repertoires unterstrich Michael Alber eine neue und ergänzende Maßnahme des Förderprogramms. Er selbst war insgesamt 11 Jahre lang Chordirektor an der Staatsoper Stuttgart und erklärte, dass es in Deutschland immer noch einen großen Mangel an gut ausgebil-deten Chordirektoren gibt. Den Mangel an Nachwuchs im Opern bereich führte er darauf zurück, dass die jungen Chordirigenten im Laufe ihres Studiums kaum mit dem Repertoire in Berührung kommen und dass es bestimmter Erfah-rungswerte bedarf, um eine Leitungs-position wie die des Chordirektors an einem Opernhaus zu übernehmen. Die Zusammen arbeit des DIRIGENTEN-FORUMs mit verschiedenen Opern-häusern, die den Stipendiaten einen Einblick in die Welt der Chordirektoren ermöglicht, hält er daher für besonders wichtig. Michael Alber: „Im Studium

    erarbeiten wir mit den jungen Leuten zunächst A Capella-Literatur und chorsinfonische Werke. Opern literatur nimmt leider keinen so großen Platz in unserem Lehrplan ein. Darüber hinaus wollen viele junge Dirigenten den Berufsweg als Chordirektor mögli-cherweise deshalb nicht einschlagen, da der Aufgabenbereich teilweise als reine „Zuarbeit“ abgetan wird. Wer aber hinter die Kulissen schaut, der merkt schnell, wie vielfältig, ernsthaft und umfassend die Arbeit eines Chor-direktors ist, um zu dem Ergebnis zu kommen, das am Abend dem Zuschauer auf der Bühne präsentiert wird.“Doch nicht nur im Opernbereich wird die Arbeit der Chordirigenten immer noch stiefmütterlich behandelt, ergänzte Gesprächspartner Bernhard Heß. Er ist seit 2006 für das Manage-ment des RIAS Kammerchores verant-wortlich und arbeitete in dieser Position mit vielen renommierten Dirigenten zusammen. Heß: „Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass zum Beispiel in Rezensionen eines Orchesterkon-zertes grundsätzlich der Dirigent für das Ergebnis verantwortlich ist. Bei der Chormusik hingegen passiert es oft, dass der Dirigent – wenn er überhaupt in einem Nebensatz erwähnt wird – eigentlich so gut wie keine Rolle spielt. Das ist sehr schade und bringt zum

    Ruth Jarre, Prof. Michael Alber und Bernhard Heß

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Ausdruck, dass das Image des Chordi-rigenten nicht so ausgeprägt ist wie das des Orchesterdirigenten.“ Auf die Frage von Ruth Jarre hin, welche Rolle der Chordirigent denn beim klanglichen Erlebnis spiele, führte Bernhard Heß das Klangideal an, dass ein Dirigent zu verwirklichen versucht. „Ein Chor klingt mit jedem Dirigenten anders, da jeder unterschiedliche Akzente setzt, um seine klanglichen Vorstellungen zu verfolgen.“ Michael Alber fügte hinzu, dass die Kommunikation zwischen Dirigent und den Chorsängern sehr direkt und nah ist, da kein Instrument zwischen den beiden steht. „Die unmit-telbare Persönlichkeit, die man als Chor-dirigent gegenüber stehen hat schaff t eine besondere Atmosphäre und das wirkt sich auch auf den Chorklang aus.“Als Fazit zogen beide Diskutanten am Ende des Gesprächs, dass mit dem Ineinandergreifen von Hochschulaus-bildung und den ergänzenden Förder-maßnahmen des Deutschen Musikrates für den sehr talentierten Nachwuchs auch das Image des Chordirigenten

    nachhaltig positiv beeinfl usst wird. Die Förderung junger Chordirigenten durch das DIRIGENTENFORUM zeigt bereits erste Erfolge, hob Bernhard Heß im Gespräch hervor. „Wir haben mittlerweile sowohl Absolventen als auch aktuelle Stipendiaten mit Stellen an diversen Opernhäusern, und auch bei internationalen Wettbewerben machen unsere Teilnehmer auf sich aufmerksam. Insofern stufe ich dieses Programm als ein wichtiges Instrument ein, um eine ganze Menge für das Chor-dirigieren in Deutschland zu bewegen.“Dennoch formulierte Michael Alber als Abschluss den Wunsch, dass sich die Dirigentenausbildung an deutschen Hochschulen neu strukturieren solle. Alber: „Ich denke, es ist an der Zeit, dass es an den Hochschulen nur ein Fach zu studieren gibt, das Dirigieren heißt und nicht mehr ein Fach Chorleitung und ein Fach Orchesterleitung. Die Studenten sollten sich mit der Leitung von Chören und Orchestern gleichermaßen ausein-andersetzen und dann in der Abschluss-prüfung eine Gewichtung festlegen, z.B.

    1/3 auf die eine Fachrichtung und 2/3 auf die andere. Ich empfand es während meiner Zeit an der Oper als sehr traurig, wenn ich es mit Kapellmeistern zu tun hatte, die phantastisch mit dem Orchester arbeiten konnten, aber mit dem Chor nichts anzufangen wussten. Andererseits gibt es natürlich auch viele Gegenbeispiele: es ist bedauernswert, wenn ein Chordirigent große Orches-terwerke mit Chor auff ühren will und dem Orchester hilfl os gegenübersteht, bzw. das Orchester so behandelt, als sei es ein Chor. Das entspricht nicht unserem professionellen Anspruch, den wir heute erreichen müssen und wollen.“ Auf Albers Abschlussplädoyer fügten die Moderatorin Ruth Jarre und Bernhard Heß lachend hinzu, dass dann am Ende alle Maestros seien und der Diskussion zwischen Chordirigent versus Orchesterdirigent endlich ein Ende gesetzt werden könne.

    MUSI KMESSE

    Die Gesprächsrunde wurde von Deutschlandradio Kultur aufgezeichnet am 8. April 2014 gesendet.

    Als Assistent beim WDR RundfunkchorEine lange Tradition verbindet den WDR, insbesondere den Rundfunkchor, mit Stockhausens Musik. „Momente“, ein Werk für 4 Chorgruppen, Solo sopran und 13 Instrumente wurde zuletzt 1998 mit Beteiligung des Komponisten einstudiert, aufgeführt und auch aufge-nommen. Der Chor nahm sich damals drei Monate Zeit, heutzutage muss dies in etwa der halben Zeit bewältigt werden.Dies war allerdings nur möglich, da dem WDR Rundfunkchor neben den Chorleitern Pedro Amaral und Robert Blank die Stipendiaten des DIRIGEN-TENFORUM-Chor, Tobias Löbner und Christian Meister, für die Einstudierung zur Verfügung standen.

    Insgesamt handelte es sich bei dieser Kooperation um die Möglichkeit, den professionellen Musikbetrieb in der alltäglichen Arbeit kennenzulernen und eigene chorleiterische Erfahrungen zu machen. Dass diese Erfahrungen bedingt durch die Komple-xität Stockhausenscher Musik dann doch nicht alltäglich sind, stellte eine zusätzliche Herausforde-rung dar.Wer allerdings eine profes-sionelle Chorleiterlaufbahn anstrebt, muss sich ganz selbstverständlich mit zeit-genössischer Chorliteratur

    bzw. Chormusik des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, da gerade Rund-funkchöre auf diesem Gebiet einen besonderen Auftrag zu erfüllen haben.

    Pedro Amaral, Christian Meister, Tobias Löbner und Robert Blank (v.l.n.r.)

    VON ROBERT BLAN K

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    Carus Verlag vergibt „Bach vocal“-Förderpreise

    Jedes Jahr bewerben sich mehrere Dutzend junger Chordirigenten um Aufnahme in das Förderprogramm für den dirigentischen Nachwuchs des Deutschen Musikrates. Insgesamt zwölf Kandidaten wurden zum dies-jährigen Auswahldirigieren mit dem Kammerchor der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart eingeladen. Nach zwei Durchgängen entschied sich die Jury, bestehend aus Prof. Jörg-Peter Weigle (Juryvor-sitz, Professor für Chordirigieren und kommissarischer Rektor, Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin), Bernhard Heß (Chormanager, RIAS Kammerchor), Matthias Köhler (Chordirektor, Oper Frankfurt), Thomas Lang (Chordirektor, Wiener Staatsoper) und Prof. Denis Rouger (Professor für Chordirigieren, Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart) für die Aufnahme von drei neuen Stipendiaten

    in das DIRIGENTENFORUM: Hsin-Chien Chiu (Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar), Viktoriia Vitrenko (Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart) und Yuval Weinberg (Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin).Die neu aufgenommenen Stipendiaten wurden in doppelter Hinsicht für ihren Erfolg beim Auswahldirigieren belohnt: Sie erwartet nicht nur eine mehrjäh-rige intensive Förderung in Form von Meisterkursen, Assistenzen und Einstu-dierungen bei Profi chören, sondern sie profi tieren sogleich vom Förderpreis „Bach vocal“, einer neuen Kooperation zwischen DIRIGENTENFORUM und dem Carus-Verlag Stuttgart. Jeder der drei jungen Dirigenten erhielt zur Einrich-tung seiner persönlichen Notenbiblio-thek einen Notengutschein in Höhe von 400 Euro. Mit der Vergabe des Preises setzt sich der Stuttgarter Musikverlag,

    der sich auf Chormusik spezialisiert hat, für die Unterstützung junger professi-onell ausgebildeter Chordirigenten ein. Die Förderpreise wurden im Anschluss an das Auswahldirigieren vom Verlags-gründer Günter Graulich übergeben.

    BERICHT

    Beim Auswaldirigieren, das am 5. und 6. April 2014 in Stuttgart stattfand, erhielten die neu aufgenommenen Chordirigenten Förderpreise des Musikverlags Carus im Gesamtwert von 1.200 Euro.

    Die Preise des Carus-Verlags wurden von den Verlagsgründern Waltraud und Günter Graulich sowie den Jurymitgliedern Bernhard Heß, Tho-mas Lang, Prof. Denis Rouger, Matthias Köhler und Prof. Jörg-Peter Weigle an die neuen Stipendiaten Hsin-Chien Chiu, Viktoriia Vitrenko und Yuval Weinberg überreicht.

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    Der Carus-Verlag wurde 1972 von Günter und Waltraud Graulich als Musikverlag mit dem Schwerpunkt geistliche Chormusik gegründet, um das Repertoire der Chöre stetig um Wertvolles zu erweitern. Im Zentrum der Verlagstätigkeit steht die Edition unbekannter Vokalmusik aller Epochen in kritischen Erstausgaben sowie die Neuveröff entlichung von Werken, die nicht mehr in zeitgemäßen oder zuver-lässigen Ausgaben vorliegen. Seither hat sich der Verlag zu dem weltweit größten Anbieter von geistlicher Musik entwickelt, dessen Katalog heute mehr als 26.000 Artikel umfasst.

  • auf der Grundlage neuester Forschung zu Bachs opus ultimum basiert in Kyrie und Gloria auf den weitgehend autographen

    Stimmen von 1733 und in den weiteren Teilen auf der auto-graphen Partitur

    frühe Abschriften wurden zur Klärung nach Bachs Tod veränder-ter oder heute unleserlicher Stellen herangezogen

    zeigt alle relevanten Quellen in hochauflösenden Scans auf DVD dadurch werden Editionsentscheidungen an jeder Stelle höchst

    transparent und nachvollziehbar, da taktweise die Originalquellen und die Herausgeberentscheidungen verglichen werden können

    eröffnet so Musikern wie Musikwissenschaftlern den Zugang zu einem der spannendsten Autographe der Musikgeschichte

    erleichtert mit sorgsam erstelltem Aufführungsmaterial die Pro-benarbeit: übersichtliches Notenbild, gute Wendestellen, blend-freies Notenpapier

    herausgegeben vom renommierten Bachforscher Ulrich Leisinger in Zusammenarbeit mit dem Bach-Archiv Leipzig und der Staats-bibliothek zu Berlin

    Messe in h-Moll BWV 232

    Johann Sebastian Bach

    Kritische Ausgabe · Hybrid-Editionmit allen relevanten Quellen in hochauflösenden Scans auf DVD

    www.carus-verlag.comPreisänderung, Irrtum und Liefermöglichkeit vorbehalten

    Johann Sebastian BachMesse in h-Moll BWV 232Soli SSATB, Coro SSAATTBB, 2 Fl, 3 Ob/2 Obda, 2 Fg, Corno da caccia, 3 Tr, Timp, 2 Vl, Va, Bc 100 min / ed. Ulrich Leisinger

    Carus 31.232, Partitur (Leinen) + DVD, zum Einführungspreis bis 31.12.2014 für 139.00 €, ab 1.1.2015, 199.00 € | Partitur (kartoniert), 75.00 € Klavierauszug, 12.50 € | Chorpartitur, 8.90 € | komplettes Orchestermaterial, 230.00 €

    Seit Gründung des Carus-Verlags 1972 ist die Edition der Musik von Johann Sebastian Bach ein besonderer Schwerpunkt. Mit dem Projekt Bach vocal streben wir die Vervollständigung der Vokal-musik Bachs in den kommenden Jahren an.

    Digitale Musikedition

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    HAN NOVERSCH E ALLGEMEI N E ZEITU NG, 17. MAI 2014

    Mehr Rhythmus wagen

    Im Übungsraum des Athanasius-Hauses ist es laut. 50 Chormitglieder reden durcheinander, warten darauf, dass es losgeht. Chorleiter Klaus-Jürgen Etzold ist die Vorfreude ins Gesicht geschrieben. Geschäftig kreist er durch den Raum, schüttelt Hände und gibt letzte Anweisungen. Dann endlich kommt sie. Als María Guinand den Raum betritt, kehrt sekundenlang Ruhe ein. Es folgt begeisterter Applaus. Man hört ihm an, dass es ein Wiedersehen ist. Schon mehrfach hat die Venezola-nerin Guinand, die als eine der besten Chordirigentinnen der Welt gilt, mit Etzolds Jungem Vokalensemble zusam-mengearbeitet. Dass der Chor jetzt vom Deutschen Musikrat dazu ausgewählt wurde, unter Guinands Leitung an seinem diesjährigen DIRIGENTENFORUM mitzuwirken, freut Etzold sehr. Das Forum ist eine Art Kaderschmiede für die Dirigenten von morgen. In einem Wettbewerb entscheidet sich, wer an dem Förderprogramm teilnehmen und von namhaften Dirigenten lernen darf – zum Beispiel von Guinand. Normalerweise arbeitet der Dirigen-

    tennachwuchs dabei mit profes-sionellen Chören zusammen – bei Chordirigenten vor allem mit Rund-funkchören. Umso schmeichelhafter ist die diesjährige Zusammenar-beit für Etzolds Ensemble, das zwar überwiegend aus ausgebildeten Sängern, aber eben nicht aus Profi s besteht. „Uns ist es eine Ehre, ausgewählt worden zu sein“, sagt Etzold. „Der Chor wächst ungemein an der Arbeit mit einer so großartigen Dirigentin.“ Auch Guinand schätzt das Ensemble: „Ohne das breite stilistische Repertoire, das dieser Chor bereitstellt, wäre unser Programm undenkbar“, sagt sie. Bei den Proben wird schnell klar, was sie damit meint: Neben Stücken aus dem klassischen Repertoire stehen

    auch Werke von Guinands Ehemann Alberto Grau auf dem Programm. Sein Stück „Salve al Celeste Sol Sonoro“ beispielsweise ist nicht nur sehr schnell, es beinhaltet so viele Taktwechsel, dass den Zuhörer schon das Mitwippen des Fußes überfordern kann. „Für die lateinamerikanischen Rhythmen muss man erst ein Gefühl bekommen“, sagt Stipendiat Lukas Grimm, der erstmals mit einem nicht-europäischen Dirigenten zusammen-arbeitet. Guinand dagegen ist seit langem weltweit aktiv. Zur Berufung aber ist ihr Beruf in der Heimat geworden: In Venezuela engagiert sie sich seit Jahren für das weltweit einzig-artige Bildungsprogramm „El Sistema“, das es Kindern und Jugendlichen aus ärmsten Verhältnissen ermöglicht, eine musikalische Ausbildung zu erhalten. „Musik kann für diese Kinder ein Weg sein, zu erkennen, dass sie mit Einsatz und Ausdauer viel erreichen können“, sagt Guinand. „Wir können ihnen kein Geld geben, aber wir geben ihnen den Glauben an sich selbst und eine Perspektive.“ Der beispiellose Erfolg des Projektes gibt ihr recht.

    María Guinand arbeitet beim DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates mit dem Jungen Vokalensemble.VON KATHARI NA FROH N E

    Lukas Grimm dirigiert das Junge Vokalensemble Hannover.

    Prof. María Guinand und Hsin-Chien Chiu

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  • DI RIGENTEN FORUM 37 | J U LI 2014

    Das Förderprogramm für den dirigentischen Nachwuchs nimmt neun junge Nachwuchstalente auf.

    Das DIRIGENTENFORUM des Deutschen Musikrates hat bei den diesjährigen Auswahldirigieren mit den Nürnberger Symphonikern (Orches ter) und dem Kammerchor der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart (Chor) neun neue Talente aufgenommen.24 junge Orchesterdirigenten waren im Frühjahr nach Nürnberg eingeladen worden, um dort vor einer Jury, beste-hend aus Prof. Nicolás Pasquet (Vorsitz), Pavel Baleff , Rolf Becker, Lucius A. Hemmer und Prof. Mark Stringer ihr Können unter Beweis zu stellen. Nach zwei Runden wurden Ingmar Beck (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien), Johannes Braun (Hoch-schule für Musik „Franz Liszt“ Weimar), Mario Hartmuth (Hochschule für Musik

    „Franz Liszt“ Weimar), Francois López-Ferrer (Zürcher Hochschule der Künste), Christian Reif (The Juilliard School) und Lorenzo Viotti (Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar) in die erste Förderstufe aufgenommen. Den Juroren Prof. Jörg- Peter Weigle (Vorsitz), Bernhard Heß, Matthias Köhler, Thomas Lang und Prof. Denis Rouger stellten sich die 12 Chor-dirigenten in der Musikhoch-schule Stuttgart vor. Nach zwei Durchgängen

    wurden Hsin-Chien Chiu (Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar), Vikto-riia Vitrenko (Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stutt-gart) und Yuval Weinberg (Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin) ins DIRIGENTENFORUM aufgenommen.

    Ingmar Beck

    Neue Stipendiaten im Dirigentenforum

    Mario Hartmuth Francois López-Ferrer Christian Reif Lorenzo Viotti

    Hsin-Chien Chiu Viktoriia Vitrenko Yuval Weinberg

    Johannes Braun

    STI PEN DIATEN DES FÖRDERPROGRAMMS

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    Ciarán McAuley tritt Stelle in Malaysia an Ciarán McAuley wird mit Beginn der Spielzeit 2014/15 Resident Conductor des Malaysian Philharmonic Orches tra (MPO) sowie Principal Conductor des Malaysian Philharmonic Youth Orches tra (MPYO). Das MPO wurde im Jahr 1997 gegründet und hat seinen Sitz in Kuala Lumpur. Neben regelmäßigen Sinfoniekonzerten in ganz Malaysia und in Singapur tourte das Orchester u.a. in Korea, Australien, China, Taiwan,

    Japan und Vietnam. In der Saison 2014/15 wird Ciarán McAuley insgesamt sechs Konzerte mi