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1 Ziff. 7.9 AHB: Auslandsschäden A. Bedingungstext Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen: 7.9 Haftpflichtansprüche aus im Ausland vorkommenden Schadenereignissen; Ansprü- che aus § 110 Sozialgesetzbuch VII sind jedoch mitversichert. B. Einleitung Grund für den Ausschluss von Auslandsschäden ist das gesteigerte Ri- siko einer teuren und eher unsicheren Rechtsverteidigung. Der Ausschluss ist aber dispositiv, also abänderbar, und wird in der export-orientierten deutschen Industrie zumeist abbedungen. Auch im Rahmen der Besonderen Produkt-Haftpflichtversicherung wird die Auslandsdeckung nach Maßgabe der Ziff. 5 PHB nur nach besonderer Vereinbarung geboten. Unter Ausland versteht man alle Länder außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Der Begriff „Ausland“ ist staatsrechtlich zu verstehen. Das Völkerrecht ist bei der Festlegung heranzuziehen, wenn eine Verwirklichung der Schädigungs-Tatbestände auf Schiffen, an Staats- grenzen oder einem Ort mit Exterritorialität erfolgt 1 . C. Der Tatbestand I. Haftung nach Rechtskreisen Die Haftung des Produzenten für Schäden durch mangelhafte Produk- te ergibt sich in allen Rechtskreisen und Rechtsordnungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen und gesetzlicher Bestimmungen. Während die Gewährleistungsansprüche für Aufwendungen zur Kom- pensation des Mangels einen Schadenersatzanspruch und damit eine Haftung für Schadenersatzansprüche nicht begründen, ergeben sich Schadenersatzansprüche für Mangelfolgeschäden in der Form von 1 Späte, Haftpflichtversicherung, 1993, § 4 Rn. 20, 21

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Ziff. 7.9 AHB: Auslandsschäden

A. Bedingungstext

Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachträgen nicht ausdrücklich etwas anderes

bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:

7.9 Haftpflichtansprüche aus im Ausland vorkommenden Schadenereignissen; Ansprü-

che aus § 110 Sozialgesetzbuch VII sind jedoch mitversichert.

B. Einleitung

Grund für den Ausschluss von Auslandsschäden ist das gesteigerte Ri-

siko einer teuren und eher unsicheren Rechtsverteidigung.

Der Ausschluss ist aber dispositiv, also abänderbar, und wird in der

export-orientierten deutschen Industrie zumeist abbedungen.

Auch im Rahmen der Besonderen Produkt-Haftpflichtversicherung

wird die Auslandsdeckung nach Maßgabe der Ziff. 5 PHB nur nach

besonderer Vereinbarung geboten.

Unter Ausland versteht man alle Länder außerhalb der Bundesrepublik

Deutschland. Der Begriff „Ausland“ ist staatsrechtlich zu verstehen.

Das Völkerrecht ist bei der Festlegung heranzuziehen, wenn eine

Verwirklichung der Schädigungs-Tatbestände auf Schiffen, an Staats-

grenzen oder einem Ort mit Exterritorialität erfolgt1.

C. Der Tatbestand

I. Haftung nach Rechtskreisen

Die Haftung des Produzenten für Schäden durch mangelhafte Produk-

te ergibt sich in allen Rechtskreisen und Rechtsordnungen aufgrund

vertraglicher Vereinbarungen und gesetzlicher Bestimmungen.

Während die Gewährleistungsansprüche für Aufwendungen zur Kom-

pensation des Mangels einen Schadenersatzanspruch und damit eine

Haftung für Schadenersatzansprüche nicht begründen, ergeben sich

Schadenersatzansprüche für Mangelfolgeschäden in der Form von

1 Späte, Haftpflichtversicherung, 1993, § 4 Rn. 20, 21

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Personen-, Sach- oder Vermögensschäden regelmäßig aus dem Ge-

setz.

So können etwa der kontinentaleuropäische, angelsächsische und ang-

loamerikanische Rechtskreis sowie Mischsysteme unterschieden wer-

den.

Der kontinentaleuropäische Rechtskreis lässt sich zusätzlich in den

romanischen, deutschen und nordischen Rechtskreis untergliedern.

Zum so genannten romanischen Rechtskreis zählen Frankreich und die

stark an dessen Zivilrecht (Code Civil von 1804) angelehnten Rechts-

ordnungen von Belgien, Luxemburg, Rumänien, Italien und Spanien.

Die ebenfalls zu dem romanischen Rechtskreis zu zählenden Länder

Portugal und Niederlande haben einen starken Einfluss durch deut-

sches und angelsächsisches Recht erfahren.

Zum so genannten deutschen Rechtskreis sind neben Deutschland

auch Österreich, Schweiz, Griechenland, Türkei und Japan zu zählen.

Zum so genannten nordischen (skandinavischen) Rechtskreis sind

Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Island zu zählen.

Der angelsächsische oder angloamerikanische Rechtskreis umfasst

Großbritannien und die aus dessen ehemaligen Kolonien entstandene

Staaten, wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Australien, Indien,

Kanada, Neuseeland usw.

Mischsysteme existieren innerhalb der einzelnen Rechtskreise sowie

als Kombination der beiden großen Rechtskreise.

Innerhalb des kontinentaleuropäischen Rechtskreises ist dies bei-

spielsweise bei dem Recht Brasiliens der Fall, welches sowohl durch

das deutsche BGB als auch durch den französischen Code Civil ge-

prägt ist.

Mischsysteme zwischen dem romanischen und dem angloamerikani-

schen Rechtskreis existieren beispielsweise in dem französisch ge-

prägten US-Bundesstaat Louisiana und der frankokanadischen Provinz

Québec.

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II. UN-Kaufrecht

Auf internationale Kaufverträge über bewegliche Sachen findet statt

nationalem Recht regelmäßig das internationale Kaufrecht der Verein-

ten Nationen (auch UN-Kaufrecht oder Wiener Kaufrecht genannt) in

der Form des CISG Anwendung.

Alle großen Industrienationen, darunter fast alle europäischen Staaten,

USA, Kanada, Russland und China, sind inzwischen Vertragsstaaten

dieses Übereinkommens über internationale Warenkaufverträge.

Die Gewährleistungsregelungen nach Art. 45 ff. CISG knüpfen an das

Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Vertragsverletzung.

Als Vertragsverletzung gelten alle Abweichungen vom Vertrag. Eine

wesentliche Vertragsverletzung liegt dann vor, wenn dem Käufer im

wesentlichen entgeht, was er nach dem Vertrag erwarten durfte.

Diese Erwartung richtet sich nach der Parteivereinbarung. Die Ware

hat sich für den Zweck zu eigenen, der dem Verkäufer bei Vertrags-

schluss ausdrücklich oder auf andere Weise zur Kenntnis gebracht

wurde oder für den Zweck, für den die Ware der gleichen Art gewöhn-

lich gebraucht wird.

Haben die Parteien keine derartige an die Eigenschaften der Ware ge-

knüpfte Vereinbarung getroffen, bestimmen sich die Qualitätsanforde-

rungen nach dem gewöhnlichen Gebrauch.

Liegt eine wesentliche Vertragsverletzung vor, besteht ein verschul-

densunabhängiger Schadenersatzanspruch nach Art. 74 ff. CISG2.

Der Verkäufer haftet nach dem UN-Kaufrecht verschuldensunabhän-

gig für seine Lieferfähigkeit, die Übereinstimmung der Ware mit dem

Vertrag und für ihre Freiheit von Rechten Dritter.

Eine Entlastung des Verkäufers kommt nur in sehr begrenztem Um-

fang in Betracht, regelmäßig haftet der Verkäufer auch für von Vorlie-

feranten gesetzte Verursachungs- oder Verschuldensanteile.

Eine Begrenzung der Haftung knüpft einerseits an die Frage der Ver-

ursachung und Vermeidbarkeit, also inwieweit der Verkäufer nach-

2 Vergleiche grundlegend Leser, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht (CISG), 3. neubearb.

Aufl. 2000, Art. 74, S. 697 ff.

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weisen kann, dass die Vertragsverletzung auf einen Hinderungsgrund

zurückzuführen ist, der außerhalb seines Einflussbereiches liegt und

den er vernünftigerweise nicht vermeiden konnte (Art. 79 CISG).

Andererseits soll der Verkäufer nicht für einen Schaden einstehen

müssen, den er bei Vertragsschluss als mögliche Folge einer Vertrags-

verletzung nicht vorausgesehen hat oder hätte voraussehen müssen

(Art. 74 CISG).

Die Anforderungen der Rechtsprechung sind in diesem Bereich aller-

dings sehr hoch, so dass eher Fälle höherer Gewalt als entlastende

Umstände angesehen werden.

III. Europäisches Recht

1. Richtlinien der Europäischen Union

Die Richtlinien der Europäischen Union haben einen immer stärkeren

Einfluss auf die nationale Gesetzgebung der Mitgliedstaaten der Euro-

päischen Union und prägen daher zunehmend Sprache und Regelungs-

technik der bürgerlichen Gesetze, wie z.B. das BGB in Deutschland,

das ABGB in Österreich, den Codice Civile in Italien oder den Code

Civil in Frankreich.

Im Bereich des bürgerlichen Rechts sind eine Reihe von Richtlinien

erlassen worden, die in das Vertrags- und Haftungsrecht der Mitglied-

staaten der Europäischen Union eingreifen mit dem Ziel, den Ver-

braucherschutz zu verbessern.

So beruhen Regelungen im BGB über die Produkthaftung und die

Sachmängelhaftung überwiegend auf EU-Richtlinien.

2. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU

Mit Erlass der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie RL 1999/44/EG der EU

und der zwingenden Umsetzung dieser Richtlinie in den EU-Ländern

bis zum 01.01.2002 ist ein weiterer Schritt zur Vereinheitlichung des

Privatrechts in der Europäischen Union getan worden. Die Bundesre-

gierung hat die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie mit Inkrafttreten des

Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01.01.2002 umge-

setzt.

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Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfasst Kaufverträge zwischen Ver-

brauchern und beruflichen oder gewerblichen Verkäufern über beweg-

liche Sachen. Erfasst sind weiter sog. Werklieferungsverträge, die die

Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sache zum Inhalt ha-

ben.

Die Richtlinie regelt die Vertragsmäßigkeit der Kaufsachen. Dies hat

in Deutschland zu einem neuen Sachmangelbegriff geführt. Weiter ge-

regelt sind die Rechte des Verbrauchers bei Vertragswidrigkeit, die

Gewährleistungsfristen und Formalanforderungen für vertragsbeglei-

tende Garantien.

Hervorzuheben ist das neu eingeführte Recht des Käufers auf Nacher-

füllung durch Mangelbeseitigung oder Nachlieferung einer mangel-

freien Sache, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf zwei Jah-

re, die Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers sowie das

Rückgriffsrecht des Letztverkäufers.

Die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist zwischenzeitlich

in fast allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt, nachdem

Anfang Januar 2003 die Europäische Kommission ein Verstoßverfah-

ren gegen Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, die Niederlande,

Portugal, Spanien und das Vereinigte Königreich wegen nicht ord-

nungsgemäßer Umsetzung der Richtlinie über den Verbrauchsgüter-

kauf eingeleitet hatte. Ende April 2004 hatten nur Frankreich, Luxem-

burg und Belgien die Richtlinie noch nicht in nationales Recht umge-

setzt.

Exportierende Unternehmen finden damit im Bereich des Verbrauchs-

güterkaufrechts und der Produkthaftung auf europäischer Ebene weit-

gehend gleiche Haftungs-Mindestvoraussetzungen.

D. Auslandsdeckung

I. Allgemeines

Versicherungsschutz für Auslandsschäden wurde und wird regelmäßig

individuell vereinbart, auch wenn die Mehrzahl der Versicherer dazu

übergegangen ist, in den Deckungskonzepten eine Mitversicherung

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der gesetzlichen Haftpflicht für im Ausland vorkommende Versiche-

rungsfälle vorzusehen.

Die angebotenen Bedingungen zur Mitversicherung des Auslandsrisi-

kos sehen dabei entweder eine nach Aktivitäten, Produkten und Be-

trieben aufgezählte Benennung von Gefahren oder eine pauschale Ab-

bedingung des AHB-Ausschlusses vor3.

II. Das Bausteinsystem

1. Enumerationssystem

Grundsätzlich kann für einen exportierenden oder sonst im Ausland

tätigen Betrieb eine Auslandsdeckung in der Weise abgeschlossen

werden, dass einzelne auslandsbezogene Aktivitäten von der Deckung

erfasst werden.

a) Geschäftsreisen und Messen

Dabei kann man zunächst die Teilnahme an Ausstellungen und Mes-

sen im Ausland sowie Geschäftsreisen dorthin mitversichern. Die üb-

licherweise verwendete Formulierung lautet:

Eingeschlossen ist - abweichend von Ziff. 7.9 AHB - die gesetzliche Haftpflicht des Ver-

sicherungsnehmers wegen im Ausland vorkommender Schadenereignisse ausschließlich

- aus Anlass von Geschäftsreisen oder

- aus der Teilnahme an Ausstellungen und Messen;…

Erweitert wird diese Formulierung auch teilweise auf Betriebsveran-

staltungen sowie auf die Beschickung von Ausstellungen, Messen und

sonstige Vorführungen von Betriebserzeugnissen und Handelswaren.

Für Montage-, Wartungs- und Reparaturarbeiten, Inspektionen und

Kundendienst bedarf es regelmäßig einer besonderen Vereinbarung

mit dem Versicherer, wonach Schadenereignisse aus diesen Tätig-

keitsbereichen in den Versicherungsschutz einbezogen werden.

b) Indirekte Exporte

3 Auf einen Abdruck der in Voit/Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, Betriebshaftpfl., S. 1382 als Ziff.

7.7 abgedruckten Fassung zum Einschluß von Auslandsschäden in die Betriebshaftpflichtversicherung wurde verzich-

tet, weil die dortige Fassung zwischenzeitlich abgewandelt wurde und die angebotenen Formulierungen nach Versi-

cherer und Jahresstand des Konzeptes erheblich variieren. Aus diesem Grund werden die Grundinhalte und die regel-

mäßig verwendeten Deckungseinschränkungen bezeichnet.

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Indirekte Exporte sind Produktlieferungen, die nach einer Erstliefe-

rung des Versicherungsnehmers „ins Inland“ durch einen weiteren

Abnehmer ins Ausland exportiert werden.

Sie sollten grundsätzlich mit versichert werden, wenn bewegliche Sa-

chen produziert werden. Die üblicherweise verwendete Formulierung

lautet:

Eingeschlossen ist - abweichend von Ziff. 7.9 AHB - die gesetzliche Haftpflicht des Ver-

sicherungsnehmers wegen weltweit vorkommender Schadenereignisse durch Erzeugnis-

se, die dorthin gelangt sind, ohne dass der Versicherungsnehmer dorthin geliefert hat

oder hat liefern lassen.

Dabei muss berücksichtigt werden, dass bereits eine Mitnahme von

Lebensmitteln anlässlich einer Urlaubsreise, das Mitführen von Elek-

trogeräten oder das Tragen von Kleidung im Urlaub, die im Ausland

zum Schaden führen, den Ausschlusstatbestand der Ziff. 7.9 AHB be-

gründen.

Selbst das Betreten eines Flugzeuges auf inländischem Boden zählt

zur Herbeiführung eines Schadens im „Ausland“, soweit das Flugzeug

nach dem Verlassen des Flughafens als Hoheitsgebiet des Landes der

ausländischen Luftfahrtgesellschaft gilt.

Eine Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches sollte bei indi-

rekten Exporten nicht vorgenommen oder akzeptiert werden, weil der

Versicherungsnehmer regelmäßig keinen oder nur einen begrenzten

Einblick in oder Einfluss auf die Absatzsteuerung des Abnehmers hat.

c) Bekannte indirekte Exporte

Ein Sonderfall der Mitversicherung des indirekten Exports ist der be-

kannte indirekte Export.

Ein bekannter indirekter Export liegt dann vor, wenn der zumeist in-

ländische Abnehmer des Versicherungsnehmers mit dessen Kenntnis

und Billigung die Erzeugnisse des VN in das Ausland vertreibt.

Ist der inländische Abnehmer erkennbar nur Exporteur oder Einkäufer

der VN-Erzeugnisse für ein ausländisches verbundenes Unternehmen,

findet also eine Weiterver- oder –bearbeitung der Erzeugnisse beim

direkten Abnehmer des VN nicht statt, hat diese Situation die gleiche

Risikoqualität wie der direkte Export.

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Der bekannte indirekte Export hat heute seine Bedeutung im Wesent-

lichen für Produktlieferungen nach USA, US-Territorien und Kanada,

weil für Industriebetriebe mittlerweile die Deckung für Direktexporte

weltweit, mit Ausnahme USA und Kanada, marktüblich geworden ist.

Mit der Gleichstellung von direktem und bekanntem indirekten Export

kann der Versicherer vermeiden, dass durch die Zwischenschaltung

von Abnehmern ohne industrielle Wertschöpfungsabsicht, sei es aus

fiskalischen oder Haftungsgründen, die dem direkten Export ver-

gleichbaren Risiko adäquate Prämie umgangen wird.

Beispiel: Der Versicherungsnehmer liefert Bandscheibenzangen an

inländische Einkaufsgesellschaften us-amerikanischer Medizinpro-

dukte-Hersteller zum Vertrieb an Krankenhäuser in den USA.

Aus Sicht des Versicherungsnehmers empfiehlt sich in Fällen dieser

Art eine Anzeige an den Versicherer nach Vorbild des § 16 oder § 23

VVG, damit für den Schadenfall Klarheit erzielt wird, ob ein gedeck-

ter indirekter Export vorliegt oder ein möglicherweise ausgeschlosse-

ner „faktisch“ direkter Export (claims handling agreement).

d) Direkte Exporte

Von hervorragender Bedeutung sowohl für die Bedingungsfindung

(wording) als auch die Preisfindung (pricing) sind direkte Exporte des

Versicherungsnehmers.

Hier ist der Versicherer, anders als bei indirekten Exporten, in der La-

ge, Informationen über Art und Umfang der Exporttätigkeiten zu er-

halten und auf diese Weise das Risiko kalkulieren.

Zumeist wird die Deckung des direkten Exports europaweit oder

weltweit mit Ausnahme von USA/Kanada geboten. Die üblicherweise

verwendete Formulierung lautet:

Eingeschlossen ist - abweichend von Ziff. 7.9 AHB - die gesetzliche Haftpflicht des Ver-

sicherungsnehmers wegen weltweit, mit Ausnahme von USA, US-Territorien und/oder

Kanada, vorkommender Schadenereignisse durch Erzeugnisse, die der Versicherungs-

nehmer dorthin geliefert hat oder hat liefern lassen.

Sofern Exporte nach USA/Kanada erfolgen und das dort geltende,

stark Verbraucherschutz orientierte, Recht Anwendung finden kann,

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wird der Versicherer hierfür eine separate Prämie berechnen, die dem

gesteigerten Risiko des dortigen Rechtssystems und der Anspruchs-

mentalität dort entspricht.

2. Pauschalversicherung

Kommen alle vorgenannten Tätigkeitsarten mit Auslandsbezug in Be-

tracht, kann der Versicherer eine pauschale Auslandsdeckung, abwei-

chend von Ziff. 7.9 AHB, anbieten. Die üblicherweise verwendete

Formulierung lautet:

Eingeschlossen ist - abweichend von Ziff. 7.9 AHB - die gesetzliche Haftpflicht des Ver-

sicherungsnehmers wegen im Ausland vorkommender Schadenereignisse.

3. Das Schadenereignis im Ausland

Das nach AHB ausgeschlossene oder nach Vereinbarung gedeckte

Schadenereignis muss im Ausland, also außerhalb der Bundesrepublik

Deutschland, vorkommen.

a) Ursachenereignis im Ausland

Soweit das Ursachenereignis im Ausland vorkommt, erfüllt dies zu-

nächst nicht den Ausschlusstatbestand.

Beispiel: Der Versicherungsnehmer lässt in China für ein Magnetge-

häuse eine Passivierung mit einer Schichtstärke von 8 – 12 µ verarbei-

ten, obwohl eine Stärke von 12 – 16 µ richtig gewesen wäre (Ursa-

chenereignis).

Kein Eintritt eines Schadenereignisses im Ausland, deshalb keine

Ausschlusswirkung der Ziff. 7.9 AHB.

b) Der Zeitpunkt

Der Zeitpunkt des jeweiligen für den Versicherungsfall maßgeblichen

Schadenereignisses wird in modernen PHB-Modellen definiert.

c) Definition des Versicherungsfalles

Gem. Ziff. 8 PHB ist der Versicherungsfall das während der Wirk-

samkeit des Vertrages eingetretene Schadenereignis.

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In der Produkt-Haftpflichtversicherung sind Versicherungsfall etwa

die im Ausland vorkommenden Schadenereignisse durch Verbindung,

Vermischung oder Verarbeitung nach Ziff. 4.2 PHB, die Weiterbear-

beitung oder -verarbeitung nach Ziff. 4.3 PHB oder der Einbau, das

Anbringen, Verlegen oder Auftragen nach Ziff. 4.4 PHB.

d) Mehrheit von Schadenereignissen

Eine Festlegung, welches Schadenereignis bei einer Mehrzahl von

Schadenereignissen ausgeschlossen ist, enthalten die Deckungsregeln

nicht.

aa) Ereignet sich zunächst das Schadenereignis im Inland, ist der Aus-

schluss nicht verwirklicht.

Beispiel: Der Abnehmer des Versicherungsnehmers in Deutschland

bringt in das vom Versicherungsnehmer gelieferte maßungenaue

Magnetgehäuse eine Magnetspule mit Elektroden ein, vertoxt es und

stellt unter Verwendung weiterer Zutaten eine Baugruppe her.

bb) Werden in der weiteren Produktion die Versicherungsnehmer-

Erzeugnisse verwendet, kommt es darauf an, an welchem Ort diese

Produktion erfolgt.

Die Schadenereignisse „2…n“ und die hieraus resultierenden Schäden

sind dann vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn sie sich im

Ausland, also außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, ereignen.

Beispiel: Eine Baugruppe, bei welcher das Magnetgehäuse des Versi-

cherungsnehmers verbaut worden ist, wird in Frankreich in eine Steu-

erungseinheit verbaut, in Deutschland mit einem Steuerungskasten

umgeben, in Tschechien mit weiteren elektronischen Bestandteilen

bestückt, in Polen als Dosiereinheit an einen Träger geschraubt und in

Deutschland als Bestandteil einer Farbbadanlage einer Garnfärberei

eingesetzt.

Soweit Schadenereignisse im Ausland, also im vorliegenden Bei-

spielsfall in Frankreich, Tschechien, Polen, eintreten, sind sie bei feh-

lender Auslandsdeckung nach Ziff. 7.9 AHB nicht gedeckt. Schadene-

reignisse in Deutschland sind mangels Auslandsbezugs vom Aus-

schluss nicht erfasst.

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cc) „Zeigt“ sich der Schaden „nur“ im Ausland, besteht Versiche-

rungsschutz, weil es an einem Schadenereignis im Ausland selbst

fehlt.

Beispiel: Der Versicherungsnehmer liefert seinem Abnehmer in

Deutschland Folien, die dieser mit Waschmittel als sachets abfüllt und

nach Österreich liefert. Durch einen Kalandrierfehler hat die Folie ei-

ne perforierte Aluminiumschicht. In Österreich werden die Undichtig-

keiten entdeckt, die sich unter Beschädigung der unregelmäßigen

Sperrschicht aufgrund der zersetzenden Eigenschaften des Inhalts der

sachets gebildet haben.

Die „Manifestation“ des Schadens im Ausland berührt Ziff. 7.9 AHB

nicht, weil das Schadenereignis nicht im Ausland vorkommt.

dd) Fraglich ist, inwieweit bei einer Schadenbeseitigung oder dem

Austausch mangelhafter Erzeugnisse im Ausland das Vorkommen ei-

nes Schadenereignisses anzunehmen ist.

Die Typizität der Ziff. 4.4 PHB besteht darin, dass ein Ersteinbau

mangelhafter Erzeugnisse des Versicherungsnehmers (= Schadener-

eignis) stattfindet, dem im Gewährleistungs- und Schadenersatzfall

zunächst der Ausbau dieser mangelhaften Erzeugnisse und sodann der

Zweiteinbau mangelfreier Erzeugnisse folgt.

Wird die Schadenbehebung oder der Austausch der Erzeugnisse im

Ausland durchgeführt, fällt dies nicht unter den Ausschlusstatbestand.

ee) Werden aufgrund von Schadenereignissen im Inland Ansprüche

im Ausland erhoben, unterfallen sie zunächst aufgrund des fehlenden

Schadenereigniseintritts im Ausland nicht dem Ausschluss nach Ziff.

7.9 AHB.

Dennoch sind in Industriepolicen mittlerweile Regelungen zu inländi-

schen Versicherungsfällen anzutreffen, bei denen im Ausland Ansprü-

che gegen den Versicherungsnehmer erhoben oder gerichtlich geltend

gemacht werden.

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Dabei werden diese Schadenfälle hinsichtlich der Kostenanrechnung

auf die Leistungen des Versicherers und des Ausschlusses für punitive

und exemplary damages Schäden im Ausland gleichgestellt.

4. Deckungseinschränkungen

Die Auslandsdeckung wird regelmäßig unter Ausnahme benannter Ri-

siken und Gefahren geboten.

a) Betriebsstätten im Ausland

Nicht versichert ist üblicherweise die gesetzliche Haftpflicht des Ver-

sicherungsnehmers im Zusammenhang mit rechtlich selbständigen

und unselbständigen ausländischen Betriebsstätten.

Erweitert wird die fehlende Deckung teilweise auf Repräsentanten,

Verkaufsbüros, Läger, Montagestellen oder Zweigniederlassungen.

b) Ausländische Mitarbeiter

Nicht versichert werden Ansprüche aus Arbeitsunfällen und Berufs-

krankheiten, wenn sie im Rahmen einer Sozialversicherung oder einer

sonstigen speziellen Versicherungsform für Arbeitsunfälle und Be-

rufskrankheiten versichert werden können sowie Haftpflichtansprüche

aus Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten von im Ausland eingestell-

tem Personal.

Hintergrund für die Regelung ist das so genannte Haftungsprivileg

nach § 104 SGB VII, vormals § 640 Reichsversicherungsordnung

(RVO). Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen

tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versiche-

rung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und

Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz

des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur

verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf ei-

nem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeige-

führt haben.

Ziff. 7.9 AHB nimmt Ansprüche nach § 110 SGB VII von der Aus-

schlusswirkung aus. Ansprüche der Sozialversicherungsträger im Um-

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fang von § 110 SGB VII sind demnach auch dann nicht ausgeschlos-

sen, wenn das Schadenereignis im Ausland eintritt.

Im Ausland angestelltes Personal unterliegt, soweit vorhanden, den

lokalen Sozialversicherungsbestimmungen.

Es kommt nicht darauf an, ob eine Sozialversicherung oder eine sons-

tige spezielle Versicherungsform für Arbeitsunfälle und Berufskrank-

heiten tatsächlich abgeschlossen ist. Es reicht, dass die Möglichkeit,

sich gegen diese Risiken zu versichern, besteht. Die Versicherer wol-

len nicht das Risiko eines unterlassenen, aber möglichen Versiche-

rungsschutzes des Geschädigten tragen.

Gesetzliche Regressansprüche von ausländischen Trägern einer Sozi-

alversicherung oder sonstigen speziellen Versicherungsform für Ar-

beitsunfälle und Berufskrankheiten sollten jedoch mitversichert wer-

den, soweit diese nicht über vergleichbare Ansprüche deutschen

Rechts hinausgehen.

c) Anrechnung von Kosten

Die Aufwendungen des Versicherers für Kosten werden nach Ziff. 6.5

AHB nicht als Leistungen auf die Versicherungssumme angerechnet.

Von diesem Grundsatz wird abgewichen, wenn unter Hinweis auf das

durch die in USA/Kanada anzutreffende Anspruchsmentalität und das

dort geltende, stark Verbraucherschutz orientierte Recht erhöhte Kos-

tenrisiko Aufwendungen zum Abzug gebracht werden. Die üblicher-

weise verwendete Formulierung lautet:

Bei Schadenereignissen in den USA und Kanada werden - abweichend von Ziff. 6.5

AHB - die Aufwendungen des Versicherers für Kosten als Leistungen auf die Deckungs-

summen angerechnet.

Kosten sind: Anwalts-, Sachverständigen-, Zeugen- und Gerichtskosten; Aufwendungen

zur Abwendung oder Minderung des Schadens bei oder nach Eintritt des Versiche-

rungsfalls sowie Schadenermittlungskosten, auch Reisekosten, die dem Versicherer

nicht selbst entstehen. Das gilt auch dann, wenn die Kosten auf Weisung des Versiche-

rers entstanden sind.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist die Tendenz, diese An-

rechnung nicht auf Schadenfälle in USA oder Kanada zu beschränken,

sondern auf alle Versicherungsfälle im Ausland zu erstrecken.

Mag man dies noch für Versicherungsfälle im Inland, bei denen die

Anspruchserhebung und gerichtliche Geltendmachung in USA oder

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Kanada erfolgt, für berechtigt halten, erschließt sich die Ausweitung

auf das Ausland allgemein nicht.

Hinsichtlich der im Rahmen der besonderen Produkt-Haftpflichtversi-

cherung erfassten Produkt-Vermögensschäden besteht ein derart ge-

steigertes Kostenrisiko nicht.

d) punitive damages

Ausgeschlossen von der Deckung werden regelmäßig so genannte

Strafschäden. Punitive oder exemplary damages sind Schäden, mit de-

nen kein Ersatz eines entstandenen Schadens bezweckt wird, sondern

der Bestrafung, insbesondere wegen unlauteren oder schuldhaft vor-

werfbaren Verhaltens, dienen. Sie sind im us-amerikanischen Rechts-

system verbreitet und stehen häufig außerhalb einer Relation zum tat-

sächlich entstandenen Schaden. Die üblicherweise verwendete Formu-

lierung lautet:

Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben Ansprüche auf Entschädigung mit

Strafcharakter, insbesondere punitive oder exemplary damages.

Bei mehr als 50 Rechtsordnungen allein in USA und unter Berück-

sichtigung der nicht-romanischen Rechtssysteme in Kanada muss man

immer wieder davon ausgehen, dass der normale Schadenersatz (com-

pensatory damages) und der Strafschaden (punitive or exemplary da-

mages) in einem Betrag zugesprochen werden.

Da im Rahmen von Gerichtsverfahren Absprachen zur vergleichswei-

sen Beendigung üblich sind, empfiehlt sich die Einschränkung des

Ausschlusses für den Fall, dass eine einheitliche Vergleichssumme

vereinbart oder eine einheitliche Urteilssumme ausgesprochen wird.

Standardmäßig wird neben dem Anspruch auf Ersatz des entstandenen

Schadens auch der Zuspruch eines Strafschadens begehrt, so dass bei

einer Vergleichssumme nicht ausgeschlossen ist, dass sich diese aus

dem tatsächlichen Schaden und einem Betrag zur Abgeltung der An-

sprüche zusammensetzt. Wird eine Summe vereinbart oder ausgeur-

teilt, ohne dass eine Aufteilung in Ersatz des entstandenen Schadens

und einem Abgeltungsbetrag vorgenommen, ist eine Abgrenzung von

versicherten Kosten kaum möglich.

Hier muss es aber möglich sein, die nicht gedeckten punitive oder

exemplary damages von den compensatory damages zu trennen. For-

mulierungsvorschlag:

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Ausgeschlossen sind Ansprüche auf Entschädigung mit Strafcharakter, insbesondere

punitive oder exemplary damages. Versichert bleiben jedoch die in diesen Beträgen ent-

haltenen Ansprüche auf Entschädigung ohne Strafcharakter (compensatory damages).

Zumindest sollte der Versicherer gebeten werden zu bestätigen, dass

bei einheitlicher Vergleichs- oder Urteilssumme diese vollständig vom

Versicherer zu erstatten ist, wenn die klageweise geltend gemachten

Kosten versicherte Kosten enthält und die Vergleichs- oder Urteils-

summe diese Kosten nicht überschreitet, oder teilweise zumindest bis

zur Höhe versicherter Kosten erstattet.

e) Erfüllung der Zahlungsverpflichtung des Versicherers

Die angebotene Auslandsdeckung enthält zwei Abweichungen zu den

gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Art der Erfüllungshand-

lung und dem Zeitpunkt der Erfüllungswirkung der den Versicherer

aus dem Versicherungsvertrag treffenden Ersatzverpflichtung. Die üb-

licherweise verwendete Formulierung lautet:

Die Leistungen des Versicherers erfolgen in Euro. Die Verpflichtung des Versicherers

gilt mit dem Zeitpunkt als erfüllt, in dem der Betrag bei einem inländischen Geldinstitut

angewiesen ist.

Unabhängig davon, in welcher Währung der Versicherungsnehmer

verpflichtet ist, Schadenersatz zu leisten, wird die Zahlungsverpflich-

tung des Versicherers in Euro erfüllt. Die Erfüllungshandlung des

Versicherers beschränkt sich zudem auf die Anweisung des Ersatzbe-

trages bei einem inländischen Geldinstitut.

Der Versicherungsnehmer trägt damit die Gefahr, die ihn treffende

Verpflichtung rechtzeitig im Verhältnis gegenüber seinem Gläubiger

zu erfüllen. Erfüllung tritt bei Zahlung durch Banküberweisung mit

Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers ein4.

4 Grüneberg in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl. 2009, § 362 Rn. 9; BGH Urteil v. 28.10.1998 – VIII

ZR 157-97 = NJW 1999, 210

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E. Auslandsdeckung für international belegene Unternehmen

I. Das Master-Cover-System

Eine Sonderform der Auslandsdeckung, die wegen der internationalen

Belegenheit der Unternehmen und der zunehmenden Globalisierung

der Unternehmen zunehmend abgefordert wird, ist das sogenannte

mastercover-System, auch als umbrella-System gekennzeichnet.

Danach werden Betriebe und Unternehmen mit einem internationalen

Netzwerk zunächst in den jeweiligen Ländern mit einer lokalen De-

ckung nach einem good local standard versichert und für das Unter-

nehmen der Muttergesellschaft, z.B. in Deutschland, ein so genannter

master-cover installiert.

Ergänzend zur lokalen Deckung, die in der dortigen Sprache verfaßt

ist und insbesondere den dortigen Geschäftspartnern vorgelegt werden

kann, werden dann die dic- und dil-Bedingungen geboten.

dic-Bedingungen stellen sich als differences in conditions dar und sind

eine Bedingungsdifferenzdeckung, wonach die Bedingungsdefizite in

der lokalen Police durch die Grunddeckung in Deutschland, den mas-

ter-cover, aufgefangen werden.

Mit der dic-Deckung werden die möglicherweise nicht ausreichenden

Deckungssummen im Ausland auf das Niveau des Hauptvertrages ge-

führt.

Für den Fall, dass ausländische Bedingungen weiter gehen als die Re-

gelungen im deutschen Hauptvertrag, besteht auch die Möglichkeit,

eine reversed-dic-Deckung zu installieren, wonach zumeist nur für die

lokale Gesellschaft und auch zumeist nur mit einigen besonderen Aus-

schlüssen, die Deckungen des Grundvertrages bis zur Höhe der De-

ckungssumme des Hauptvertrages geboten werden.

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II. Ausländische Produkthaftung in Beispielen

1. United Kingdom

Mit Erlass der Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf, die als supranati-

onales Recht über Gesetze in den Sale of Goods Act überführt wurde,

besteht grundsätzlich eine ähnliche Haftung wie in Deutschland.

In Part II enthält der Act unter der Überschrift „Conditions and War-

ranties” Vorschriften über Kaufverträge, denen eine Beschaffenheits-

vereinbarung zugrunde liegt, Sec. 13 SGA, sowie über die einem Ver-

trag zugrunde liegenden Bestimmungen über Qualität und Verwen-

dungstauglichkeit der Waren generell, Sec.14 SGA.

Die Kaufsache muss die zugesicherten Eigenschaften haben. Werden

keine ausdrücklichen Zusicherungen (expressed warranties) gegeben,

muss die Sache nach Sec. 14 II, III SGA für den typischerweise vor-

hersehbaren Zweck geeignet sein (implied warranties: goods of satis-

factory, reasonable standard accounting to circumstances).

Sec. 53 SGA sieht Schadenersatzansprüche des Käufers vor, wenn der

Vertragsgegenstand nicht die handelsübliche Qualität aufweist.

In England gilt die sog. privity-of-contract-doctrine, welche besagt,

dass eine vertragliche Haftung nur unmittelbar zwischen den Ver-

tragspartnern möglich ist. Da diese Regelung relativ streng angewandt

wird und zwischen Hersteller und Verbraucher wegen der langen Käu-

ferketten gerade nicht vorliegt, ist die Haftung des Produzenten nach

der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit des Warenherstellers zu

messen. Die Produzentenhaftung ist ein eigener und anerkannter Fahr-

lässigkeitstatbestand (tort of negligence).

Der Consumer Protection Act (CPA) von 1987 regelt die Produkthaft-

pflicht des Herstellers. Danach besteht eine Gefährdungshaftung

(strict product liability) für fehlerhafte Produkte.

Das Gesetz enthält auf Grundlage der EG-Richtlinie zur Produzenten-

haftung von 1985 Regelungen über die Haftung für fehlerhafte Pro-

dukte, den Fehlerbegriff sowie Einwendungen des Schädigers.

Das Produkt ist – wie in Deutschland – fehlerhaft, wenn es nicht die

Sicherheit gebietet, die der Verkehr im Umgang mit dem Produkt zu

erwarten berechtigt ist.

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Nach dem CPA haben Hersteller bzw. Lieferant folgende Verteidi-

gungsmöglichkeiten (defences): Der Fehler bestand nicht bei Überga-

be an den Käufer oder er war danach dem Stand der Wissenschaft bei

In-Verkehr-Bringen des Produkts nicht erkennbar.

In erster Linie haften der Hersteller und Quasihersteller sowie Import-

eure, ersatzweise wird eine Haftung für Lieferanten angewiesen, wenn

die Erstgenannten nicht benannt werden können.

2. Österreich

Nach Umsetzung der EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf gelten

innerhalb der Mitgliedsstaaten bei einem Kauf von Verbrauchsgütern

annährend dieselben Rechtsvorschriften.

Die §§ 924, 922, 933 ABGB sehen eine Haftung für mangelhafte Sa-

chen vor, wenn diese nicht die bedungenen oder gewöhnlich voraus-

gesetzten Eigenschaften haben.

Die Mangelhaftigkeit der Kaufsache bei Übergabe wird vermutet,

wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe einge-

treten ist.

Gemäß § 1 ProdHaftG haftet der Hersteller, Importeur und hilfsweise

der Händler, wenn durch ein fehlerhaftes Produkt Personen- oder

Sachschaden eingetreten ist.

Fehlerhaft ist ein Produkt, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man

den Umständen nach und angesichts des typischen Gebrauchs des

Produkts erwarten darf.

Deliktsrechtlich haftet der Schädiger gemäß §§ 1295, 1293 ABGB,

wenn er einem Dritten schuldhaft Schaden zufügt.

Er hat dann gemäß § 1323 ABGB Schadenersatz zu leisten, und zwar

grundsätzlich in Form der Naturalrestitution, d.h. der Schädiger ist

verpflichtet, den ursprünglichen Zustand herzustellen, der ohne das

Schaden stiftende Ereignis bestehen würde. Da insbesondere Perso-

nenschäden auf diese Weise nicht ausgeglichen werden können, ist

diese Naturalrestitution durch Geldersatz zu leisten.

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3. Frankreich

Anders als in Deutschland, ist die europäische Richtlinie 99/44/EG

vom 25.05.1999 über den Verbrauchsgüterkauf im französischen

Recht bis heute noch nicht umgesetzt worden, so dass deren Verbrau-

cher schützende Bestimmungen in Frankreich bislang nicht zur An-

wendung kommen. In Frankreich gilt der Code Civil von 1804.

Zwischen deutschem und französischem Recht bestehen einige ent-

scheidende Unterschiede.

So können vertragliche und deliktsrechtliche Ansprüche nicht neben-

einander geltend gemacht werden. Des Weiteren wird in Frankreich

nicht zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden unterschie-

den.

Ein wichtiges Instrument in der Schadenabwicklung ist insbesondere

die appel en garantie und die action directe.

Die appel en garantie regelt die Streitverkündung im Prozess - Ver-

käufer gegen den Zulieferer, bis die Lieferkette aufgerollt ist.

Die action directe ist die Durchgriffshaftung auf den Hersteller und

ermöglicht dem Käufer ein direktes Vorgehen gegenüber den Vor-

männern seines Verkäufers, damit auf die Erstverkäufer.

Der Letztverkäufer kann also unter Überspringen der Vorverkäufer

auf den Erstverkäufer durchgreifen. Dahinter steht die Auffassung,

dass die Garantiehaftung des Erstverkäufers sozusagen als accessoire

der Kaufsache an den Abnehmer weitergegeben wird.

Die responsabilité contractuell ist die wichtigste Norm für den ver-

traglichen Schadensersatzanspruch.

Gemäß Art. 1645 CC haftet der Verkäufer auf Schadensersatz, wenn

er die Mangelhaftigkeit der Sache kannte. Dabei handelt es sich um

einen Gewährleistungsanspruch in Form eines Schadensersatzan-

spruchs. Art. 1645 CC normiert eine Haftung auf Schadensersatz we-

gen verborgener Fehler (vice caché), die im Zeitpunkt des Kaufes dem

Produkt innewohnten und deren Fehlerhaftigkeit der Verkäufer kann-

te.

Ein verborgener Fehler liegt in diesem Sinne vor, wenn ein aufmerk-

samer Käufer bei einfacher und zumutbarer Überprüfung den Fehler

nicht feststellen konnte. Die positive Kenntnis des Verkäufers betref-

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fend ist zu beachten, dass diese bei einem gewerblichen und professi-

onellen Verkäufer unwiderleglich vermutet wird, da unterstellt wird,

dass die Ausübung des Gewerbes dessen Kenntnis voraussetzt. Eine

Entlastungsmöglichkeit bezüglich der Unkenntnis von der Mangelhaf-

tigkeit des Produkts wird dem Verkäufer von der französischen Recht-

sprechung nicht gegeben. Jedoch haftet der nicht-professionelle Ver-

käufer grundsätzlich nur auf Wandelung und Minderung. Bei ihm

muss sonst die Kenntnis positiv gegeben sein.

Als Rechtsfolge sieht der Code Civil action redhibitoire (Wandlung),

action estimatoire (Minderung) und Schadensersatz vor.

Die Beweislast für die Mangelhaftigkeit liegt beim Käufer, außer der

Verkäufer kannte den Schaden (Einwand des vice apparant).

Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft stellt keinen Sachmangel

dar und löst damit auch nicht den Schadensersatzanspruch nach Art.

1645 CC aus, sondern stellt eine Verletzung der vertraglichen Haupt-

pflicht dar, welche Ansprüche wegen Nichterfüllung nach Art. 1610,

1611 CC auslöst.

Fehlt der Sache der vice caché im Sinne des Gewährleistungsrechts,

ist sie aber trotzdem gefährlich, so bestehen entsprechende Informa-

tions- und Warnpflichten (obligation de sécurité / obligation de

renseignement).

Bei den vertraglichen Ansprüchen, die in erster Linie dem Äquiva-

lenzinteresse dienen, handelt es sich um Gewährleistungsansprüche.

Das Äquivalenzinteresse ist auch dann tangiert, wenn eine Sache nur

gefährlich ist, da der Kaufpreis als Gegenleistung für eine einwand-

freie, d.h. auch sichere Sache darstellt.

Bei der somit bestehenden obligation contractuelle de sécurité geht es

um eine entsprechende Garantiepflicht des Verkäufers. Es handelt sich

um einen Vertragsbruch, der einen Schadensersatzanspruch auslöst.

Auch hier besteht jedoch die Möglichkeit, bei einem Mitverschulden

(faute commune) die Schadensersatzansprüche des Gläubigers zu kür-

zen.

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4. USA

Die USA, wie auch Kanada und England, gehören zum anglo-

amerikanischen Rechtskreis.

Das dort herrschende Rechtssystem nennt sich common-law-system.

Das common-law entwickelte sich im England des 12. Jahrhunderts

und wurde durch die ersten englischen Kolonialisten in die USA ge-

bracht.

Der Hauptunterschied zum deutschen Rechtssystem sind die divergie-

renden Rechtsquellen. Sind es hier zuallererst Kodifikationen des

Rechts, wie z.B. das BGB oder das HGB, sind die vornehmlichen

Rechtsquellen des common-law die richterlichen Entscheidungen.

Sog. Präzedenzfälle, binding precedent, sind Urteile, die von Rich-

tern entwickelte Rechtsgrundsätze enthalten, welche zwingend zur

Lösung zukünftiger, ähnlich gelagerter Fälle herangezogen werden

müssen. An diese Entscheidungen sind die Richter auch grundsätzlich

gebunden, doctrine of stare decisis. Sie können nur unter bestimmten

Umständen und von einem höheren Gericht aufgehoben werden. Inso-

fern spricht man auch von einem case-law-system.

Dennoch gibt es auch im common-law-system rechtliche Kodifikatio-

nen. Diese sind jedoch nicht zwingend in allen Bundesstaaten gleich

und regelmäßig nur eine Zusammenfassung der richterlichen Grunds-

ätze. Auch die folgenden Grundsätze zur Hersteller- und Produkthaf-

tung sind im Wege des Richterrechts entwickelt worden.

Vertraglich muss sich der Warenhersteller ähnlich wie im deutschen

Recht im Rahmen der Gewährleistungshaftung verantworten.

Auch hier ist zum Abschluss eines Kaufvertrages sowohl ein Angebot

als auch eine Annahme vonnöten. Rechtlich verbindlich wird er al-

lerdings erst dann, wenn er entweder durch einen Notar beurkundet

oder eine Gegenleistung für die einzelnen Vertragsversprechen ausge-

handelt wurde.

Das Institut der „Gegenleistung”, consideration, ist in dieser Art im

deutschen Recht nicht vorhanden. Sie kann als Ausdruck des römisch-

rechtlichen Gedanken „do ut des“ angesehen werden, ist aber keines-

falls der tatsächliche Austausch von Sachen. Am ehesten wird man

sich unter der consideration die Verpflichtung der Vertragspartner

vorstellen können, durch ein Versprechen die jeweils andere Seite in

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ihrem Vertrauen auf den Bestand des Geschäfts zu schützen und damit

gleichzeitig entweder einen rechtlichen Vorteil in der eigenen oder

einen rechtlichen Nachteil in der Person des Vertragspartners zu be-

gründen. Nur ein rechtlich beständiger Kaufvertrag kann die Gewähr-

leistungshaftung überhaupt auslösen.

Kommt nun eine Partei seinen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag

nicht nach, befindet sie sich in breach of contract, d.h. sie erfüllt den

Tatbestand eines „Vertragsbruches“. Als Folge davon kann die andere

Partei entweder die Erbringung der Vertragsleistung, Rückerstattung

oder Schadenersatz verlangen.

Die Schlechterfüllung des Vertrages ist ein Vertragsbruch (breach of

contract), der regelmäßig zum Schadenersatz berechtigt. Auf ein Ver-

schulden des Verkäufers kommt es dabei nicht an.

Das Versprechen der Vertragsparteien muss als eine Form der Garan-

tie aufgefasst werden, und zwar mit dem Inhalt, bei Nichterfüllung

Schadenersatz zu leisten. Wird dieses Garantieversprechen nicht ein-

gehalten, löst dies eine Schadenersatzpflicht des Verkäufers aus.

Im Rahmen der Vertragshaftung (contract liability) können ausdrück-

liche sowie stillschweigende Zusicherungen (expressed and implied

warranties) haftungsbegründend wirken. Dies ist insoweit mit der

englischen Rechtslage vergleichbar.

Da kaum ausdrückliche Zusicherungen abgegeben werden, sind die

implied warranties im Fall mangelverursachter Schäden beim Käufer

von ungleich größerer Bedeutung. Den insofern unvollständigen Ver-

trag – der Vertrag schweigt zu derartigen Störungen – ergänzen dann

gerichtlich oder gesetzlich vorgesehenene implied warranties.

Die warranties sind im Uniform Commercial Code (UCC) unter Arti-

kel 2 „Sales” geregelt. Der UCC ist kein Gesetz im herkömmlichen

Sinn, sondern eine vom American Law Institute zusammengestellte

Kodifizierung des Rechts der Handelsgeschäfte beim Verkauf von

Waren.

Bis auf den Bundesstaat Louisiana haben alle Bundesstaaten den UCC

übernommen. Das American Law Institute ist zuständig für die Neu-

formulierungen (2nd restatement on Contract).

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Stillschweigend zugesichert wird die Gebrauchsfähigkeit bzw. die

handelsübliche Qualität der Kaufsache (implied warranty of merchan-

tability, § 2-314 Abs. 1 UCC). Eine Sache ist dann von üblicher Han-

delsqualität, wenn sie von durchschnittlicher Qualität und für den ge-

wöhnlichen Verwendungszweck geeignet ist, § 2-314 Abs. 2 UCC.

Hat der Verkäufer ferner bei Vertragsschluss Grund zu der Annahme,

dass die Sache für bestimmte Zwecke benötigt wird, besteht auch hier

eine stillschweigende Zusicherung, dass die Ware für diese bestimm-

ten Verwendungszwecke geeignet ist (implied warranty: fitness for

particular purpose).

Ersatzfähig sind alle Folgeschäden, die aus dem seller’s breach of

contract resultieren (Buyer’s incidental and consequential damages,

§ 2-715 UCC), wobei die Schadenersatzpflicht umfasst Personen-,

Sach- und Vermögensschäden (bodily injuries, property damages and

pure financial loss).

Die Haftung ist der Höhe nach unbegrenzt. Im Fall des Personenscha-

dens sind die amerikanischen Gerichte als jury trial eingerichtet.

Während die Vertragshaftung den Vertragspartner (buyer) schützt,

sieht die Deliktshaftung (law of tort) eine Haftung auch für zufällig

geschädigte Dritte (bystanders) vor. Der Produzent haftet für Fahrläs-

sigkeit (negligence) und verschuldensunabhängig verursachte Schäden

(strict liability).

Ein auf negligence gestützter Schadenersatzanspruch des Käufers setzt

voraus, dass eine Sorgfaltspflicht gegenüber dem Käufer besteht (duty

of care), dass diese Pflicht fahrlässig verletzt wurde (breach of duty)

und dass durch diese Pflichtverletzung direkt ein Schaden verursacht

worden ist, § 328A 2nd Restatement on Torts.

Die Sorgfaltspflicht, die gerade gegenüber dem jeweiligen Produkt-

verwender bestehen muss, verpflichtet den Hersteller, angemessene

und vernünftige Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Verbrau-

chers zu treffen.

Verletzt ist die Sorgfaltspflicht, wenn der Warenhersteller diejenige

Sorgfalt außer Acht lässt, die eine vorsichtige und vernünftige Person

(reasonable man) üblicherweise in der gegebenen Lage vornimmt.

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Zu beachten ist jedoch, dass Entstehung und Umfang der Sorgfalts-

pflicht des Herstellers von den Produktkenntnissen des Käufers, die

dieser durch eine Untersuchung der Ware erwerben kann, abhängig

sind (intermediate examination).

Kann der Warenhersteller davon ausgehen, dass die gelieferte Ware

vor Gebrauch ordnungsgemäß auf ihre Gebrauchstauglichkeit unter-

sucht wird, entsteht keine deliktsrechtliche Haftung.

Wirkt der Geschädigte an der Entstehung des Schadens mit, trifft ihn

ein Mitverschulden (comparative or contributory negligence).

Im Rahmen der strict liability haftet der Hersteller verschuldensunab-

hängig für fehlerhafte Produkte.

Die Produkthaftung wird in den USA grundsätzlich in drei Gruppen

unterteilt: design defects, manufacturing or construction defects sowie

failure-to-warn-cases. Letztere begründen eine Haftung, wenn der

Hersteller nicht auf mögliche Gefahren im Umgang mit dem Produkt

ausführlich hinweist.

Zu beachten ist, dass der Verkäufer bzw. Lieferant auch dann haftet,

wenn er ein fehlerhaftes Produkt verkauft, das unzumutbar gefährlich

ist (Product in defective condition), § 402A 2nd Restatement on Torts.

„Special Liability of Seller of Product for physical Harm to User or

Consumer”.

Bei rücksichtslosem Verhalten (reckless conduct) des Produzenten

können zusätzlich Strafen verhängt werden (punitive or exemplary

damages).