Zeitzünder S/30 von Dierk Hensel - eeoda.de · Zeitzünder S/30 von Dierk Hensel Für Heer, Marine...

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Zeitzünder S/30 von Dierk Hensel Für Heer, Marine und insbesondere Flak (zunächst nur Waffengattung der Luftwaffe - später auch Heeres-Flak) wurde ca. ab 1938 vom HWA für die Kaliber ab 7,5 cm ein tempierbarer Zünder gefordert, der unabhängig vom Luftdruck in großen Höhen funktionssicher ist und nicht die mangelnde Lagerbeständigkeit der Pulverbrennzünder aufweist. Diese Forderungen erfüllte der ZtZ S/30 durch ein auf Zeit zwischen ca. 1,5 und 29,5 Sekunden einstellbares Uhrwerk des System THIEL (siehe dazu eigenen Fachbeitrag). Während des WK 2 avancierte das Modell zum Standartzünder schlechthin und wurde in so gigantischem Unfang produziert, dass in Januar 1945 noch ca. 20.000.000 ZtZ S/30 verfügbar waren. Bei Blindgängern mit Uhrwerk-ZtZ System THIEL muss davon ausgegangen werden, dass die Zündnadelschulter (15) noch auf dem Auflage- kegel (14) „hängt“ und die Zündnadelfeder (39) weiterhin gespannt ist. Blindgänger mit diesen Zündern sind nicht handhabungs- und nicht transportfähig. Im Zuge immer knapper werdender Ressour-cen waren Zünderkörper, Laufrand und Verschlusskappe, sowie das Uhrwerk selbst auf dem Weg, weg von Sparstoffen - hin zu Ersatz- stoffen, zahlreichen Materialänderungen (Messing, Leichtmetall [BONDUR], Stahl, Zinkguss) unterworfen. Ferner zwang der Drang nach Fertigungsvereinfachung zu ebenso zahlreichen Formänderungen. (Bondur: Aluminiumlegierung mit 3,5-5,5% Kupfer und geringen Mengen Silizium, Mangan, Magnesium) Obwohl nunmehr einige Unterlagen greifbar sind, ist es kaum möglich abschließend über alle Änderungen zu berichten. Ein Anhaltspunkt sind die Aufschriften auf den Zünderkörpern, wobei die Abkürzung „ZtZ“ dem Marinekürzel „ZZ“ entspricht. Die Zünderstempelungen sind zudem nicht immer identisch mit den Bezeichnungen der Waffenämter und/oder den Konstruktions- zeichnungen (von denen hier in der Regel die Materiallisten fehlen). Die Nomenklatur ausländischer Fachliteratur ist vielfach nicht eindeutig oder eindeutig falsch.

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Zeitzünder S/30 von Dierk Hensel Für Heer, Marine und insbesondere Flak (zunächst nur Waffengattung der Luftwaffe - später auch Heeres-Flak) wurde ca. ab 1938 vom HWA für die Kaliber ab 7,5 cm ein tempierbarer Zünder gefordert, der unabhängig vom Luftdruck in großen Höhen funktionssicher ist und nicht die mangelnde Lagerbeständigkeit der Pulverbrennzünder aufweist.

Diese Forderungen erfüllte der ZtZ S/30 durch ein auf Zeit zwischen ca. 1,5 und 29,5 Sekunden einstellbares Uhrwerk des System THIEL (siehe dazu eigenen Fachbeitrag). Während des WK 2 avancierte das Modell zum Standartzünder schlechthin und wurde in so gigantischem Unfang produziert, dass in Januar 1945 noch ca. 20.000.000 ZtZ S/30 verfügbar waren.

Bei Blindgängern mit Uhrwerk-ZtZ System THIEL muss davon ausgegangen werden, dass die Zündnadelschulter (15) noch auf dem Auflage-kegel (14) „hängt“ und die Zündnadelfeder (39) weiterhin gespannt ist. Blindgänger mit diesen Zündern sind nicht handhabungs- und nicht transportfähig. Im Zuge immer knapper werdender Ressour-cen waren Zünderkörper, Laufrand und Verschlusskappe, sowie das Uhrwerk selbst auf dem Weg, weg von Sparstoffen - hin zu Ersatz-stoffen, zahlreichen Materialänderungen (Messing, Leichtmetall [BONDUR], Stahl, Zinkguss) unterworfen. Ferner zwang der Drang nach Fertigungsvereinfachung zu ebenso zahlreichen Formänderungen. (Bondur: Aluminiumlegierung mit 3,5-5,5% Kupfer und geringen Mengen Silizium, Mangan, Magnesium) Obwohl nunmehr einige Unterlagen greifbar sind, ist es kaum möglich abschließend über alle Änderungen zu berichten. Ein Anhaltspunkt sind die Aufschriften auf den Zünderkörpern, wobei die Abkürzung „ZtZ“ dem Marinekürzel „ZZ“ entspricht. Die Zünderstempelungen sind zudem nicht immer identisch mit den Bezeichnungen der Waffenämter und/oder den Konstruktions-zeichnungen (von denen hier in der Regel die Materiallisten fehlen). Die Nomenklatur ausländischer Fachliteratur ist vielfach nicht eindeutig oder eindeutig falsch.

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Die dargestellte Übersicht kann daher nur als Anhalt gewertet werden.

Ferner zeigt die Tabelle, die sich auf Kampfmittelfunde (und damit auf die tatsächlich vorgefundenen Schriftzüge auf den Zündern) und den amtlichen Bezeichnungen in Vorschriften / Konstruktionszeichnungen bezieht im Wesentlichen die Vielfalt des ZtZ S/30 – eine Systematik in der Nomenklatur ist jedoch nicht erkennbar.

Grundsätzlich steht das Kürzel „ZtZ S/30“ in Zentrum der Bezeichnung. Ohne weitere Ergänzung sind je ein Modell aus Bondur und eines aus Stahl zu verzeichnen. Der Zusatz (in

mancher Fachliteratur) „(Lm)“ bzw. „(St)“ ist nicht amtlich.

Der jeweils, in den Zeichnungen der Firma THIEL angegebene Großbuchstabe für die Ausführung wird der Zünderbezeichnung, etwas tiefer gesetzt, vorangestellt. Er gibt keine Auskunft über die Werkstoffkombination, da manche Zeichnungen mehrere Materialien angeben. Ob Formänderungen und/oder fertigungstechnische Änderungen für die Ausführungsbezeichnungen verantwortlich sind, kann nicht immer eindeutig ausgemacht werden.

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An die Zünderbezeichnung werden auf gleicher Linie oder hochgestellt Angaben über das Material des Zünderkörpers oder Aufbau, Funktion oder Verwendung des Zünders bzw. des Uhrwerks angehängt.

Beide Arten der Zusatzkennzeichnung gleichzeitig sind möglich.

Das letzte kleine Detail eines ZtZ S/30 (Serie) ist für die Beurteilung der Handhabungs- und Transportfähigkeit in der Kampfmittelbeseitigung weniger von Bedeutung (siehe auch Seite 1). Das Wissen um die Unterschiede sollte jedoch nicht verloren gehen und könnte zum Gesamt-verständnis und ggf. auch zur „Rettung“ weniger bekannter Ausführungen für die nächste Generation beitragen.

ZtZ S/30 Der ZtZ S/30 war während des WK 2 der Standartzünder der Flak bei den Kalibern 8,8 cm, 10,5 cm und 12,8 cm. Die Marine verwandte den Zdr auch bei Spreng- und Übungsgeschosse der 7,5 cm SK C/34.

Der Zünder ist mit dem auf Zeiten zwischen ca. 1,5 und 29,5 Sekunden einstellbaren Uhrwerk des System THIEL ausgestattet (siehe zu Funktion und Einstellung eigenen Fachbeitrag).

Zünderkörper und Verschlusskappe wurden aus

einer Leichtmetalllegierung, das Uhrwerk aus Messing gefertigt.

Der Auslösehebel (1) wurde in Ruhestellung durch

einen querliegenden Federstift (2) gesichert.

ZtZ S/30 II Im Zuge der Kampfmittelbeseitigung wurde aus

einer Sprenggrube ein StZ S/30 mit hochgestellter römischer Zwei gefunden, der in keinen Unter- lagen erwähnt ist.

Das Modell ist nahezu identisch mit dem vor- genannten Zünder.

Das Messing-Uhrwerk weist jedoch einen Unter- schied auf, denn der Auslösehebel (1) wird in Ruhestellung durch einen, in Längsachse liegen- den Federstift (2) arretiert.

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ZtZ S/30 „Stahlausführung“

Ein aufgefundenes Zündermodell mit der Auf- schrift ZtZ S/30 (ohne weitere Ergänzungen), weist ein Uhrwerk aus Leichtmetall auf.

Zünderkörper und Verschlusskappe sind aus Stahl

gefertigt. Dieser Kampfmittelfund ist baugleich mit dem

Modell ZtZ S/30 Ausführung E.

ZtZ S/30 Ausführung E (siehe unten)

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ZtZ S/30 n=1800 Die Zeichnung Nummer 1840 der Firma THIEL vom 06.10.1944 weist einen Zünder aus, der weitgehend dem ZtZ S/30 Ausführung E entspricht. Allerdings wird der Auslösehebel des Uhrwerks in Ruhestellung durch einen, in Längsachse liegender Federstift gesichert. Der Zünder ist verzinkt. Die Zeichnung lässt die Verwendung des Zünders offen. Da er bei 1.800 U/min entsichert, steht zu vermuten, dass er (wie der ZZ /60 n=1800) bei 8,8 cm und 10,5 cm Marinegeschossen verwandt wurde. ZtZ S/30 Ausführung C Die Ausführung C entspricht in einer Ausführung weitgehend der „Urkonstruktion“ des ZtZ S/30 mit einem Zünderkörper und einer Verschlusskappe aus Leichtmetall. Die Variante der Ausführung C ist mit einem Zünderkörper aus Zinkguss versehen.

In beiden Modellen befindet sich ein Uhrwerk aus Messing. Die Festschießkeile sind nur 22 mm lang und an der Stelle einer ausgeprägten Schneide mit einem verlängerten Schenkel versehen, der gezahnt ist.

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ZtZ S/30 Ausführung C1

Die Ausführung C1 wurde bei 10,5 cm Sprenggranaten L/4,4 der Marine verwendet. Der Zünderkörper besteht aus Stahl, die Verschluss-kappe wurde aus Leichtmetall gefertigt. Das Uhrwerk besteht aus Messing.

ZtZ S/30 Ausführung D Die Ausführung D entspricht in einer Ausführung weitgehend dem ZtZ S/30 Ausführung C mit einem Zünderkörper und einer Verschlusskappe aus Leichtmetall. Die Variante der Ausführung D ist mit einem Zünderkörper aus Zinkguss versehen. In beiden Modellen befindet sich ein Uhrwerk aus Leichtmetall mit kurzen Rückschießkeilen. ZtZ S/30 Ausführung D1

Die Ausführung D1 wurde ebenfalls bei 10,5 cm Sprenggranaten L/4,4 der Marine verwendet. Der Zünderkörper besteht aus Stahl, die Verschluss-kappe und das Uhrwerk wurden aus Leichtmetall gefertigt.

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ZtZ S/30 Ausführung A Die Ausführung A wurde 12,8 cm Sprenggranaten L/4,5 der Marine verwendet. Es sind zwei Varianten bekannt, bei denen der Zünderkörper aus Zinkguss gefertigt wurden und die Verschlusskappe aus Leichtmetall bzw. aus Stahl bestehen. In beiden Modellen befindet sich ein Uhrwerk aus Leichtmetall. Es weist folgende Änderungen auf:

- verstärkter Unruhezapfen - verstärkter 2. Beisatzradzapfen - verstärkter Zeigersteg - verstärkter Schulterhebel - verstärkter Anschlagstift für den Sicherungs-

flügel

ZtZ S/30 Ausführung A1 Bei der Ausführung A1 wurde gegenüber dem Modell A auf einen Zünderkörper aus einer Leichtmetalllegierung (Bondur oder Duraluminium) zurückgegriffen. ZtZ S/30 Ausführung B Die Ausführung B wurde 10,5 cm Sprenggranaten L/4,1 und L/4,5 der Marine verwendet. Der Zünderkörper wurde aus Zinkguss gefertigt. Er weist unterhalb des Uhrwerks eine große Aus-

sparung auf. Die Verschlusskappe besteht aus Stahl. Das Uhrwerk aus Leichtmetall mit kurzen Fest-schießkeilen besitzt einen Auslösehebel der in Ruhestellung durch einen, in Längsachse liegen- den Federstift arretiert wird. Die Unterplatte (1) des Uhrwerks weist einen größeren Durchmesser als die Zwischen- (2), Aufzugs- (3) und Federhausplatte (4) auf. ZtZ S/30 Ausführung B1 Bei der Ausführung B1 wurde der Zünderkörper aus Leichtmetall gefertigt. Die Verschlusskappe besteht aus Stahl. Er ist mit einem Uhrwerk aus Leichtmetall versehen, über dessen Aufbau keine Angaben vorhanden sind.

ZtZ S/30 n=5000 Aus Kampfmittelfunden ist eine weitere Ausführung B1 bekannt, die den Zusatz n=5000 trägt. Bei diesem Modell bestehen Zünderkörper und Verschlusskappe aus Leichtmetall. Weitere Angaben können z.Zt. nicht gemacht werden. ZtZ S/30 M1 und ZtZ S/30 M2

Diese beiden Modelle sind bei LFlak im Okt. 42 aufgelistet. Als Hinweis wird erläutert „Zündereinstellung im Rohr“. Die Entwicklung wurde 12/44 eingestellt. Weitere Angaben können z.Zt. nicht gemacht werden. ZtZ S/30 E Aus Kampfmittelfunden ist eine Ausführung mit dem Zusatz E bekannt. Bei diesem Modell bestehen Zünderkörper und Verschlusskappe aus Stahl. Weitere Angaben können z.Zt. nicht gemacht werden. Das Kürzel „E“ steht bei Waffen für „Eisenbahn“.

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Ex ZtZ S/30 Aus Kampfmittelfunden sind drei Exerzier-Ausführung des ZtZ S/30 bekannt. Bei den Modellen bestehen Zünderkörper und Verschlusskappe aus Stahl. Die Spitze wurde aus Stahl, Leichtmetall oder Messing gefertigt. Die Zünder besitzen kein Uhrwerk.

Über weitere Gefechtsmodelle des ZtZ S/30 wird gesondert berichtet.