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EndoCert®

Zertifizierung von EndoprothetischenVersorgungszentren in Deutschland

Eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie undOrthopädische Chirurgie (DGOOC) mit Unterstützung derArbeitsgemeinschaft Endoprothetik (AE) in der DeutschenGesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) unddes Berufsverbandes der Fachärzte für Orthopädie undUnfallchirurgie (BVOU)

Herausgegeben von

Holger HaasJoachim GrifkaKlaus-Peter GüntherKarl-Dieter HellerFritz U. NiethardHenning WindhagenMichael EbnerWolfram Mittelmeier

Georg Thieme VerlagStuttgart · New York

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Impressum

Bibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

DOI: 10.1055/B-9783131740816

Unter www.thieme.de/EndoCert finden Siezu diesemWerk eBook, ePub sowieErhebungsbogen für EndoProthetikZentren(EndoCert) (EPZ),Erhebungsbogen für EndoProthetikZentrender Maximalversorgung (EndoCert) (EPZmax)

© 2013 Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 StuttgartDeutschlandTelefon: + 49/(0)711/8931-0Unsere Homepage: www.thieme.de

Printed in Germany

Umschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeSatz: Thieme Verlagsgruppegesetzt in APP/3B2Druck: Grafisches Centrum Cuno, Calbe

ISBN 978-3-13-174081-6 1 2 3 4 5 6Auch erhältlich als E-Book:eISBN (PDF) 978-3-13-175041-9eISBN (ePub) 978-3-13-175151-5

Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist dieMedizin ständigen Entwicklungen unterworfen.Forschung und klinische Erfahrung erweitern un-sere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlungund medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit indiesemWerk eine Dosierung oder eine Applikationerwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrau-en, dass Autoren, Herausgeber und Verlag großeSorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabedem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkesentspricht.Für Angaben über Dosierungsanweisungen undApplikationsformen kann vom Verlag jedoch keineGewähr übernommen werden. Jeder Benutzer istangehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipack-zettel der verwendeten Präparate und gegebenen-falls nach Konsultation eines Spezialisten festzu-stellen, ob die dort gegebene Empfehlung fürDosierungen oder die Beachtung von Kontraindika-tionen gegenüber der Angabe in diesem Buch ab-weicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtigbei selten verwendeten Präparaten oder solchen,die neu auf den Markt gebracht worden sind. JedeDosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Ge-fahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellierenan jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenau-igkeiten dem Verlag mitzuteilen.

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Vorwort

Mit der Etablierung des EndoCert Systems zur Zer-tifizierung von endoprothetischen Versorgungs-zentren hat die Deutsche Gesellschaft für Orthopä-die und Orthopädische Chirurgie gemeinsam mitder Arbeitsgemeinschaft für Endoprothetik unddem Berufsverband der Fachärzte für Orthopädieund Unfallchirurgie einen wesentlichen Beitrag fürdie weitere Verbesserung der Patientensicherheitund Versorgungsqualität in der Endoprothetik ge-leistet.

Der vorliegende Band fasst die grundlegenden Da-ten und Erkenntnisse zusammen, auf deren Grund-lage die Kriterien für die Zertifizierung erarbeitetwurden.

Durch die Einführung dieses QS-Verfahrens beken-nen sich die teilnehmenden Versorgungseinrich-tungen und handelnden Akteure zu einer konse-quenten qualitätszentrierten Ausrichtung ihrerLeistungen im Rahmen der Endoprothetik.

Es wird eine zentrale Aufgabe der beteiligten Fach-gesellschaften und speziell der Zertifizierungskom-mission sein, die effiziente und zielgerechte An-wendung des Systems zu begleiten.

EndoCert ist ein lernendes System. Die Anpassungan zukünftige Erkenntnisse, insbesondere im Hin-blick auf die Qualitätsindikatoren und die Überprü-fung der Ergebnisqualität, steht deshalb im Mittel-punkt der Arbeit der Zertifizierungskommission.

Unser verbindlicher Dank gilt den genannten Mit-autoren und allen, die diese Initiative unterstützthaben und auf ihrem Weg begleiten.

Holger HaasLeiter der Zertifizierungskommission

Wolfram MittelmeierStellv. Leiter der ZertifizierungskommissionPräsident der DGOOC 2012

Bonn und Rostock, im Januar 2013

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Anschriften

Michael EbnerSonnenleite 797633 Saal/Saale

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Joachim GrifkaDirektor der Orthopädischen Klinikfür die Universität RegensburgDeutsche Gesellschaft für Orthopädieund Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC)Langenbeck-Virchow-HausLuisenstr. 58/5910117 Berlin

Prof. Dr. Klaus-Peter GüntherDirektor der Orthopädischen KlinikUniversitätsklinikum Carl Gustav CarusFetscherstr. 7401307 Dresden

Dr. Holger HaasChefarzt des Zentrums für Orthopädie,Unfallchirurgie und SportmedizinGemeinschaftskrankenhaus BonnBonner Talweg 4–653113 Bonn

Prof. Dr. med. Karl-Dieter HellerChefarzt der Orthopädischen Klinik BraunschweigLeipziger Straße 2438124 Braunschweig

Prof. Dr. med. Wolfram MittelmeierKlinikdirektor der OrthopädischenKlinik und PoliklinikUniversitätsmedizin RostockDoberrauer Straße 14218057 Rostock

Prof. Dr. med. Fritz U. NiethardDeutsche Gesellschaft für Orthopädieund Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC)Langenbeck-Virchow-HausLuisenstr. 58/5910117 Berlin

Prof. Dr. med. Henning WindhagenDirektor der Orthopädischen Klinik derMedizinischen Hochschule Hannover im AnnastiftAnna-von-Borries-Str. 1–730625 Hannover

Für Anfragen steht die zentrale E-Mail-Adressezur Verfügung: [email protected]

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Inhaltsverzeichnis

1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3 Grundlagen zur Festlegung von Anforderungenan ein EndoProthetikZentrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.1 Leistungsmengen inEndoProthetikZentren . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.1.1 Frakturbedingte Endoprothetik . . . . . . . 17

3.2 QM-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193.2.1 Qualitätssichernde Maßnahmen zur

Endoprothetik in anderen Ländern . . . . 20

3.3 Prozessqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3.4 Ergebnisqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233.4.1 Literaturübersicht zu den

Qualitätsindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3.5 Risikomanagement fürEndoProthetikZentren . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.6 Empfehlungen zur Qualitätssicherungin der Hüft- und Knieendoprothetik . . . 36

3.6.1 Empfehlungen AktionsbündnisPatientensicherheit zur „sicherenChirurgie“ (safe surgery) . . . . . . . . . . . . . 36

3.6.2 Implantatbezogene Vorkommnisse . . . . 37Meldeverfahren bei Vorkommnissenmit Implantaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Umgang mit Explantaten imZusammenhang mit implantat-bezogenen Vorkommnissen . . . . . . . . . . 38

3.6.3 Geltende Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5 Der EndoCert-Zertifizierungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

5.1 Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

5.2 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

5.3 Schulung der Auditoren . . . . . . . . . . . . . . . 45

5.4 Beteiligung der Fachgesellschaftenund Fachexperten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

5.5 Schlichtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 46

6 Ausblick und Weiterentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

7 Spezifische Anforderungen an EndoProthetikZentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

8 Literatur (allgemein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

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1 HintergrundDie Versorgung mit Endoprothesen ist ein welt-weit verbreitetes chirurgisches Behandlungsver-fahren. Durch den endoprothetischen Ersatz vongeschädigten Gelenken sollen Schmerzfreiheit, einMobilitätsgewinn und die Verbesserung der Le-bensqualität betroffener Patienten erreicht wer-den. Bei Frakturen insbesondere im Bereich desHüftgelenkes geht es vor allem um die rasche Wie-derherstellung der Geh- und Belastungsfähigkeitdes Verletzten.

Hinsichtlich der Häufigkeit steht die Endoprothe-sen-Implantation an Hüft- und Kniegelenken weitim Vordergrund. Im Jahr 2008 wurden in Deutsch-land im Rahmen einer vollstationären Kranken-hausbehandlung insgesamt 209.487 Hüftendopro-thesen und 154.722 Knieendoprothesen implan-tiert (Statistisches Bundesamt 2009). Während derImplantation von Hüftendoprothesen in 60% derFälle eine Coxarthrose und in ca. 35% Schenkelhals-frakturen und avaskuläre Nekrosen zugrunde lie-gen, erfolgt der Kniegelenkersatz nahezu immeraufgrund einer Gonarthrose (Merx et al. 2007).Hüft- und Kniegelenkersatz zusammen machen inder DRG-Statistik 2008 den führenden Anteil anoperativen Eingriffen und Prozeduren aus (Statisti-sches Bundesamt 2009). Aufgrund der Häufigkeitdieser Eingriffe und der damit verbundenen Kostenhat die endoprothetische Versorgung eine entspre-chend große gesundheitsökonomische Bedeutung(Merx et al. 2007, Räsänen et al. 2007).

Das Behandlungsergebnis ist im Einzelfall voneiner Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängig(NIH 2003, Montin et al. 2008, Santaguida et al.2008, Nunez et al. 2009, Minns et al. 2007; Minnset al. 2009, Barbieri et al. 2009). Dazu gehören ne-ben individuellen Merkmalen der betroffenen Pa-tienten (u. a. Alter, präoperative Funktion und Be-gleiterkrankungen) auch die Rahmenbedingungender operativen Versorgung (u. a. Qualifikation vonbehandelnden Einrichtungen bzw. Operateuren,Implantatqualität) und perioperativen Führung(u. a. allgemeine medizinische Maßnahmen undRehabilitation). Unterschiedliche Versorgungsqua-lität und –formen können erhebliche Auswirkun-gen sowohl auf kurzfristig messbare Outcome-Pa-rameter –wie z. B. Komplikationen oder Patienten-zufriedenheit im unmittelbaren Behandlungsver-lauf – als auch längerfristig relevante Ergebnis-In-dikatoren – wie z. B. die Häufigkeit von Wechsel-eingriffen – haben.

Wie in anderen Bereichen des Gesundheits-wesens rückt deshalb auch der endoprothetischeGelenkersatz mehr und mehr in den Fokus derVersorgungsforschung (Judge et al. 2006, Koy et al.2007, Schräder und Rath 2007, Cram et al. 2007,Manley et al. 2008). Von besonderer Bedeutung istdie Frage, in wieweit die Einführung von Mindest-mengen (siehe Kap. 3.1) bzw. klinischer Pfade(siehe Kapitel 3.3) die Ergebnisqualität beeinflusst.

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhangist die zunehmende Diskussion um den Einflussvon Zentrenbildungen auf die Behandlungs- unddamit Ergebnisqualität in der medizinischen Ver-sorgung. Sowohl aus Sicht der Leistungserbringerals auch der Kostenträger bietet die Einrichtungvon Zentren die Chance, die medizinische Versor-gung der Patienten im Hinblick auf mehr Qualitätbei gleichzeitiger Kosteneffizienz zu verbessern(Eberlein-Gonska 2007, Siewert 2007).

Die international beobachtbare Tendenz zur Ein-richtung abteilungs- und sektorenübergreifenderZentren (u. a. „Krebszentren“, „Darmzentren“,„Mammazentren“, „Prostatazentren“, „Traumazen-tren“) spricht für eine messbare Verbesserung me-dizinischer und ökonomischer Ergebnisse. Voraus-setzung hierfür ist allerdings die Erfüllung be-stimmter Kriterien in Bezug auf die Strukturenund Prozesse der Versorgung in den Zentren(Straub und Müller 2007). Dazu gehören v. a. ver-bindliche Festlegungen von Abläufen mit regelmä-ßiger Überprüfung bzw. Anpassung sowie eineMessung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisindi-katoren. Auch die Festlegung von Qualitätszielenund die Schaffung einer berufsübergreifendenStruktur zur kontinuierlichen gegenseitigen Infor-mation und Abstimmung ist von Bedeutung (Eber-lein-Gonska et al. 2007)

Unter Beachtung dieser Voraussetzungen führtdie Einrichtung krankheitsorientierter Zentrennach Siewert (2007) nicht nur zu einer Verbes-serung der Versorgungsstrukturen und zuneh-mender Patientenakzeptanz, sondern auch zueiner Stimulierung der interdisziplinären For-schung und Lehre.

Unabhängig von diesen positiven Aspekten exis-tiert der Vorwurf, dass medizinische Zentren alsMarketing-Argument missbraucht werden, umKonkurrenten zu benachteiligen. Der Begriff „Zen-trum“ ist nicht gesetzlich geschützt und kann ohnespezifische Voraussetzungen von jedem Anbieter

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verwandt werden. In einigen Bereichen (z. B.Krebszentren) wurden deshalb Kriterien von wis-senschaftlichen Fachgesellschaften aufgestellt, diein einem Zertifizierungsverfahren nachzuweisensind, bevor eine Akkreditierung möglich ist.

Ohne solche Kriterien ist es für Patienten schweroder gar nicht erkennbar, ob es sich bei einem Zen-trum lediglich um eine öffentlichkeitswirksameAktion oder um eine qualitätssteigernde Strukturhandelt, die entsprechend wissenschaftlicher Kri-terien von den dazu zuständigen Fachgesellschaf-ten bzw. gesetzlichen Stellen zertifiziert wurde.Sowohl zum Patientenschutz als auch zur Verhin-derung eines unlauteren Wettbewerbs ist die Ein-führung solcher Regelungen erforderlich.

Die bisher in der endoprothetischen Versorgunggesammelten Erfahrungen mit der Implementie-rung von Qualitätsmanagementverfahren unterEinbezug klinischer Pfade lassen vermuten, dasssich – wie auch im onkologischen Bereich – dieEinrichtung von Zentrumsstrukturen vorteilhaftauf medizinische Qualität, Patientenorientierungund wirtschaftliche Effizienz auswirkt. Die an derendoprothetischen Versorgung von Patienten be-teiligten wissenschaftlichen Gesellschaften und

Berufsverbände streben eine größtmögliche Un-terstützung von qualitätssichernden Maßnahmenan.

Vor diesem Hintergrund ist das vorliegendeKonzept entwickelt worden, um über die Zertifi-zierung von akkreditierten EndoProthetikZentrendie Behandlungsqualität beim künstlichen Gelenk-ersatz langfristig sicherzustellen und weiter zuentwickeln.

In Anbetracht der demographischen Verände-rungen sowie der damit verbundenen Zunahmealtersassoziierter Gelenkerkrankungen und –ver-letzungen ist von einer insgesamt steigenden Zahlan primären Implantationen und auch an Revisi-ons- bzw. Wechseleingriffen auszugehen. Zwi-schen 2005 und 2008 ist in Deutschland die Ver-sorgungsrate mit Hüftendoprothesen um 7,7% unddie Versorgungsrate mit Knieendoprothesen um14,3 % angestiegen (Abb. 1.1). Dieser Anstieg istzwar bei weitem nicht so ausgeprägt, wie von Ver-tretern einzelner Kostenträger und Gesundheits-politiker immer wieder behauptet wird, doch liegtDeutschland gemeinsam mit der Schweiz und denUSA beim Vergleich der Implantationszahlen in-nerhalb der OECD in einer Spitzengruppe (Jeszen-

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02005

Hüft-TEP

2006 2007 2008 2009

Knie-TEP

Abb. 1.1 Häufigkeitsentwicklung der vollstationären Implantation von Hüft- und Knie-Endoprothesen in Deutsch-land zwischen 2005 und 2009 (aus den DRG-Statistiken des Statistischen Bundesamtes 2006–2010)

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sky et al, im Druck). Bislang fehlen geeignete Un-tersuchungen, die eine Aussage zur Angemessen-heit („appropriateness“) der Versorgungshäufig-keit bzw. den entsprechenden Steigerungsraten inunterschiedlichen Ländern zulassen. Im aktuellvon der DGOOC erstellten Versorgungsatlas kom-men darüber hinaus deutliche regionale Häufig-keitsunterschiede in der endoprothetischen Ver-sorgung zum Ausdruck, die nicht ohne weiteres er-klärbar sind (Schäfer et al. 2012). Insgesamt mussjedoch angenommen werden, dass neben demo-graphischen Veränderungen und gesundheitspoli-tischen Entwicklungen (u. a. die Einführung einespauschalierten Vergütungssystems) auch andereFaktoren wie z. B. das Fehlen einheitlicher Indikati-onskriterien die Versorgungshäufigkeit beeinflus-sen.

Eine weitere Ursache für die zunehmende Ver-sorgungszahl liegt vermutlich darin, dass der Hüft-und Kniegelenkersatz insgesamt als ein sehr effek-tives und auch kosteneffizientes Verfahren zur Be-handlung von Gelenkerkrankungen und -verlet-zungen gilt (Katz 2006, Räsanen et al. 2007). Den-noch ergeben sich aus der großen Anzahl betroffe-ner Patienten enorme Gesamtkosten in diesem Er-krankungsbereich. Vor dem Hintergrund eines er-heblichen Einsatzes finanzieller Mittel durch dieKostenträger muss zwangsläufig immer wiederdie Frage nach der kurz-, mittel- und langfristigenErgebnisqualität gestellt werden.

In Deutschland wurde diese Ergebnisqualitätdurch die Daten der BQS seit vielen Jahren be-schrieben und ließ bezogen auf die festgelegtenReferenzwerte eine sehr hohe Qualität erkennen.Allerdings beschreiben die Daten der BQS nur einesehr kurze Periode der Lebensdauer einer endo-prothetischen Versorgung. Ein Endoprothesen-register, das die gesamte Lebensdauer einer endo-prothetischen Versorgung darstellen kann, ist vonder Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Or-thopädische Chirurgie gemeinsam mit Kostenträ-gern, Vertretern der Implantatindustrie und derBQS auf den Weg gebracht worden und steht 2012vor der Einführung.

Über die längerfristige Ergebnisqualität hinausinteressieren auch das Frühergebnis und die Indi-kationsstellung zum operativen Eingriff. Die Kos-tenträger – allen voran die AOK – haben z. B. einen„Krankenhausnavigator“ auf den Weg gebracht,mit dem die Qualität der Leistungserbringung an-hand von Routinedaten beziffert wird. Die Aus-wahl der Daten ist umstritten, da die Häufigkeit

der vier Parameter ungeplante Folgeoperationen,chirurgische Komplikationen, Thrombose undLungenembolie die Qualität der Leistungserbrin-gung kaum darzustellen vermag.

Vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)wurde das AQUA-Institut beauftragt, Qualitäts-indikatoren für die Hüft- und Knieendoprothetikzu definieren. Das vorgeschlagene Indikatorensetreicht von der präoperativen Diagnose über dieDurchführung der Operation bis hin zur Nachsor-ge. Im aktuell vorliegenden Entwurf zur Hüftendo-prothetik sind insgesamt 25 Indikatoren für Indi-kationsstellung, Patientenaufklärung, Durchfüh-rung des Eingriffs und peri- bzw. postoperativesManagement sowie für das Behandlungsergebnis(einschließlich patientenrelevanter Endpunkte)enthalten. Für die konkrete Umsetzung empfiehltdas AQUA-Institut sowohl eine Machbarkeitsprü-fung als auch einen Probebetrieb zu beauftragen,da mit den Auslösekriterien (QS-Filter), neuen In-dikatoren und Dokumentationsfeldern, Risikoad-justierungsmodellen sowie den Erhebungsinstru-menten – beispielsweise bei der Erfassung von In-dikatoren aus Abrechnungsdaten der Krankenkas-sen oder im Follow-up beim weiterbehandelndenArzt – Neuland betreten wird und weder Ärztenoch Einrichtungen mit den Gegebenheiten ver-traut sind.

Literatur[1] Barbieri A, Vanhaecht K, Van Herck P, Sermeus W, Faggiano

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[3] Eberlein-Gonska M, Schellong S, Baumann M. ZertifizierteMedizinische Zentren: Ein messbarer Vorteil für die Patien-tenversorgung?! Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2007;101(3):173-9.

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[6] Katz JN. Total joint replacement in osteoarthritis. Best PractRes Clin Rheumatol 2006; 20:145-153

[7] Koy T, König DP, Eysel P. Einfluss von Mindestmengen aufdie Ergebnisqualität in der Hüftendoprothetik. Z Orthop Un-fallchir 2007; 145: 291-296

Hintergrund

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[8] Manley M, Ong K, Lau E, Kurtz SM. Effect of volume on totalhip arthroplasty revision rates in the United States Medicarepopulation. J Bone Joint Surg Am. 2008 Nov;90(11):2446-51

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[19] Schräder P, Rath T. Mindestmengen in der Hüftgelenksendo-prothetik bei Coxarthrose und Schenkelhalsfraktur – Evi-denzbericht und Modellrechnung zur Auswirkung auf dieflächendeckende Versorgung. Z Orthop Unfallchir 2007;145: 281-290

[20] Siewert R. Medizinische Zentrumsbildung – Leuchttürme inder Patientenversorgung? Z ärztl Fortbild Qual Gesundheits-wes 2007; 101:137-138

[21] Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Kranken-hausstatistik (DRGStatistik) 2005. Diagnosen und Prozedu-ren der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. Sta-tistisches Bundesamt, Wiesbaden 2006

[22] Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Kranken-hausstatistik (DRGStatistik) 2006. Diagnosen und Prozedu-ren der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. Sta-tistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007

[23] Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Kranken-hausstatistik (DRGStatistik) 2007. Diagnosen und Prozedu-ren der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. Sta-tistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008

[24] Statistisches Bundesamt. Fallpauschalenbezogene Kranken-hausstatistik (DRGStatistik) 2008. Diagnosen und Prozedu-ren der Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern. Sta-tistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009

[25] Straub C, Müller H. Medizinische Zentren – Anforderungenaus Sicht der GKV. Z ärztl Fortbild Qual Gesundheitswes2007; 101:147-152

Hintergrund

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2 ZielsetzungDie Versorgung von Patienten mit Endoprothesenfindet derzeit in Einrichtungen unterschiedlicherVersorgungsstufen statt. Belegärzte mit verschie-dener Weiterbildung, Honorarärzte, chirurgische,unfallchirurgische, orthopädisch-unfallchirurgi-sche und orthopädisch-chirurgische Abteilungenund Kliniken verschiedener Größe nehmen an derVersorgung teil. Struktur- und Prozessqualität sinddaher äußerst unterschiedlich.

In Anlehnung an mittlerweile bewährte Initiati-ven zur Zentrenbildung bei der Behandlung vonErkrankungen in anderen Fächern („Krebszen-tren“, „Brustzentren“, „Traumazentrum“ etc.) wur-de ein Modell zur Zertifizierung von EndoProthe-tikZentren entwickelt, das sich auf die nachweisli-che Anwendung von qualitätsfördernden Behand-lungselementen in der endoprothetischen Versor-gung der großen Gelenke stützt. Damit wird eineder bisherigen, ungeregelten Versorgungsstrukturüberlegene medizinische Qualität, Patientenorien-tierung und wirtschaftliche Effizienz angestrebt.

Aus den in Kap. 1 genannten Einflussfaktorenauf die Ergebnisqualität beim endoprothetischenGelenkersatz sowie den medizinischen und wirt-schaftlichen Rahmenbedingungen lassen sich inAnlehnung an die Empfehlung von Straub undMüller (2007) für die Einrichtung von EndoProthe-tikZentren folgende übergeordnete Kriterien ablei-ten, die zu berücksichtigen sind:● Interdisziplinäre und sektorenübergreifende Or-ganisation des Behandlungsprozesses

● Begleitung der Patienten während der gesamtenBehandlungsepisode (in Kooperation mit allenan der Versorgung beteiligten Berufsgruppen)

● Qualifizierte Aus-, Weiter- und Fortbildung fürÄrzte und Assistenzberufe

● Teilnahme an externen Qualitätssicherungsver-fahren mit Benchmark-Vergleichen und regel-mäßiger Zertifizierung

● Aktive Information und Beratung der Patientenim Rahmen einer koordinierten Behandlungs-führung unter Berücksichtigung einer aktivenBeteiligung an Behandlungsentscheidungen

● Bereitschaft zur Durchführung bzw. Unterstüt-zung qualifizierter Forschung (insbesondere Ver-sorgungsforschung)

Als Voraussetzung für eine Zertifizierung müssenEndoProthetikZentren Anforderungen erfüllen, diein den Erhebungsbögen getrennt nach EndoPro-thetikZentrum und EndoProthetikZentrum derMaximalversorgung aufgelistet sind. Diese Anfor-derungen beziehen sich auf die Strukturqualität(u. a. die fachliche Qualifikation des involviertenPersonals und unterschiedliche Ausstattungsmerk-male der Einrichtungen) sowie die Prozessqualitätmit den zu beschreibenden Kern- und Stützpro-zessen.

Entsprechend der „Practice makes perfect“-Hy-pothese (Koy et al. 2007) ist grundsätzlich davonauszugehen, dass häufig durchgeführte Prozedu-ren zu einer Optimierung der Ergebnisse führen.Diese Annahme bezieht sich auf Prozessabläufe imAllgemeinen und die Definition von Mindestmen-gen im Besonderen. Daher wurden Anforderungennach einer zu erfüllenden Anzahl von Operationenfür das EndoProthetikZentrum als Einrichtung undden einzelnen Operateur aufgenommen.

Hinzu kommt die Einbeziehung der Ergebnis-qualität mit der Erfassung von Kennzahlen des Be-handlungsprozesses, sowie des erzielten Behand-lungsergebnisses nach objektivierbaren und sub-jektiven, aus Patientensicht relevanten Kriterien.

Bei der Zusammenstellung der Anforderungenwurden Ergebnisse der aktuellen wissenschaftli-chen Literatur berücksichtigt. Zudem werden sichaus der kontinuierlichen wissenschaftlichen Be-gleitung der Initiative durch die Fachgesellschaftund die Zertifizierungskommission Aspekte einerVerbesserung des Zertifizierungsprozesses selberund der Patientenversorgung bzw. deren Bewer-tungsmöglichkeit ergeben. Insofern ist die Weiter-entwicklung des Systems wesentlicher Bestandteilder gesamten Initiative.

Literatur[1] Koy T, König DP, Eysel P. Einfluss von Mindestmengen auf

die Ergebnisqualität in der Hüftendoprothetik. Z Orthop Un-fallchir 2007; 145: 291-296

[2] Straub C, Müller H. Medizinische Zentren – Anforderungenaus Sicht der GKV. Z ärztl Fortbild Qual Gesundheitswes2007; 101:147-152

Zielsetzung

13

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3 Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen anein EndoProthetikZentrum

3.1 Leistungsmengen in Endo-ProthetikZentrenLuft et al. haben 1979 erstmals eine "Volume-Out-come-Hypothese" erstellt und auf den Zusammen-hang zwischen Fallzahlen und Ergebnisqualität inder Medizin hingewiesen (Luft 1979). Seitdem istfür eine Vielzahl von chirurgischen Interventionen(z. B. bei Aortenaneurysma, Brustkrebs, gastroin-testinalen bzw. kolorektalen Tumoren, Gefässein-griffen) dieser Effekt bestätigt worden. Kizer hatdies 2003 in einem vielbeachteten Artikel im NewEngland Journal of Medicine als „volume-outcomeconundrum“ bezeichnet, aber gleichzeitig daraufhingewiesen, dass dieser Zusammenhang sich v. a.auf komplexe Eingriffe bezieht: „…there is consi-derable evidence that patients undergoing com-plex treatments or high-risk surgical procedureshave lower mortality rates and better outcomes ifcare is provided in hospitals that have a high case-load…" (Kizer 2003). Drei Faktoren gelten als we-sentliche Ursache dafür, dass in „High-Volume“-Einrichtungen bessere Ergebnisse erzielbar sind:● besseres Komplikationsmanagement bei größe-ren Fallzahlen (Mikeljevic et al. 2003): dies giltv. a. für Chirurgen mit großen Fallzahlen und gu-ten Unterstützungsprozessen (Anästhesie, Inten-

sivmedizin). Vermutlich können aber auch Ope-rateure mit individuell niedrigen Fallzahlen guteErgebnisse erzielen, wenn sie in einer Klinik mitinsgesamt großen Patientenzahlen und entspre-chend qualifizierten Unterstützungsprozessentätig sind (Mikeljevic et al. 2003).

● häufige Anwendung multimodaler Konzepte inHigh-Volume-Kliniken (Bachmann et al. 2002):insbesondere die Anwendung klinischer Pfadewird hier als vorteilhaft eingeschätzt.

● höheres Maß an Spezialisierung (Birkmeier2002): man kann davon ausgehen, dass sich beispezialisierten Chirurgen ein Trainingseffekt ent-wickelt und sie auch neue bzw. verbesserte Be-handlungstechniken rascher aufnehmen.

Internationale Daten zum Zusammenhang vonVolumen und Behandlungsergebnis in derEndoprothetik

Seit 1997 ist in unterschiedlichen Untersuchungenfür die Hüft- und Knie-Endoprothetik geprüft wor-den, ob sich ein Zusammenhang zwischen den Be-handlungszahlen von Chirurgen bzw. Kliniken unddem Ergebnis nachweisen lässt. Günther (2011)hat einen systematischen Review der publiziertenArbeiten vorgenommen und die folgenden Tabel-len fassen die Ergebnisse zusammen:

Tab. 3.1 Zusammenhang zwischen Fallzahl von Operateuren bzw. Kliniken mit Morbidität und Mortalität nach Hüft-Endo-prothetik (nach Günther 2011)

Morbidität Mortalität

Chirurg Klinik Chirurg Klinik

Kreder (1997) ja nein

Taylor (1997) ja

Khuri (1999) nein nein

Espehaug (1999) ja

Katz (2001) ja ja

Solomon (2002) ja ja

Sharkey (2004) ja

Heller (2004) (nein) ja

Doro (2006) ja

Judge (2006) fraglich ja

Manley (2008) ja nein

Paterson (2010) ja (nein) nein Nein

Sattoo (2010) ja ja

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Page 16: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Tab. 3.2 Zusammenhang zwischen Fallzahl von Operateuren bzw. Kliniken mit Morbidität und Mortalität nach Knie-Endo-prothetik (nach Günther 2011)

Morbidität Mortalität

Chirurg Klinik Chirurg Klinik

Taylor (1997) ja

Norton (1998) ja

Kreder (2003) nein nein nein nein

Katz (2004) ja ja nein nein

Husted (2006) nein

Solomon (2004) ja

Sohoo (2006) ja

Schulze (2007) ja

Muilwijke (2007) ja nein

Aus den publizierten Arbeiten scheint sich sowohlfür Hüft- als auch Knie-Endoprothetik mehrheit-lich ein positiver Zusammenhang zwischen derFallzahl von Operateuren und der postoperativenMorbidität (v. a. Häufigkeit von Komplikationenbzw. Revisionseingriffen) ableiten zu lassen. DiesesErgebnis wird auch in Metaanalysen von Koy et al.(2007), Schräder und Rath (2007) sowie von Mar-low et al. (2010) bestätigt. Dagegen besteht offen-sichtlich kein Zusammenhang zwischen der Fall-zahl von Chirurgen und der Patientensterblichkeit.Diese wird zumindest in der Hüftendoprothetikpositiv von der in einer Klinik behandelten Fallzahlbeeinflusst.

Die Interpretation dieser Daten ist jedoch durchgroße Unterschiede in Methodik und Ergebnisdar-stellung der meist retrospektiven Auswertungenerschwert. So sind beispielsweise die Einschluss-kriterien, Zielvariablen und Beobachtungszeitensehr heterogen. Problematisch sind auch die gro-ßen Unterschiede in der Volumendefinition, dieeine Ableitung evidenzbasierter Schwellenwertebeeinträchtigen. Dennoch ist zumindest für dieHüftendoprothetik in mehreren Publikationeneine Zunahme der postoperativen Morbidität er-kennbar, wenn Operateure weniger als 50 Eingriffepro Jahr durchführen. So sehen z. B. Manley et al.(2008) bei ihrer Analyse der Komplikationen nachHüftendoprothetik in den USA, dass bei Operateu-ren mit niedrigen Fallzahlen (< 50 Eingriffe proJahr) die Rate an Revisionen innerhalb der ersten 6Monate postoperativ signifikant höher liegt als beiOperateuren mit mehr als 50 Eingriffen pro Jahr.Dennoch kann derzeit vor dem Hintergrund dersehr heterogenen Methodik in den analysiertenArbeiten weder für Hüft- noch für die Knie-Endo-

prothetik ein evidenzbasierter Schwellenwert fürOperateure angegeben werden.

Situation in Deutschland

In Deutschland wurde für die Kniegelenkendopro-thetik aufgrund der publizierten Datenlage zumZusammenhang zwischen Fallzahl und Qualitäts-merkmalen im Jahr 2006 eine Mindestmengen-regelung mit einem Schwellenwert von 50 Knie-Endoprothesen pro Jahr und Einrichtung einge-führt. Diese ist jedoch 2011 vom GemeinsamenBundesausschuss (GBA) wieder ausgesetzt worden,nachdem ein Landessozialgericht unter Hinweisauf Verfahrensfehler die gesetzlichen Vorausset-zungen für die damalige Einführung als nicht hin-reichend belegt ansah. Eine weitere Begründungdes Urteils lautete, bezüglich des Qualitätsmerk-mals "Wundinfektion" sei die Risikoreduktion "sogering, dass von keinem besonderen Zusammen-hang zwischen Leistungsmenge und Qualität dieRede sein könne". Diese Stellungnahme ist jedochin klarem Gegensatz zur Publikation von Ohmannet al. (2010), die in einer sehr detaillierten bundes-weiten Analyse einen positiven Effekt der Min-destmengenregelung auf postoperative Wund-infekte und Hämatome zeigen konnten. Burmeis-ter (2007) hatte bereits 2002 in einer Analyse vonDaten der externen Qualitätssicherung in Bayerneinen Zusammenhang zwischen Fallzahl und Er-gebnisqualität in der Knie-Endoprothetik zeigenkönnen. Kostuj et al. (2011) konnten dagegen beider Auswertung von Daten aus Nordrhein-West-falen auf Landesebene diese Effekte nicht bestäti-gen. Der GBA ist nach Aussage seines VorsitzendenDr. Hess dennoch davon überzeugt, dass die sei-nerzeitige Entscheidung zur Mindestmenge von 50

3.1 Leistungsmengen in EndoProthetikZentren

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bei der Knie-TEP rechtmäßig war, muss aber zu-nächst die höchstrichterliche Entscheidung durchdas Bundessozialgericht abwarten (ÄrzteZeitung.de, 15.9.2011).

Im Bereich der Hüftendoprothetik gab es bislangin Deutschland keine Festlegung auf Mindestmen-gen. Es liegen einige Analysen nationaler Daten-banken vor, die zu unterschiedlichen Ergebnissenkommen: Schäfer et al. (Schäfer 2007) haben Rou-tinedaten der AOK Niedersachsen aus 2002 aus-gewertet und dabei festgestellt, dass zwar die 30-Tage-Mortalität nach Hüftendoprothetik mit zu-nehmendem Operationsvolumen von Kliniken ab-nimmt, aber kein Zusammenhang mit der Revisi-onsrate besteht. Burmeister et al. (2007) konntenbei der Analyse bayerischer Routinedaten aus 2002zeigen, dass in der Hüft-Endoprothetik ein klarerZusammenhang zwischen Behandlungsvolumenund Ergebnisqualität, gemessen anhand von Kom-plikationsraten, besteht. Die Auswertung der Da-ten aus externer Qualitätssicherung in Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2005 ergab, dass sich einSchwellenwert für die Endoprothetik des Hüftge-lenkes nicht festlegen ließ (Smektala 2005). Schrä-der und Rath (2007) sind dagegen der Meinung,dass sich ein Zusammenhang zwischen Prozedu-renhäufigkeit und Ergebnisqualität – wenn auchauf einem im Vergleich zur Knie-Endoprothetikniedrigeren Evidenzniveau – für die Hüft-Endo-prothetik nachweisen lässt. Nach ihrer Einschät-zung können Schwellenwerte je nach Höhe derkalkulierten Mindestmenge durchaus statistischeRelevanz erreichen. Sie weisen jedoch auf die Not-wendigkeit einer Betrachtung der Beziehung zwi-schen der Ergebnisqualität und der Anzahl vonProzeduren pro durchführenden Ärzten bzw. Ab-teilungen hin, da die Schwellenwerte für entspre-chende Berechnungen sehr heterogen sind.

Festlegung von Mindestfallzahlen für benannteOperateure im EndoCert-Konzept

Insgesamt weisen die Daten für den elektivenHüft- und Kniegelenkersatz im internationalen Be-reich mehrheitlich auf einen Trend zu besseren Er-gebnissen in Behandlungszentren mit höherenFallzahlen und trainierten Operateuren. Diese Be-ziehung ist plausibel bzw. logisch und die beob-achteten Unterschiede in den Behandlungsergeb-nissen sind klinisch bedeutsam. Auch wenn dieserTrend unbestritten ist, erlaubt die derzeitige Evi-denzlage jedoch keine Festlegung auf eindeutig de-

finierte Schwellenwerte, die durch entsprechendeDaten abgesichert wären.

Vor diesem Hintergrund besteht für das Endo-Cert-Konzept die eindeutige Notwendigkeit einerBindung an Zentrumskonzepte mit einer Konzent-ration operativer Eingriffe auf entsprechend trai-nierte Chirurgen. Wichtig ist in Übereinstimmungmit der publizierten Literatur auch eine Bindungdieser Leistungszahlen an benannte Operateure.Zunächst wurden Schwellenwerte für die Benen-nung von „Hauptoperateuren“ (mindestens 50Hüft- bzw. Knie-Endoprothesen pro Jahr als eigen-ständig durchgeführte bzw. verantwortlich assis-tierte Eingriffe) bzw. „Senior-Hauptoperateuren“(mindestens 100 Endoprothesen pro Jahr ein-schließlich Wechseloperationen) vorgenommen.Die sich daraus (mindestens 2 benannte Haupt-bzw. Senior-Hauptoperateure pro Zentrum) erge-bende Gesamtzahl pro Klinik und Jahr von min-destens 100 endoprothetischen Eingriffen in Endo-ProthetikZentren bzw. 200 Eingriffen pro Jahr inEndoProthetikZentren der Maximalversorgungsollte sich nach den Ergebnissen der o. g. Meta-Analysen positiv auf die post-operative Morbiditätbzw. Mortalität von Patienten auswirken. Dennochkann aus den genannten Gründen die Festlegungdieser Schwellenwerte bislang nur vorläufig erfol-gen. In Abhängigkeit von begleitenden Evaluatio-nen des Konzeptes bzw. zusätzlich zu erwartenderQSR-Daten ist die Bewertung im weiteren Verlaufneu zu überprüfen.

Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen wer-den, dass aufgrund der noch heterogenen Daten-lage die EndoCert-Initiative nicht die Einführungeiner zusätzlich generellen Mindestmengenrege-lung im Bereich der Hüft-Endoprothetik inDeutschland postuliert. Für eine solche Empfeh-lung wäre sehr sorgfältig die Auswirkung auf dieVersorgungsstruktur zu analysieren. Das Ziel derZertifizierungsinitiative müssen qualitativ effizien-te Strukturen und nicht Umverteilungen von Pa-tienten sein.

So erfolgte im Jahr 2004 in Deutschland die Im-plantation von insgesamt ca. 150.000 Hüftendo-prothesen in 1264 Abteilungen, davon ca. 120.000bei Coxarthrose und 30.000 bei Schenkelhalsfrak-tur. Da in vielen Krankenhäusern immer noch sehrwenige Hüftendoprothesen pro Jahr eingesetztwerden, würde die Einführung einer Mindestmen-genregelung ähnlich wie bei der Kniegelenkendo-prothetik zu Umverteilungsprozessen führen kön-nen. Aus der Analyse von Schräder und Rath

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Page 18: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

(2007) ist zu entnehmen, dass in 16% aller Klini-ken weniger als 20 Hüftendoprothesen pro Jahrimplantiert werden. Die Einführung einer selekti-ven Mindestmenge von 50 Implantationen proJahr würde demnach in der elektiven Hüftendo-prothetik 553 Krankenhäuser (48%) betreffen undes müssten annähernd 11.000 Patienten (9,7 %)umverteilt werden. Eine ähnliche Zahl wurde beider Knieendoprothetik ebenfalls kalkuliert (Blumet al. 2004) und wird als noch verträglich einge-schätzt. Allerdings wäre die Quote der umzuver-teilenden Patienten bei der Schenkelhalsfrakturungleich größer. In diesem Fall würde die selektiveMindestmenge von 50 Hüft-TEP Implantationenpro Jahr 1006 Krankenhäuser (85,1 %) aller Kran-kenhäuser betreffen und es müssten 58,5 % allerPatienten umverteilt werden.

Durch die hohe Fallzahl von Hüftgelenkendopro-thesen bei Coxarthrose und der niedrigeren Fall-zahl bei Schenkelhalsfraktur ist hier eine prozedu-renbezogene Betrachtung notwendig, da sie unter-schiedliche Risiken und Ergebnisse beinhalten undMindestmengen die Versorgungslandschaft so ver-ändern würden, dass Zeitgrenzen der Versorgungschwerlich eingehalten werden könnten. Dies isteiner der Gründe dafür, warum das aktuelle Endo-Cert-Konzept zunächst auf die Zertifizierung vonStrukturen und Prozessen in der elektiven Endo-prothetik begrenzt bleibt.

Literatur[1] Bachmann MO, Alderson D, Edwards D, Wotton S, Bedford C

et al. Cohort study in South and West England of the influ-ence of specialisation on the management and outcome ofpatients with oesophageal and gastric cancers. Br J Surg2002; 89:914-922

[2] Blum K, Offermanns M. Mindestmengenregelung – Wirkungauf Versorgungsstruktur und Patientenwanderung. Arzt undKrankenhaus 2004; 11: 337-341

[3] Burmeister C. Einfluss der Fallzahl auf die Ergebnisqualitätin der orthopädischen Chirurgie. Eine Analyse der Daten derexternen Qualitätssicherung Bayern. Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität zu München, 2007

[4] Birkmeyer JD, Siewers AE, Finlayson EVA, Stukel TA, Lucas F,Batista I, et al. Hospital Volume and surgical Mortality in theUnited States. N Engl J Med. 2002; 346:1128-1137

[5] Günther KP. Zentrenbildung und Mindestmengen - was sagtdie Versorgungsforschung? Jahrestagung der Vereinigungleitender Orthopäden und Unfallchirurgen, Frankfurt 2011

[6] Kizer KW. The volume-outcome conundrum. N Engl J Med.2003 Nov 27;349(22):2159-61

[7] Kostuj T, Schulze-Raestrup U, Noack M, Buckup K, SmektalaR. Minimal provider volume in total knee replacement : ananalysis of the external quality assurance program of NorthRhine-Westphalia (QS-NRW). Chirurg. 2011 May;82(5):425-32.

[8] Koy T, König DP, Eysel P. Einfluss von Mindestmengen aufdie Ergebnisqualität in der Hüftendoprothetik, Z Orthop Un-fallchir 2007; 145: 291-296

[9] Luft HS, Bunker JP, Enthoven AC. Should operations be regio-nalized? The empirical relation between surgical volumeand mortality. N Engl J Med. 1979 Dec 20;301(25):1364-9.

[10] Marlow NE, Barraclough B, Collier NA, Dickinson IC, FawcettJ, Graham JC, Maddern GJ. Centralization and the relations-hip between volume and outcome in knee arthroplasty pro-cedures. ANZ J Surg. 2010 Apr;80(4):234-41.

[11] Manley M, Ong K, Lau E, Kurtz SM. Effect of volume on totalhip arthroplasty revision rates in the United States Medicarepopulation. J Bone Joint Surg Am. 2008 Nov;90(11):2446-51.

[12] Mikeljevic JS, Haward RA, Johnston C, Sainsbury R, FormanD. Surgeon workload and survival from breast cancer. Br JCancer 2003. 89:487-491

[13] Ohmann C, Verde PE, Blum K, Fischer B, de Cruppé W, Gera-edts M. Two short-term outcomes after instituting a natio-nal regulation regarding minimum procedural volumes fortotal knee replacement. J Bone Joint Surg Am. 2010 Mar;92(3):629-38.

[14] Schäfer T, Neusser S, Lorenz C, Dörning H, Bitzer EM. Kran-kenhaus-Rangfolgen nach Ergebnisqualität in der Hüftendo-prothetik- Routinedaten mit oder ohne ergänzende Patien-tenbefragungen? Teil 1: Routinedaten. GMS Med InformBiom Epidemiol. 2007;3(1):Doc08.

[15] Schräder P, Rath T. Mindestmengen in der Hüftgelenksendo-prothetik bei Coxarthrose und Schenkelhalsfraktur – Evi-denzbericht und Modellrechnung zur Auswirkung auf dieflächendeckende Versorgung. Z Orthop Unfallchir 2007;145:281-290

[16] Smektala R, Schultze-Raestrup U, Wittenberg R, Bredehöft J.Mindestmengen in der Hüftgelenk-Endoprothetik bei Co-xarthrose. Z Orthop 2005; 143: 4-7.

3.1.1 FrakturbedingteEndoprothetikIm Zusammenhang mit der endoprothetischenVersorgung sind vor allem die Schenkelhalsbrüchevon Interesse. Eine Primärversorgung von frischenFrakturen am Kniegelenk wird gelegentlich fürTrümmerbrüche der Gelenkflächen mit der Un-möglichkeit der Rekonstruktion diskutiert, ist aberzahlenmäßig ohne Bedeutung. Schenkelhalsbrü-che wiederum sind die häufigste Fraktur des altenMenschen. Sie sind überwiegend auf die dort be-sonders zu Tage tretende Schwächung des Kno-chengerüstes bei Osteoporose zurückzuführenund werden daher auch gelegentlich als Leidenund nicht als Verletzung klassifiziert. Da die Osteo-porose überwiegend postmenopausal bei Frauenauftritt, ist die Schenkelhalsfraktur überwiegendeine Verletzung der älteren Frau.

Pro Jahr werden in Deutschland ca. 160.000Schenkelhalsfrakturen registriert, von denen etwaein Drittel endoprothetisch versorgt werden. Die

3.1 Leistungsmengen in EndoProthetikZentren

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Page 19: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Prävalenz von Schenkelhalsfrakturen beträgt inDeutschland etwa 18 pro 10.000 der Bevölkerungist damit etwas doppelt so hoch wie in Spanienund Portugal, ohne dass die dafür verursachendenFaktoren alle bekannt wären.

In Deutschland wurden 2010 157.712 Patientenmit einer elektiven Erstimplantation einer Hüft-endoprothese versorgt und 46.606 Patienten miteiner Erstimplantation in Folge einer Schenkel-halsfraktur. Schenkelhalsfrakturen machen dem-entsprechend ca. 23% der Gesamtversorgungsratemit Hüftendoprothesen in Deutschland aus. (AQUA2010, AQUA 2011, Abb. 3.1)

Ein Großteil der Schenkelhalsfrakturen wird mitder sogenannten Duo-Kopf-Prothese versorgt, dieeinen zusammenhängenden modularen Aufbauaus Prothesenstiel, Prothesenkopf und Pfannen-ersatz darstellt. Die Pfanne bedarf dabei keiner be-sonderen Befestigung. Das Pfannenimplantat wirdgrößengerecht in die Ursprungspfanne eingesetzt.Im Jahr 2010 wurden annähernd 32.000 Duo-Kopf-Prothesen implantiert. Damit dürften überzwei Drittel der Schenkelhalsfrakturen auf dieseArt und Weise versorgt worden sein (Tab. 3.3).

Schenkelhalsfrakturen stellen im Zusammen-hang mit der Endoprothetik daher eine besondereKlientel dar:

● Es handelt sich um überwiegend ältere Frauenmit ausgeprägter Osteoporose, was eine beson-dere Berücksichtigung der Implantatwahl undVerankerungstechnik erfordert.

● Die Patienten sind häufig durch eine schwereAllgemeinerkrankung und Leistungseinschrän-kung beeinträchtigt (ASA 3-4, Tab. 3.4)

● Die Ergebnisqualität und darunter die Rate derKomplikationen insbesondere auch die der Leta-lität ist bei frakturbedingter Endoprothetik deut-lich höher (AOK WiDO)

Daraus folgert, dass die gemeinsame Bewertungvon elektiver und frakturbedingter Endoprothetiknicht sinnvoll ist. Kliniken mit einem Patientenkol-lektiv überwiegend normaler und gesunder Pa-tienten mit elektiver Hüftendoprothetik würdendemgemäß primär viel besser abschließen müssenals solche mit einem höheren Anteil frakturbe-dingter Endoprothetik. Da auch Struktur und Pro-zessqualität einige Verschiedenheiten aufweisen,soll ein Modul frakturbedingte Endoprothetik inKooperation mit der Deutschen Gesellschaft fürUnfallchirurgie entwickelt werden.

Jahr

An

zah

lFä

lle

(in

Tau

sen

d)

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

220

200

180

160

140

120

100

80

60

40

20

0

sonstige

Kurzschaft-Femurkopfprothese

Oberflächenersatz

Duokopfprothese

Femurkopfprothese

TEP Sonderprothese

TEP

Abb. 3.1 Häufigkeiten der in Deutschland verwendeten Endoprothesentypen bei Hüft-Endoprothesen-Implantation(Daten der externen stationären Qualitätssicherung 2004-2010 aus den Modulen 17/1 und 17/2) (AQUA.Hüftendoprothesenversorgung, Abschlussbericht 2012).

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Page 20: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Literatur[1] H. W. Minne, M. Pfeifer, R. Witteberg, R. Würtz: Schenkel-

halsfrakturen in Deutschland: Prävention, Therapie, Inzi-denz und sozioökonomische Bedeutung, Dtsch. Ärztebl.2001; 98: A-1751/B-1502/C-1394

[2] AQUA. Bundesauswertung 2010: Verfahren 17/1 Göttingen:Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschungim Gesundheitswesen GmbH 2011

[3] AQUA. Bundesauswertung 2009: Verfahren 17/1 Göttingen:Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschungim Gesundheitswesen GmbH 2010

[4] AQUA. Hüftendoprothesenversorgung, Abschlussbericht 16.März 2012, Göttingen: Institut für angewandte Qualitätsför-derungrung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH2012

3.2 QM-SystemeDie Weltgesundheitsorganisation, die Sozialgesetz-gebung in Deutschland, sowie viele weitere politi-sche Interessenvertreter fordern global, nicht nurfür medizinische Zentren, ein effektives Verfahrenzur Qualitätssicherung der Patientenversorgung.„Qualität wird neben Leistungsfähigkeit und Wirt-schaftlichkeit als einer der drei Grundpfeiler desDienstleistungsbetriebes Krankenhaus betrachtet“(Schrottdorf et al. 2004). Um Aufbau- und Ablauf-organisation von Einrichtungen des Gesundheits-wesens kontinuierlich an die sich veränderndenUmfeldanforderungen anpassen zu können, kannein strukturiertes Qualitätsmanagement (QM)-System hilfreich sein. Es hat die Aufgabe, quali-tätsbezogene Tätigkeiten und Zielsetzungen ineinem einheitlichen System zusammenzuführen

Tab. 3.3 Häufigkeiten der in Deutschland verwendeten Endoprothesentypen bei Hüft-Endoprothesen-Implantation inkl.Veränderungsraten (Daten der externen stationären Qualitätssicherung 2004-2010 aus den Modulen 17/1 und 17/2)(AQUA. Hüftendoprothesenversorgung, Abschlussbericht 2012)

Endoprothesentyp Jahr Verände-rungsrate

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

TEP 142533 147850 1492029 153892 157143 155510 155255 +8,84%

TEP Sonder-prothese

5807 6754 7686 6441 5626 4872 3867 –33,49%

Femurkopf-prothese

3916 3541 3379 2806 2601 2379 2199 –43,84%

Duokopfprothese 26714 28169 28523 29464 30719 30913 31873 +19,31%

Oberflächenersatz 268 930 1391 3331 4040 3908 3104 +1058,20%

Kurzschaft-Fe-murkopfprothese

1884 6184 8134 +331,74%

sonstige 515 457 288 698 467 371 404 –21,55%

Tab. 3.4 Verteilung der ASA Klassifikation bei Patienten mit Hüftendoprothetik 2010 (linke Spalte) und 2009 (rechteSpalte) (AQUA Bundesauswertung zum Verfahrensjahr 2010, 17/2 Hüftendoprothesenerstimplantation)

Einstufung nach ASA-Klassifikation Anzahl % Anzahl %

1. Normaler, ansonsten gesunder Patient 14067 8,9 13804 8,7

2. Patient mit leichter Allgemeinerkrankung 94513 59,9 95204 60,0

3. Patient mit schwerer Allgemeinerkrankungund Leistungseinschränkung

48118 30,5 48470 30,6

4. Patient mit inaktivierender Allgemein-erkrankung, ständige Lebensbedrohung

993 0,63 1056 0,67

5. Moribunder Patient 28 0,02 20 0,01

3.2 QM-Systeme

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und „umfasst die Organisationsstruktur, Verant-wortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und erforderli-chen Mittel für die Verwirklichung des Qualitäts-managements“ (DIN ISO 8402). In klinischen Ein-richtungen kommen heute unterschiedliche Mo-delle von QM-Systemzertifizierungen zur Anwen-dung, die zu Patientenbzw. Mitarbeiterzufrieden-heit, effizienter Gestaltung von Arbeitsabläufenund Fehlervermeidung beitragen können (DIN ENISO 9001:2008, EFQM, Joint Commission, KTQ,etc.). Nach verbreiteter Auffassung ist die Wirk-samkeit eines effektiven und zertifizierten QM-Systems heute ein wichtiger Bestandteil der ge-samten Klinikorganisation und damit auch vonZentren, weshalb – über die Anforderung des Er-hebungsbogens hinaus - die Umsetzung eines QM-Systems auch politisch aus Sicht der Gesetzgeberheute intensiv verfolgt wird.

Positive Einflussfaktoren auf Ergebnisqualität inder Krankenversorgung sind nach Eberlein-Gonskaet al. (2007) die interdisziplinäre Organisation vonBehandlungsprozessen, eine Patientenbegleitungüber die gesamte Behandlungsepisode sowie eineKooperation mit allen an der Versorgung beteilig-ten Berufsgruppen. Auch qualifizierte Aus-, Wei-ter- und Fortbildung, Teilnahme an externen Qua-litätssicherungsverfahren (Benchmark-Vergleiche,regelmäßige Zertifizierung), eine aktive Informa-tion und Beratung der Patienten und Forschungs-aktivität gehören dazu. Wesentliche Voraussetzun-gen für eine erfolgreiche Struktur und Prozess-gestaltung sind konkret:● verbindliche Festlegung von Abläufen und Ver-antwortlichkeiten

● regelmäßige Überprüfung und Anpassung dieserAbläufe

● Zugrundelegung vorhandener Leitlinien● Definition von Mindestmengen● Regelmäßige Messung und Bewertung vonStruktur-, Prozess- und Ergebnisindikatoren

● Festlegung von Qualitätszielen● Kommunikation der erreichten Ziele nach Außen● Schaffung von Stabilität/Kontinuität durch Etab-lierung einer berufsübergreifenden Struktur zurkontinuierlichen gegenseitigen Information, Dis-kussion und Abstimmung

Diese Kriterien können selbstverständlich auchohne Implementierung einer QM-Systemzertifizie-rung als Qualitätsfaktoren in EndoProthetikZen-tren eingeführt und geprüft werden. Die Erfahrungaus der Pilotphase im Rahmen der Einführung desEndoCert-Verfahrens hat jedoch gezeigt, dass die

Anforderungen im Erhebungsbogen wesentlichleichter erfüllbar sind, wenn Einrichtungen bereitsüber eine bestehende Systemzertifizierung ver-fügen. Deshalb soll vom Endoprothetikzentrumein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem an-gewendet werden. Die folgenden Qualitätsmana-gementverfahren sind im Zertifizierungsverfahrenanerkannt:● DIN EN ISO 9001:2008● KTQ● Joint Commission● EFQMWenn Einrichtungen noch nicht über eine System-zertifizierung verfügen, kann die Zertifizierung alsEndoprothetikzentrum bzw. Endoprothetikzen-trum der Maximalversorgung dennoch beantragtwerden. Die Prüfung inhaltlicher Voraussetzungenzur Zertifikatserteilung ist in diesen Fällen jedochdeutlich aufwändiger, da die mit Vorliegen einerbestehenden Systemzertifizierung bereits doku-mentierte Implementierung zentraler Qualitäts-sicherungsmaßnahmen zusätzlich nachzuweisenist.

Im Rahmen der Gründung eines zertifiziertenEndoProthetikZentrums sind folgende Punktegrundsätzlich zu regeln:● Strukturqualität● Prozessqualität● Ergebnisqualität

Literatur[1] Eberlein-Gonska M, Schellong S, Baumann M. Zertifizierte

Medizinische Zentren: Ein messbarer Vorteil für die Patien-tenversorgung?! Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2007;101(3):173-9.

[2] Schrottdorf B, Haft F, Finkentscher W. Gesundheit! ABWWissenschaftsverlag GmbH Berlin, 2004

3.2.1 QualitätssicherndeMaßnahmen zur Endoprothetikin anderen LändernUm aufgrund der Häufigkeit sowie der hohenStandardisierbarkeit endoprothetischer Eingriffedie Prozess- und Ergebnisqualität sicherzustellen,wird in vielen Ländern vor allem die Einführungvon Behandlungspfaden (care pathways) seit meh-reren Jahren stark vorangetrieben (Vanhaecht etal. 2006).

Sowohl Inhalte entsprechender Programme alsauch regulatorische Zuständigkeiten sind erwar-tungsgemäß sehr unterschiedlich. Das britische

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NHS stellt beispielsweise konkrete Dokumente zurVerfügung (“Focus on: Primary hip and knee repla-cement; http://www.institute.nhs.uk), die den un-terschiedlichen am Behandlungspfad beteiligtenOrganisationen dabei helfen sollen, qualitäts-sichernde Maßnahmen einzuführen. Auch wurdein Großbritannien unter Initiative von Gesund-heitsministerium und NHS das in der Onkologiebereits etablierte Programm zur Nachsorge nachoperativen Eingriffen („The Enhanced RecoveryPartnership“) mittlerweile auf die Endoprothetikübertragen. Diese Maßnahme erfolgte mit demausdrücklichen Hinweis, dass damit die guten Er-fahrungen aus bereits anderweitig eingeführtenBehandlungspfaden auch den Patienten mit Ge-lenkersatz zugute kommen sollen (http://www.dh.gov.uk/health/category/publications/reports-pu-blications/).

In Belgien und Holland wurde im Jahr 2000 einNetzwerk „Klinische Pfade“ gegründet, dessen ini-tiales Anliegen es war, Krankenhäuser in beidenLändern bei der Entwicklung, Ausführung und Be-urteilung von klinischen Pfaden in ihren eigenenOrganisationen zu unterstützen. Die Initiatorenetablierten dann 2003 eine Arbeitsgemeinschaftmit dem niederländischen Institut zur Verbes-serung der Gesundheitsversorgung, um die Be-treuung der niederländischen Krankenhäuser zuverbessern. Nach den letzten Angaben aus 2011(http://www.nkp.be/english/index.html) sindmittlerweile mehr als 100 Einrichtungen (Akut-und Rehabilitationskliniken, Pflegeorganisationen,etc.) Mitglied in diesem Netzwerk. Die drei Haupt-ziele der Initiative sind die Einführung eines Pfad-managements, die Unterstützung multidisziplinä-rer Behandlungskonzepte und eine wissenschaftli-che Evaluation der entsprechenden Maßnahmen.

Auch in den USA und Kanada ist die Einführungvon Behandlungspfaden in der Endoprothetik so-wohl in einzelnen Institutionen als auch im Rah-men überregional gesteuerter Initiativen weit ver-breitet. Ein Beispiel ist das 2005 eingeführte „Al-berta Hip and Knee Replacement Project”: Mittelsevidenzbasierter klinischer Pfade soll hierbei vonder Patientenzuweisung bis zum Abschluss derpostoperativen Rehabilitation die größtmöglicheBehandlungsqualität und gleichzeitig Kosteneffek-tivität sichergestellt werden (Gooch et al. 2009).Zunächst wurden in einem Pilotprojekt sehr de-taillierte Maßnahmen in den einzelnen Behand-lungsabschnitten – u. a. Einführung von Case Ma-nagern, Standardpraktiken, patientenorientierte

Servicezentren, Etablierung multidisziplinärerTeams – getestet. Basierend auf sehr positiven Er-fahrungen ist dann 2009 durch die Gesundheits-behörden ein “Bone and Joint Clinical Network”gegründet worden, in dem niedergelassene undKlinikärzte, Verwaltungsebenen und Politik offen-sichtlich sehr eng zusammenarbeiten. Nach Anga-ben von Frank et al. (2011) hat seit 2010 die Mehr-zahl der Einrichtungen, die in Alberta Endoprothe-tik betreiben, die empfohlenen Behandlungsstan-dards übernommen. Ein wichtiger Aspekt ist hier-bei die zentrale Sammlung und Analyse von Be-handlungsdaten, die den Versorgern als vertrauli-che Benchmarking-Information regelmäßig zu-rückgespiegelt werden.

Ein wichtiger Pfeiler Qualitätssicherung ist dieEinführung von Endoprothesenregistern. Basierendauf den guten Erfahrungen in Schweden, wo daserste Register 1975 gegründet wurde, sind mittler-weile in vielen europäischen Ländern, sowie inAustralien, Neuseeland und Kanada nationale En-doprothesenregister etabliert (Serra-Sutton et al.2009). In den meisten Ländern ist die Teilnahmefür Versorger verpflichtend und es werden damitsystematisch Daten zur Standzeit von Endoprothe-sen generiert. Auffällige Entwicklungen im Bereichvon Implantaten bzw. Verankerungstechnik undVersorgungsmodalität sind damit recht zuverlässigerfassbar (Labek 2011, Leonardson 2012, Schuh2012). Auch ist für den einzelnen Operateur beifehlender Möglichkeit zur eigenen Ergebniskon-trolle die Rückmeldung aus Registerdaten einewertvolle Hilfe (Rowden 2012). Nach mehrjähri-gen Versuchen konnte aktuell auch in Deutschlandein Endoprothesenregister (EPRD) etabliert wer-den. Obwohl die Teilnahme zunächst freiwillig istund noch nicht alle Kostenträger involviert sind,darf von einer mehrheitlichen Erfassung der hier-zulande durchgeführten endoprothetischen Ein-griffe an Hüft- und Kniegelenk in Kürze ausgegan-gen werden.

Für die Einführung des EndoCert-Verfahrens er-geben sich damit mehrere Anknüpfungspunkte:Die international mittlerweile belegte Verbes-serung von Prozessmerkmalen durch die Einfüh-rung von Behandlungspfaden ist ein zentraler Be-standteil des Zertifizierungskonzeptes. Auch diezentrale Sammlung und Analyse von anfallendenDaten aus der stationären Versorgung in den En-doProthetikZentren, wie sie z. B. in Kanada erfolg-reich praktiziert wird, ist von uns angestrebt. Fürdie Sicherung und Erfassung der Ergebnisqualität

3.2 QM-Systeme

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muss die Datenbearbeitung durch ein zentralesRegister der Fachgesellschaft erfolgen (nach demBeispiel des Traumaregisters). Zusammen mit denDaten aus der stationären Qualitätssicherung(AQUA) und künftig anfallenden Daten aus demERPD sollte sich eine hervorragende Möglichkeitzur Evaluation der qualitätssichernden Maßnah-men im Rahmen des EndoCert-Konzeptes ergeben.

Literatur[1] Frank C, Marshall D, Faris P, Smith C; Alberta Bone and Joint

Health Institute. Essay for the CIHR/CMAJ award: improvingaccess to hip and knee replacement and its quality by adop-ting a new model of care in Alberta. CMAJ. 2011 Apr 5;183(6):E347-50. Epub 2011 Mar 21.

[2] Gooch KL, Smith D, Wasylak T, Faris PD, Marshall DA, KhongH, Hibbert JE, Parker RD, Zernicke RF, Beaupre L, Pearce T,Johnston DW, Frank CB. The Alberta Hip and Knee Replace-ment Project: a model for health technology assessment ba-sed on comparative effectiveness of clinical pathways. Int JTechnol Assess Health Care. 2009 Apr;25(2):113-23.

[3] Labek G, Thaler M, Janda W, Agreiter M, Stöckl B. Revisionrates after total joint replacement: cumulative results fromworldwide joint register datasets. J Bone Joint Surg Br. 2011Mar;93(3):293-7.

[4] Leonardsson O, Garellick G, Kärrholm J, Akesson K, RogmarkC. Changes in implant choice and surgical technique for he-miarthroplasty. Acta Orthop. 2012 Feb;83(1):7-13. Epub2011 Nov 23.

[5] Raphael M, Jaeger M, van Vlymen J. Easily adoptable totaljoint arthroplasty program allows discharge home in twodays. Can J Anaesth. 2011 Oct;58(10):902-10. Epub 2011Aug 6.

[6] Rowden NJ, Harrison JA, Graves SE, Miller LN, de Steiger RN,Davidson DC. Loss to follow-up after arthroplasty: a newuse for registry data. J Bone Joint Surg Br. 2012 Apr;94(4):493-6.

[7] Schuh R, Neumann D, Rauf R, Hofstaetter J, Boehler N, LabekG. Revision rate of Birmingham Hip Resurfacing arthroplas-ty: comparison of published literature and arthroplasty re-gister data. Int Orthop. 2012 Feb 22. [Epub ahead of print]

[8] Serra-Sutton V, Allepuz A, Espallargues M, Labek G, Pons JM.Arthroplasty registers: a review of international experi-ences. Int J Technol Assess Health Care. 2009 Jan;25(1):63-72.

[9] Vanhaecht K, Bollmann M, Bower K, Gallagher C, Gardini A,Guezo J, Jansen U, Massoud M, et al. Prevalence and use ofclinical pathways in 23 countries — an international surveyby the European Pathway Association (www.E-P-A.org).Journal of Integrated Care Pathways, 2006; 10, 28-34.

3.3 ProzessqualitätIm EndoCert-Konzept ist die Sicherstellung einergrößtmöglichen Prozessqualität von zentraler Be-deutung. Vor dem Hintergrund der o. a. internatio-nalen Entwicklungen wird deshalb die Etablierungvon Behandlungspfaden sowohl in EndoProthetik-

Zentren als auch EndoProthetikZentren der Maxi-malversorgung gefordert.

Die synonymen Begriffe „Behandlungspfad“ (ca-re pathway) oder „klinischer Pfad“ bezeichneneine Organisationsform, bei der Patienten miteiner Erkrankung standardisiert behandelt wer-den. Die wesentlichen Ziele dabei sind:● Sicherstellung einer hohen Prozessqualität● Vermeidung von Behandlungsfehlern● Senkung der Behandlungskosten● Verbesserung der ErgebnisqualitätFrühe Untersuchungen zur Effektivität klinischerPfade wurden in den USA durchgeführt und dortlag häufig ein Fokus auf ökonomischen Aspekten.Die Voraussetzungen unterscheiden sich jedochhinsichtlich der Ausgangssituation grundlegendvon denen in Europa, so dass die Ergebnisse vonStudien zu den Effekten standardisierter Behand-lungsprogramme nicht direkt übertragbar sind(Ho et al. 2007). Eine systematische Übersicht undMetaanalyse über die Effekte von Behandlungspfa-den in operativen und nicht-operativen Diszipli-nen findet sich bei Rotter et al. (2008). Daran wirddeutlich, dass neben einem Einfluss auf ökono-mische Kennzahlen durchaus positive Auswirkun-gen auf die medizinische Prozess- und Ergebnis-qualität nachweisbar sind. So belegt beispielsweisekonkret eine europäische Studie zur Kostensen-kung durch klinische Pfade in der Endoprothetikneben diesem Effekt auch eine Verbesserung derLebensqualität (Euro-QoL) und ein höheres Funk-tionsniveau (Harris Hip Score, American Knee So-ciety Score) bei den so behandelten Patienten(Brunenberg 2005). In einer Metaanalyse vorlie-gender Studien bei Hüft- und Knieprothesen-implantationen aus dem Jahre 2009 wurden 22Studien berücksichtigt und in Bezug auf postope-rative Komplikationen, Anzahl der nach Hause ent-lassenen Patienten, Länge des stationären Aufent-halts und direkte Behandlungskosten ausgewertet(Barbieri 2009). Durch die Einführung von Be-handlungspfaden konnte die Qualität der Behand-lung gemessen an der Anzahl postoperativer Kom-plikationen verbessert, sowie die Behandlungsdau-er im Krankenhaus und somit die direkten Be-handlungskosten gesenkt werden.

Cram et al. (2007) vergleichen konkret die Er-gebnisse nach Hüft- und Kniegelenkersatz in „spe-cialty hospitals“ bzw. „general hospitals“ und bele-gen sowohl für Primär- als auch Wechseleingriffeeine signifikant niedrigere Komplikationsrate inden auf Gelenkersatz spezialisierten Abteilungen.

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Anhand einer Auswertung von Behandlungsdatennach Knie- und Hüft-TEP in Großbritannien konntegezeigt werden, dass mit zunehmenden Operati-onszahlen pro Klinik die Komplikationsrate undinsbesondere auch die Mortalität für beide Eingrif-fe abnimmt (Judge et al. 2006). Bemerkenswert andieser Untersuchung ist insbesondere, dass dieKomplikationsrate an Weiterbildungskliniken un-terhalb der Rate von Kliniken lag, an denen keineWeiterbildung durchgeführt wird.

Von wesentlicher Bedeutung scheint der Effekteiner Prozessreorganisation im gesamten, an derBehandlung beteiligten Team, zu sein. In Diskussi-on ist in diesem Zusammenhang auch die Einbin-dung von „Konsiliarärzten“ zur Fallzahlsteigerungan stationären Einrichtungen. Zumindest fürGroßbritannien haben Oussedik und Haddad(2009) sowie White et al. (2009) einen nachtei-ligen Effekt dieser Praxis auf die Ergebnisqualitätnach Hüftgelenkersatz berichtet. Deshalb wird zu-mindest für EndoProthetikZentren der Maximal-versorgung eine Festanstellung von Senior-Haupt-operateuren eingefordert. In allen Einrichtungen(auch in EndoProthetikZentren ohne Maximalcha-rakter) ist die inhaltliche Einbindung von Opera-teuren in die Pfadgestaltung sicherzustellen.

Literatur[1] Barbieri A, Vanhaecht K, Van Herck P, Sermeus W, Faggiano

F, Marchisio S, Panella M. Effects of clinical pathways in thejoint replacement: a meta-analysis. BMC Med. 2009 Jul1;7:32.

[2] Brunenberg DE, van Steyn MJ, Sluimer JC, Bekebrede LL, Bul-stra SK, Joore MA. Joint recovery programme versus usualcare: an economic evaluation of a clinical pathway for jointreplacement surgery. Med Care. 2005 Oct;43(10):1018-26.

[3] Cram P, Vaughan-Sarrazin MS, Wolf B, Katz JN, RosenthalGE. A comparison of total hip and knee replacement in spe-cialty and general hospitals. J Bone Joint Surg Am 2007;89:1675-1684

[4] Ho DM, Huo MH. Are critical pathways and implant stan-dardization programs effective in reducing costs in totalknee replacement operations? J Am Coll Surg. 2007 Jul;205(1):97-100..

[5] Judge A, Chard J, Learmonth I, Dieppe P. The effects of surgi-cal volumes and training centre status on outcomes follo-wing total joint replacement: analysis of the Hospital Episo-de Statistics for England. J Public Health 2006; 28:116–124

[6] Oussedik S, Haddad F. Further doubts over the performanceof treatment centres in providing elective orthopaedic sur-gery. J Bone Joint Surg Br 2009; 91:1125-1126

[7] Rotter T, Kugler J, Koch R, Gothe H, Twork S, van OostrumJM, Steyerberg EW. A systematic review and meta-analysisof the effects of clinical pathways on length of stay, hospitalcosts and patient outcomes. BMC Health Serv Res. 2008 Dec19;8:265.

[8] White SP, John AW, Jones SA. Short-term results of total hipreplacements performed by visiting surgeons at an NHStreatment centre. J Bone Joint Surg Br. 2009 Sep;91(9):1154-7

3.4 ErgebnisqualitätDie Leistungserbringer sind nach SGB V §135a zurSicherung und Weiterentwicklung der Qualität dervon ihnen erbrachten Leistungen sowie zur Teil-nahme an einrichtungsübergreifenden Maßnah-men der Qualitätssicherung verpflichtet, derenZiel eine Verbesserung der Ergebnisqualität ist. DieBildung von EndoProthetikZentren dient dieserVerbesserung der Qualität in der Versorgung. Ne-ben der Struktur- und Prozessqualität steht die Er-gebnisqualität im Mittelpunkt der Maßnahmen.Die erreichte Ergebnisqualität nach endoprotheti-scher Versorgung bzw. Revisions- und Wechselein-griffen ist in unterschiedlichen Dimensionen undzu unterschiedlichen Zeiten messbar. Dazu gehörtneben der subjektiven Patientenzufriedenheit (mitQualitätsmerkmalen der unmittelbaren Versor-gung sowie des längerfristigen Outcome) eine Be-wertung des Implantates (hinsichtlich Standzeitund Strukturmerkmalen wie z. B. Implantatpositi-on/-verschleiß, Knochenreaktion) sowie eine Er-fassung der Häufigkeit von Komplikationen und da-durch bedingter Interventionen.

In konventionell etablierten QM-Verfahren ist inder Regel nur die regelmäßige Messung der Patien-tenzufriedenheit mit dem unmittelbaren Versor-gungsprozess anhand strukturierter Befragungensowie eine systematische Erfassung von Komplika-tionen gefordert. Eine darüber hinausgehende kon-tinuierliche Dokumentation bzw. Analyse von Algo-funktion und Lebensqualität im postoperativenVerlauf sowie eine Implantatbewertung wird bis-lang nicht gefordert, obwohl diese Dimensionen ge-rade in der endoprothetischen Versorgung von zen-traler Bedeutung sind. Die durch ein EndoProthe-sen-Zentrum zu leistende Qualitätssicherung solltedeshalb einen umfassenden Ansatz mit Integrationdieser wichtigen Dimensionen und unter Berück-sichtigung des zeitlichen Verlaufs sicherstellen.

Im Rahmen einer derzeitigen Initiative zur sek-torenübergreifenden Qualitätssicherung im Ge-sundheitswesen nach §137a SGB V ist das AQUA-Institut vom GBA beauftragt, Qualitätsindikatoren,Instrumente und eine damit verbundene Doku-mentation für die Hüft- und Knie-Endoprothesen-versorgung zu entwickeln. Es sind für die Hüften-doprothetik erste Empfehlungen zum Aufbau eines

3.4 Ergebnisqualität

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Indikatorenregisters bzw. eines abgestimmten In-dikatorensets publiziert. Diese enthalten ins-gesamt 25 Vorschläge zur Erfassung von:● Indikation zur elektiven Hüft-Endoprothesen-Erstimplantation

● Indikation zum Hüft-Endoprothesen-Wechsel● Indikation – Aufklärung über Alternativen zurgeplanten Behandlung

● Aufklärung über die Anästhesie● Aufklärung zu möglichen postoperativen Kom-plikationen

● Aufklärung zum postoperativen Verhalten● Prophylaxe heterotoper Ossifikationen● Präoperative Verweildauer bei hüftgelenknaherFemurfraktur

● Sturzprävention● Gehfähigkeit bei Entlassung● Allgemeine postoperative Komplikationen imakut-stationären Aufenthalt

● Spezifische Komplikationen während des akut-stationären Aufenthaltes

● Sterblichkeit während des akut-stationären Auf-enthaltes

● Hüftfraktur innerhalb von 90 Tagen● Thrombose/Lungenembolie innerhalb von90 Tagen

● Chirurgische Komplikationen innerhalb von90 Tagen

● Sterblichkeit innerhalb von 90 Tagen● Ungeplante Folge-OP innerhalb von 365 Tagen● Ungeplante Folge-OP innerhalb von 2 Jahren● Vorliegen eines Nachsorgekonzepts aus derReha-Maßnahme

● Verbesserung der Aktivitäten des täglichenLebens (ATL)

● Verbesserung des Bewegungsumfangs des Hüft-gelenks

● Verbesserung von Schmerz, Funktionalität undBeweglichkeit nach einem Jahr

● Patientenrelevante Endpunkte: Lebensqualität● Patientenrelevante Endpunkte: Schmerz undFunktionalität

Die Indikatoren wären teilweise von der leistungs-erbringenden Einrichtung beim Ersteingriff bzw.von weiterbehandelnden Ärzten zu erheben undein weiterer Teil stammt aus den bei Kostenträgernvorliegenden Abrechnungsdaten. Indikatoren zurAufklärungsqualität sowie patientenrelevantenEndpunkten (Lebensqualität bzw. Schmerz undFunktion) würden anhand von Patientenbefragun-gen zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten (4-6Wochen postoperativ sowie 1 Jahr postoperativ)

erfasst. Das AQUA-Indikatorenset enthält inhaltlichgut begründete und relevante Qualitätsmerkmale,wenngleich die Praktikabilität in der Routineerfas-sung und geeignete Verfahren zur Refinanzierungdes Zusatzaufwands noch nicht absehbar sind.Auch sind in der Auflistung die o. g. Merkmale zurBewertung von Implantat-Standzeit und Positio-nierung im Knochen bzw. die Reaktion des Kno-chenlagers alswichtige Parameter der Ergebnisqua-lität in der Endoprothetik nicht abgebildet, da diesein der Regel erst längerfristig zumTragen kommen.

Aus diesen Gründen sind derzeit im EndoCert-Konzept einerseits noch nicht alle von der AQUAgeforderten Indikatoren in vollem Umfang inte-griert und andererseits geht die Erhebung einzel-ner Parameter der Ergebnisqualität (insbesondereim Bereich der Implantatbewertung) über diese hi-naus. Zusammen mit einer geplanten Erfassungvon Strukturmerkmalen des Implantates in denEndoProthetikZentren sowie der anstehenden Do-kumentation von Implantat-Standzeiten über diebundesweite Einführung des Endoprothesenregis-ters bieten die künftig erwartbaren AQUA-Krite-rien erstmals eine sehr umfassende Möglichkeitzur Abbildung aller relevanten Dimensionen derErgebnisqualität in der Endoprothetik.

Qualitätsindikatoren im EndoCert-Verfahrenmit Erhebungspflicht

In der aktuell entwickelten Version des EndoCert-Konzeptes werden folgende Indikatoren der Ergeb-nisqualität obligat abgefragt:● Patientenzufriedenheit mit dem unmittelbarenVersorgungsprozessBis zum Vorliegen konkreter AQUA-Fragebögensoll allen behandelten Patienten die Möglichkeitgegeben werden, ihre Meinung zum stationärenAufenthalt anonym äußern zu können (z. B. Be-schwerdemanagementsystem, Kummerkasten).Weiterhin ist eine Patientenbefragung nach Ab-schluss aller Therapien durch Telefon, postalischoder Vorortnachsorge regelmäßig (mindestens1x jährlich) über wenigstens 4 Wochen durch-zuführen. Diese systematische Befragung ist in-tegraler Bestandteil etablierter QM-Systemzerti-fizierungen.

● Bewertung des ImplantatesUm Strukturmerkmale zum Implantat prüfen zukönnen, müssen Minimal-Parameter für denkorrekten Prothesensitz bzw. komplikationsfrei-en peri- und postoperativen Verlauf dokumen-tiert werden. Dazu gehört bei Hüftendoprothe-

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Page 26: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

sen die Messung der a. p. Pfanneninklination inGrad, sowie bei Hüft- und Knie-Endoprothesendas Auftreten von periprothetischen Fissurenund/oder Frakturen mit Bedarf an osteosyntheti-scher Versorgung bzw. Änderung des Standard-Behandlungspfades.

● Erfassung der Prothesen-StandzeitMit dem Start des EPRD verpflichten sich dieTeilnehmer am EndoCert-Verfahren zur aktivenBeteiligung am Prothesenregister mit lückenlo-ser Dokumentation aller Behandlungen in derEinrichtung. Eine darüber hinaus gehende eigen-ständige Nachuntersuchung mit Erfassung vonStandzeiten selbst versorgter Patienten ist nichtobligater Bestandteil des EndoCert-Konzeptes,kann aber selbstverständlich im Rahmen wissen-schaftlicher Untersuchungen erfolgen.

● Häufigkeit von Komplikationen und Interventio-nen im stationären AufenthaltIm Rahmen des frühpostoperativen Verlaufes(während der stationären Behandlung) aufgetre-tene Komplikationen müssen getrennt nach Pri-mär- und Wechseleingriffen, später zusätzlichnach Frakturendoprothetik, erfasst und doku-mentiert werden.

In der Hüftendoprothetik sind dies:● Rate an Frühinfektionen (Erfassung nach KISS-Kriterien*)

● Rate an Hüftluxationen● Auftreten von periprothetischen Fissuren und/oder Frakturen mit erforderlicher osteosyntheti-scher Versorgung bzw. notwendiger Änderungdes postoperativen Standard-Behandlungspfades

● Rate an Re-Interventionen aufgrund operations-bedürftiger Probleme

● Rate an aufgetretenen Thrombosen / Embolien● Rate an neurologischen Komplikationen● Rate an TodesfällenIn der Knie-Endoprothetik sind dies● Rate an Frühinfektionen (Erfassung nach KISS-Kriterien*)

● Auftreten von periprothetischen Fissuren und/oder Frakturen mit erforderlicher osteosyntheti-

scher Versorgung bzw. notwendiger Änderungdes postoperativen Standard-Behandlungspfades

● Rate an Re-Interventionen aufgrund operations-bedürftiger Probleme

● Rate an aufgetretenen Thrombosen / Embolien● Rate an neurologischen Komplikationen● Rate an Todesfällen

Fakultative Qualitätsindikatoren

Neben den o. a. obligaten Qualitätsindikatoren gibtes noch fakultativ anwendbare Indikatoren. Diesesind für eine Zertifizierung derzeit nicht zwingendvorgeschrieben, orientieren sich aber an einer künf-tig umfassenderenOutcome-Evaluation, die aus un-terschiedlichenGründenwünschenswert ist:● Patientenzufriedenheit mit Schmerzfreiheit, Funk-tion und LebensqualitätDie Verbesserung von Patienten-relevanten Out-come-Kriterien (PROMs) ist einmaßgebliches Zielder endoprothetischen Versorgung. Dazu gehö-ren in erster Linie Schmerzbesserung bzw. –frei-heit, Funktionalität und gesundheitsbezogene Le-bensqualität. Deshalb enthält auch das AQUA-In-dikatorenset zur Überprüfung des Ergebnissessowohl kurzfristig erhebbare Items (Staffelstein-Score) als auch eine Patientenbefragung etwa1 Jahr postoperativ (WOMAC und EQ-5D). Daeine systematische Nachuntersuchung aller inEndoProthetikZentren bzw. EndoProthetikZen-tren der Maximalversorgung operierten Patien-ten derzeit noch nicht möglich ist, soll die Erfas-sung patientenrelevanter Outcome-Kriteriennicht obligat erfolgen. Wenn eine Einrichtung je-doch über die derzeit gültigen Anforderungen hi-naus in diesem Bereich zusätzliche qualitäts-sichernde Maßnahmen durchführen möchte,kann die Anwendung der genannten Algofunk-tion- (Staffelstein-Score, WOMAC) und Lebens-qualität-Scores (EQ-5D) empfohlenwerden.Es ist davon auszugehen, dass 10-20 % der miteinem Hüft- bzw. Kniegelenkersatz versorgtenPatienten nicht die angestrebte Verbesserungvon Funktion bzw. Lebensqualität erreichen(Bourne et al. 2010, Nilsdotter et al. 2003, Schä-fer et al. 2010). Perspektivisch soll das EndoCert-Verfahren mit dazu beitragen, bei diesen als„non-responder“ bezeichneten Patienten mit zu-sätzlichen Maßnahmen zur Analyse des mögli-cherweise unbefriedigenden Behandlungsergeb-nisses ein Jahr postoperativ beizutragen (z. B.röntgenologische Kontrolle des Implantatsitzesbzw. periprothetischer Knochenveränderungen).

* Die Datenerfassung soll in Anlehnung an die Vorgabendes KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System)erfolgen. Dabei werden Angaben zu Infektionsraten imKrankenhaus vom Nationalen Referenzzentrum fürSurveillance von nosokomialen Infektionen erfasst. DieVerwaltung der „Nationalen Referenzzentren“ obliegtdem Robert-Koch–Institut (RKI).

3.4 Ergebnisqualität

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Das Verfahren zur Erfassung der Ergebnisqualitäthinsichtlich der Schmerzfreiheit, Funktion undLebensqualität wird entwickelt und ist zunächstnur für Pilotkliniken vorgesehen.

● Häufigkeit von Komplikationen und Interventio-nen im Ein-Jahres-VerlaufFür die Kontrolle der Ergebnisqualität wäre eswünschenswert, die im Verlauf des ersten post-operativen Jahres aufgetretenen Komplikationensystematisch zu erfassen. Dazu gehört die Ratean Infektionen, periprothetischen Frakturen undThrombosen/Embolien bei allen versorgten Pa-tienten sowie die Dislokationsrate in der Hüften-doprothetik. Bis QSR-Daten in breiterem Rah-men verfügbar bzw. in eine bundesweite Quali-tätsdokumentation integriert sind, kann eine Er-hebung dieser Outcome-Kriterien auch in Endo-ProthetikZentren nur fakultativ erfolgen.

Insgesamt muss darauf hingewiesen werden, dassdie Erfassung dieser Indikatoren für die Ergebnis-qualität entsprechend zeit- und kostenaufwändigist. Deshalb bedarf es zusätzlich zur Dokumenta-tion in EndoProthetikZentren neu zu schaffenderInstrumente, wie sie im EndoprothesenregisterDeutschland (EPRD) und mit der anstehendenAQUA-Initiative auf den Weg gebracht werden. Bisein endgültiges Konzept vorliegt, kann die Erfas-sung der fakultativ genannten Indikatoren nach1 Jahr nur im Rahmen von Pilotprojekten erfolgen.

Weitergabe der Daten an die Fachgesellschaftund geplante Benchmark-Aktivitäten

Um die Effektivität qualitätssichernder Maßnah-men durch die Einrichtung zertifizierter EndoPro-thetikZentren bzw. EndoProthetikZentren der Ma-ximalversorgung für Öffentlichkeit und Kostenträ-ger darzustellen, soll künftig eine zusammenfas-sende und fortlaufende Auswertung aller Einzel-daten aus den Zentren erfolgen. Dazu ist die Ein-richtung eines zentralen Registers durch die Fach-gesellschaft (nach dem Beispiel des Traumaregis-ters) erforderlich. Die Datensätze zur stationärenQualitätssicherung, die derzeit bereits an die AQUAgemeldet werden, müssen in das Register einfließ-en, ebenso wie die SGB-VII-Datensätze, die auto-matisch für jeden Krankenhausfall generiert wer-den. Letztlich muss in eine solche Lösung auch dasDeutsche Endoprothesenregister einfließen, umeine umfassende Auswertung aller qualitätsrele-vanten Indikatoren sicherzustellen und redundan-te Erfassungen zu vermeiden.

Das Verfahren der Anonymisierung der Daten

muss so erfolgen, dass sie um weitere Informatio-nen ergänzt werden können und so eine Längs-schnittbeobachtung der Patienten erlauben. SolcheVerfahren stehen heute bereits zur Verfügung.Kommerzielle Datenbanken mit solchen Funktio-nen gibt es in den USA und Kanada u. a. auch fürdie Endoprothetik.

Die in einem ersten Schritt erreichbare zentraleDokumentation und Analyse von Daten der Pro-zess und Ergebnisqualität aus EndoProthetikZen-tren gibt die Möglichkeit zum individuellen Bench-marking für teilnehmende Einrichtungen. DieseForm der Rückmeldung hat sich auch in anderenLändern (Gooch et al. 2009, Frank et al. 2011) alsqualitätsförderndes Instrument bewährt. Darüberhinaus erlaubt eine künftig zu erwartende Integra-tion von Daten aus der Implementierung von En-doProthetikZentren sowie AQUA-Indikatoren undRegisterdaten eine umfassende Analyse zur Quali-tätsentwicklung in der Endoprothetik auf nationa-ler Ebene sowie im internationalen Vergleich.

Literatur[1] Bourne RB, Chesworth B, Davis A, Mahomed N, Charron K.

Comparing Patient Outcomes After THA and TKA: Is There aDifference? Clin Orthop Relat Res. 2010 Feb;468(2):542-6.

[2] Frank C, Marshall D, Faris P, Smith C; Alberta Bone and JointHealth Institute. Essay for the CIHR/CMAJ award: improvingaccess to hip and knee replacement and its quality by adop-ting a new model of care in Alberta. CMAJ. 2011 Apr 5;183(6):E347-50. Epub 2011 Mar 21.

[3] Gooch KL, Smith D, Wasylak T, Faris PD, Marshall DA, KhongH, Hibbert JE, Parker RD, Zernicke RF, Beaupre L, Pearce T,Johnston DW, Frank CB. The Alberta Hip and Knee Replace-ment Project: a model for health technology assessment ba-sed on comparative effectiveness of clinical pathways. Int JTechnol Assess Health Care. 2009 Apr;25(2):113-23.

[4] Nilsdotter A, Petersson I, Roos E, Lohmander L: Predictors ofpatient relevant outcome after total hip replacement for os-teoarthritis. Ann Rheum Dis 2003; 62:923-30

[5] Schäfer T, Krummenauer F, Mettelsiefen J, Kirschner S, Gün-ther KP. Social, educational and occupational predictors ofTHR outcome. Osteoarthritis Cartilage 2010 18:1036-1042

[6] Sektorenübergreifende Qualitätssicherung im Gesundheits-wesen nach §137a SGB V: Hüftendoprothesenversorgung.Abschlussbericht, AQUA GmbH, 2012

3.4.1 Literaturübersicht zu denQualitätsindikatorenDie Basisdaten entsprechen dem Stand der Wis-senschaft von 2011. Eine zukünftige Erweiterungund Anpassung an wissenschaftliche Evidenz istGegenstand der kontinuierlichen Entwicklung derEPZ-Kriterien.

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

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Tab. 3.5

Basisdaten Hüfte

HTEPPeriprothetischeInfektion

1 Jahr post-OP:3,0 % Infektionen0,7 % Revision auf-grund Infektion

Dale H, Skråmm I, Løwer HL, Eriksen HM, Espehaug B, Furnes O,Skjeldestad FE, Havelin LI, Engesaeter LB. Infection after primary hiparthroplasty: a comparison of 3 Norwegian health registers. ActaOrthop. 2011 Dec;82(6):646-54.

HTEPSterblichkeit

20 Tage post-OP0,18 %

Lie SA Engesæter LB Havelin LI Furnes O: Early postoperative mortalityafter insertion of hip and knee prostheses A study from: The NorwegianArthroplasty Register, http://nrlweb.ihelse.net/eng/default.htm

HTEPPatienten mitHüftluxationen

n = 39.271> 2 Jahre : 3,9 %< 2 Jahre : 1,2 %

Malkani AL, Ong KL, Lau E, Kurtz SM, Justice BJ, Manley MT. Early- andlate-term dislocation risk after primary hip arthroplasty in the Medicarepopulation. J Arthroplasty. 2010Sep;25(6 Suppl):21-5

from table 3:n = 33,725revised due toluxation229 (0,7 %)time point < 5.3years

Byström S, Espehaug B, Furnes O,Havelin LI: Femoral head size is a riskfactor for total hip luxation: a study of 42,987 primary hip arthroplastiesfrom the Norwegian Arthroplasty Register. Acta Orthop Scand. 2003Oct;74(5):514-24.

HTEPPfanneninklinationim Röntgenbild

Table 6 review/comparisonmaximum reportedoptimally placedcups for inclination85% (Bosker 2007)

Callanan MC, Jarrett B, Bragdon CR, Zurakowski D, Rubash HE, FreibergAA, Malchau H. The John Charnley Award: risk factors for cupmalpositioning: quality improvement through a joint registry at atertiary hospital. Clin Orthop Relat Res. 2011 Feb;469(2):319-29Bosker BH, Verheyen CC, Horstmann WG, Tulp NJ. Poor accuracy offreehand cup positioning during total hip arthroplasty. Arch OrthopTrauma Surg. 2007;127:375–379.

HTEPAnzahl aufgetretenerintraoperativer Fissu-ren, Schafteinsinken,und Pfannenprotru-sionen bei Primär-operationen

N=68.070837 (1,2%)

Annual Report National Joint Registry UK 2011, Table 2.8. page 77www.njrcentre.org.uk

Basisdaten Knie

KTEPPeriprothetischeInfektion

1 Jahr post-OP:0,5 %

Zmistowski B, Restrepo C, Kahl LK, Parvizi J, Sharkey PF. Incidence andreasons for nonrevision reoperation after total knee arthroplasty. ClinOrthop Relat Res. 2011 Jan;469(1):138-45.„Revision“ beinhaltet nicht „non-revision reoperation“, bezieht sich aufWechseloperationen

Männer incl.RA < 1%,Frauen < 0,3%

Swedish knee arthroplasty registry (Report 2011 1.0) www.knee.nko.se/english/online/thePages/publication.php Page 13, abgeleitet aus Dia-grammen„Revision“ beinhaltet nicht „non-revision reoperation“, bezieht sich aufWechseloperationen, wobei Polyethylen-Onlay- Austausch nicht als Wechselgerechnet wird.

Direkt postoperativbis Entlassung:0,1 %

Memtsoudis SG, González Della Valle A, Besculides MC, Gaber L, SculcoTP. In-hospital complications and mortality of unilateral, bilateral, andrevision TKA: based on an estimate of 4,159,661 discharges.Clin Orthop Relat Res. 2008 Nov; 466(11):2617-27

KTEPSterblichkeit

20 Tage post-OP0,12 %

Lie SA Engesæter LB Havelin LI Furnes O: Early postoperative mortalityafter insertion of hip and knee prostheses A study from: The NorwegianArthroplasty Register, http://nrlweb.ihelse.net/eng/default.htm

0,5 % Memtsoudis SG, González Della Valle A, Besculides MC, Gaber L, Sculco

3.4 Ergebnisqualität

27

Page 29: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Tab. 3.5 Fortsetzung

Basisdaten Hüfte

TP. In-hospital complications and mortality of unilateral, bilateral, andrevision TKA: based on an estimate of 4,159,661 discharges.Clin Orthop Relat Res. 2008 Nov; 466(11):2617-27

KTEPEmbolie und Throm-bose

Lungenembolie:0,5 %Thrombose: 0,85%

Memtsoudis SG, González Della Valle A, Besculides MC, Gaber L, SculcoTP. In-hospital complications and mortality of unilateral, bilateral, andrevision TKA: based on an estimate of 4,159,661 discharges.Clin Orthop Relat Res. 2008 Nov; 466(11):2617-27

KTEPGefäßkomplikation

0,7 %(peripheral vascu-lar)

Memtsoudis SG, González Della Valle A, Besculides MC, Gaber L, SculcoTP. In-hospital complications and mortality of unilateral, bilateral, andrevision TKA: based on an estimate of 4,159,661 discharges. Clin OrthopRelat Res. 2008 Nov; 466(11):2617-27

KTEPHämatome

Hämatom2,5 %

Memtsoudis SG, González Della Valle A, Besculides MC, Gaber L, SculcoTP.Für “primary bilateral knee arthroplasty”

KTEPintraoperativeFrakturen

N = 69.172126 (0,18%)

Annual Report National Joint Registry UK 2011, Table 2.18. page 93,bicondylar prosthesis cemented, uncemented and hybrid. www.njrcen-tre.org.uk

KTEPintraoperativeStreckapparat- undBandverletzungen

N=69.17271 (0,10%)

Annual Report National Joint Registry UK 2011, Table 2.18. page 93,bicondylar prosthesis cemented, uncemented and hybrid. www.njrcen-tre.org.uk

3.5 Risikomanagement fürEndoProthetikZentrenDie Etablierung eines umfassenden Risikomanage-ments für EndoProthetikZentren ist erklärtes Zielder EndoCert-Initiative. Daher werden im Folgen-den die Grundlagen und Prinzipien ausführlichdargestellt, auch wenn die obligatorische Einfüh-rung für EndoProthetikZentren und EndoProthe-tikZentren der Maximalversorgung späteren Ver-sionen der Anforderungskriterien vorbehaltenbleibt.

Im Vergleich zum Qualitätsmanagement ist derBegriff des Risikomanagements im Krankenhausnoch relativ neu. Allerdings sind die Anforderun-gen an ein klinisches Risikomanagement und dem-entsprechend dessen Bedeutung in den letztenJahren stark gestiegen.

Das Qualitätsmanagement der EndoCert-Initiati-ve orientiert sich im Wesentlichen nach Risikovor-beugung. Die Entwicklung des EndoCert-Systemswird sich folglich auf die Implementierung eineskonsequenten Risikomanagements ausrichten.

Die Implementierung eines Risikomanagementsist neben einem funktionierenden Qualitätsmana-gementsystem von erheblicher Bedeutung, um einadäquates und hohes Qualitätsniveau zu erzielen.

Durch die Einführung des Risikomanagementskönnen einerseits die Ziele der patientenorientier-ten Leistungssteigerung und der Kostensenkung[1] erreicht werden. Vor allem aber können Pro-zessabläufe wie auch qualitätsbezogene Risikensowie die erbrachten Leistungen transparent dar-gestellt werden.

Gegenwärtig wird dieses in den meisten Kran-kenhäusern, vorausgesetzt diese betreiben ein Ri-sikomanagement, getrennt vom Qualitätsmanage-ment geführt [2]. Vor diesem Hintergrund ist es zuempfehlen, ein umfassendes System als ein „pro-zessorientiertes integriertes Risiko-Qualitäts-management“ umzusetzen [3].

Qualitätssicherung, Qualitätsplanung, Qualitäts-lenkung und Qualitätsverbesserung sind wesentli-che Bestandteile eines Qualitätsmanagements undführen zur kontinuierlichen Verbesserung, was imPlan-Do-Check-Act-Kreislauf (PDCA) [4,5] alsGrundsatz aller Qualitätsmanagement-Modelledargestellt wurde [6]. Obgleich aber ein Qualitäts-management bereits Fehler durch Vorbeuge- undKorrekturmaßnehmen minimiert, sollten Kran-kenhäuser ein Risikomanagement betreiben zur● Risikoidentifikation [7],● Risikoanalyse,● Risikobewertung und● Risikobewältigung.

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

28

Page 30: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Damit werden mögliche Fehler bereits vor ihrerEntstehung erkannt und beseitigt [8]. Im Wesent-lichen dient somit ein Risikomanagement der eige-nen Absicherung der Beteiligten und zur Stärkungdes Vertrauens der Interessengruppen [9].

Dabei berücksichtigt ein umfassendes Risiko-management● die Strukturen,● alle Prozesse und● die Ergebnisse [10] der medizinischen Versor-gung

unter Einbeziehung von früheren Ergebnissen[13,11,12].

Es gibt mehrere Standards, die den Unterneh-men einen Ansatz für die Einführung eines Risiko-managementsystems bereitstellen.

Der bedeutendste Standard ist die DIN ISO31000:2009 in Kombination mit der Norm „ISOGuide 73 Risk Management – Vocabulary“ [13,14],da diese eine strukturierte Vorgehensweise ein-schließlich des organisatorischen Rahmens bein-halten. Die Norm sieht vor, dass das Risikomanage-

ment eine Führungsaufgabe ist, wobei es nicht nurstrategische Risiken berücksichtigt, sondern auchRisiken auf operationeller und prozessualer Füh-rungsebene [13].

Um dem Gesundheitswesen in diesem BereichRechnung zu tragen, wurde Anfang 2011 eine neueNorm für „Dienstleistungen in der Gesundheits-versorgung“ mit der DIN EN 15224 entwickelt.Voraussichtlich soll diese Norm bis zum01.01.2013 durch die verantwortlichen Kommis-sionen freigeben werden. Diese zukünftige Normwird Anforderungen an ein Risikomanagement inder Gesundheitsversorgung enthalten. Der derzei-tige Entwurf der Norm (DIN EN 15224:2011)„schließt Aspekte hinsichtlich des Managementsklinischer Risiken in den ganzen Planungs-, Aus-führungs- und Lenkungsprozessen ein“ [15, Kap0.1]. Die Norm versteht unter klinischen Risikenjene Risiken, die negative Auswirkungen aufeines der nachfolgenden elf Qualitätsmerkmale(Tab. 3.6) haben könnten. [15, Kap 0.1.3]:

Tab. 3.6 Qualitätsmerkmale in der Gesundheitsversorgung

Merkmal [15, Anhang A 3.3] Beschreibung

angemessene, richtige Versorgung der Patient wird untersucht und nach der Einschätzung eines Therapeutenbezüglich des gesundheitlichen Zustands mit keinen/geringfügigen Komplika-tionen oder Nebenwirkungen entsprechend behandelt

Verfügbarkeit Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung sind für den Patienten, der dieseerhält, erreichbar und möglich

Kontinuität der Versorgung es besteht eine nahtlose Kette von Dienstleistungen der Gesundheitsversorgungfür den Patienten von der Überweisung zur Versorgung, Behandlung, Rehabili-tation und Nachsorge

Wirksamkeit Tätigkeiten der Gesundheitsversorgung sorgen in relativ kurzer Zeit zu einemerwartet positiven Ergebnis für den Patienten

Effizienz das für den Patienten erwartete Ergebnis wird unter Einsatz eines Minimums anRessourcen erzielt

Gleichheit Patienten mit gleichartigen Erfordernissen wird die gleiche Versorgung erbracht

evidenzbasiert/wissensbasiert Untersuchungen und Behandlungen in der Gesundheitsversorgung beruhen aufwissenschaftlich fundierten Tatsachen und/oder Erfahrungen auf der Basis vonWissen/bester Praxis

auf den Patienten sowie aufdie körperliche und geistigeUnversehrtheit orientierteVersorgung

Tätigkeiten der Gesundheitsversorgung sind auf die Sichtweise des Patientenkonzentriert und werden stets mit dem Einverständnis des Patienten und mitBlick auf die körperliche und psychologische Unversehrtheit ausgeführt

Mitwirkung des Patienten der Patient wird in Kenntnis gesetzt, befragt und nach Möglichkeit in alle an ihmgeplanten und durchgeführten Behandlungen aktiv einbezogen

Patientensicherheit die mit den Vorgängen der Gesundheitsversorgung verbundenen Risiken werdenanerkannt und geleitet, allen beim Patienten vermeidbaren Schäden wirdvorgebeugt

Rechtzeitigkeit/Zugänglichkeit der Patient ist in der Lage, die Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung ohneunzumutbare Wartezeiten zu erhalten

3.5 Risikomanagement für EndoProthetikZentren

29

Page 31: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Die Norm versteht unter dem Begriff „Risiko“„die Kombination aus der Wahrscheinlichkeit

eines Zwischenfalls und seiner Konsequenzen“[15, Kap 3.16]

und unter „Risikomanagement“„koordinierte Tätigkeiten zum Leiten und Lenken

einer Organisation in Bezug auf das Risiko“[15, Kap 3.16.3].

„Das Risikomanagement zielt darauf ab, dieWahrscheinlichkeiten für unerwünschte Zwischen-fälle und/oder deren negative Konsequenzen zu ver-ringern. […] Vielen Fehlern kann durch standardi-sierte und automatisierte Prozesse und durch eineaktive Überwachung wichtiger und empfindlicherFunktionen vorgebeugt werden“[15, Anhang A 4.2.1].

Die Norm beinhaltet klare Regelungen zum Um-gang mit Risiken und zur Umsetzung und Imple-mentierung eines aktiven Risikomanagements wiez. B.● die Sicherstellung der „Verfügbarkeit maßgeb-licher Informationen, die zur Durchführung undzum Risikomanagement aller Prozesse erforder-lich sind“ [15, Kap 4.1],

● dass die Dokumentation zum Qualitätsmanage-mentsystem enthalten muss, „wie Risiken indem Prozess behandelt werden“, [15, Kap 4.2.1]

● „dass das Management klinischer Risiken in dieManagementansätze integriert wird“[15, Kap 5.1],

● dass die Organisation sicherstellt, „dass das ge-samte Personal regelmäßig an Schulungen zu al-len relevanten Aspekten hinsichtlich seinerFunktion, einschließlich Management klinischerRisiken (3.16.4) zur Patientensicherheit teil-nimmt“ [15, Kap 6.2.2],

● dass bei der Planung der Realisierung der Ge-sundheitsversorgung die Organisation für jedeDienstleistung, soweit angemessen, „eine Risiko-bewertung durchzuführen hat, um geeigneteProzesse zu gestalten“ [15, Kap 7.1],

● dass „die Bewertung klinischer Risiken vor-zunehmen ist, um mögliche negative Auswir-kungen auf beliebige Qualitätsmerkmale (3.11)zu erkennen“ [15, Kap 7.5.1],

● dass die Datenanalyse Angaben über○ klinische Risiken,○ Beinahe-Unfälle,○ Ereignisse und○ unerwünschte Zwischenfälle liefern muss [15,Kap 8.4],

● dass systematische Herangehensweisen be-stimmt werden, „um die Ursachen von Fehlernzu beseitigen und um deren erneutes Auftretenzu verhindern. Korrekturmaßnahmen müssenden Auswirkungen der aufgetretenen Fehler an-gemessen sein“. [15, Kap 8.5.2],

● dass systematische Herangehensweisen für dasManagement klinischer Risiken bestimmt wer-den, „um die Ursachen möglicher Fehler zu be-seitigen, und damit deren Auftreten zu verhin-dern und zu lenken. Vorbeugungsmaßnahmenmüssen den Auswirkungen der möglichen Prob-leme angemessen sein“ [15, Kap 8.5.3].

„Die Organisation der Gesundheitsversorgung soll-te auch somit auch Beinahe-Unfälle und uner-wünschte Zwischenfälle dokumentieren und ana-lysieren, um die Ursachen herauszufinden und umdiese Information für die Gestaltung von Vorbeu-gemaßnahmen zu benutzen.

Das Ziel dieser Verfahren besteht darin, die Si-cherheit der Patienten, sonstiger Kunden undder Belegschaft sicherzustellen und zu verbes-sern“ [15, Anhang A 4.2.3].

Dieses bedeutet in der Praxis im Einzelnen:● „Vorbeugungsmaßnahmen bilden den Kern desManagements klinischer Risiken. Beispiele fürVorbeugungsmaßnahmen in Organisationen derGesundheitsversorgung könnten einschließen:○ qualifiziertes Personal — dessen Ausbildungund Schulung,

○ begründete Verfahren für Untersuchung undBehandlung,– (z. B. qualitativ angemessene präoperativeRöntgenaufnahmen)

– (z. B. präoperative Endoprothesen-Planung)● hohe Standards der Hygiene, Infektionskontrolleund der Bewertung auf Wirksamkeit,

● angemessene Wartung und Instandhaltung vonMedizinprodukten und weiteren technischenGeräte,○ (z. B. sicherheitstechnische Kontrollen an HF-Chirurgie-Geräten)

● Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Pa-tienten, ihrer Proben und von anderem persönli-chen Besitz, einschließlich patientenbezogenerAngaben in der Betreuungskette,○ (z. B. Regelung zum Verbleib von Explantaten)

● Sicherungs- und Sicherheitssysteme (z. B. Na-mensschilder und begrenzter Zugang für die Be-legschaft, Sicherheitskräfte, Schließ- und Alarm-systeme), Beispiel:

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

30

Page 32: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

○ (z. B. Identifikation des Patienten anhand vonstandardisierten Armbändern)

● Ausfallregelungen für Belegschaft, Ausrüstung,Material, Energieversorgung.○ (z. B. Revisionsinstrumente bei Endoprothe-sen-Wechseln)

● Die Ergebnisse der Vorbeugungsmaßnahmensind aufzuzeichnen und zu bewerten“ [15, An-hang A 4.2.4].

Ein Risikomanagementsystem bietet zahlreicheVorteile und sollte als eine Gesamtstrategie ver-standen werden. Das Verfahren eines Risikomana-gements ist somit als Kreislauf zu verstehen, indem die einzelnen Elemente ständig hinterfragtwerden und sich neuen Situationen anpassenmüssen.

Demzufolge entspricht der Risikomanagement-prozess dem Grundgedanken des PDCA-Zyklus [4].Abbildung 3.2 zeigt, in einer detaillierten Ausfüh-rung, alle wesentlichen Komponenten, welche beider Einführung und Umsetzung eines Risikomana-gementsystems [9] berücksichtigt werden müssen.

Umsetzung eines interagierenden bzw. inte-grierten Risikomanagement- und Qualitäts-managementsystems:

Hauptziel einer Klinik-Einrichtung ist die erfolgrei-che, patientenorientierte, fehlerfreie Behandlungunter Einhaltung aller erforderlichen Qualitätskri-terien, wie Struktur-, Prozess- und Ergebnisquali-tät. Weiterhin sollten die Prozesse, anhand vonQualitätsindikatoren, gemessen und die pflegeri-sche Organisation verbessert werden.

Idealerweise beginnt ein Krankenhaus mit derIdentifikation relevanter Risiken und der Bestim-mung aller relevanten Prozesslandschaften. Nachder Identifikation von Risiken können die Prozesseneu gestaltet werden, wobei die Qualitäts- und Ri-sikofaktoren umgehend in die Abläufe integriertwerden. Daraus ergeben sich neue Strukturen,Funktionen und Verantwortlichkeiten [17].

Um die Prozesse messbar zu machen, müssenProzesslandschaften entwickelt werden, für wel-che in regelmäßigen Abständen eine Risikobewer-tung durchgeführt und Kennzahlen definiert wer-den müssen.

grundsätzliche Vorgabenzum Risikomanagement

(risikopolitische Grundsätze)

Risikobewertung(Schadenshöhe, Eintrittswahr-scheinlichkeit, Beherrschbar-

keit, Wechselwirkungen)

Risikoidentifikation(Risikobereiche, Risikofelder)

bestehende Maßnahmenzur Risikobewältigung

Risikoerfassung(Risiko, Ursache, Wirkung)

Dokumentation desRisikomanagements

(Risikohandbuch)

Risikomessung(Risikoindikatoren/

Schwellenwerte)

Verankerung invorhandene Organisation

(Risikokoordinator)

Risikoberichterstattung(Risikoberichtwesen)

Risikover-

meidenRisikover-

mindernRisikoüber-

tragen

Risikoselbsttragen

Abb. 3.2 Komponenten, welche bei der Einführung eines Risikomanagements berücksichtigt werden müssen [3]

3.5 Risikomanagement für EndoProthetikZentren

31

Page 33: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

● In der ersten Phase werden die Bewertungen an-hand persönlicher Erfahrungen und Einschät-zungen durchgeführt.

● Später erfolgt die Risikobewertung○ grundsätzlich mit Hilfe von dokumentiertenDaten und Fakten, z. B. aus dem Fehlermanage-ment, dem Beschwerdemanagement, der be-triebswirtschaftlichen Situation oder auchFachliteratur.

○ Dabei fördert die selbstständig durchgeführteRisikobewertung der Prozesse durch die Mit-arbeiter deren Risikobewusstsein und sensibi-lisiert diese im Umgang mit Risiken.

Abbildung 3.3 zeigt modellhaft das Zusammen-spiel eines integrierten Risiko-Qualitätsmanage-mentsystems in einem Krankenhaus. Die Ergebnis-se der Prozessbewertungen, des Fehlermanage-ments, der Qualifikationsmatrizen und folglich dieEntwicklung des Krankenhauses werden jährlichin der Managementbewertung erfasst und aus-gewertet, um die Eignung, Angemessenheit undBedeutung des Qualitätsmanagements und Risiko-managements sicherzustellen.

Daraus entwickeln sich erneut Maßnahmen zurVerbesserung der Wirksamkeit des Risiko- undQualitätsmanagementsystems und deren Prozesse,zur Leistungsverbesserung unter Berücksichtigungder Kundenanforderungen wie auch Entscheidun-gen über den Bedarf an Ressourcen [3].

Als Kunden sind hier z. B. vornehmlich Patien-ten, aber auch Zuweiser zu betrachten.

Praktisches Beispiel für die Umsetzung einesintegrierten Risiko-Qualitätsmanagements

Wie zuvor beschrieben, können Prozesse mittelsQualitätsindikatoren gemessen werden. Das fol-gende Beispiel zeigt, wie ein integriertes Risiko-Qualitätsmanagement im Zusammenhang mitQualitätsindikatoren bei endoprothetischen Ver-sorgungen modellhaft funktionieren könnte.

Hierbei müssen im Rahmen eines prozessorien-tierten Risiko-Qualitätsmanagement anfangs Risi-ken identifiziert, analysiert und bewertet werden.Solche Risiken können das Überschreiten des Refe-renzbereiches von Qualitätsindikatoren sein (Ab-bildung 3.4) [3].

Obwohl die DIN EN ISO 9001:2008 die Anforde-rungen an ein Qualitätsmanagement beinhaltet,wird deutlich, dass das Risikomanagement dafürdie Grundlage bildet und somit beide Systeme zu-sammen gehören. Denn in der Einleitung derNorm heißt es: „(…) Gestaltung und Verwirk-

lichung des Qualitätsmanagementsystems einer Or-ganisation werden beeinflusst durch (…) die mitdiesem Umfeld verbundenen Risiken, (…).“ [16]. Da-raus geht hervor, dass idealerweise für die Einfüh-rung eines Qualitätsmanagementsystems ein Risi-komanagementsystem vorausgesetzt wird.

Das Qualitätsmanagementsystem orientiertsich folglich an Risiken. Dazu muss ein Risikoma-nagementsystem bestehen, um ein Qualitätsmana-gementsystem zu steuern. Darüber hinaus könnendie Qualitätsziele, die Qualitätspolitik und die Qua-litätsstrategie erst nach der Identifikation von Risi-ken, seien es interne oder externe, festgelegt wer-den. Anders ausgedrückt, lassen sich aus den Risi-kozielen die Qualitätsziele ableiten [3].

Demnach sollten beide Systeme nicht getrenntvoneinander geführt werden, sondern als ein ein-heitlich umfassendes System entwickelt werden.Daher muss ein gemeinsamer Ansatz gefundenwerden, um Synergieeffekte zu nutzen. In zahlrei-chen Punkten stehen die zwei Systeme in direkterVerbindung und können gemeinsam behandeltwerden; sie haben lediglich einen unterschiedli-chen Fokus. Beide Systeme bezwecken unter ande-rem die Optimierung der Abläufe, einen effiziente-ren Ressourceneinsatz durch Organisationsände-rungen, Vermeidung von gerichtlichen Verfahren,Personalentwicklung, Sicherstellung der Zahlungs-fähigkeit sowie Führen mit wirtschaftspolitischerEffizienz und Strategie. Weiterhin zielen beide Sys-teme innerhalb der Patientenversorgung auf dieständige Verbesserung, Optimierung und Trans-parenz von Prozessen und Ergebnissen [3].

Dabei konzentriert sich das Qualitätsmanage-ment auf die Festlegung von Zielen, Politik, Strate-gien, Verantwortlichkeiten sowie Zuständigkeiten,zielorientierte Planung, Steuerung und Überwa-chung der Struktur-, Prozess-, und Ergebnisquali-tät der Prozesse im Krankenhaus, welche erhöhtePatientensicherheit, Kostenoptimierung und effi-zienten Ressourceneinsatz nach sich ziehen [9].

Ein aktives Risikomanagement erhöht die Pa-tientensicherheit [8,12] und die Wirtschaftlichkeiteiner medizinischen Einrichtung. Die Bestimmungdes Schadenausmaßes und der Eintrittswahr-scheinlichkeit im Rahmen des Risikomanagementszeigt die quantitative Abschätzung von Planabwei-chungen aus dem Qualitätsmanagement [9]. DerKostenaufwand der eingeleiteten Maßnahmen be-züglich erkannter Risiken sollte die Kosten desmöglichen Schadenausmaßes nicht überschreiten.

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

32

Page 34: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Die Vorbeugemaßnahmen und Korrekturmaßnah-men beider Systeme sind einheitlich.

Beispielsweise entstehen speziell für septischeKomplikationen hohe immanente primäre Kosten,aber teilweise auch exorbitant hohe sekundäreKosten durch Dauer-Arbeitsunfähigkeit, Invalidi-tät, Pflegebedürftigkeit [21, 22]. Ändern von hygie-nebezogenen Prozessen finden je nach Einrichtungverschiedene Gestaltungs- und Verbesserungs-möglichkeiten, müssen aber ihre Wirksamkeit je-weils besonders bezüglich Komplikationen und so-mit an Hand von Qualitäts- und Risikomessungenbeweisen.

Die ISO 9001 [16] schreibt vor, dass bei fehler-haften Produkten oder Dienstleistungen Maßnah-men zu ergreifen sind, so dass ein erneutes Auftre-ten des Fehlers vermieden wird. Darüber hinaussind Aufzeichnungen über die Art von Fehlernund eingeleitete Maßnahmen zu führen [3].

Weitere Gründe für die Zusammenführung derbeiden Systeme Qualitäts- und Risiko-Manage-ment sind in der Sicherstellung der Infrastrukturund der Kommunikation in der Klinik-Einrich-

tung zu sehen. Bei der Erfassung der Kunden-anforderungen und Kundenwünsche durch dasQualitätsmanagement werden gleichzeitig Daten(Schwachstellen) für das Risikomanagement er-fasst.

Durch den Nachweis beider Systeme können z. B.Versicherungsprämien, speziell im Bereich derHaftpflichtversicherungen, gesenkt werden. Somitwird sich das betriebswirtschaftliche Risiko desKrankenhauses verringern. Des Weiteren werdenrechtliche Risiken reduziert, da ein hohes Maß anRechtssicherheit besteht. Krankenhäuser bleibendamit wettbewerbsfähiger. Der anfängliche Res-sourcenaufwand, welcher für die Einführung einesintegrierten Systems erforderlich ist, und die anfal-lenden Kosten für die Zertifizierung sollten durchdie genannten Vorteile rasch kompensiert werden.

Zusammenfassend bietet ein integriertes Sys-tem den Krankenhäusern die Chance, nachhaltigeine hoch qualitative und risikoarme medizinischeVersorgung den Patienten anbieten zu können undsollte zukünftig den Standard in deutschen Klini-ken zukünftig darstellen [3].

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su

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Risikomanagementprozess(Risikoidentifikation)

Prozesslandschaft(Risiko- und Qualitätsmanagement)

QualifikationsmatrixFort- und Weiterbildung

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Maß

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von

Proz

esse

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Bewertung von Prozessen

Man

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eric

ht

kontinuierliche Verbesserung

Erfassung und Bewertung von Fehlern

Abb. 3.3 Umsetzung eines integrierten Risiko-Qualitätsmanagements

3.5 Risikomanagement für EndoProthetikZentren

33

Page 35: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Ein prozessorientiertes integriertes Risiko-Qua-litätsmanagement auf der Basis von überprüftenQualitätsorientierten Verfahren wie EndoCert wirdzukünftig ein unverzichtbares Werkzeug in deut-schen Krankenhäusern sein, um wettbewerbsfähigbleiben und eine hohe Patientensicherheit garan-tieren zu können.

Zu erwarten sind Primäreffekte wie die Senkungder Komplikationen und Patientenzufriedenheit,aber auch hochwertige Sekundäreffekte z. B. be-züglich der Standzeit von Endoprothesen und Ver-meidung von Schadensfällen.

Qualitätsindikator (QI)z.B. Hüftluxation < 2%

(Richtlinie der Fachgesellschaft)

Qualitätsindikator (QI)z.B. Hüftluxation < 2%

(Richtlinie der Fachgesellschaft)

Risikominimierung (RM)z.B. Schulung der Mitarbeiterauf neues Implantatsystem

Risikominimierung (RM)

Überprüfung der Risikendurch jährliches Auditder Fachgesellschaft

Überprüfung der Risikendurch jährliches Auditder Fachgesellschaft

prospektive Sicht (Risikomanagement) retrospektive Sicht (Qualitätsmanagement)

Eintrittswahrscheinlichkeit (E)des QI (2009)

z.B. erwarteter ProzentsatzHüftluxation > 2,7%

Eintrittswahrscheinlichkeit (E)des QI (2010)

z.B. tatsächlicher ProzentsatzHüftluxation > 5%

Risikobedeutung (R)

R = E × SEinstufung des Risikos hinsichtlich

Handlungsbedarf

Risikobedeutung (R)

R = E × SEinstufung des Risikos hinsichtlich

Handlungsbedarf

Schadensausmaß (S) Schadensausmaß (S)Patient kommt zu SchadenMehrkosten für dasKrankenhaus

––

Patient kommt zu SchadenMehrkosten für dasKrankenhaus

––

Entwicklung von standardisiertenOP-TechnikenEinführung eines Navigations-systemsImplantatsystemwechselerneute Mitarbeiterschulung

––

z.B. z.B.

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Messung der Hüftluxationen im Jahr Messung der Hüftluxationen im Jahr

wahrscheinlichsehr

wahrscheinlich

hohe Auswirkungen hohe Auswirkungen

mind. 1×vierteljährlich

mind. 1×monatlich

groß bedrohlich

4 5

12 < R 16≤ 16 < R 24≤

4 4

Beschrei-bung

negative Auswirkung aufEinweiser oder Patienten-

zufluss (ohne Notfälle)

Risikobedeutung

sehr unwahr-scheinlich

unwahr-scheinlich

mittel

wahr-scheinlich

sehr wahr-scheinlich

sehr geringe Auswirkungen

vernachlässigbar

gering

mittel

groß

bedrohlich

katastrophal

geringe Auswirkungen

mittlere Auswirkungen

hohe Auswirkungen

erhebliche Auswirkungen

regel-mäßig

bestandsgefährdendeAuswirkungen

Eintrittswahr-scheinlichkeit

seltenerals 3 Jahre

mind. 1×im Jahr

mind. 1×imhalben Jahr

mind. 1×vierteljährlich

mind. 1×monatlich

mind. 1×wöchentlich

Wert

Wert

1

2

3

4

5

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R 4≤

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12 < R 16≤

16 < R 24≤

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2

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4

5

6

6

Abb. 3.4 Umsetzung eines integrierten Risiko-Qualitätsmanagements am Beispiel einer Risikobewertung einesQualitätsindikators [3]

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

34

Page 36: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Entwicklungen:

Ein weiterer Punkt, welcher dazu beitragen wird,diese Verfahren verpflichtend in Zukunft in derKlinik umzusetzen, wird die Inkraftsetzung desPatientenrechtegesetzes sein. In diesem Gesetzwird ein Risikomanagement gefordert. Diese Ent-wicklungen führen in den nächsten Jahren zu derSchlussfolgerung, dass nur die strategische Einfüh-rung eines Risikomanagementsystems in Kranken-hauseinrichtungen die Kosten sowie Versagensrisi-ken kalkulierbar macht und somit deren Überle-ben am Markt sichert.

In der gemeinsamen Pressemitteilung der Bun-desministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenber-ger, des Bundesgesundheitsministers Daniel Bahrund des Patientenbeauftragen der Bundesregie-rung Wolfgang Zöller vom 23. Mai 2012 heißt es,dass die Rechte von Patientinnen und Patienten inDeutschland verstärkt in einem einheitlichen Ge-setz gebündelt und gestärkt werden [18].

Der Gesetzentwurf sieht vor:● „Kodifizierung des Behandlungs- und Arzthaf-tungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) –Federführung BMJ

● Förderung der Fehlervermeidungskultur● Stärkung der Verfahrensrechte bei Behandlungs-fehlern

● Stärkung der Rechte gegenüber Leistungsträgern● Stärkung der Patientenbeteiligung● Stärkung der Patienteninformationen.“ [19]„Ein sachgerechtes Qualitätsmanagement im statio-nären Bereich umfasst zukünftig verpflichtend auchein Beschwerdemanagement für die Belange ins-besondere von Patientinnen und Patienten und de-ren Angehörigen, das entsprechend patientenorien-tiert auszugestalten ist. Der Gemeinsame Bundes-ausschuss erhält die Aufgabe, die Richtlinien zumeinrichtungsinternen Qualitätsmanagement nach §137 Absatz 1 Nummer 1 SGB V in Bezug auf Maß-nahmen zur Stärkung der Patientensicherheit undum Mindeststandards für das Risiko- und Fehler-management zu erweitern.

Ergänzend wird die Vereinbarung von Ver-gütungszuschlägen zukünftig auch für die Betei-ligung an einrichtungsübergreifenden Fehlermelde-systemen vorgesehen, um die Mitwirkung von Kran-kenhäusern an solchen Systemen zu unterstützen,die ein übergreifendes Lernen aus Fehlern auch au-ßerhalb der eigenen Einrichtung ermöglichen.“ [20]

Krankenhäuser, welche ein integriertes Systembetreiben, werden die Arbeitsprozesse verein-fachen und verbessern. Dies ist beispielsweise auf

klare Definitionen von Schnittstellen und die ein-heitliche Dokumentation zurückzuführen, welchein einem gemeinsamen Risiko- und Qualitäts-managementhandbuch transparent dargestelltwerden können. Die Transparenz hat zudem denEffekt, dass Wünsche des Patienten nach mehrÜbersichtlichkeit in den Behandlungsabläufen er-füllt und folglich die Behandlungsqualität sowiePatientenzufriedenheit gesteigert werden.

Durch den bewussten Umgang mit potenziellenRisiken und Fehlerquellen wie auch mit der Erar-beitung von Vorbeuge- und Korrekturmaßnahmenwerden Fehler minimiert und Folgekosten gesenktwerden können. Daraus lässt sich eine verbesserteLeistungserbringung erwarten.

Literatur[1] Runciman WB, Moller J. Iatrogenic Injury in Australia. A re-

port prepared by the Australian Patient Safety Foundationfor the National Health Priorities and Quality Branch of theDepartment of Health and Aged Care of the CommonwealthGovernment of Australia. Adelaide, South Australia: Aust-ralian Patient Safety Foundation; 2001

[2] Runciman WB, Williamson JA, Deakin A et al. An integratedframework for safety, quality and risk management: an in-formation and incident management system based on a uni-versal patient safety classification. Qual Saf Helath Care2006; 15: i82–i90

[3] Zenk K et al. Risikomanagement und Qualitätsmanagement… Gesundh ökon Qual manag 2011; 16: 335–340

[4] Deming WE. Out of the Crisis. Cambridge, Massachusettes:MIT Press; 1986

[5] Deming WE. The new economics: for industry, government,education. Cambridge, Massachusettes: MIT Press; 2000;2nd ed: 132

[6] Wagner K. Prozessorientiertes Qualitätsmanagement. Mün-chenWien: Carl Hanser Verlag; 2006; 3th ed: 112

[7] Zapt D, Reason JT. Introduction to error handling. Appl Psy-chol 1994; 43: 427–432

[8] Hollnagel E. Risk +barriers = safety? Saf Sci 2008; 46: 221–229

[9] Ennker J, Pietrowski D, Kleine P. Risikomanagement in deroperativen Medizin. Darmstadt: Steinkopff Verlag; 2007

[10] Donabedian A. Explorations in quality assessment and mo-nitoring: the definition of quality and approaches to its as-sessment. Ann Arbor, MI: Health Administration Press; 1980

[11] Department of Health. An organization with a memory: areport of an expert group on learning from adverse eventsin the NHS. London: Department of Health; 2000

[12] Battles JB, Lilford RJ. Organizing patient safety research toidentify risks and hazards. Qual Saf Health Care 2003; 12:ii2–ii7

[13] ISO 31000 Risk management – Guidelines on principles,2009 – 11

[14] ISO Guide 73 Risk management – Vocabulary, 2009 – 11[15] DIN EN 15224 Dienstleistungen in der Gesundheitsversor-

gung – Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungennach EN ISO 9001:2008; Deutsche Fassung prEN15224:2011

3.5 Risikomanagement für EndoProthetikZentren

35

Page 37: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

[16] DIN EN ISO 9001 Qualitätsmanagementsysteme – Anforde-rungen (ISO 9001:2008).; Dreisprachige Fassung EN ISO9001 2008: 5, 42

[17] Trengler C. Aus Zwei mach Eins. Kulmbach: KrankenhausUmschau, Baumann Fachverlage GmbH & Co. KG; 2003; 06:503

[18] Gemeinsame Pressemittelung vom 23. Mai 2012, verfügbarunter: http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Presse-mitteilungen/2012/2012_02/120523_PM_BMG_BMJ_Patien-tenrechte_Kabinettbefassung_-_final__120522_01.pdf

[19] Gesetzentwurf der Bundesregierung, Patientenrechtegesetz,Stand 10.05.2012, verfügbar unter:http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/Gesetze_und_Verordnun-gen/Laufende_Verfahren/P/Patientenrechte/120524_Gesetz-entwurf_BR_Patientenrechtegesetz_Zuleitungsexem-plar_1707076.pdf

[20] Bundesministerium für Gesundheit, Patientenrechtegesetz,verfügbar unter:http://www.bmg.bund.de/praevention/pa-tientenrechte/patientenrechtegesetz.html

[21] Haenle M et al. Economic impact of infected total hip ar-throplasty in the German diagnosis-related groups system,Orthopade 2012, in Druck

[22] Haenle M et al. Economic Impact of Infected Total Knee Ar-throplasty, The Scientific World Journal 2012, Article ID196515, 1-6

3.6 Empfehlungen zur Quali-tätssicherung in der Hüft- undKnieendoprothetik

3.6.1 Empfehlungen Aktions-bündnis Patientensicherheit zur„sicheren Chirurgie“ (safe surgery)Das im Jahre 2005 gegründete Aktionsbündnis Pa-tientensicherheit e. v. wurde konstituiert, um ei-nen Handlungsrahmen für die Sicherheit der Ge-sundheitsversorgung in Deutschland zu schaffen.Patientensicherheit ist ein wesentliches Qualitäts-ziel. Die Stärkung der Patientensicherheit erhöhtdie Qualität von Behandlungen im Krankenhaus.

„Unter Patientensicherheit wird die Abwesenheitvon unerwünschten Ereignissen und Schäden inder Gesundheitsversorgung verstanden, unter Risi-komanagement werden alle Methoden zusammen-gefasst, unerwünschte Ereignisse und Schäden inder Gesundheitsversorgung zu vermindern.“ [aus:Satzung des Aktionsbündnisses Patientensicherheite. v. vom 4.7.2009, § 2 (1) Satz 2]. Das Aktionsbünd-nis veröffentlicht die Ergebnisse seiner Projekt-arbeit als Handlungsempfehlungen. Unter demStichwort „Sichere Chirurgie“ sind folgende vierEmpfehlungen von besonderer Relevanz:1. Sichere Patientenidentifikation.

2. Vermeidung von Eingriffsverwechslungen inder Chirurgie.

3. Vermeidung unbeabsichtigt belassener Fremd-körper im Operationsgebiet.

4. Einführung eines Critical Incident ReportingSystem (CIRS) im Krankenhaus.

Die Bedeutung der Anstrengungen zur Vermei-dung von Eingriffsverwechslungen wird dadurchnoch erhöht, dass diese zu den High 5s der WHOgehören.

Zu 1. Sichere Patientenidentifikation

Die Verwechslung von Patienten kann schwerwie-gende Folgen haben und zu Behandlungsfehlern,ggf. mit Todesfolge, führen. Eine besondere Gefähr-dung besteht beispielsweise bei Patienten,● die nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sindzu kommunizieren (z. B. Bewusstlose, Sedierte,Beatmungspatienten, Intensivtherapiepatienten,Kinder, Demenzerkrankte),

● die einen häufig vorkommenden Nachnamenhaben (Müller, Wagner usw.),

● die der deutschen Sprache nicht mächtig sind.Das Krankenhaus soll ein Verfahren eingeführt ha-ben, dass eine sichere Patientenidentifizierung ge-währleistet. Dazu gehört, dass bei allen Maßnah-men an/mit einem Patienten, der dem Mitarbeiternicht persönlich bekannt ist, eine Identifizierunganhand mindestens zweier Merkmale durchzufüh-ren ist (z. B. Identifikationsarmbänder, Patienten-vor- und nachname, Geburtsdatum, Fallnummer).Namensangaben an Patientenbetten oder die Zim-mernummer eines Patienten sind keine zulässigenIdentifizierungsmerkmale.

Zu 2. Vermeidung von Eingriffsverwechslungenin der Chirurgie

Eingriffsverwechslungen sind definitiv vermeidbarund können somit als beherrschbares Risiko einge-stuft werden (5). Voraussetzung für die Vermei-dung ist eine optimale Kommunikation zwischenArzt, Pflegepersonal und Patient. Der Operateurmuss den Patienten vor der Operation kennen ler-nen. Des weiteren muss der Patient, während ernoch eigenständig und handlungsfähig ist, in denProzess der Eingriffsidentifikation aktiv eingebun-den werden.

Zur Vermeidung von Eingriffsverwechslungenwurde ein vierstufiges Befragungs- und Kontroll-verfahren entwickelt, das folgende Elemente ent-hält:

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

36

Page 38: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

1. Aufklärung und Identifikation des Patientendurch den Operateur oder einen Facharzt.

2. Die Markierung des Eingriffsortes durch denOperateur oder in Ausnahmefällen vertretungs-weise durch den aufklärenden Arzt (alternativ:einen Facharzt), entweder am Vortag oder amMorgen des Eingriffes außerhalb des Operati-onssaals.

3. Identifikation des richtigen Patienten für denrichtigen Saal und Eingriff durch Arzt oder Pfle-gepersonal. Dies erfolgt üblicherweise zwischenPrämedikation und Narkoseeinleitung, unmit-telbar vor Eintritt in den Operationsbereich.

4. „Team Time out“ durch das Behandlungsteam,initiiert durch den Operateur oder den Anästhe-sisten. Dieser Schritt erfolgt unmittelbar vordem Schnitt und beinhaltet die Identifikationdes Patienten, die Identifikation von Eingriffund Eingriffsort, den Abgleich mit vorhandenenAufnahmen bildgebender Verfahren, sowie derÜberprüfung, ob alle Instrumentarien und Im-plantate verfügbar sind. Diese Punkte sind aufeine eigens dafür geschaffene Checkliste in derPatientendokumentation festzuhalten.

Zu 3. Unbeabsichtigt belassene Fremdkörper imOperationsgebiet

Die Inzidenz beträgt ca. 21 Fälle pro 100 000 Ein-wohner. In der Häufigkeit stehen belassene Kom-pressen vor Tupfern, Tamponaden. Bauchtüchern,Drainageschläuchen und Clips.

Gründe und Ursachen sind besondere Konstella-tionen im Operationsablauf, unkorrekte Metho-den, fehlende verbindliche Empfehlungen sowie„human factors“. 80 % aller Ereignisse sind aufmenschliche Fehler zurückzuführen (Batke-Schaubund Hofinger 2008).

Die Zielsetzung sollte sein, dass für alle Opera-tionen abteilungsspezifische Maßnahmen zur Ver-meidung von unbeabsichtigt belassenen Fremd-körpern im Op-Gebiet definiert werden. Diesemüssen allen beteiligten Mitarbeitern bekanntsein. Ebenso sollten die Mitarbeiter über Häufig-keiten und insbesondere Risiken informiert wer-den. Die Verantwortlichkeiten sind eindeutig zuregeln, wobei klar sein sollte, dass nicht nur derOperateur Verantwortung trägt. Vorschläge zurPrävention müssen in jeder Klinik vorliegen undberufsgruppenübergreifend erarbeitet werden.

Die interdisziplinäre und berufsgruppenüberg-reifende Erarbeitung und schriftliche Festlegungstandardisierter Zählkontrollen, deren Dokumen-

tation und die Erarbeitung entsprechender Ablauf-protokolle bilden hier die Grundlage der Risikover-ringerung. Das größere Problem bleibt aber dieUmsetzungstreue und Genauigkeit der Zählung.[Vgl. Aktionsbündnis Patientensicherheit, „JederTupfer zählt!-Handlungsempfehlung zur Vermei-dung unbeabsichtigt belassener Fremdkörper imOP-Gebiet]

Das Vorgehen muss ebenso wie die Dokumenta-tion beim vermuteten Schadensfall klar definiertsein,. Im Rahmen des medizinischen Qualitäts-managements muss eine Fehlerkultur entwickeltwerden, welche auch den Umgang bei unbeabsich-tigten belassenen Fremdkörpern im OP-Gebiet de-finiert. Training ist hier im Sinne der Patientensi-cherheit und Therapiequalität von hoher Bedeu-tung.

Zu 4. CIRS

Als Critical Incident Reporting System (CIRS) be-zeichnet man strukturierte Meldesysteme zur Er-fassung und Bewertung von kritischen Ereignissen.Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Pa-tientensicherheit und die Förderung einer lösungs-orientierten Kultur der Fehlerbearbeitung.

Die Systeme sind in der Regel so konzipiert, dasssie sich auf Beinahe-Schäden beziehen und dieMeldungen freiwillig und anonym sind. Die Mel-dungen werden ausgewertet, der Handlungsbedarfbewertet und die Ergebnisse kommuniziert. DieRealisierung von Verbesserungen wird nachver-folgt und berichtet.

CIRS hat sich als Instrument des Sicherheits-bzw. Risikomanagements von Krankenhäusernetabliert (s. auch Kap. 3.5) und gehört mittlerwei-le zu den Standardanforderungen von Zertifizie-rungssystemen.

Literatur[1] P. Batke-Schaub, Hofinger, G.: human factors: Psychologie si-

cheren Handels, Springer, Heidelberg 2008[2] http://www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de/[3] http://www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de/aps-

side/07-07-25-EV_Handlungsempfehlungen.pdf[4] http://www.ifpsbonn.de/publikationen-1/risikomanage-

ment-und-patientensicherheit[5] http://www.dgu-online.de/uploads/media/Vermei-

dung_Eingriffsverwechslung.pdf

3.6 Empfehlungen zur Qualitätssicherung in der Hüft- und Knieendoprothetik

37

Page 39: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

3.6.2 ImplantatbezogeneVorkommnisse

Meldeverfahren bei Vorkommnissenmit ImplantatenUnter Vorkommnissen mit Implantaten werden imengeren Sinne das Versagen des Implantats selberoder dessen fehlerhafte Funktion verstanden. InBezug auf Endoprothesen stellt beispielsweise derBruch der Prothese ein solches Vorkommnis dar.

Aufgrund der Tragweite solcher Ereignisse ins-besondere für den Patienten und die beteiligten In-stitutionen (Krankenhaus, Ärzte, Industrie) ist einMeldeverfahren vorgesehen.

Im Jahre 2011 wurden durch die Deutsche Ge-sellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. v.,den Medizinischen Dienst des SpitzenverbandesBund der Krankenkassen e. v. und dem Bundesver-band Medizintechnologie e. v. Hinweise zur Mel-dung von implantatbezogenen Vorkommnissenveröffentlicht, in denen die einzuhaltende Vor-gehensweise wiedergegeben ist (Siebert et al.2011).

Literatur[1] Siebert H, Kienapfel H, Stockheim M, Blömer M: Meldever-

fahren bei Vorkommnissen mit Implantaten. OrthopädieMitteilungen 1/2011

Umgang mit Explantaten im Zusam-menhang mit implantatbezogenenVorkommnissenIm Rahmen eines Qualitätsmanagements ist derkorrekte Umgang mit Vorkommnissen mit Endo-prothesen bedeutend.

In dem vorliegenden Abschnitt werden Empfeh-lungen zur Dokumentation von Vorkommnissenmit Endoprothesen, z. B. Implantatbrüchen, darge-legt (basierend auf Kluess et al. 2012).

Ein „Vorkommnis“ ist eine Funktionsstörung, einAusfall oder eine Änderung der Merkmale oder derLeistung oder eine Unsachgemäßheit der Kennzeich-nung oder der Gebrauchsanweisung eines Medizin-produkts, die unmittelbar oder mittelbar zum Tododer zu einer schwerwiegenden Verschlechterungdes Gesundheitszustands eines Patienten, eines An-wenders oder einer anderen Person geführt hat, ge-führt haben könnte oder führen könnte [Medizin-produkte-Sicherheitsplanverordnung vom 24. Juni2002].

Vorkommnisse mit Endoprothesen umfassenz. B. massiven abnormalen Verschleiß, Lockerung(septisch und aseptisch) nach einer Standzeit vonunter fünf Jahren, Fehlimplantation, Korrosion, Lu-xation (Ursache Design- oder Implantationsfehler),Bruch oder Versagen von OP-Instrumenten sowiemassive biologische Abstoßungsreaktionen.

Nach der Medizinprodukte-Sicherheitsplanver-ordnung (MPSV) muss innerhalb von 30 Tagennach Erkennung eines Vorkommnisses eine Mel-dung an das Bundesinstitut für Arzneimittel undMedizinprodukte (BfArM) erfolgen.

Weiterhin bestehen laut § 12 MPSV „Mitwir-kungspflichten“, so dass die behandelnde Klinikdafür Sorge zu tragen hat, am Vorkommnis betei-ligte Implantatkomponenten nicht zu verwerfen.Im Einzelfall muss darüber hinaus nach eigenemErmessen entschieden werden, ob eine Funktions-störung bzw. Produkt- oder Anwendungsfehlernach obiger Definition vorliegen. Für die Doku-mentation von Vorkommnissen sollte klinikinternein Schadensfallbeauftragter benannt werden,welcher für jedes Vorkommnis eine eigene Akteanlegt. Diese sollte Details zum Patienten, zur Artdes Vorkommnisses und dem Hergang sowie De-tails zu den beteiligten Medizinprodukten enthal-ten. Die Daten zum Explantat sind gewöhnlichdem OP-Bericht mit den zugehörigen Implantat-aufklebern der Primärimplantation zu entnehmen.Diese sind ebenfalls für die BfArM-Meldung vonBedeutung. Kopien der Berichte der Primär- undder Entnahme-OP sollten in der Akte archiviertwerden. Für eventuelle Schadensanalysen ist zunotieren, welche Schäden dem Implantat bei derEntnahme neu hinzugefügt worden sind. Für dieBeurteilung des Vorkommnis-Hergangs sind dieprä- und postoperativen Röntgenbilder der Pri-mär- und Entnahme-OP von Interesse.

Da das Explantat Patienteneigentum ist, ist fol-gendes zu regeln:1. Das Explantat ist dem Patienten auszuhändigen.2. Für die Regelung eines anderweitigen Verbleibs

ist eine Einverständniserklärung des Patientennotwendig. In letzterem Falle ist zu regeln undzu dokumentieren, wie mit den Explantatenumgegangen werden soll:2.1 Verbleib des Explantats in der behandeln-

den Klinik2.1.1 zur Dokumentation und Aufbewah-

rung oder/und2.1.2 eventuell zerstörenden Prüfung der

entnommenen Materialien

Grundlagen zur Festlegung von Anforderungen an ein EndoProthetikZentrum

38

Page 40: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

2.2 Alternativ Versand des Explantats an denHersteller zwecks Prüfung, eventuell ein-schließlich der Zustimmung zur zerstören-den Prüfung.

Der Verbleib des Implantates muss dokumentiertwerden. Das Explantat sollte in eine EDV-basierteDatenbank oder andere schriftliche Dokumentati-on eingetragen, Fotos davon angefertigt und abge-speichert werden. Wird eine Schadensanalyse desExplantats angeordnet, sind bei der Aushändigung,z. B. an den Gutachter oder an den Hersteller,Übergabeprotokolle zu führen, um eine lückenloseDokumentation des Explantat-Verbleibs zu ge-währleisten.

Für die Archivierung bzw. die Ausgabe an denPatienten sind die Explantate zu reinigen und zudesinfizieren, es sei denn, dass Gewebeproben fürevtl. Analysen mit archiviert werden sollen. Diesesind in der Regel in Formalin zu fixieren und ineiner formalinbeständigen Box an geeignetem Ortaufzubewahren (Kluess et al. 2012).

Die verpflichtende Meldung des Vorkommnissesbeim BfArM muss mit Hilfe des Dokuments „Form-blatt für die Meldung von Vorkommnissen durchsonstige Inverkehrbringer sowie Betreiber und An-wender“ getätigt werden. Dieses steht im Internetauf www.bfarm.de unter → Medizinprodukte →

Formulare zum Download zur Verfügung. Eine Ko-pie der Meldung sollte ebenfalls in der Akte archi-viert werden. Neben dem BfArM sollte auch derMedizinproduktehersteller durch die behandelndeKlinik von dem Vorkommnis in Kenntnis gesetztwerden.

Literatur[1] Kluess D, Mittelmeier W, Bader R. Mit Explantaten in der

Orthopädischen Chirurgie richtig umgehen. OrthopädischePraxis 2012;1:48–52

[2] Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung vom 24. Juni2002 (BGBl. I S. 2131), die zuletzt durch Artikel 3 der Ver-ordnung vom 10. Mai 2010 (BGBl. I S. 555) geändert wor-den ist.

[3] AE-Bulletin: Kurzanleitung zur Implantatasservierung imSchadensfallverdacht. Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik2011

[4] AE-Arbeitspapier zur Verbesserung der Abläufe bei der Ana-lyse drohender und tatsächlicher implantatbezogener Vor-kommnisse. Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik 2011

3.6.3 Geltende LeitlinienAWMF-Leitlinien● Coxarthrose (S 3)● Prophylaxe der venösen Thromboembolie (S 3)● Behandlung akuter perioperativer und posttrau-matischer Schmerzen (S 3)

● Schenkelhalsfraktur des Erwachsenen (S 2e)● Perioperative Antibiotikaprophylaxe (S 1)

Literatur[1] http://www.awmf.org

3.6 Empfehlungen zur Qualitätssicherung in der Hüft- und Knieendoprothetik

39

Page 41: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

4 Begriffsdefinitionen▶ Hauptoperateur. In EndoProthetikZentren wer-den Hauptoperateure benannt, die die wesentlicheVerantwortung für die Qualität endoprothetischerEingriffe tragen. Die Benennung als Hauptopera-teur ist an Voraussetzungen hinsichtlich der Quali-fikation und der Anzahl durchgeführter endopro-thetischer Eingriffe gebunden. Sie sind am Endo-ProthetikZentrum vertraglich gebunden. Die An-forderungen sind im Anhang zu Kapitel 7 wieder-gegeben.

▶ Senior-Hauptoperateur. In EndoProthetikZen-tren der Maximalversorgung werden Senior-Hauptoperateure benannt, die die wesentlicheVerantwortung für die Qualität endoprothetischerEingriffe in diesem Zentrum tragen. Die Benen-nung als Senior-Hauptoperateur ist an Vorausset-zungen hinsichtlich der Qualifikation und der An-zahl durchgeführter endoprothetischer Eingriffegebunden. Zu den Anforderungen vgl. Anhang zuKapitel 7.

▶ Kooperationspartner. Sämtliche Personen bzw.Institutionen, die am Zentrum an der medizini-schen Versorgung (Diagnostik und Therapie) vonPatienten beteiligt sind, werden als „Kooperations-partner“ bezeichnet. Da sie maßgeblich zur Versor-gungsqualität im Gesamtprozess beitragen, ist imRahmen schriftlicher Regelungen ("Kooperations-vereinbarungen") festzulegen, wie die Umsetzungder bestehenden Anforderungen sichergestelltwird.

▶ Wechseloperation. Als „Wechseloperation“werden die kombinierte Entfernung und (ein- oderzweizeitige) Neu- Implantation eines Kunstgelen-kes bzw. von Prothesenkomponenten bezeichnet.

▶ Revisionsoperation. Als „Revisionsoperation“wird jeder Eingriff an einem implantierten Kunst-gelenk bezeichnet, der nicht mit einem Wechselvon Prothesenkomponenten verbunden ist.

▶ Notfall. Aus medizinischer Indikation dring-licher operativer Eingriff im Zusammenhang mitEndoprothetikleistungen, deren verzögerte Ver-sorgung mit einer vitalen Bedrohung oder mitdem Risiko eines schwerwiegenden bleibendenKörperschadens des Patienten einherginge.

▶ Operativer Standort. Eine Verbindung aus OP-Einheit und Bettenstation mit den notwendigenlogistischen Einrichtungen wird als operativerStandort bezeichnet.

Grundsätzlich kann ein Endoprothetikzentrumaus mehreren operativen Standorten bestehen. Indiesem Fall sind die Regelungen gemäß des vorlie-genden Anforderungskatalogs jeweils am einzel-nen Standort zu erfüllen.

Vgl. auch Hinweise bei den jeweiligen Anforde-rungspunkten.

▶ Kernprozess. Die Kernprozesse umfassen alleTätigkeiten, die zur Erfüllung der im Mittelpunktstehenden Aufgabe der Einrichtung erforderlichsind und von der Einrichtung selber erbracht wer-den. Im engeren Sinne handelt es sich dabei umBehandlungspfade mit einer standardisiert dar-gestellten Ablaufkette aller Prozesse, die am Pa-tienten entrichtet werden.

Hierbei sind der stationäre Aufenthalt mitDurchführung der OP, sowie deren Vor- und Nach-bereitung die wesentlichen zu regelnden Bestand-teile des Behandlungspfades.

Mit Operationen sind hierbei speziell die Hüft-und Knie-TEP-Implantationen, sowie die Hüft- undKnie-TEP-Wechseloperationen bezeichnet.

▶ Stützprozess. Ein Stützprozess ist definiert alsein Prozess, der die Durchführung der Kernprozes-se unterstützt und ermöglicht, jedoch nicht imMittelpunkt der Aktivitäten der Einrichtung steht.

Begriffsdefinitionen

40

Page 42: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

5 Der EndoCert-Zertifizierungsprozess1

5.1 VoraussetzungenDer EndoCert-Zertifizierungsprozess stellt die Ge-samtheit aller Tätigkeiten rund um die Überprü-fung der Konformität der Einrichtungs-(Klinik-)Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität mit dendurch die Fachgesellschaft formulierten Anforde-rungen dar. In den „Fachlichen Anforderungen fürdie Zertifizierung von EndoProthetikZentren“ sinddie Anforderungen und Voraussetzungen definiert,welche ein Endoprothetikzentrum für eine erfolg-reiche Zertifizierung zu erfüllen hat. Die Fachli-chen Anforderungen sind in dem sogenannten „Er-hebungsbogen (EB)“ abgebildet. Vgl. Kapitel 7.

Im Aufbau des Systems ist, um die Unabhängig-keit im Zertifizierungsprozess zu gewährleisten,eine strikte Trennung der Gewalten innerhalb desSystems zu gewährleisten. Dieser Voraussetzungzur unabhängigen Zertifizierung wird dadurchRechnung getragen, dass in der Systematik eineklare Aufgabenverteilung in den definierten Zu-ständigkeiten eingepflegt wurde.

Der Aufbau der systemrelevanten Gremien ist inAbb. 5.1 wiedergegeben.

Die Durchführung eines Zertifizierungsverfah-rens setzt Disziplin und Vertrauen bei den beteilig-

ten Einrichtungen, Fachexperten und Gremien vo-raus. Dies betrifft vor allem die Bereitschaft deszertifizierungswilligen EndoProthetikZentrums,die eigene Organisation darzustellen und im Ver-lauf auch auditieren zu lassen. Von den Fachexper-ten wird ein hohes Maß an Objektivität, Unabhän-gigkeit und Vertraulichkeit im Umgang mit den er-worbenen Kenntnissen verlangt.

Das EndoProthetikZentrum verpflichtet sich, dieerforderlichen Voraussetzungen für die Durchfüh-rung der einzelnen Zertifizierungstätigkeiten zuschaffen. Hierzu gehören insbesondere die Bereit-stellung und der Zugang zu sämtlichen für dieÜberprüfung der Fachlichen Anforderungen erfor-derlichen Daten und Informationen. Für die Ab-wicklung des Zertifizierungsverfahrens ist von Sei-ten des EndoProthetikZentrums ein Ansprechpart-ner zu benennen. Das Zentrum ist ebenfalls dafürverantwortlich, dass bei Audits vor Ort die erfor-derlichen Ansprechpartner sowie Vertreter derEinrichtung für Befragungen zur Verfügung stehen.

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC)

Zertifizierungskommission (legislativ)

Zertifizierungsstelle (exekutiv) Ausschuss Zertifikats-erteilung (judikativ)

stimmberechtigte Mitglieder

Steuerung Zertifi-zierungsverfahren

nicht stimmberechtigte Mitglieder

QualifizierungFachexperten

Innovation Fachexperten

EndoCert GmbH

Abb. 5.1

1 Die Ausführungen in diesem Kapitel beziehen sich inder Beschreibung zur Umsetzung und Durchführungauf die unabhängige Zertifizierungsstelle ClarCert.

5.1 Voraussetzungen

41

Page 43: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Die erforderlichen Voraussetzungen sind insbeson-dere bei internen/externen Behandlungspartnernsicherzustellen, die bei der Zertifizierungsstelle alsKooperationspartner des EndoProthetikZentrumsgenannt sind. Das Zentrum verpflichtet sich, dieEinhaltung der für den Kooperationspartner rele-vanten Fachlichen Anforderungen zu überwachen,und bei Erkennung bestehender Abweichungengeeignete Maßnahmen zu deren Behebung ein-zuleiten.

Das EndoProthetikZentrum hat die Zertifizie-rungsstelle über wesentliche Änderungen schrift-lich zu informieren (z. B. Trägerwechsel, Änderung

Leiter/Zentrumskoordinator EndoProthetikZen-trums). Des Weiteren ist die Zertifizierungsstelleschriftlich zu unterrichten, wenn die Erfüllungzentraler Fachlicher Anforderungen von dem En-doProthetikZentrum nicht mehr sichergestelltwerden kann.

5.2 DurchführungDer Ablauf des einzelnen Zertifizierungsverfahrensist prozessual in Phasen gegliedert und stellt sichvereinfacht wie folgt dar (Tab. 5.1):

Tab. 5.1

Phase Aktion Zuständigkeit

1 Anfrage Zertifizierung Einrichtung

2 Erstellung einer Aufwandskalkulation Zertifizierungsstelle

3 Antragstellung Einrichtung

4 Einreichung Erhebungsbogen Einrichtung

5 Fachexperten beauftragen Zertifizierungsstelle

6 Terminierung des Audits Fachexperten undEinrichtung

7 Bewertung Erhebungsbogen Fachexperten

8 Erstellung Auditplan Fachexperten

9 Audit vor Ort(keine Abweichung definiert, weiter bei Phase 11 & anschließend beiPhase 15)

Fachexperten undEinrichtung

10 Abweichung(en) definieren und im Audit kommunizieren(Erstellung Abweichungsprotokoll(e) mit Fristen zur Behebung; vomLeiter des Zentrumsunterschreiben und Kopie vor Ort lassen)

Fachexperten

11 Auditbericht erstellen Fachexperten

12 Behebung der Abweichung(en) innerhalb der Frist (maximal 3 Monate) Einrichtung

13 Nachweise zur Behebung der Abweichung(en) an den Fachexpertenzur Bewertung („cc“ Zertifizierungsstelle)

Einrichtung

14 Bewertung der Nachweise zur Behebung der Abweichung(en) Fachexperten

Negative Bewertung des Fachexperten→ weitere Nachweise zur Behebung der Abweichung(en), aber innerhalb der definierten Frist→ oder Nachaudit

Positive Bewertung des Fachexperten

15 Unterlagen an den Ausschuss Zertifikatserteilung Zertifizierungsstelle

16 Zertifikatserteilung / Auflagen (z. B. Gültigkeit Zertifikat 18 Monate oderNachaudit) / Nicht-Erteilung

Ausschuss Zertifikatserteilung

Bei Nicht-Erteilung → Phase 1

Bei Zertifikatserteilung bzw. nach Erfüllung der/ Auflagen→ Überwachungsaudits 1 und 2 (ein und zwei Jahre nach Erstaudit)

Der EndoCert-Zertifizierungsprozess

42

Page 44: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Die verschiedenen Phasen im Detail:

Anfrage

Für die Einleitung der Zertifizierung muss bei derZertifizierungsstelle eine Anfrage für das Zertifi-zierungsverfahren gestellt werden. Im Anfragefor-mular werden bestimmte Vorgaben, die erfülltsein müssen, übermittelt.

Aufwandskalkulation und Angebot

Auf Basis der im Anfrageformular gemachten An-gaben erhält die Einrichtung eine unverbindlicheAufwandskalkulation.

Antrag

Mit der schriftlichen Antragstellung von Seiten derEinrichtung wird die Zertifizierung formell bei derZertifizierungsstelle eingeleitet. Im Anschluss wer-den die Fachexperten benannt, die auch den Ter-min für das Audit abstimmen. Die Benennung undBeauftragung der Fachexperten erfolgt durch dieZertifizierungsstelle. Das EndoProthetikZentrumkann ohne Begründung die benannten Fachexper-ten ablehnen.

Bewertung Erhebungsbogen

Die Fachlichen Anforderungen an die EndoProthe-tikZentren sind in dem Erhebungsbogen festgelegt.In diesem Erhebungsbogen beschreiben die in derVorbereitung zur Zertifizierung befindlichen Ein-richtungen auf welche Art und in welchem Maßesie die Fachlichen Anforderungen erfüllen. Der vondem EndoProthetikZentrum bearbeitete Erhe-bungsbogen wird bei der Zertifizierungsstelle ein-gereicht und von den Fachexperten hinsichtlichErfüllung der Fachlichen Anforderungen bewertet.In der von den Fachexperten schriftlich erstelltenBewertung wird eine Empfehlung hinsichtlich Ein-leitung des Zertifizierungsverfahrens ausgespro-chen. Die Bewertung kann mit Auflagen für dieEinleitung des Zertifizierungsverfahrens verbun-den sein. Das Zentrum kann diese Bewertung nut-zen, um sich nochmals gezielt auf die Klärung oderBehebung beschriebener Schwachstellen bei derVorbereitung des Zertifizierungsaudits konzentrie-ren.

Kliniken, bei denen eine erfolgreiche Zertifizie-rung stark gefährdet ist, werden somit auch voreiner Zertifizierung mit negativem Ergebnis früh-zeitig geschützt.

Vorgespräch (optional)

In einem Vorgespräch werden Unklarheiten undkritische Punkte, die den Erfolg einer Zertifizie-rung gefährden können, zwischen Einrichtung undFachexperten vor Ort besprochen. Ein Vorgesprächist insbesondere dann empfehlenswert, wenn dieKlinik für die Zertifizierung ohne erfahrene Unter-stützung (z. B. externe Beratung oder entspre-chende eigene Erfahrung) am Zertifizierungspro-zess teilnehmen will. Das Vorgespräch dauert zwi-schen 0,5 und 1 Tag und ist mit der Zertifizie-rungsstelle bei der Antragstellung zu vereinbaren.

Zertifizierung vor Ort

Der Ablauf der Zertifizierung wird über einen Au-ditplan festgelegt, der von den Fachexperten mitder Einrichtung besprochen wird. Die Fachexper-ten begehen in dem Audit die erforderlichen Berei-che des EndoProthetikZentrums. Die Erfüllung derZertifizierungsanforderungen wird über Einsicht-nahme von diversen Unterlagen und Gesprächenmit der Leitung und den Mitarbeitern von denFachexperten überprüft. Das Audit vor Ort endetmit dem Abschlussgespräch, bei dem die Fach-experten das Ergebnis bekannt geben und eineEmpfehlung hinsichtlich der Zertifikatserteilungaussprechen. Diese wird ebenfalls im Auditberichtdokumentiert.

Bewertung Behebung Abweichung

Werden im Rahmen eines Zertifizierungs-, Über-wachungs- oder Wiederholaudits Abweichungen,das heißt: Nicht-Konformitäten mit den Anforde-rungen, von Seiten des Auditteams definiert, dannsind diese Abweichungen innerhalb einer fest-gelegten Frist durch das EndoProthetikZentrum zubeheben (max. 3 Monate). Die Behebung der Ab-weichung wird von dem Leitenden Fachexpertenbewertet. Dies kann in Form einer Unterlagenbe-wertung oder über ein Nachaudit vor Ort erfolgen.Die Art der Nachweiserbringung wird durch dieFachexperten bestimmt.

Bewertung durch den Ausschuss

Die Fachexperten sind lediglich befugt, eine Emp-fehlung über die Zertifikatserteilung auszuspre-chen. Die schlussendliche Zertifikatserteilung er-folgt durch den Ausschuss Zertifikatserteilung, derin der Regel der Empfehlung der Fachexpertenfolgt. Durch den Ausschuss Zertifikatserteilungkönnen zusätzliche Auflagen definiert werden, die

5.2 Durchführung

43

Page 45: Zertifizierung von Endoprothetischen Versorgungszentren in ...

Voraussetzung für die Erteilung des Zertifikatessein können.

Zertifikatserteilung

Anhand der durch das Auditteam erstellten Audit-dokumentation überprüft der „Ausschuss Zertifi-katserteilung“, ob die Voraussetzungen für eineZertifikatserteilung gegeben sind und erteilt beipositivem Ergebnis das Zertifikat. Durch den Aus-schuss Zertifikatserteilung können Auflagen fürdie Zertifikatserteilung ausgesprochen werden.Voraussetzungen für die Zertifikatserteilung sindzum einen, die Behebung sämtlicher im Audit fest-gestellter Abweichungen und zum anderen die Er-füllung sämtlicher durch den Ausschuss Zertifikat-serteilung ausgesprochener Auflagen.

Die Voraussetzungen für die Zertifikatserteilungund für die Rezertifizierung sind identisch.

Die Gültigkeitsdauer von Zertifikaten beträgt 3½ Jahre. Bei Rezertifizierung werden die Zertifika-te in der Regel um weitere 3 Jahre verlängert (aus-gehend von der Gültigkeitsdauer des Zertifikates).

Die Zertifizierungsstelle erstellt das Zertifikat,die Autorisierung erfolgt durch den Vorsitzendender Zertifizierungskommission.

Das Zertifikat darf für Werbezwecke und für dieAußendarstellung verwendet werden. Der Gel-tungsbereich des Zertifikates ist auf dem Zertifikatsowie dem von der Zertifizierungsstelle erstelltenStammblatt angegeben. Behandlungspartner, dieweder auf dem Zertifikat noch in dem Stammblattgenannt sind, dürfen sich in der Außendarstellungnicht als Teil des zertifizierten EndoProthetikZen-trums darstellen. Eine missbräuchliche Verwen-dung des Zertifikats kann zur Aussetzung bzw.zum Entzug des Zertifikats führen.

Die Aufrechterhaltung des Zertifikats setzt vo-raus, dass jährlich ein Überwachungsaudit undmindestens alle 3 Jahre ein Wiederholauditdurchgeführt werden. Die Durchführung vonÜberwachungs- und Wiederholaudits ist an Fris-ten gebunden. Falls das Zentrum die Durchführungdes Überwachungs- bzw. Wiederholaudits nicht indem erforderlichen Umfang/Zeitraum ermöglichtoder falls die in diesen Audits festgestellten Abwei-chungen nicht fristgerecht durch das Zentrum be-hoben werden, kann von der Zertifizierungsstelledas Verfahren der Zertifikatsaussetzung bzw. desZertifikatsentzuges eingeleitet werden.

Wiederholaudit

Vor Ablauf der Gültigkeitsdauer wird das zertifi-zierte EndoProthetikZentrum einer Überprüfungunterzogen, die hinsichtlich Umfang und Vor-gehensweise einer Erstzertifizierung ähnelt.

Überwachungsaudit

Zur Sichtung und Überprüfung des fortbestehen-den und sich kontinuierlich verbessernden Endo-ProthetikZentrums finden jährliche Über-wachungsaudits statt, die im Umfang gegenüberden Erst- und Wiederholaudits reduziert sind undsich hauptsächlich auf die Veränderungen im Zen-trum konzentrieren. Die Überwachungsaudits sindebenfalls innerhalb der definierten Fristen durch-zuführen.

Aussetzung der Zertifizierung

Eine Aussetzung der Zertifizierung kann erfolgen,wenn die Erfüllung der Zertifizierungsanforderun-gen nicht sichergestellt ist bzw. wenn erheblicheZweifel an der zukünftigen Erfüllung der Zertifi-zierungsanforderungen bestehen. Gegenüber dem„Zertifikatsentzug“ besteht bei der „Aussetzungdes Zertifikates“ ein berechtigtes Vertrauen, dassdie Erfüllung der Zertifizierungsanforderungen ineinem definierten Zeitraum wieder sichergestelltwerden kann. Die Aussetzung der Zertifizierungkann von dem Ausschuss Zertifikatserteilung ver-anlasst werden oder auf Wunsch des zertifiziertenEndoProthetikZentrums erfolgen. Gründe für eineAussetzung sind z. B.● Voraussetzungen für die zukünftige Erfüllungzentraler fachlicher Anforderungen sind (teil-weise) nicht gegeben

● Möglichkeiten für eine fristgerechte und ord-nungsgemäße Durchführung von Über-wachungs-/Wiederholaudits sind nicht gegeben

● Abweichungen werden nicht fristgerecht beho-ben bzw. der Nachweis hierzu nicht fristgerechterbracht

● Gebühren für das Zertifizierungsverfahren wer-den nicht entrichtet

● Verstöße gegen die festgelegten Bestimmungen● Die Bitte des EndoProthetikZentrums um Aus-setzung des Zertifikates

Die Dauer der Aussetzung wird durch den Aus-schuss Zertifikatserteilung bestimmt und kannmax. 6 Monate betragen. Die Bedingungen, unterdenen die Aussetzung des Zertifikats beendet wer-den kann (z. B. erfolgreiches Nachaudit), werden

Der EndoCert-Zertifizierungsprozess

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dem EndoProthetikZentrum schriftlich mitgeteilt.Erfolgen innerhalb des festgelegten Zeitraumesnicht die erforderlichen Maßnahmen zur Einset-zung des Zertifikats, dann ist die Zertifizierungs-stelle berechtigt, das Verfahren Zertifikatsentzugeinzuleiten.

Bei Aussetzung des Zertifizierungsverfahrens istdas EndoProthetikZentrum nicht mehr berechtigt,Zertifikate oder Hinweise auf die Zertifizierung fürinterne und externe Zwecke (z. B. Werbung) zuverwenden. Das EndoProthetikZentrum wird ausder Liste der durch die Zertifizierungsstelle zertifi-zierten EndoProthetikZentren entfernt.

Zertifikatsentzug

Einem zertifizierten EndoProthetikZentrum kanndas Zertifikat innerhalb der auf dem Zertifikat aus-gewiesenen Gültigkeitsdauer entzogen werden.Bei dem „Zertifikatsentzug“ besteht gegenüber der„Aussetzung des Zertifikates“ kein ausreichendesVertrauen bzw. die Voraussetzungen werden alsunzureichend angesehen, dass die Erfüllung derZertifizierungsanforderungen in einem definiertenZeitraum wieder sichergestellt werden kann. Diemöglichen Gründe für einen Zertifikatsentzug sindmit denen für die „Aussetzung der Zertifizierung“identisch.

Über einen möglichen Zertifikatsentzug ent-scheidet der Ausschuss Zertifikatserteilung. Bevorein Zertifikatsentzug ausgesprochen wird, hat dasEndoProthetikZentrum die Möglichkeit zu den kri-tischen Punkten eine Stellungnahme abzugeben.Die durch den Ausschuss Zertifikatserteilung ge-troffene Entscheidung wird dem zertifizierten En-doProthetikZentrum schriftlich mitgeteilt. Das En-doProthetikZentrum kann Einspruch gegen dieseEntscheidung einlegen. Bei Entzug des Zertifikatesist das EndoProthetikZentrum nicht mehr berech-tigt, Zertifikate oder Hinweise auf die Zertifizie-rung für interne und externe Zwecke (z. B. Darstel-lung im Internet, Werbung) zu verwenden. Das En-doProthetikZentrum wird aus der Liste der durchdie Zertifizierungsstelle zertifizierten EndoProthe-tikZentren entfernt und hat das Zertifikat an dieZertifizierungsstelle zurück zu senden.

Durchführung bei fehlenderSystemzertifizierung

Der grundsätzliche Ablauf der Durchführung einerZertifizierung unterscheidet sich im Aufbau derAuditteams vor Ort.

1. Eine bestehende QM-Systemzertifizierung (nachQM-Modellen DIN EN ISO 9001, KTQ, JointCommission oder EFQM) soll vorhanden sein

2. Bei EndoProthetikZentren, die nicht über einzertifiziertes QM-System verfügen, gelten fol-gende Regelungen:● Die Erstzertifizierung erfolgt durch zwei Fach-experten und einem zusätzlichen Systemaudi-tor, der auf Basis der DIN EN ISO 9001denStand der im Zertifizierungsverfahren enthal-tenen Elemente des QM-Systems prüft. Dievom Systemauditor getroffenen Empfehlun-gen zur Verbesserung des QM-Systems müs-sen bis zum Rezertifizierungsaudit nach3 Jahren umgesetzt werden.

● Die jährlichen Überwachungsaudits 1 und 2werden ausschließlich durch die Fachexpertendurchgeführt.

Eine parallele Zertifizierung des EndoProthetik-Zentrums durch die Fachgesellschaft und Syste-mauditoren zur Etablierung eines zertifiziertenQM-Systems (z. B. nach DIN EN ISO 9001) ist mög-lich und wird bei Bedarf individuell abgestimmt.

5.3 Schulung der AuditorenFür die Durchführung von Zertifizierungsverfah-ren von EndoProthetikZentren dürfen ausschließ-lich zugelassene Fachexperten eingesetzt werden.Als Fachexperten werden Personen bezeichnet, diefür die Überprüfung der EndoProthetikZentren vorOrt qualifiziert und von der Deutschen Gesell-schaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie(DGOOC) hierfür anerkannt sind. Die Ernennungzum Fachexperten erfordert neben definierten Zu-lassungsvoraussetzungen die erfolgreiche Teilnah-me an einem Qualifizierungslehrgang durch dieZertifizierungsstelle mit abschließender Qualifizie-rungsprüfung und nachfolgendem erfolgreichemHospitationsverfahren. Die Zulassung eines Fach-experten durch die DGOOC drückt aus, dass derFachexperte die Zulassungsvoraussetzungen er-füllt und über die erforderlichen Kenntnisse zumZertifizierungsverfahren verfügt. Durch die Teil-nahme an dem Qualifizierungslehrgang bestehtkein automatisches Anrecht auf ein Hospitations-verfahren bzw. auf die Ausübung einer Fachexper-tentätigkeit.

Daneben werden systembetrachtende Fachaudi-toren mit Auditorenqualifikation gemäß der inter-nationalen Norm ISO 17021 eingesetzt. Diese wer-den ausschließlich durch die beauftragte Zertifi-

5.3 Schulung der Auditoren

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zierungsstelle hinsichtlich der fachlichen Anforde-rungen geschult, als Fachauditoren zugelassen undbeauftragt. Die Beauftragung von Fachexpertenund systembetrachtenden Fachauditoren für einbestimmtes Zertifizierungsverfahren erfolgt eigen-verantwortlich durch die Zertifizierungsstelle. DieZulassungsvoraussetzungen für die Fachexpertensind Facharzttätigkeit (FA für Orthopädie und Un-fallchirurgie, FA Orthopädie, FA Chirurgie mitSchwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie oder FAfür Chirurgie nach alter WBO vor 2003) an einerKlinik mit endoprothetischer Versorgung sowie Er-fahrung im Qualitätsmanagement. Weiterhin sollteeine Mindesttätigkeit in der Endoprothetik über2 Jahre innerhalb der letzten 4 Jahre nachweisbarsein.

5.4 Beteiligung der Fachgesell-schaften und FachexpertenSiehe Tabelle 5.2.

5.5 SchlichtungsverfahrenEinspruch / Beilegung von Streitfällen

Ist das EndoProthetikZentrum mit der Bewertung/Entscheidung des Fachexperten/Auditteams nichteinverstanden, kann das EndoProthetikZentrumEinspruch gegen diese Bewertung/Entscheidung

erheben. Der Einspruch ist innerhalb von 20 Ka-lendertagen nach dem jeweiligen Audit bzw. nachdem Versanddatum einer schriftlichen Bewertung(z. B. Auditbericht) schriftlich an die Zertifizie-rungsstelle zu richten. Die Bewertung dieses Ein-spruches sowie die Festlegung einer Entscheidungerfolgt durch den Ausschuss Zertifikatserteilung.

Falls das EndoProthetikZentrum die Entschei-dung des Ausschusses Zertifikatserteilung nichtakzeptiert, kann der Vorsitzende der Zertifizie-rungskommission einbezogen werden. Der Vorsit-zende der Zertifizierungskommission trifft eineEntscheidung oder beschließt, die Situation inner-halb der Zertifizierungskommission zu bewerten.Eine direkte Kontaktierung des Vorsitzenden derZertifizierungskommission ohne Einbezug desAusschusses Zertifikatserteilung ist nicht vorgese-hen. Die Entscheidung der Zertifizierungskommis-sion ist endgültig und verbindlich. Alle Einsprücheund Streitfälle werden dokumentiert. Eine Be-nachteiligung des Einspruchsführers wird explizitausgeschlossen.

Bearbeitung von Beschwerden

Werden an die Zertifizierungsstelle Beschwerdengerichtet, die sich auf Zertifikatsmissbrauch oderandere schwerwiegende Verletzungen gegenüberden gültigen Fachlichen Anforderungen beziehen,dann ist die Zertifizierungsstelle verpflichtet, dieseBeschwerden zu bearbeiten. In der Regel werden

Tab. 5.2

Fachgesellschaft Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC) istder Initiator und Gestalter für das Zertifizierungssystem für EndoProthetikZentrenmit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik (AE), sowie des Berufs-verbands der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU). Die DGOOCgibt die Politik und inhaltliche Ausrichtung für die Weiterentwicklung diesesZertifizierungssystems vor.

EndoCert GmbH Die Aufgaben der EndoCert GmbH liegen in der Rechte- und Mandatsvergabe desZertifizierungssystems.

Zertifizierungskommission Primäre Aufgabe der Zertifizierungskommission ist die Weiterentwicklung derFachlichen Anforderungen (Zertifizierungskriterien) sowie die Interpretation undAuslegung einzelner Anforderungen. Die Zertifizierungskommission ist befugt,Änderungen in den Fachlichen Anforderungen vorzunehmen.

Ausschuss Zertifikatserteilung Der Ausschuss Zertifikatserteilung ist ein von der Auditdurchführung unabhängigesGremium, welches anhand der von den Fachexperten erstellten Auditdokumenta-tion jedes einzelne Zertifizierungsverfahren auf korrekte Durchführung überprüft.Die Ausstellung eines Zertifikates setzt die Zustimmung des AusschussesZertifikatserteilung voraus.

Fachexperten Als Fachexperten werden Personen bezeichnet, die für die Überprüfung derEndoProthetikZentren vor Ort qualifiziert und von der Deutschen Gesellschaft fürOrthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC) hierfür anerkannt sind.

Der EndoCert-Zertifizierungsprozess

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nur schriftliche Beschwerden bearbeitet, derenHerkunft bekannt ist. Das betroffene EndoProthe-tikZentrum wird schriftlich über die eingegangeneBeschwerde informiert. Des Weiteren wird das En-doProthetikZentrum aufgefordert, eine schriftlicheStellungnahme abzugeben, die innerhalb von 10Arbeitstagen bei der Zertifizierungsstelle vorliegenmuss. Entsprechend der vorgefundenen Situationist die Zertifizierungsstelle berechtigt, eine außer-planmäßige Überprüfung einzuleiten.

Beschwerden von Patienten des zertifiziertenEndoProthetikZentrums, die direkt gegenübereinem der beteiligten Gremien geäußert werden,werden an den zuständigen Fachexperten weiter-geleitet. Dieser ist in diesem Fall verpflichtet, diein der Beschwerde angesprochene Situation zu be-werten und im darauf folgenden Auditbericht hier-zu Stellung zu nehmen. Eine Benachteiligung desBeschwerdeführers wird explizit ausgeschlossen.

5.5 Schlichtungsverfahren

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6 Ausblick und WeiterentwicklungDie flächendeckende Freigabe des Systems zur Zer-tifizierung von EndoProthetikZentren in Deutsch-land erfolgt zum 19.10.2012.

Vorausgegangen ist eine intensive Diskussiongemeinsam mit den beteiligten Fachgesellschaften.Hierbei wurden die Erkenntnisse aus den beidenvorgeschalteten Pilotphasen aufgegriffen und indie Anforderungsbögen eingearbeitet. Dabei wur-de das Prinzip der Beachtung wissenschaftlicherEvidenz bei der Formulierung der Anforderung woimmer möglich beachtet.

Ein wesentliches Prinzip der EndoCert Initiativewird hierbei deutlich: die konsequente Gestaltungals ein "lernendes System" mit der Möglichkeit zurAnpassung der Anforderungen an aktuelle Ergeb-nisse der Forschung und Erkenntnissen, die imRahmen des Echtzeitbetriebs gewonnen werden.Die Federführung für diesen Prozess liegt bei derZertifizierungskommission.

Zur weiteren Ergänzung wird die Implementie-rung der Fraktur-Endoprothetik angestrebt, derenDarstellung in Zusammenarbeit mit den Koope-rationspartnern erfolgen soll. Die Qualitätsindika-toren sind einer regelmäßigen kritischen Überprü-fung zu unterziehen und weiter zu entwickeln.

Das Profil der Hauptoperateure soll künftig ver-stärkt auf das Qualitätsmerkmal der operativenSpezialisierung – belegt durch die Zusatzweiterbil-dung Spezielle Orthopädische Chirurgie – aus-gerichtet werden, so dass diese auch als Kriteriumin den Anforderungen für EndoProthetikZentren(EPZ) Eingang finden kann.

Ausblick und Weiterentwicklung

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7 Spezifische Anforderungen anEndoProthetikZentrenDie spezifischen Anforderungen entsprechend deszweistufigen Systems für EndoProthetikZentrensind in den folgenden Erhebungsbögen wiederge-geben. Die Erhebungsbögen finden Sie unterwww.thieme.de/EndoCert.

A Erhebungsbogen für einEndoProthetikZentrum (EndoCert) (EPZ)DOI: 10.1055/B-9783131740816-00001

B Erhebungsbogen für einEndoProthetikZentrum der Maximal-versorgung (EndoCert) (EPZmax)DOI: 10.1055/B-9783131740816-00002

Spezifische Anforderungen an EndoProthetikZentren

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8 Literatur (allgemein)[1] Beuth-Verlag, Berlin: ISO/DIS 31000[2] Beuth-Verlag, Berlin: DIN EN ISO 9001:2008[3] Bitzer EM, Neusser S, Lorenz C, Dörning H, Schäfer Th. Kran-

kenhaus-Rangfolgen nach Ergebnisqualität in der Hüftendo-prothetik – Routinedaten mit oder ohne Patientenbefragun-gen? - Teil 2: Patientenbefragung in Kombination mit Routi-nedaten. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2007;3(1):Doc07

[4] Blum K, de Cruppe W, Ohmann C, Geraedts M. Mindestmen-gen bei Knie-TEP Implantationen. Gesundheitswesen 2008;70: 209-218

[5] Broadleaf International Capital (10.3.2008) „Risk Manage-ment AS/NZS 4360:2004“ verfügbar unter:http://www.broadleaf.com.au/pdfs/trng_tuts/tut.standard.pdf

[6] Bundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeBBK (9.3.2009) „Schutz Kritischer Infrastruktur: Risikoma-nagement im Krankenhaus“ verfügbar unter:http://www.bbk.bund.de/cln_027/nn_1269610/SharedDocs/Publikatio-nen/Praxis__Bevoelkerungsschutz/Langfassung_Leitfa-den_Krankenh__RisikoKritis,templateId = raw,property =pu-blicationFile.pdf/Langfassung_Leitfaden_Krankenh_Risiko-Kritis.pdf

[7] Geraedts M. Spärliche Evidenz für explizite Mindestmengen.Deutsches Ärzteblatt 2004; 101: A14/02–A14/04

[8] Hervey SL, Purves HR, Guller U, Toth AP, Vail TP, Pietrobon R.Provider volume of total knee arthroplasties and patientoutcomes in the HCUP-nationwide inpatient sample. J BoneJoint Surg [Am] 2003; 85: 1775–1783

[9] Huber JF, Satkauskas I, Theiler R, Zumstein M, Ruflin GB. Kli-nische Resultate 2 Jahre nach Hüfttotalendoprothese (WO-MAC/SF36) und Vergleich mit der Normalbevölkerung (SF36). Z Orthop 2006; 144:296–300

[10] Katz JN, Barrett J, Mahomed NN, Baron JA, Wright RJ, LosinaE. Association between hospital and surgeon procedure vo-lume and the outcomes of total knee replacement. J BoneJoint Surg [Am] 2004; 86: 1909–1916

[11] Kurtz S, Ong K, Lau E, Mowat F, Halpern M. Projections ofprimary and revision hip and knee arthroplasty in the Uni-ted States from 2005 to 2030. J Bone Joint Surg Am 2007;89:780–785

[12] Lohr KN. Medicare: A Strategy for Quality Assurance. Vol. I.Washington, D.C.: National Academy Press; 1990.

[13] Merx H, Dreinhöfer K, Schräder P, Stürmer T, Puhl W, Gün-ther KP, Brenner H. International variation in hip replace-ment rates. Ann Rheum Dis 2003; 62:222–226

[14] Paula, H. (2007) „Patientensicherheit und Risikomanage-ment im Pflege- und Krankenhausalltag“ veröffentlicht vomSpringer Verlag Berlin Heidelberg

[15] Riddle DL, Stratford PW, Singh JA, Strand CV. Variation inoutcome measures in hip and knee arthroplasty clinical tri-als: a proposed approach to achieving consensus. J Rheuma-tol. 2009 Sep;36(9):2050–2056.

Literatur (allgemein)

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