ZEITSCHRIFT FÜR … (JENACILLIN u.a.) oder Clemizolpenicillin G (CLEMIZOL-PENICILLIN GRÜNENTHAL)...

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41 ZEITSCHRIFT FÜR November/Dezember 2002 – 23.Jahrg. Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie ISSN 0722/5067 WWW.ZCT-BERLIN.DE Übersicht Übersicht Seite 41– 43 – Postexpositionsprophylaxe bei Infektionen Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (48) Seite 43 – Primäre Lues Neueinführungen Seite 43– 44 – Oseltamivir Makrolide Seite 44– 45 – Azithromycin bei Lues? – Azithromycin bei Mukoviszidose? Mittel der Wahl Seite 45– 46 – Therapie bei E. coli 0157: H7-Infektion – Ertapenem versus Ceftriaxon bei komplizierten Harnwegsinfektionen – Kortikosteroide bei der Sepsis? Resistenzen Seite 46– 47 – Resistenz von Erregern tiefer Atemwegsinfektionen in Europa – Erhöhte Letalität bei Cephalosporin-resistenten Pneumokokken? – Ciprofloxacin-resistente Campylobacter-Stämme Verträglichkeit Seite 47 – Rifampicin und Pyrazinamid bei latenter Tuberkulose? – Linezolid und hämatologische Unverträglichkeitsreaktionen Internetinformationen Seite 48 Für Hepatitis B geimpfte Personen sind nach Exposition keine weiteren Maßnah- men nötig, wenn – der Anti-HBs-Titer nach Abschluss der Grundimmunisierung 100 IE/l betrug und die letzte Impfung nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder – innerhalb der letzten 12 Monate der Anti-HBs-Titer 100 IE/l war, unabhän- gig vom Zeitpunkt der letzten Impfung. Eine sofortige Gabe einer Dosis eines He- patitis B-Impfstoffes wird empfohlen, wenn – der Anti-HBs-Titer nach der Grundim- munisierung 100 IE/l betrug und die letzte Impfung 5-10 Jahre zurückliegt. Wenn die Indexperson bei der aktuellen Bestimmung des HBs Antigens negativ ist, besteht keine Infektionsgefahr, bei nicht geimpften Personen oder zu niedrigem Anti-HBs-Titer sollte jedoch zur Vermei- dung ähnlicher zukünftiger Zwischenfälle eine Grundimmunisierung bzw. Auffrisch- impfung erfolgen. Ist die Indexperson Anti-HBs positiv oder besteht ein unbekannter Status, richtet sich das weitere Vorgehen nach dem aktuellen Anti-HBs-Titer des Exponierten. Eine so- fortige Bestimmung des Anti-HBs-Titers sollte also immer erfolgen, wenn der Ex- ponierte nicht bzw. nicht vollständig geimpft wurde oder – ein „Low-Responder“ ist, d.h. der Anti- HBs-Titer nach Grundimmunisierung < 100 IE/l betrug der Impferfolg nie kontrolliert wurde die Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt. Eine simultane Gabe von HB-Impfstoff (1 ml intradeltoidal) und HB-Immunglobu- lin (5 ml intragluteal) sollte erfolgen bei bekannten Nonrespondern (keine messbare Anti-HBs-Konzentration nach mindestens sechs vorausgegangenen Impfungen) Inhalt 6/2002 Postexpositionsprophylaxe (PEP) bei Infektionen Der speziellen Prophylaxe einer Infektion nach Kontakt mit infektiösem Material wird eine zunehmende Bedeutung einge- räumt, so dass auch die ständige Impf- kommission (STIKO) zusätzliche Empfeh- lungen herausgegeben hat. Für Personen, die im medizinischen Be- reich tätig sind, nimmt die mögliche HIV- und/oder Hepatitisinfektion durch Nadel- stichverletzungen und durch Kontakt zu infektiösen Körperflüssigkeiten sicher den größten Stellenwert ein. Aber auch im Rah- men von Laienreanimation oder anderen Erste Hilfe Maßnahmen tauchen Fragen hinsichtlich möglicher Infektionsübertra- gungen und des weiteren Vorgehens bzw. einer möglicherweise notwendigen prophy- laktischen Intervention auf. Des weiteren erfordert auch der Kontakt mit Personen, die an Infektionen erkrankt sind, wie z. B. einer Meningokokkenmenin- gitis, unter Umständen ein spezielles Vor- gehen, um eine weitere Ausbreitung der Infektion zu verhindern. Für die meisten im folgenden besprochenen Infektionen gilt jedoch, dass ein ausreichen- der Impfstatus die beste Prophylaxe darstellt. PEP bei Hepatitis-Exposition Hepatitis A Postexpositionelle Schutzimpfungen, sog. Riegelungsimpfungen (zwei Dosen), sind in erster Linie für Gemeinschaftseinrich- tungen mit infektionsgefährdeten Personen im Umfeld eines Hepatitis A-Ausbruchs zu empfehlen. Bei individuell besonders gefährdeten Personen kommt zeitgleich mit der ersten Impfung auch eine passive Immunisierung mit Immunglobulinen in Frage; diese sollte allerdings innerhalb von zehn Tagen, spätestens bis 14 Tage nach der Exposition erfolgen. Hepatitis B Eine wirksame Prophylaxe nach Exposition mit Hepatitis B-Viren ist entscheidend, da je nach Konzentration des Erregers eine Übertragungswahrscheinlichkeit von bis zu 100 % besteht.

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Zeitschrift für Chemotherapie November/Dezember 2002 – 23.Jahrg.ZEITSCHRIFT FÜR

November/Dezember 2002 – 23.Jahrg.Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie

ISSN 0722/5067WWW.ZCT-BERLIN.DE

Übersicht

Übersicht Seite 41–43– Postexpositionsprophylaxe bei Infektionen

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (48) Seite 43– Primäre Lues

Neueinführungen Seite 43–44– Oseltamivir

Makrolide Seite 44–45– Azithromycin bei Lues?– Azithromycin bei Mukoviszidose?

Mittel der Wahl Seite 45–46– Therapie bei E. coli 0157: H7-Infektion– Ertapenem versus Ceftriaxon bei komplizierten Harnwegsinfektionen– Kortikosteroide bei der Sepsis?

Resistenzen Seite 46–47– Resistenz von Erregern tiefer Atemwegsinfektionen in Europa– Erhöhte Letalität bei Cephalosporin-resistenten Pneumokokken?– Ciprofloxacin-resistente Campylobacter-Stämme

Verträglichkeit Seite 47– Rifampicin und Pyrazinamid bei latenter Tuberkulose?– Linezolid und hämatologische Unverträglichkeitsreaktionen

Internetinformationen Seite 48

Für Hepatitis B geimpfte Personen sindnach Exposition keine weiteren Maßnah-men nötig, wenn– der Anti-HBs-Titer nach Abschluss der

Grundimmunisierung ≥ 100 IE/l betrugund die letzte Impfung nicht länger alsfünf Jahre zurückliegt oder

– innerhalb der letzten 12 Monate derAnti-HBs-Titer ≥ 100 IE/l war, unabhän-gig vom Zeitpunkt der letzten Impfung.

Eine sofortige Gabe einer Dosis eines He-patitis B-Impfstoffes wird empfohlen, wenn– der Anti-HBs-Titer nach der Grundim-

munisierung ≤ 100 IE/l betrug und dieletzte Impfung 5-10 Jahre zurückliegt.

Wenn die Indexperson bei der aktuellenBestimmung des HBs Antigens negativ ist,besteht keine Infektionsgefahr, bei nichtgeimpften Personen oder zu niedrigemAnti-HBs-Titer sollte jedoch zur Vermei-dung ähnlicher zukünftiger Zwischenfälle

eine Grundimmunisierung bzw. Auffrisch-impfung erfolgen.

Ist die Indexperson Anti-HBs positiv oderbesteht ein unbekannter Status, richtet sichdas weitere Vorgehen nach dem aktuellenAnti-HBs-Titer des Exponierten. Eine so-fortige Bestimmung des Anti-HBs-Titerssollte also immer erfolgen, wenn der Ex-ponierte– nicht bzw. nicht vollständig geimpft wurde

oder– ein „Low-Responder“ ist, d.h. der Anti-

HBs-Titer nach Grundimmunisierung< 100 IE/l betrug

– der Impferfolg nie kontrolliert wurde– die Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt.

Eine simultane Gabe von HB-Impfstoff(1 ml intradeltoidal) und HB-Immunglobu-lin (5 ml intragluteal) sollte erfolgen bei– bekannten Nonrespondern (keine messbare

Anti-HBs-Konzentration nach mindestenssechs vorausgegangenen Impfungen)

Inhalt 6/2002

Postexpositionsprophylaxe (PEP) beiInfektionenDer speziellen Prophylaxe einer Infektionnach Kontakt mit infektiösem Materialwird eine zunehmende Bedeutung einge-räumt, so dass auch die ständige Impf-kommission (STIKO) zusätzliche Empfeh-lungen herausgegeben hat.

Für Personen, die im medizinischen Be-reich tätig sind, nimmt die mögliche HIV-und/oder Hepatitisinfektion durch Nadel-stichverletzungen und durch Kontakt zuinfektiösen Körperflüssigkeiten sicher dengrößten Stellenwert ein. Aber auch im Rah-men von Laienreanimation oder anderenErste Hilfe Maßnahmen tauchen Fragenhinsichtlich möglicher Infektionsübertra-gungen und des weiteren Vorgehens bzw.einer möglicherweise notwendigen prophy-laktischen Intervention auf.

Des weiteren erfordert auch der Kontaktmit Personen, die an Infektionen erkranktsind, wie z. B. einer Meningokokkenmenin-gitis, unter Umständen ein spezielles Vor-gehen, um eine weitere Ausbreitung derInfektion zu verhindern.

Für die meisten im folgenden besprochenenInfektionen gilt jedoch, dass ein ausreichen-der Impfstatus die beste Prophylaxe darstellt.

PEP bei Hepatitis-ExpositionHepatitis APostexpositionelle Schutzimpfungen, sog.Riegelungsimpfungen (zwei Dosen), sindin erster Linie für Gemeinschaftseinrich-tungen mit infektionsgefährdeten Personenim Umfeld eines Hepatitis A-Ausbruchszu empfehlen. Bei individuell besondersgefährdeten Personen kommt zeitgleichmit der ersten Impfung auch eine passiveImmunisierung mit Immunglobulinen inFrage; diese sollte allerdings innerhalb vonzehn Tagen, spätestens bis 14 Tage nach derExposition erfolgen.

Hepatitis BEine wirksame Prophylaxe nach Expositionmit Hepatitis B-Viren ist entscheidend, daje nach Konzentration des Erregers eineÜbertragungswahrscheinlichkeit von bis zu100 % besteht.

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– einem Anti-HBs-Titer < 10 U/l bzw. wennder Anti-HBs-Titer nicht innerhalb von48 Stunden bestimmt werden kann.Bei einem Anti-HBs-Titer zwischen10 bis 100 IE/l ist lediglich die Gabe vonHB-Impfstoff erforderlich.

Hepatitis CEine postexpositionelle Prophylaxe gibt esbis jetzt nicht. Generell ist die Übertra-gungswahrscheinlichkeit deutlich geringerals bei Hepatitis B, jedoch ist ein chroni-scher Verlauf (bis zu 80 %) häufig, so dasseine frühe Diagnosestellung wichtig ist.Nach entsprechender Exposition sollte des-halb über drei Monate nach Exposition inregelmäßigen Abständen die HCV-RNA imSerum bestimmt werden; nur so kann eineInterferon-Therapie, die in bis zu 100 %einen chronischen Krankheitsverlauf ver-hindern kann, frühzeitig begonnen werden.

PEP bei HIV-ExpositionDie Wahrscheinlichkeit einer HIV-Über-tragung hängt entscheidend von der Er-regermenge ab und liegt zwischen 1 Infek-tion/100 Kontakte und 1 Infektion/1000Kontakte.

Nach einer möglichen beruflichen HIV-Exposition im Rahmen von Nadelstich-oder Schnittverletzungen sollte unverzüg-lich der Blutfluss gefördert werden (≥ 1 Mi-nute) bzw. bei Kontamination von nichtintakten Hautarealen sowie Auge oderMundhöhle eine intensive Spülung (Was-ser, Alkohol, Kochsalzlösung) erfolgen, ge-folgt von einer antiseptischen Behandlung.Eine systemische medikamentöse PEP soll-te, wenn erforderlich (s. u.), so schnell wiemöglich nach dem Expositionsereignis be-gonnen werden. Bei beruflicher Expositionist eine D-Arzt Dokumentation erforder-lich. Außerdem ist eine Blutabnahme fürden HIV-Antikörper-Test nötig.

Eine medikamentöse HIV-PEP ist bei be-kanntem positivem HIV-Status der Index-person bzw. bei hoher Wahrscheinlichkeiteiner HIV-Infektion zu empfehlen, bei– perkutanen Verletzungen mit Injektions-

oder anderen Hohlraumnadeln– tiefen Verletzungen mit sichtbarem Blut– Nadelstichverletzungen nach intrave-

nöser Injektion.

Bei oberflächlichen Verletzungen ist eine PEPnur zu empfehlen, wenn der Indexpatientdefinitiv an AIDS erkrankt ist oder einehohe HI-Viruskonzentration aufweist. An-sonsten sollte bei oberflächlichen Verletzun-gen sowie bei Kontakt mit Schleimhäutenoder nicht intakter Haut mit Flüssigkeitenmit hoher Viruskonzentration dem Expo-nierten eine PEP angeboten werden.

Nicht zu empfehlen ist eine HIV-PEP beiberuflicher Exposition bei– perkutanem Kontakt mit anderen Körper-

flüssigkeiten außer Blut ( z. B. Urin oderSpeichel)

– Kontakt von intakter Haut mit Blut(auch bei hoher Viruskonzentration!)

– Haut- oder Schleimhautkontakt mit an-deren Körperflüssigkeiten als Blut (Urin,Speichel).

Zurückhaltend hinsichtlich einer medika-mentösen PEP sollte verfahren werden beiunbekanntem HIV-Serostatus der Index-person oder wenn die klinische Diagnoseeiner HIV-Infektion eher unwahrscheinlichist. Gerade bei unklarem Expositionsrisikosowie auch zur Abwägung des Nutzen/Risiko-Verhältnisses empfiehlt es sich, einenin der HIV-Therapie erfahrenen Arzt hin-zuzuziehen.

Bei nicht berufsbedingter HIV-Expositiongelten folgende Richtlinien: eine PEP solltegenerell erfolgen bei:– Transfusion von HIV-haltigen Blutpro-

dukten– ungeschütztem vaginalem oder analem

Geschlechtsverkehr (z. B. bei geplatztemKondom) mit einer HIV-infiziertenPerson

– Gebrauch von HIV-kontaminiertem Injek-tionsbesteck.

Bei ungeschütztem, oralem Geschlechtsver-kehr mit der Aufnahme von Sperma des HIV-infizierten Partners in den Mund sollte mander exponierten Person eine PEP anbieten.

Küssen und andere Sexualpraktiken ohneSperma-/Blut-Schleimhautkontakte oderBlut-Blut-Kontakte sowie nach Verletzun-gen an herumliegenden, nicht ordnungs-gemäß entsorgtem, gebrauchtem Spritzen-besteck zur Injektion von Drogen oderMedikamenten (z. B. Insulin) erfordern inder Regel keine medikamentöse PEP.

Falls der HIV-Status der potentiellen Infek-tionsquelle unbekannt ist bzw. sich nichtklären lässt, sollte eine medikamentöse PEPbei einem übertragungsrelevanten Kontaktnur dann erfolgen, wenn die Personen-gruppe der Indexperson eine HIV-Präva-lenz von mindestens 10-20 % aufweist.

Ein Abbruch der PEP ist zu jedem Zeit-punkt möglich, wenn die genauere Auf-klärung der Umstände bzw. das Vorliegendes entsprechenden HIV Serostatus derIndexperson ein Fortführen der Prophylaxeals nicht erforderlich erscheinen lassen.Ansonsten sollte die Arzneimittelgabe fürinsgesamt 28 Tage beibehalten werden.Wenn die Indexperson selber antiretroviralbehandelt wird, sollten bekannte Resisten-zen bei der Auswahl der zur PEP verwende-ten Medikamente berücksichtigt werden.

Folgende Medikamenten-Kombinationenwerden empfohlen:– Zidovudin + Lamivudin (RETROVIR

2 x 250 mg + EPIVIR 2 x 150 mg oder1 x 300 mg, bzw. COMBIVIR 2 x 300/150 mg) plus

– Nelfinavir (VIRACEPT 2x 1250 mg)oder Indinavir (CRIXIVAN 3 x 800 mg)

oder Lopinavir/Ritonavir (KALETRA2 x 400/100 mg) oder Efavirenz (SUS-TIVA 1 x 600 mg).

(Hinweis: Kurzbeschreibungen aller ge-nannten Medikamente sind auf unsererInternetseite www.zct-berlin.de unter „Neu-einführungen“ abrufbar.)

Ein in der HIV-Therapie erfahrener Arztsollte vor allem hinzugezogen werden, wenneine exponierte Frau schwanger ist, der Zeit-punkt der Exposition mehr als 24 Stundenzurückliegt, bei langer antiretroviraler The-rapie der Indexperson bzw. bei bekanntenResistenzen sowie bei erheblichen Neben-wirkungen der antiretroviralen Therapie.

PEP bei Diphtherie-ExpositionFür enge Kontaktpersonen (face-to-face-Kontakt) wird eine Auffrischimpfung fünfJahre nach der letzten Impfung empfohlensowie unabhängig vom Impfstatus eineorale antibiotische Prophylaxe z. B. mitErythromycin (ERYTHROCIN u. a.).

PEP bei Haemophilus influenzaeB-ExpositionSäuglinge und Kleinkinder haben dashöchste Risiko, an einer invasiven Haemo-philus influenzae B (Hib)-Infektion zu er-kranken. Erwachsene können Überträgerdes Erregers sein, erkranken jedoch in derRegel nicht. Die Impfung stellt die wichtig-ste Maßnahme zum Schutz der Kindervor invasiven Hib-Infektionen dar. EineChemotherapieprophylaxe mit Rifampi-cin (RIFA u. a.; Dosierung: Neugeborene:10 mg/kg, > 1 Monat: 20 mg/kg, Erwach-sene: 600 mg/d, jeweils in einer Einzeldosisüber insgesamt vier Tage) wird bei folgen-den Konstellationen empfohlen:– ungeimpfte, exponierte Kinder bis vier

Jahre in Gemeinschaftseinrichtungen– Haushaltsmitglieder (außer Schwangere)

unabhängig vom Alter, wenn sich dortein nicht oder unzureichend geimpftesKind im Alter bis zu vier Jahren befindetoder eine Person mit einem relevantenImmundefekt.

Die Prophylaxe sollte dabei zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens jedochsieben Tage nach Erkrankungsbeginn derIndexperson, eingeleitet werden.

PEP bei Masern-, Mumps- undRöteln-ExpositionUngeimpfte oder nur einmal geimpfteKinder und Jugendliche sowie gefährdetePersonen in Gemeinschaftseinrichtungensollten innerhalb von drei Tagen nachExposition vorzugsweise mit dem MMR-Impfstoff geimpft werden. Eine zusätzlicheImmunglobulingabe ist für gefährdetePersonen mit hohem Komplikationsrisikosowie für Schwangere zu empfehlen.

PEP bei Meningokokken-ExpositionEnge Kontaktpersonen (alle Haushaltsmit-glieder, Personen mit Kontakt zu oropha-ryngealen Sekreten der Indexperson, Kon-

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Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (48)Primäre LuesKasuistik: Ein 32 Jahre alter Patient kommt in die Praxis und klagt über ein mäßigschmerzhaftes kleines Ulkus an seinem Penis sowie Schwellungen der Lymphknoten inbeiden Inguinalbereichen. Anamnestisch berichtet der Patient, dass er vor zwei Wochenvon einer Urlaubsreise aus Südostasien zurückgekehrt sei und während dieser Reise seies auch zu ungeschütztem Sexualverkehr gekommen.

Diagnostik: Bei der Untersuchung fällt an der Spitze des Penis ein kleines, gelblich-rötliches, sauberes, nicht eitriges Geschwür auf mit nur wenig milder Umgebungs-schwellung. Die inguinalen Lymphknoten sind mittelgradig vergrößert, nichtkonfluierend und die Haut darüber ist unauffällig. Die rektale Untersuchung ergibtkeinen pathologischen Befund, die Körpertemperatur ist nicht erhöht, Herz-Kreislauf-Befunde sind normal.

Pathogenese: Die primäre Syphilis verläuft mit einer Inkubationszeit von drei bis sechsWochen und wird durch Treponema pallidum verursacht. Die erste klinische Manifesta-tion ist üblicherweise das genitale Ulkus (Schanker), jedoch muss auch auf atypischeManifestationen geachtet werden. Ohne Behandlung verschwinden das Ulkus und dieregionale Lymphknotenvergrößerung spontan nach einigen Wochen und in typischerWeise entwickelt sich nach zwei bis vier Monaten das Bild der sekundären Syphilis. DieDiagnose der primären Lues wird zunächst über eine Suchreaktion mittels Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest (TPHA-Test) vorgenommen. Bei positivem Ergebnisist die Serumdiagnostik zu erweitern, um zu einer Bestätigung zu gelangen. Mitder indirekten Immunfluoreszenz-Technik (FTA-ABS-Test) lassen sich Treponemen-spezifisches IgG und IgM nachweisen. Treponemen-spezifische IgM-Antikörper sinddrei bis 24 Monate nach Behandlungsende nicht mehr nachweisbar, währendspezifische IgG-Antikörper meist lebenslang bestehen bleiben.

Therapie: Bei der Lues I und II wird ein Depotpenicillin verabreicht, in der Regel einProcain- (JENACILLIN u. a.) oder Clemizolpenicillin G (CLEMIZOL-PENICILLINGRÜNENTHAL) in einer täglichen Dosierung von 2,4 Millionen Einheiten intramus-kulär über 14 Tage. Bei Penicillin-Allergie wird Ceftriaxon (ROCEPHIN) einmal täg-lich zwei Gramm über zwei Wochen intravenös gegeben; alternativ Doxycyclin(VIBRAMYCIN u. a.) täglich 200 mg intravenös oder Minocyclin (KLINOMYCINu. a.) zweimal täglich 100 mg oral über drei Wochen. Drei, sechs und zwölf Monatenach Abschluss der antibiotischen Behandlung ist eine Kontrolle der serologischenBefunde notwendig.

taktpersonen in Kindereinrichtungen mitKindern < 6 Jahren, enge Kontaktpersonenin Gemeinschaftseinrichtungen mit haus-haltsähnlichem Charakter) sollten bis zu 10Tagen nach dem letzten Kontakt mit derIndexperson eine antibiotische Prophylaxeerhalten. Die Eradikationsrate beträgt dabeije nach Antibiotikum bis zu 97 %. Als mög-liche antibiotische Substanzen kommenin Frage: Rifampicin (RIFA; Neugeborene:10 mg/kg/d, Kinder 20 mg/kg/d, > 30 kg:600 mg in jeweils zwei Einzeldosen für zweiTage p. o.) oder Ceftriaxon (ROCEPHIN;bis 12 J. 125 mg, > 12 J. 250 mg einmaligi. m.) oder Ciprofloxacin (CIPROBAY u. a.;ab 18 Jahre 1 x 500 mg p. o.).

PEP bei Pertussis-ExpositionGenerell gilt auch hier, dass in erster Liniedie Komplettierung einer unvollständigenImmunisierung erreicht werden sollte. BeiKontaktpersonen ohne Impfschutz ist sonstunter Umständen eine antibiotische Thera-pie mit Erythromycin (ERYTHROCIN) alsProphylaxe zu empfehlen.

PEP bei Varizellen-ExpositionUngeimpfte Personen mit negativer Anam-nese und positivem Expositionskontakt (d. h.face-to-face Kontakt, oder Aufenthalt fürmehr als eine Stunde mit der Indexperson ineinem Raum oder Haushaltskontakt) sollteninnerhalb von fünf Tagen nach Expositionoder innerhalb von drei Tagen nach Beginndes Exanthems der Indexperson geimpftwerden. Eine passive Immunisierung mitVarizella-Zoster-Immunglobulin wird emp-fohlen innerhalb von 96 Stunden nachExpositionskontakt (s. o.) für Personen miterhöhtem Risiko für Varizellen-Komplika-tionen (ungeimpfte Schwangere ohne Vari-zellen-Anamnese; Personen mit Immun-defekten; Neugeborene, deren Mütter fünfTage vor bis zwei Tage nach der Ent-bindung an Varizellen erkrankt sind).

ZUSAMMENFASSUNG: Ein ausreichen-der Impfschutz stellt bei den meisten hierbesprochenen Infektionen den bestenSchutz dar. Bei unzureichendem Impf-status oder bei Infektionen ohne Impfmög-lichkeit sollte soweit möglich eine spezi-elle Postexpositionsprophylaxe erfolgen.

Epidemiologisches Bulletin 2002; 30: 253-258Epidemiologisches Bulletin 2002: 28: 227-242Epidemiologisches Bulletin 2000; 1: 1-2

Neueinführung

Oseltamivircarboxylat

Oseltamivir

Oseltamivir – ein neues Virustatikumzur Behandlung der InfluenzaNeuraminidasen sind auf der Oberflächevon Influenza-Viren lokalisiert. Die enzy-matische Aktivität der viralen Enzyme istentscheidend für die Freisetzung von neugebildeten Viruspartikeln aus infiziertenZellen und für die weitere Verbreitunginfektiöser Viren im Körper. Seit langem istversucht worden, Wirkstoffe gegen diesevirusspezifischen Proteine zu entwickeln

Antivirale AktivitätDie IC50-Werte von Oseltamivir für dieNeuraminidase von klinisch isolierterInfluenza A lagen zwischen 0,1 nM und1,3 nM und von Influenza B bei 2,6 nM;allerdings sind auch höhere Werte für In-fluenza B, bis zu einem Medianwert von8,5 nM, publiziert worden.1 In klinischenStudien wurden allerdings keine Wirkungs-unterschiede gesehen.

Unter therapeutischen Gesichtspunkten istvon Bedeutung, dass die antivirale Aktivitätder Substanz (ähnlich wie die von Zanamivir)auf Influenza A und B Viren beschränkt ist.Die zahlreichen möglichen viralen Erregerder häufigeren sogenannten „grippalen In-fekte“ werden durch die Neuraminidase-Inhibitoren nicht gehemmt. Die Diagnose„Influenza“ sollte also bei Therapiebeginnmöglichst abgesichert sein. Angesichtsmangelnder Möglichkeiten zur eindeutigenDiagnose einer Influenza ist abzusehen,dass ein gewisser Anteil von Patientenbehandelt wird, obwohl keine rationalbegründete Indikation vorliegt. Allerdingsist bei bekannter Influenza-Epidemie dieklinische Diagnose bei 70 % der Patientenkorrekt gestellt worden.

und mit ihnen eine spezifische antiviraleTherapie zu betreiben. Ein erstes Präparataus dieser Wirkstoffgruppe wurde bereits1999 eingeführt: Zanamivir (RELENZA)wird jedoch nach oraler Gabe nicht ausrei-chend resorbiert und muss in Pulverformper Inhalation zugeführt werden (s. ZCT1999; 20: 43-45). Oseltamivir (TAMIFLU)kann dagegen oral gegeben werden; die Sub-stanz ist bereits seit mehreren Jahren in derSchweiz, in den USA, in Kanada und in ei-nigen anderen Ländern auf dem Markt undmuss daher als ein international gut charak-terisiertes Medikament angesehen werden.

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Pharmakokinetische Eigenschaften,DosierungNach oraler Einnahme von Oseltamivir-phosphat (Prodrug) wird Oseltamivir raschaus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert undnahezu vollständig in den aktiven Metaboli-ten (Oseltamivircarboxylat) umgewandelt.Die Plasmakonzentrationen von Prodrugund aktivem Metaboliten sind proportionalzur Dosis und werden durch gleichzeitigeNahrungsaufnahme nicht beeinflusst.

Das Verteilungsvolumen von Oseltamivir-carboxylat beträgt etwa 23 l, was der extra-zellulären Körperflüssigkeit entspricht. DieBindung des Wirkstoffs an Plasmaproteineist sehr gering (ca. 3 %) und damit zu ver-nachlässigen. Der Wirkstoff wird unverän-dert renal mit einer Halbwertzeit von etwasechs bis zehn Stunden eliminiert, eineDosisanpassung bei Patienten mit schwererNiereninsuffizienz wird daher empfohlen.Bis zu einer Kreatinin-Clearance von30 ml/min werden zweimal täglich 75 mgzur Therapie der Influenza verabreicht, zurProphylaxe ist die halbe Dosis ausreichend.Patienten mit einer Kreatinin-Clearancevon 10 bis 30 ml/min erhalten zur Thera-pie nur eine tägliche Dosis, prophylaktischsollte das Präparat unter diesen Bedingun-gen nur jeden zweiten Tag eingenommenwerden. Bei Patienten mit noch stärker aus-geprägter Niereninsuffizienz (< 10 ml/min)wird Oseltamivir nicht empfohlen.

Klinische WirksamkeitIn umfangreichen klinischen Studien istdie Substanz zur Therapie und Prophylaxeder Influenza eingesetzt worden. Die klini-sche Wirksamkeit bei diesen Indikationenist eindeutig belegt. So wurde das Medika-ment zum Beispiel im Vergleich zu Placebobei mehr als 700 nicht geimpften Patientenmit den Symptomen einer fieberhaftenInfluenza in einer randomisierten Studieverabreicht; die Diagnose wurde bei zweiDrittel der Patienten durch Laborunter-suchungen bestätigt. Die Zeitdauer derErkrankung konnte um etwa 30 % verkürztwerden, gleichfalls wurden auch die Krank-heitssymptome deutlich vermindert. Ent-scheidend ist jedoch ein frühzeitiger Be-ginn der Behandlung innerhalb von 24-48Stunden nach Beginn der Symptomatik.2, 3

Umfangreiche, Placebo-kontrollierte Studienbelegen auch eine Wirksamkeit des Arznei-mittels bei prophylaktischer Gabe. Dies giltsowohl für die Postexpositionsprophylaxeals auch für die Prophylaxe während einerInfluenzaepidemie in der Bevölkerung.4,5 Sowurde Oseltamivir zum Beispiel an Perso-nen, die in Kontakt mit einem Influenza-Erkrankten („Indexfall“) standen, innerhalbvon zwei Tagen nach Beginn der Sympto-matik beim Indexfall, einmal täglich fürsieben Tage verabreicht. Unter diesen Be-dingungen senkte Oseltamivir im Vergleichzu Placebo die Inzidenz der Influenza beiKontaktpersonen signifikant von 12 % auf1 %. Die empfohlene Dosis zur Postexposi-tionsprophylaxe der Influenza bei Erwach-

senen und Jugendlichen ab 13 Jahren nachengem Kontakt mit einer infizierten Personbeträgt 75 mg Oseltamivir einmal täglichüber einen Zeitraum von mindestenssieben Tagen. Das Präparat stellt keinen Er-satz für eine Grippeschutzimpfung dar, derSchutz vor einer Influenza besteht nurwährend der Einnahme von Oseltamivir.

Unerwünschte Wirkungen, InteraktionenDie Verträglichkeit von Oseltamivir ist ins-gesamt gut, jedoch muss mit Beschwerdenvon Seiten des Gastrointestinaltraktes ge-rechnet werden. Die Daten der klinischenPrüfung zeigen, dass Übelkeit und Er-brechen signifikant häufiger sind, als nachPlacebo. Bei zweimal täglicher Gabe von75 mg kam es bei 8 % der Behandelten zumErbrechen (Placebo: 3 %). Die Beschwerdentraten überwiegend nur am ersten oderzweiten Tag der Behandlung auf. Die Ver-träglichkeit kann durch Einnahme zumEssen deutlich verbessert werden.

Bisher wurden keine klinisch relevanten Wech-selwirkungen von Oseltamivir bei gleich-zeitiger Anwendung anderer Medikamentebeobachtet. Dies gilt insbesondere für Para-cetamol (div. Handelsnamen), Acetylsalicyl-säure (div. Handelsnamen), Cimetidin (div.Handelsnamen) oder mineralische Antazida.

ZUSAMMENFASSUNG: Oseltamivir(TAMIFLU) ist das erste oral wirksameantivirale Mittel aus der Gruppe der Neu-raminidase-Inhibitoren zur Therapie undProphylaxe der Influenza. Es sollte raschnach Beginn der Symptomatik gegebenwerden, dann kann mit deutlicher Symp-tomverminderung sowie einem signifi-kant verkürzten Verlauf der Erkrankunggerechnet werden. Die Verträglichkeitist gut, gastrointestinale Beschwerdenkommen selten vor.Einschränkend muss betont werden, dassdie antivirale Aktivität sich auf „echte“Influenza-Viren beschränkt, Erregereines „grippalen Infektes“ werden nichtbeeinflusst. Die jährlich empfohlene In-fluenza-Vakzination ist unverändert einesehr sinnvolle Massnahme; bei unge-impften Personen mit weitgehend ge-sicherter Diagnose ist das Präparat abereine wertvolle Option zur Prophylaxeund Therapie der Influenza.1. McCLELLAN, K., PERRY, C. M.Drugs 2001; 61:263-283

2. NICHOLSON, K. G. et al.Lancet 2000; 355:1845-1850

3. COUCH, R. B.N Engl J Med 2000; 343:1778-1787

4. WELLIVER, R. et al.JAMA 2001; 285: 748-754

5. HAYDEN, F. G. et al.N Engl J Med 1999; 341: 1336-1393

Diesen und andere „Neueinführungs-artikel“ der ZCT können Sie auch überunsere Seite im Internet unter www. zct–berlin.de abrufen.Sie können dort auch direkte Verbindun-gen zu den meisten der von uns zitiertenOriginalarbeiten herstellen.

MakrolideAzithromycin wirksam bei Lues?In den USA gehört die frühe Lues zu denzehn am häufigsten gemeldeten Infektions-erkrankungen. Auch in Deutschland ist inden letzten zwei Jahren eine deutlicheZunahme der Syphilis nachweisbar. Diegegenwärtige Standardtherapie für diefrühe Lues ist intramuskuläres Benzathin-Penicillin G (diverse Handelsnamen) undbei Penicillin-allergischen Patienten entwe-der Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) oderandere Tetrazykline (diverse Handelspräpa-rate). In einer Pilot-Behandlungsstudie beider frühen Syphilis verglichen Ärzte ausAlabama und Louisiana in den USA dieWirksamkeit von Benzathin-Penicillin Gmit einer Einmaldosis von zwei GrammAzithromycin (ZITHROMAX) oral oderzwei derartige Dosierungen mit einem ein-wöchigen Intervall. 74 Patienten wurdenvon Oktober 1995 bis zum Dezember 1997randomisiert einem der drei Studienarmezugeteilt. Zum Zeitpunkt der Studienauf-nahme litten 30 Patienten an einer primärenSyphilis, 24 an einer sekundären Syphilisund 20 hatten eine frühe latente Syphilis.Drei, sechs, neun und zwölf Monate nachAbschluss der Behandlung wurde die sero-logische Erfolgsrate bestimmt; eine erfolg-reiche Therapie wurde definiert als ein nega-tiver Plasma-Reagintest oder zumindest einvierfacher Abfall des FTA-ABS-Tests; diekumulativen Erfolgsraten lagen bei 86% fürdas Penicillin, bei 94 % für die einmaligeAzithromycin-Gabe und bei 83 % für diezweimalige Azithromycin-Applikation. Diezwei Gramm Dosierung des Azithromycinwurde relativ gut vertragen. Die Patientenberichteten über milde bis mäßig schwereÜbelkeit (13 %) und Diarrhöen in 10 %.Keiner der 32 Patienten verweigerte bei derRandomisierung zur zweiten Azithromycin-Einnahme die Mitarbeit an der Studie.

FOLGERUNG DER AUTOREN: DiesePilotstudie deutet darauf hin, dass oralverabreichtes Azithromycin (ZITHRO-MAX) eine akzeptable Alternative zuBenzathin-Penicillin G (diverse Handels-namen) in der Behandlung der frühenSyphilis darstellt. Die serologisch nachge-wiesene Gesamtversagerrate nach einemJahr von 15 % ist allerdings unbefriedi-gend und sollte Anlass zu umfangreiche-ren Studien sein, um mögliche Versagerfrühzeitig zu identifizieren.

HOOK, E. W. et al.Sex Transm Dis 2002; 29: 486-490

Langzeitgabe von Azithromycin beiMukoviszidose-PatientenNeben ihrer antibakteriellen Aktivität weisenmanche Antibiotika weitere Wirkungen aufden menschlichen Organismus auf, die inden meisten Fällen kaum erforscht sindund oftmals nur zufällig bekannt werden.

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ob eine antibiotische Therapie das Auftretenvon HUS vermindert oder sogar fördert.Bei der Entwicklung von HUS spielt dasShiga-Toxin die Schlüsselrolle. Die Synthesedieses Toxins scheint reguliert zu werdendurch die Induktion eines Bakteriophagen,der das Toxin-Gen kodiert. In vitro Studienkonnten zeigen, dass antibiotische Substan-zen diese Phagenproduktion induzieren undsomit die Produktion von Shiga-Toxin ver-stärken können. Vor allem bei Fluorchino-lonen und Trimethoprim kam es in vitrozu einer vermehrten Produktion von Shiga-Toxin, während Proteinsynthese- und Zell-wand-Inhibitoren wie Fosfomycin die Toxin-produktion weniger förderten.

Die meisten klinischen Studien konntenkeine Vorteile der antibiotischen Therapieaufzeigen, auch kam es in einigen Studieneher zu einem erhöhten Risiko von HUSunter der antibiotischen Therapie. Teilweisespielte der Zeitpunkt der antibiotischen Be-handlung eine Rolle. Fosfomycin innerhalbder ersten zwei Tage nach Erkrankungsbe-ginn gegeben, reduzierte das Risiko ein HUSzu entwickeln; eine Therapie erst ab demdritten Tag der Erkrankung hatte keinenEinfluss auf die Entwicklung eines HUS.

In einer großen Metaanalyse, die neun Stu-dien zwischen 1/1983 und 2/2001 umfasstemit insgesamt 1111 Patienten, lag das mitt-lere Risiko, ein HUS zu entwickeln, bei 16 %(8-35 %). Die gepoolte „Odds Ratio“ betrug1,15; ein erhöhtes Risiko, unter einer anti-biotischen Therapie ein HUS zu entwik-keln, konnte in dieser Analyse somit nichtaufgezeigt werden. Allerdings führen dieAutoren selber die Schwachpunkte ihrerAnalyse auf: der Zusammenhang zwischender antibiotischen Substanz, dem Zeit-punkt bzw. der Dauer der antibiotischenTherapie und dem Risiko ein HUS zu ent-wickeln, wurden nicht untersucht. Dazusind weitere Studien notwendig.

FOLGERUNG DER AUTOREN: DieFrage, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt eineantibiotische Therapie bei einer Infek-tion mit E. coli O157:H7 die Entwicklungeines HUS fördert, ist bis jetzt noch nichtabschließend geklärt. Eine empirischeantibiotische Therapie bei Diarrhö ist inder Regel nicht zu empfehlen; einzigeAusnahme sind unter Umständen Patien-ten, die ein hohes Risiko haben, invasiveInfektionen zu entwickeln.

MØLBAK, K. et alJAMA 2002; 288: 1014-1016

SAFDAR, N. et al.JAMA 2002; 288: 996-1001

Dies gilt zum Beispiel für die antiinflamma-torische Wirkung der Makrolide und Aza-lide. Bei einigen Patienten mit Mukovis-zidose („zystischer Fibrose“) wurden Besse-rungen während der Gabe von Azithro-mycin (ZITHROMAX) festgestellt, die sichnicht durch die antibakterielle Aktivität desMedikamentes erklären ließen. Typischer-weise werden die infektiösen, pulmonalenKomplikationen bei Mukoviszidose-Pati-enten durch P. aeruginosa hervorgerufen,und gegen diesen gramnegativen Erregerweist Azithromycin bekanntlich keine aus-reichende Aktivität in vitro auf. Um dieklinischen Beobachtungen auf eine rationaleBasis zu stellen, wurde ein randomisierter,Placebo-kontrollierter klinischer Versuchdurchgeführt, der die ersten positivenBeobachtungen bestätigte.

Insgesamt wurden 41 Kinder und Jugend-liche im Alter von 8 bis 18 Jahren in dieStudie eingeschlossen. Sie erhielten ent-weder ein wirkstofffreies Präparat, oder, jenach Körpergewicht, 250 mg (< 40 kg) oder500 mg (> 40 kg) des Antibiotikums, täglichfür sechs Monate. Nach einer zweimonati-gen Pause wurde die Zuordnung zu denbeiden Gruppen gewechselt. Patienten, dieAzithromycin erhielten, mussten währenddieser Zeit seltener mit spezifischen Anti-biotika behandelt werden, der Unterschiedwar statistisch signifikant. Trotz der sehrlangen Behandlungsdauer war das Präparat,das üblicherweise nur drei Tage lang einge-nommen wird, gut verträglich. Der Mecha-nismus der Wirkung bei Mukoviszidose-Patienten bleibt letztlich unklar, weitereStudien erscheinen aber sinnvoll, um dieoptimale Dosierung und mögliche Thera-piedauer besser zu definieren.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Diegünstigen Effekte einer Langzeitgabe vonAzithromycin (ZITHROMAX) bei Muko-viszidose-Patienten konnten in einerPlacebo-kontrollierten Studie bestätigtwerden.

EQUI, A. et al.Lancet 2002; 360:978-984

Mittel der WahlAntibiotische Therapie beiEscherichia coli O157: H7-Infektion?Seit Jahren wird die antibiotische Therapiebei der Infektion mit Escherichia coliO157:H7 kontrovers diskutiert. Etwa 8 %der Patienten entwickeln im Rahmen derInfektion ein hämolytisch-urämischesSyndrom (HUS), eine lebensbedrohlicheKomplikation mit mikroangiopathischerhämolytischer Anämie, Thrombozytopenieund akutem Nierenversagen.

Die meisten Erregerstämme sind sensibelgegen die gewöhnlich verwendeten antibio-tischen Substanzen, jedoch konnte dadurchdie Diarrhödauer in der Regel nicht ver-kürzt werden. Vielmehr wurde diskutiert,

Ertapenem versus Ceftriaxon beikomplizierten HarnwegsinfektionenDie initiale Therapie mit einem parentera-len Breitspektrumantibiotikum gefolgt voneiner oralen Behandlung nach Vorlage desTestergebnisses stellt heute die Standard-therapie für komplizierte Harnwegsinfek-tionen dar. Die Behandlungsdauer beträgt

üblicherweise zehn bis 14 Tage; im An-schluss sollte eine mikrobiologische Kon-trolle erfolgen, um die Eradikation desErregers zu belegen. Ertapenem (INVANZ)ist ein kürzlich eingeführtes Carbapenem(siehe ZCT 23: 27-28, 2002 oder www.zct-berlin.de) mit hoher Aktivität gegen dieMehrzahl der Harnwegsinfektionserregerund mit dieser Substanz lassen sich darüberhinaus hohe Urinkonzentrationen erzielen.In einer vom Hersteller gesponserten Doppel-blindstudie wurden im Zeitraum zwischenApril 1998 bis zum Februar 2000 die Wirk-samkeit, Verträglichkeit und Sicherheit voneinem Gramm Ertapenem gegen ein GrammCeftriaxon (ROCEPHIN) bei erwachsenenPatienten untersucht. Beide Substanzenwurden intravenös einmal täglich über vierTage verabreicht, gefolgt von oralem Cipro-floxacin (CIPROBAY u. a.). Mikrobiolo-gische Ergebnisse waren bei 330 Patientenverfügbar, davon 159 in der Ertapenem-Gruppe und 171 in der Ceftriaxon-Gruppe.

Etwa die Hälfte der Patienten in jedemStudienarm hatte eine oder mehrere anato-mische oder funktionelle Störungen desHarntrakts und die Hälfte der Patienten littan einer schweren Infektion. Die Gesamt-behandlungsdauer war vergleichbar zwischenden beiden Therapiegruppen. Am häufig-sten wurden E. coli bei etwa 70 % der Patien-ten aus jeder Gruppe isoliert. Ein günstigesmikrobiologisches Ergebnis mit Eradikationwurde bei 91,8 % der Patienten in der Erta-penem-Behandlungsgruppe und in 93 %im Ceftriaxon-Arm erreicht. Bakterielle Rezi-dive vier bis sechs Wochen nach Behand-lungsende unterschieden sich nicht zwischenden beiden Gruppen. Die häufigsten Un-verträglichkeitsreaktionen waren Diarr-höen, Kopfschmerzen und Übelkeit.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Beierwachsenen Patienten mit schwerwie-genden komplizierten Harnwegsinfek-tionen erwies sich Ertapenem (INVANZ)als gleich wirksam für die initialeparenterale Behandlung wie die gegen-wärtige Standardtherapie mit Ceftriaxon(ROCEPHIN). Zu beachten ist aller-dings, dass beide Antibiotika gegen diehäufig in Mischinfektionen auftretendenEnterokokken keine Aktivität aufweisen.

TOMERA, K. M. et al.Antimicrob Agents Chemother 2002; 46: 2895-2900

Therapie der Sepsis: Rückkehr derKortikosteroideVor zehn Jahren deuteten zwei Pilotstudiendarauf hin, dass ein niedrig dosiertesTherapieschema mit Hydrokortison (diverseWarenzeichen) in der Sepsistherapie vor-teilhaft sein könnte, um die relative Neben-niereninsuffizienz zu beseitigen. Eine neuerefranzösische Studie hat diese Beobachtungbestätigt. Von 1995 bis 1999 wurden 300Patienten mit einem septischen Schock in19 französischen Intensivstationen in einerandomisierte Placebo-kontrollierte Studieeingeschlossen, um die Wirksamkeit von

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zwei resistenten Stämmen aus Frankreichvoll wirksam. H. influenzae war empfind-lich gegenüber allen Betalaktam- und Fluor-chinolon-Antibiotika; basierend auf einerResistenz gegenüber Ceftazidim (FORTUM),Ceftriaxon (ROCEPHIN) oder Aztreonam(AZACTAM) wiesen vier (2,7 %) der E. coli-Isolate und 13 (14,4 %) der Klebsiella pneu-moniae-Stämme eine ESBL-Resistenz auf oderwaren starke Bildner von AmpC. Gegen-über Pseudomonas aeruginosa wies nurnoch Amikacin (BIKLIN) eine Sensibili-tät über 90 % auf, Piperacillin-Tazobactam(TAZOBAC) mit 88,6 %, Meropenem (ME-RONEM) mit 86,5 % und Cefepim (MAXI-PIME) mit 86,9 % waren ebenfalls relativwirksam. Die Empfindlichkeit bei Acineto-bacter war durchweg ungünstig, so dass hierimmer eine gezielte Resistenzbestimmungempfohlen wird; Stenotrophomonas mal-tophilia zeigte noch günstigere Resistenz-raten gegenüber den Chinolonen.

FOLGERUNG DER AUTOREN: DieMehrzahl der bakteriellen Erreger vontiefen Atemwegsinfektionen in Zentral-europa bei ambulant erworbenen Infek-tionen können noch mit herkömmlichenAntibiotika erfolgreich behandelt wer-den. Zu beachten ist allerdings die ver-mehrte Penicillin-Resistenz von Pneumo-kokken insbesondere in den südeuropä-ischen Ländern sowie die Zunahme vonMRSA und die besondere Resistenzpro-blematik bei gramnegativen Keimen wiePseudomonas aeruginosa, Acinetobacterund Stenotrophomonas maltophilia.

FLUIT, A. C. et al.Int J Infect Dis 2002; 6: 144-146

für Ceftriaxon und Cefotaxim zutrifft, wurdein Barcelona in einer prospektiven Studiedie klinische Relevanz von Cephalosporin-resistenzen bei erwachsenen Patienten mitsystemischen, nicht-meningealen, Pneumo-kokkeninfektionen untersucht. Zwischen1994 und 2000 wurden insgesamt 522 Pneu-mokokkeninfektionen, davon 448 Pneumo-nien bei 499 erwachsenen Patienten ana-lysiert, die nach den entsprechenden inter-nen Klinik-Richtlinien antibiotisch therapiertwurden. Insgesamt wurden 185 Patienten mitCeftriaxon (ROCEPHIN; 1g/d) oder Cefo-taxim (CLAFORAN; 1,5g alle 8 h) behandelt.

448 Infektionen (86 %) waren ambulant er-worben, 74 (14 %) nosokomial. Das mittlereAlter der Patienten lag bei 58 Jahren, 64 %der Infektionen betrafen das männliche Ge-schlecht. Bei 7 % der Infektionen ließen sichaußer Pneumokokken noch andere Erregernachweisen (Haemophilus influenzae, Strep-tococcus viridans, E.coli u. a.). Insgesamt lagdie Prävalenz von nicht empfindlichen (inter-mediär oder resistent) Pneumokokken bei34 % für Penicillin, 21 % für Ceftriaxon/Cefo-taxim, 19 % für Erythromycin, 24 % für Tetra-zyklin und 36 % für Trimethoprim-Sulfadiazin.Stämme, die nicht Cephalosporin-empfind-lich waren, waren signifikant häufiger auchresistent gegen andere Antibiotika. NichtCephalosporin-empfindliche Pneumokokkengehörten häufig zu den Serogruppen/-typen6, 9, 14 und 23. Die 30-Tage Mortalität, dienur die ambulant erworbenen Monoinfektio-nen berücksichtigte, lag insgesamt bei 21%(n=108). Es zeigten sich keine statistischsignifikanten Unterschiede hinsichtlich der30-Tage Mortalität zwischen Cephalosporin-sensiblen (MHK≤0,5 µg/ml) und nicht sen-siblen Stämmen (intermediäre Stämme [MHK= 1 µg/ml] Odds ratio (OR): 0,64; p = 0,3;resistente Stämme [MHK ≥ 2 µg/ml] OR =0,65; p = 0,5). In der Patientengruppe, die mitCeftriaxon oder Cefotaxim behandelt wurde,lag die 30-Tage Mortalität bei 18% beiPatienten mit sensiblen Stämmen, bei 13 %mit intermediär empfindlichen Erregern undbei 15 % mit resistenten Stämmen (p = 0,81).Keine statistischen Unterschiede zeigten sichbei Patienten mit Penicillin-sensiblen undnicht-empfindlichen Pneumokokken, die mitCeftriaxon oder Cefotaxim behandelt wur-den. Bei den 159 Patienten, die mit Amoxi-cillin/Clavulansäure (n = 137) oder Penicillin(n = 22) behandelt wurden, lag die 30-TageMortalität bei 11 % bei Penicillin-empfind-lichen Stämmen und bei 22 % bei nichtPenicillin-empfindlichen Stämmen (p = 0,07).

FOLGERUNG DER AUTOREN: Cef-triaxon (ROCEPHIN) oder Cefotaxim(CLAFORAN) waren wirksam bei derBehandlung von systemischen, nichtmeningealen Pneumokokkeninfektionenverursacht durch Erreger mit einer MHK≤ 2 µg/ml. Diese Ergebnisse unterstützendie neue Einteilung des National Com-mitee for Clinical Laboratory Standards(NCCLS) hinsichtlich der Empfindlich-keit für Pneumokokken bei nicht-menin-gealen Infektionen, nach der Erreger mit

50 mg intravenös verabreichtem Hydro-kortisons alle sechs Stunden plus 50 µg einesoralen Fluorkortisons täglich über siebenTage zu untersuchen. Sämtliche Patientenwurden einer Corticotropin-Stimulationunterzogen, um eine Nebenniereninsuffi-zienz zu diagnostizieren. Der primäre End-punkt dieser Studie war die Letalität biszum Tag 28 bei Patienten, die nicht auf dieCorticotropin-Stimulation ansprachen. Un-ter den 229 nicht auf Corticotropin anspre-chenden Patienten verstarben 60 (53 %)unter einer Kortisonbehandlung, im Ver-gleich zu 73 (63 %), die Placebo erhaltenhatten. Gleichfalls war bei den nicht aufCorticotropin reagierenden Patienten dieZeit bis zur Beendigung der Vasopressoren-Therapie signifikant kürzer unter einer Korti-sonbehandlung im Vergleich zu der Placebo-gruppe. Bei Patienten mit einer Cortico-tropin-positiven Reaktion hatte die Kortison-therapie keinen nützlichen Effekt. EineKortikosteroidgabe verkürzte zwar signifi-kant die Dauer der Intensivbehandlung beiallen Patienten, dieser Effekt hatte jedochkeinen Einfluß auf die Gesamtletalität.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Diepositiven Ergebnisse dieser Studie stehenim Gegensatz zu Studienergebnissen ausden achtziger Jahren, bei denen sehrhohe Dosen von synthetischen Gluko-kortikoiden bei Sepsispatienten unter-sucht wurden. Der hier vorliegendeAnsatz ist allerdings unterschiedlich,da er mit niedrigen Steroiddosierungenausschließlich die relative Nebennieren-insuffizienz auszugleichen versucht.

ANNANE, D. et al.JAMA 2002; 288: 862-871

ResistenzResistenz von Erregern tieferAtemwegsinfektionen in EuropaWeltweit stellt die zunehmende Resistenzvon Pneumokokken ein Besorgnis erregen-des Problem dar. In einer europäischen Studiewurden in den Jahren 1997 und 1998 aus20 mikrobiologischen Laboratorien zehnwestlicher und zentraleuropäischer LänderErreger von tiefen Atemwegsinfektionen beihospitalisierten Patienten mit ambulant er-worbenen Infektionen untersucht. Insgesamt2083 Keime wurden gesammelt; die häufig-sten waren S. aureus (21 %) und Pseudomo-nas aeruginosa (20,3 %). Danach folgtenEnterobacter Spezies (7,9 %), E. coli (7 %),S. pneumoniae (5,7 %), Haemophilus influ-enzae (7 %), Acinetobacter Spezies (4,4 %),Klebsiella pneumoniae (4,3 %) und SerratiaSpezies (3,8 %). Penicillin intermediär- undhochresistente Pneumokokken (insgesamt38) wurden aus Deutschland, Frankreich,Spanien und Polen isoliert, sämtliche resis-tente Stämme waren sensibel gegenüberVancomycin und den modernen Fluor-chinolonen. Auch Quinupristin/Dalfopri-stin (SYNERCID) war mit Ausnahme von

Zusammenhang zwischen Cephalo-sporinresistenz und Letalität beiPneumokokkeninfektionenStreptococcus pneumoniae ist ein häufigerErreger bei ambulant erworbenen Infektio-nen. Aufgrund der zunehmenden Penicillin-resistenz dieses Erregers kommen vermehrtCephalosporine bei der Behandlung der-artiger Infektionen zum Einsatz. Jedochnimmt auch die Anzahl der Cephalosporin-resistenten Pneumokokkenstämme stetig zu.Unklar ist allerdings bis zum heutigen Zeit-punkt die Frage, welchen Stellenwert diein vitro Resistenzen von Penicillinen undCephalosporinen haben, da die Patientenhäufig klinisch gut auf die Therapie an-sprechen. Die Definition der in vitro Resi-stenz von Penicillinen und Cephalospori-nen beruhte lange auf den Beobachtungenbei Pneumokokkenmeningitiden, bei denenein klinisches Therapieversagen vergesell-schaftet war mit nur intermediär sensiblenoder resistenten Pneumokokkenstämmen. Beinicht-meningealen, systemischen Pneumo-kokkeninfektionen bestand kein Zusammen-hang zwischen der in vitro Penicillinresis-tenz und einem schlechteren Therapieer-folg, wenn die Patienten mit Penicillin oderanderen β-Laktamantibiotika behandeltwurden. Um zu klären, ob ähnliches auch

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latenten Tuberkulose eine gut verträg-liche Therapie mit hoher Compliance-rate darstellt im Vergleich zu der sechs-monatigen INH-Monotherapie.CHAISSON R. E. et al.JAMA 2002; 288: 165-169

einer MHK ≤ 1 µg/ml als empfindlicheinzustufen sind, eine MHK = 2 µg/mlgilt als intermediär sensibel und eineMHK ≥ 4 µg/ml als resistent. Für menin-geale Pneumokokkeninfektionen gilt nachwie vor die alte Einteilung (MHK ≤ 0,5µg/ml: sensibel, MHK = 1 µg/ml: inter-mediär, MHK ≥ 2 µg/ml: resistent).PALLARES, R. et al.Am J Med 2002; 113: 120-126

Intermittierende Rifampicin- undPyrazinamidtherapie bei latenterTuberkuloseDie zweimonatige Gabe von Rifampicin(RIFA) und Pyrazinamid (PYRAFAT) hat sichals effektive Therapie zur Prävention einerTuberkulose bei HIV-positiven Personen mitTuberkulin-positivem Test bewährt. Bei derBehandlung der latenten Tuberkulose mitRifampicin und Pyrazinamid gibt es jedochwenig Daten hinsichtlich der Verträglichkeitund der Toxizität. Viele Nebenwirkungen sindbei der täglichen Gabe beschrieben. In einerStudie wurden insgesamt 600 Gefängnis-insassen mit einem zweimal wöchentlichenTherapieregime bestehend aus Rifampicinund Pyrazinamid über acht Wochen zwischen12/1999 und 6/2001 behandelt. Die Rifampi-cindosis betrug 450 mg bei einem Körper-gewicht < 50 kg und 600 mg bei > 50 kg. DiePyrazinamiddosis lag bei 1500 mg (< 50 kgKG) bzw. 2500 mg (> 50 kg KG). Wöchent-lich erfolgten laborchemische Kontrollen.Während der Studienperiode wurden ins-gesamt 589 Personen mit dem oben ge-nannten Schema behandelt, 28 (5 %) warenHIV positiv. 91% beendeten die achtwöchigeTherapie ohne Komplikationen. 51 Personen(9 %) schlossen die Therapie nicht ab, ent-weder, weil sie zwischenzeitlich aus demGefängnis entlassen wurden oder auf Grundvon Nebenwirkungen. 1,7 % (zehn Personen)entwickelten unter der Therapie eine Hepato-toxizität, neun von ihnen hatten einen asymp-tomatischen Anstieg der Transaminasen aufdas drei- bis fünffache des Normalwertes. Beieinem Patienten stiegen die Werte auf überden fünffachen Normwert, dieser Patienthatte jedoch eine Lebergrunderkrankung underhielt insgesamt nur zwei Medikamenten-dosen. Andere Nebenwirkungen waren Haut-ausschlag, Übelkeit und Erbrechen.

Verglichen mit anderen Studien lag dieRate einer komplett beendeten Therapiemit 91 % sehr hoch (61% bei einer sechs-monatigen INH (ISOZID)-Monotherapie).Die Verträglichkeit war gut, eine Tuberku-loseerkrankung wurde bei der behandeltenKohorte, bei allerdings zum Teil nur kurzenNachbeobachtungszeiten, nicht beobach-tet. Die verhältnismäßig geringe Toxizitätdieses Regimes lässt sich zum einen durchdie niedrige Dosis von Pyrazinamid (imDurchschnitt 30 mg/kg zweimal wöchent-lich) und der engmaschigen Überwachungwährend der Therapie erklären. Unklar ist,ob die höhere Dosierung von 50 mg/kgzweimal wöchentlich, wie sie von der ATSund dem CDC empfohlen wird, aucheffektiver ist im Vergleich zu der hier ver-wendeten Dosierung.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Dieseamerikanische Studie konnte zeigen,dass die zweimal wöchentliche Gabevon Rifampicin (RIFA) und Pyrazinamid(PYRAFAT) bei der Behandlung der

Hämatologische Effekte vonLinezolidLinezolid (ZYVOXID) ist bekanntlich einOxazolidinon-Antibiotikum mit hoher Akti-vität gegen multiresistente grampositive Er-reger. In einigen Studien ist insbesonderebei längerer Behandlungsdauer eine Myelo-suppression in unterschiedlichem Ausmaßbeobachtet worden. Die Autoren der vor-liegenden, vom Hersteller unterstütztenStudie, analysierten die Daten von siebenStudienprotokollen, um die Häufigkeit derMyelosuppression bei 2046 erwachsenenPatienten unter einer Linezolidbehandlungzu vergleichen mit 2001 Patienten in derVergleichsgruppe; diese Patienten warenentweder mit Vancomycin (VANCOMY-CIN CP LILLY), Ceftriaxon (ROCEPHIN),Cefpodoxim (ORELOX u. a.), Clarithro-mycin (KLACID) oder Oxacillin-Dicloxa-cillin (DICHLORSTAPENOR) behandeltworden. Die übliche Linezolid-Dosierunglag bei 2 x 600 mg täglich in fünf der Studien,in den zwei übrigen Protokollen wurden2 x täglich 400 mg eingesetzt. Die Hämo-globinwerte lagen bei 6,6 % der Linezolid-behandelten Patienten in einem patholo-gisch niedrigen Bereich im Vergleich zu6,4 % der Patienten, die andere Antibiotikaerhalten hatten. Die entsprechendenZahlen für die Thrombozyten betrugen2,9 % bzw. 1,6 %. Granulozyten warenpathologisch bei 3,3 % und 3,4 % derjeweils behandelten Patientengruppen. DieMehrzahl der Blutbildveränderungen wa-ren mäßig ausgeprägt und die wenigenbeträchtlichen Abweichungen zeigten keineUnterschiede signifikanter Art zwischenden Behandlungsgruppen. Die Mehrzahlder Auffälligkeiten traten bei Patienten miteiner Therapie von länger als zwei Wochenauf. Die mittleren Retikulozytenzahlen amEnde der Behandlung hatten sich nur imLinezolid-Behandlungsarm signifikant gegen-über den Ausgangswerten erniedrigt; aller-dings erholten sich diese Zahlen nach Be-handlungsende sehr schnell und zeigten beiden Nachkontrollen keine Unterschiede mehr.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Diebeschriebenen Daten unterstützen dieschon präklinisch bekannte Situation,dass Linezolid (ZYVOXID) eine mäßige,reversible, zeitabhängige Myelosuppres-sion auslösen kann. Der Mechanismushierfür ist nicht bekannt. Als Konse-quenz aus diesen Befunden sollte jederPatient unter einer Linezolid-Behand-lung eine sorgfältige Blutbildkontrolle er-halten, was insbesondere bei Behand-lungsphasen über zwei Wochen hinausempfohlen wird.GERSON, S. et al.Antimicrob Agents Chemother 2002; 46: 2723-2726

Ciprofloxacin-Resistenz beiCampylobacter jejuniEine Enteritis durch Campylobacter Speziesist üblicherweise eine milde bis mäßigschwer verlaufende Durchfallserkrankung,die zumeist selbstlimitierend verläuft undmit Flüssigkeit- und Elektrolytersatz erfolg-reich behandelt werden kann. Bei schwerenVerläufen mit hohem Fieber, blutigen Durch-fällen oder mehr als acht Stuhlentleerungenpro Tag wird eine antibiotische Therapiezumeist mit Erythromycin (ERYTHROCINu.a.) empfohlen. Fluorchinolone stellen einewirksame Alternative zu Erythromycin beiErwachsenen dar, allerdings werden ver-mehrt Resistenzen weltweit gegen diese Sub-stanzgruppe beschrieben. In einem zentra-len Referenzlabor in London wurden vomApril 2000 bis zum Mai 2001 mikrobiologi-sche und epidemiologische Daten von 3489Patienten mit einer Infektion durch Campylo-bacter jejuni zusammengestellt. 50 % deruntersuchten Stämme wiesen zumindesteine Resistenz gegenüber einem Antibioti-kum auf, und in acht Prozent handelte essich um multiresistente Campylobacter-Stämme. 19 % der Bakterien erwiesensich als resistent gegenüber Ciprofloxacin(CIPROBAY), hingegen zeigte nur ein Pro-zent eine Resistenz gegenüber Erythromycin.Interessanterweise waren 55 % der Cipro-floxacin-resistenten Campylobacter-Stämmeaußerhalb von Großbritannien erworbenworden, im Vergleich zu 10 % resistenterStämme mit einer Herkunft aus Großbri-tannien. Insbesondere Reisende nach Spa-nien, Portugal und Zypern waren nach Ver-zehr von Hühnchenfleisch oder Genuß vonFlaschenwasser vermehrt mit Infektionendurch resistente Stämme betroffen. Cipro-floxacin-resistente Stämme mit Herkunft ausEngland wurden vermehrt nach Verzehr vonvorgekochtem kaltem Fleisch registriert.

FOLGERUNG DER AUTOREN: EineCiprofloxacin (CIPROBAY)-Resistenz vonCampylobacter jejuni war bei über 3.000erkrankten britischen Patienten vermehrtmit Auslandsreisen insbesondere nachSpanien, Portugal und Zypern verbunden.Während die im Ausland erworbenenStämme bis zu 50 % Resistenzen aufwiesen,lag diese Rate bei den inländischen Stäm-men nur bei 10 %. Vor Einleitung einerantibiotischen Therapie sollte daher dieReiseanamnese bei Campylobacter-Infek-tionen sorgfältig erhoben werden.The Campylobacter Sentinel Surveillance SchemeCollaboratorsJ Antimicrob Chemother 2002; 50: 561-568

Verträglichkeit

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Redaktion: Prof. Dr. med. G. Höffken, Dresden, Prof. Dr. med.H. Lode (verantwortlich), Prof. Dr. med. R. Stahlmann, FrauDr. A. Lubasch, Dr. med. K. Riecke, Frau R. Schoeller-Wiley(Fachärztin), Frau A. Zimmermann (Redaktionsassistentin).

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