Ziff.1 Urheber- und Nutzungsrechte - ETH...

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Ziff.1 Urheber- und Nutzungsrechte 1. Die auf der CD-ROM gespeicherten Daten, das Programm, alle seine Softwarebestandteile, die enthaltenen Bilder, die Texte, die Audio- und Videosequenzen, das Handbuch sowie die Programm- und Datenkonzeption - nachfolgend als Vertragsgegenstände bezeichnet - sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte hieran stehen im Verhältnis zum Nutzer ausschliesslich dem Springer-Verlag zu, sofern in den Nutzungs- und Lizenzbedingungen nicht ausdrücklich auf Ausnahmen hingewiesen wird. Unabhängig hiervon vereinbaren die Vertragspartner hiermit, die Regeln des Urheberrechts auf die Vertragsgegenstände anzuwenden. 2. Der Nutzer hat die nicht ausschliessliche schuldrechtliche Befugnis, die Vertragsgegenstände in der in den Bedienungsanleitungen beschriebenen Weise zu benutzen. Alle anderen Nutzungsarten und Nutzungsmöglichkeiten des Vertragsgegenstandes sind unzulässig, insbesondere die Übersetzung, Reproduktion, Dekompilierung, Übertragung in eine maschinenlesbare Sprache und öffentliche Wiedergabe. Dies gilt für die gesamten Vertragsgegenstände und alle ihre Teile. Der Käufer erkennt mit dem Aufruf des Programms die Rechte des Springer Verlags an dem Programm und sämtlicher Medieninhalte (Patente, Urheberrechte, Geschäftsgeheimnisse) uneingeschränkt an. Das betrifft auch den urheberrechtlichen Schutz an Dokumentationen, die in schriftlicher Form vorliegen oder auf der CD-ROM enthalten sind. Der Käufer darf Urheberrechtsvermerke, Kennzeichnungen und/oder Eigentumsangaben des Springer Verlags an den Programmen, Medien oder am Dokumentationsmaterial nicht verändern. 3. Der Käufer erwirbt mit diesem Programm das nicht übertragbare und nicht ausschließliche Nutzungsrecht für das Programm. Der Käufer erwirbt das Recht, das Programm zur selben Zeit ausschliesslich auf einem Rechner bzw. an einem Arbeitsplatz einzusetzen. Der Käufer verpflichtet sich, das Programm nur für persönliche Zwecke zu nutzen. Eine gewerbliche Nutzung bedarf der Zustimmung des Springer Verlags. 4. Für die Verwendung des Programms an mehreren unabhängigen Computerarbeitsplätzen oder in Netzwerken mit der Möglichkeit des Zugriffs mehrerer Terminals ist der Erwerb einer Mehrfachlizenz erforderlich. Die Mehrfachlizenz räumt dem Nutzer das Recht ein, die CD-ROM bzw. die Software zur selben Zeit auf mehr als einem Rechner bzw. Arbeitsplatz zu nutzen. Die berechtigten Personen müssen der Institution des Nutzers angehören (z.B. Mitarbeiter eines Unternehmens oder Benutzer der Bibliothek).Zur Nutzung der Software an mehreren Arbeitsplätzen oder in Netzwerken muss für jeden Arbeitsplatz, an dem die Nutzung möglich ist, eine zusätzliche Lizenz vom Springer-Verlag erworben werden. Diese Lizenz wird durch Erwerb einer entsprechenden Mehrplatz- bzw. Netzwerkversion der CD-ROM und die Zahlung des für diese Version jeweils gültigen Kaufpreises erworben. Unterschieden wird dabei die Berechnung nach der Anzahl der eingerichteten Computerarbeitsplätze (Clients) oder die Anzahl der gleichzeitig maximal möglichen Zugriffe auf einen Server (Floating Licence). Im letzteren Fall hat der Nutzer Sorge dafür zu tragen, dass die Anzahl der gleichzeitigen Zugriffe die lizenzrechtlich vereinbarte Zahl nicht übersteigt. Sollte eine Nutzung durch mehr als die vertraglich festgelegte Anzahl an Nutzern erfolgen, so ist der Lizenznehmer

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Ziff.1 Urheber- und Nutzungsrechte 1. Die auf der CD-ROM gespeicherten Daten, das Programm, alle seine Softwarebestandteile, die enthaltenen Bilder, die Texte, die Audio- und Videosequenzen, das Handbuch sowie die Programm- und Datenkonzeption - nachfolgend als Vertragsgegenstände bezeichnet - sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte hieran stehen im Verhältnis zum Nutzer ausschliesslich dem Springer-Verlag zu, sofern in den Nutzungs- und Lizenzbedingungen nicht ausdrücklich auf Ausnahmen hingewiesen wird. Unabhängig hiervon vereinbaren die Vertragspartner hiermit, die Regeln des Urheberrechts auf die Vertragsgegenstände anzuwenden. 2. Der Nutzer hat die nicht ausschliessliche schuldrechtliche Befugnis, die Vertragsgegenstände in der in den Bedienungsanleitungen beschriebenen Weise zu benutzen. Alle anderen Nutzungsarten und Nutzungsmöglichkeiten des Vertragsgegenstandes sind unzulässig, insbesondere die Übersetzung, Reproduktion, Dekompilierung, Übertragung in eine maschinenlesbare Sprache und öffentliche Wiedergabe. Dies gilt für die gesamten Vertragsgegenstände und alle ihre Teile. Der Käufer erkennt mit dem Aufruf des Programms die Rechte des Springer Verlags an dem Programm und sämtlicher Medieninhalte (Patente, Urheberrechte, Geschäftsgeheimnisse) uneingeschränkt an. Das betrifft auch den urheberrechtlichen Schutz an Dokumentationen, die in schriftlicher Form vorliegen oder auf der CD-ROM enthalten sind. Der Käufer darf Urheberrechtsvermerke, Kennzeichnungen und/oder Eigentumsangaben des Springer Verlags an den Programmen, Medien oder am Dokumentationsmaterial nicht verändern. 3. Der Käufer erwirbt mit diesem Programm das nicht übertragbare und nicht ausschließliche Nutzungsrecht für das Programm. Der Käufer erwirbt das Recht, das Programm zur selben Zeit ausschliesslich auf einem Rechner bzw. an einem Arbeitsplatz einzusetzen. Der Käufer verpflichtet sich, das Programm nur für persönliche Zwecke zu nutzen. Eine gewerbliche Nutzung bedarf der Zustimmung des Springer Verlags. 4. Für die Verwendung des Programms an mehreren unabhängigen Computerarbeitsplätzen oder in Netzwerken mit der Möglichkeit des Zugriffs mehrerer Terminals ist der Erwerb einer Mehrfachlizenz erforderlich. Die Mehrfachlizenz räumt dem Nutzer das Recht ein, die CD-ROM bzw. die Software zur selben Zeit auf mehr als einem Rechner bzw. Arbeitsplatz zu nutzen. Die berechtigten Personen müssen der Institution des Nutzers angehören (z.B. Mitarbeiter eines Unternehmens oder Benutzer der Bibliothek).Zur Nutzung der Software an mehreren Arbeitsplätzen oder in Netzwerken muss für jeden Arbeitsplatz, an dem die Nutzung möglich ist, eine zusätzliche Lizenz vom Springer-Verlag erworben werden. Diese Lizenz wird durch Erwerb einer entsprechenden Mehrplatz- bzw. Netzwerkversion der CD-ROM und die Zahlung des für diese Version jeweils gültigen Kaufpreises erworben. Unterschieden wird dabei die Berechnung nach der Anzahl der eingerichteten Computerarbeitsplätze (Clients) oder die Anzahl der gleichzeitig maximal möglichen Zugriffe auf einen Server (Floating Licence). Im letzteren Fall hat der Nutzer Sorge dafür zu tragen, dass die Anzahl der gleichzeitigen Zugriffe die lizenzrechtlich vereinbarte Zahl nicht übersteigt. Sollte eine Nutzung durch mehr als die vertraglich festgelegte Anzahl an Nutzern erfolgen, so ist der Lizenznehmer

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verpflichtet, zusätzliche Lizenzen vom Springer-Verlag zu erwerben. Im Übrigen gelten für die Mehrplatzversion die gleichen Nutzungs- und Registrierungsbedingungen wie für die Einzelplatzversion.Der Nutzer verwahrt die Vertragssache sorgfältig, um den Zugriff Dritter auf die Vertragsgegenstände und deren Missbrauch zu verhindern. Im Übrigen dürfen die Daten der CD-ROM, die Software und die Bedienungsanleitung grundsätzlich nicht vervielfältigt werden. Ziff. 2 Weitergabe 1. Jede Weitergabe (z.B. Verkauf) der Vertragsgegenstände an Dritte und damit jede Übertragung der Nutzungsbefugnis und -möglichkeit bedarf der schriftlichen Erlaubnis des Springer-Verlags. 2. Voraussetzung für diese Erlaubnis ist, dass der bisherige Nutzer dies schriftlich beantragt und eine Erklärung des nachfolgenden Nutzers vorlegt, dass dieser sich an die Regelung dieses Vertrags gebunden hält. Ab Zugang der Erlaubnis erlischt das Nutzungsrecht des bisherigen Nutzers und die Weitergabe wird zulässig. Ziff. 3 Registrierung Durch die Rücksendung der beigefügten Registrierungskarte kann sich der Nutzer beim Springer-Verlag registrieren lassen. Er erhält dann regelmässig Informationen über Neuausgaben der CD-ROM und ist berechtigt, den Beratungsdienst nach Ziff. 4 in Anspruch zu nehmen. Ziff. 4 Beratung 1. Der Springer-Verlag eröffnet die Möglichkeit, zu üblichen Arbeitszeiten an Werktagen Fragen in Bezug auf die Nutzung der CD-Rom an den Urheber zu stellen. Ein Rechtsanspruch auf diesen Dienst besteht jedoch nicht. 2. Die Fragen können die Installation, Handhabungs- und Benutzerprobleme betreffen. 3. Anfragen sind schriftlich oder über Mailbox an den Springer-Verlag zu richten. Der Springer-Verlag vermittelt lediglich ungeprüft die Beantwortung durch den Urheber bzw. Hersteller. Die Antworten erfolgen üblicherweise in der Reihenfolge des Eingangs. Nicht jede Frage wird beantwortet werden können. Ziff. 5 Gewährleistung 1. Der Springer-Verlag ist nicht Urheber der Daten und Programme, sondern stellt sie nur zur Verfügung. Der Nutzer weiss, dass Datenbanken und Software nicht fehlerfrei erstellt werden können; er wird die Richtigkeit der Ergebnisse seiner Recherche in geeigneter Weise überprüfen.

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2. Bei Material- und Herstellungsfehlern und fehlenden zugesicherten Eigenschaften oder bei Transportschäden tauscht der Springer-Verlag den Vertragsgegenstand um. Darüber hinausgehende Ansprüche hat der Nutzer nur, wenn er die Vertragsgegenstände unmittelbar beim Springer-Verlag gekauft hat. Die Gewährleistung setzt voraus, dass der Nutzer den Mangel unverzüglich und schriftlich genau beschreibt. Ziff. 6 Haftung des Springer-Verlags 1. Der Springer-Verlag haftet auf Schadenersatz, gleich aus welchem Rechtsgrund, nur bei Vorsatz grober Fahrlässigkeit und bei Eigenschaftszusicherungen. Die Zusicherung von Eigenschaften erfolgt nur im Einzelfall gegenüber einem bestimmten Nutzer und bedarf der ausdrücklichen schriftlichen Erklärung. Für Auskünfte nach Ziff.4 haften weder der Springer-Verlag noch der Urheber bzw. der Hersteller. Die Haftung aus dem Produkthaftungsgesetz bleibt unberührt. Der Einwand des Mitverschuldens des Nutzers bleibt dem Springer-Verlag offen. 2. Die Haftung der auf den Vertragsgegenständen ausgewiesenen Urheber oder Hersteller ist- gleich aus welchem Rechtsgrund- gegenüber dem Nutzer auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Für Fehlfunktionen bzw. Beeinträchtigungen der Lauffähigkeit des Programms, die u. a. aufgrund von Inkompatibilitäten durch Updates oder Patches der Betriebssysteme oder der Videotreiber verursacht werden können, wird keine Gewährleistung übernommen. Bei der Zusammenstellung von Texten und Abbildungen wurde mit größter Sorgfalt vorgegangen. Trotzdem können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Springer-Verlag als Inhaber der ihm übertragenen Nutzungsrechte und die Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische noch irgendeine andere Haftung übernehmen. Ziff. 7 Haftung des Nutzers 1. Der Nutzer verpflichtet sich, Nutzungs- und Weitergaberegeln (Ziff. 1 und 2) einzuhalten. Verstösse können strafbar sein und Schadenersatzansprüche auch der Lizenzgeber des Springer-Verlags gegen den Nutzer auslösen. 2. Bei schwerwiegenden Verstössen des Nutzers kann der Springer-Verlag die Nutzungserlaubnis widerrufen und die Herausgabe der Vertragsgegenstände verlangen. Ziff. 8 Datenschutz Der Nutzer ist damit einverstanden, dass seine Daten maschinell gespeichert und verarbeitet werden. Ziff. 9 Vertragsabschluss Der Nutzer verzichtet darauf, dass ihm die Einverständniserklärung des Springer-Verlags mit dieser Erklärung zugeht.

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10. Schluss 1. Diese Vereinbarung gilt für gelieferte und für zukünftig zu liefernde Vertragsgegenstände. 2. Sollte eine Bestimmung dieses Vertrags unwirksam sein oder sollte der Vertrag unvollständig sein, so wird der Vertrag im übrigen Inhalt nicht berührt. Die unwirksame Bestimmung gilt durch eine solche Bestimmung ersetzt, welche dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung in rechtswirksamer Weise wirtschaftlich am nächsten kommt. Gleiches gilt für etwaige Vertragslücken. 3. Gerichtsstand ist Heidelberg, wenn der Nutzer Vollkaufmann, eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ein öffentliches Sondervermögen ist oder keinen deutschen Wohn- oder Geschäftssitz hat. 4. Es gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss der UNCITRAL-Kaufgesetze.

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Joseph H. Spurk

Aufgaben zurStromungslehre

Unter Mitarbeit von H. Marschall

Springer–VerlagBerlin Heidelberg New York

London Paris Tokyo

Hong Kong Barcelona Budapest

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Meinen Mitarbeitern

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Vorwort

Vorwort zur zweiten Auflage

Ich bin recht froh, daß diese Aufgabensammlung eine gute Aufnahme gefunden hat unddaß sie die Mitarbeit der Studierenden wahrend der Ubungen nicht nachteilig beeinflußthat. Eher ist das Gegenteil eingetreten.

Die erste Auflage enthalt leider eine Reihe von Fehlern. Zwar konnen die meisten als sol-che auch von unerfahrenen Lesern erkannt werden, sie sind aber gerade in einer Aufga-bensammlung besonders argerlich. Einige Fehler haben sich auch beim Zusammenfugender Einzelaufgaben zum gesamten Buchdokument ergeben, weil dabei unbemerkt un-korrigierte Versionen von Aufgaben ubernommen wurden.

In der praktischen Arbeit mit der Sammlung hat sich rasch gezeigt, daß die einfacheDurchnumerierung der Aufgaben nach den Kapiteln meines Lehrbuches (Stromungsleh-re, 3. Auflage, Springer–Verlag) nicht sehr hilfreich war, so daß die Aufgaben nunmehrmit Uberschriften versehen wurden, die die Aufgabenstellung beschreiben. Es wurdenauch neue Aufgaben in diese zweite Auflage aufgenommen.

Der wesentliche Unterschied zur ersten Auflage besteht aber in der Aufnahme vonuber 30 Prufungsaufgaben, so wie sie in den letzten Jahren in der Diplomhauptprufungin Darmstadt gestellt wurden. Diese Prufungsaufgaben sind nicht ausgearbeitet undbieten daher die Gelegenheit die Losung selbstandig zu finden, was aber in der RegelKenntnisse des gesamten Stoffes des Lehrbuches voraussetzt. Außerdem enthalt dieseAuflage nun auch Aufgaben zur kartesischen Tensorschreibweise.

Diese Anderungen wurden von meinem Mitarbeiter Herr Dipl.–Ing. Peter Pelz in diereproduktionsfertige Vorlage eingearbeitet. Er und Herr Dipl.–Ing. Ralf Munzing ha-ben in muhevoller Kleinarbeit die Aufgaben nocheinmal durchgerechnet und die obenangesprochenen Fehler entdeckt und verbessert. Fur ihre Hilfe danke ich ihnen.

Darmstadt, im Juni 1995 J. H. Spurk

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VIII

Vorwort zur ersten Auflage

Seit ich an der Technischen Hochschule Darmstadt Vorlesungen uber Stromungsleh-re halte, ist von studentischer Seite der Wunsch nach einer Sammlung ausgearbeiteterUbungsaufgaben an mich herangetragen worden. Daß es so lange mit der Verwirklichunggedauert hat, liegt auch an Bedenken, daß die aktive Mitarbeit der Studierenden in derUbung leidet, wenn ausgearbeitete Ubungen vorliegen. Freilich gibt es auch Grunde,die eine solche Sammlung rechtfertigen: Sie hilft wahrend des Studiums denjenigen,die furchten von der Fulle des Stoffes in Vorlesung und Ubung uberrollt zu werden,den Anschluß zu halten und nach dem Studium denen, die den Einstieg in theoretischeLosungen praktischer Probleme suchen und die Fahigkeit der mathematischen Model-lierung bewahren wollen. Sie kann gute Dienste bei der Prufungsvorbereitung leistenund ist fast unerlaßlich fur das Selbststudium der Stromungslehre.

In Darmstadt wird zu jeder Ubung ein Aufgabenblatt mit funf Aufgaben ausgegeben.Der Mitarbeiter, der fur die Ubungsbetreuung im Semester verantwortlich ist, fugtjedem Aufgabenblatt eine neue Aufgabe hinzu, damit er den Unterschied kennenlernt,zwischen originellem Denken, das durch Abstraktion und Vereinfachung zum mathema-tisch handhabbaren Modell fuhrt und dem einfachen Nachrechnen, selbst schwierigerUbungsaufgaben. Diese Einsicht wird vom Leser auf der anderen Seite nur dann ge-wonnen werden konnen, wenn er den ernsthaften Versuch zur selbstandigen Losung derAufgaben unternimmt und die ausgearbeitete Losung nur zur Kontrolle verwendet.

Bei der Suche nach neuen Ubungsaufgaben haben die Mitarbeiter naturlich auch vor-handene Sammlungen durchgesehen, und so enthalt das Buch auch Aufgaben aus an-deren Sammlungen, wenngleich die Herkunft im nachhinein kaum noch feststellbar ist.Viele Ubungsaufgaben entstammen aber auch den laufenden Forschungsarbeiten oderwurden durch Industriekontakte angeregt und enthalten noch den wesentlichen Kernder ursprunglichen Fragestellungen. Uber die Jahre ist so eine stattliche Anzahl vonUbungsaufgaben entstanden. Grundlage des vorliegenden Buches ist eine Auswahl ausdiesem Vorrat, die mein fruherer Mitarbeiter Dr. Sauerwein fur die Ubung des Jah-res 1987/88 gemacht hat. Die Aufgaben werden immer dem Fortschritt der Vorlesungangepaßt und setzen nur den Stoff bis zur aktuellen Vorlesung voraus. Diese Aus-wahl mußte grundlich uberarbeitet werden und wurde durch die Aufnahme weitererUbungsaufgaben deutlich erweitert. Jetzt sind die Aufgaben den Kapiteln meines Lehr-buches (Stromungslehre, 3. Auflage, Springer–Verlag) zugeordnet. Entsprechend wirdzur Bearbeitung der Aufgaben in der Regel nur der Stoff der vorhergehenden Kapi-tel benotigt. Wo immer zweckmaßig, wird auf Formeln der Stromungslehre mit demHinweis (S. L. (xxx)) aufmerksam gemacht. Die Aufgabensammlung laßt sich aber des-sen ungeachtet auch im Zusammenhang mit anderen Lehrbuchern der Stromungslehreverwenden.

Die Durchrechnung der Aufgaben erfordert ein erhebliches analytisches Geschick undauch Routine in der Manipulation mathematischer Ausdrucke, die vielen Studentenmangels ausreichender Ubung heute fehlt. Moderne Computerprogramme mit symbo-lischer Rechenkapazitat konnen diesen Mangel ausgleichen. Bei der Uberarbeitung der

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IX

Ubungsaufgaben haben wir umfassenden Gebrauch von dem Programmsystem Mathe-matica (Wolfram Research Inc.) gemacht, die entsprechenden Befehle aber nicht aufge-nommen. Zum einen konnen diese, praktisch ohne Anleitung, dem Handbuch (Wolfram,Stephen: Mathematica 2nd ed. Addison–Wesley Publishing Company Inc.) entnommenwerden, zum anderen lassen sich auch andere symbolisch und graphisch arbeitende Pro-grammsysteme verwenden. Trotzdem sind bei der Losung der Aufgaben alle Zwischen-schritte angegeben, so daß die Aufgaben mit den ublichen Hilfsmittelnwie Formelsamm-lung, Integraltafeln u.s.w. auch von den Lesern ohne Schwierigkeiten bearbeitet werdenkonnen, die keinen Zugriff zu solchen Programmsystemen haben. Alle Aufgaben wurdenimmer aus den grundlegenden allgemeinen Bilanzsatzen heraus entwickelt, nach demGrundsatz vom Allgemeinen zum Besonderen, selbst wenn eine gewisse Schwerfalligkeitin der Darstellung in Kauf genommen werden mußte.

Den großten Teil der Arbeit an dieser Aufgabensammlung haben die jetzigen undfruheren Mitarbeiter geleistet und ihnen widme ich dieses Buch, fur dessen Inhalt undauch Mangel ich aber die Verantwortung behalte.

Darmstadt, im Dezember 1993 J. H. Spurk

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X Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Kontinuumsbegriff und Kinematik 1

1.2 Kinematik der Flussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Aufgabe 1.2-1 Berechnung der materiellen Koordinaten bei gegebenenBahnlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Aufgabe 1.2-2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in Materieller–und Feldbeschreibung bei gegebener Bahnlinie . . . . 2

Aufgabe 1.2-3 Lagrangesche Beschreibung der Potentialwirbelstromung 4

Aufgabe 1.2-4 Lagrangesche Beschreibung der rotationssymmetrischenStaupunktstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Aufgabe 1.2-5 Bahn–, Strom– und Streichlinien eines instationarenGeschwindigkeitsfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Aufgabe 1.2-6 Kinematik eines rotations– und divergenzfreien Feldes 13

Aufgabe 1.2-7 Kinematik der ebenen, instationaren Staupunktstromung 17

Aufgabe 1.2-8 Streichlinie eines Wasserstrahles . . . . . . . . . . . . 21

Aufgabe 1.2-9 Strom– und Streichlinien in Polarkoordinaten . . . . . 23

Aufgabe 1.2-10 Strom– und Bahnlinien bei stehenden Schwerewellen . 26

Aufgabe 1.2-11 Anderung materieller Linienelemente bei einer Couette–Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Aufgabe 1.2-12 Anderung materieller Linienelemente bei einer dreidi-mensionalen Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Aufgabe 1.2-13 Bestimmung des Drehgeschwindigkeitsvektors und Ande-rung materieller Linienelemente bei einer ebenen Stromung 35

Aufgabe 1.2-14 Deformations– und Drehgeschwindigkeitstensor bei ei-ner instationaren, ebenen Stromung . . . . . . . . . . 39

Aufgabe 1.2-15 Zeitliche Anderung der kinetischenEnergie eines Flussig-keitskorpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

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Inhaltsverzeichnis XI

2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik 45

2.1 Erhaltungssatz der Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Aufgabe 2.1-1 Eindimensionale, instationare Stromung mit gegebe-nem Dichtefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Aufgabe 2.1-2 Ebene, stationare Stromung mit gegebenem Dichtefeld 47

Aufgabe 2.1-3 Ausflußgeschwindigkeit aus einem Behalter . . . . . . 49

Aufgabe 2.1-4 Zu–, bzw. abgefuhrter Massenstrom in einem Kanal . 50

Aufgabe 2.1-5 Quetschstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Aufgabe 2.1-6 Bewegter Kolben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

Aufgabe 2.1-7 Stromung in einem von zwei Platten gebildeten Winkel 57

Aufgabe 2.1-8 Oszillierendes Gleitlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Aufgabe 2.1-9 Verdrangungswirkung einer Grenzschicht . . . . . . . 61

Aufgabe 2.1-10 Diffusor mit linearer Geschwindigkeitsanderung uberder Lauflange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Aufgabe 2.1-11 Temperaturgrenzschicht an kalter Wand . . . . . . . . 66

Aufgabe 2.1-12 Stromung im Schmierspalt . . . . . . . . . . . . . . . 67

2.2 Impulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

Aufgabe 2.2-1 Hauptachsensystem eines Spannungstensors . . . . . . 70

Aufgabe 2.2-2 Kraft auf eine Rohrverzweigung . . . . . . . . . . . . 72

Aufgabe 2.2-3 Berechnung des Widerstandes eines umstromten Korpers 74

Aufgabe 2.2-4 Kraft auf eine schlanke Duse . . . . . . . . . . . . . . 77

2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

Aufgabe 2.3-1 Moment auf einen geschlitzten Rohrwinkel . . . . . . . 79

Aufgabe 2.3-2 Moment auf den Leitapparat einer Wasserturbinenanlage 82

Aufgabe 2.3-3 Krummungsradius von Kreisbogenschaufeln eines Kreis-gitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem . . . . . . . . . 87

Aufgabe 2.4-1 Auf eine rotierende Scheibe gespritzte Flussigkeit . . . 87

Aufgabe 2.4-2 Geschwindigkeit eines Wagens mit Duse . . . . . . . . 90

Aufgabe 2.4-3 Beschleunigung und Geschwindigkeit einer Rakete . . 96

Aufgabe 2.4-4 Schubumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Aufgabe 2.4-5 Moment auf ein abgewinkeltes, rotierendes Rohr . . . 101

Aufgabe 2.4-6 Triebwerksschub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau . . . . . . . . . . . 106

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XII Inhaltsverzeichnis

Aufgabe 2.5-1 Zirkulation um einen Flugel im Kreisgitter . . . . . . 106

Aufgabe 2.5-2 Axialstufe einer Turbine . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Aufgabe 2.5-3 Kaplanturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Aufgabe 2.5-4 Drehmomentenwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Aufgabe 2.5-5 Axialschubausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

2.6 Bilanz der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Aufgabe 2.6-1 Zylinder mit Warmefluß . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Aufgabe 2.6-2 Energiebilanz bei einer Axialturbinenstufe . . . . . . . 121

3 Materialgleichungen 125

Aufgabe 3-1 Geschwindigkeit eines Floßes . . . . . . . . . . . . . . 125

Aufgabe 3-2 Energiebilanz bei einem Gleitlager . . . . . . . . . . . 127

Aufgabe 3-3 Druckgetriebene Papierbreistromung . . . . . . . . . . 130

Aufgabe 3-4 Schleppstromung einer Nicht–Newtonschen Flussigkeit 132

Aufgabe 3-5 Dehnstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze 138

4.1 Newtonsche Flussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Aufgabe 4.1-1 Poiseuille–Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Aufgabe 4.1-2 Temperaturverteilung bei einer Poiseuille–Stromung . 141

Aufgabe 4.1-3 Druckgetriebene Kanalstromung mit porosen Kanalwanden144

Aufgabe 4.1-4 Grenzschichtabsaugung . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Aufgabe 4.1-5 Vermischung zweier Flussigkeitsstrome . . . . . . . . . 150

Aufgabe 4.1-6 Widerstand einer unendlich dunnen, ebenen Platte . . 152

Aufgabe 4.1-7 Ebener Wasserstrahl auf einen Keil . . . . . . . . . . . 156

Aufgabe 4.1-8 Starrkorperrotation und Potentialwirbel . . . . . . . . 159

Aufgabe 4.1-9 Energiebilanz einer Potentialwirbelstromung . . . . . . 163

4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Aufgabe 4.2-1 Druck– und Energieerhohung der Flussigkeit bei einerRadialpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Aufgabe 4.2-2 Druckverteilung in einem Spiralgehause . . . . . . . . 170

Aufgabe 4.2-3 Absenkung der freien Oberflache eines Potentialwirbels 172

Aufgabe 4.2-4 Zirkulation und Rotation einer Couettestromung . . . 173

Aufgabe 4.2-5 Durch einen Kreiswirbelring induzierte Geschwindigkeit 174

Aufgabe 4.2-6 Zwei unendlich lange, gerade Wirbelfaden in Wandnahe 175

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Inhaltsverzeichnis XIII

Aufgabe 4.2-7 Elliptische Zirkulationsverteilung uber der Flugelspann-weite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Aufgabe 4.2-8 Stromung um einen Tragflugel . . . . . . . . . . . . . 182

Aufgabe 4.2-9 Strahlwinkel im Freistrahldiffusor . . . . . . . . . . . . 184

Aufgabe 4.2-10 Kontraktionsziffer der Bordamundung . . . . . . . . . 186

Aufgabe 4.2-11 Reibungsfreie, ebene, rotationssymmetrische Stromung 188

Aufgabe 4.2-12 Gesamtdruckerhohung im Freistrahldiffusor . . . . . . 190

Aufgabe 4.2-13 Ringformiger Behalterausfluß . . . . . . . . . . . . . . 192

Aufgabe 4.2-14 Blase in einem Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Aufgabe 4.2-15 Flugzeug uber dem Boden . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Aufgabe 4.2-16 Zirkulation und Rotation der Stromung im Ringspaltzwischen zwei rotierenden Zylindern . . . . . . . . . . 201

Aufgabe 4.2-17 Leistung der Peltonturbine . . . . . . . . . . . . . . . 204

4.3 Anfangs- und Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Aufgabe 4.3-1 Sich in Flussigkeit bewegender elliptischer Zylinder . . 208

Aufgabe 4.3-2 Schlag– und Nickschwingung einer ebenen Platte . . . 209

Aufgabe 4.3-3 In Flussigkeit bewegter Kreiszylinder . . . . . . . . . . 210

Aufgabe 4.3-4 Wirbelbehaftete Stromung in einem elliptischen Zylinder212

5 Hydrostatik 214

5.1 Hydrostatische Druckverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Aufgabe 5.1-1 U–Rohr–Manometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Aufgabe 5.1-2 Hydraulische Sicherheitskupplung . . . . . . . . . . . 215

Aufgabe 5.1-3 Mit Flussigkeit gefullter, rotierender Behalter . . . . . 216

Aufgabe 5.1-4 Schleudergußverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Aufgabe 5.1-5 Tiefenmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Aufgabe 5.2-1 Kraft und Moment auf eine Absperrklappe . . . . . . 222

Aufgabe 5.2-2 Abflußverschluß durch eine Halbkugelschale . . . . . . 223

Aufgabe 5.2-3 Kraft auf eine bogenformige Staumauer . . . . . . . . 224

Aufgabe 5.2-4 Durch ihr Eigengewicht dichtende Halbkugelschale . . 226

Aufgabe 5.2-5 Zylindrische Tauchstation . . . . . . . . . . . . . . . . 228

Aufgabe 5.2-6 In einen Fluß gesturzter Personenwagen . . . . . . . . 231

6 Laminare Schichtenstromungen 233

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XIV Inhaltsverzeichnis

Aufgabe 6-1 Ebene Ringspaltstromung . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Aufgabe 6-2 Roholtransport durch Pipelines . . . . . . . . . . . . . 236

Aufgabe 6-3 Oszillierende Rohrstromung . . . . . . . . . . . . . . . 239

Aufgabe 6-4 Vergleich der stationaren Druck–Schleppstromung einerNewtonschen und Stokesschen Flussigkeit und einemBingham Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242

7 Grundzuge turbulenter Stromungen 248

Aufgabe 7-1 Turbulente Couette–Stromung . . . . . . . . . . . . . 248

Aufgabe 7-2 Geschwindigkeitsverteilung der turbulenten Couette–Stromung bei gegebener Reynoldszahl . . . . . . . . . 251

Aufgabe 7-3 Turbulente Rohrstromung . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Aufgabe 7-4 Kristallwachstum an der Rohrwand bei der Rohrstro-mung salzhaltiger Flussigkeit . . . . . . . . . . . . . . 254

Aufgabe 7-5 Impulsfluß und Energiefluß bei laminarer und turbulen-ter Rohrstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Aufgabe 7-6 Geschwindigkeitsverteilung der turbulenten Rohrstro-mung aufgrund des Blasiusschen Widerstandsgesetzes 258

Aufgabe 7-7 Ortung eines Rohrleitungsleckes . . . . . . . . . . . . 260

Aufgabe 7-8 Heißdampfkuhlung durch Wassereinspritzung . . . . . 262

8 Hydrodynamische Schmierung 266

Aufgabe 8-1 Stufenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Aufgabe 8-2 Auf Lagerzapfen und Lagerschale ubertragenes Reib-moment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Aufgabe 8-3 Vergleich der Stempeltragkraft einer Quetschstromungbei verschiedenen Stempelgeometrien . . . . . . . . . . 271

9 Stromfadentheorie 274

9.1 Inkompressible Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Aufgabe 9.1-1 Rohrpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274

Aufgabe 9.1-2 Durchflußmessung mittels einer Meßduse . . . . . . . 277

Aufgabe 9.1-3 Wasserstrahlpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

Aufgabe 9.1-4 Radialpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280

Aufgabe 9.1-5 Rohrturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

Aufgabe 9.1-6 Coanda–Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Aufgabe 9.1-7 Prinzip der Hohlladung . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

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Inhaltsverzeichnis XV

Aufgabe 9.1-8 Wasserzulauf einer Peltonturbine . . . . . . . . . . . . 289

Aufgabe 9.1-9 Bestimmung des Geblasebetriebspunktes einer Ver-brennungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Aufgabe 9.1-10 Wasserkraftwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Aufgabe 9.1-11 Schnuffelanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

Aufgabe 9.1-12 Stromungsablenkung durch ein Sieb . . . . . . . . . . 299

Aufgabe 9.1-13 Luftkissenfahrzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Aufgabe 9.1-14 Windkraftmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

Aufgabe 9.1-15 Vergleich verschiedener Geometrien einer Behalterab-flußleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Aufgabe 9.1-16 Schwingungsfahiges System bestehend aus einem gefe-derten Kolben und einer Flussigkeitssaule . . . . . . . 308

Aufgabe 9.1-17 Instationare Stromung in einem zusammengequetsch-ten Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Aufgabe 9.1-18 Kolbenpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Aufgabe 9.1-19 Stromung in einer Ureterprothese . . . . . . . . . . . . 318

9.2 Stationare kompressible Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Aufgabe 9.2-1 Kraft auf ebene Platte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Aufgabe 9.2-2 Kanalstromung zwischen zwei Behaltern mit Warme-zufuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

Aufgabe 9.2-3 Senkrechter Verdichtungsstoß innerhalb einer Leitrad-stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

Aufgabe 9.2-4 Mit Uberschall angestromter stumpfer Korper . . . . . 330

Aufgabe 9.2-5 Stromung durch eine Lavalduse mit Stoß . . . . . . . . 332

Aufgabe 9.2-6 Verspinnen eines Fadens in einer Duse . . . . . . . . . 334

Aufgabe 9.2-7 Strahltriebwerk im Unterschallflug . . . . . . . . . . . 337

Aufgabe 9.2-8 Fahrt eines Hochgeschwindigkeitszuges durch einenTunnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Aufgabe 9.2-9 Labyrinthdichtung einer Turbomaschine . . . . . . . . 342

Aufgabe 9.2-10 Gasstromung durch eine Blende . . . . . . . . . . . . 345

9.3 Instationare kompressible Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346

Aufgabe 9.3-1 In ein Rohr laufender senkrechter Verdichtungsstoß . . 346

Aufgabe 9.3-2 Stoßwellenrohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

Aufgabe 9.3-3 Bewegung eines Kolbens in einem Rohr infolge Gasex-pansion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

Aufgabe 9.3-4 Stoßreflexion am offenen Rohrende . . . . . . . . . . . 354

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XVI Inhaltsverzeichnis

Aufgabe 9.3-5 Prinzip des Expansionsrohres . . . . . . . . . . . . . . 356

Aufgabe 9.3-6 Schallausbreitung in einem geschlossenen Rohr . . . . 358

10 Potentialstromungen 362

10.3 Inkompressible Potentialstromungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

Aufgabe 10.3-1 Expandierende Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

Aufgabe 10.3-2 Kugel in einer Translationsstromung . . . . . . . . . . 365

Aufgabe 10.3-3 Quelle in einer Parallelstromung . . . . . . . . . . . . 369

Aufgabe 10.3-4 Quelle in einer rotationssymmetrischen Staupunktstro-mung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

Aufgabe 10.3-5 Quelle uber einer festen Wand . . . . . . . . . . . . . 374

Aufgabe 10.3-6 Kontinuierliche Quellverteilung in einer Parallelstromung376

Aufgabe 10.3-7 Expandierende Kugel in reibungsfreier und reibungsbe-hafteter Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378

Aufgabe 10.3-8 Wachstum einer Kavitationsblase . . . . . . . . . . . . 381

Aufgabe 10.3-9 Der runde Freistrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384

Aufgabe 10.3-10 In Wasser aufsteigende Blase . . . . . . . . . . . . . . 388

Aufgabe 10.3-11 Bewegung eines Zylinders senkrecht zu seiner Achse . 390

Aufgabe 10.3-12 Schwingender Rotor in einer reibungsfreien Flussigkeit 392

10.4 Ebene Potentialstromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

Aufgabe 10.4-1 Spaltstromung zwischen einem bewegten Kolben undeiner Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397

Aufgabe 10.4-2 Senkenverteilung in einer Staupunktstromung . . . . . 399

Aufgabe 10.4-3 Das Kreistheorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

Aufgabe 10.4-4 Halbkreisformiger Zylinder in einer Staupunktstromung 406

Aufgabe 10.4-5 Kreiszylinder in einer Dipolstromung . . . . . . . . . . 410

Aufgabe 10.4-6 Umstromung einer dunnen Platte . . . . . . . . . . . . 413

Aufgabe 10.4-7 Tragflugel uber einer festen Wand . . . . . . . . . . . 416

Aufgabe 10.4-8 Halbunendlicher Korper in einem Kanal . . . . . . . . 419

Aufgabe 10.4-9 Karmansche Wirbelstraße . . . . . . . . . . . . . . . . 422

Aufgabe 10.4-10 Joukowsky–Abbildung eines Kreiszylinders in angestell-ter Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424

Aufgabe 10.4-11 Das ebene Kreisgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428

Aufgabe 10.4-12 Schwarz–Christoffel–Transformation einer endlich brei-ten Mauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430

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Inhaltsverzeichnis XVII

Aufgabe 10.4-13 Schwarz–Christoffel–Transformation eines sich verjung-enden Kanals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432

Aufgabe 10.4-14 Kavitation im ebenen Kanal . . . . . . . . . . . . . . 436

Aufgabe 10.4-15 Quell–Senkenverteilung fur einen schlanken Korper . . 439

Aufgabe 10.4-16 Zirkulationsverteilung und Skelettlinie eines schwachgewolbten Profils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444

Aufgabe 10.4-17 Das gerade Schaufelgitter . . . . . . . . . . . . . . . . 447

Aufgabe 10.4-18 Zirkulationsverteilung eines Plattengitters . . . . . . . 451

Aufgabe 10.4-19 Wellige Wand in kompressibler Stromung . . . . . . . 457

11 Uberschallstromungen 462

11.1 Schrager Verdichtungsstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462

Aufgabe 11.1-1 Keil mit vorstehender Platte . . . . . . . . . . . . . . 462

Aufgabe 11.1-2 Einlauf eines ebenen Kanals . . . . . . . . . . . . . . . 463

11.3 Reflexion schrager Stoße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466

Aufgabe 11.3-1 Keil im supersonischen Kanal . . . . . . . . . . . . . . 466

Aufgabe 11.3-2 Sich verengender Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . 468

11.5 Prandtl-Meyer-Stromung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470

Aufgabe 11.5-1 Expansionsfacher im sich erweiternden Kanal . . . . . 470

11.6 Stoß-Expansions-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

Aufgabe 11.6-1 Angestelltes Tragflugelprofil . . . . . . . . . . . . . . . 474

Aufgabe 11.6-2 Einlauf eines Triebwerkes . . . . . . . . . . . . . . . . 477

12 Grenzschichttheorie 481

Aufgabe 12-1 Impulsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481

Aufgabe 12-2 Außenstromung am Keil . . . . . . . . . . . . . . . . . 484

Aufgabe 12-3 Unstetiger Diffusor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

Aufgabe 12-4 Korrektur des Widerstandsbeiwertes bei einem Doppel-keilprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

A Tensorrechnung 500

Aufgabe A-1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500

Aufgabe A-2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500

Aufgabe A-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501

Aufgabe A-4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502

Aufgabe A-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503

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XVIII Inhaltsverzeichnis

Aufgabe A-6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 504

Aufgabe A-7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

Aufgabe A-8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505

Aufgabe A-9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506

Aufgabe A-10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507

Aufgabe A-11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509

B Klausuraufgaben 511

Aufgabe B-1 Aufgabe zur Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . 511

Aufgabe B-2 Widerstand einer Halbzylinderschale . . . . . . . . . . 511

Aufgabe B-3 Zeltplane im Wind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513

Aufgabe B-4 Gedehnte Folie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514

Aufgabe B-5 Einstufiger, axialer Verdichter . . . . . . . . . . . . . . 515

Aufgabe B-6 Berechnung der Schaufelform bei vorgegebener Druck-verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516

Aufgabe B-7 Brennraum eines Hubkolbenmotors . . . . . . . . . . . 517

Aufgabe B-8 Zwei schrag aufeinandertreffende Strahlen . . . . . . . 518

Aufgabe B-9 Verallgemeinerte Hagen–Poiseuille–Stromung . . . . . 519

Aufgabe B-10 Induzierte Geschwindigkeiten eines Hufeisenwirbels . . 520

Aufgabe B-11 Gerinnestromung durch ein geoffnetes Wehr . . . . . . 521

Aufgabe B-12 Sicherheitsventil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521

Aufgabe B-13 Mit Flussigkeit gefullter Plattenwinkel . . . . . . . . . 522

Aufgabe B-14 Wasserstandsregelung bei einem Wehr . . . . . . . . . 523

Aufgabe B-15 Druckgetriebene, radiale Spaltstromung zwischen zweikoaxialen Ringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524

Aufgabe B-16 Druckgetriebene Kanalstromung mit Temperaturab-hangigkeit der Viskositat . . . . . . . . . . . . . . . . 526

Aufgabe B-17 Stromung infolge eines Temperaturgradienten . . . . . 527

Aufgabe B-18 Hydraulischer Dampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . 528

Aufgabe B-19 Akustische Eigenfrequenz einer Flasche (Helmholtz–Resonator) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529

Aufgabe B-20 Zylinder und Auspuffrohr eines Motors . . . . . . . . . 530

Aufgabe B-21 Pump–Turbinen–Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

Aufgabe B-22 Uberexpandierte Lavalduse . . . . . . . . . . . . . . . 532

Aufgabe B-23 Einlauf einer Uberschallduse . . . . . . . . . . . . . . 533

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Inhaltsverzeichnis XIX

Aufgabe B-24 Feststoffrakete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534

Aufgabe B-25 Staustrahltriebwerk (ram jet) . . . . . . . . . . . . . . 535

Aufgabe B-26 Ludwieg–Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536

Aufgabe B-27 Dipol uber einer Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . 538

Aufgabe B-28 Virtuelle Masse einer Platte . . . . . . . . . . . . . . . 539

Aufgabe B-29 Absaugung in einen ebenen Kanal . . . . . . . . . . . 540

Aufgabe B-30 Instationare Stromung uber einer welligen Wand . . . 541

Aufgabe B-31 Tragflugel mit gegebener Quell– und Wirbelverteilung 542

Aufgabe B-32 Angestellte, ebene Platte mit Klappe . . . . . . . . . . 544

Aufgabe B-33 Einlauf in ein Uberschalltriebwerk . . . . . . . . . . . 545

Aufgabe B-34 Angestellte, ebene Platte in Uberschallstromung . . . 546

Aufgabe B-35 Leitradstufe eines Uberschallverdichters . . . . . . . . 548

Aufgabe B-36 Grenzschicht an einer gezogenen Kunststoffolie . . . . 549

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1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

1.2 Kinematik der Flussigkeiten

Aufgabe 1.2-1 Berechnung der materiellen Koordinaten beigegebenen Bahnlinien

Die materielle Beschreibung der Bewegung einer Flussigkeit ist durch die Bahnlinien

x1 = ξ1 ,

x2 = k ξ21 t

2 + ξ2 ,

x3 = ξ3

gegeben. k bezeichnet eine dimensionsbehaftete Konstante, so daß auf beiden Seitender Gleichungen die Dimensionen gleich sind.

Zeigen Sie, daß fur diese Bewegung die Funktionaldeterminante J = det(∂xi/∂ξj) nichtverschwindet und geben Sie die Abbildung ξ = ξ(x, t) an.

Losung

Wir bilden die notwendigen Ableitungen und setzen sie in die Funktionaldeterminanteein

J = det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

∂x1

∂ξ1

∂x2

∂ξ1

∂x3

∂ξ1

∂x1

∂ξ2

∂x2

∂ξ2

∂x3

∂ξ2

∂x1

∂ξ3

∂x2

∂ξ3

∂x3

∂ξ3

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠= det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝1 2k ξ1 t

2 0

0 1 0

0 0 1

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠ = 1 .

Da die Funktionaldeterminante nicht verschwindet, sind die Transformationenx = x(ξ, t) und ξ = ξ(x, t) eindeutig umkehrbar. Wir erhalten

ξ1 = x1 ,

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2 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

ξ2 = x2 − k x21 t

2 ,

ξ3 = x3 .

Zur Zeit t = 0 gilt ξi = xi.

Aufgabe 1.2-2 Geschwindigkeit und Beschleunigung in Ma-terieller– und Feldbeschreibung bei gegebener

Bahnlinie

Die Kontinuumsbewegung

x1 = ξ1 , (1)

x2 =1

2(ξ2 + ξ3) eat +

1

2(ξ2 − ξ3) e−at , (2)

x3 =1

2(ξ2 + ξ3) eat − 1

2(ξ2 − ξ3) e−at (3)

ist gegeben.

a) Man zeige, daß die Funktionaldeterminante nicht verschwindet.b) Man bestimme die Geschwindigkeits– und Beschleunigungskomponenten

1.) in materieller Beschreibungsweise ui(ξj , t), bi(ξj, t),2.) in Feldbeschreibungsweise ui(xj, t), bi(xj, t).

Losung

a) Die Funktionaldeterminante lautet

det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝

∂x1

∂ξ1

∂x2

∂ξ1

∂x3

∂ξ1

∂x1

∂ξ2

∂x2

∂ξ2

∂x3

∂ξ2

∂x1

∂ξ3

∂x2

∂ξ3

∂x3

∂ξ3

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠= det

⎛⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎝1 0 0

0 cosh at sinh at

0 sinh at cosh at

⎞⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎠ = 1 ,

und ist somit ungleich null.b) In materieller Beschreibungsweise gilt fur die Geschwindigkeitskomponenten

ui(ξj , t) =

(∂xi

∂t

)ξj

,

und daher

u1 = 0 , (4)

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 3

u2 =a

2(ξ2 + ξ3) eat − a

2(ξ2 − ξ3) e−at , (5)

u3 =a

2(ξ2 + ξ3) eat +

a

2(ξ2 − ξ3) e−at , (6)

wahrend fur die Beschleunigungskomponenten aus

bi(ξj , t) =

(∂ui

∂t

)ξj

=

(∂2xi

∂t2

)ξj

b1 = 0 , (7)

b2 =a2

2(ξ2 + ξ3) eat +

a2

2(ξ2 − ξ3) e−at , (8)

b3 =a2

2(ξ2 + ξ3) eat − a2

2(ξ2 − ξ3) e−at (9)

erhalten wird.c) Die Feldbeschreibungsweise gewinnen wir, indem wir die materiellen Koordinaten

ξj = ξj(xk, t) aus den Gleichungen (1) bis (3) ermitteln und in ui = ui(ξj , t) einset-zen:

ui = ui(ξj(xk, t), t) = ui(xk, t) .

aus (1) ⇒ ξ1 = x1 , (10)

aus (2) + (3) ⇒ (ξ2 + ξ3) eat = x2 + x3 , (11)

aus (2) − (3) ⇒ (ξ2 − ξ3) e−at = x2 − x3 . (12)

Die weitere Auflosung nach ξ2 bzw. ξ3 kann unterbleiben, da in ui(ξj, t) nach denGleichungen (4), (5) und (6) ξ2 bzw. ξ3 nur in den gleichen Kombinationen vorkom-men wie in (11) und (12).Wir erhalten so unmittelbar das Geschwindigkeitsfeld

u1 = 0 , (13)

u2 =a

2(x2 + x3) − a

2(x2 − x3) = a x3 , (14)

u3 =a

2(x2 + x3) +

a

2(x2 − x3) = a x2 . (15)

Das Beschleunigungsfeld bi(xk , t) wird auf analogem Weg aus (7) – (9) und (10) –(12) gewonnen

b1 = 0 ,

b2 =a2

2(x2 + x3) +

a2

2(x2 − x3) = a2 x2 ,

b3 =a2

2(x2 + x3) − a2

2(x2 − x3) = a2 x3

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4 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

oder auch durch Bildung der materiellen Ableitung bi(xk , t) = Dui/Dt unter Ver-wendung des Geschwindigkeitsfeldes (13) – (15).Aus

bi =Dui

Dt=∂ui

∂t+ uj

∂ui

∂xj

folgt:

b1 =∂u1

∂t+ u1

∂u1

∂x1

+ u2∂u1

∂x2

+ u3∂u1

∂x3

= 0 ,

b2 =∂u2

∂t+ u1

∂u2

∂x1

+ u2∂u2

∂x2

+ u3∂u2

∂x3

= a2 x2 ,

b3 =∂u3

∂t+ u1

∂u3

∂x1

+ u2∂u3

∂x2

+ u3∂u3

∂x3

= a2 x3 .

Aufgabe 1.2-3 Lagrangesche Beschreibung der Potentialwir-belstromung

Gegeben ist die Bewegung eines Kontinuums in Lagrangescher Beschreibungsweise

x1 = (ξ21 + ξ2

2)1/2 cos

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

x2 = (ξ21 + ξ2

2)1/2 sin

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

x3 = ξ3 .

a) Geben Sie die Gleichung der Bahnlinie in impliziter Form an und zeigen Sie, daßfur den Ortsvektor x zur Zeit t = 0 x1 = ±ξ1 und x2 = ±ξ2 gilt!

b) Wie groß sind die Komponenten von Geschwindigkeit ui(ξj , t) und Beschleunigungbi(ξj , t)?

c) Bestimmen Sie das Geschwindigkeitsfeld ui(xk, t) und das Beschleunigungsfeldbi(xk, t)!

d) Wie lautet die Gleichung der Stromlinie durch den Punkt (x10, x20)?

Losung

a) Die Bahnlinie verlauft in der Ebene x3 = ξ3. Die implizite Form erhalt man, indemdie beiden Gleichungen fur x1 und x2 quadriert und anschließend addiert werden:

x21 + x2

2 = ξ21 + ξ2

2 . (1)

Die Teilchen ξ = const beschreiben also Kreisbahnen um die x3–Achse in der x1, x2–Ebene. Die Division der Gleichungen fur x2 und x1 liefert fur t = 0 zunachst

x2

x1

=ξ2ξ1. (2)

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 5

Schreiben wir dann (1) in der Form

x21

(1 +

x22

x21

)= ξ2

1

(1 +

ξ22

ξ21

)

bzw.

x22

(1 +

x21

x22

)= ξ2

2

(1 +

ξ21

ξ22

),

so erhalten wir mit (2) x1 = ±ξ1 bzw. x2 = ±ξ2.b) Geschwindigkeit und Beschleunigung in Lagrangescher Beschreibungsweise

Durch partielles Ableiten ergibt sich

u1 =

(∂x1

∂t

)ξj

= − Ω

(ξ21 + ξ2

2)1/2

sin

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

u2 =

(∂x2

∂t

)ξj

(ξ21 + ξ2

2)1/2

cos

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

u3 =

(∂x3

∂t

)ξj

= 0

sowie

b1 =

(∂u1

∂t

)ξj

= − Ω2

(ξ21 + ξ2

2)3/2

cos

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

b2 =

(∂u2

∂t

)ξj

= − Ω2

(ξ21 + ξ2

2)3/2

sin

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)],

b3 =

(∂u3

∂t

)ξj

= 0 .

c) Geschwindigkeit und Beschleunigung in FeldkoordinatenUm die Komponenten der Geschwindigkeit in der Form ui(xk, t) zu erhalten, sind diemateriellen Koordinaten in ui(ξj , t) durch ξj = ξj(xk, t) zu ersetzen. Der Einfachheithalber werden die Gleichung (1) sowie die Beziehungen

sin

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)]=

x2

(ξ21 + ξ2

2)1/2

,

cos

[Ωt

ξ21 + ξ2

2

+ arctan

(ξ2ξ1

)]=

x1

(ξ21 + ξ2

2)1/2

,

die unmittelbar aus der Bewegung folgen, verwendet. Durch Einsetzen erhalt man

u1 = − Ωx2

x21 + x2

2

,

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6 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

u2 =Ωx1

x21 + x2

2

,

u3 = 0 .

Die gleiche Vorgehensweise fuhrt auf das Beschleunigungsfeld

b1 = − Ω2x1

(x21 + x2

2)2,

b2 = − Ω2x2

(x21 + x2

2)2,

b3 = 0 .

Man uberzeuge sich, daß durch Bildung der materiellen Ableitung bi = Dui/Dtdasselbe Beschleunigungsfeld entsteht!

d) Gleichung der StromlinieDas Geschwindigkeitsfeld ist stationar, d. h. die Kurven fur die Strom– und Bahn-linien sind dieselben. Die Stromlinie durch den Punkt x10, x20 lautet

x21 + x2

2 = x210 + x2

20 .

Aufgabe 1.2-4 Lagrangesche Beschreibung der rotationssym-

metrischen Staupunktstromung

Eine Bewegung ist in der materiellen Beschrei-bungsweise (Lagrangesche Beschreibungsweise)

x1 = ξ1 eat ,

x2 = ξ2 eat ,

x3 = ξ3 e−2at

mit a = const und ξ = x(t = 0) gegeben.

a) Berechnen Sie die Geschwindigkeit ui(ξj , t) und die Beschleunigung bi(ξj, t) in ma-teriellen Koordinaten.

b) Bestimmen Sie das Geschwindigkeitsfeld ui(xk, t) und das Beschleunigungsfeldbi(xk, t), indem Sie in dem Ergebnis aus a) die materiellen Koordinaten durchden Zusammenhang ξj = ξj(xk, t) eliminieren.

c) Bestimmen Sie das Beschleunigungsfeld durch Bildung der materiellen Ableitungenvon ui(xk, t).

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 7

d) Handelt es sich um eine Potentialstromung? Wenn ja, wie lautet die Potentialfunk-tion?

Losung

a) Geschwindigkeit und Beschleunigung in materieller Beschreibungsweise:Aus

ui(ξj , t) =

(∂xi

∂t

)ξj

, bi(ξj , t) =

(∂2xi

∂t2

)ξj

folgtu1 = a ξ1 eat , u2 = a ξ2 eat , u3 = −2a ξ3 e−2at

undb1 = a2 ξ1 eat , b2 = a2 ξ2 eat , b3 = 4a2 ξ3 e−2at .

b) Geschwindigkeit und Beschleunigung in Feldbeschreibungsweise:Mit

ξ1 = x1 e−at , ξ2 = x2 e−at , ξ3 = x3 e+2at

erhalt man aus a)

u1 = a x1 , u2 = a x2 , u3 = −2a x3

undb1 = a2 x1 , b2 = a2 x2 , b3 = 4a2 x3 .

c) Beschleunigungsfeld durch Bildung der materiellen Ableitung aus dem Geschwin-digkeitsfeld ui(xj, t):Mit

bi =Dui

Dt=∂ui

∂t+ uj

∂ui

∂xj

und u1 = a x1, u2 = a x2, u3 = −2a x3 gewinnt man das Beschleunigungsfeld zu

b1 = a2 x1 , b2 = a2 x2 , b3 = 4a2 x3 .

d) Potentialstromung und PotentialfunktionNotwendige und hinreichende Bedingung fur die Existenz einer Potentialstromungist das Verschwinden der Rotation von u im ganzen Feld:

rotu = ∇× u = 0 ⇔ εijk∂uj

∂xi= 0 .

Die drei Komponentengleichungen dieser Bedingung lauten

∂u3

∂x2− ∂u2

∂x3= 0 ,

∂u1

∂x3− ∂u3

∂x1= 0 ,

∂u2

∂x1− ∂u1

∂x2= 0 .

Die Stromung ist eine Potentialstromung, fur das vorliegende Geschwindigkeitsfeldverschwinden sogar alle sechs Terme fur sich. Aus

ui =∂Φ

∂xi

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8 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

erhalt man fur die Potentialfunktion Φ die partiellen Differentialgleichungen

∂Φ

∂x1= u1 = a x1 ,

∂Φ

∂x2= u2 = a x2 ,

∂Φ

∂x3= u3 = −2a x3 .

Aus der ersten Differentialgleichung folgt durch direkte Integration

Φ =a

2x2

1 + h(x2, x3) ,

mit der zweiten dann

∂h

∂x2= a x2 ⇒ h(x2, x3) =

a

2x2

2 + g(x3) .

Die Funktion g(x3) erhalt man schließlich aus der letzten Beziehung

∂Φ

∂x3=

∂g

∂x3= −2a x3 ⇒ g(x3) = −a x2

3 + const .

Die gesuchte Potentialfunktion lautet also

Φ =a

2(x2

1 + x22 − 2x2

3) + const ,

wobei die absolute Konstante auch weggelassen werden kann.

Aufgabe 1.2-5 Bahn–, Strom– und Streichlinien eines instati-

onaren Geschwindigkeitsfeldes

Gegeben ist das instationare Geschwindigkeitsfeld:

u1 =1

t0 + tx1 ,

u2 = v0 ,

u3 = 0 (t0 = const, v0 = const).

a) Man gebe die Gleichung der Stromlinie an, die zur Zeit t durch den Punkt (x10, x20, x30)lauft.

b) Wie lautet die Gleichung der Bahnlinie des Flussigkeitsteilchens mit den materiellenKoordinaten x(t = 0) = ξ ?

c) Man ermittle die Geschwindigkeit des Flussigkeitsteilchens langs seiner Bahn.d) Was geschieht mit den Teilchen, die die materiellen Koordinaten ξ1 = 0 , ξ3 = 0

haben?e) Wie heißt die Gleichung der Streichlinien?

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 9

Losung

a) Stromlinie durch den Punkt (x10, x20, x30) zur festen, aber beliebigen Zeit t:Die Differentialgleichungen zur Berechnung der Stromlinien lauten

dxi

ds=

ui√ukuk

.

Zweckmaßigerweise wird statt der Bogenlange s ein neuer Kurvenparameter η durch

ds =√ukuk dη , η(s = 0) = 0

eingefuhrt, so daß die Differentialgleichungen die Form

dxi

dη= ui (xj, t) , t = const

annehmen oder ausgeschrieben

dx1

dη=

x1

t0 + t,

dx2

dη= v0 ,

dx3

dη= 0 .

Durch Integration folgt hieraus

lnx1 =η

t0 + t+ lnC1 ⇒ x1 = C1 eη/(t0+t) ,

x2 = v0 η + C2 ,

x3 = C3 .

Die Stromlinie verlauft in der Ebene x3 = C3, es handelt sich also um ein ebenesProblem.Die Stromlinie soll durch den Punkt (x10, x20, x30) gehen. Diese Bedingung legt diedrei Integrationskonstanten fest. Wird η vom Punkt (x10, x20, x30) aus gezahlt, sogilt

η = 0 : x1 = x10 , x2 = x20 , x3 = x30 ,

worausC1 = x10 , C2 = x20 , C3 = x30

folgt. Damit erhalt man die Losung in Parameterform zu

x1 = x10 eη/(t0+t) , (1)

x2 = v0 η + x20 , (2)

x3 = x30 . (3)

In (1) bis (3) ist η der Kurvenparameter, x10, x20 und x30 sind Scharparameter. Dieexplizite Form der Stromlinie in der Ebene x3 = x30 gewinnt man durch Eliminationdes Kurvenparameters. Aus (2) folgt zunachst

η =x2 − x20

v0

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10 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

und dann

x1 = x10 exp

(x2 − x20

v0 (t0 + t)

)bzw.

x1

x10

= exp

(x2/x20 − 1

v0 t0(1 + t/t0)/x20

).

Fur den Wert v0 t0/x20 = 2 zeigt nebenstehen-des Bild den Verlauf der Stromlinie durch denPunkt (x10, x20, x30) zur festen Zeit t = 0 undzur spateren Zeit t = 0, 5 t0. Die Stromung istinstationar, die Stromlinien verandern sich mitder Zeit.

b) Bahnlinie des FlussigkeitsteilchensDie Differentialgleichungen fur die Bahnlinien lauten

dxi

dt= ui (xj, t)

oder ausgeschrieben

dx1

dt=

x1

t0 + t,

dx2

dt= v0 ,

dx3

dt= 0 .

Die Integration liefert

x1 = C1 (t0 + t) , x2 = v0 t + C2 , x3 = C3 .

Die Integrationskonstanten sind durch die Anfangsbedingung festgelegt. Zur Zeitt = 0 habe das Flussigkeitsteilchen die materiellen Koordinaten

t = 0 : x1 = ξ1 , x2 = ξ2 , x3 = ξ3 ,

so daß

C1 = ξ1/t0 , C2 = ξ2 , C3 = ξ3

ist. Die Losung in Parameterform ergibt sich damit zu

x1 = ξ1

(1 +

t

t0

), (4)

x2 = v0 t + ξ2 , (5)

x3 = ξ3 . (6)

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 11

Hierbei ist t der Kurvenparameter der Bahnlinie; ξ1, ξ2 und ξ3 sind Scharparameter.Wie vorher gelangen wir von der Parameterdarstellung zur expliziten Form durchElimination des Kurvenparameters t in der Ebene x3 = ξ3. Aus (5) erhalt man

t =x2 − ξ2v0

und mit (4)

x1 = ξ1

(1 +

x2 − ξ2v0 t0

).

Diese explizite Form der Bahnlinien ist eine Geradengleichung fur jedes Teilchen.Das Teilchen mit den materiellen Koordinaten ξ1 = x10, ξ2 = x20, ξ3 = x30 hat dieBahnlinie

x1

x10= 1 +

x2/x20 − 1

v0 t0/x20, (7)

die die Stromlinie zur Zeit t = 0 im Punkt (x10,x20, x30) tangieren muß. Im Bild ist die Bahnli-nie dieses Teilchens als durchgezogene Linie ge-zeichnet. Die Stromlinie zur Zeit t = 0 ist alsunterbrochene Linie angedeutet.

c) Die Geschwindigkeit eines Teilchens ist durch die zeitliche Anderung der Bahnkoor-dinaten bei festem ξ gegeben

ui(ξj , t) =

(∂xi

∂t

)ξj

,

so daß aus der Bahnlinie in Parameterform sich die Geschwindigkeitskomponentenzu

u1(ξj, t) =ξ1t0, u2(ξj , t) = v0 , u3(ξj , t) = 0

ergeben. Alle Komponenten sind konstant, woraus man auch schließt, daß die Teil-chenbahn eine Gerade sein muß.

d) Fur ein Teilchen mit den materiellen Koordinaten ξ1 = 0 und ξ3 = 0 erhalt man

u1(ξj , t) = 0 , u2(ξj , t) = v0 , u3(ξj, t) = 0

und die Bahnlinien

x1 = ξ1

(1 +

t

t0

)= 0 , x3 = 0 .

Das Teilchen befindet sich also auf der x2-Achse, bleibt dort und bewegt sich mitkonstanter Geschwindigkeit.

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12 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

e) StreichlinienDie Streichlinie verbindet zu einer festen Zeit t alle Teilchen, die zur Zeit t′ durcheinen festen Ort y gelaufen sind oder noch laufen werden. Die Bahnlinien der Teil-chen sind x = x(ξ, t). Lost man diese Gleichung nach ξ = ξ(x, t) auf und setzt fur xdie Koordinaten des festen Ortes y, sowie t = t′ ein, so erhalt man alle Teilchen ξ,die zur Zeit t′ am Ort y waren, in der Form ξ = ξ(y, t′). Deren Bahnkoordinaten sindoffensichtlich x = x(ξ(y, t′), t), man erhalt dann bei festem t und veranderlichem t′

die Verbindungskurve zwischen den aktuellen Koordinaten der Teilchen, die durchden Ort y gelaufen sind, also die Streichlinie.Beim hier vorliegenden ebenen Problem verbleiben alle Teilchen in der Ebene x3 =ξ3.Setzt man in der Parameterform (4), (5) der Bahnlinien x1 = y1 und x2 = y2, sogewinnt man zunachst die materiellen Koordinaten der Teilchen, die an diesem Ortzur Zeit t = t′ waren, durch Auflosen nach ξ1 und ξ2

ξ1 =y1

1 + t′t0

,

ξ2 = y2 − v0t′ .

Diese materiellen Koordinaten werden in die Bahnliniengleichungen eingesetzt

x1 = y11 + t/t01 + t′/t0

, (8)

x2 = y2 + v0 t0

(t

t0− t′

t0

)(9)

und ergeben die Streichlinien in Parameterform. Die aktuelle Zeit t ist fest, t′ istKurvenparameter. Die explizite Darstellung ergibt sich aus der Elimination von t′.Aus (9) folgt

t′ = t − x2 − y2

v0

und dies in (8) eingesetzt, ergibt damit die Streichlinien in expliziter Form:

x1 =y1

1 − x2 − y2

v0 t0 (1 + t/t0)

. (10)

Die Streichlinie durch den Punkt y1 = x10, y2 = x20 lautet dann

x1

x10=

1

1 − x2/x20 − 1v0 t0/x20(1 + t/t0)

. (11)

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 13

Im Bild ist die Streichlinie fur v0 t0/x20 = 2 zurfesten Zeit t/t0 = 2 dargestellt. Die unterbro-chene Linie zeigt die Bahn des Teilchens, das zurZeit t′/t0 = 0 im Punkt x1 = x10, x2 = x20 warund sich zur Zeit t/t0 = 2 im Punkt x1 = 3x10,x2 = 5x20 befindet. Wird die gezeigte Streich-linie mit den gegebenen Großen durch die Pa-rameterform (8), (9) beschrieben, so liefert derParameterwert t′/t0 = 0 gerade den Punkt x1 =3x10, x2 = 5x20.

Aufgabe 1.2-6 Kinematik eines rotations– und divergenzfreien

Feldes

Gegeben ist das Geschwindigkeitsfeld ui(xj)

u1 = a (x1 + x2) ,

u2 = a (x1 − x2) ,

u3 = W ,

mit den Konstanten a und W .

Bestimmen Sie

a) die Divergenz ∇ · u des Feldes,b) die Rotation ∇× u,c) die Parameterdarstellung der Bahnlinien xi = xi(ξj, t) mit ξj = xj(t = 0),d) die parameterfreie Darstellung der Projektion der Bahnlinien in die x1, x2–Ebene

durch Elimination des Kurvenparameters t,e) die Projektion der Stromlinien in die x1, x2–Ebene durch Integration der Differenti-

algleichungen fur die Stromlinien.

Losung

a) Aus der Definition der Divergenz

divu = ∇ · u =∂ui

∂xi=∂u1

∂x1+∂u2

∂x2+∂u3

∂x3

folgt im vorliegenden Fall∂ui

∂xi

= a− a + 0 = 0 ,

das vorliegende Feld ist also divergenzfrei !

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14 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

b) Alle Komponenten der Rotation verschwinden ebenfalls:

ω1 =1

2

(∂u3

∂x2

ε231 +∂u2

∂x3

ε321

)= 0 ,

ω2 =1

2

(∂u1

∂x3ε312 +

∂u3

∂x1ε132

)= 0 ,

ω3 =1

2

(∂u2

∂x1ε123 +

∂u1

∂x2ε213

)= 0 .

Das Geschwindigkeitsfeld besitzt somit ein Potential, das sich auf bereits bekannteWeise (Aufgabe 1.2.4) zu

Φ =a

2(x2

1 + 2x1x2 − x22) +W x3

ergibt.c) Parameterdarstellung der Bahnlinien:

Die Differentialgleichungen fur die Bahnlinien lauten

dxi

dt= ui ,

bzw.

dx1

dt= u1 = a (x1 + x2) , (1)

dx2

dt= u2 = a (x1 − x2) , (2)

dx3

dt= u3 = W . (3)

Die letzte Gleichung laßt sich unmittelbar integrieren (x3(t = 0) = ξ3) und ergibt

x3(t) = W t+ ξ3 , (4)

wahrend (1) und (2) gekoppelt sind. Die zwei gekoppelten Gleichungen 1. Ordnunglassen sich durch Differentiation auf eine Gleichung 2. Ordnung reduzieren. Dazuleiten wir (2) nochmals ab

d2x2

dt2= a

dx1

dt− a

dx2

dt

und ersetzen die Ableitungen auf der rechten Seite durch (1) und (2). Man ermitteltdann

d2x2

dt2= 2a2 x2 .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 15

Dies ist eine lineare Dgl. 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten, die sich mit demAnsatz

x2 = C eλ t

losen laßt. Die Eigenwerte ergeben sich zu

λ = ±√2 a ,

so daß die allgemeine Losung

x2(t) = C1 e√

2a t + C2 e−√

2a t (5)

lautet. Aus (2) erhalt man damit

x1(t) =1

a

(√2aC1 e

√2a t −√

2aC2 e−√

2a t)

+ C1 e√

2a t + C2 e−√

2a t ,

⇒ x1(t) = (√

2 + 1)C1 e√

2a t − (√

2 − 1)C2 e−√

2a t . (6)

Die zwei Integrationskonstanten C1 und C2 folgen aus den Anfangsbedingungen

x1(t = 0) = ξ1 = (√

2 + 1)C1 − (√

2 − 1)C2 ,

x2(t = 0) = ξ2 = C1 + C2

zu

C1 =1

4(2 −

√2) ξ2 +

√2

4ξ1 , (7)

C2 =1

4(2 +

√2) ξ2 −

√2

4ξ1 . (8)

(4), (5), (6) zusammen mit (7) und (8) beschreiben die Bahnlinien.d) Parameterfreie Darstellung der Bahnlinien in der x1, x2–Ebene:

Zur parameterfreien Darstellung dieser ebenen Kurve gelangen wir, indem wir ausden Gleichungen (5) und (6) den Bahnparameter t eliminieren. Dazu multiplizierenwir (5) mit (

√2 − 1) und addieren sie mit (6):

(√

2 − 1)x2 + x1 = ((√

2 + 1) + (√

2 − 1))C1 e√

2a t = 2√

2C1 e√

2a t

⇒ e√

2a t =1

2√

2C1

((√

2 − 1)x2 + x1)

⇒ e√

2a t =1

4C1((2 −

√2)x2 +

√2 x1)

und setzen dies in (5) ein

x2 =1

4((2 −√

2)x2 +√

2 x1) + 4C1C2 ((2 −√2)x2 +

√2x1)

−1

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16 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

und erhalten so1

2x2

2 + x1x2 − 1

2x2

1 = 4C1C2 . (9)

Dies, zusammen mit (7) und (8), ist die implizite Gleichung der Bahnlinien. Dieexplizite Gleichung lautet

x2 = −x1 ±√

2x21 + 8C1C2 = x1

(−1 ±

√2 +

8C1C2

x21

).

Fur C1C2 = 0 sind die Bahnlinien Geraden

x2 = x1 (−1 ±√2) ,

d. h. tanα = x2/x1 = −1 ±√2 und daher

α1 = −67, 5 und

α2 = 22, 5 .

Die Gesamtheit aller Bahnlinien ergibt dasBild der in der x1, x2–Ebene um den Win-kel α2 = 22, 5 gedrehten ebenen Staupunkt-stromung.

e) Stromlinien in der x1, x2–Ebene:Die Dgln. der Stromlinien lauten

dxi

ds=

ui

|u| ,

also die Komponenten in die x1 und x2 Richtung

dx1

ds=u1

|u| ,dx2

ds=u2

|u| .

Durch Division dieser beiden Gleichungen kann der Kurvenparameter s der Strom-linie unmittelbar eliminiert werden:

dx2

dx1=u2

u1.

Also hierdx2

dx1=a (x1 − x2)

a (x1 + x2), bzw.

(x2 − x1) dx1 + (x1 + x2) dx2 = 0 .

Die letzte Gleichung ist eine exakte Differentialgleichung der Form

dΨ =∂Ψ

∂x1dx1 +

∂Ψ

∂x2dx2 = 0 ,

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 17

deren Losung Ψ = const ist. Zur Uberprufung dieser Behauptung bilden wir

∂x2

(∂Ψ

∂x1

)=

∂x2(x2 − x1) = 1

und∂

∂x1

(∂Ψ

∂x2

)=

∂x1(x1 + x2) = 1

und erkennen, daß die gemischten Ableitungen ∂2Ψ/∂x1∂x2 und ∂2Ψ/∂x2∂x1 gleichsind, was ja die notwendige und hinreichende Bedingung ist, daß die Dgl. tatsachlichdie Form des totalen Differentials von Ψ annimmt. Damit ist sowohl ∂Ψ/∂x1 wieauch ∂Ψ/∂x2 bekannt. Zur Berechnung von Ψ integrieren wir zunachst

∂Ψ

∂x1= x2 − x1 ,

was auf

Ψ = x1x2 − 1

2x2

1 + h(x2)

fuhrt. Damit ergibt sich

∂Ψ

∂x2= x1 + x2 = x1 + h′(x2) ,

alsoh′(x2) = x2

und daher

h(x2) =x2

2

2+ C ,

so daß wir schließlich auf die Losung

Ψ =1

2x2

2 + x1x2 − 1

2x2

1 + C

gefuhrt werden.Linien Ψ = const sind die Projektionen der Stromlinien in die Ebenen x3 = const.Durch Vergleich mit (9) aus Aufgabenteil d) erkennen wir, daß fur die vorliegendestationare Stromung Bahn– und Stromlinien zusammenfallen, wie es ja sein muß.

Aufgabe 1.2-7 Kinematik der ebenen, instationaren Staupunkt-stromung

Gegeben ist das ebene instationare Geschwindigkeitsfeld

u1 = (a + b sinωt)x1 ,

u2 = −(a+ b sinωt)x2 ,

mit den Konstanten a > b > 0 .

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18 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

a) Wie lautet die Gleichung der Stromlinien durch den Punkt (x10, x20) ?b) Wie lautet die Gleichung der Bahnlinie fur ein Flussigkeitsteilchen, das zur Zeit

t = 0 am Ort x(t = 0) = ξ war?c) Geben Sie die Gleichung der Streichlinien durch den Ursprung (y = 0) an.d) Welche Geschwindigkeitsanderung stellt ein Beobachter fest, der sich auf der Bahn

x1B= x2B

= c0 t bewegt?

Losung

a) Stromlinien (ebene Stromung !):Die Differentialgleichungen fur die Stromlinien lauten allgemein

dx1

ds=u1

|u| ,dx2

ds=u2

|u|und speziell hier

dx1

dx2=u1

u2=

(a+ b sinωt)x1

−(a + b sinωt)x2= −x1

x2.

Die Richtung des Geschwindigkeitsfeldes hangt nicht von der Zeit ab, d. h. das Feldist richtungsstationar. In solchen Fallen hangen die Stromlinien nicht von der Zeitab. Die Losung der Differentialgleichung gelingt durch Trennung der Veranderlichen:∫

dx1

x1= −

∫dx2

x2

und nach Hinzufugen der Integrationskonstanten

lnx1 = − lnx2 + lnC

und daher

x2 =C

x1.

Die Losungskurven sind Hyperbeln und stel-len, z. B. in der oberen Halbebene x2 ≥ 0,die ebene Staupunktstromung dar. Fur dieGleichung der Stromlinie durch einen festenPunkt (x10 , x20) lautet die Integrationskon-stante C = x10 x20, also

x2 =x10 x20

x1.

b) Bahnlinien:Da die Stromung richtungsstationar ist, fallen Stromlinien und Bahnlinien aufein-ander, d. h. sie haben dieselbe Form und die Gleichung der Bahnlinien ist

x2 =C

x1.

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 19

Wir berechnen die Bahnlinien aber noch einmal durch Integration der Differential-gleichungen

dxi

dt= ui ,

also hier

dx1

dt= u1 = (a + b sinωt)x1 ,

dx2

dt= u2 = −(a + b sinωt)x2 .

Durch Trennung der Veranderlichen folgt∫dx1

x1

=∫

(a + b sinωt) dt ,

∫dx2

x2

= −∫

(a + b sinωt) dt

und daher durch Integration

lnx1 = lnC1 +

(a t− b

ωcosωt

)⇒ x1 = C1 e(a t− b

ωcosωt) ,

lnx2 = lnC2 −(a t− b

ωcosωt

)⇒ x2 = C2 e−(a t− b

ωcos ωt) .

Die Integrationskonstanten ergeben sich aus der Anfangsbedingung x(t = 0) = ξ zu

C1 = ξ1 ebω und C2 = ξ2 e−

bω ,

so daß die Parameterdarstellung der Bahnlinien

x1 = ξ1 e(a t+ bω

(1−cosωt)) , (1)

x2 = ξ2 e−(a t+ bω

(1−cosωt)) (2)

lautet. Eliminiert man den Bahnparameter t aus der ersten Gleichung

e(a t+ bω

(1−cosωt)) =x1

ξ1

und setzt dies in die zweite Gleichung ein, so erhalt man wieder das bekannte Er-gebnis

x2 =ξ1 ξ2x1

.

c) Streichlinien:Fur die richtungsstationare Stromung sind Stromlinien, Bahnlinien und Streichliniendeckungsgleich, d. h. die Streichlinien sind ebenfalls die gleichseitigen Hyperbeln

x1 x2 = const = y1 y2 .

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20 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

Fur y1 = y2 = 0 erhalt manx1 x2 = 0 ,

d. h. die Koordinatenachsen (x1 = 0 sowie x2 = 0) sind die gesuchten Streichlinien.Aus den Gleichungen der Bahnlinien (1) und (2) folgt, daß die x1–Achse die Streich-linie der Teilchen ist, die zum Zeitpunkt t′ → −∞ im Ursprung waren, wahrend diex2–Achse die Streichlinie der Teilchen ist, die fur t′ → ∞ im Ursprung ankommen.

d) Anderung des Geschwindigkeitsfeldes fur einen Beobachter auf der Bahnx1B = x2B = c0 t :Die zeitliche Anderung einer Feldgroße ist fur den Beobachter durch

d

dt=

∂t+ cj

∂xj

gegeben, wobei cj die Absolutgeschwindigkeit des Beobachters ist. Angewandt aufui erhalt man die vom Beobachter auf seiner Bahn festgestellte Stromungsgeschwin-digkeitsanderung

dui

dt=∂ui

∂t+ cj

∂ui

∂xj.

Hier ist c1 = c2 = c0 und es ergibt sich mit dem gegebenen Geschwindigkeitsfeld

du1

dt=

∂u1

∂t+ c0

∂u1

∂x1+ c0

∂u1

∂x2

= (b ω cosωt)x1 + c0 (a + b sinωt) ,

du2

dt=

∂u2

∂t+ c0

∂u2

∂x1

+ c0∂u2

∂x2

= (−b ω cosωt)x2 + c0 [−(a+ b sinωt)] .

Langs der Bahn des Beobachters ist x1 = x1B= c0 t, x2 = x2B

= c0 t, d. h. diegesuchten Geschwindigkeitsanderungen sind als Funktionen von t durch

du1

dt= c0 (b ω t cosωt+ a + b sinωt) ,

du2

dt= −c0 (b ω t cosωt+ a + b sinωt)

gegeben.

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 21

Aufgabe 1.2-8 Streichlinie eines Wasserstrahles

Die Duse eines Wasserschlauchs befindet sich ander Stelle y = he2 und fuhrt eine Pendelbewe-gung (α = α(t)) aus. Das Wasser verlaßt die Dusemit der konstanten Austrittsgeschwindigkeit U . Dieauf den Wasserstrahl wirkenden Luftkrafte sind ver-nachlassigbar.

Man bestimme

a) die Geschwindigkeit ui(t) eines Teilchens, das zur Zeit t′ am Dusenaustritt war,b) seine Bahnlinie, wenn es zum Zeitpunkt t = 0 am Orte ξ war,c) die Gleichung der Streichlinien.d) Gibt es hier Stromlinien?

Losung

a) Geschwindigkeit eines Teilchens ui(t):Bei Vernachlassigung von Luftkraften auf den Wasserstrahl beschreiben die materi-ellen Teilchen des Strahles eine Wurfparabel, d. h. die Geschwindigkeitskomponentendes Teilchens haben folgende Form

u1 = C1 ,

u2 = C2 − g t .

Die Konstanten C1 und C2 folgen aus der Bedingung, daß das betrachtete Teilchenzur Zeit t′ an der Dusenmundung war und dort die Geschwindigkeitskomponenten

u1(t′) = U cosα(t′) ,

u2(t′) = U sinα(t′)

hatte, zu

C1 = U cosα(t′) ,

C2 = U sinα(t′) + g t′ .

Die gesuchte Geschwindigkeit ist also

u1 = U cosα(t′) ,

u2 = U sinα(t′) − g (t− t′) .

b) Bahnlinie des Teilchens mit x(t = 0) = ξ:Aus den Differentialgleichungen fur die Bahnlinien

dx1

dt= U cosα(t′) (= const) ,

dx2

dt= U sinα(t′) − g (t− t′)

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22 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

folgt durch direkte Integration

x1(t) = U cosα(t′) t+ C3 ,

x2(t) = U sinα(t′) t− 1

2g (t2 − 2t′ t) + C4 .

War das betrachtete Teilchen fur t = 0 an der Stelle ξ, so bestimmen sich dieIntegrationskonstanten zu

x1(0) = ξ1 = C3 ,

x2(0) = ξ2 = C4 ,

d. h. die Gleichung seiner Bahn ist:

x1(t) = U cosα(t′) t+ ξ1 , (1)

x2(t) = U sinα(t′) t− 1

2g ((t− t′)2 − t′2) + ξ2 . (2)

c) Gleichung der Streichlinien:Bekannt ist xi = xi(ξj, t). Wir losen diesen Zusammenhang nach ξj = ξj(xi, t) aufund identifizieren die Teilchen, die zur Zeit t′ am Ort y = he2 waren, durch dieGleichung ξj = ξj(yi, t

′). Die entstehende Gleichung

xi(t′) = xi(ξj(yk, t

′), t) = xi(yk, t′, t)

gibt schließlich bei festgehaltenem yk und t die Gleichung der Streichlinie (= Ver-bindungslinie aller Teilchen, die zu irgendeiner Zeit t′ den Ort y passiert haben).Also der Reihe nach:Auflosung von xi = xi(ξj, t) nach ξj = ξj(xi, t) ergibt

aus (1): ξ1 = x1 − U cosα(t′) t ,

aus (2): ξ2 = x2 − U sinα(t′) t+1

2g ((t− t′)2 − t′2) .

Teilchenidentifikation (t = t′, x1 = y1 = 0, x2 = y2 = h):

ξ1 = −U cosα(t′) t′ ,

ξ2 = h− U sinα(t′) t′ − 1

2g t′2 .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 23

Einsetzen der materiellen Koordinaten in die Bahn-liniengleichungen (1) und (2) fuhrt auf

x1 = U cosα(t′) (t− t′) ,

x2 = h+ U sinα(t′) (t− t′) − 1

2g (t− t′)2 .

Dies ist die Parameterdarstellung (Kurvenparame-ter t′) der gesuchten Streichlinie zum Zeitpunktt.

d) Stromlinien ?Die Momentaufnahme des Wasserstrahls zum Zeitpunkt t ist genau die berechne-te Streichlinie. Die Geschwindigkeitsvektoren sind nicht tangential zur Streichlinie,sondern zur Bahnlinie der Teilchen:

Um nun die Tangentialkurven an die Geschwin-digkeitsvektoren verschiedener Teilchen zum selbenZeitpunkt t (=Stromlinien) einzeichnen zu konnen,mußten benachbarte Teilchen existieren. Da derStrahl aber im Idealfall aus einer materiellen Liniebesteht, entarten die Stromlinien zu Punkten.

Aufgabe 1.2-9 Strom– und Streichlinien in Polarkoordinaten

In Polarkoordinaten (r, ϕ) ist das ebene, instationare Geschwindigkeitsfeld

u =1

r(A0 er +B0 (1 + at)eϕ)

mit den dimensionsbehafteten Konstanten (A0, B0, a) gegeben.

Berechnen Sie in Polarkoordinaten

a) die Gleichung der Stromlinie durch den Punkt P (r = r0, ϕ = 0) undb) die der Bahnlinie des Teilchens, das zum Zeitpunkt t = 0 im Punkt P war.

Losung

a) die Gleichung der Stromlinie:In Zylinderkoordinaten lautet das Linienelement (S. L. (B.2,b))

dx = dr er + r dϕeϕ + dz ez (1)

und das Geschwindigkeitsfeld (S. L. (B.2,c))

u = ur er + uϕ eϕ + uz ez . (2)

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24 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

Damit erhalt man ausdx

ds=

u

|u|die drei Komponentengleichungen der Stromlinie

dr

ds=ur

|u| , rdϕ

ds=uϕ

|u| ,dz

ds=uz

|u| .

Fur die betrachtete ebene Stromung in der r, ϕ–Ebene genugen die ersten beidenGleichungen, die wir zur Eliminierung des Bahnparameters s durcheinander dividie-ren

1

r

dr

dϕ=ur

uϕ.

Fur das gegebene Geschwindigkeitsfeld ergibt sich mit der Abkurzung B(t) = B0(1+at) die Differentialgleichung

dr

r=

A0

B(t)dϕ .

Da die Stromlinien Momentaufnahmen sind, ist hier t bzw. B(t) als Konstante zubehandeln, und die Integration liefert:

r∫r0

dr

r=

A0

B(t)

ϕ∫0

dϕ (Stromlinie durch (r0, 0) !)

⇒ lnr

r0=

A0

B(t)ϕ , (3)

bzw.

r(ϕ) = r0 eA0

B(t)ϕ . (4)

Die Funktion B(t) geht also in dieGleichung der Stromlinien nur para-metrisch ein, d. h. die Stromlinien se-hen zu jedem Zeitpunkt so aus, alssei B konstant und gleich dem Mo-mentanwert zum betrachteten Zeit-punkt.Die durch (3) bzw. (4) beschriebenenKurven sind logarithmische Spiralen,d. h. alle vom Ursprung ausgehendenStrahlen werden von der Kurve un-ter dem gleichen Winkel γ geschnit-ten.

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 25

b) die Bahnlinie:Mit (1) und (2) lauten die Differentialgleichungen fur die Bahnlinien

dr

dt= ur , r

dt= uϕ ,

dz

dt= uz .

Fur das vorliegende ebene Problem werden nur die ersten beiden Differentialgleich-ungen gebraucht, die mit dem gegebenen Geschwindigkeitsfeld die Form

dr

dt=

A0

r, (5)

rdϕ

dt=

B0(1 + at)

r(6)

annehmen. Gleichung (6) ist uber r mit (5) gekoppelt. Gleichung (5) jedoch istentkoppelt und wird daher zunachst integriert∫

r dr =∫A0 dt+ C .

Mit der Anfangsbedingung r(t = 0) = r0 folgt die spezielle Losung zu

r2 = r20 + 2A0 t . (7)

Mit (7) laßt sich nun auch (6) integrieren

dt= B0

1 + a t

r20 + 2A0 t

,

⇒ϕ∫

0

dϕ = B0

t∫0

1 + a t

r20 + 2A0 t

dt

⇒ ϕ = B0

[1

2A0ln(r2

0 + 2A0 t) + a

(t

2A0− r2

0

4A20

ln(r20 + 2A0 t)

)]t

0

=

[(B0

A0− B0 a r

20

2A20

)1

2ln(r2

0 + 2A0 t) +B0 a t

2A0

]t

0

⇒ ϕ(t) =

(B0

A0− B0 a r

20

2A20

)ln

(1 +

2A0

r20

t

) 12

+B0 a t

2A0.

Wegen (7) laßt sich der Bahnparameter t wieder eliminieren, und man erhalt dieexplizite Darstellung

ϕ(r) =

(B0

A0

− B0 a r20

2A20

)ln

(r

r0

)+B0 a

4A20

(r2 − r20) . (8)

Anm.: Fur a = 0 (=B(t) = B0) entsteht der stationare Fall, und Gleichung (8)stimmt mit der Gleichung der Stromlinien (4) uberein.

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26 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

Aufgabe 1.2-10 Strom– und Bahnlinien bei stehenden Schwe-

rewellen

Das Geschwindigkeitsfeld ui(xj) mit den Komponenten

u1 = −U sinΩt sin kx1 cosh k (x2 + h) ,

u2 = +U sin Ωt cos kx1 sinh k (x2 + h) ,

u3 = 0

beschreibt eine ebene, stehende Schwerewelle in einer uber einem horizontalen Bodenstehenden Flussigkeitsschicht der Tiefe h. Die Geschwindigkeit U , die Kreisfrequenz Ωund die Wellenzahl k sowie die Hohe h sind konstant.

a) Zeigen Sie, daß eine Potentialstromung vorliegt. Wie lautet das Geschwindigkeits-potential Φ(x1, x2, t)?

b) Bei genugend kleiner Wellenamplitude ist die Form der freien Oberflache ζ durch

ζ = −1

g

∂Φ(x1, x2, t)

∂t

∣∣∣∣∣x2=0

gegeben. g bezeichnet die Erdbeschleunigung. Skizzieren Sie die Oberflachenformzur festen Zeit t = 0. Berechnen Sie die Strom– und Bahnlinien und skizzieren Siederen Verlauf.

Geg.: U , Kreisfrequenz Ω, Wellenzahl k, Tiefe h

Losung

a) Aus den Komponenten des Geschwindigkeitsfeldes folgt unmittelbar

∂u1

∂x2

=∂u2

∂x1

,∂u2

∂x3

=∂u3

∂x2

,∂u3

∂x1

=∂u1

∂x3

,

d. h. rot u = 0, es liegt also eine Potentialstromung vor.Das Geschwindigkeitspotential Φ erhalten wir durch Integration der Gleichungen∂Φ/∂xi = ui zu

Φ(x1, x2, t) =U

ksin Ωt cos kx1 cosh k (x2 + h) ,

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 27

wobei die Integrationskonstante ohne Einschrankung der Allgemeingultigkeit weg-gelassen werden kann.

b) Die Oberflachenform lautet zur festen Zeit t = 0

ζ = −U Ω

g kcosh kh cos kx1 .

Das instationare Geschwindigkeitsfeld laßt sich in der Form

u(x, t) = f(t) u(x)

schreiben, die Richtung des Geschwindigkeitsvektors ist zeitunabhangig, d. h. dieStromlinien sind immer dieselben Kurven wie die Bahnlinien. Wir berechnen dieseKurven mit den Differentialgleichungen fur die Stromlinien in der Form

dx1

u1=

dx2

u2.

Die Trennung der Veranderlichen

− dx1

tan kx1=

dx2

tanh k (x2 + h)

und anschließende Integration fuhrt uns auf die Darstellung der Stromlinien

−1

kln (sin kx1) =

1

kln (sinh k (x2 + h)) +

1

klnC

⇒ 1

C= sinh k (x2 + h) sin kx1 .

Die Integrationskonstante C bestimmen wir durch die Forderung, daß die Stromliniedurch den Punkt x1 = x10, x2 = x20 verlaufen soll, zu

C =1

sinh k (x20 + h) sin kx10.

Damit erhalten wir die explizite Form der Stromlinien zu

x2 =1

karsinh

[sinh k (x20 + h)

sin kx10

sin kx1

]− h .

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28 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

Aufgabe 1.2-11 Anderung materieller Linienelemente bei ei-

ner Couette–Stromung

Gegeben ist das Geschwindigkeitsfeld der Couette–Stromung

u1 =U

hx2 , u2 = u3 = 0 .

a) Wie groß ist die Dehnungsgeschwindigkeit der materiellen Linienelemente dx unddx′ ?

b) Welche Winkelgeschwindigkeiten Dϕ/Dt bzw. Dϕ′/Dt haben diese materiellen Lini-enelemente?

c) Wie groß ist die Geschwindigkeit, mit der sich der rechte Winkel zwischen dx unddx′ andert?

d) Bestimmen Sie den1.) Geschwindigkeitsgradienten ∂ui/∂xj,2.) den Dehnungsgeschwindigkeitstensor eij und3.) den Drehgeschwindigkeitstensor Ωij .

e) Berechnen Sie mit den Tensoren aus d) die Dehnungsgeschwindigkeit der materi-ellen Linienelemente dx und dx′, sowie die Anderungsgeschwindigkeit des rechtenWinkels zwischen ihnen.

Losung

a) Dehnungsgeschwindigkeit der materiellen Linienelemente dx und dx′:

Die Linienelemente liegen in Rich-tung der Koordinatenachsen, also

dx = dse2 ,

dx′ = ds′ e1 .

Das Geschwindigkeitsfeld hangt nur von x2 ab, und nur die x1–Komponente von uist von null verschieden.Die Dehnungsgeschwindigkeit 1/dsD(ds)/Dt entspricht der Komponente der Dif-ferenzgeschwindigkeit du an beiden Endpunkten des Linienelements in Richtungdes Elementes dividiert durch die Elementlange ds. Da u2 = u3 = 0 ist, hat dieDifferenzgeschwindigkeit du ebenfalls nur eine x1–Komponente. Fur das materielleLinienelement dx ist diese

du1 = u1(x2 + ds) − u1(x2) =du1

dx2ds =

U

hds . (1)

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 29

Die Komponente in Richtung des Elementes dx und damit die Dehnungsgeschwin-digkeit von dx ist aber null.Fur das Element dx′ gilt wegen u1 = u1(x2)

du′1 = u1(x2) − u1(x2) = 0 , (2)

d. h. auch hier ist die Dehnungsgeschwindigkeit null.b) Winkelgeschwindigkeit der Elemente:

Die Winkelgeschwindigkeit eines Linienelementes Dϕ/Dt berechnet sich aus derKomponente der Differenzgeschwindigkeit beider Endpunkte senkrecht zum Ele-ment dividiert durch die Lange des Elements.Fur dx also mit (1)

Dt= −du1

ds= −U

h= −γ ,

wobei das Vorzeichen negativ ist, da die Drehung im mathematisch negativen Sinnerfolgt.Fur dx′ folgt aus (2)

Dϕ′

Dt= 0 ,

d. h. dieses Element wird weder gedehnt noch gedreht.c) Anderungsgeschwindigkeit des rechten Winkels zwischen den Linienelementen dx

und dx′:Die Anderungsgeschwindigkeit des rechten Winkels ist die Differenz der beiden Win-kelgeschwindigkeiten, also

Dα12

Dt=

Dt− Dϕ′

Dt= −U

h− 0 = −U

h= −γ .

(Die Indizes sind 1 und 2, weil die Elemente in die x1 und x2–Richtung ausgerichtetsind.)

d) Geschwindigkeitsgradient, Dehnungsgeschwindigkeits- und Drehgeschwindigkeits-tensor:1.) Geschwindigkeitsgradient ∂ui/∂xj:

Bis auf ∂u1/∂x2 = Uh

= γ sind alle Terme null.2.) Dehnungsgeschwindigkeitstensor eij:

Der Dehnungsgeschwindigkeitstensor eij ist der symmetrische Anteil des Ge-schwindigkeitsgradienten ∂ui/∂xj, also

eij =1

2

(∂ui

∂xj+∂uj

∂xi

).

Wir erhalten wegen e12 = e21:

e12 =1

2

(∂u1

∂x2+∂u2

∂x1

)=

1

2γ .

Die anderen Komponenten sind wieder null.

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30 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

3.) Drehgeschwindigkeitstensor Ωij :Der Drehgeschwindigkeitstensor ist der antisymmetrische Anteil von ∂ui/∂xj,also

Ωij =1

2

(∂ui

∂xj− ∂uj

∂xi

),

und daher

Ω12 =1

2

(∂u1

∂x2− ∂u2

∂x1

)=

1

2

∂u1

∂x2=

1

2γ = −Ω21 .

Die anderen Komponenten verschwinden wieder.

e) Dehnungsgeschwindigkeit:Die Dehnungsgeschwindigkeit eines nach l = dx/ds ausgerichteten materiellen Ele-mentes ist

1

ds

D(ds)

Dt= eij li lj .

Die Richtungsvektoren der beiden Elemente sind

dx : l = (0, 1, 0) , dx′ : l ′ = (1, 0, 0) .

Durch Einsetzen der Komponenten von eij, li und lj ergibt sich fur das Element dx

1

ds

D(ds)

Dt= eij li lj = 0

und fur dx′1

ds′D(ds′)

Dt= eij l

′i l

′j = 0 .

In Ubereinstimmung mit dem Ergebnis aus a) erhalten wir also beide Dehnungsge-schwindigkeiten zu null.Bei der Anderungsgeschwindigkeit des rechten Winkels gilt der Zusammenhang

Dα12

Dt= −2 e12 ,

also hier mit e12 = 12γ

Dα12

Dt= −γ ,

was wir auch unter c) erhalten haben.Zusatzbemerkung:Fur die ebene Stromung berechnet sich die einzige nicht verschwindende Kompo-nente der Winkelgeschwindigkeit ω aus ωn = 1

2εijn Ωji zu

ω3 =1

2(ε123 Ω21 + ε213 Ω12) =

1

2

(−1

2γ − 1

2γ)

= −1

2γ .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 31

Aufgabe 1.2-12 Anderung materieller Linienelemente bei ei-

ner dreidimensionalen Stromung

Fur das stationare Geschwindigkeitsfeld in dimensionsloser Form

u = 3x21 x2 e1 + 2x2

2 x3 e2 + x1 x2 x23 e3

berechne man am Punkt P = (1, 1, 1)

a) die Komponenten ∂ui/∂xj des Geschwindigkeitsgradienten,b) die Komponenten der Winkelgeschwindigkeit, mit der sich ein Flussigkeitsteilchen,

das sich in P befindet, dreht,c) die Komponenten eij des Deformationsgeschwindigkeitstensors,d) die Dehnungsgeschwindigkeiten in die x1, x2 und x3-Richtung,e) die Anderung des rechten Winkels zwischen dx1 und dx2 eines materiellen Volumen-

elementes dV = dx1 dx2 dx3 ,f) die Dehnungsgeschwindigkeit eines Flussigkeitselementes in Bahnrichtung,g) die Hauptdehnungsgeschwindigkeiten und die Hauptdehnungsrichtungen.

Losung

a) Geschwindigkeitsgradient:Die Komponenten des Geschwindigkeitsgradienten berechnen sich zu

∂u1

∂x1= 6x1x2 = 6

∂u2

∂x1= 0

∂u3

∂x1= x2x

23 = 1

∂u1

∂x2= 3x2

1 = 3∂u2

∂x2= 4x2x3 = 4

∂u3

∂x2= x1x

23 = 1

∂u1

∂x3= 0

∂u2

∂x3= 2x2

2 = 2∂u3

∂x3= 2x1x2x3 = 2 .

b) Winkelgeschwindigkeit eines Teilchens:Aus

ω =1

2rot u ⇔ ωi =

1

2εijk

∂uk

∂xj

folgt

ω1 = −1

2,

ω2 = −1

2,

ω3 = −3

2.

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32 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

c) Deformationsgeschwindigkeitstensor:

eij =1

2

(∂ui

∂xj+∂uj

∂xi

)⇒

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎪⎩

e11 = 6 e12 = 32

e13 = 12

e21 = 32

e22 = 4 e23 = 32

e31 = 12

e32 = 32

e33 = 2 .

d) Dehnungsgeschwindigkeiten in die Koordinatenrichtungen:Fur ein materielles Linienelement dx mit dem Richtungsvektor l = dx/ds gilt

1

ds

D(ds)

Dt= eij li lj .

Setzt man nacheinander jeweils l = (1, 0, 0), (0, 1, 0), (0, 0, 1), so erhalt man dieDehnungsgeschwindigkeiten in die Koordinatenachsen zu

1

dx1

D(dx1)

Dt= e11 = 6 ,

1

dx2

D(dx2)

Dt= e22 = 4 ,

1

dx3

D(dx3)

Dt= e33 = 2 .

e) Die Anderung des rechten Winkels zwischen dx1 und dx2 ist

D(α12)

Dt= −2 e12 = −3

und es sind

D(α13)

Dt= −2 e13 = −1 sowie

D(α23)

Dt= −2 e23 = −3

die Anderungen der rechten Winkel zwischen dx1 und dx3 bzw. zwischen dx2 unddx3.

f) Dehnungsgeschwindigkeit in Bahnrichtung :Die Dehnung eines Linienelementes in Bahnrichtung erhalt man, indem man in derGleichung

1

ds

D(ds)

Dt= eij lilj

fur den allgemeinen Richtungsvektorl den in Bahnlinienrichtungt einsetzt; letztererist mit

t =u

|u|gegeben, und da u(P = (1, 1, 1)) = (3, 2, 1), d. h. |u| =

√14, ist, ergibt sich mit dem

normierten Richtungsvektor

t1 =1√14

3 ,

t2 =1√14

2 ,

t3 =1√14

1 .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 33

Damit erhalt man fur die Dehnungsgeschwindigkeit

1

ds

D(ds)

Dt= e11 t1 t1 + e12 t1 t2 + e13 t1 t3

+ e21 t2 t1 + e22 t2 t2 + e23 t2 t3

+ e31 t3 t1 + e32 t3 t2 + e33 t3 t3 ,

was sich noch wegen eij = eji zu

1

ds

D(ds)

Dt= e11 t

21 + e22 t

22 + e33 t

23 + 2 (e12 t1 t2 + e13 t1 t3 + e23 t2 t3)

vereinfacht. Im Punkt P = (1, 1, 1) ergibt sich der Zahlenwert

1

ds

D(ds)

Dt= 6

9

14+ 4

4

14+ 2

1

14+

2

14

(3

26 +

1

23 +

3

22)

=99

14.

g) Hauptdehnungsgeschwindigkeiten und Hauptdehnungsrichtungen:Die Berechnung fuhrt auf das Eigenwertproblem

(eij − eδij) lj = 0

mit e als Hauptdehnung (= Eigenwert) und l als Einheitsvektor in die Hauptdehnungs-richtung (= Eigenvektor). Nichttriviale Losungen existieren nur, wenn die Determinanteder Koeffizientenmatrix (eij − eδij) verschwindet, d. h., wenn

det

⎛⎜⎝ e11 − e e12 e13

e21 e22 − e e23

e31 e32 e33 − e

⎞⎟⎠ = 0

erfullt ist. Diese Bedingung fuhrt auf das charakteristische Polynom

−e3 + I1ee2 − I2ee+ I3e = 0 ,

aus dem die drei Eigenwerte berechnet werden konnen. Die Invarianten des Dehnungs-geschwindigkeitstensor sind der Reihe nach

I1e = eii = 6 + 4 + 2 = 12 ,

I2e =1

2(eiiejj − eijeij)

mit

eijeij = e11e11 + e12e12 + e13e13++ e21e21 + e22e22 + e23e23++ e31e31 + e32e32 + e33e33

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34 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

= e211 + e2

22 + e233 + 2 (e2

12 + e213 + e2

23)

= 62 + 42 + 22 + 2

((3

2

)2

+(

1

2

)2

+(

3

2

)2)

= 65, 5

⇒ I2e =1

2(122 − 65, 5) = 39, 25 ,

I3e = det(eij)

⇒ I3e = 6(8 − 9

4

)+

3

2

(3

4− 3

)+

1

2

(9

4− 2

)= 31, 25 .

Die drei Wurzeln des Polynoms dritten Grades berechnen sich, etwa nach dem Newton–Verfahren oder der Cardanischen Formel, zu

e(1) = 1, 180 , e(2) = 3, 741 , e(3) = 7, 079 .

Sie stellen die Hauptdehnungsgeschwindigkeiten dar. Die Komponenten des Dehnungs-geschwindigkeitstensors im Hauptachsensystem haben damit die Form

e′ij =e(i) fur i = j0 fur i = j .

Die Eigenvektoren folgen nun mit den bekannten Eigenwerten aus dem linearen Gleich-ungssystem (eij − eδij) lj = 0. Laut Voraussetzung verschwindet aber die Determinantedes Gleichungssystems, d. h., von den drei Gleichungen sind nur zwei linear unabhangig.Eine eindeutige Losung erhalt man erst mit der Normierungsbedingung

l21 + l22 + l23 = 1 .

Es ist rechentechnisch jedoch oft einfacher, zunachst einen Vektor l′ zu berechnen, dernicht auf Eins normiert ist, und die Normierung erst anschließend vorzunehmen. Wirstreichen die dritte Gleichung oben und setzen l′3 = 1. Aus dem entstehenden Gleich-ungssystem fur den ersten Eigenwert

i = 1 : (6 − 1, 18) l′1 +3

2l′2 +

1

2= 0

i = 2 :3

2l′1 + (4 − 1, 18) l′2 +

3

2= 0

erhalt man mit der Cramer’schen Regel die Losungen:

l′1 = 0, 07406 ,

l′2 = −0, 5713 .

Die Komponenten des nicht normierten Vektors sind also

l′1 = 0, 07406 ,

l′2 = −0, 5713 ,

l′3 = 1 .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 35

Durch Normierung auf 1 erhalt man dann

l(1)1 = 0, 06417 ,

l(1)2 = −0, 4950 ,

l(1)3 = 0, 8665 .

Analog berechnet man die Komponenten des zweiten Eigenvektors mit e = e(2) = 3, 741zu

l(2)1 = −0, 558 ,

l(2)2 = 0, 702 ,

l(2)3 = 0, 442 .

Den dritten Eigenvektor kann man auf demselben Weg berechnen. Eine einfachereMoglichkeit der Berechnung bietet sich jedoch durch Ausnutzung der Tatsache, daßdie Eigenvektoren ein Rechtssystem bilden, namlich

l(3) = l(1) ×l(2) = −⎛⎜⎝ 0, 825

0, 5150, 233

⎞⎟⎠ .

Berechnet man l(3) ebenfalls aus dem Gleichungssystem, so wird durch obige Bedingungdas Vorzeichen von l(3) festgelegt. l(1) gibt die zu e(1) gehorende Richtung an, l(2) die zue(2), und l(3) die zu e(3).

Aufgabe 1.2-13 Bestimmung des Drehgeschwindigkeitsvektors

und Anderung materieller Linienelemente bei

einer ebenen Stromung

Gegeben ist das Geschwindigkeitsfeld:

u1 = −ωhx2 x3 ,

u2 = +ω

hx1 x3 ,

u3 = 0 .

Bestimmen Sie die Komponenten

a) des Tensors des Geschwindigkeitsgradienten,b) des Dehnungsgeschwindigkeitstensors eij und des Drehgeschwindigkeitstensors Ωij

undc) des Drehgeschwindigkeitsvektors ω.

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36 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

Berechnen Sie

d) die Hauptdehnungsgeschwindigkeiten und die Hauptdehnungsrichtungen im PunktP = (2, 2, 2) sowie

e) die Bahnlinie des Teilchens, das sich zum Zeitpunkt t = 0 am Punkt P = (2, 2, 2)befunden hat.

Losung

a) Geschwindigkeitsgradiententensor:

∂u1

∂x1= 0

∂u2

∂x1= x3

ω

h

∂u3

∂x1= 0

∂u1

∂x2= −x3

ω

h

∂u2

∂x2= 0

∂u3

∂x2= 0

∂u1

∂x3= −x2

ω

h

∂u2

∂x3= x1

ω

h

∂u3

∂x3= 0 .

b) Die Komponenten der Tensoren eij und Ωij :

e11 = 0 e12 = 0 e13 = −x2

2ωh

e21 = 0 e22 = 0 e23 = x12

ωh

e31 = −x2

2ωh

e32 = x1

2ωh

e33 = 0 ,

Ω11 = 0 Ω12 = −x3ωh

Ω13 = −x2

2ωh

Ω21 = x3ωh

Ω22 = 0 Ω23 = x1

2ωh

Ω31 = x22

ωh

Ω32 = −x12

ωh

Ω33 = 0 .

c) Die Komponenten des Drehgeschwindigkeitsvektors ω:

ωi =1

2εijk Ωkj .

Komponentenweise

ω1 =1

2(ε123Ω32 + ε132Ω23) = Ω32 = −x1

2

ω

h,

ω2 =1

2(ε231Ω13 + ε213Ω31) = Ω13 = −x2

2

ω

h,

ω3 =1

2(ε312Ω21 + ε321Ω12) = Ω21 = x3

ω

h.

Anm.: Identifiziert man die Komponenten Ωij des Drehgeschwindigkeitstensors mitden Winkelgeschwindigkeitskomponenten, so lassen sich diese auch wie folgt schrei-

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 37

ben:Ω11 = 0 Ω12 = −ω3 Ω13 = ω2

Ω21 = ω3 Ω22 = 0 Ω23 = −ω1

Ω31 = −ω2 Ω32 = ω1 Ω33 = 0 .

Die drei unabhangigen Komponenten des antisymmetrischen Tensors Ωij entspre-chen also den Komponenten von ω.

d) Hauptdehnungen und Hauptdehnungsrichtungen:Zu losen ist das Eigenwertproblem

(eij − e δij) lj = 0 .

Im Punkt P = (2, 2, 2) ist der Dehnungsgeschwindigkeitstensor

e11 = 0 e12 = 0 e13 = −ωh

e21 = 0 e22 = 0 e23 = ωh

e31 = −ωh

e32 = ωh

e33 = 0 .

Seine Eigenwerte berechnen sich (mit e = e hω) aus der Forderung

det(eij − eδij) = det

⎛⎜⎝ −e 0 −10 −e 1

−1 1 −e

⎞⎟⎠ != 0 .

also aus dem charakteristischen Polynom

−e (e2 − 1) − 1 (−e) = 0

⇒ e (e2 − 2) = 0 .

⇒ e = 0 , −√

2 , +√

2

Die drei Eigenwerte sind also mit e = e ωh

durch

e(1) = −√

h, e(2) = 0 , e(3) = +

√2ω

h

gegeben. Die Eigenvektoren (= Hauptdehnungsrichtungen) ergeben sich mit dennun bekannten Eigenwerten aus dem homogenen Gleichungsystem, von dem nurzwei Gleichungen linear unabhangig sind. Wie in Aufgabe 1.2-12 streichen wir ei-ne Gleichung und setzen zunachst l′1 = 1. Dann entsteht das inhomogene, lineareGleichungssystem

i = 2 : −e l′2 + l′3 = 0

i = 3 : l′2 − e l′3 − 1 = 0 ,

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38 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

dessen Losung (z.B. durch Anwendung der Cramer’schen Regel berechnet) lautet

l′2 = − 1

e2 − 1, l′3 = − e

e2 − 1.

Die zu den entsprechenden Eigenwerten gehorigen Eigenvektoren werden nun nach-einander berechnet:

e(1) = −√2

l′2 = −1 , l′3 =√

2

|l′| = 2

e(2) = 0l′2 = 1 , l′3 = 0

|l′| =√

2

e(3) =√

2

l′2 = −1 , l′3 = −√2

|l′| = 2 .

In normierter, den entsprechenden Eigenvektoren zugeordneter Form schreiben wirdafur

l(1) =1

2

⎛⎜⎝ 1−1√

2

⎞⎟⎠ , l(2) =1√2

⎛⎜⎝ 110

⎞⎟⎠ , l(3) = ±1

2

⎛⎜⎝ 1−1−√

2

⎞⎟⎠ .

Das Vorzeichen von l(3) legen wir fest, indem wir fordern, daß l(1), l(2), l(3) einRechtssystem bilden, d. h. l(3) = l(1) ×l(2)

l(1) ×l(2) = det

⎛⎜⎝e(1) e(2) e(3)

12

−12

√2

2√2

2

√2

20

⎞⎟⎠ = e(1)(−1

2

)+ e(2)

(1

2

)+ e(3)

(√2

2

).

Es ist also das negative Vorzeichen zu wahlen und es gilt

l(3)1 = −1

2, l

(3)2 =

1

2, l

(3)3 =

√2

2.

Der Dehnungsgeschwindigkeitstensor hat im Hauptachsensystem die Darstellung

(eij) =

⎛⎜⎝ e(1) 0 00 e(2) 00 0 e(3)

⎞⎟⎠ .

Die Drehmatrix, welche vom alten Koordinatensystem auf das Hauptachsensystemtransformiert, ist

aij = ei · ej′ = ei ·l(j) ,

und daher ist aij die i–te Komponente des j–ten Eigenvektors, also

(aij) =

⎛⎜⎜⎝12

√2

2−1

2

−12

√2

212√

22

0√

22

⎞⎟⎟⎠ .

Die Eigenvektoren bilden mithin die Spalten der Drehmatrix.Anm.: Die Drehmatrix, die auf das Hauptachsensystem transformiert, nennt manauch Modalmatrix.

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 39

e) Bahnlinie durch den Punkt P = (2, 2, 2):Die Differentialgleichungen sind

dx1

dt= −ω

hx2 x3 ,

dx2

dt=

ω

hx1 x3 ,

dx3

dt= 0 oder x3 = const = ξ3 .

Die ersten beiden Gleichungen lauten mit dem Ergebnis der Dritten also

dx1

dt= −ω

hξ3 x2 ,

dx2

dt=

ω

hξ3 x1 .

Die Zeit t taucht nicht explizit auf, d. h. Bahn– und Stromlinien fallen zusammen,und wir konnen beide Gleichungen durcheinander dividieren

dx2

dx1= −x1

x2.

Trennen der Veranderlichen und Integration liefern

x21

2= −x

22

2+C

2⇒ x2

1 + x22 = C .

Die Bahnlinien sind also Kreise in der Ebene x3 = ξ3.Aus der Bedingung x(t = 0) = ξ = (2, 2, 2) ergibt sich C = 8 und wir erhalten

x21 + x2

2 = 8 , x3 = ξ3 = 2 .

Aufgabe 1.2-14 Deformations– und Drehgeschwindigkeitsten-sor bei einer instationaren, ebenen Stromung

Fur das Geschwindigkeitsfeld

u1 = 0 ,

u2 = A(x1x2 − x23)e

−B(t−t0) ,

u3 = A(x22 − x1x3)e

−B(t−t0)

bestimme man die Komponenten

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40 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

a) des Geschwindigkeitsgradienten ∂ui/∂xj,b) des Deformationsgeschwindigkeitstensors eij und des Drehgeschwindigkeitstensors

Ωij

sowie

c) rot u im Punkt P = (1, 0, 3) zur Zeit t = t0.

Losung

a) Geschwindigkeitsgradiententensor:

∂u1

∂x1= 0

∂u2

∂x1= x2A e−B(t−t0)

∂u3

∂x1= −x3A e−B(t−t0)

∂u1

∂x2= 0

∂u2

∂x2= x1A e−B(t−t0)

∂u3

∂x2= 2x2A e−B(t−t0)

∂u1

∂x3= 0

∂u2

∂x3= −2x3A e−B(t−t0)

∂u3

∂x3= −x1A e−B(t−t0) .

b) Deformationsgeschwindigkeitstensor eij, Drehgeschwindigkeitstensor Ωij:

e11 = 0 e12 = x22A e−B(t−t0) e13 = −x3

2A e−B(t−t0)

e21 = x2

2A e−B(t−t0) e22 = x1A e−B(t−t0) e23 = (x2 − x3)A e−B(t−t0)

e31 = −x3

2A e−B(t−t0) e32 = (x2 − x3)A e−B(t−t0) e33 = −x1A e−B(t−t0) ,

Ω11 = 0 Ω12 = −x2

2A e−B(t−t0) Ω13 = x3

2A e−B(t−t0)

Ω21 = x2

2A e−B(t−t0) Ω22 = 0 Ω23 = −(x2 + x3)A e−B(t−t0)

Ω31 = −x3

2A e−B(t−t0) Ω32 = (x2 + x3)A e−B(t−t0) Ω33 = 0 .

c) Aus

rot u =

⎛⎜⎝ 2x2 + 2x3

0 + x3

x2 − 0

⎞⎟⎠Ae−B(t−t0) ,

folgt rot u im Punkt P = (1, 0, 3) zur Zeit t = t0:

rot u =

⎛⎜⎝ 630

⎞⎟⎠A .

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 41

Aufgabe 1.2-15 Zeitliche Anderung der kinetischen Energie

eines Flussigkeitskorpers

Gegeben ist in Zylinderkoordinaten das Geschwindigkeitsfeld einer ebenen Stromungkonstanter Dichte

ur =A

r, uϕ = uz = 0 (A=const) .

Es wird nun der Teil der Flussigkeit betrachtet, der sich zum Zeitpunkt t = 0 zwischenden beiden konzentrischen Zylinderflachen r = a und r = b (b > a) mit 0 ≤ z ≤ Lbefindet.

Berechnen Sie

a) die Bahnlinie der Teilchen, die sich fur t = 0 auf der inneren bzw. außeren Zylin-derflache befanden. Welches Aussehen hat das betrachtete materielle Volumen zumZeitpunkt t ?

b) die kinetische Energie

K(t) =∫∫(V (t))

2u2 dV

und den ImpulsI(t) =

∫∫(V (t))

∫ u dV

der betrachteten Flussigkeit zu einem beliebigen Zeitpunkt t, sowie deren zeitlicheAnderung DK/Dt bzw. DI/Dt.

c) DK/Dt unter Anwendung des Reynolds’schen Transporttheorems.d) Geben Sie die Bewegung in materiellen Koordinaten an und berechnen Sie DK/Dt

durch Rucktransformation auf das von der Flussigkeit zur Zeit t = 0 eingenommeneGebiet V0.

Losung

a) BahnlinienDie Differentialgleichungen zur Berechnung der Bahnlinien in Zylinderkoordinatenlauten allgemein (Aufgabe 1.2-9)

dr

dt= ur , r

dt= uϕ ,

dz

dt= uz ,

hier alsodr

dt=A

r, r

dt= 0 ,

dz

dt= 0 .

Diese drei Gleichungen sind entkoppelt und konnen nacheinander gelost werden:∫r dr =

∫Adt ⇔ r2

2= At+ C1 ,

∫dϕ = 0 ⇔ ϕ = C2 ,

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42 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

∫dz = 0 ⇔ z = C3 .

Fur ein Teilchen, das fur t = 0 auf dem inneren Zylinder war (r = a), sind dieIntegrationskonstanten

C1 =a2

2, C2 = ϕ(t = 0) , C3 = z(t = 0) ,

und seine Bahnlinie ist

r2(t) = a2 + 2A t , ϕ = ϕ(t = 0) , z = z(t = 0) .

Entsprechend erhalt man fur ein Teilchen, das fur t = 0 auf dem außeren Zylinder(r = b) war,

r2(t) = b2 + 2A t , ϕ, z = const .

Die Grenzen des materiellen Volumens verschieben sich also, diese Bahngleichungenbezeichnen wir mit

R2I(t) = a2 + 2A t fur den inneren Rand,

R2A(t) = b2 + 2A t fur den außeren Rand.

Nebenstehende Skizze zeigt dasvon der Flussigkeit eingenomme-ne materielle Volumen zur Zeitt = 0, bezeichnet mit V0, und dasmaterielle Volumen zu beliebigerZeit, bezeichnet mit V (t).

b) Berechnung der kinetischen Energie K(t), des Impulses I(t) und deren zeitlicheAnderungen DK/Dt und DI/Dt:

K(t) =∫∫(V (t))

2u2 dV =

∫∫(V (t))

2(u2

r + u2ϕ + u2

z) dV =∫ ∫(V (t))

2u2

r dV

⇒ K(t) =

2π∫0

L∫0

RA(t)∫RI(t)

2A2 1

r2r dr dz dϕ

⇒ K(t) = π A2 L ln

(b2 + 2At

a2 + 2At

) 12

.

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1.2 Kinematik der Flussigkeiten 43

DK

Dt=

d

dt

2 A2 L ln

(b2 + 2At

a2 + 2At

)]

⇒ DK

Dt= −π A3 L

(1

R2I(t)

− 1

R2A(t)

).

Fur den Impuls erhalten wir

I(t) =∫∫(V (t))

∫ u dV =

2π∫0

L∫0

RA(t)∫RI (t)

A

rer r dr dz dϕ

= AL (RA(t) − RI(t))

2π∫0

er dϕ

⇒ I(t) = 0

(was aus Symmetriegrunden einsichtig ist) und somit auch DI/Dt = 0.c) Berechnung von DK/Dt unter Verwendung des Reynolds’schen Transporttheorems

Die Form (S. L. (1.96)) des Reynolds’schen Transporttheorems fuhrt auf die Glei-chung

DK

Dt=

∂t

∫ ∫(V )

2u2 dV +

∫(S)

2u2 u · n dS .

Da die Stromung stationar ist, verschwindet das Volumenintegral auf der rechtenSeite.

Fur das abgebildete Kontrollvo-lumen ergibt sich damit

DK

Dt=

∫(S)

2u2 u · n dS

⇒ DK

Dt=

∫SI

2u2

r u · n dS +∫SA

2u2

r u · n dS +∫SD

2u2

r u · n dS

= −∫SI

2u3

r dS +∫SA

2u3

r dS

= −∫SI

2

A3

r3dS +

∫SA

2

A3

r3dS

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44 1 Kontinuumsbegriff und Kinematik

= − 2

A3

R3I

2π RIL +

2

A3

R3A

2π RAL

⇒ DK

Dt= −π A3 L

(1

R2I

− 1

R2A

).

Mit RI = RI(t) und RA = RA(t) gemaß Aufgabenteil a) entspricht dieses Ergebniswieder dem aus Teil b) !

d) Bezeichnen wir mit (ρ, φ, ζ) die materiellen (r, ϕ, z)–Koordinaten, so lautet dieBewegung in materieller Beschreibungsweise

r(t) =√ρ2 + 2A t , ϕ = φ , z = ζ .

Mit der Funktionaldeterminante dieser Bewegung

∂(r, ϕ, z)

∂(ρ, φ, ζ)=

ρ√ρ2 + 2A t

kann die Integration uber das Volumen V (t) auf das Integral uber V0 zurucktrans-formiert werden

DK

Dt=

D

Dt

2π∫0

L∫0

√b2+2 A t∫

√a2+2 A t

2

A2

r2r dr dz dϕ

=D

Dt

2π∫0

L∫0

b∫a

2

A2

ρ2 + 2A t

√ρ2 + 2A t

ρ√ρ2 + 2A t

dρdζ dφ ,

hier kann nun der Operator D/Dt ins Integral gezogen werden, weil V0 zeitlichunabhangig ist. Es entsteht

DK

Dt= π LA2

b∫a

D

Dt

ρ

ρ2 + 2A tdρ

= −π LA2

b∫a

[ρ 2A

(ρ2 + 2A t)2

]dρ

= π LA3

[1

ρ2 + 2A t

]b

a

DK

Dt= −π A3 L

(1

R2I(t)

− 1

R2A(t)

)

damit haben wir wieder das Ergebnis aus Aufgabenteil b) erhalten.

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2 Grundgleichungen derKontinuumsmechanik

2.1 Erhaltungssatz der Masse

Aufgabe 2.1-1 Eindimensionale, instationare Stromung mit

gegebenem Dichtefeld

Die Geschwindigkeitsverteilung einer eindimensionalen, instationaren Stromung

u =2

γ + 1

(x

t− a0

)und das Dichtefeld

0=

(γ − 1

γ + 1

x

t

1

a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

sind gegeben.

a) Man berechne die substantielle Anderung der Dichte.b) Uberprufen Sie die Gultigkeit der Kontinuitatsgleichung

D

Dt+

∂u

∂x= 0

fur dieses Stromungsfeld!c) Welche Anderung der Dichte empfindet ein Schwimmer, der mit c = u + a oder

c = u− a durch das Stromungsfeld schwimmt? Verwenden Sie die Beziehung

a

a0=

(

0

) γ−12

.

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46 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Losung

a) Die substantielle Anderung der Dichte erhalt man zu

D

Dt=

∂t+ u

∂x

=2 0

γ − 1

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

−1 (−γ − 1

γ + 1

x

a0

1

t2

)

+2

γ + 1

(x

t− a0

)2 0

γ − 1

(γ − 1

γ + 1

x

ta0+

2

γ + 1

) 2γ−1

−1 (γ − 1

γ + 1

1

t a0

)

= − 2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

.

b) Uberprufung der Kontinuitatsgleichung:Der zweite Term der Kontinuitatsgleichung muß noch berechnet werden. Man erhaltdurch Differenzieren

∂u

∂x= 0

(γ − 1

γ + 1

x

t

1

a0+

2

γ + 1

) 2γ−1 2

γ + 1

1

t.

Eingesetzt in die Kontinuitatsgleichung ergibt sich

D

Dt+

∂u

∂x= − 2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

+2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

,

⇒ D

Dt+

∂u

∂x= 0 .

c) Anderung der Dichte im bewegten System:Fur die Dichteanderung, die der Schwimmer empfindet, gilt

d

dt=∂

∂t+ c

∂x.

Mit c = u± a erhalt man die Beziehung

d

dt=∂

∂t+ u

∂x± a

∂x=

D

Dt± a

∂x.

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 47

Setzt man fur die substantielle Anderung der Dichte das Ergebnis aus a) ein, laßtsich folgender Ausdruck finden

d

dt= − 2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

± a0

(γ − 1

γ + 1

x

t

1

a0+

2

γ + 1

)

2 0

γ − 1

(γ − 1

γ + 1

x

t

1

a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

−1 (γ − 1

γ + 1

1

t a0

)

= − 2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

± 2 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t

1

a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

.

Der Schwimmer erfahrt also je nach Geschwindigkeit folgende Dichteanderung

fur c = u+ a:d

dt= 0 ,

fur c = u− a:d

dt= − 4 0

t (γ + 1)

(γ − 1

γ + 1

x

t a0+

2

γ + 1

) 2γ−1

.

Aufgabe 2.1-2 Ebene, stationare Stromung mit gegebenemDichtefeld

Das Dichtefeld einer ebenen stationaren Stromung ist gegeben mit

(xi) = k x1 x2 , k = const .

a) Fur welches Geschwindigkeitsfeld ist die Stromung inkompressibel?b) Wie lauten die Gleichungen der Bahnlinien?

Losung

a) Ist die Stromung inkompressibel, so andert sich die Dichte eines materiellen Teilchensim Laufe seiner Bewegung nicht. Aus Gleichung (S. L. (2.4))

D

Dt=∂

∂t+ ui

∂xi= 0

erhalten wir zunachst das Verhaltnis der Geschwindigkeitskomponenten zu

u2 = −x2

x1u1 , (1)

da die Dichte keine Funktion der Zeit t ist. Die Kontinuitatsgleichung fur inkom-pressible Stromungen (S. L. (2.5))

∂u1

∂x1+∂u2

∂x2= 0

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48 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

fuhrt uns auf die partielle Differentialgleichung erster Ordnung

∂u1

∂x1− x2

x1

∂u1

∂x2=u1

x1(2)

fur die Geschwindigkeitskomponente u1. Wir fuhren den Parameter s ein und schrei-ben die gesuchte Losung in der Form u1(s) = u1(x1(s), x2(s)). Die Ableitung dieserForm

du1

ds=∂u1

∂x1

dx1

ds+∂u1

∂x2

dx2

ds

und der Vergleich mit (2) liefert ein System von gewohnlichen Differentialgleichungen

dx1

ds= 1 , (3)

dx2

ds= −x2

x1,

du1

ds=

u1

x1. (4)

Mit den Gleichungen (3) und (4) erhalten wir die Gleichung

du1

dx1=u1

x1

mit der Losung (C bezeichnet die Integrationskonstante)

u1 = C x1 .

Mit (1) ist nun auch u2 bekannt:

u2 = −C x2 .

b) Aus den Differentialgleichungen fur die Bahnlinien

dx1

dt= C x1 ,

dx2

dt= −C x2

erhalten wirdx2

dx1= −x2

x1.

Trennung der Veranderlichen und anschließende Integration ergibt die Gleichung derBahnlinien mit der Integrationskonstanten C

x1 x2 = C = const .

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 49

Dies ist die Gleichung fur eine Schar von Hyperbeln.Es liegt eine Staupunktstromung vor. Entlang einerBahnlinie andert sich die Dichte eines Teilchens nicht

= k x1 x2 = k C ,

doch ist die Dichte auf jeder Bahnlinie unterschied-lich, da C fur jede Bahnlinie verschieden ist.

Aufgabe 2.1-3 Ausflußgeschwindigkeit aus einem Behalter

In den skizzierten Behalter fließen durchkreisformige Leitungen zwei Massen-strome zu und einer ab. Die Stromung inden Leitungen ist stationar, die Dichte ist konstant. In den kurzen Rohren istdie Geschwindigkeit an den Stellen [A]und [C ] uber den Querschnitt konstant.In der langen Zuleitung hat sich an derStelle [B] ein parabolisches Geschwin-digkeitsprofil ausgebildet.

Bekannt sind die Radien der Rohrleitun-gen RA, RB , RC und die Geschwindig-keitenuA, uB = UB max(1 − (r/RB)2).

Wie groß ist die Geschwindigkeit uC?

Losung

Die Geschwindigkeit uC laßt sich aus der Kontinuitatsgleichung ermitteln, die in inte-graler Form lautet (S. L. (2.7))

∂t

∫ ∫(V )

∫ dV = −

∫(S)

∫ u · n dS .

Die Integrale darin sind uber die Grenzen eines festen Kontrollvolumens auszuwerten.Fur die vorliegende stationare Stromung sind die Ableitungen ∂/∂t = 0. Ferner ist hierdie Dichte konstant, kann also vor das rechte Integral gezogen werden. Man erhalt∫

(S)

∫u · n dS = 0 .

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50 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Wir spalten die Oberflache S des Kontrollvo-lumens in die skizzierten Teilflachen auf undschreiben

∫SA

∫u · n dS +

∫SB

∫u · n dS+

+∫SC

∫u · n dS +

∫SW

∫u · n dS = 0 .

⇒ −uA

∫SA

∫dS−

∫SB

∫uB(r) dS+uC

∫SC

∫dS = 0 .

An der Wand SW verschwindet das Oberflachenintegral, weil dort das Skalarproduktu · n = 0 ist. Das zweite Integral werten wir getrennt aus∫

SB

∫uB(r) dS =

2π∫0

RB∫0

UBmax

[1 −

(r

RB

)2]r dr dϕ

= 2π UBmax R2B

1∫0

[1 −

(r

RB

)2]

r

RBd(r

RB

)

= 2π UBmax R2B

[1

2

(r

RB

)2

− 1

4

(r

RB

)4]1

0

=UBmax

2π R2

B .

Damit lautet die Kontinuitatsgleichung

−uA πR2A − UBmax

2π R2

B + uC π R2C = 0 .

Durch Umstellen folgt schließlich

uC = uA

(RA

RC

)2

+UBmax

2

(RB

RC

)2

.

Aufgabe 2.1-4 Zu–, bzw. abgefuhrter Massenstrom in einem

Kanal

Ein kreiszylindrischer Kanal mit Radius R wird stationar durchstromt. An der Ein-trittsflache A1 herrscht eine konstante Geschwindigkeit u = U0.

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 51

Die Dichte sei uber dieQuerschnitte A1, A2, A3 je-weils konstant. Im Kanal wirddie Stromung durch ein lan-ges konzentrisches Rohr mitvernachlassigbarer Wandstar-ke aufgeteilt in einen Kern(AustrittsflacheA2) und einenaußeren ringformigen Strahl(Austrittsflache A3).

Am Austrittsquerschnitt A2

liegt das Geschwindigkeitsprofil

u

U2max

= 1 −(

2r

R

)2

vor. Der ringformige Austrittsstrahl A3 besitzt die Geschwindigkeitsverteilung

u(r) =U0

2

[1 −

(2r

R

)2

+3

ln2ln

(2r

R

)].

Welcher Massenstrom mab wird innerhalb des Kanals zu– oder abgefuhrt?

Geg.: U0, R, |A1 = |A3 = 0, |A2 = 0/2, U2max = 2, 5U0

Losung

Wir wenden die Kontinuitatsgleichung(S. L. (2.8)) fur stationare Stromung aufnebenstehendes Kontrollvolumen an underhalten

∫A1

∫ u · n dS +

∫SW

∫ u · n dS +

∫A2

∫ u · n dS +

∫A3

∫ u · n dS + mab = 0 . (1)

Die Auswertung des Integrals uber SW ergibt null, wegen u · n = 0. Fur die anderenIntegrale erhalt man bzgl. der Eintrittsflache A1

∫A1

∫ u · n dS = −

∫A1

∫ 0 U0 dS = − 0 U0 π R

2 ,

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52 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

bzgl. der kreisformigen Austrittsflache A2∫A2

∫ u · n dS =

∫A2

∫1

2 0 U2max

[1 −

(2r

R

)2]

dS

=1

2 0 2, 5U02π

R/2∫0

[1 −

(2r

R

)2]r dr

=5

32 0 U0 π R

2 ,

und bzgl. der ringformigen Austrittsflache A3

∫A3

∫ u · n dS =

0

2U0

2π∫0

R∫R/2

[1 −

(2r

R

)2

+3

ln 2ln

(2r

R

)]r dr dϕ ,

die Substitution r = 2r/R ergibt

∫A3

∫ u · n dS = π 0 U0

R2

4

2∫1

[1 − r2 +

3

ln 2ln r

]r dr

= 0 U0 π3R2

4

1

4

(5 − 3

ln 2

).

= 0, 126 0 U0 πR2 .

Eingesetzt in Gleichung (1) fuhrt dies auf

mab = 0, 718 0 U0πR2 .

Aufgabe 2.1-5 Quetschstromung

Die obere Wand eines mit Flussigkeit kon-stanter Dichte gefullten ebenen Spaltes (LangeL, Spalthohe h(t)) bewegt sich mit der Ge-schwindigkeit V0 nach unten. Der Geschwin-digkeitsverlauf an den Austrittsflachen ist

u(y) = 4U0

⎧⎨⎩ y

h(t)−

(y

h(t)

)2⎫⎬⎭ .

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 53

a) Wie lautet die Funktion der Spalthohe, wenn h(t = 0) = h0 ist ?b) Berechnen Sie die maximale Geschwindigkeit U0 an den Austrittsflachen.

Geg.: V0, h0, L,

Losung

a) Spalthohe h(t): Die Funktion der Spalthohe erhalt man durch Integration zu

dh

dt= −V0 ⇒ h(t) = −V0 t+ h0 .

b) Maximale Geschwindigkeit U0 an den Austrittsflachen:Diese folgt aus der Kontinuitatsglei-chung, die in integraler Form (S. L. ((2.7))

∂t

∫ ∫(V )

∫ dV = −

∫(S)

∫ u · n dS

lautet, wobei die Integrale uber das skiz-zierte feste Kontrollvolumen, das zumbetrachteten Zeitpunkt mit dem mate-

riellen Volumen zusammenfallt, auszuwerten sind.Da der Integrationsbereich fest ist, kann mit der Beziehung = const fur das ersteIntegral geschrieben werden

∂t

∫ ∫(V )

∫ dV =

∫ ∫(V )

∫∂

∂tdV = 0 .

Die konstante Dichte kann vor das zweite Integral gezogen werden und dieses invier Teilintegrale aufgespalten werden

∫So

∫u · n dS +

∫Su

∫u · n dS +

∫SL

∫u · n dS +

∫SR

∫u · n dS = 0 .

Auf der Flache S0 (obere Wand) gilt aus kinematischen Grunden (Die Normalkom-ponente der Flussigkeitsgeschwindigkeit muß gleich der Wandgeschwindigkeit sein)

u · n = uWand · n = −V0 ,

so daß das erste Integral

∫So

∫u · n dS = −V0

∫So

∫dS = −V0B L

lautet. Die Erstreckung der Platte in Tiefenrichtung wird mit B bezeichnet. Auf derFlache Su (untere Wand) ist, ebenfalls aus kinematischen Grunden, u · n = 0. Auf

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54 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

den Flachen SL und SR ist u · n = u(y), so daß die Kontinuitatsgleichung lautet:

−V0B L +∫SL

∫u(y) dS +

∫SR

∫u(y) dS = 0

⇒ V0 L = 2

h(t)∫0

4U0

[y

h−

(y

h

)2]

dy

= 8U0

[1

2

y2

h− 1

3

y3

h2

]h(t)

0

=4

3U0 h(t) .

Durch Umstellen erhalt man die gesuchte Geschwindigkeit

U0 =3

4

L

h(t)V0 =

3

4

LV0

h0 − V0 t.

D. h. die Geschwindigkeit U0 wird unendlich groß, wenn die Filmhohe h(t) null wird.In Wirklichkeit kann man die obere Platte nicht mit konstanter Geschwindigkeit V0

auf die untere Platte drucken!

Aufgabe 2.1-6 Bewegter Kolben

Ein Kolben bewegt sich in einem mit Ol gefullten Zylindermit der Geschwindigkeit VK nach unten. Die Geschwindig-keitsverteilungw(r), mit der das Ol die Kolbenbohrung ander Oberkante verlaßt, ist relativ zum Kolben gemessen:

w(r) = W0

1 −

(r

r0

)2.

Bestimmen Sie die Maximalgeschwindigkeit W0 mit Hilfe

a) eines kolbenfesten,b) eines ortsfesten Koordinatensystems.

Geg.: r0, R, VK , = const

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 55

Losung

a) Das kolbenfeste Koordinatensystem:Im kolbenfesten Koordinatensystem bewegt sich die untere Zylinderwand mit VK

nach oben. Mit = const lautet die Kontinuitatsgleichung fur ein in diesem relativenKoordinatensystem festes Kontrollvolumen

∫(S)

∫w · n dS = 0 .

Der Rand des Kontrollvolumens wird zweckmaßi-gerweise in drei Bereiche eingeteilt.

⇒∫SW

∫w · n dS +

∫Su

∫w · n dS +

∫So

∫w · n dS = 0 .

Auf der unteren Wand Su, deren Geschwindigkeit wW = −VKn ist, gilt aus kinema-tischen Grunden

w · n = wW · n = −VK ,

wahrend w · n auf allen in diesem Koordinatensystem festen Wanden verschwindet.Es entsteht die Gleichung

−VK

∫Su

∫dS +

∫So

∫w(r) dS = 0

beziehungsweise

VK π R2 = 2π

r0∫0

W0

(1 −

[r

r0

]2)r dr .

Mit der Substitution

ξ =(r

r0

)2

⇒ dξ = 2r

r20

dr ⇒ dr =r20 dξ

2r

folgt

r0∫0

w(r) r dr =

1∫0

W0 (1 − ξ) rr20 dξ

2r=W0

2r20

1∫0

(1 − ξ) dξ =W0

4r20

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56 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

und damit

VK π R2 = π r20

W0

2

⇒ W0 = 2VK

(R

r0

)2

.

b) Das ortsfeste Koordinatensystem:In diesem Koordinatensystem lautet die Kon-tinuitatsgleichung∫

SW

∫c · n dS +

∫SK

∫c · n dS +

∫So

∫c · n dS = 0 .

Auf festen Wanden SW verschwindet wiederc · n. Auf der Kolbenoberflache SK gilt wiederaus kinematischen Grunden

c · n = cW · n ,bzw. mit cW = −VK ez

c · n = −VK ez · n .Damit lautet das Integral uber SK∫

SK

∫c · n dS =

∫SK

∫−VK ez · n dS .

ez ·ndS ist der Bildwurf des Flachenelementes dS in die z–Richtung, also ez ·n dS =±dAz. Das Vorzeichen wird hier dadurch geregelt, ob n und ez einen spitzen (+)oder stumpfen Winkel (−) einschließen. Auf SK ist sign (ez ·n) ≥ 0 (spitzer Winkel),d. h., es ist das positive Vorzeichen zu wahlen. Man wertet aus:∫

SK

∫c · n dS = −VK

∫SK

∫r dr dϕ = −VK π (R2 − r2

0) .

Im ortsfesten Koordinatensystem ist die Absolutgeschwindigkeit am Olaustrittc = w − VK , also

c(r) = W0

[1 −

(r

r0

)2]− VK ,

so daß das Integral uber So lautet

∫So

∫c · n dS = 2π

r0∫0

W0

[1 −

(r

r0

)2]− VK

r dr = π r2

0

(W0

2− VK

).

Die Kontinuitatsgleichung liefert nun wieder das Ergebnis

−VK π (R2 − r20) + π r2

0 (W0

2− VK) = 0 ,

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 57

oder

VK π R2 = π r20

W0

2

⇒ W0 = 2VK

(R

r0

)2

,

was mit dem Ergebnis aus a) ubereinstimmt.

Aufgabe 2.1-7 Stromung in einem von zwei Platten gebildeten

Winkel

Zwischen zwei Platten der Lange L befindet sich Flussigkeit mit konstanter Dichte .Beide Platten werden symmetrisch zur x–Achse mit konstanter WinkelgeschwindigkeitΩ aufeinander zugedreht, so daß die Flussigkeit herausgedruckt wird. Bezuglich derz–Achse sind die Platten unendlich weit ausgedehnt, das Problem kann als eben be-trachtet werden.

Von dem Geschwindigkeitsfeld in Polarkoordinaten

u(r, ϕ) = ur(r, ϕ)er + uϕ(r, ϕ)eϕ

ist die Komponente

ur(r, ϕ) = f(r) cos(π

2αϕ)

mit noch unbekannter Funktion f(r) gegeben.

a) Man bestimme die Wandgeschwindigkeit u(r) = uW (r)eϕ fur beide Platten.b) Mit der Integralform der Kontinuitatsgleichung ist die Funktion f(r) fur 0 ≤ r ≤ L

zu ermitteln.c) Aus der differentiellen Form berechne man uϕ(r, ϕ) unter Berucksichtigung der

Randbedingung fur ϕ = ±α.

Geg.: L, α, Ω

Losung

a) WandgeschwindigkeitDie Platten drehen sich mit der Winkelgeschwindigkeit Ω auf die x–Achse zu. Dahererhalt man die Wandgeschwindigkeit in Polarkoordinaten

fur die obere Platte u(r) = −Ω r eϕ ,

fur die untere Platte u(r) = Ω r eϕ .

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58 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

b) Bestimmung der Funktion f(r)Die Integralform der Kontinuitatsgleichung lautet∫ ∫

(V )

∫∂

∂tdV = −

∫(S)

∫ u · n dS . (1)

Die Integrale sind uber das skizzierte Kon-trollvolumen, das zum betrachteten Zeit-punkt mit dem materiellen Volumen zu-sammenfallt, auszuwerten. Die Platten druckenuber die Flachen S1 und S3 Flussigkeit indas Kontrollvolumen hinein. Fur die linkeSeite von (1) schreibt man wegen

= const ⇒∫ ∫(V )

∫∂

∂tdV = 0 .

Das Oberflachenintegral ist fur die Beran-dungen des Kontrollvolumens getrennt zu ermitteln∫

(S1)

∫ u · n dS +

∫(S2)

∫ u · n dS +

∫(S3)

∫ u · n dS = 0 .

Auf den Flachen S1 und S3, die auf den Platten liegen, muß die Normalkomponenteu · n der Stromungsgeschwindigkeit gleich der Normalkomponente der Plattenge-schwindigkeit sein, da die Platten nicht durchstromt werden konnen (kinematischeRandbedingung). Somit ergibt sich

b∫0

r∫0

−Ω r dr dz +

b∫0

α∫−α

f(r) cos(π

2αϕ)r dϕdz +

b∫0

r∫0

−Ω r dr dz = 0 .

Die Integration∫ b0 steht fur die Tiefeneinheit und kann aus der Gleichung gekurzt

werden, da die Platten in dieser Richtung unendlich weit ausgedehnt sind. Manerhalt

−Ω r2 + rf(r)2α

π

[sin

2αϕ)]α

−α= 0

und daher das Ergebnis

f(r) =π

4αΩ r .

Die radiale Komponente der Stromungsgeschwindigkeit lautet dann

ur(r, ϕ) =π

4αΩ r cos

2αϕ).

c) Berechnung von uϕ(r, ϕ)Die Kontinuitatsgleichung in differentieller Form lautet fur ein ebenes Problem inPolarkoordinaten (S. L. Anhang B.2)

∂(rur)

∂r+∂uϕ

∂ϕ= 0 .

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 59

Setzt man das Ergebnis aus a) ein, ergibt sich die Beziehung

∂uϕ

∂ϕ= − π

2αΩ r cos

2αϕ)

und aufgelost

uϕ(r, ϕ) = −Ω r sin(π

2αϕ)

+ C(r) .

Die Integrationskonstante folgt aus der Bedingung der symmetrischen Stromungbezuglich der x–Achse. uϕ ist eine ungerade Funktion

uϕ(r, ϕ) = −uϕ(r,−ϕ) ,

und damit gilt

C(r) ≡ 0 ⇒ uϕ(r, ϕ) = −Ω r sin(π

2αϕ).

Aufgabe 2.1-8 Oszillierendes Gleitlager

e(t)

h= ε cosωt

Die Skizze zeigt ein oszillierendes Gleitlager (e = e(t)), dessen Zapfen (Radius R)mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotiert. Die Lagerbreite in axialer Richtung seiunbeschrankt. Ist h/R 1, kann der Spaltverlauf h(x1, t) in x1–Richtung abgewickeltwerden und folgende Annahme getroffen werden

h(x1, t)

h= 1 + ε cosωt cos

x1

R.

Die Dichte der Flussigkeit sei konstant. Der zeitliche Verlauf des Volumenstroms proBreiteneinheit V (0, t) an der Stelle x1 = 0 ist bekannt.

Berechnen Sie den Volumenstrom/Breiteneinheit V (x10, t) als Funktion der Zeit an derStelle x10.

Geg.: V (0, t), ε, ω, R, h

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60 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Losung

Zur Berechnung von V (x10, t) wird die Kontinuitatsgleichung in integraler Form∫ ∫(V )

∫∂

∂tdV = −

∫(S)

∫ u · n dS (1)

auf das skizzierte feste Kontrollvolumen angewendet.

Die linke Seite von (1) verschwindet,da = const ist und uber ein festesKontrollvolumen zu integrieren ist. Manerhalt dann∫

(S)

∫u · n dS = 0 . (2)

Die Volumenstrome uber die Berandungen S1 und S2 sind∫S1

∫u · n dS = −b V (0, t)

und ∫S2

∫u · n dS = b V (x10, t) .

Das Integral uber S3 verschwindet, da die Schale feststeht und der Durchfluß durchdiese Wand naturlich null ist.

Die Integration uber S4 liefert da-gegen einen Beitrag, da sich derZapfen bewegt. Die Geschwindig-keit, mit der S4 durchstromt wird,laßt sich aus der Tatsache bestim-men, daß die Normalkomponenteder Geschwindigkeit der Flussig-keitsteilchen an der Wand mit derNormalkomponente der Wandge-schwindigkeit des Zapfens uber-einstimmt.

Wegen h/R 1 gilt

tanα =∂h

∂x1

= −ε hR

cosωt sinx1

R 1 .

Aus dem gleichen Grund ist aber auch

n1 = n · e1 = sinα 1

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 61

und kann deshalb gegen n2 vernachlassigt werden. Daher ist die Normalkomponenteder Wandgeschwindigkeit

uw · n = uw1 e1 · n+ uw2 e2 · n ≈ uw2 e2 · n

und mit uw2 = ∂h/∂t folgt∫S4

∫u · n dS =

∫S4

∫uw · n dS ≈

∫S4

∫ ∂h

∂te2 · n dS .

Der Ausdruck e2 ·ndS ist der Bildwurf von dS in e2–Richtung, also gleich dx1 dx3, also

∫(S4)

∫u · n dS ≈ b

x10∫0

∂h

∂tdx1 = −b hω ε sinωt

x10∫0

cosx1

Rdx1

und ∫(S4)

∫u · n dS ≈ −bR hω ε sinωt sin x10

R.

Man berechnet schließlich durch Einsetzen in (2)

V (x10, t) = Rhω ε sinωt sinx10

R+ V (0, t) .

Aufgabe 2.1-9 Verdrangungswirkung einer Grenzschicht

Eine ebene Platte (Breite b, Lange L) wird in Langsrichtung mit der konstanten Ge-schwindigkeit U0 angestromt. Die Stromung ist inkompressibel und stationar. Infolgeder Reibung an der Platte bildet sich eine Grenzschicht mit der Dicke δ(x1) aus. Au-ßerhalb dieser Schicht ist die Geschwindigkeit u1 = U0 = const. Es wird angenommen,daß sich die Geschwindigkeit innerhalb der Grenzschicht wie eine Sinusfunktion verhaltund an der Wand null wird.

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62 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

a) Welcher Massenstrom tritt durch die Flache BC des skizzierten Kontrollvolumens?b) Berechnen Sie das Geschwindigkeitsfeld ui(xj).c) Berechnen Sie den Massenstrom durch die Flache BC mit Hilfe von u2(x1, x2 = δ).

Geg.: δ = δ(x1), δL = δ(x1 = L), u1/U0 =

sin

(12πx2/δ

)fur 0 ≤ x2/δ(x1) ≤ 1

1 fur x2/δ(x1) > 1

Losung

a) Der Massenstrom durch die Flache BC:

Die Integralform der Kontinuitatsgleichung liefert fur das skizzierte Kontrollvolu-men: ∫

AB

∫ u · n dS +

∫BC

∫ u · n dS +

∫CD

∫ u · n dS +

∫AD

∫ u · n dS = 0 . (1)

Bezeichnet man den Massenstrom durch die Flache BC mit mBC∫BC

∫ u · n dS = mBC

und berechnet die Oberflachenintegrale∫AB

∫ u · n dS = − b δL U0 ,

∫CD

∫ u · n dS = b

δL∫0

U0 sin(π

2

x2

δL

)dx2

= bU02δL

π

[− cos

2

x2

δL

)]δL

0

=2

π b δL U0

∫AD

∫ u · n dS = 0 ,

so entsteht aus (1)

− b δL U0 + mBC +2

π b δL U0 = 0

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 63

⇒ mBC = b δL U0

(1 − 2

π

).

b) Geschwindigkeitsfeld:Zur Berechnung von u2(x) bei gegebenem u1 benutzen wir die Kontinuitatsgleichungin differentieller Form (S. L. (2.3a)):

D

Dt+

∂ui

∂xi= 0 .

Da die Stromung inkompressibel ist, folgt fur den hier vorliegenden ebenen Fall(∂/∂x3 = 0):

∂u1

∂x1+∂u2

∂x2= 0 ⇒ u2 =

x2∫0

−∂u1

∂x1dx2 + f(x1) . (2)

Die auftretende Integrationskonstante kann eine Funktion von x1 sein, die sich aberaus der Randbedingung

u2(x = 0) = 0

zu Null ergibt. Es ist weiterhin

∂u1

∂x1=

⎧⎪⎨⎪⎩−π2 U0

x2

δ2 δ′ cos

(π2x2δ

)fur x2 ≤ δ(x1) ,

0 fur x2 ≥ δ(x1) ,

so daß aus (2) fur x2 ≤ δ(x1) folgt:

u2(x1, x2) =

x2∫0

π

2U0

x2

δ2δ′ cos

2

x2

δ

)dx2

⇒ u2(x1, x2) = U0 δ′− 2

π

[1 − cos

2

x2

δ

)]+x2

δsin

2

x2

δ

)

und fur den Rand der Grenzschicht x2 = δ(x1):

u2(x1, x2) = U0 δ′(x1)

(1 − 2

π

). (3)

c) Der Massenstrom durch die Flache BC mit Hilfe von u2(x1, x2 = δ):

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64 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Wir wenden die Kontinuitatsgleichung (stationar, d. h. ∂/∂t = 0) auf das skizzierteKontrollvolumen an: ∫

(S)

∫ u · n dS = 0

⇒∫AB

∫ u · n dS +

∫BC

∫ u · n dS +

∫AC

∫ u · n dS = 0 .

Die beiden ersten Integrale sind aus Teil a) bekannt:

⇒ mBC = U0 b δL −∫AC

∫ u · n dS . (4)

Auf der Flache AC ist u = U0 e1 + u2(x1, δ(x1))e2, also:

u · n dS = U0 e1 · n dS + u2(x1, δ(x1))e2 · n dS

= U0 dx2 dx3 − u2(x1, δ(x1)) dx1 dx3 .

Damit berechnet sich das Integral in (4) unter Verwendung von (3) zu

∫AC

∫ u · n dS = U0 b

δL∫0

dx2 − U0

(1 − 2

π

)b

L∫0

δ′(x1) dx1

= U0 b δL − b U0

(1 − 2

π

)δL ,

so daß (4) wieder

mBC = b δL U0

(1 − 2

π

)liefert.

Aufgabe 2.1-10 Diffusor mit linearer Geschwindigkeitsande-

rung uber der Lauflange

Zwei Kanale mit den Querschnittsflachen A1 und A2

sind uber einen schlanken, ebenen Diffusor der LangeL miteinander verbunden. Die Form des Diffusors istso beschaffen, daß sich die Geschwindigkeitskompo-nente u im Diffusor linear mit der Lauflange x vonU1 auf U2 verandert und als konstant uber die Quer-schnittsflache A(x) angenommen werden kann. DieDichte der stromenden Flussigkeit ist konstant.

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 65

a) Wie lautet die Verteilung der Geschwindigkeitskomponente u(x) im Kanal? Wieandert sich die Querschnittsflache A(x)?

b) Wie groß sind lokale und konvektive Beschleunigung im Diffusor, wenn die Zu-stromgeschwindigkeit U1 zeitlich konstant ist?

c) Beantworten Sie Aufgabenteil b), wenn U1 zeitlich veranderlich mit ∂U1/∂t = a1 =const gegeben ist.

Geg.: A1, A2, U1, L, = const, a1

Losung

a) Die Geschwindigkeitsverteilung ist linear u(x) = mx+ c. Die Konstanten c und merhalt man mit den Bedingungen

u(x = 0) = U1 und u(x = L) = U2

zu

c = U1 und m =U2 − U1

L.

Mit der Integralform der Kontinuitatsgleichung bestimmt sich U2 zu U2 = U1A1/A2

und wir erhalten die Verteilung

u(x) = U1

[(A1

A2− 1

)x

L+ 1

]. (1)

Wir betrachten ein Kontrollvolumen zwischen x = 0 und einer beliebigen, aberfesten Stelle 0 < x < L. Die Auswertung der Kontinuitatsgleichung∫

A(x)

∫ u · n dA = −

∫A1

∫ u · n dA

liefert u(x)A(x) = U1A1, womit die Anderung der Querschnittsflache im Diffusorbekannt ist:

A(x) =A1

(A1/A2 − 1)x/L + 1.

b) Ist U1 keine Funktion von t, so folgt aus (1) ∂u/∂t = 0, d. h. die lokale Beschleuni-gung ist null. Fur die konvektive Beschleunigung findet man

u∂u

∂x=U2

1

L

[(A1

A2− 1

)x

L+ 1

] (A1

A2− 1

). (2)

c) Mit U1 = U1(t) und ∂U1/∂t = a1 folgt aus (1) u = u(x, t). Die lokale Beschleunigung

∂u

∂t= a1

[(A1

A2− 1

)x

L+ 1

]ist nun ungleich null.Die Geschwindigkeit hangt nur uber die Geometrie des Diffusors von x ab, da diesesich nicht andert, erhalten wir fur die konvektive Beschleunigung wieder die Formder Gleichung (2).

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66 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Aufgabe 2.1-11 Temperaturgrenzschicht an kalter Wand

Ein Gas mit der Temperatur Tσ und der Dichte σ wird plotz-lich mit einer kalten Wand der Temperatur TW in Kontakt ge-bracht. Von der Wand wachst eine Grenzschicht mit der Dickeδ(t) =

√ν t (ν = const) ins Gas. Der Druck ist im ganzen Feld

konstant, innerhalb der Grenzschicht falle die Gastemperaturlinear von Tσ auf TW . Die Dichteverteilung des Gases ist durch

=

⎧⎨⎩ W − W − σ

δ(t)x2 fur 0 ≤ x2 ≤ δ(t)

σ fur x2 > δ(t)

gegeben. Bezuglich der x1- und x3-Richtung ist die Ausdeh-nung der Wand als unendlich anzusehen. Wie groß ist die Gas-geschwindigkeit außerhalb der Grenzschicht? Die Geschwindigkeitskomponente in x1-Richtung ist im ganzen Feld null.

Geg.: σ, W

Losung

Fur das skizzierte Kontrollvolumen verwenden wir dieKontinuitatsgleichung in der Form (S. L. (2.7))

∫ ∫(V (t))

∫∂

∂tdV = −

∫(S)

∫ uini dS . (1)

Die linke Flache des Kontrollvolumens befindet sichaußerhalb der Grenzschicht im beliebigen aber festenAbstand x2 zur Wand. Die Flachen im Abstand a vonder x2-Achse konnen wir ins Unendliche verschieben.Pro Tiefeneinheit in x3-Richtung lautet die Gleichung(1) dann

lima→∞

a∫−a

x2∫0

∂tdx2dx1 = − lim

a→∞

a∫−a

ui(x2)nidx1 . (2)

Auf der rechten Seite dieser Gleichung ist bereits berucksichtigt, daß die feste Wandnicht durchstromt wird und es keine Geschwindigkeitskomponente in die x1–Richtunggibt. Außerhalb der Grenzschicht sind alle Stromungsgroßen homogen. Wir bilden dieAbleitung der Dichte

∂t=

⎧⎨⎩ ( W − σ)x2ν

2(ν t)3/2fur 0 ≤ x2 ≤ δ(t)

0 fur x2 > δ

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 67

und erhalten aus (2)

√ν t∫

0

( W − σ)ν

2(ν t)3/2x2 dx2 = − σu2(x2) .

Diese Gleichung gilt fur beliebiges x2 außerhalb der Grenzschicht, die Geschwindigkeitdort lautet damit

u2 = −( W

σ− 1

4√ν t

.

Aufgabe 2.1-12 Stromung im Schmierspalt

Der in der Abbildung darge-stellte

”Gleitstempel“ ist in

z–Richtung unendlich ausge-dehnt und hat die Spalthoheh(x) = h1 − α x, mitα = (h1 − h2)/L 1.

Der Gleitschuh bewegt sichmit konstanter Geschwindig-keit U um den Winkel α ge-genuber der x–Richtung ge-

neigt und schleppt, da Wandflussigkeitsteilchen an der bewegten und ruhenden Wandhaften, Flussigkeit der Dichte = const in den Spalt. Man erwartet (zu Unrecht), daßsich im Spalt eine lineare Geschwindigkeitsverteilung u(x, y) einstellen wird.

Das Haften der Flussigkeitsteilchen an der Wand wird durch die Haftbedingungenu(x, 0) = 0 und u(x, h(x)) = U cosα ≈ U berucksichtigt.

Hinweis: Die Komponente der Geschwindigkeit in y–Richtung an der oberen Wand istvon der Großenordnung αU und kann daher vernachlassigt werden. Weiterhin ist derDruck im Spalt nur eine Funktion von x.

a) Zeigen Sie, daß der Volumenstrom in x–Richtung pro Tiefeneinheit,

V =

h(x)∫0

u(x, y) dy , von x unabhangig ist.

b) Die Geschwindigkeitsverteilung u(x, y) = U y/h erfullt die angegebenen Haftbe-dingungen. Warum stellt sich diese Geschwindigkeitsverteilung nicht ein?

c) Die Geschwindigkeitsverteilung aus dem Aufgabenteil b) wird um einen vom Druck-gradienten dp(x)/dx = −K(x) abhangigen und in y/h quadratischen Term korri-

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68 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

giert:

u(x, y) = Uy

h(x)+K(x)h2

2 η

(1 − y

h(x)

)y

h(x).

Bestimmen Sie den negativen Druckgradienten K(x) mit K(0) = K1 so, daß dieKontinuitatsgleichung erfullt wird.

d) Bestimmen Sie die Druckverteilung im Lagerspalt durch Integration von K(x). DieIntegrationskonstante und K1 sind mittels der Druckrandbedingungen p(0) = p1 =p(L) = p2 = 0 zu bestimmen.

e) Wie groß ist der Volumenstrom durch den Spalt?

Geg.: η, h1, h2, L, U , p1 = p2 = 0

Losung

a) V =const :Die Kontinuitatsgleichung fur dasskizzierte Kontrollvolumen lautet

h1∫0

u(0, y) dy =

h(x)∫0

u(x, y) dy .

(1)Die rechte Seite von (1) ist gleichdem Volumenstrom V . Da die linkeSeite der Kontinuitatsgleichung kon-stant ist, ist V von x unabhangig.

b) Schleppstromung u(x, y) = U y/h(x):Wir berechnen den Volumenstrom an der Stelle x:

V =

h(x)∫0

u(x, y) dy =

h(x)∫0

Uy

h(x)dy =

1

2U h(x) =

1

2U (h1 − α x) . (2)

Der Volumenstrom ist demnach bei reiner Schleppstromung nur fur α = 0 vonx unabhangig. Fur α = 0 erfullt die Geschwindigkeitsverteilung u = U y/h dieKontinuitatsgleichung nicht.

c) Bestimmen von K(x):

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2.1 Erhaltungssatz der Masse 69

Da die reine Schleppstromung die Konti-nuitatsgleichung nicht erfullt, muß sich imSpalt eine Druckverteilung p(x) einstellen,die das Geschwindigkeitsprofil am Spaltein-tritt

”dunner“ und am Spaltaustritt

”bauch-

iger“ macht, so daß V im Spalt konstant ist.Der Druckgradient wird durch die Konti-nuitatsbedingung festgelegt. Wir werten (1) fur die gegebene Geschwindigkeits-verteilung mit K(0) = K1 aus. Dies fuhrt zu

1

2U h1 +K1

h31

12 η=

1

2U h(x) +K(x)

h(x)3

12 η= V (3)

oder

K(x) = −dp

dx= 6U η

[(1 +

K1 h21

6U η

)h1

h(x)3− 1

h(x)2

]. (4)

An der Stelle x = x∗, mit K(x∗) = 0, hat der Druckverlauf ein Extremum und dasGeschwindigkeitsprofil ist das einer reinen Schleppstromung. Wir erhalten damit aus(4) eine Bestimmungsgleichung fur x∗:

h(x∗) =

(1 +

K1 h21

6U η

)h1 = h0 ,

mit der ausgezeichneten Spalthohe h0. Fuhren wir diese neue Konstante in (4) ein,so erhalten wir

dp

dx= −K(x) = 6U η

[1

h(x)2− h0

h(x)3

]. (5)

d) Bestimmen der Druckverteilung p(x):Die Integration des Druckgradienten (5) uber x fuhrt zu

p(x) = 6U η

⎡⎢⎢⎣x∫

0

1

h(x)2dx− h0

x∫0

1

h(x)3dx

⎤⎥⎥⎦ ,

mit

x∫0

1

h(x)2dx =

1

α

(1

h(x)− 1

h1

)und

x∫0

1

h(x)3dx =

1

(1

h(x)2− 1

h21

).

Daraus folgt

p(x) = 6U η

α

1

h(x)− 1

h1− h0

2

[1

h(x)2− 1

h21

](6)

oder nach Umformen (zweimaliger quadratischer Erganzung)

p(x) = 3U η

α h0

⎧⎨⎩[h0

h1− 1

]2

−[h0

h(x)− 1

]2⎫⎬⎭ .

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70 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Am rechten Spaltrand ist der Druck null. Aus dieser Bedingung an (6) bestimmenwir die unbekannte Hohe h0 zu

h0 = 2h1 h2

h1 + h2

. (7)

e) Volumenstrom durch den Spalt:Da an der Stelle x = x∗ das Geschwindigkeitsprofil das einer reinen Schleppstromungist gilt:

V =1

2U h0 = U

h1 h2

h1 + h2

.

2.2 Impulssatz

Aufgabe 2.2-1 Hauptachsensystem eines Spannungstensors

Gegeben ist der Spannungstensor in dimensionsloser Form

τij =

⎛⎜⎝ 5√

3 0√3 3 0

0 0 1

⎞⎟⎠ .

Zu berechnen sind

a) die Invarianten I1τ , I2τ und I3τ des Tensors,b) dessen Hauptspannungen σ(1), σ(2) und σ(3)

c) und seine Hauptspannungsrichtungen.d) Wie heißt die Drehmatrix, die τij auf Diagonalform transformiert (Hauptachsen-

transformation!)? Man fuhre die Transformation durch.

Losung

a) Invarianten:I1τ = τii = τ11 + τ22 + τ33 = 9 ,I2τ = 1

2(τiiτjj − τijτij) = 20 ,

I3τ = det(τij) = 12 .

b) Hauptspannungen:Die Losungen der charakteristischen Gleichung

−σ3 + I1τ σ2 − I2τ σ + I3τ = 0 ,

hier also−σ3 + 9σ2 − 20σ + 12 = 0 ,

sind die gesuchten Hauptspannungen

σ(1) = 1 , σ(2) = 2 , σ(3) = 6 .

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2.2 Impulssatz 71

c) Hauptspannungsrichtungen:Das homogene Gleichungssystem

(τij − σ(k) δij)n(k)j = 0

hat die Losungen

fur k = 1 : n(1)1 = 0 , n

(1)2 = 0 , n

(1)3 = ±1 ,

fur k = 2 : n(2)1 = ±1

2, n

(2)2 = ∓

√34

, n(2)3 = 0 ,

fur k = 3 : n(3)1 = ±

√34

, n(3)2 = ±1

2, n

(3)3 = 0 .

Die Losungsvektoren n(k) wurden bereits auf die Lange 1 normiert, sind also Ein-heitsvektoren. Ihre Richtung liegt nur bis auf das Vorzeichen fest. Bei zwei von ihnenkann man das Vorzeichen beliebig wahlen. Die Richtung des Dritten wird dann sofestgelegt, daß die n(k) ein rechtshandiges Koordinatensystem bilden. Es muß alsodie Bedingung

n(1) × n(2) != n(3)

erfullt werden. Mit der Wahl

n(1) = e3 , n(2) =1

2e1 −

√3

4e2

erhalt man

n(3) =

√3

4e1 +

1

2e2 .

d) Hauptachsentransformation:n(1) stimmt mit e3 uberein, n(2) und n(3) liegen inder x1x2–Ebene.Das Hauptachsensystem ist gegenuber dem ur-sprunglichen Koordinatensystem gedreht. Die Dreh-matrix berechnet man aus aij = cos( xi, x

′j) in

Matrizenform zu

aij =

⎛⎜⎝ 0 12

12

√3

0 −12

√3 1

2

1 0 0

⎞⎟⎠ .

Die Spalten der Drehmatrix fur die Hauptachsen-transformation sind gerade die Eigenvektoren n(k) (Modalmatrix). Die Hauptach-sentransformation liefert durch die Berechnungsvorschrift

τ ′kl = aik ajl τij

die Werte

τ ′11 = 1 , τ ′22 = 2 , τ ′33 = 6 und τ ′ij = 0 fur i = j ,

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72 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

so daß der Tensor die Matrizenform

τ ′ij =

⎛⎜⎝ 1 0 00 2 00 0 6

⎞⎟⎠ !=

⎛⎜⎝ σ(1) 0 00 σ(2) 00 0 σ(3)

⎞⎟⎠annimmt. Der Spannungstensor im Hauptachsensystem ist eine Diagonalmatrix mitden Hauptspannungen in der Hauptdiagonalen.

Aufgabe 2.2-2 Kraft auf eine Rohrverzweigung

Die skizzierte Rohrverzweigung istan den Stellen [1], [2] und [3] durchWellrohre (Gesamtfedersteifigkeit cges)mit dem ubrigen Rohrleitungssy-stem verbunden und kann sich nur inx–Richtung bewegen. In den Lagernsoll keine Reibung auftreten.

a) Wie groß ist die Geschwindigkeit u3, wenn bei [1], [2] und [3] die Stromung ausge-glichen ist?

b) Um welche Strecke ∆x verschiebt sich das Rohr gegenuber der Ruhelage (u1 = u2 =u3 = 0), wenn die Wellrohre in der Ruhelage nicht vorgespannt sind?

c) Wie groß ist die Kraft auf das Rohr in y–Richtung?

Geg.: p1, p2, p3, u1, u2, A1, A2, = const, cges

Losung

a) Die Geschwindigkeit u3

Zur Berechnung von u3 wird dieIntegralform der Kontinuitatsglei-chung auf das skizzierte Kontrollvo-lumen angewandt. (SW bezeichnetdie Rohrwande.)Die vorliegende Stromung ist stati-onar und inkompressibel, d. h.∫

(S)

∫u · n dS = 0 .

An den Rohrwanden SW gilt u · n = 0, uber den Querschnittsflachen sind die Ge-schwindigkeiten konstant, daher ist

u1A1 + u2A2 = u3A1 ,

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2.2 Impulssatz 73

beziehungsweise

u3 = u1 +A2

A1

u2 .

b) Berechnung der Verschiebung ∆xZunachst wird die Kraft der Stromung auf die Rohrverzweigung mit Hilfe des Im-pulssatzes berechnet, Volumenkrafte werden hier nicht berucksichtigt (S. L. (2.43))∫

(S)

∫ u (u · n) dS =

∫(S)

∫t dS .

Fur das abgebildete Kontrollvolumen erhalt man∫A1

∫ u (u · n) dS +

∫A2

∫ u (u · n) dS +

∫A3

∫ u (u · n) dS +

∫SW

∫ u (u · n) dS =

=∫A1

∫t dS +

∫A2

∫t dS +

∫A3

∫t dS +

∫SW

∫t dS . (1)

Die Berechnung der Oberflachenintegrale ergibt der Reihe nach∫A1

∫ u (u · n) dS = − u2

1A1 ex ,∫A1

∫t dS = −

∫A1

∫pn dS = p1A1 ex ,

∫A2

∫ u (u · n) dS = − u2

2A2 ex ,∫A2

∫t dS = −

∫A2

∫pn dS = p2A2 ex ,

∫A3

∫ u (u · n) dS = u2

3A1 ex ,∫A3

∫t dS = −

∫A3

∫pn dS = −p3A1 ex ,

∫SW

∫ u (u · n) dS = 0 ,

wobei an den Stellen [1], [2] und [3] die Stromung ausgeglichen ist und daher t = −pnist.Die Integration des Spannungsvektors t uber die Rohrwand SW liefert die Kraft, diedie Wand auf die Flussigkeit ausubt. Ihre Gegenkraft stellt also die gesuchte KraftFFl.→R. der Flussigkeit auf die Rohrverzweigung dar∫

SW

∫t dS = FR.→Fl. = −FFl.→R. .

Damit erhalt man aus (1)

− u21A1 ex − u2

2A2 ex + u23A1 ex

= p1 A1 ex + p2 A2 ex − p3A1 ex − FFl.→R. .

(2)

Die Kraft auf das Rohr hat nur eine Komponente in x-Richtung:

Fx = (p1 − p3)A1 + p2A2 + (u21 − u2

3)A1 + u22A2 .

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74 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Das Kraftegleichgewicht am Rohr liefert

Fx = cges ∆x ,

und somit ergibt sich die Verschiebung zu

∆x =1

cges

[(p1 − p3)A1 + p2A2 + (u2

1 − u23)A1 + u2

2A2

].

c) Aus (2) ergibt sich durch skalare Multiplikation mit ey

Fy = 0 .

Aufgabe 2.2-3 Berechnung des Widerstandes eines umstrom-

ten Korpers

Ein unendlich langer, zylindrischer Korper wird mit konstanter Geschwindigkeit U∞von Flussigkeit konstanter Dichte angestromt. Die Stromungsrichtung fallt mit derRichtung einer Symmetrieachse des Zylinderquerschnittes zusammmen. Dann wird vonder Flussigkeit nur eine Kraft in Stromungsrichtung auf den Zylinder ausgeubt: dieWiderstandskraft FW . In einiger Entfernung hinter dem Korper sind die Stromlinienin guter Naherung wieder parallel, aber in Umgebung der Symmetrieachse ist die Ge-schwindigkeit u1 kleiner als die Geschwindigkeit U∞. Es existiert dort eine sogenannteNachlaufdelle.

Bestimmen Sie die Widerstandskraft FW pro Tiefeneinheit auf den Korper, wenn u1/U∞gegeben ist.

Losung

Wir wahlen ein Kontrollvolumen, dessen Oberflache den umstromten Korper umschließtund dann langs eines Schlitzes soweit vom Korper weggeht, bis die von ihm verursachtenStorungen soweit abgeklungen sind, daß dort die Schubspannungen und die Druckdif-ferenzen zum Umgebungsdruck p0 verschwunden sind:

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2.2 Impulssatz 75

Zur Bestimmung der Widerstandskraft FW benutzen wir den Impulssatz (stationar undohne Volumenkrafte) ∫

(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS . (1)

Das rechte Integral spalten wir auf in ein Oberflachenintegral langs A, B, C , D, einesuber beide Schnittufer des Schlitzes und eines uber die Oberflache des Korpers SK . DieIntegrale uber beide Schnittufer des Schlitzes sind in ihrer Summe null, da die Norma-lenvektoren entgegengesetzt gerichtet sind. Auf A, B, C , D ist voraussetzungsgemaß(abgeklungene Storungen) t = −p0n und wir konnen schreiben∫

(S)

∫t dS =

∫ABCD

∫−p0 n dS +

∫SK

∫t dS .

Das Integral uber A, B, C , D verschwindet, da auf eine geschlossene Oberflache kei-ne Gesamtkraft wirkt, wenn t nur aus einem konstanten Druck resultiert. Das zweiteIntegral ist die Kraft vom Korper auf die Flussigkeit im Kontrollvolumen, d. h. dasNegative der Kraft von der Flussigkeit auf den Korper. Es entsteht demnach aus (1)

−F→Korper =∫(S)

∫ u (u · n) dS ,

wovon wir nur die x1–Komponente benotigen

−FW = −F→Korper · e1 =∫(S)

∫ u1(u · n) dS .

Das Oberflachenintegral uber den Impulsfluß in die x1–Richtung spalten wir auf inTeilintegrale, so daß wir fur die Kraft erhalten

−FW =∫AB

∫ u1(u · n) dS +

∫BC

∫ u1(u · n) dS +

+∫CD

∫ u1(u · n) dS +

∫DA

∫ u1(u · n) dS

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76 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

+∫SK

∫ u1(u · n) dS +

∫Schlitz

∫ u1(u · n) dS .

Auf AB, CD, DA ist u1 = U∞, auf BC ist (u ·n) = u1(x1, x2), auf DA ist (u·n) = −U∞und auf SK verschwindet (u · n), also gilt

− FW = U∞∫AB

∫ (u · n) dS +

∫BC

∫ u2

1 dS

+ U∞∫CD

∫ (u · n) dS −

∫DA

∫ U2

∞ dS

⇒ FW =∫DA

∫ U2

∞ dS −∫BC

∫ u2

1 dS +

− U∞

⎛⎜⎝ ∫AB

∫ (u · n) dS +

∫CD

∫ (u · n) dS

⎞⎟⎠ . (2)

Die beiden Integrale in der Klammer berechnen wir aus der Kontinuitatsgleichung (sta-tionare Stromung ⇒ ∫

(S)

∫ u · n dS=0)

∫AB

∫ (u · n) dS +

∫BC

∫ (u · n)︸ ︷︷ ︸

u1

dS +∫CD

∫ (u · n) dS +

∫DA

∫ (u · n) dS = 0

⇒∫AB

∫ (u · n) dS +

∫CD

∫ (u · n) dS =

∫DA

∫ U∞ dS −

∫BC

∫ u1 dS .

Die Integranden sind von x3 unabhangig. Die Kraft pro Tiefeneinheit ist daher

FW = U2∞h−

C∫B

u21 dx2 − U2

∞h+ U∞

C∫B

u1 dx2

⇒ FW = U2∞

h2∫

−h2

u1

U∞

(1 − u1

U∞

)dx2 .

Da der Integrand außerhalb der Nachlaufdelle verschwindet, hangt der Wert des Inte-grals nicht von h ab, solange h großer ist als die Breite der Nachlaufdelle. Wir konnendaher h→ ∞ gehen lassen und erhalten fur den Stromungswiderstand pro Tiefeneinheit

FW = U2∞

+∞∫−∞

u1

U∞

(1 − u1

U∞

)dx2 .

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2.2 Impulssatz 77

Da FW/ U2∞ eine Konstante ist, hangt offensichtlich der Wert des Integrals nicht von

x1 ab, obwohl naturlich u1 = u1(x1, x2) ist. Das Integral ist somit ein Maß fur dendurch den Korper verursachten Impulsverlust der reibungsbehafteten Stromung. (Inder Grenzschichttheorie wird dieses Integral, das die Dimension einer Lange hat, Im-pulsverlustdicke genannt.)

U∞−u1 = ud wird als Geschwindigkeitsdefizit ud bezeichnet, so daß sich auch schreibenlaßt

FW

U2∞=

+∞∫−∞

(1 − ud

U∞

)ud

U∞dx2 .

Weit hinter dem Korper ist ud/U∞ 1 und es entsteht die einfachere Formel

FW

U2∞=

+∞∫−∞

ud

U∞dx2 .

Aufgabe 2.2-4 Kraft auf eine schlanke Duse

Eine Flussigkeit (Dichte , Scherzahigkeit η)stromt laminar durch die skizzierte schlankeDuse:

R(x) = R1 + (R2 − R1)x

l.

An den Stellen [1] und [2] habe der Span-nungsvektor die Form t = −pn. Die Druckep1 und p2 an beiden Seiten der Duse wurdengemessen.

a) Berechnen Sie die Geschwindigkeitsverteilung in der Duse bei gegebenem Volumen-strom V unter der Annahme, daß das Geschwindigkeitsprofil parabelformig ist unddie mittlere Geschwindigkeit U gerade die Halfte der Maximalgeschwindigkeit be-tragt.

b) Welche Kraft wirkt auf die Duse?

Geg.: p1, p2, V , R(x), l, , η

Losung

a) Geschwindigkeitsverteilung in der Duse:Die Geschwindigkeitsverteilung einer laminaren Stromung durch eine schlanke Duseist

u(r, x) = Umax

⎡⎣1 −(

r

R(x)

)2⎤⎦ .

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78 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Die Kontinuitatsgleichung lautet hier

V = U(x)A(x) ⇒ U (x) =V

π R2(x).

Mit der Annahme U(x) = Umax/2 erhalt man die gesuchte Geschwindigkeitsvertei-lung

u(r, x) = 2V

π R2(x)

⎡⎣1 −(

r

R(x)

)2⎤⎦

= 2V

π (R1 + (R2 − R1)x/l)2

⎡⎣1 −(

r

R1 + (R2 − R1)x/l

)2⎤⎦ .

b) Kraft auf die Duse:

Der Impulssatz im vorliegenden Fall (Dichtekonstant, keine Volumenkrafte) lautet∫

(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS . (1)

Die Kraft FD der Flussigkeit auf die Duse hatwegen der Symmetrie bezuglich der Dusen-mittellinie nur eine Komponente in die x–Richtung. Um diese Komponente zu erhal-ten, multiplizieren wir den Impulssatz (1)skalar mit ex∫

A1

∫ (−u2

1(r)) dA+∫A2

∫ u2

2(r) dA =∫A1

∫p1 dA− FD · ex +

∫A2

∫−p2 dA . (2)

Die Integration ist uber dA = r dr dϕ auszufuhren, das erste Integral auf der linkenSeite berechnet sich zu

−2π∫0

R1∫0

2 V

π R21

[1 −

(r

R1

)2]2

r dr dϕ = −2π

R1∫0

(2 V

π R21

)2 1 −

(r

R1

)22

r dr

= −4

3 V 2

πR21

.

(Substitution: t = 1 − (r/R1)2, r dr = −R2

1/2 dt)

Fur das zweite Integral der linken Seite erhalt man analog

2π∫0

R2∫0

2 V

π R22

[1 −

(r

R2

)2]2

r dr dϕ =4

3 V 2

π R22

.

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2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz 79

Stellt man (2) nach der gesuchten Große um, ergibt sich

FD · ex = FDx = p1 π R21 − p2 π R

22 +

4

3 V 2

π

(1

R21

− 1

R22

).

2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz

Aufgabe 2.3-1 Moment auf einen geschlitzten Rohrwinkel

Ein abgewinkeltes, dunnes Rohr wird in der skizzier-ten Lage gehalten. Im waagrechten Teil des Rohres be-findet sich ein Schlitz der Breite b und der Lange 6x0,aus dem horizontal Wasser (Dichte ) austritt. DieWassergeschwindigkeit soll linear von x1 abhangen.Reibungsspannungen auf den Stromungsquerschnit-ten konnen vernachlassigt werden.

a) Man bestimme das Drehmoment in x3–Richtung in Abhangigkeit von Umax, das vondem austretenden Wasser auf das Rohr ausgeubt wird.

b) Es tritt der Volumenstrom V aus. Wie groß ist die Maximalgeschwindigkeit desaustretenden Wassers?

Geg.: b, x0, V , , p0

Losung

a) Drehmoment auf das Rohr:

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80 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Die Stromung im Rohr ist stationar, Volumen-krafte liefern keinen Beitrag zum Drehmomentin die x3–Richtung auf das Rohr, wir verwendendaher den Drallsatz in der Form (S. L. (2.54b))und bilden die dritte Komponente durch skalareMultiplikation mit e3∫

(S)

∫ e3 · (x×u) (u ·n) dS =

∫(S)

∫e3 · (x×t) dS . (1)

Die gewahlte Kontrollflache umschließt das ab-gewinkelte Rohr und schneidet es in den FlachenSe, SR. Wir teilen die Integration in die skizzierten Teilbereiche auf, und beruck-sichtigen, daß u · n = 0 an den festen Wanden SW und SR ist:

∫Se+Sa

∫ e3 · (x× u) (u · n) dS =

∫Se+Sa+SW

∫e3 · (x× t) dS +

∫SR

∫e3 · (x× t) dS . (2)

Zur Auswertung der Integrale betrachten wir die Integranden auf den zugehorigenTeilflachen. Zunachst nur die linke Seite der Gleichung (2):Es gilt auf der Eintrittsflache Se mit u = u3 e3

e3 · (x× u) = −e3 · (u× x) = −(e3 × u) · x = 0 ,

auf der Austrittsflache Sa mit u = u2 e2, x = x1 e1 + x2 e2 + x3 e3, n = −e2

e3 · (x× u) = e3 · ((x1 e1 + x2 e2 + x3 e3) × u2 e2)

= e3 · (x1 u2 e3 − x3 u2 e1) = x1 u2

und u · n = −u2.Die Geschwindigkeitsverteilung am Austritt ist linear:

u2 = ua(x1) = −Umax8 x0 − x1

6x0

, fur 2x0 ≤ x1 ≤ 8x0 .

Fur die linke Seite der Gleichung (1) erhalten wir insgesamt

∫(S)

∫ e3 · (x× u) (u · n) dS = − U2

max

8x0∫2 x0

+b/2∫−b/2

x1

(8 x0 − x1

6x0

)2

dx3 dx1

= −7 bU2max x

20 . (3)

Betrachten wir nun die rechte Seite der Gleichung (2):Reibungsspannungen konnen auf den Stromungsquerschnitten Se und Sa vernach-lassigt werden (Pij = 0), der Spannungsvektor hat dann auf der Eintrittsflache Se

die Form t = −pn und auf der Austrittsflache Sa gilt t = −p0 n. Auf der Wandflache

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2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz 81

SW gilt ebenfalls t = −p0 n. Da der Umgebungsdruck p0 keinen Beitrag zum Momentliefern kann, setzen wir p0 = 0 und erhalten∫

Se+Sa+SW

∫e3 · (x× t) dS +

∫SR

∫e3 · (x× t) dS =

∫Se

∫e3 · (x× (−pn)) dS +

∫SR

∫e3 · (x× t) dS . (4)

Das erste Integral der rechten Seite uber die Eintrittsflache Se verschwindet, da dasKreuzprodukt einen Vektor bildet, der senkrecht zu e3 ist. Das zweite Integral ist dasSchnittmoment M3R

auf die freigeschnittene Flache SR, es ist das Reaktionsmomentzum gesuchten Moment MFl→R, das die Flussigkeit auf das Rohr ausubt∫

SR

∫e3 · (x× t) dS = M3R

= −MFl→R . (5)

Wir erhalten so mit (3), (4) und (5) das gesuchte Moment zu

MFl→R = 7 b x20 U

2max .

b) Maximalgeschwindigkeit Umax:Bei gegebenem V laßt sich Umax aus der Gleichung

V =∫Sa

∫u · n dS

bestimmen. Wir erhalten

V = b Umax

8x0∫2x0

8x0 − x1

6x0dx1 = 3 b Umax x0

⇒ Umax =V

3 b x0.

Bemerkung: Oft ist es zweckmaßig, wie auch hier, das Kontrollvolumen so zu wahlen,daß es Flussigkeit und feste Korper enthalt. Die Bedenken im Zusammenhang mit demGaußschen Satz, der im Transporttheorem verwendet wurde, und Differenzierbarkeitder Großen im Kontrollvolumen voraussetzt, umgeht man, wenn man den Ubergangzwischen Flussigkeit und festem Korper als stetig mit entsprechend großen Gradientenannimmt. Alternativ wurde man das Kontrollvolumen im Inneren des Rohres verlegen,das Moment auf der benetzten Flache ware das gesuchte Moment MFl→R.

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82 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Aufgabe 2.3-2 Moment auf den Leitapparat einer Wassertur-

binenanlage

Der in der Skizze dargestellte Leit-apparat einer Wasserturbinenanla-ge besteht aus einem Spiralgehauseund einem Leitgitter, die fest mitein-ander verbunden sind. Das Spiral-gehause ist so ausgebildet, daß dieFlussigkeit ( = const) das Leit-gitter mit konstanter Geschwindig-keit unter dem konstanten Austritts-winkel α verlaßt. Das Geschwin-digkeitsprofil am Leitgitterein– und–austritt ist ausgeglichen, die Stro-mung ist stationar, Volumenkraftesind zu vernachlassigen.

a) Berechnen Sie fur gegebenen Volumenstrom V die Betrage der Geschwindigkeitence und ca!

b) Wie groß ist die Komponente von ca in Umfangsrichtung cua der Stromung amLeitgitteraustritt?

c) Berechnen Sie das Moment in x3–Richtung, das die Stromung auf den gesamtenLeitapparat ausubt! (Hinweis: Bei der Auswertung der Integrale uber die Eintritts-flache Se konnen die in x linearen Terme x×c und x×n gleich den entsprechendenMittelwerten gesetzt werden und vor die Integrale gezogen werden. Man kann sichuberzeugen, daß auch ohne diese Vereinfachung der Wert des Integrals derselbe ist.)

Geg.: , V , α, h, b, d, Ra, pe

Losung

a) Geschwindigkeitsbetrage ce, ca:Aus der Definition des Volumenstromes folgt

V = −∫Se

∫c · n dS =

∫Sa

∫c · n dS .

Es gilt

c · n = −ce auf Se

ca cosα auf Sa,

und daher

ce =V

b h(1)

sowie

ca =V

2π Ra h cosα.

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2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz 83

b) Komponente von ca in Umfangsrichtung cua:

cua = ca sinα ⇒ cua =V

2π Ra htanα . (2)

c) Moment auf den Leitapparat:Im Drallsatz (stationar, ohne Volumenkrafte)∫

(S)

∫ x× c (c · n) dS =

∫(S)

∫x× t dS (3)

wird die Aufteilung der Gesamtflache des Kontrollvolumens (nicht eingezeichnet!)in

S = Se + Sa + SW (SW = benetzte Flache des Leitapparats)

vorgenommen und (3) liefert wegen der kinematischen Randbedingung mit∫SW

∫ (x× c) (c · n) dS = 0

das Ergebnis ∫Se

∫ x × c (c · n) dS +

∫Sa

∫ x× c (c · n) dS

=∫Se

∫x× t dS +

∫Sa

∫x× t dS +

∫SW

∫x× t dS . (4)

Das letzte Integral der rechten Seite stellt das Moment dar, das der Leitapparatauf die Flussigkeit ausubt. Vorzeichenumkehr liefert das Gegenmoment, mithin dasMoment, das von der Flussigkeit auf den Leitapparat ausgeubt wird.Auswertung der Integrale liefert im einzelnen1.) Auf Se ist x× c = (x1e e1 + de2) × (−ce e1) = cede3

⇒∫Se

∫ x× c (c · n) dS = − V cede3 .

2.) Auf Sa ist x× c = (Ra er) × (cra er + cua eϕ) = Racua e3

⇒∫Sa

∫ x × c (c · n) dS = V Racua e3 .

3.) Auf Se ist die Stromung ausgeglichen, d. h. t = −pn. Wegen n = e1 gilt also

x× t = (x1e e1 + de2) × (−pe e1) = pede3

⇒∫Se

∫x× t dS = peb h de3 .

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84 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

4.) Auf Sa ist die Stromung ebenfalls ausgeglichen, d. h. t = −pn = per , daher gilt

x× t = (Ra er) × (per) = 0

⇒∫Sa

∫x× t dS = 0 .

Damit erhalt man aus (4) das Moment auf den Leitapparat zu

MFl.→L = V (ced − cuaRa)e3 + peb h de3 ,

den Betrag der nicht verschwindenden Komponente daher

M3 = V (ced − cuaRa) + peb h d . (5)

Der erste Term in (5) entspricht dem Anteil aus der Drallanderung der Flussigkeitgemaß der Eulerschen Turbinenhauptgleichung, der zweite Term ruhrt daher, daßdie Eintrittsflache keine Rotationsflache ist, der Spannungsvektor (hier: t = −pn)also ein Moment hat. Setzt man in (5) noch ce und cua aus (1) bzw. (2) ein, so erhaltman als Ergebnis

M3 = V 2

h

(d

b− tanα

)+ peb h d .

Aufgabe 2.3-3 Krummungsradius von Kreisbogenschaufeln ei-nes Kreisgitters

Das skizzierte, aus sechs Schaufeln bestehende Kreisgitter befindet sich in Ruhe undwird von einer Flussigkeit der Dichte mit der Geschwindigkeit c1 drallfrei angestromt.Die Abstromung erfolgt unter dem Winkel β2.

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2.3 Drallsatz oder Drehimpulssatz 85

a) Berechnen Sie den Massenstrom m durch das Gitter, wenn die Kanalhohe H desGitters bekannt ist.

b) Wie groß ist das Drehmoment, das die Stromung auf das Gitter ausubt?c) Wie groß ist die Kraft auf eine Schaufel in Umfangsrichtung, wenn der Angriffspunkt

durch den Radius rk gegeben ist?d) Die Auftriebskraft Fa in einer Gitterstromung steht bekanntlich senkrecht auf der

mittleren Geschwindigkeit

U∞ =c1 + c2

2.

Berechnen Sie den Winkel γ zwischen c1 und U∞.e) Wie groß ist die Auftriebskraft einer Schaufel?f) Der Auftriebsbeiwert fur eine Kreisbogenschaufel kann fur kleine Winkel naherungs-

weise aus folgender Beziehung berechnet werden:

cA =Fa

/2U2∞ l= 2π

(α+ 2

f

l

), α = αs − γ .

Dieser Auftriebsbeiwert gilt naherungsweise auch fur eine Schaufel im Gitterver-band, wenn der Schaufelabstand sehr viel großer als die Schaufeltiefe ist.Wie groß muß der Krummungsradius der Schaufel gewahlt werden, um den in e)berechneten Auftrieb zu erhalten, wenn Kreisbogenschaufeln der Lange l verwen-det werden, deren Sehne mit der Radialen den Winkel αs bilden? (Hinweis: FurKreisbogen gilt die Beziehung l2 = 4 (2 f r − f2)).

Geg.: , c1, αs, β2, R1, R2, rk, H, l

Losung

a) Massenstrom durch das Gitter:

m = c1 2π R1H .

b) Drehmoment auf das Gitter:Die Eulersche Turbinengleichung (hier fur drallfreie Zustromung) lautet

M = m (R2 cu2) ,

wobei die unbekannte Umfangskomponente der Austrittsgeschwindigkeit zu

cu2 = cr2 tanβ2 =m

2π R2Htan β2 = c1

R1

R2

tanβ2

berechnet wird. Fur das Drehmoment auf das Gitter erhalt man somit

M = c21R21 2π H tanβ2 .

c) Kraft in Umfangsrichtung auf eine Schaufel:Zwischen Moment und Kraft in Umfangsrichtung pro Schaufel gilt der Zusammen-hang

M = z Fu rk , (z = Schaufelzahl)

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86 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

also berechnet man fur die Umfangskomponente der Kraft auf eine Schaufel

Fu =M

z rk=c21R

21H

3 rk π tan β2 .

d) Winkel zwischen c1 und U∞:

Das Ergebnis laßt sich unmittelbar aus nebenstehender Skizze ablesen:

tan γ =cu2

c1 + cr2=c1R1/R2 tan β2

c1 + c1 R1/R2

⇒ γ = arctantan β2

R2/R1 + 1.

e) Auftrieb der Schaufel:Der Auftrieb steht senkrecht auf U∞. Zwischen der Auftriebskraft und der Umfangs-komponente der Schaufelkraft gilt daher

Fa =Fu

cos γ.

Durch Einsetzen erhalt man

Fa =M

z rk cos γ=

c21R21H π tan β2

3 rk cos(arctan tanβ2

R2/R1+1

) .

f) Krummungsradius:Aus der, in der Aufgabenstellung gegebenen Beziehung fur den Auftriebsbeiwert,erhalt man einen Ausdruck fur f in der Form

f =Fa

2π U2∞− α

2l .

Ebenso laßt sich eine Bestimmungsgleichung fur den Krummungsradius angeben(siehe Hinweis):

r =l2

8 f+f

2oder auch

r =l2

4

⎡⎣ R21 H tan β2

3 rk (U2∞/c21) cos

(arctan tanβ2

R2/R1+1

) − α l

⎤⎦−1

+1

4

⎡⎣ R21 H tanβ2

3 rk (U2∞/c21) cos

(arctan tanβ2

R2/R1+1

) − α l

⎤⎦ .

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 87

2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Be-

zugssystem

Aufgabe 2.4-1 Auf eine rotierende Scheibe gespritzte Flussig-

keit

Auf eine mit der Winkelgeschwin-digkeit Ω rotierende Scheibe wird imDrehpunkt reibungsfreie Flussigkeitmit der Geschwindigkeit c = c0 ex′

aufgespritzt. Volumenkrafte k tre-ten nicht auf, im Strahl herrschtUmgebungsdruck.

a) Welche Bahn beschreiben die Flussigkeitsteilchen im Inertialsystem (x′, y′)?b) Berechnen Sie dieselbe Bahn im rotierenden Bezugssystem (x, y) durch Koordina-

tentransformation.c) Berechnen Sie die Bahn durch direkte Integration der Bewegungsgleichung im ro-

tierenden Bezugssystem.

Losung

a) Die Bahn im InertialsystemDie Flussigkeit ist reibungsfrei, der Druck p im Strahl ist konstant, Volumenkraftewerden nicht berucksichtigt, damit erhalt man aus der Cauchyschen Bewegungsglei-chung

Dc

Dt= k + ∇ · T

die Differentialgleichung fur die Bahnlinie Dc/Dt = 0, die mit den Anfangsbedin-gungen den konstanten Vektor c liefert:

c =dx′

dt= c0 ex′ .

In Komponentenform des Inertialsystems (x′ = x′ex′ + y′ey′) schreibt man also

dx′

dt= c0 bzw. x′ = c0 t+ const ,

dy′

dt= 0 bzw. y′ = const .

Mit den Anfangsbedingungen x′(0) = 0 und y′(0) = 0 folgt hieraus die Bahn derFlussigkeitsteilchen im Inertialsystem zu

x′ = c0 t ,

y′ = 0 .

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88 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

b) Die Bahn bezuglich des rotierenden Koordinatensystems:Fur eine Koordinatentransformation gilt der Zusammenhang

xj = aji x′i .

Die Drehmatrix aji zwischen beiden Systemen lautet

aji =(

cos Ωt sinΩt− sinΩt cos Ωt

).

Damit erhalt man

x = cos Ωt x′ + sin Ωt y′ = c0t cosΩt ,

y = − sin Ωt x′ + cos Ωty′ = −c0t sinΩt

bzw. in Polarkoordinaten

r =√x2 + y2 = c0 t ,

ϕ = arctan(y

x

)= −Ωt

oder nach Elimination von t

ϕ = −Ω

c0r .

c) Die Bahnlinie, berechnet durch direkte Integration der Bewegungsgleichung im ro-tierenden System:Fur den vorliegenden Fall erhalt man aus Gleichung (2.68) der S. L. die Beschleu-nigung im rotierenden System zu

Dw

Dt= −2 Ω × w − Ω × (Ω × x) .

Mit w = uex + v ey, Ω = Ωez und den Bezeichnungen u = x, v = y berechnen sichhieraus die Komponentengleichungen in die x- und y-Richtungen zu

x = 2Ω y + Ω2 x ,

y = −2Ω x+ Ω2 y .

Diese zwei gekoppelten, gewohnlichen, linearen Differentialgleichungen mit konstan-ten Koeffizienten lassen sich mit den Definitionen

M =(

1 00 1

), D =

(0 −2Ω

2Ω 0

), K =

(−Ω2 00 −Ω2

)in der Form

M x+ D x+ Kx = 0 (1)

schreiben. Der Ansatz x = C eλ t fuhrt auf das Eigenwertproblem

(λ2 M + λD + K) C = 0 . (2)

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 89

Nichttriviale Losungen des homogenen, linearen Gleichungssystems (2) gibt es nurbei verschwindender Determinante der Koeffizientenmatrix, d. h.:

det(λ2 M + λD + K) = 0

⇒ det(λ2 −Ω2 −2λΩ

2λΩ λ2 − Ω2

)= 0

⇒ (λ2 − Ω2)2 + 4λ2Ω2 = (λ2 + Ω2)2 = 0 .

λ = ±iΩ sind also jeweils doppelte Eigenwerte, d. h. neben Ceλ t ist auch Cteλ t

Losung von (1). Die Eigenvektoren C resultieren mit den nun bekannten Eigen-werten aus (2), wobei wir aber wegen der voraussetzungsgemaß verschwindendenDeterminante nur eine Gleichung benutzen konnen. Wir wahlen die erste

(λ2 − Ω2)C1 − 2λΩC2 = 0

⇒ C2 = C1λ2 −Ω2

2λΩ

und erhalten fur λ = λ1 = +iΩ den ersten Eigenvektor

C(1)2 = C

(1)1

−2Ω2

2 i Ω2= C

(1)1 i ⇒ C(1) = α1

(1i

)mit C

(1)1 = α1

bzw. fur λ = λ2 = −iΩ den zweiten Eigenvektor

C(2)2 = C

(2)1

−2Ω2

−2 i Ω2= −C(2)

1 i ⇒ C(2) = α2

(1−i

)mit C

(2)2 = α2 .

Die allgemeine Losung von (1) lautet also

x = α1

(1i

)eiΩ t + α2

(1−i

)e−iΩ t + t

[β1

(1i

)eiΩ t + β2

(1−i

)e−iΩ t

].

Die unter Umstanden komplexen Konstanten α1, β1, α2, β2 sind uber die Anfangsbe-dingungen x(0) = 0, x(0) = c0 ex (im Komplexen vier Gleichungen fur vier komplexeKonstanten) zu bestimmen. Wir erhalten

x(0) = 0 = α1

(1i

)+ α2

(1−i

)

⇒ 0 = α1 + α2 ,

0 = i (α1 − α2) .

Diese beiden Gleichungen sind nur durch die Konstanten α1 = α2 = 0 zu erfullenund daher gilt

x = β1

(1i

)eiΩ t + β2

(1−i

)e−iΩ t + t

[i β1 Ω

(1i

)eiΩ t − iβ2 Ω

(1−i

)e−iΩ t

].

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90 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Mit x(0) = (c0, 0)T folgt schließlich

x =(c00

)= β1

(1i

)+ β2

(1−i

)

⇒ c0 = β1 + β2 ,

0 = i (β1 − β2)

⇒ β1 = β2 =c02,

so daß die an die Anfangsbedingungen angepaßte Losung des Problems lautet

x = t[c02

(1i

)eiΩ t +

c02

(1−i

)e−iΩ t

].

In Komponenten zerlegt erhalt man die Bahnlinie in der Form, wie sie bereits ausAufgabenteil b) bekannt ist:

x(t) = c0 t(

1

2cos Ωt+

i

2sinΩt+

1

2cos Ωt− i

2sinΩt

)= c0 t cos Ωt ,

y(t) = c0 t(

i

2cos Ωt− 1

2sinΩt− i

2cosΩt− 1

2sinΩt

)= −c0 t sinΩt .

Aufgabe 2.4-2 Geschwindigkeit eines Wagens mit Duse

Ein Wagen ist mit Flussigkeit kon-stanter Dichte gefullt. Seine Ge-samtmasse zum Zeitpunkt t = 0ist m0. Die langsame Bewegung ei-ner schweren Platte ruft einen kon-stanten Massenstrom m durch dieDuse mit der Austrittsgeschwindig-keit wA relativ zum Wagen hervor.Die Stromung im Relativsystem iststationar.

Berechnen Sie unter der Annahme,daß der Luftwiderstand vernachlassigbar ist und der Wagen sich reibungsfrei auf derUnterlage bewegt, die Geschwindigkeit v(t) des Wagens.

Geg.: m0, m, wA, v(t = 0) = 0

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 91

Losung

Bezeichnet mW die Masse des Wagens ohne Flussigkeit, so lautet die Bewegungsglei-chung des Wagens

mWdv

dt= Fv ,

wobei Fv die Komponente der Kraft ist, die allein auf den Wagen in Richtung derWagengeschwindigkeit wirkt.

Die allein auf den Wagen wirken-de Kraft F ergibt sich aus derIntegration des Spannungsvektorsuber die gesamte Oberflache desKorpers

F =∫SI

∫t dS +

∫SA

∫t dS . (1)

Vernachlassigt man den Luftwider-stand des Wagens, so kann man an

der Außenflache SA den Spannungsvektor t = −p0 n setzen. Es gilt demnach∫SA

∫t dS =

∫SA

∫−p0 n dS =

∫SA+AA

∫−p0 n dS −

∫AA

∫−p0 n dS .

Da SA + AA eine geschlossene Oberflache ist, ist das erste Integral der rechten Seitegleich null, also gilt ∫

SA

∫−p0 n dS = p0

∫AA

∫n dS = p0 AA e1 .

Fur die Komponente der Kraft in Richtung der Wagenbewegung (negative x1–Richtung)erhalten wir somit aus (1)

Fv = F · (−e1) = −p0 AA +∫SI

∫−t1 dS . (2)

Das Integral auf der rechten Seite stellt die Kraft der Flussigkeit auf den Wagen dar.

Das Integral in (2) bestimmen wir, in-dem wir den Impulssatz auf die Flussig-keit im Wagen anwenden. Wir benut-zen dazu das abgebildete beschleunigteBezugssystem.

Der Impulssatz fur das skizzierte Kontrollvolumen lautet (S. L. (2.73))⎛⎜⎝ ∂

∂t

∫∫(V )

∫ c dV

⎞⎟⎠B

+∫(S)

∫ c (w · n) dS + Ω ×

∫∫(V )

∫ c dV =

∫∫(V )

∫ k dV +

∫(S)

∫t dS .

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92 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Mit

c = w + v + Ω × x = w + v , Ω = 0

und

S = SW + AK + AA

erhalten wir die Komponente in die x1–Richtung⎛⎜⎝ ∂

∂t

∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

+∫SW

∫ c1(w · n) dS +

∫AK

∫ c1(w · n) dS

+∫AA

∫ c1(w · n) dS =

∫SW +AK

∫t1 dS +

∫AA

∫t1 dS . (3)

An der Wand des Wagens SW verschwindet w · n, damit auch das Integral uber dieseFlache. Das erste Integral der rechten Seite reprasentiert die Kraft, die vom Wagen aufdie Flussigkeit wirkt. Durch Vorzeichenumkehr erhalt man die Kraft, die die Flussigkeitauf den Wagen ausubt. Auf den Oberflachen SW + AK zeigen die Normalenvektorennach außen, auf der Flache SI der ersten Skizze sind sie in das Wageninnere gerichtet.Deswegen wird ∫

SW +AK

∫t1 dS =

∫SI

∫−t1 dS .

Dieser Ausdruck entspricht gerade dem gesuchten Integral in (2). Auf AA ist dieStromung ausgeglichen, d. h. t = −pn. Ferner ist der Druck im Strahl gleich demUmgebungsdruck p0, also∫

AA

∫t1 dS =

∫AA

∫−p0n1 dS = −p0AA .

Lost man (3) nach dem gesuchten Integral auf, ergibt sich mithin

∫SI

∫−t1 dS = p0AA +

⎛⎜⎝ ∂

∂t

∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

+∫AK

∫ c1 w · n dS +

∫AA

∫ c1 w · n dS . (4)

Mit c1 = w1 + v1 = w1 − v(t) konnen wir fur das erste Integral auf der rechten Seiteschreiben ⎛⎜⎝ ∂

∂t

∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

=∫∫(V )

(∂w1

∂t− dv

dt

)dV .

Die Geschwindigkeit w1 ist im großen Behalter vernachlassigbar klein w1 ≈ 0 unddamit auch ∂w1/∂t ≈ 0. Im Ausflußrohr ist w1 groß, die Stromung aber stationar

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 93

w1 = wA =const, es entsteht also⎛⎜⎝ ∂

∂t

∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

= −dv

dt

∫∫(V )

∫ dV = −mF

dv

dt

mit mF als Masse der Flussigkeit im festen Kontrollvolumen.

Fur das zweite Integral in (4) erhalten wir∫AK

∫ c1 w · n dS =

∫AK

∫ (w1 − v(t)) w · n dS = −v(t)

∫AK

∫ w · n dS .

Das letzte Integral berechnen wir mit Hilfe der Kontinuitatsgleichung∫∫(V )

∫∂

∂tdV = −

∫(S)

∫ w · n dS ,

mit ∫∫(V )

∫∂

∂tdV = 0 ,

(die Flussigkeitsdichte ist konstant) und∫SW

∫ w · n︸ ︷︷ ︸

=0

dS +∫AK

∫ w · n dS +

∫AA

∫ w · n dS

︸ ︷︷ ︸=m

= 0

folgt ∫AK

∫ w · n dS = −m

sowie ∫AK

∫ c1 w · n dS = m v(t) .

Fur das dritte Integral auf der rechten Seite in (4) gilt letztlich∫AA

∫ c1 w · n dS =

∫AA

∫ (w1 − v(t)) w · n dS = (wA − v(t)) m ,

so daß aus (4) die Gleichung∫SI

∫−t1 dS = p0AA −mF

dv

dt+ m v(t) + m(wA − v(t))

entsteht, die sich zu ∫SI

∫−t1 dS = p0AA −mF

dv

dt+ mwA

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94 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

vereinfacht. Aus (2) ergibt sich nun fur die Kraft auf den Wagen

Fv = −p0AA + p0 AA −mFdv

dt+ mwA

und daher fur die Bewegungsgleichung

mWdv

dt= −mF

dv

dt+ mwA

oder

(mW +mF )dv

dt= mwA , (5)

eine Form, die zeigt, daß neben der Masse des Wagens auch die Flussigkeitsmasse durchdie Schubkraft des Strahls (mwA) beschleunigt werden muß, wie man es auch erwartet.

Die Gesamtmasse m(t) = mW + mF (t) nimmt im Laufe der Zeit ab, und da m =const. ist, haben wir m(t) = m0 − m t, wobei m0 die gesamte Anfangsmasse ist, d. h.m0 = mW +mF (t = 0).

Die Differentialgleichung zur Bestimmung von v lautet daher

dv

dt=

m

m0 − m twA .

Durch Integrationv(t)∫0

dv = wA

t∫0

m

m0 − m tdt

erhalt man die gesuchte Geschwindigkeit des Wagens

v(t) = wA ln(

m0

m0 − m t

).

Zweiter Losungsweg

Wir losen die Aufgabe nocheinmal un-ter Verwendung des unten skizzierten,wagenfesten Kontrollvolumens: Der Im-pulssatz im wagenfesten (d. h. beschleu-nigten) Bezugssystem lautet

∂t

⎛⎜⎝∫∫(V )

∫ c dV

⎞⎟⎠B

+∫(S)

∫ c (w · n) dS + Ω ×

∫∫(V )

∫ c dV =

∫∫(V )

∫ k dV +

∫(S)

∫t dS ,

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 95

wobei sich die Absolutgeschwindigkeit c aus der Formel

c = w + v + Ω × x

mit Ω = 0 und v = −v(t)e1 errechnet. Ferner spielen bei der Berechnung der Wa-gengeschwindigkeit v(t) Volumenkrafte k keine Rolle, wir setzen daher k = 0. VomImpulssatz benotigen wir nur die x1–Komponente, die wir durch skalare Multiplikationmit e1 erhalten:

∂t

⎛⎜⎝∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

+∫(S)

∫ c1 (w · n) dS =

∫(S)

∫t1 dS , (6)

mitc1 = w1 − v(t) .

Das Integral auf der rechten Seite wurde den Luftwiderstand beinhalten, den wir aberhier vernachlassigen wollen, so daß die rechte Seite identisch null ist. Fur das ersteIntegral der linken Seite schreiben wir

∂t

⎛⎜⎝∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

=∫∫(V )

∫∂

∂t( (w1 − v(t))) dV

=∫∫(V )

∫∂

∂t(w1 − v(t)) dV +

∫∫(V )

(∂w1

∂t− ∂v

∂t

)dV .

Es gilt∂

∂tw1 =

∂w1

∂t= 0 ,

da dort, wo w1 von null verschieden ist (im Rohrstuck), die Stromung stationar ist. Alsoentsteht

∂t

⎛⎜⎝∫∫(V )

∫ c1 dV

⎞⎟⎠B

= −v(t)∫∫(V )

∫∂

∂tdV − dv

dt

∫∫(V )

∫ dV ,

wobei das letzte Integral die Gesamtmasse m im Kontrollvolumen ist. Fur das zweiteIntegral in (6) schreiben wir (AA bezeichnet wieder die Austrittsflache der Duse)∫

(S)

∫ c1(w · n) dS =

∫AA

∫ (w1 − v(t)) (w · n) dS

= (wA − v(t))∫AA

∫ (w · n) dS

= m (wA − v(t)) .

Damit lautet der Impulssatz:

−v(t)∫∫(V )

∫∂

∂tdV −m

dv

dt+ m (wA − v(t)) = 0 .

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96 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Die Kontinuitatsgleichung, angewandt auf das Kontrollvolumen, liefert

∂t

∫∫(V )

∫ dV =

∫∫(V )

∫∂

∂tdV = −

∫(S)

∫ w · n dS = −m ,

was zum einen zeigt, daß sich die Masse im (festen) Kontrollvolumen andert und zum an-deren, daß die lokale Anderung der Dichte nicht verschwindet. Diese lokale Dichteande-rung tritt an der Grenzflache Platte–Flussigkeit auf und wird hervorgerufen durch dieBewegung der Platte. Wir erhalten so

v(t) m−mdv

dt+ m (wA − v(t)) = 0

⇒ mdv

dt= mwA

wieder die Gleichung (5). Damit ist das Problem erwartungsgemaß auf die NewtonscheBewegungsgleichung fur die Beschleunigung der Gesamtmasse zuruckgefuhrt.

Aufgabe 2.4-3 Beschleunigung und Geschwindigkeit einer Ra-

kete

Eine Rakete, die sich zunachst in Ruhe befindet,wird zur Zeit t = 0 gezundet. Die Geschwindig-keit des austretenden Gasstrahls bezuglich der Ra-kete sei wa, der austretende Massenstrom m, dieStartmasse m0. Die Rakete bewege sich in vertikalerRichtung ez, der Luftwiderstand sei vernachlassig-bar. Die (Uberschall–) Duse ist so ausgeformt, daßam Dusenaustritt der Umgebungsdruck im Strahlherrscht.

a) Wie groß ist die Anfangsbeschleunigung der Rakete?b) Welche Geschwindigkeit hat die Rakete nach der Zeit t0?

Geg.: wa, m, m0, g

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 97

Losung

a) Anfangsbeschleunigung:

Auf das eingezeichnete Kontrollvolumen wird der Impuls-satz fur beschleunigte Bezugssysteme (S. L. (2.73)) an-gewendet, wobei der Umgebungsdruck unberucksichtigtbleibt, weil er keine Nettokraft am Kontrollvolumen her-vorruft:

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ c dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ c (w · n) dS + Ω ×

∫∫(V )

∫ c dV

=∫∫(V )

∫ k dV +

∫(S)

∫t dS ,

wobeic = w + Ω × x+ v = w + v

ist, weil keine Drehung auftritt. Die allein interessierende ez–Komponente lautet mitder Volumenkraft der Schwere ( k = g):

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ (w + v) · ez dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ (w + v) · ez (w · n) dS

=∫∫(V )

∫ g · ez dV +

∫(S)

∫t · ez dS . (1)

Auswerten des ersten Integrals liefert:

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ (w + v) · ez dV

⎤⎥⎦B

=∫∫(V )

∫ (∂

∂t(wz + vz) +

∂(wz + vz)

∂t

)dV .

Die Relativgeschwindigkeit im Raketeninneren ist ungefahr null und mit

vz = vRakete = vR

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98 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

und ∫∫(V )

∫∂

∂tdV = −

∫Sa

∫ w · n dS = −m , bzw.

∫∫(V )

∫ dV = m(t)

wird daraus

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ (w + v) · ez dV

⎤⎥⎦B

= −vR m+dvR

dtm(t) .

Bei dem konvektiven Term des Impulssatzes∫(S)

∫ (w + v) · ez (w · n) dS

beschrankt man sich auf die Auswertung des Integrals an der Austrittsflache, da derBeitrag an der Wand SW wegen der Randbedingung w · n = 0 verschwindet. Manerhalt mit wz + vz = −wa + vR∫

Sa

∫ (w + v) · ez (w · n) dS = (vR − wa)m .

Die Integralausdrucke auf der rechten Seite von (1) berechnen sich zu∫∫(V )

∫ g · ez dV = −g m(t) ,

∫(S)

∫t · ez dS = FLuftwiderstand ≈ 0 ,

so daß man aus (1) erhalt:

−vR m+dvR

dtm(t) + m (vR − wa) = −gm(t) .

Mit der Gleichung m(t) = m0 − m t ergibt sich daraus die Beschleunigung

dvR

dt=

1

m0/m− twa − g . (2)

Diese Gleichung fuhrt auf die Anfangsbeschleunigung

dvR

dt=

m

m0wa − g ,

die sich interpretieren laßt alsBeschleunigung = (Schubkraft − Gewichtskraft)/m0.

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 99

b) Raketengeschwindigkeit als Funktion der ZeitMan integriert Gleichung (2)

vR∫0

dvR =

t0∫0

wa

m0/m− tdt−

t0∫0

g dt

⇒ vR = wa ln(

m0

m0 − m t0

)− g t0

(vgl. Aufgabe 2.4–2).

Aufgabe 2.4-4 Schubumkehr

Nach dem Aufsetzen werden bei großenFlugzeugen (Masse mges) oft zwei Schildehinter dem Strahltriebwerk ausgefahren,die den austretenden Strahl (Unterschall-strahl pa = p0, a, wa, Aa gegeben) in zweiTeilstrahlen aufspalten und diese um denWinkel π−β umlenken (siehe Skizze). Da-durch erfahrt das Flugzeug eine Verzoge-rung a = aex. Volumenkrafte und Rei-bungsspannungen auf die Außenhaut desFlugzeugs konnen bei diesem Vorgang ver-nachlassigt werden. Der in das Triebwerkeintretende Impuls nicht aber die Massekann ebenfalls vernachlassigt werden.

Berechnen Sie die Verzogerung a!

Losung

Wir wahlen ein flugzeugfestes Kontroll-volumen, welches das Flugzeug und dieSchilde beinhaltet.

Den Impulssatz im beschleunigten Be-zugssystem fur den vorliegenden Fall er-halten wir aus (S. L. (2.73)) mit Ω = 0 zu

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ c dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ c (w·n) dS =

∫(S)

∫t dS .

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100 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Es genugt, nur die Komponente in x–Richtung zu betrachten

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ c · ex dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ (c · ex) (w · n) dS =

∫(S)

∫t · ex dS .

Die Stromung ist im flugzeugfesten System stationar, d. h. ∂ w/∂t = 0 und mit c = w+vund t = −p0 n auf (S) erhalten wir zunachst

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ v · ex dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ (w·ex) (w·n) dS+

∫(S)

∫ (v·ex) (w·n) dS = −

∫(S)

∫p0 n·ex dS .

Da ein geschlossenes Integral uber eine Konstante (hier p0) verschwindet und da v injedem Punkt des Kontrollvolumens gleich groß ist, vereinfachen wir weiter zu⎡⎢⎣∂v

∂t· ex

∫∫(V )

∫ dV

⎤⎥⎦B

+ v · ex

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫∂

∂tdV

⎤⎥⎦B

+

+v · ex

∫(S)

∫ (w · n) dS +

∫(S)

∫ (w · ex) (w · n) dS = 0 .

Unter Verwendung der Kontinuitatsgleichung und der Bezeichnungen

∂v

∂t· ex = a ,

∫∫(V )

∫ dV = mges

schreiben wir

−amges =∫Se

∫ (w · ex) (w · n) dS +

∫SW

∫ (w · ex) (w · n) dS +

∫Sa

∫ (w · ex) (w · n) dS .

Mit der Vernachlassigung des Impulsflusses uber die Eintrittsflache Se gelangen wir sozu dem Ergebnis

amges = a (wa cos β)waAa

⇒ a = a w

2aAa cos β

mges.

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 101

Aufgabe 2.4-5 Moment auf ein abgewinkeltes, rotierendes Rohr

Aus einem abgewinkelten, dunnen Rohr,das sich stationar mit der Winkelgeschwin-digkeit Ω um die x3-Achse dreht, tritt derMassenstrom m mit der Austrittsgeschwin-digkeit WA aus. Welches Drehmoment M3

muß an dem Rohr angreifen, damit es sichin der angegebenen Richtung dreht?

Hinweis: Die Reibungsspannungen auf derAußenhaut des Rohres konnen vernachlassigtwerden.

Geg.: WA, l, a, m, Ω

Losung

Wir legen die Oberflache S des Kontrollvo-lumens entlang des Rohres, schneiden dasRohr an der Eintrittsflache SE durch undschließen das Kontrollvolumen mittels ei-nes Schnittes am austretenden Strahl. Indiesem mitbewegten System ist die Stro-mung stationar, so daß die Komponente desDrallsatzes in e3–Richtung lautet

e3 ·∫(S)

∫ (x× c) (w · n) dS = e3 ·

∫(S)

∫x× t dS . (1)

Auf der gesamten Rohroberflache und im austretenden Freistrahl ist der Spannungs-vektor null, wenn wir den Umgebungsdruck zu null setzen, was bei diesem Problemzulassig ist. Nur die Integrale des Spannungsvektors uber SE und uber die Rohrschnitt-flache SRohr sind auszuwerten, wobei letzteres gerade das gesuchte Moment,

M3 = e3 ·∫

SRohr

∫x× t dS , (2)

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102 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

ist. Auf der Flache SE gilt, mit ez = e3:

ez · (x× t) = r tϕ = r τϕ z = η

(∂wz

∂ϕ+ r

∂wϕ

∂z

)= 0 ,

da zum einen die Rohrstromung rotationssymmetrisch ist und zum anderen wϕ null ist.

Aus (1) mit (2) folgt damit:

M3 =∫(S)

∫ e3 · (x× c) (w · n) dS .

Die Normalkomponente der Relativgeschwindigkeit w · n verschwindet uberall, außerauf den Schnittflachen SE und SA. Auf SE ist e3 · (x× c) = 0. Daher konnen wir auchschreiben

M3 =∫SA

∫ e3 · (x× c) (w · n) dS . (3)

Auf der Austrittsflache SA gilt

x = l e1 + ae2 ,

w = WA e2 ,

so daß dort die Absolutgeschwindigkeit wegen v = 0 und Ω = Ωe3

c = WA e2 + Ωe3 × (l e1 + ae2)

= WA e2 + Ωl e3 × e1 + Ωae3 × e2

= (WA + Ωl)e2 − Ωae1

ist. Mit Hilfe des Dralls (pro Masse) auf der Austrittsflache SA (siehe Aufgabe 2.3-2)

x× c = (l e1 + ae2) × ((WA + Ωl)e2 − Ωae1)

=[WAl + Ω(l2 + a2)

]e3

erhalt man aus (3) das Moment M3 zu

M3 =∫SA

∫ [WAl + Ω(l2 + a2)

]WA dS

=[WAl + Ω(l2 + a2)

] WA SA

M3 = m[WAl + Ω(l2 + a2)

].

Man uberzeuge sich, daß das Ergebnis unmittelbar aus der Anwendung der EulerschenTurbinengleichung folgt.

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 103

Aufgabe 2.4-6 Triebwerksschub

Das oben skizzierte Strahltriebwerk befindet sich an einem Flugzeug, das mit der kon-stanten Geschwindigkeit U durch ruhende Luft fliegt. Dem Triebwerk wird der Luftmas-senstrom mL und der Brennstoffmassenstrom mB zugefuhrt. Die in der Brennkammerentstandenen Abgase verlassen das Triebwerk mit der Relativgeschwindigkeit wa.

Wie groß ist der Schub des Triebwerkes?

Geg.: U , wa, mL, mB

Losung

Die Schubkraft des Triebwerkes berechnen wir mit dem Impulssatz. In dem Koordina-tensystem, das mit dem Triebwerk fest verbunden ist, herrschen stationare Stromungs-vorgange. Das Kontrollvolumen legen wir soweit um das Triebwerk herum, daß dieStorungen durch das Triebwerk abgeklungen sind. Als Begrenzung des Kontrollvolu-mens wahlen wir eine Stromrohre, durch deren Wand definitionsgemaß keine Flussigkeittritt und damit auch der Impulsfluß durch die Wand null ist, wenn wir den Impulsflußdes zugefuhrten Brennstoffes vernachlassigen.

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104 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Der Impulssatz fur beschleunigte Bezugssysteme (S. L. (2.73)) lautet

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ c dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ c (w · n) dS + Ω×

∫∫(V )

∫ c dV =

∫∫(V )

∫ k dV +

∫(S)

∫t dS , (1)

der sich wegen Ω = 0 also c = w + v und wegen v = v(t) unter Vernachlassigung derVolumenkrafte erwartungsgemaß auf∫

(S)

∫ w (w · n) dS +

∫(S)

∫ v (w · n) dS =

∫(S)

∫t dS (2)

vereinfacht, da ja das Bezugssystem unbeschleunigt ist. Die Fuhrungsgeschwindigkeit vist fur jeden Punkt des Kontrollvolumens gleich und unter Berucksichtigung der Kon-tinuitatsgleichung wird das zweite Oberflachenintegral der linken Seite von (2) zu null:∫

(S)

∫ v (w · n) dS = v

∫(S)

∫ (w · n) dS = 0 ,

so daß der Impulssatz (1) die Form∫(S)

∫ w (w · n) dS =

∫(S)

∫t dS (3)

annimmt, die zeigt, daß das Relativsystem hier ein Inertialsystem ist.

Zur Berechnung des Impulsflusses uber die Gesamtflache S in (3) teilen wir die FlacheS auf in die Ein– und Austrittsflachen Ae, Aa, die Ringflachen AE − Ae, AA − Aa unddie von den außeren Stromlinien gebildete Flache SSL. Die linke Seite von (3) wird zu∫

(S)

∫ w (w · n) dS =

∫Ae

∫ w (w · n) dS +

∫Aa

∫ w (w · n) dS +

∫AE−Ae

∫ w (w · n) dS +

∫AA−Aa

∫ w (w · n) dS +

∫SSL

∫ w (w · n) dS .

Da die Stromung an den Ringflachen ausgeglichen ist, d. h. die Stromungsgeschwindig-keit w = U = const. ist, und die Ein– und Austrittsringflache von genau den gleichenFlussigkeitsteilchen durchstromt werden, heben sich die Beitrage der Impulsflusse uberdiese Flachen in der Impulsgleichung gerade auf.

Der Impulsfluß uber die Flache SSL verschwindet, wenn wir den Beitrag des Brenn-stoffmassenstromes vernachlassigen, da definitionsgemaß der Geschwindigkeitsvektortangential zur Wand der Stromrohre gerichtet und daher w · n auf der Flache SSL

null ist.

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2.4 Impuls– und Drallsatz im beschleunigten Bezugssystem 105

Der Impulssatz (3) vereinfacht sich zu:∫Ae

∫ w (w · n) dS +

∫Aa

∫ w (w · n) dS =

∫(S)

∫t dS . (4)

Wir suchen die Kraft die von dem Triebwerk auf das Flugzeug ubertragen wird. Dazuteilen wir das Integral des Spannungsvektor uber die gesamte Flache S in (4) wie folgtauf ∫

(S)

∫t dS =

∫S−APylon

∫t dS +

∫APylon

∫t dS + (5)

∫APylon

∫−p0 n dS −

∫APylon

∫−p0 n dS .

Auf den Flachen AE und AA herrscht der Umgebungsdruck p0. Voraussetzungsgemaßsind die durch das Triebwerk verursachten Storungen an der Flache SSL so weit ab-geklungen, daß Reibungseinflusse vernachlassigbar sind und der Spannungsvektor andieser Flache t = −p0 n ist. Das erste und dritte Integral der rechten Seite von (5)fassen wir nun zusammen zu einem Integral uber die geschlossene Gesamtflache S mitdem Integranden p0 n. Da p0 konstant ist verschwindet das Integral. Die Summe derverbleibenden Integrale ist die Kraft, die vom Pylon auf das Triebwerk ubertragen wird,also gleich dem Negativen der gesuchten Schubkraft

−FSchub =∫

APylon

∫t dS −

∫APylon

∫−p0 n dS .

Damit erhalten wir aus (4)∫Ae

∫ w (w · n) dS +

∫Aa

∫ w (w · n) dS = −FSchub . (6)

Die Stromungsgeschwindigkeiten sind uber die Flachen konstant:

Ae : w = U ex , Aa : w = wa ex .

Ziehen wir die Geschwindigkeit aus den Integralen heraus, so wird (6) zu

−FSchub = U ex

∫Ae

∫ (w · n) dS + wa ex

∫Aa

∫ (w · n) dS

und mit ∫Ae

∫ (w · n) dS = −mL ,

∫Aa

∫ (w · n) dS = mL + mB

letztlich zuFSchub = − [wa mB + (wa − U) mL] ex

erhalten.

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106 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschi-

nenbau

Aufgabe 2.5-1 Zirkulation um einen Flugel im Kreisgitter

Fur ein kreisformiges Flugelgitter sind die An– und Abstromverhaltnisse bekannt, fernerdas Drehmoment, das von der Flussigkeit auf das Gitter ausgeubt wird.

Wie groß ist die Zirkulation um einen Flugel bei insgesamt n Flugeln und wie lautetder Zusammenhang zwischen Moment und Zirkulation des Einzelflugels?

Losung

Mit Hilfe der Eulerschen Turbinengleichung lautet das Moment auf die Flussigkeit inRichtung positiver Geschwindigkeit cu

M = m (ra cua − re cue) .

Mit der Zirkulation

Γa =∮ra

c · dx = cua 2π ra ,

Γe =∮re

c · dx = cue 2π re

erhalten wir

M =m

2π(Γa − Γe) . (1)

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 107

Daraus laßt sich die Zirkulation eines ein-zelnen Flugels bestimmen: Wie ein geradesGitter mit der Teilung t periodisch ist, soist ein Kreisgitter mit dem Teilungswinkelα = 2π/n periodisch. Die Zirkulation umeinen Flugel

ΓFlugel =∮

Flugel

c · dx

berechnen wir zunachst als Teilintegrale

b∫a

c · dx = −cue2π re

n,

d∫c

c · dx = cua2π ra

n,

c∫b

c · dx+

a∫d

c · dx = 0 .

Die Integrale uber die Seiten 2 und 4 heben sich in ihrer Summe wegen der Periodizitatdes Gitters auf, so daß gilt

ΓFlugel =1

n(cua 2π ra − cue 2π re)

⇒ nΓFlugel = Γa − Γe .

Damit lautet (1)

M =m

2πnΓFlugel ,

womit sich die Zirkulation um den Flugel angeben laßt

ΓFlugel =2π M

nm.

Aufgabe 2.5-2 Axialstufe einer Turbine

Eine Axialstufe einer Turbine besteht aus einem mit dem Gehause verbundenen Leitradund einem rotierenden Laufrad. Der Massenstrom durch die Turbine ist m, die Maschi-nendrehzahl n, die Leistung der betrachteten Stufe P , die Dichte ist konstant. Da dieSchaufelhohe h sehr viel kleiner ist als der mittlere SchaufelradiusR, kann die Geometriedes Gitters abgewickelt werden. Ferner wird angenommen, daß die Geschwindigkeitenuber den Stromungsquerschnitt konstant sind.

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108 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

a) Berechnen Sie den Laufradzustromwinkel α2.b) Wie groß ist der Winkel β2 zwischen der Relativgeschwindigkeit w2 und der Axial-

richtung?c) Unter welchem Winkel β3 erfolgt im laufradfesten Bezugssystem die Abstromung

vom Laufrad?d) Skizzieren sie die Leit– und Laufradschaufeln fur den Fall, daß die Zustromung

jeweils tangential zur Schaufelvorderkante ist ( stoßfreie Zustromung).

Geg.: m, P , R, h, n

Losung

a) Der Laufradzustromwinkel α2:

Aus dem Geschwindigkeitsdreieck am Lauf-radeintritt ist das Verhaltnis

tanα2 =cu2

cΩ2

ersichtlich. Das Moment fur das Laufradeiner Axialmaschine kann mit Hilfe derEulerschen Turbinengleichung

M = m(ra cua − re cue)

angegeben werden. Da das Turbinenlaufrad auf die Flussigkeit ein Moment entge-gengesetzt der Richtung der Drehgeschwindigkeit ausubt, ist M = −MT zu setzen.Ferner soll die Abstromung vom Laufrad drallfrei sein, d. h. cua = cu3 = 0. Folglichgilt fur das Moment die Beziehung

MT = mR cu2 ,

aus der mit der gegebenen Leistung P = MT Ω die Zustromgeschwindigkeit

cu2 =P

mΩR(1)

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 109

folgt. Aus dem gegebenen Massenstrom und mit c · n = cΩ ergibt sich am Lauf-radeintritt

m =∫S2

∫ c · n dS = cΩ2 2π Rh ,

woraus sich die Geschwindigkeit in axialer Richtung cΩ2 berechnet zu

cΩ2 =m

2π Rh, (2)

die zusammen mit (1) die gewunschte Beziehung fur den Winkel α2

tanα2 =P

mΩR

2π Rh

m

liefert, die sich noch wegen Ω/2π = n zu

tanα2 = P h

m2 n

vereinfacht.b) Der Winkel β2:

Dem Geschwindigkeitsdreieck am Laufradeintritt entnimmt man die Beziehung

tanβ2 =wu2

wΩ2

=wu2

cΩ2

(3)

und aus dem Geschwindigkeitsdreieck c = w + u die Umfangskomponente dieserGleichung cu = wu + ΩR. Damit laßt sich die Umfangskomponente wu2 der Rela-tivgeschwindigkeit berechnen:

wu2 = cu2 − ΩR =P

mΩR− ΩR ,

beziehungsweise

wu2 =P

2π m nR− 2π nR . (4)

Gleichungen (4) und (2) in Gleichung (3) eingesetzt, ergibt schließlich

tan β2 =P

2π m nR

2π Rh

m− 2π nR

2π Rh

m

⇒ tan β2 = P h

m2 n− (2π R)2 nh

m= tanα2 − (2π R)2 nh

m

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110 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

c) Der Winkel β3:

Aus dem Geschwindigkeitsdreieck am Laufradaustritt und der Be-dingung cu3 = 0 folgt unmittelbar

tan β3 =−wu3

wΩ3

=ΩR

cΩ3

= 2π nR 2π Rh

m, oder

⇒ tan β3 = (2π R)2 nh

m.

d) Die Leit- und Laufschaufeln:Zum Skizzieren der Schaufeln gehen wir zum einen von einer stoßfreien Zustromung(im Auslegungspunkt der Maschine) aus und nehmen zum anderen an, daß Ab-stromwinkel und Schaufelhinterkantenwinkel identisch sind. Diesen Stromungszu-stand erhalt man theoretisch bei unendlich dicht stehenden Schaufeln.

Aufgabe 2.5-3 Kaplanturbine

Die skizzierte Turbine besteht aus einem mit dem Gehause verbundenen Leitrad undeinem rotierenden Laufrad. Sie wird von Flussigkeit konstanter Dichte mit dem Vo-lumenstrom V durchstromt.Das Laufrad der Turbine dreht sich mit der Winkelgeschwindigkeit Ω und es wird dieLeistung PT abgenommen. Die Zustromung am Leitradeintritt [1] erfolgt rein radial(α1 = 0).Die Flussigkeit verlaßt das Leitrad an der Stelle [2] mit der Geschwindigkeit c2 und demWinkel α2 zur Radialrichtung. Die Reibungsspannungen zwischen den Stellen [2] und[3] konnen vernachlassigt werden.

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 111

Im laufradfesten System erfolgt die An-stromung des Laufrades [3] tangentialzur Schaufelvorderkante. Die Stromungam Laufradaustritt [4] ist drallfrei undim Relativsystem ebenfalls tangentialzur Schaufel.An den Ein– und Austrittsflachen desLeit– und Laufrades konnen die Ge-schwindigkeitsverteilungen als homo-gen angesehen werden, so daß dort dieReibungsspannungen zu vernachlassi-gen sind. Da die Schaufelhohe h sehrviel kleiner als der mittlere Schaufel-radius RL des Laufrades ist, kann dieBerechnung der Stromungsgroßen anden Stellen [3] und [4] mit dem mittle-ren Radius RL erfolgen.

a) 1.) Wie groß ist die Geschwindigkeit c1 am Leitradeintritt [1]?2.) Bestimmen Sie die Komponente cr2 der Geschwindigkeit c2 am Leitradaustritt

[2].b) Berechnen Sie die Komponente cu2 der Geschwindigkeit c2 am Leitradaustritt [2].c) 1.) Bestimmen Sie die Umfangsgeschwindigkeit cu3 an der Stelle [3].

2.) Wie groß ist die axiale Geschwindigkeitskomponente cΩ3?d) Bestimmen Sie die abgenommene Turbinenleistung PT .e) Bestimmen Sie die Schaufelwinkel β3 und β4 des Laufrades.

Geg.: V , , Ω, H, h, Ri, Ra, RL, α2

Losung

a) 1.) Die Geschwindigkeit c1 am Leitradeintritt:Fur die Absolutgeschwindigkeit gilt

c = cr er + cu eϕ + cΩ eΩ .

Da die Zustromung rein radial ist, ist die Absolutgeschwindigkeit an der Stelle[1] gegeben durch c1 = cr1 er. Mit dem Volumenstrom V

V = −∫S1

∫c · n dS = −

∫S1

∫cr1 dS = −2π RaH cr1

ergibt sich

c1 = − V

2πRaHer .

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112 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

2.) Die radiale Komponente cr2:Die Komponente cr2 von c2 am Leitradaustritt laßt sich mit Hilfe des Volumen-stroms

V =∫S2

∫c · n dS =

∫S2

∫−cr2 dS = −2π RiH cr2

durch die Beziehung

cr2 = − V

2π RiH

ausdrucken.b) Die Umfangskomponente cu2 von c2 am Leitradaustritt:

Dem Geschwindigkeitsdreieck entnimmt man

tanα2 =cu2

|cr2|,

was fur gegebenes α2 die Umfangskomponente

cu2 =V

2π RiHtanα2

der Absolutgeschwindigkeit c2 ergibt.

c) 1.) Die Umfangskomponente cu3 am Laufradeintritt:Im Stromungskanal zwischen den Stellen [2] und [3] wird kein Moment auf dieStromung ubertragen, da keine Schaufeln vorhanden sind und Reibungsspannun-gen zwischen [2] und [3] vernachlassigt werden. Daher gilt nach der EulerschenTurbinengleichung

0 = m (racua − recue)

und in den Bezeichnungen der Aufgabenskizze

0 = m (RLcu3 − Ricu2) ,

woraus sich unmittelbar die Umfangskomponente cu3 zu

cu3 =Ri

RLcu2 =

Ri

RL

V

2π RiHtanα2 =

V

2π RLHtanα2

ergibt.2.) Die axiale Komponente cΩ3 am Laufradeintritt:

Die axiale Komponente kann aus dem Geschwindigkeitsdreieck und aus der De-finition des Volumenstromes zu

cΩ3 = − V

2π RL h

angegeben werden.

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 113

d) Die abgenommene Turbinenleistung PT :Die Leistung des Laufrads ist

P = Ω · M = Ωm (racua − recue)

und da der Flussigkeit Leistung entzogen wird, ist sie negativ, daher lautet dieTurbinenleistung

PT = −P = Ωm (recue − racua) .

Die Abstromung ist drallfrei, somit ergibt sich mit den Bezeichnungen der Skizze

cua = cu4 = 0 , re = RL , cue = cu3 .

Mit diesen Beziehungen ist die Leistung gegeben als

PT = Ω mRL cu3 = Ω V RLV

2π RLHtanα2

= ΩV 2

2π Htanα2 .

e) Der Schaufelwinkel β3 und β4 des Laufrades:Aus dem Geschwindigkeitsdrei-eck liest man

tanβ3 =|wu3||wΩ3 |

sowie

wΩ3 = cΩ3

ab und mit c3 = w3 + u beziehungsweise wu3 = cu3 − ΩRL folgt

tan β3 =|cu3 − ΩRL|

|cΩ3 |=

∣∣∣∣∣ V tanα2

2π RLH− ΩRL

∣∣∣∣∣ 2π RL h

V

=

∣∣∣∣∣ hH tanα2 − 2πΩR2Lh

V

∣∣∣∣∣ .Aus der Zeichnung entnimmt man des weiteren

tan β4 =|u||cΩ4 |

mit |u| = ΩRL ,

wahrend die Kontinuitatsgleichung cΩ4 = cΩ3 liefert, so daß fur den Winkel β4 dieBeziehung

tan β4 =2π ΩR2

Lh

Ventsteht.

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114 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Aufgabe 2.5-4 Drehmomentenwandler

Die abgebildete Skizze zeigt das Prinzipeines Drehmomentenwandlers. Der innereLaufer wirkt als Pumpe und der außere alsTurbine. Beide werden von dem durch diePumpe geforderten Olstrom m ( =const)durchsetzt und haben die Hohe b. DerDrehmomentenwandler soll verlustfrei ar-beiten. Durch einen (nicht dargestellten)Leitapparat wird der die Turbine verlas-sende Massenstrom wieder der Pumpe zu-gefuhrt.

a) Wie groß ist m, wenn an der Pumpe das Drehmoment MP angreift, die Zustromungdrallfrei erfolgt und sie mit ΩP dreht?

b) Welchen Drall besitzt das Ol am Austritt der Turbine, wenn das Drehmoment MT

abgenommen wird?c) Man bestimme den Schaufelwinkel β3 so, daß das Ol stoßfrei in die Turbine eintreten

kann.

Geg.: r1, r2, r3, r4, ΩP , MP , MT , β2, , b

Losung

a) Bestimmung des MassenstromsNach der Eulerschen Turbinengleichung gilt

MP = m (ra cua − re cue) ,

mit den Bezeichnungen der Aufgabenskiz-ze und wegen cu1 = 0, also

MP = m (r2 cu2 − 0) . (1)

Dem Geschwindigkeitsdreieck am Pum-penaustritt entnimmt man

cu2 = wu2 + u2 (2)

mitwu2 = −wr2 tan β2

undu2 = ΩP r2 .

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 115

Wir ersetzen noch die Radialkomponente wr2 durch den Massenstrom

m =∫S2

∫ w · n dS = wr2 2π r2 b

und erhalten mit (2)

cu2 = − m

2π r2 btan β2 + ΩP r2 ,

so daß (1) nunmehr in der Form

MP = mΩP r22 − m2 tan β2

2π b(3)

erscheint. Diese quadratische Gleichung fur m besitzt im allgemeinen die zwei Losun-gen

m1,2 = π bΩP r

22

tan β2

(1 ±

√1 − 2MP tan β2

π bΩ2P r

42

).

Welcher der beiden Massenstrome sich einstellt, kann nur entschieden werden unterzusatzlicher Betrachtung der Turbinenkennlinie und der Forderung, daß die Leistungder Pumpe bei verlustfreier Stromung gleich der Leistung der Turbine sein muß:

MP ΩP = |MT |ΩT .

Die Verhaltnisse sind in der beistehen-den Skizze graphisch dargestellt. Jenach Turbinenkennlinie kann sich so-wohl m1 als auch m2 einstellen.

b) Der Drall am Turbinenaustritt r4cu4

Fur den schaufelfreien ringformigen Kanal zwischen Pumpen– und Turbinenlaufradist M = 0 und daher r cu = const , d. h.

r3 cu3 = r2 cu2 ,

so daß sich (1) auch in der Form

r3 cu3 =MP

m(4)

schreiben laßt. Aus der Eulerschen Turbinengleichung fur das Turbinenrad

−MT = m ( r4 cu4 − r3 cu3)

folgt daher−MT = m r4 cu4 −MP ,

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116 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

woraus sich die Beziehung fur den gesuchten Drall ergibt:

r4 cu4 =MP −MT

m.

Dieses Ergebnis erhalt man auch direkt durch Anwendung des Drallsatzes auf einKontrollvolumen vom Pumpeneintritt bis zum Turbinenaustritt. Da der Pumpedie Flussigkeit drallfrei zugefuhrt wird, muß am Leitapparat das Moment ML =m (−cu4 r4) erzeugt werden, so daß

MT = MP +ML

ist. Man mache sich den Unterschied zu einer”hydraulischen“ Kupplung klar, bei

der es keinen Leitapparat gibt und daher MT = MP ist, aber MP ΩP = MT ΩT .

c) Der Schaufelwinkel β3

Der Zeichnung entnimmt man

tan β3 =−wu3

wr3

und dem Ausdruck fur den Massenstrom,

wr3 =m

2π r3 b .

Aus c3 = w3 +u3 bzw. cu3 = wu3 +u3 erhal-ten wir die Umfangskomponente der Rela-tivgeschwindigkeit

wu3 = cu3 −ΩT r3 ,

in der wir noch cu3 mit (4) ersetzen:

wu3 =MP

r3 m− ΩT r3 .

Daraus laßt sich der Schaufelwinkel berechnen:

tan β3 =ΩT r3 − MP

r3 m

m/(2π r3 b )=

ΩT r23 2π b

m− MP 2π b

m2.

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2.5 Anwendungsbeispiele aus dem Turbomaschinenbau 117

Aufgabe 2.5-5 Axialschubausgleich

Um den Axialschub der Wellebei der skizzierten Axialpum-pe auszugleichen, befindet sichauf der Saugseite der Pumpeein Ausgleichskolben in einerKammer, die mit der Druck-seite der Pumpe durch eineBohrung verbunden ist. DieStromungsgroßen sind kon-

stant uber den Querschnitt des ringformigen Kanals, durch die Labyrinthdichtungenstromt keine Flussigkeit.

Wie groß muß der Außenradius r3 des Ausgleichkolbens gewahlt werden, um bei be-kannten Drucken p1 und p2 sowie bekanntem Volumenstrom V den Axialschub der Wellezu kompensieren?

Losung

Wir berechnen zunachst denAxialschub, den die Flussig-keit auf den Laufer ohne Aus-gleichskolben ausubt. Die For-mel fur den Axialschub einesRotors lautet (S. L. (2.108))

∫Ae,Aa

∫ eΩ · c (w · n) dS =

∫Ae ,Aa,AS

∫−peΩ · n dS + Fa , (1)

wobei Fa die Kraft von der Wand auf die Flussigkeit bedeutet. Im Unterschied zu dem in(S. L. (2.108)) betrachteten Rotor gehort in diesem Falle jedoch die außere MantelflacheSM nicht zum Rotor, sondern ist ein Teil des Gehauses, d. h.

Fa =∫

SR ,SM

∫eΩ · t dS

ist die insgesamt uber SR und SM auf die Flussigkeit ubertragene Kraft. Fa und dergesuchte Axialschub unterscheiden sich also um den Term∫

SM

∫eΩ · t dS .

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118 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Die Komponente des Spannungsvektors in Achsrichtung eΩ ist

eΩ · t = tΩ = τrΩ nr + τϕΩ nϕ + τΩΩ nΩ

und da an SM n = er ist, folgteΩ · t = τrΩ

und damit das Integral der Wandschubspannungen uber diese Mantelflache zu∫SM

∫eΩ · t dS =

∫SM

∫τrΩ dS .

Dieses Integral wird jedoch meist gegenuber den in (1) enthaltenen (viel großeren)Druckintegralen vernachlassigt, so daß in dem vorliegenden Fall (Gehauseflache ist eineZylinderflache) Fa bereits der gesuchte Axialschub ist. (1) liefert also∫

Ae

∫ eΩ · c (w · n) dS +

∫Aa

∫ eΩ · c (w · n) dS =

∫Ae,AS

∫−peΩ · n dS +

∫Aa

∫−peΩ · n dS + Fa

und weiter

ce

∫Ae

∫w · n dS + ca

∫Aa

∫w · n dS = p1 (Ae + AS) − p2Aa + Fa .

Die Komponenten der Ein– und Austrittsgeschwindigkeit in Achsrichtung drucken wirdurch den Volumenstrom aus

ce =V

π (R2 − r21), ca =

V

π (R2 − r22)

und erhalten nach Vorzeichenumkehr von Fa, die Kraft auf den Rotor

Fa→Rotor = V 2

π

(1

R2 − r21

− 1

R2 − r22

)+ p1 π (R2 − r2

3) − p2 π (R2 − r22) .

Diese Kraft soll nun durch die Kraft kompensiert werden, die der Ausgleichskolben aufden Rotor ausubt. Da sowohl in der Bohrung als auch im Kolben die Stromungsge-schwindigkeit null ist, finden wir uberall konstanten Druck p2 vor. Die einzige Kompo-nente der Kolbenkraft ist

FK = FK · eΩ = −∫AK

∫peΩ · n dS

oderFK = π (r2

3 − r24) p2 .

Die Forderung FK = Fa→Rotor ergibt die Bestimmungsgleichung fur den Radius r3:

r23 =

V 2

π2(p1 + p2)

(1

R2 − r21

− 1

R2 − r22

)+

p1

p1 + p2R2 − p2

p1 + p2(R2 − r2

2 − r24) .

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2.6 Bilanz der Energie 119

2.6 Bilanz der Energie

Aufgabe 2.6-1 Zylinder mit Warmefluß

Gegeben ist das ebene Geschwindigkeitsfeld ei-ner stationaren reibungsbehafteten Stromung

u1 =−a x2

r2,

u2 =a x1

r2

mit r2 = x21 + x2

2. Die Anderung der inne-ren Energie DE/Dt ist null. Volumenkraftekonnen vernachlassigt werden.

a) Wie groß ist die Anderung der kinetischen Energie der Flussigkeit in einem durchzwei konzentrische Kreiszylinder der Lange L abgegrenzten Volumen (siehe Skizze).Hinweis:

DK

Dt=

D

Dt

∫ ∫(V (t))

∫ u2

2dV =

∫∫(V )

2

Du2

DtdV .

b) Berechnen Sie die durch die Zylinderflachen r = r1 und r = r2 zugefuhrte Warme,wenn der Warmestromvektor durch

q1 = −2 η a2 x1

r4, q2 = −2 η a2 x2

r4

gegeben ist.c) Berechnen Sie die von den Oberflachenkraften an der abgegrenzten Flussigkeit ge-

leistete Arbeit pro Zeiteinheit ohne direkte Integration des Ausdrucks∫(S)

∫u · t dS .

Hinweis: Benutzen Sie die Energiegleichung (S. L.(2.113)).

Geg.: r1, r2, L, a, η,

Losung

a) Fur die Anderung der kinetischen Energie

DK

Dt=

∫∫(V )

2

Du2

DtdV

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120 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

benotigen wir das Quadrat der Geschwindigkeit

u2 =a2x2

2

r4+a2x2

1

r4=a2

r2.

Die materielle Ableitung der kinetischen Energie verschwindet:

D

Dt

(u2

2

)=

1

2

(u1∂u2

∂x1+ u2

∂u2

∂x2

)

=1

2

(−a x2

r2

(−2a2

r3

)x1

r+a x1

r2

(−2a2

r3

)x2

r

)= 0

und man erhalt:DK

Dt= 0 .

b) Die zugefuhrte Warme Q

Q = −∫(S)

∫q · n dS

berechnet sich mit dem vorgegebenen Warmestromvektor

q = −2 η a2(x1

r4e1 +

x2

r4e2

)und dem Einheitsnormalenvektor auf den Mantelflachen

n = ±(x1

re1 +

x2

re2

),

fur die innere Mantelflache (r = r1) zu

Q1 = −∫(S1)

∫ 2 η a2

r3r dϕdx3 = −2 η a2

r31

2π r1 L ,

Q1 = −4 η a2 π

r21

L .

Am außeren Zylinder ist der Normalenvektor antiparallel zum Normalenvektor derInnenflache, so daß sich der Warmestrom auf der Flache S2 zu

Q2 =4 η a2 π

r22

L ,

und damit der gesamte Warmestrom zu

Q = 4 η a2 π L

(1

r22

− 1

r21

)

ergibt.

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2.6 Bilanz der Energie 121

c) Die Energiebilanz (S. L. (2.113))

D

Dt(K + E) = P + Q

reduziert sich aufP = −Q ,

da nach Voraussetzung DE/Dt = 0 und, wie gezeigt, DK/Dt = 0 ist. Die Leistungder Oberflachenkrafte ist daher∫

(S)

∫u · t dS =

∫(S)

∫q · n dS = −4 η a2 π L

(1

r22

− 1

r21

).

Aufgabe 2.6-2 Energiebilanz bei einer Axialturbinenstufe

Eine Stufe einer Axialturbine besteht aus einem gehausefesten Leitrad und einem mitder Winkelgeschwindigkeit Ω = ΩeΩ rotierenden Laufrad. Die Turbine wird von Luft(ideales Gas R, γ) durchstromt. Die Eintrittsgeschwindigkeit c1 an der Stelle [1] ist reinaxial c1 = caxeΩ. An der Stelle [3] tritt Luft ebenfalls rein axial wieder aus c3 = caxeΩ.Fur sehr kleine SchaufelhohenH1,H3 gegenuber dem mittleren SchaufelradiusRS lassensich die Schaufeln uber dem Umfang abwickeln. Die Stromungsgroßen konnen uberdem Ein– und Austrittsquerschnitt als konstant angesehen und Volumenkrafte konnenvernachlassigt werden.

a) Der Abstromwinkel am Leitradaustritt α2 ist gegeben. Bestimmen Sie die Win-kelgeschwindigkeit Ω des Laufrads, wenn das Laufrad rein axial angestromt wird(w2 = caxeΩ). Wie groß ist die Umfangskomponente cu3 am Laufradaustritt?

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122 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

b) Berechnen Sie den Abstromwinkel β3 am Laufradaustritt. Skizzieren Sie qualitativdie Schaufeln im Leitrad und Laufrad, fur den Fall, daß die Zustromung jeweilstangential zur Schaufelvorderkante ist (

”stoßfreie Zustromung“).

c) Wie groß ist der Massenstrom m?d) Berechnen Sie die Leistung der Turbine mit Hilfe der Eulerschen Turbinengleichung.e) Bestimmen Sie aus der Energiegleichung in Integralform fur das eingezeichnete Kon-

trollvolumen (KV) die Temperatur T3 am Laufradaustritt, wenn keine Warme zu-gefuhrt wird.

f) Berechnen Sie die Dichte 3 und die Hohe H3 am Laufradaustritt.

Geg.: R, γ, RS, H1, cax, p1, T1, p3, α2

Losung

a) Die Winkelgeschwindigkeit des Laufrades ermitteln wir aus demGeschwindigkeitsdreieck am Laufradeintritt:

tanα2 =|u||w2| (1)

mit w2 = cax2 eΩ = cax eΩ und |u| = ΩRS erhalten wir aus (1)

Ω =cax

RStanα2 . (2)

An der Stelle [3] verlaßt die Stromung die Turbinenstufe wieder rein axial c3 = cax eΩ,d. h. cu3 = 0.

b) Den Abstromwinkel β3 erhalten wir aus dem Geschwindigkeits-dreieck am Laufradaustritt:

tan β3 =|u||c3| =

ΩRS

cax.

Mit (2) folgt hieraus β3 = α2.

c) Der Massenstrom m durch die Stufe:Wir bezeichnen den Stromungsquerschnitt am Eintritt des Leitrades (Stelle [1]) mitS1 (der Normalenvektor dieser Flache ist n = −eΩ, die Stromungsgroßen sind uberS1 konstant) und erhalten

m = −∫(S1)

∫ c · n dS = 1 cax 2π RS H1 .

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2.6 Bilanz der Energie 123

Mit der Zustandsgleichung fur thermisch ideales Gas folgt dann

m =p1

RT1

cax 2π RS H1 . (3)

d) Leistung der Turbinenstufe:Da sich nur die Laufrader der Turbine bewegen, kann die Flussigkeit nur an ihnenArbeit verrichten. Die Eulersche Turbinengleichung lautet fur das Laufrad zwischenden Stellen [2] und [3]

M = m (r3 cu3 − r2 cu2) . (4)

Die Abstromung vom Laufrad ist rein axial cu3 = 0, mit r2 = RS gilt

M = −mRS cu2 .

Dieses Moment wirkt vom Laufrad auf die Flussigkeit:

M = −mRS cu2 eΩ .

Die vom Moment pro Zeiteinheit geleistete Arbeit ist

P = M · Ω = −mRS cu2 ΩeΩ · eΩ ,

d. h. P = −mRS cu2 Ω . (5)

Die Vektoren M und Ω bilden einen stumpfen Winkel (180), die Leistung P istnegativ und wird daher von der Flussigkeit dem Laufrad zugefuhrt (Turbokraftma-schine). Mit den Gleichungen (2) und (3) entsteht aus (5)

P = − p1

RT1c3ax 2π RS H1 tan2 α2 . (6)

e) Die Temperatur T3 am Laufradaustritt:Der Flussigkeit wird keine Warme zu– oder abgefuhrt, Volumenkrafte konnen ver-nachlassigt werden; die Energiegleichung in Integralform (S. L. (2.114)) lautet indiesem Fall

D

Dt

∫ ∫(V (t))

∫ [ci ci2

+ e] dV =

∫(S)

∫ci ti dS . (7)

Wir verwenden das skizzierte raumfeste Kontroll-volumen und erhalten mit dem ReynoldsschenTransporttheorem (S. L. (1.96)) die Form

∂t

∫∫(V )

∫ [ci ci2

+ e] dV

+∫(S)

∫ [ci ci2

+ e] (cj nj) dS

=∫(S)

∫ci ti dS . (8)

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124 2 Grundgleichungen der Kontinuumsmechanik

Im Integrationsbereich (V ) ist die Energie bei konstanter Drehgeschwindigkeit Ωzeitlich konstant, es gilt

∂t

∫∫(V )

∫ [ci ci2

+ e] dV = 0 .

Auf den Flachen SL, SR ist cj nj = 0, auf SW cj = 0 und es entsteht∫S1

∫ [ci ci2

+ e] (cj nj) dS +

∫S3

∫ [ci ci2

+ e] (cj nj) dS

=∫S1

∫ci ti dS +

∫S3

∫ci ti dS +

∫SL

∫ci ti dS +

∫SR

∫ci ti dS . (9)

Die Summe der beiden letzten Integrale auf der rechten Seite ist die dem Rotorzugefuhrte Leistung P aus d). Auf den Flachen S1, S3 sind die Stromungsgroßenkonstant und wir erhalten mit t = −pn, e = cv T durch Auswertung der Integralein (9):

m

(cv T3 +

p3

3−

(cv T1 +

p1

1

))= P

oder mit h = e+ p/ m(h3 − h1) = P . (10)

Dann folgt aus der kalorischen Zustandsgleichung h = cp T auch

T3 =P

m cp+ T1 . (11)

f) Mit Gleichung (11) ist die Dichte 3 am Laufradaustritt durch 3 = p3/(RT3) gege-ben. Mit der Kontinuitatsgleichung zeigt man

1 cax 2π RS H1 = 3 cax 2π RS H3

und erhalt H3 = ( 1/ 3)H1 .

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3 Materialgleichungen

Aufgabe 3-1 Geschwindigkeit eines Floßes

Ein leichtes Floß (Lange L, Breite b, Masse m)schwimmt mit konstanter Geschwindigkeit uF

einen Fluß hinunter, da die Komponente derSchwerkraft in Bewegungsrichtung gleich derReibungskraft Fx an der Unterseite des Flo-ßes ist und die Stromungsgeschwindigkeit U∞des Wassers (η, ) fernab vom Floß ebenfallskonstant ist. Die freie Oberflache des Flussessei um den Winkel α zur Horizontalen ge-neigt.

Das Grenzschichtprofil an der Floßunterseite sei:

u(x, y) = ∆u

⎡⎣2y

δ(x)−

(y

δ(x)

)2⎤⎦ fur 0 ≤ y ≤ δ(x)

mit δ(x) =

√30

x η

∆u, ∆u = uF − U∞ .

a) Berechnen Sie die Reibungskraft Fx an der Unterseite des Floßes (zweckmaßigerweisedurch direkte Integration der Schubspannung an der Floßunterseite).

b) Wie groß ist die Geschwindigkeit uF des Floßes?

Anmerkung: Das Floß erreicht eine hohere Geschwindigkeit als das von ihm verdrangteWasser, obwohl die treibende Kraft mg sinα dieselbe ist. Im Wasser fande turbulenteDissipation statt, deren Leistung dem Floß zur Uberwindung des Reibungswiderstandeszur Verfugung steht.

Geg.: L, b, m, η, , g, α, U∞

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126 3 Materialgleichungen

Losung

a) Reibungskraft Fx:Eine Integration uber die Schubspannung an der Floßunterseite liefert:

Fx→Flussigk. =∫AF

∫τyx ny dS ,

wobei die Komponente des Spannungstensors bei Newtonschen Flussigkeiten

τyx = τxy = 2 η exy = 2 η1

2

(∂u

∂y+∂v

∂x

)

lautet. Angewandt auf das vorliegende Problem

∂v

∂x= 0 ,

∂u

∂y= ∆u

(2

δ(x)− 2 y

δ(x)2

)

erhalten wir fur y = 0

τyx = 2 η∆u1

δ(x).

Die gesuchte Reibungskraft berechnen wir nun mit ny = −1 zu

Fx = −Fx→Flussigk. = 2 η∆u b

L∫0

dx

δ(x)

= 2 η∆u b

L∫0

(30

x η

∆u

)−1/2

dx

=4√30η∆u b

√ReL . (mit ReL =

∆uL

η)

b) Floßgeschwindigkeit uF

Die am Floß angreifenden Krafte befinden sich im Gleich-gewicht, weil sich das Floß mit konstanter Geschwindigkeitbewegt:

Fx ex −mg sinαex = 0 .

Mit dem Ergebnis aus Teil a) ergibt sich

mg sinα = 4∆u3/2 b

√Lη

30

⇒ uF = U∞ +

(mg sinα

4 b

√30

)2/3

.

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127

Aufgabe 3-2 Energiebilanz bei einem Gleitlager

Fur h/R 1 kann der Lagerspalt des oben dargestellten, mit Newtonscher Flussig-keit gefullten, unbelasteten Gleitlagers abgewickelt werden, so daß die Stromung imkartesischen Koordinatensystem x1, x2 behandelt werden kann, in dem die Geschwin-digkeitsverteilung durch

u1(x2) = ΩRx2

h, u2 = u3 = 0

gegeben ist. Die Stromung ist stationar, eben und von x1 unabhangig. Die Stoffwerte , η und λ sind konstant, Volumenkrafte sind zu vernachlassigen, alle Großen sind aufdie Tiefeneinheit bezogen.

a) Welches Moment MA muß bei stationarem Betrieb auf den Lagerzapfen wirken,welche Antriebsleistung PA ist notwendig?

b) Berechnen Sie die Dissipationsfunktion Φ fur die angegebene Geschwindigkeitsver-teilung!

c) Ermitteln Sie die im Lagerspalt dissipierte Energie PV durch Integration der Dis-sipationsfunktion uber das Spaltvolumen! Vergleichen Sie dieses Ergebnis mit derAntriebsleistung PA!

d) Welcher Warmestrom Qab muß der Flussigkeit im stationaren Betrieb entzogen wer-den?

e) Wie groß muß der Temperaturgradient an der Lagerschale (x2 = 0) sein, wenn dergesamte Warmestrom Qab uber die Lagerschale abfließt?

f) Bestimmen Sie die Temperaturverteilung T (x2) im Spalt, wenn die Lagerschale aufkonstanter Temperatur TS gehalten wird!

Geg.: , η, λ, R, h, Ω, TS

Losung

a) Antriebsmoment und Antriebsleistung:Das Antriebsmoment ist

MA =∫Sz

∫τw R dS .

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128 3 Materialgleichungen

Mit der Wandschubspannung

τw = η∂u1

∂x2

∣∣∣∣∣x2=h

= ηΩR

h

erhalt man die Form

MA =

2π∫ϕ=0

ηΩR

hRR dϕ = 2π η

ΩR3

h

fur das Moment pro Tiefeneinheit, woraus die Beziehung folgt

PA = MA Ω = 2π ηΩ2 R3

h.

b) Die Dissipationsfunktion Φ:Die Dissipationsfunktion fur Newtonsche Flussigkeiten ist definiert als ((S. L. (3.6a))

Φ = λ∗ ekk eii + 2 η eij eij

und stellt die pro Volumen und Zeiteinheit dissipierte Energie dar. Aus

D

Dt= 0 folgt ekk = eii = 0 .

Die einzigen nichtverschwindenden Komponenten des Deformationsgeschwindig-keitstensors

eij =1

2

(∂ui

∂xj+∂uj

∂xi

)sind

e21 = e12 =1

2

ΩR

h.

Somit ergibt sich

Φ = 2 η (e12e12 + e21e21) = η(

ΩR

h

)2

.

c) Die dissipierte Energie PV :Die dissipierte Energie pro Zeiteinheit wird aus der Integration von Φ uber dasVolumen pro Tiefeneinheit Vs = 2π Rh gewonnen:

PV =∫VS

∫Φ dV =

∫VS

∫η

Ω2R2

h2dV = η

Ω2R2

h2

∫VS

∫dV

oder

PV = 2π ηΩ2R3

h

⇒ PV = PA !

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129

d) Der Warmestrom Qab:

Die stationare Stromung ist durchdie Gleichungen u1 = u1(x2), u2 =u3 = 0 und ∂/∂x1 = 0 beschrie-ben. Aus der Energiegleichung (S. L.(2.113))

∫ ∫(V (t))

D

Dt

(ui ui

2+ e

)dV = −Qab + PA

ergibt sich somit Qab = PA, da nicht nur die lokale sondern auch die konvektiveAnderung von (ui ui/2 + e) verschwindet. Mit dem Ergebnis aus Aufgabenteil a)erhalt man den Warmestrom zu

Qab = 2π ηΩ2R3

h.

e) Der Temperaturgradient an der Lagerschale (x2 = 0):Fur den abgefuhrten Warmestrom gilt unter Hinzunahme des Fourierschen Warmelei-tungsgesetzes (S. L. (3.8))

Qab =∫(S)

∫qi ni dS =

∫(S)

∫−λ ∂T

∂xini dS .

Bei Anwendung auf das Kontrollvolumen aus Aufgabenteil d) erhalten wir:

Qab =∫

SE+SA

∫−λ ∂T

∂xini dS +

∫SW o

∫−λ ∂T

∂xini dS +

∫SW u

∫−λ ∂T

∂xini dS .

Am Ein– und Austritt ist n = ±e1 und ∂T/∂x1 = 0 und durch die obere Wandfließt keine Warme. Dann ist

Qab =∫

SW u

∫−λ

(∂T

∂x2n2

)dS =

∫SW u

∫λ∂T

∂x2dS .

Die Temperatur ist nur eine Funktion von x2. Daher ist auch ∂T/∂x2 von x1 un-abhangig und es folgt

Qab = λ∂T

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

2π R

⇒ ∂T

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

=Qab

λ 2π R=η

λ

Ω2 R2

h.

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130 3 Materialgleichungen

f) Die Temperaturverteilung T (x2):Mit D /Dt = 0 und De/Dt = 0 vereinfacht sich die differentielle Form der Energie-gleichung (S. L. (4.2)) zu:

0 = Φ +∂

∂xi

(λ∂T

∂xi

).

Mit λ = const und T = T (x2) ergibt sich dann

d2T

dx22

= −Φ

λ= −η

λ

Ω2R2

h2.

Zweimalige Integration ergibt

T (x2) = −ηλ

Ω2 R2

h2

1

2x2

2 + C1 x2 + C2 .

Die Integrationskonstanten werden aus den Randbedingungen bestimmt:

T (x2 = 0) = TS = C2 ,

∂T

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

λ

Ω2R2

h= C1

und man erhalt fur die Temperaturverteilung

T (x2) =η

λΩ2R2

[x2

h− 1

2

(x2

h

)2]

+ TS .

Aufgabe 3-3 Druckgetriebene Papierbreistromung

Papierbrei kann als verallgemeinerte New-tonsche Flussigkeit angesehen werden (S. L.(3.16)) und soll durch einen ebenen Spaltder Hohe h und der Lange L gepumpt wer-den. Die Stromung in der Leitung wirddurch die erste Komponente des Druckgra-dienten ∂p/∂x1 = const aufrecht erhalten.Das Geschwindigkeitsprofil der Stromunghangt nicht von x1 und x3 ab und ist be-kannt. Außerdem ist der Spannungstensorτij gegeben.

Es gilt:

u1(x2) =n

n+ 1

(p1 − p0

mL

)1/n⎛⎝(

h

2

)(n+1)/n

−∣∣∣∣∣h2 − x2

∣∣∣∣∣(n+1)/n

⎞⎠ ,

u2 = 0 ,

τ11 = τ22 = −p ; τ12 = f(x1) .

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131

a) Wie groß ist der Druck p1 um einen vorgegebenen Volumenstrom pro Breiteneinheit

( ˜V = V /b) zu fordern, wenn p0 bekannt ist?b) Die kinetische EnergieK und die innere Energie E im Spalt der Lange L bleiben kon-

stant. Zeigen Sie, daß dann die Arbeit der Oberflachenkrafte als Warme abgefuhrtwerden muß. (Hinweis: Verwenden Sie die Energiegleichung (S. L.(2.114)))

Geg.: Materialkonstanten des Mediums: m, n > 0

Losung

a) Fur den Volumenstrom V gilt:

V =∫(S)

∫u1(x2) dA .

Unter Ausnutzung der Symmetrie von u1 zur Linie x2 = h/2 wird

V = 2

b∫0

h/2∫0

n

n+ 1

(p1 − p0

mL

)1/n⎛⎝(

h

2

)(n+1)/n

−(h

2− x2

)(n+1)/n⎞⎠dx2 dx3

integriert, so daß man eine algebraische Gleichung

V = 2bn

n+ 1

(p1 − p0

mL

)1/n n + 1

2n + 1

(h

2

)(2n+1)/n

fur den Volumenstrom erhalt. Nach Umstellen

p1 = p0 +mL(

2n+ 1

hn˜V)n

(h

2

)−(1+n)

erhalt man den erforderlichen Druck fur einen gegebenen Volumenstrom ˜V pro Brei-teneinheit.

b) Nach der Aufgabenstellung fallt in der Energiegleichung

D

Dt

∫∫(V (t))

∫ (uiui

2+ e

) dV =

∫∫(V )

∫uiki dV +

∫(S)

∫uiti dS −

∫(S)

∫qini dS

die linke Seite weg und das Integral uber die Volumenkraft ki – in diesem Falldie Gravitationsfeldstarke oder Erdbeschleunigung gi – liefert keinen Beitrag, da gi

parallel zur x2-Koordinatenrichtung ist. Somit ergibt sich fur den Warmestrom uberdie Oberflache eines Kontrollvolumens

Q = −∫(S)

∫qini dS = −

∫(S)

∫τijujni dS .

Legt man die Flachen des Kontrollvolumens an die Stellen [1], [0] und dazwischenan die Wande, so fallen die Oberflachenintegrale der Wandbereiche wegen der Haft-bedingung u = 0 weg. Es bleibt der Ausdruck

Q = −∫S1

∫τijujni dS −

∫S0

∫τijujni dS

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132 3 Materialgleichungen

stehen, aus dem sich dann

Q =∫S1

∫τ11u1 dS −

∫S0

∫τ11u1 dS

ergibt. Die Flachen S1 und S0 sind jeweils gleich, die Komponente τ11 ist an derStelle [1] −p1 und an an der Stelle [0] −p0:

Q = (−p1 + p0)∫(S)

∫u1 dS = (p0 − p1)V .

Wie aus Losungsteil a) ersichtlich ist p1 > p0 und somit die Warmemenge Q negativ,also abzufuhren.

Aufgabe 3-4 Schleppstromung einer Nicht–Newtonschen Flus-sigkeit

In einem ebenen Kanal (Breite b), dessenobere Wand sich mit der GeschwindigkeitUW bewegt, stromt eine Nicht–NewtonscheFlussigkeit mit dem Materialgesetz

τij = −pδij + 2η eij + 4β eikekj .

Die Stromung ist stationar und inkompres-sibel. Das Geschwindigkeitsfeld

u1 =UW

hx2 , u2 = 0

und die Temperatur Tu der unteren Wand sind bekannt. Die Volumenkrafte werdenvernachlassigt.

a) Berechnen Sie die Arbeit pro Zeit und Langeneinheit, die notig ist zum Verschiebender oberen Wand. (Hinweis: Berechnen Sie zunachst die Kraft auf die Wand).

b) Berechnen Sie mit Hilfe des Ersten Hauptsatzes (S. L. (2.119))

De

Dt=

1

τijeij − 1

∂qi

∂xi, e = c T , c = const

die Temperaturverteilung T (x2) im Kanal fur den Fall, daß nur an der oberen WandWarme zu- bzw. abgefuhrt wird. Verwenden Sie ein lineares Gesetz fur den Warme-stromvektor (Fouriersches Gesetz).

Geg.: b, h, UW , η, β, λ, c, Tu, T = T (x1)

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133

Losung

a) Die Kraft der bewegten Wand auf die Flussigkeit ist

Fi =∫(S)

∫ti dS =

∫(S)

∫τijnj dS

mit n1 = 0 und n2 = 1. Nur die Kraft in x1–Richtung

F1 =∫(S)

∫t1 dS

geht in die Leistung ein. Mit konstanter Spannungskomponente t1 = τ11n1 + τ21n2

benotigt man fur die Kraft pro Langeneinheit

F1 = τ12b

nur die Komponente

τ12 = 2η e12 + 4β(e12e11 + e22e12)

des Spannungstensors. Mit

e11 = 0 , e22 = 0 , e12 = 12

∂u1

∂x2= 1

2

UW

h

erhalt man fur die Leistung (pro Langeneinheit)

P = F1UW = ηb

hU2

W .

b) Im ersten Hauptsatz mit qi = −λ∂T/∂xi

c

(∂T

∂t+ u1

∂T

∂x1+ u2

∂T

∂x2

)=

1

(τ11e11 + 2τ12e12 + τ22e22) +

λ

(∂2T

∂x12

+∂2T

∂x22

)

fallen alle Terme bis auf

0 = ηU2

W

h2+ λ

∂2T

∂x22

weg. Da T nur eine Funktion von x2 ist, ergibt

d2T

dx22

= −ηλ

U2W

h2

nach zweimaligem Integrieren den Temperaturverlauf

T (x2) = − η

U2W

h2x2

2 + C1x2 + C2 ,

der noch den Randbedingungen angepaßt werden muß. An der unteren Wandherrscht die Temperatur Tu, damit ist C2 = Tu. Die Warmemenge wird nur durch

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134 3 Materialgleichungen

die obere Wand abgefuhrt, d. h. wegen qini = (−∂T/∂xi)ni = 0 an der unterenWand muß

∂T

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

= 0

erfullt werden. Aus dieser Forderung ergibt sich der endgultige Temperaturverlaufzu

T (x2) = Tu − η

U2W

h2x2

2 .

Aufgabe 3-5 Dehnstromung

Ein Flussigkeitszylinder konstanter Dich-te wird einer einfachen Dehnstromungunterworfen, d. h. er wird in axialerRichtung mit konstanter Dehnrate ε =∂uz/∂z = const gedehnt und in den da-zu senkrechten Richtungen gestaucht.Das Problem ist rotationssymmetrisch, d. h. ∂/∂ϕ = 0. Fur das Geschwindigkeitsfeldgilt: ur = ur(r), uϕ = 0, uz = uz(z).

a) Berechnen Sie die radiale Geschwindigkeitskomponente ur in Abhangigkeit von ε.b) Bestimmen Sie die Komponenten des Deformations– und Drehgeschwindigkeitsten-

sors E und Ω.c) Wie lauten die Komponenten des Reibungsspannungstensors P fur eine Newtonsche

Flussigkeit?Die Dehnviskositat ist durch

ηD =Pzz − Prr

ε(1)

definiert. Wie lautet sie, wenn der Flussigkeitszylinder eine Newtonsche Flussigkeitist?

d) Wie lauten die Komponenten des Reibungsspannungstensors P fur eine viskoelasti-sche Flussigkeit, die durch die Materialgleichung

P + λ0DP

Dt = 2ηE , (2)

mit der Zeitableitung

DP

Dt =DP

Dt+ Ω · P− P · Ω− ξ (P ·E + E · P) , (3)

beschrieben wird? (Fur ξ = 0 erhalt man aus (3) die Jaumannsche (S. L. 3.29), furξ = 1 die Oldroydsche (S. L. 3.30) Ableitung.)Geben Sie nun die Dehnviskositat ηD fur eine viskoelastische Flussigkeit an.

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135

Losung

a) Geschwindigkeitskomponente ur:Aus der Kontinuitatsgleichung in Zylinderkoordinaten (S. L. Anhang B.2) folgt

∂r(r ur) = −r ∂uz

∂z= −r ε .

Integration fuhrt zu

ur r = −r2

2ε+ C(z)

oder ur = −r2ε+

C(z)

r.

Fur r → 0 muß die Losung beschrankt bleiben (⇒ C(z) = 0), d. h.

ur(r) = −r2ε . (4)

b) Deformationsgeschwindigkeits– und Drehgeschwindigkeitstensor:Die nicht verschwindenden Komponenten des DeformationsgeschwindigkeitstensorsE (S. L. Anhang B.2) lauten

err =∂ur

∂r= − ε

2, eϕϕ =

1

r

(∂uϕ

∂ϕ+ ur

)= − ε

2, ezz =

∂uz

∂z= ε . (5)

Drehgeschwindigkeitstensor Ω:Wir geben zunachst den Geschwindigkeitsgradiententensor in Zylinderkoordinatenan, indem wir den Nabla–Operator

∇ = er∂

∂r+ eϕ

1

r

∂ϕ+ ez

∂z

auf den Geschwindigkeitsvektor u = ur er + uϕ eϕ + uz ez anwenden (tensoriellesProdukt). Mit den Ableitungen der Einheitsvektoren

∂er

∂r= 0 ,

∂eϕ

∂r= 0 ,

∂ez

∂r= 0 ,

∂er

∂ϕ= eϕ ,

∂eϕ

∂ϕ= −er ,

∂ez

∂ϕ= 0 ,

∂er

∂z= 0 ,

∂eϕ

∂z= 0 ,

∂ez

∂z= 0 ,

erhalten wir

∇u =∂ur

∂rerer +

∂uϕ

∂rereϕ +

∂uz

∂rerez +

1

r

(∂ur

∂ϕ− uϕ

)eϕer +

1

r

(ur +

∂uϕ

∂ϕ

)eϕeϕ +

1

r

∂uz

∂ϕeϕez +

∂ur

∂zezer +

∂uϕ

∂zezeϕ +

∂uz

∂zezez .

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136 3 Materialgleichungen

Der transponierte Tensor (∇u)T lautet

(∇u)T =∂ur

∂rerer +

1

r

(∂ur

∂ϕ− uϕ

)ereϕ +

∂ur

∂zerez +

∂uϕ

∂reϕer +

1

r

(ur +

∂uϕ

∂ϕ

)eϕeϕ +

∂uϕ

∂zeϕez +

∂uz

∂rezer +

1

r

∂uz

∂ϕezeϕ +

∂uz

∂zezez .

Damit folgt der Drehgeschwindigkeitstensor Ω = 1/2(∇u− (∇u)T

)zu

Ω =1

2

(∂uϕ

∂r− 1

r

∂ur

∂ϕ+

1

ruϕ

)ereϕ +

(∂uz

∂r− ∂ur

∂z

)erez

+

(1

r

∂ur

∂ϕ− ∂uϕ

∂r− 1

ruϕ

)eϕer +

(1

r

∂uz

∂ϕ− ∂uϕ

∂z

)eϕez

+

(∂ur

∂z− ∂uz

∂r

)ezer +

(∂uϕ

∂z− 1

r

∂uz

∂ϕ

)ezeϕ

.

Wegen uϕ = 0, ur = ur(r) und uz = uz(z) verschwindet der Drehgeschwindigkeits-tensor identisch

Ω = 0 . (6)

Anderer Weg: Da Zylinderkoordinaten rechtwinklig sind, haben alle Ausdrucke indenen keine Ableitungen vorkommen (die Ortsabhangigkeit der Basisvektoren alsonicht zu Tage tritt) dieselbe Form wie in kartesischen Koordinaten. Der Zusammen-hang zwischen Winkelgeschwindigkeit und Drehgeschwindigkeitstensor (S. L. (1.46))gilt weiterhin

ωkεijk = Ωji

wobei wie bisher die 1–Richtung jetzt der r-Richtung, die 2–Richtung der ϕ- unddie 3–Richtung der z-Richtung entspricht. Aus (S. L. Anhang B) folgt dann wegenωr = ωϕ = ωz = 0 sofort Ω = 0.

c) Newtonsches Materialverhalten:Bei einer inkompressiblen Newtonschen Flussigkeit ist der Tensor der Reibungsspan-nungen durch die Materialgleichung P = 2ηE (S. L. 3.2b) mit dem Deformations-geschwindigkeitstensor verknupft. Da bei der Dehnstromung Flussigkeitselementenur parallel zu den Koordinatenachsen gedehnt werden, sind nur die normalen Rei-bungsspannungen

Prr = −η ε , Pϕϕ = −η ε , Pzz = 2η ε (7)

ungleich null. Dies gilt auch fur das im nachsten Aufgabenteil betrachtete viskoelas-tische Materialverhalten.Die Dehnviskositat ηD bei Newtonscher Flussigkeit folgt mit (7) zu

ηD =Pzz − Prr

ε=

2η ε+ η ε

ε= 3η .

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137

d) Viskoelastisches Materialverhalten:Da die Komponenten von E konstant sind, sind auch die Komponenten von Pkonstant, d. h. DP/Dt = 0 . Mit Ω = 0, folgt aus (3)

DP

Dt = −ξ (P · E + E · P) .

Fur ξ = 0 (Jaumannsche Zeitableitung) verschwindet diese Zeitableitung identischund die Flussigkeit wird durch das Newtonsche Materialgesetz beschrieben.Wir fuhren die Punktprodukte als Matrizenmultiplikationen aus und erhalten

DP

Dt =

ξε

2

⎡⎢⎣⎛⎜⎝ Prr Prϕ Prz

Pϕr Pϕϕ Pϕz

Pzr Pzϕ Pzz

⎞⎟⎠⎛⎜⎝ 1 0 0

0 1 00 0 −2

⎞⎟⎠ +

⎛⎜⎝ 1 0 00 1 00 0 −2

⎞⎟⎠⎛⎜⎝ Prr Prϕ Prz

Pϕr Pϕϕ Pϕz

Pzr Pzϕ Pzz

⎞⎟⎠⎤⎥⎦

= ξε

2

⎛⎜⎝ 2Prr 2Prϕ −Prz

2Pϕr 2Pϕϕ −Pϕz

−Pzr −Pzϕ −4Pzz

⎞⎟⎠ .

Dieser Form entnehmen wir noch, daß P · E + E · P ein symmetrischer Tensor ist.Mit dem Deformationsgeschwindigkeitstensor (5) folgen die nichtverschwindendenKomponenten des Reibungsspannungstensors aus dem Materialgesetz (2):

Prr + λ0 ξ ε Prr = 2η err = −η ε ⇒ Prr = − η ε

1 + λ0 ξ ε,

Pϕϕ + λ0 ξ ε Pϕϕ = 2η eϕϕ = −η ε ⇒ Pϕϕ = − η ε

1 + λ0 ξ ε,

Pzz + λ0 (−2ξ ε Pzz) = 2η ezz = 2η ε ⇒ Pzz =2η ε

1 − 2λ0 ξ ε.

Damit erhalten wir fur eine allgemeine viskoelastische Flussigkeit die Dehnviskositatzu

ηD =Pzz − Prr

ε=

(1 + ξ λ0 ε)(1 − 2ξ λ0 ε).

Fur ξ = 0 erhalten wir die gleiche Dehnviskositat wie bei Newtonschem Material-verhalten, ηD = 3η.

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4 Bewegungsgleichungen fur spezielleMaterialgesetze

4.1 Newtonsche Flussigkeiten

Aufgabe 4.1-1 Poiseuille–Stromung

Zwischen zwei unendlich ausgedehn-ten, ebenen Platten befindet sichinkompressible Newtonsche Flussig-keit konstanter Dichte und Visko-sitat. Volumenkrafte treten nichtauf. Gegeben sind die Spalthohe h,die Komponenten des Druckgradi-enten

∂p

∂x1= −K ,

∂p

∂x2≡ 0 ,

∂p

∂x3≡ 0

sowie das Geschwindigkeitsfeld der Stromung zwischen den Platten (siehe S. L. (6.19)fur U → 0)

u1(x2) =K

2 η

(h2

4− x2

2

), u2 ≡ 0 , u3 ≡ 0 .

a) Zeigen Sie, daß das gegebene Geschwindigkeitsfeld die Kontinuitatsgleichung unddie Navier–Stokesschen Gleichungen erfullt.

b) Wie lauten die Komponenten des Spannungstensors?c) Berechnen Sie die Dissipationsfunktion Φ.d) Welche Energie wird pro Tiefe und Lange im Spalt in Warme dissipiert?e) Berechnen Sie die Hauptspannungen und die Hauptspannungsrichtungen.

Geg.: ∂p/∂xi, ui, h, , η

Losung

a) Setzt man das Geschwindigkeitsfeld nebst seinen Ableitungen und dem Druckgra-dienten in die Gleichungen ein, so zeigt sich, daß diese erfullt sind.

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 139

b) Der Spannungstensor:Das Materialgesetz fur Newtonsche Flussigkeit ist das Cauchy–Poisson–Gesetz

τij = (−p + λ∗ ekk) δij + 2 η eij .

Wegen D /Dt = 0 ist hier ekk = divu = 0, so daß mit eij = 1/2(∂ui/∂xj +∂uj/∂xi)

τij = −p δij + η

(∂ui

∂xj+∂uj

∂xi

)entsteht. Die Komponenten des Spannungstensors sind folglich

τ11 = −p+ η

(2∂u1

∂x1

)= −p , τ22 = −p+ η

(2∂u2

∂x2

)= −p ,

τ12 = η

(∂u1

∂x2+∂u2

∂x1

)= −K x2 , τ23 = η

(∂u2

∂x3+∂u3

∂x2

)= 0 ,

τ13 = η

(∂u1

∂x3+∂u3

∂x1

)= 0 , τ33 = −p+ η

(2∂u3

∂x3

)= −p

bzw. in Matrizenschreibweise

(τij) =

⎛⎜⎝ −p −K x2 0−K x2 −p 0

0 0 −p

⎞⎟⎠ .

c) Die Dissipationsfunktion:Die dissipierte Energie pro Volumen und Zeit ist allgemein Φ = Pij eij, spezialisiertauf das Cauchy–Poisson–Gesetz

Φ = (λ∗ ekk δij + 2 η eij) eij = 2 η eij eij .

Mit

e12 = e21 =1

2

∂u1

∂x2,

e11 = e22 = e33 = 0

wird die Dissipationsfunktion

Φ = 2 η (ei1 ei1 + ei2 ei2 + ei3 ei3)

= η

(∂u1

∂x2

)2

=K2 x2

2

η.

d) Die dissipierte Leistung wird als Integral uber den von der Flussigkeit eingenomme-nen Bereich gewonnen:

PD =∫ ∫(V )

∫Φ dV .

Hier ergibt sich PD pro Langen– und Tiefeneinheit zu

PD =

h2∫

−h2

Φ dx2 =K2 x3

2

3 η

∣∣∣∣∣h2

−h2

=K2 h3

12 η.

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140 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die Verlaufe der x1, x2–Kompo-nenten von Geschwindigkeit, Span-nungstensor und Dissipationsfunk-tion sind in der nebenstehendenSkizze graphisch dargestellt.

e) Die Hauptspannungen und Hauptspannungsrichtungen:Das Eigenwertproblem lautet

(τij − σ δij) lj = 0 . (1)

Aus dem Spannungstensor ist leicht ersichtlich, daß l = (0, 0, 1) mit σ = −p einEigenvektor bzw. ein Eigenwert ist (ebene Stromung!). Daher suchen wir nur nochin der x1, x2–Ebene die beiden anderen Eigenwerte und –vektoren. Die charakteri-stische Gleichung lautet dann

det(−(p+ σ) −K x2

−K x2 −(p+ σ)

)= (p+ σ)2 −K2 x2

2 = 0 .

Hieraus folgen die Eigenwerte zu

(p+ σ) = ±K x2

⇒ σ(1) = −p+K x2 , σ(2) = −p−K x2 .

Die Eigenvektoren berechnen wir nun aus der ersten Gleichung des homogenen Glei-chungssystems (1)

−(p+ σ(k)) l(k)1 −K x2 l

(k)2 = 0

⇒ l(k)1 =

−K x2

p + σ(k)l(k)2

sowie der Normierungsbedingung l(k)21 + l

(k)22 = 1, die wir durch spateres Skalieren

erfullen und daher zunachst l(k)2 = 1 setzen.

Fur σ = σ(1) = −p+K x2 erhalt man

l(1)1 = −1 , |l(1)| =

√(−1)2 + 12 + 02 =

√2

und daher den normierten Vektor

l(1) =1√2

⎛⎜⎝−110

⎞⎟⎠ ,

fur σ = σ(2) = −p−K x2 gilt

l(2)1 = +1 , |l(2)| =

√(1)2 + 12 + 02 =

√2

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 141

also

l(2) =1√2

⎛⎜⎝ 110

⎞⎟⎠ .

Zur Kontrolle versuchen wir aus dem Kreuzprodukt l(1)×l(2) den bereits bekanntenEigenvektor l(3) zu berechnen.

l(1) ×l(2) =1

2

∣∣∣∣∣∣∣e1 e2 e3

−1 1 01 1 0

∣∣∣∣∣∣∣=

1

2

[e1 · 0 + e2 · 0 + e3 · (−2)

]= −e3 ,

was offensichtlich dem negativen Eigenvektor l(3) entspricht. Um l(3) = (0, 0, 1) zuerhalten, mussen wir an einem der beiden anderen Eigenvektoren das Vorzeichenumkehren (die Vorzeichen von Eigenvektoren sind unbestimmt). Wir multiplizierenl(1) mit −1 und erhalten:

σ(1) = −p+K x2 , l(1) = 1√2

⎛⎜⎝ 1−10

⎞⎟⎠ ,

σ(2) = −p−K x2 , l(2) = 1√2

⎛⎜⎝ 110

⎞⎟⎠ ,

σ(3) = −p , l(3) =

⎛⎜⎝ 001

⎞⎟⎠ ,

wobei nun l(1), l(2) und l(3) ein rechtshandiges Koordinatensystem (Hauptachsensys-tem) aufspannen.

Bemerkung:Obwohl der Spannungstensor von x2 abhangt, sind die Hauptspannungen immerunter 45. Dies liegt daran, daß die Stromung lokal immer eine einfache Scher-stromung (Couette-Stromung) ist, deren Hauptspannungsrichtungen ebenfallsunter 45 anzutreffen sind.

Aufgabe 4.1-2 Temperaturverteilung bei einer Poiseuille–Stromung

Es wird die in Aufgabe 4.1-1 berechnete Stromung betrachtet. Die Flussigkeit sei kalo-risch perfekt, habe eine konstante Warmeleitzahl λ, die untere Platte sei warmeisoliert,die obere habe die konstante Temperatur T0.

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142 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

a) Berechnen Sie die Temperaturverteilung T (x2) im Spalt.b) Welche Temperatur stellt sich an der unteren Wand ein?c) Welcher Warmestrom pro Flacheneinheit fließt durch die obere Wand?d) Welche Entropieerhohung Ds/Dt erfahrt die Flussigkeit im Spalt?

Losung

a) Die Temperaturverteilung im Kanal:Die Energiegleichung fur Newtonsche Flussigkeiten lautet (S. L. (4.2))

De

Dt− p

D

Dt= Φ +

∂xi

(λ∂T

∂xi

), (1)

wobei hier T = T (x2) und D /Dt = 0 und e = c T gilt. Die materielle Anderungder inneren Energie verschwindet:

De

Dt= c

DT

Dt= c

(∂T

∂t+ u1

∂T

∂x1

+ u2∂T

∂x2

+ u3∂T

∂x3

)= 0 . (2)

Wegen λ =const und T = T (x2) entsteht daher aus (1) die Form

d2T

dx22

= −Φ

λ

und mit Φ = K2x22/η aus Aufgabe 4.1-1 erhalten wir die Gleichung

d2T

dx22

= −K2

η λx2

2

⇒ dT

dx2= − K2

3 η λx3

2 + C1 (3)

⇒ T (x2) = − K2

12 η λx4

2 + C1 x2 + C2 . (4)

An der unteren Wand Su ist x2 = −h/2 und n = (0,−1, 0). Da sie warmeisoliert ist,gilt fur den Warmestrom

QWu =∫Su

∫−qini dS =

∫Su

∫q2 dS = 0 .

Da der Integrationsbereich beliebig ist, folgt fur q2(x2 = −h/2) = 0. Daraus schließtman nach Anwendung des Fourierschen Warmeleitungsgesetzes

q2 = −λ ∂T∂x2

auf die RandbedingungdT

dx2

∣∣∣∣∣x2=−h

2

= 0 ,

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 143

d. h. der Temperaturgradient verschwindet an der unteren Wand. Aus (3) ergibtsich die erste Konstante zu

0 =K2 h3

24λη+ C1 ⇒ C1 = −K

2 h3

24λη.

Die zweite Integrationskonstante berechnet sich aus T (x2 = +h/2) = T0 und (4) zu

C2 = T0 +5

8

K2 h4

24λη,

so daß die angepaßte Losung schließlich lautet

T (x2) = T0 +K2 h4

24λη

[−2

(x2

h

)4

− x2

h+

5

8

].

b) Die Temperatur an der unteren Wand:

Tu = T

(x2 = −h

2

)= T0 +

K2 h4

24λη

[− 2

16+

1

2+

5

8

]

⇒ Tu = T0 +K2 h4

24λη.

c) Der Warmestrom durch die obere Wand:An der oberen Wand So gilt x2 = h/2 und n = (0, 1, 0), womit sich der Warmestromaus

QWo =∫So

∫−qini dS =

∫So

∫−q2 dS =

∫So

∫λ

dT

dx2dS

berechnet. Mit

λdT

dx2

∣∣∣∣∣x2=

h2

=K2 h3

24 η

[−8

(x2

h

)3

− 1

]x2=h

2

= −K2 h3

12 η= const .

folgt der Warmestrom pro Flacheneinheit zu

Q

A= −q2 = −K

2 h3

12 η(wird abgegeben!) ,

der genau der in Aufgabe 4.1-1 berechneten dissipierten Energie pro Flacheneinheitdes Kanals entspricht.

h/2∫−h/2

Φdx2 =K2 h3

12 η.

d) Die Entropieerhohung:Ds/Dt ergibt sich direkt aus der Gibbsschen Relation

TDs

Dt=

De

Dt+ p

Dv

Dt= 0 − p

2

D

Dt= 0 .

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144 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

De/Dt verschwindet wegen (2), D /Dt ist ebenfalls null. Die Sromung ist also (ob-wohl reibungsbehaftet!) isentrop. Dies ist moglich, weil die in Warme dissipierteEnergie sofort uber die obere Wand abgeleitet wird, was man auch

TDs

Dt= Φ + λ

∂2T

∂x22

= 0

entnimmt.

Aufgabe 4.1-3 Druckgetriebene Kanalstromung mit porosen

Kanalwanden

Nebenstehendes Bild zeigt einen inx1– und x3–Richtung unendlich aus-gedehnten Kanal der Hohe h, der mitNewtonscher Flussigkeit durchstromtwird. Die ebene Stromung ist stati-onar, die Dichte und die Viskositat ηsind konstant, Volumenkrafte sind zu vernachlassigen. Die Begrenzungswande des Ka-nals sind poros, so daß unten durch Einblasen und oben durch Absaugen eine konstanteWandnormalenkomponente VW der Geschwindigkeit erzeugt wird. Der Druckgradientin x1–Richtung ist konstant (∂p/∂x1 = −K). Wegen der unendlichen Ausdehnung desKanals hangt die Geschwindigkeitsverteilung nicht von x1 ab.

a) Berechnen Sie aus der Kontinuitatsgleichung die Verteilung der Geschwindigkeits-komponente in x2–Richtung u2(x2)!

b) Vereinfachen Sie die x1–Komponente der Navier–Stokesschen Gleichungen fur diesesProblem!

c) Wie lauten die Randbedingungen fur die Geschwindigkeitskomponente u1?d) Berechnen Sie die Geschwindigkeitsverteilung u1(x2)!

(Hinweis: Nach Losung der homogenen Gleichung kann die Partikularlosung derinhomogenen Gleichung durch den Ansatz u1p = const ∗ x2 gelost werden.)

Geg.: , η, K, h, VW

Losung

a) Die Geschwindigkeit u2(x2):Da eine absolute Konstante ist, ist auch D /Dt ≡ 0 und aus der Kontinuitatsglei-chung folgt

∂ui

∂xi= 0 .

Der Term ∂u1/∂x1 verschwindet genauso wie alle Ableitungen in x3–Richtung (ebe-nes Problem), und wegen

∂u2

∂x2= 0

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 145

schließen wir aufu2 = const .

Mit den Randbedingungenu2(0) = u2(h) = VW

laßt sich die Geschwindigkeit bestimmen:

u2 = VW .

b) Die x1–Komponente der Navier–Stokesschen Gleichungen:Mit k = 0, , η = const, stationarer Stromung, ∂u1/∂x1 = ∂u1/∂x3 = 0, u2 = VW ,u3 = 0 folgt

VW∂u1

∂x2= − ∂p

∂x1+ η

∂2u1

∂x22

= K + η∂2u1

∂x22.

Mit ν = η/ und ∂u1/∂x2 = du1/dx2 erhalten wir

VWdu1

dx2

=1

K + ν

d2u1

dx22.

c) Die Randbedingungen:Die Randbedingungen ergeben sich aus der Haftbedingung an der Wand zu

u1(x2 = 0) = 0 , u1(x2 = h) = 0 .

d) Die Geschwindigkeitsverteilung u1(x2):Als Ergebnis des Aufgabenteils b) erhielt man die folgende gewohnliche, lineare,inhomogene Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten:

νd2u1

dx22− VW

du1

dx2= −K

.

1.) Die homogene Losung folgt aus

νd2u1

dx22− VW

du1

dx2= 0 .

Mit dem Ansatz u1(x2) = C eλx2 erhalt man das charakteristische Polynom

ν λ2 − VWλ = 0 ,

die Eigenwerteλ1 = 0 , λ2 = VW /ν

und somitu1h

= C1 + C2 eVW

νx2 .

2.) Die Partikularlosung erfordert den Ansatz

u1p = C3 x2 + C4 .

Durch Einsetzen ergeben sich die Konstanten C3 = K/( VW ) und C4 = 0.

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146 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die allgemeine Losung

u1(x2) = u1h+ u1p = C1 + C2 e

VW x2ν +

K

VWx2

ist mit den Randbedingungen aus Aufgabenteil c)

u1(0) = C1 + C2 = 0

u1(h) = C1 + C2 eVW h

ν + K h VW

= 0

⇒ −C1 = C2 =K h

VW

1

1 − eVW h

ν

anzupassen, so daß die gesuchte Geschwindigkeitsverteilung lautet

u1(x2) =K h

VW

⎛⎝x2

h− 1 − e

VW x2ν

1 − eVW h

ν

⎞⎠ .

Nebenbemerkung:Bildet man in obiger Gleichung den Grenzubergang VW → 0, so ergibt sich dasbekannte Geschwindigkeitsprofil der ebenen Kanalstromung

limVW→0

u1(x2) =K h2

2 η

(x2

h−

(x2

h

)2).

Aufgabe 4.1-4 Grenzschichtabsaugung

Eine Newtonsche Flussigkeit stromtstationar und inkompressibel uber ei-ne in x– und z–Richtung unendlichausgedehnte Platte, wobei sich eineGrenzschicht ausbildet, die normaler-weise mit steigendem x anwachst. Ander Platte soll nun aber pro LangeL soviel von der Grenzschicht abge-saugt werden, daß die sich einstellendeGeschwindigkeitsverteilung von x un-abhangig wird. Der Druck p wird als konstant angenommen. Weit weg von der Plattehat die Geschwindigkeitskomponente u(y) den Wert U∞.

a) Wie lauten die Randbedingungen fur das Geschwindigkeitsfeld?b) Ermitteln Sie aus der Kontinuitatsgleichung die Geschwindigkeitskomponente v(y).c) Vereinfachen Sie die x-Komponente der Navier-Stokes-Gleichungen und berechnen

Sie die Geschwindigkeitskomponente u(y).d) Zeigen Sie, daß der durch die Flache D − C tretende Massenstrom gleich dem ab-

gesaugten Massenstrom mab ist.

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 147

e) Berechnen Sie den Widerstand pro Tiefeneinheit des Plattenstuckes der Lange Ldurch direkte Integration der Wandschubspannung.

f) Berechnen Sie die Widerstandskraft mit der x-Komponente des Impulssatzes, ange-wendet auf ein Kontrollvolumen ABCD.

Geg.: U∞, η, , v0

Losung

a) Die Haftbedingung an der Wand verlangt

u(y = 0) = 0 ,

Im Unendlichen istlimy→∞ u(y) = U∞ .

Die Geschwindigkeitskomponente v muß an der Wand den Wert der Absaugege-schwindigkeit annehmen:

v(y = 0) = −v0 .

b) Die Dichte ist konstant, also gilt auch D /Dt=0 und die Kontinuitatsgleichunglautet

∂u

∂x+∂v

∂y+∂w

∂z= 0 .

Die Stromung ist eben (∂/∂z = 0) und ∂u/∂x = 0. Man erhalt somit

∂v

∂y= 0 bzw. v = v(x) = const ,

da v auch nicht von x abhangt. Mit der Randbedingung v(y = 0) = −v0 wird dieGeschwindigkeitskomponente

v = −v0 ,

ist also konstant im ganzen Stromungsfeld.c) Mit v = −v0, ∂u/∂x = 0, ∂u/∂z = 0 sowie konstantem Druck p erhalt man im Fall

stationarer Stromung ohne Volumenkrafte

− v0∂u

∂y= η

∂2u

∂y2

bzw. mit ∂u/∂y = du/dy und ν = η/

−v0du

dy= ν

d2u

dy2

Dies ist eine gewohnliche, lineare, homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung,deren Losung wir Aufgabe 4.1-3 entnehmen:

u(y) = C1 + C2 e−v0

νy .

Die Konstanten C1 und C2 ergeben sich aus den Randbedingungen zu

C1 = −C2 = U∞

und man erhalt fur die Geschwindigkeitskomponente

u(y) = U∞(1 − e−v0

νy) .

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148 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

d) Die Massenstrome:Bei Anwendung der Kontinuitatsgleichung in integraler Form fur das Kontrollvolu-men VABCD∫

AD

∫ u · n dS +

∫BC

∫ u · n dS +

∫DC

∫ u · n dS +

∫AB

∫ u · n dS = 0

verschwinden die beiden ersten Integrale wegen des gleichen Geschwindigkeitsprofilsund wir erhalten den Massenstrom zu

mab =∫AB

∫ u · n dS = −

∫DC

∫ u · n dS = mzu .

e) Der Widerstand:Die Widerstandskraft ist

Fw = FFlussigkeit→Platte · ex =∫Sp

∫t · ex dS ,

beziehungsweise in Indexnotation mit t1 = τj1 nj

Fw = F1 =∫Sp

∫t1 dS =

∫Sp

∫τj1nj dS , j = 1, 2 .

Mit den Komponenten des Normalenvektors n1 = 0,n2 = 1 und n3 = 0 erhalten wir

Fw =∫Sp

∫τ21 dS .

Das Materialgesetz der Newtonschen Flussigkeiten lautet (Cauchy–Poisson)

τij = −p δij + λ∗ ekk δij + 2 η eij ,

und daher erhalten wir fur die gewunschte Komponente des Spannungstensors:

τ21|x2=0 = 2 η e21|x2=0 = η∂u1

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

= η∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=0

.

Mit∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=0

= U∞v0

νe

−v0ν

y

∣∣∣∣y=0

= U∞v0

ν

wird die Schubspannungτ21|y=0 = U∞ v0

und die Widerstandskraft

Fw =∫Sp

∫ U∞ v0 dS = U∞ v0 L .

Die Widerstandskraft hangt nicht von der Viskositat der Flussigkeit ab!

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 149

f) Widerstandskraft mit Impulssatz:Die x–Komponente des Impulssatzes angewandt auf das Kontrollvolumen aus Auf-gabenteil b) fuhrt auf

∫AD

∫ (u · ex) (u · n) dS +

∫BC

∫ (u · ex) (u · n) dS +

+∫DC

∫ (u · ex) (u · n) dS +

∫AB

∫ (u · ex) (u · n) dS =

∫AD

∫t · ex dS +

∫BC

∫t · ex dS +

∫DC

∫t · ex dS +

∫AB

∫t · ex dS ,

wobei sich die Integrale uber die Flachen AD und BC wieder jeweils aufheben, weilan diesen Flachen gleiche Stromungsverhaltnisse herrschen, und an der Wand ABder Anteil wegen u · ex = 0 ebenfalls verschwindet.Der letzte Term der rechten Seite ist die Kraft, die die Platte auf die Flussigkeitausubt:

∫AB

∫t · ex dS = FxPlatte→Flussigkeit = −Fw .

Es verbleibt also ∫DC

∫ (u · ex)(u · n) dS =

∫DC

∫t · ex dS − Fw .

Mit∫DC

∫ (u · ex)(u · n) dS = −

∫DC

∫ U∞ (1 − e

−v0ν

y) v0 dS = − U∞ v0 (1 − e−v0

νδ)L

und ∫DC

∫t · ex dS = η

∫DC

∫∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=δ

dS = U∞ v0 L e−v0

νδ

erhalt man fur die Widerstandskraft

Fw = U∞ v0 L e−v0

νδ + U∞ v0 (1 − e

−v0ν

δ)L = U∞ v0 L ,

entsprechend dem Ergebnis aus Aufgabenteil d). Liegt die Flache DC bei y → ∞, soverschwindet das Integral des Spannungsvektors uber diese Flache und die Wider-standskraft entspricht der x-Komponente des Impulsflusses durch die Flache DC.

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150 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.1-5 Vermischung zweier Flussigkeitsstrome

In einem ebenen Kanal (Hohe 2h) stromt inkompressibel, stationar Newtonsche Flussig-keit ( , η = const). In der Kanalmitte befindet sich eine unendlich dunne Platte. Die Ka-nalwande bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit U in der positiven x1–Richtung.Die beiden durch die Platte getrennten Flussigkeitsstrome vermischen sich nach demPlattenende. An der Stelle [2] hat sich wieder ein Geschwindigkeitsprofil u1 = u1(x2)ausgebildet, das sich mit x1 nicht mehr andert.

Bei der Losung konnen Volumenkrafte vernachlassigt werden.

a) Zeigen Sie mit Hilfe der Bewegungsgleichungen, daß sich der Druckgradient ∂p/∂x1

ab der Stelle [2] nicht mehr andert.b) Berechnen Sie den Volumenstrom pro Tiefeneinheit V an der Stelle [1].c) Bestimmen Sie das Geschwindigkeitsprofil u1 = u1(x2) an der Stelle [2] aus der

Forderung, daß die Flussigkeitsteilchen bei x2 = ±h an der Wand haften und derForderung, daß der Volumenstrom an der Stelle [2] gleich dem Volumenstrom ander Stelle [1] ist. Zeigen Sie damit, daß der Druckgradient von null verschieden seinmuß, sich also eine Druck–Schleppstromung einstellen muß.

d) Wie groß ist der Druckgradient?

Geg.: h, U , , η

Losung

a) Druckgradient ∂p/∂x1:Zur Bestimmung des Druckgradienten an der Stelle [2] gehen wir von den Navier–Stokesschen Gleichungen (S. L. (4.1)) aus. Zunachst folgt aus der Kontinuitatsglei-chung (S. L. (2.5))

∂u1

∂x1+∂u2

∂x2= 0

fur die Stelle [2], wo u1 voraussetzungsgemaß nur eine Funktion von x2 ist

∂u2

∂x2= 0 ,

also u2 = u2(x1). Die Kanalwande konnen nicht durchstromt werden, d. h. u2 = 0bei x2 = ±h. Wir schließen daraus, daß bei [2] u2 identisch null ist.

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 151

Die x1–Komponente der Navier–Stokesschen Gleichung vereinfacht sich dann zu

∂2u1

∂x22

=1

η

∂p

∂x1. (1)

Differenzieren wir (1) partiell nach x1, so erhalten wir:

∂x1

(∂2u1

∂x22

)=

1

η

∂2p

∂x12.

Die linke Seite dieser Gleichung ist null, da u1 nur eine Funktion von x2 ist. Daherist ∂p/∂x1 an der Stelle [2] eine Konstante, die wir −K nennen.

b) Volumenstrom pro Tiefeneinheit V :Den Volumenstrom pro Tiefeneinheit bei [1] erhalten wir durch Integration der Ge-schwindigkeit u1(x2) uber die Kanalhohe. Die Stromung ist reibungsbehaftet. Daherhaften Flussigkeitsteilchen an der Wand und an der Stelle [1] beobachtet man dasGeschwindigkeitsprofil einer Couette–Stromung (Einfache Scherstromung):

−h < x2 < 0 : u1 = −U x2

h,

0 < x2 < h : u1 = Ux2

h.

Die Integration liefert:

V =

0∫−h

u1 dx2 +

h∫0

u1 dx2 = U h .

c) Geschwindigkeitsprofil u1 = u1(x2) bei [2]:Zur Bestimmung des Geschwindigkeitsprofils an der Stelle [2] losen wir die Navier–Stokessche Gleichung (1) durch zweimaliges Integrieren. Wir erhalten die allgemeineLosung zu

u1(x2) = −K

2 ηx2

2 + C1 x2 + C2 .

Fur verschwindenden Druckgradienten (K = 0), also

u1(x2) = C1 x2 + C2

folgt aus der Haftbedingung u1 = U fur x2 = ±hu1(x2) = C2 = U , C1 = 0 .

Damit ergibt sich der Volumenstrom V = 2U h, so daß die Kontinuitatsgleichungverletzt ist. Die integrale Form der Kontinuitatsgleichung fuhrt unmittelbar auf dieAussage, daß der Volumenstrom V eine absolute Konstante ist. D. h., es muß sichaus Grunden der Kontinuitat ein Druckgradient einstellen.Fur K = 0 ergeben sich die Konstanten nunmehr zu

C1 = 0 , C2 = U +K

2 ηh2

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152 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

und damitu1(x2)

U= 1 +

K

2 η

h2

U

[1 −

(x2

h

)2].

d) Druckgradient:Die Konstante K = −∂p/∂x1 bestimmen wir aus der Forderung, daß der Volumen-strom bei [1] gleich dem Volumenstrom bei [2] ist:

U h =

h∫−h

U +

K

2 ηh2

[1 −

(x2

h

)2]

dx2

= U 2h +K

2 ηh2

[2h− 2

3h].

Die gesuchte Konstante ist

K = −3

2ηU

h2.

Das gesuchte Geschwindigkeitsprofil bei [2]ist

u1(x2)

U= 1 − 3

4

[1 −

(x2

h

)2].

Aufgabe 4.1-6 Widerstand einer unendlich dunnen, ebenen

Platte

Eine unendlich dunne, ebene Platte (Breite in z–Richtung b, Lange L (b L)) wirdin x–Richtung stationar mit U∞ angestromt. Es bildet sich eine laminare Grenzschicht

der Dicke δ(x) =√

30 νx/U∞ aus.

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 153

Die Reynoldszahl sei groß, die Stromung der Newtonschen Flussigkeit inkompressibel.

Das Geschwindigkeitsprofil an der Plattenoberseite habe die Form:

u(x, y)

U∞=

⎧⎪⎨⎪⎩ 2y

δ(x)−

(y

δ(x)

)2

fur 0 ≤ y ≤ δ(x)

1 fur y > δ(x) .

Hinweis: Bei großer Reynoldszahl ist die Grenzschicht dunn und es gelten innerhalb und,bei dem betrachteten Problem, auch außerhalb der Grenzschicht die Ungleichungen

∂u

∂x∼ ∂v

∂y ∂u

∂yund damit

∂v

∂x ∂u

∂y.

Dies hat zur Folge, daß die Stromung außerhalb der Grenzschicht als ausgeglichen be-trachtet werden kann und der Druck innerhalb der Grenzschicht gleich dem Druck amGrenzschichtrand ist.

a) Um welchen Betrag δ1(x) (Verdrangungsdicke) wird die Stromung abgedrangt?b) Man berechne den Widerstand Fw, den die einseitig benetzte Platte der Lange x = L

erfahrt,1.) mit Hilfe des Impulssatzes,2.) durch direkte Integration von

∫(S)

∫t dS uber die Plattenoberflache.

c) Man berechne Re, δ(L) und δ1(L) fur U∞ = 10m/s, U∞ = 50m/s und U∞ =100m/s.

Geg.: U∞, ν = 15, 6 ∗ 10−6 m2/s, L = 1 m, b, p∞, = const

Losung

a) Zur Bestimmung der Verdrangungsdicke δ1(x) wenden wir fur das skizzierte Kon-trollvolumen die Kontinuitatsgleichung fur = const,∫

(S)

∫u · n dS = 0 , (1)

an, mit der Hilfsgroße h1, dem Abstand von der Platte zur oberen Stromlinie an derEintrittsflache:

U∞ b h1 = U∞ b δ1(x) + U∞ b [h1 − δ(x)] + U∞ b δ(x)

1∫0

u

U∞d(y/δ) .

Daraus folgt

δ1(x) = δ(x)

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩1 −1∫

0

[2y

δ−

(y

δ

)2]

d(y/δ)

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭ =1

3δ(x) . (2)

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154 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

b) 1.) Berechnung von Fw durch Auswerten des Impulssatzes:

Zur Bestimmung der Widerstandskraft Fw wenden wir den Impulssatz in Inte-gralform (S. L. (2.43)) in x–Richtung fur das skizzierte Kontrollvolumen∫

(S)

∫t · ex dS =

∫(S)

∫ u · ex (u · n) dS (3)

an. Dazu wird die Gesamtflache S wie folgt aufgeteilt:S = SSL + A1 + A2 + A3 + AP , mit A1 = h1 b, A2 = δ(L) b und A3 = h3 b.Die Hohe h3 ist

h3 = δ1(L) + h1 − δ(L) = h1 − 2

3δ(L) .

Impulsfluß uber die Kontrollflachen:Das Kontrollvolumen wurde so gewahlt, daß die obere und untere KontrollflacheStromflachen bilden. Der Impulsfluß uber die Flachen SSLund AP ist daher nullund die rechte Seite von (3) wird zu

∫(S)

∫ u · ex (u · n) dS = b

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩−U2∞ h1 + U2

∞ h3 + U2∞ δ(L)

1∫0

(u

U∞

)2

d(y/δ)

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭

= b δ(L)U2∞

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩1∫

0

(u

U∞

)2

d(y/δ)− 2

3

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭

= b δ(L)U2∞

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩1∫

0

[2

(y

δ

)−

(y

δ

)2]2

d(y/δ)− 2

3

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭= − 2

15 b δ(L)U2

∞ . (4)

Integral von tx uber die Kontrollflachen:Das Integral der x–Komponente des Spannungsvektors uber S ist:∫

(S)

∫t · ex dS =

∫AP

∫tx dS +

∫A1

∫tx dS +

∫A2

∫tx dS +

∫A3

∫tx dS +

∫SSL

∫tx dS . (5)

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 155

Die x–Komponente des Spannungsvektors an einer Kontrollflache, mit den Kom-ponenten nx und ny des Flachennormalenvektors, lautet

t · ex = tx = τxx nx + τxy ny . (6)

Die Spannungen τxx und τxy sind durch das Cauchy–Poisson–Gesetz (S. L. (3.1a))(ekk = 0)

τxx = −p+ 2 η∂u

∂xund τxy = η

(∂u

∂y+∂v

∂x

)(7)

gegeben. Vernachlassigen wir verabredungsgemaß die Geschwindigkeitsander-ungen in x–Richtung im gesamten Stromungsfeld und berucksichtigen, daß p =p∞ ist, so erhalten wir

tx = −p∞ nx + η∂u

∂yny . (8)

Das Integral von tx uber die Plattenoberflache AP ist gleich dem negativen dergesuchten Widerstandskraft Fw:

Fw = −∫AP

∫tx dS . (9)

Außerhalb der Grenzschicht kann die Stromung im Rahmen der Grenzschicht-theorie als ausgeglichen angesehen werden, da ∂u/∂y gegen null geht. An denKontrollflachen A1, A3 und SSL ist die x–Komponente des Spannungsvektorsdaher tx = −p∞ nx. Wir erhalten fur das Integral des Spannungsvektors uberdiese Flachen∫(A1+A3+SSL)

∫tx dS = p∞ A1 − p∞A3 + p∞(A2 + A3 − A1) = p∞ A2 = p∞ δ(L) b .

An der Kontrollflache A2 ist nx = 1 und ny = 0. Aus (8) folgt damit

∫A2

∫tx dS = b

δ(L)∫0

(−p∞) dy = −p∞ δ(L) b .

Das Integral von tx uber die Gesamtkontrollflache S ist letztlich∫(S)

∫t · ex dS = −Fw .

Aus (3) folgt mit (4) die gesuchte Widerstandskraft zu

Fw =2

15 bU2

∞ δ(L) =2√

30

15 bU2

∞ L1√Re

. (10)

Das Verhaltnis dieser Losung zu der exakten Losung der Grenzschichtgleichungfur dieses Problem (S. L. (12.50)) ist

Fw

Fwexakt

= 1, 0998 .

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156 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

2.) Berechnung von Fw durch direkte Integration von∫(S)

∫t dS:

Aus (9) und (8) folgt mit nx = 0 und ny = −1:

Fw = −∫AP

∫tx dS = b

L∫0

η∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=0

dx . (11)

Die Wandschubspannung τw = η ∂u/∂y|y=0 ist

τw = η

√U3∞ν x

2√30

.

Wir erhalten erwartungsgemaß

Fw =4√30b η

√U3∞ν

√L =

2√

30

15 U2

∞ Lb1√Re

.

c) In der folgenden Tabelle sind die Grenzschichtdicken bei einer Plattenlange von 1 mund der kinematischen Viskositat ν = 15, 6 ∗ 10−6 m2/s (trockene Luft bei 1 bar und25C (S. L. Tabelle D.2)) fur verschiedene Anstromgeschwindigkeiten zusammengefaßt.

U∞/ (m/s) Re = U∞ L/ν δ(L)/mm δ1(L)/mm

10 0, 64 ∗ 106 6,84 2,2850 3, 70 ∗ 106 3,06 1,02100 6, 41 ∗ 106 2,16 0,72

Aufgabe 4.1-7 Ebener Wasserstrahl auf einen Keil

Auf einen Keil mit dem Spitzenwinkel 2α trifft symmetrisch zur x–Achse ein ebenerWasserstrahl, der weit vor dem Keil die konstante Geschwindigkeit U0 und die Strahl-dicke h0 besitzt. Infolge der Reibung an der Keilwand bildet sich eine Grenzschicht aus,deren Geschwindigkeitsprofil am Keilende mit

u(y′) = U0 sin

(π y′

2 δL

)

gegeben sei.

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 157

a) Bestimmen Sie die Dicken1.) h fur die reibungsfreie Stromung und2.) δL fur die reibungsbehaftete Stromung.

b) Bestimmen Sie die Kraft, die pro Tiefeneinheit auf den Keil ausgeubt wird, fur denFall, daß1.) die Stromung reibungsfrei ist,2.) die Stromung reibungsbehaftet ist.

c) Wie groß ist die Differenz der so berechneten Krafte fur α = π/2?

Geg.: U0, h0, α,

Losung

a) Zur Bestimmung der Dickeder Flussigkeitsschicht amKeilende wenden wir furdas skizzierte Kontrollvo-lumen die Kontinuitats-gleichung fur = const,∫

(S)

∫u · n dS = 0 , (1)

an:

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158 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

1.) Fur den reibungsfreien Fall erhalten wir aus (1)

U0 h0 = 2U0 h oder h =1

2h0 . (2)

2.) Bei der reibungsbehafteten Stromung wird die Kontinuitatsgleichung (1) mitdem gegebenen Geschwindigkeitsprofil zu:

U0 h0 = 2

δL∫0

U0 sin

(π y′

2 δL

)dy′ = 2U0

2 δL

π

[− cos

(π y′

2 δL

)]δL

0

.

Daraus folgt:

δL =π

4h0 . (3)

b) Zur Bestimmung der Kraft pro Breiteneinheit auf den Keil wenden wir den Impuls-satz in Integralform (S. L. (2.43))∫

(S)

∫t dS =

∫SK

∫t dS +

∫S−SK

∫−p0 n dS =

∫(S)

∫ u (u · n) dS

an. Das Integral uber die Keiloberflache SK ist gleich dem Negativen der gesuchtenKraft

− F =∫(S)

∫ u (u · n) dS . (4)

1.) Fur den reibungsfreien Fall erhalten wir aus (4)

−F =[− U2

0 h0 + 2 U20 h cosα

]ex

und mit (2) schließlich:

F = U20 h0 (1 − cosα)ex .

2.) Bei der reibungsbehafteten Stromung setzen wir in (4) das gegebene Geschwin-digkeitsprofil ein und erhalten:

−F =

⎡⎢⎢⎣− U20 h0 + 2 U2

0 cosα

δL∫0

sin2

(π y′

2 δL

)dy′

⎤⎥⎥⎦ ex

= − U20 h0

⎡⎣1 − 2 cosαδL

h0

1

π

[π y′

2 δL− sin

(π y′

2 δL

)cos

(π y′

2 δL

)]δL

0

⎤⎦ ex

und mit (3):F = U2

0 h0

(1 − π

4cosα

)ex .

Man beachte, daß die Kraft auch in reibungsbehafteter Stromung bei gegebenemGeschwindigkeitsprofil nicht von der Scherviskositat der Flussigkeit abhangt!

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 159

c) Die Differenz der beiden berechneten Krafte ist:

∆ F = Freibungsbehaftet − Freibungsfrei

= U20 h0

(1 − π

4

)cosαex .

Trifft der Strahl auf eine senkrechte Wand, d. h. α = π/2, so verschwindet dieDifferenz der berechneten Krafte.

Aufgabe 4.1-8 Starrkorperrotation und Potentialwirbel

Gegeben ist das Geschwindigkeitsfeld einer inkompressiblen, ebenen Stromung ohneVolumenkrafte

u1 = −k x2 (x21 + x2

2)n ,

u2 = k x1 (x21 + x2

2)n .

a) Berechnen Sie die Strom– und Bahnlinien dieser Stromung.b) Berechnen Sie den Geschwindigkeitsgradienten, den symmetrischen Deformations-

geschwindigkeitstensor eij = 1/2 ∂ui/∂xj + ∂uj/∂xi und den antisymmetrischenDrehgeschwindigkeitstensor Ωij = 1/2 ∂ui/∂xj − ∂uj/∂xi.

c) Untersuchen Sie die Falle n = 0 und n = −1:Fur welchen Wert von n liegt Starrkorperrotation vor, und fur welchen handelt essich um eine Potentialstromung? Welchen Wert hat im Falle der Potentialstromungdie Konstante in der Bernoullischen Gleichung auf verschiedenen Stromlinien?

d) Skizzieren Sie fur die Starrkorperrotation und die Potentialstromung das Geschwin-digkeitsfeld.

e) Bestimmen Sie mit Hilfe des Cauchy–Poisson–Gesetzes den Spannungstensor furn = 0 und n = −1.

f) Berechnen Sie die Beschleunigung eines Flussigkeitsteilchens, das sich gerade aufder x1–Achse befindet, aus der Ersten Cauchyschen Bewegungsgleichung fur denFall der Potentialstromung.

Losung

a) Die Differentialgleichungen der Stromlinie lauten:

dx1

ds=

u1√ukuk

unddx2

ds=

u2√ukuk

.

Der Parameter s wird eliminiert, indem wir die erste Gleichung durch die zweitedividieren:

dx1

dx2=u1

u2.

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160 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Setzen wir das gegebene Geschwindigkeitsfeld ein, so erhalten wir:

x1 dx1 + x2 dx2 =1

2d(x2

1

)+

1

2d(x2

2

)= 0 .

Integration fuhrt zu der Kreisgleichung

x21 + x2

2 = const .

Die Stromlinien sind demnach konzentrische Kreise um den Ursprung. Da das Ge-schwindigkeitsfeld stationar ist, fallen Strom– und Bahnlinien zusammen.

b) Geschwindigkeitsgradient ∂ui/∂xj:

∂u1

∂x1= −k x2n (x2

1 + x22)

n−1 2x1 ,

∂u1

∂x2= −k x2n (x2

1 + x22)

n−1 2x2 − k (x21 + x2

2)n ,

∂u2

∂x1= k x1n (x2

1 + x22)

n−1 2x1 + k (x21 + x2

2)n ,

∂u2

∂x2= k x1n (x2

1 + x22)

n−1 2x2 .

Wir zerlegen ∂ui/∂xj

∂ui

∂xj= eij + Ωij .

Die Komponenten des Deformationsgeschwindigkeitstensors sind:

e11 =∂u1

∂x1= −2k nx1 x2 (x2

1 + x22)

n−1 ,

e12 = e21 =1

2

∂u1

∂x2

+∂u2

∂x1

= k n (x2

1 − x22) (x2

1 + x22)

n−1

und e22 =∂u2

∂x2= 2k nx1 x2 (x2

1 + x22)

n−1 .

Die Komponenten des Drehgeschwindigkeitstensors lauten:

Ω11 = Ω22 = 0 ,

Ω12 = −Ω21 =1

2

∂u1

∂x2− ∂u2

∂x1

= −k (1 + n) (x2

1 + x22)

n .

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 161

c) Speziell n = 0 und n = −1:

n = 0: Fur n = 0 wird eij = 0, d. h. die Flussigkeitsbewegung kann lokal nur eineTranslation und Rotation sein. Fur n = 0 wird der Drehgeschwindigkeitstensorzu

(Ωij) =

(0 −kk 0

).

Er ist nicht von xi abhangig. Die Drehgeschwindigkeit folgt aus

ωn = −1

2Ωij εijn (1)

und da es sich um ein ebenes Problem handelt, ist nur die Komponente ω3 vonnull verschieden:

ω3 = −1

2(Ω12ε123 + Ω21ε213) = k .

Die Stromlinien sind konzentrische Kreise zum Ursprung. Es liegt keine zusatz-liche Translation vor.

n = −1: Fur n = −1 wird Ωij = 0 und daher wegen (1) ωn = 0. Die Stromung istrotationsfrei, d. h. eine Potentialstromung.Bei einer reibungsfreien Potentialstromung hat die Bernoullische Konstante aufallen Stromlinien denselben Wert.

d) Skizze der Stromlinien und des Geschwindigkeitsfeldes:

e) Spannungstensor:Das Cauchy–Poisson–Gesetz hat die Form

τij = −p δij + λ∗ ekk δij + 2η eij .

Da die Stromung inkompressibel ist, ist ekk = 0. Die Komponenten des Spannungs-tensors lauten

τ11 = −p(xi) + 2η e11 = −p(xi) − 4η k nx1 x2 (x21 + x2

2)(n−1) ,

τ12 = τ21 = 2η e12 = 2η k n (x21 − x2

2) (x21 + x2

2)(n−1) ,

τ22 = −p(xi) + 2η e22 = −p(xi) + 4η k nx1 x2 (x21 + x2

2)(n−1) .

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162 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Fur die Spezialfalle n = 0 und n = −1 erhalten wir:

n = 0:

(τij) =

( −p(xi) 00 −p(xi)

).

Das ist der gleiche Spannungszustand wie bei einer Flussigkeit in Ruhe. Obwohldie Flussigkeit reibungsbehaftet ist, treten keine Reibungsspannungen auf, dakeine Relativbewegungen zwischen Flussigkeitsteilchen stattfinden.

n = −1:

τ11 = −p(xi) + 4η kx1 x2

(x21 + x2

2)2,

τ12 = τ21 = = −2η kx2

1 − x22

(x21 + x2

2)2,

τ22 = −p(xi) − 4η kx1 x2

(x21 + x2

2)2.

f) Beschleunigung eines Flussigkeitsteilchens auf der x1–Achse fur n = −1 (Potential-stromung):

Wir gehen von den ersten beiden Komponenten der Cauchyschen Bewegungsglei-chung ohne Volumenkrafte,

Du1

Dt=∂τ11

∂x1+∂τ12

∂x2und

Du2

Dt=∂τ21

∂x1+∂τ22

∂x2, (2)

aus. Die Ableitungen der Komponenten des Spannungstensors in (2) nach den Ko-ordinaten xi fur x2 = 0 sind:

∂τ11

∂x1

∣∣∣∣∣x2=0

=

[− ∂p

∂x1+ 4η k

(x2

(x21 + x2

2)2− 2x1 x2 2x1

(x21 + x2

2)3

)]x2=0

= − ∂p

∂x1,

∂τ12

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

=

[−2η k

( −2x2

(x21 + x2

2)2− 2 (x2

1 − x22) 2x2

(x21 + x2

2)3

)]x2=0

= 0 ,

∂τ21

∂x1

∣∣∣∣∣x2=0

=

[−2η k

(2x1

(x21 + x2

2)2− 2 (x2

1 − x22) 2x1

(x21 + x2

2)3

)]x2=0

=4η k

x31

,

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 163

∂τ22

∂x2

∣∣∣∣∣x2=0

=

[− ∂p

∂x2− 4η k

(x1

(x21 + x2

2)2− 2x1 x2 2x2

(x21 + x2

2)3

)]x2=0

= − ∂p

∂x2− 4η k

x31

.

Eingesetzt in (2) und Auflosen nach den gesuchten Beschleunigungen fuhrt zu

Du1

Dt= −1

∂p

∂x1und

Du2

Dt= −1

∂p

∂x2,

d. h. die Beschleunigung eines Teilchens ist nur vom Druckgradienten und nichtvon den Reibungsspannungen abhangig. Die Erste Cauchysche Bewegungsgleichungreduziert sich hier zu der Eulerschen Gleichung.Dies ist immer der Fall bei inkompressibler Potentialstromung, weil hier zwar nichtdie Reibungsspannungen, wohl aber die Divergenz der Reibungsspannungen ver-schwindet (S.L. Seite 89).

Aufgabe 4.1-9 Energiebilanz einer Potentialwirbelstromung

Ein unendlich langer Kreiszylinder mit dem Ra-dius R1 rotiert mit konstanter Winkelgeschwin-digkeit Ω in Newtonscher Flussigkeit ( , η =const). Aufgrund der Haftbedingung an der Wandhat sich ein Stromungsfeld eingestellt, das furr > R1 dem eines Potentialwirbels entspricht. InZylinderkoordinaten hat das Stromungsfeld dieGeschwindigkeitskomponenten

ur = 0 , uϕ =ΩR2

1

rund uz = 0 .

a) Bestimmen Sie die Zirkulation Γ durch Auswerten des Linienintegrals am Zylinder-umfang.

b) Geben Sie die Dissipationsfunktion Φ in Zylinderkoordinaten an.(Hinweis: Fur Φ gilt Φ = 2η (e2

rr + 2e2rϕ + e2

ϕϕ).)c) Wie groß ist die pro Zeit- und Tiefeneinheit in Warme dissipierte Energie

D

DtE =

∫∫(V )

∫Φ dV

innerhalb der skizzierten Ringflache SR = π (R22 − R2

1)?d) Zeigen Sie, daß die pro Zeiteinheit in Warme dissipierte Energie gleich der an der

Oberflache des Flussigkeitsvolumens verrichteten Leistung P pro Tiefeneinheit ist.

Geg.: , η, R1, R2, Ω

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164 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Losung

a) Zirkulation Γ langs der Zylinderoberflache r = R1:Die Zirkulation ist definiert als

Γ =∮

(C)

u · dx .

Auf dem Zylindermantel ist

u = uϕ|r=R1eϕ = ΩR1 eϕ und dx = R1 dϕeϕ .

Werten wir das Linienintegral aus, so erhalten wir:

Γ =

2π∫0

ΩR21 dϕ = 2πΩR2

1 .

Einsetzen dieses Ergebnisses in das gegebene Geschwindigkeitsfeld fuhrt zu der be-kannten Darstellung des Geschwindigkeitsfeldes eines Potentialwirbels

u =Γ

2π reϕ . (1)

b) Dissipationsfunktion Φ:Die Dissipationsfunktion wird im vorliegenden, ebenen Fall fur inkompressible New-tonsche Flussigkeiten durch

Φ = 2η(e2rr + 2e2

rϕ + e2ϕϕ) (2)

in Zyinderkoordinaten bestimmt. Wir benotigen die in (2) enthaltenen Komponen-ten des Deformationsgeschwindigkeitstensors in Zylinderkoordinaten, die mit demgegebenen Geschwindigkeitsfeld (1) ermittelt werden (S. L. Anhang B):

err =∂ur

∂r= 0 ,

eϕϕ =1

r

∂uϕ

∂ϕ+

1

rur = 0 ,

erϕ =r

2

∂r

(uϕ

r

)+

1

2r

∂ur

∂ϕ= − Γ

2π r2.

Damit wird (2) zu

Φ = η(

Γ

π

)2 1

r4.

c) Pro Zeit- und Tiefeneinheit in Warme dissipierte Energie:Die dissipierte Energie pro Zeit- und Tiefeneinheit ist

D

DtE =

∫∫(V )

∫Φ dV =

2π∫0

R2∫R1

η(

Γ

π

)2 1

r4r dr dϕ

π

R1

)2(

1 −(R1

R2

)2). (3)

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4.1 Newtonsche Flussigkeiten 165

Der Grenzubergang R2 → ∞ fuhrt zu der gesamten, durch den Zylinder dissipiertenEnergie pro Zeit- und Tiefeneinheit:

D

DtE =

η

π

R1

)2

. (4)

d) An der Oberflachenkrafte des Flussigkeitsvolumens verrichtete Leistung pro Tiefen-einheit:

Die Leistung der außeren Krafte pro Tiefeneinheit am Kon-trollvolumen (Ringflache) ist:

P =∫(S)

∫u · t dS . (5)

Den Spannungsvektor t drucken wir durch den Spannungs-tensor T aus, t = n · T. Der Spannungstensor berechnetsich nach dem Cauchy–Poisson–Gesetz fur inkompressible

Stromung zu:

T = −perer − η Γ

π r2ereϕ − peϕeϕ − η Γ

π r2eϕer .

Wir werten das Integral (5) bei r = R1 und R2 aus:r = R1 : Bei r = R1 ist n = −er. Der Spannungstensor am Zylindermantel ist daher:

t = per · erer +η Γ

π R21

er · ereϕ +

+per · eϕeϕ +η Γ

πR21

er · eϕer

= per +ηΓ

π R21

eϕ .

Die Geschwindigkeit am Zylindermantel ist u = Γ/(2π R1)eϕ. Die an der Zylin-dermantelflache verrichtete Leistung pro Tiefeneinheit ist

PR1 =

2π∫0

Γ

2π R1

η Γ

π R21

R1 dϕ =η

π

R1

)2

.

Sie ist gleich der gesamten durch den Zylinder dissipierten Energie pro Zeit– undTiefeneinheit (4).

r = R2 : Bei der außeren Begrenzung des Kontrollvolumens ist n = er. Der Span-nungsvektor bei r = R2 ist daher

t = −per − η Γ

πR22

und die durch t bei r = R2 verrichtete Leistung pro Tiefeneinheit ist

PR2 = − η

π

R2

)2

.

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166 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die gesuchte Leistung P ist

P = PR1 + PR2 =η

π

R1

)2(

1 −(R1

R2

)2)

und damit gleich der dissipierten Energie pro Tiefeneinheit (3).

4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten

Aufgabe 4.2-1 Druck– und Energieerhohung der Flussigkeitbei einer Radialpumpe

Eine Radialpumpe mit der aus derSkizze ersichtlichen Geometrie drehtsich mit konstanter Winkelgeschwin-digkeit Ω = Ωez. Die Pumpe wirdstationar von Flussigkeit ( = const)durchstromt. Der Vektor der Volu-menkraft der Schwere g = − g ez

steht senkrecht auf der Zeichenebe-ne. Im Laufrad befinden sich so vie-le Schaufeln, daß die Stromung alsschaufelkongruent angesehen werdenkann. Die Stromlinien haben danndieselbe Krummung wie die Schau-feln.

a) Man bestimme fur die reibungsfreie Stromung die Komponente des Druckgradienten– in Stromungsrichtung ∂p/∂σ und– senkrecht zur Stromungsrichtung ∂p/∂n.

b) Man spezialisiere das Ergebnis von a) fur den einfacheren Fall, daß der Schaufelwin-kel β(r) = const = 90 ist.

c) Man bestimme fur diesen Fall bei gegebenem Volumenstrom V die Energieerhohungder Flussigkeit in der Pumpe.

Geg.: r1, r2, Schaufelwinkel β(r), Krummungsradius R, Ω,

Losung

a) Komponenten des Druckgradienten:Das Problem wird im mitrotierenden Koordinatensystem behandelt. Dort ist die

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 167

Stromung stationar. Die Cauchysche Bewegungsgleichung lautet im Relativsystem(S. L. (2.68)):

(Dw

Dt

)B

= · T + f , (1)

mitf = − g ez − [2 Ω × w + Ω × (Ω × x)] .

Den Beschleunigungsvektor in naturlichen Koordinatenentnehmen wir (S. L. (1.24)):

D(wt)

Dt=

(∂w

∂t+ w

∂w

∂σ

)t +

w2

Rnσ

und erhalten in reibungsfreier Stromung (T = −p I) Glei-chung (1) in der Form

(w∂w

∂σt +

w2

Rnσ

)= − p + f .

Bezuglich der Basisvektoren des begleitenden Dreibeins schreiben wir

f = fσt+ fn nσ + fb

und erhalten, den Gleichungen (S. L. (4.43) - (4.45)) entsprechend, die Komponen-tenform in naturlichen Koordinaten

w∂w

∂σ= fσ − ∂p

∂σ, (2)

w2

R= fn − ∂p

∂n, (3)

0 = fb − ∂p

∂b. (4)

Fur die gesamte Volumenkraft schreibt man wegen w = wt, Ω = Ωez, x = r er

f = − g ez − 2 Ωw (ez × t) − Ω2 r ez × (ez × er) ,

und mit

(ez × t) = −nσ, ez × (ez × er) = ez × eϕ = −er, ez = −bσdann

f = gbσ + 2 Ωwnσ + Ω2 r er ,

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168 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

oder in der Zerlegung in Bahnrichtung

fσ = f · t = Ω2 r sinβ (5)

beziehungsweise in Bahnnormalenrichtung

fn = f · nσ = 2 Ωw − Ω2 r cosβ . (6)

Man beachte, daß die Corioliskraft nur einen Beitrag normal zur Bahnlinie liefert.Aus (2) und (3) gewinnen wir mit (5) und (6) schließlich die gesuchten Komponentendes Druckgradienten zu

∂p

∂σ= Ω2 r sinβ − w

∂w

∂σ, (7a)

∂p

∂n= 2 Ωw − Ω2 r cosβ −

w2

R.

b) Sonderfall β(r) = π/2:Die Schaufeln sind nicht gekrummt, d. h. R→ ∞ und der Druckgradient vereinfachtsich zu

∂p

∂σ= Ω2 r − w

∂w

∂σ, (7b)

∂p

∂n= 2 Ωw .

Die Stromung zwischen den Schaufeln ist nun rein radial, die Anderung in Bahnli-nienrichtung entspricht daher der Anderung in radialer Richtung. Aus (7b) folgt dieDifferentialgleichung

∂p

∂r= Ω2 r − w

∂w

∂r,

die unmittelbar langs der Bahn (ϕ =const!) zwischen den Stellen [1] und [2] integriertwerden kann

r2∫r1

∂p

∂rdr =

r2∫r1

Ω2 r dr −r2∫r1

w∂w

∂rdr

und die Druckdifferenz

p2 − p1 = Ω2

(r22

2− r2

1

2

)−

(w2

2

2− w2

1

2

)

zwischen den Stellen [1] und [2] liefert. Diese Gleichung gilt langs der Bahnlinie undin der vorliegenden stationaren Stromung langs der Stromlinie. In der Tat handeltes sich um eine spezielle Ableitung der Bernoullischen Gleichung im rotierendenKoordinatensystem. Man uberzeuge sich, daß die Bernoullische Gleichung im allge-meinen Fall aus (1) entsteht.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 169

c) Energieerhohung in der Pumpe:Aus der Energiegleichung (S. L. (2.113))

D

Dt(K + E) = P + Q

ergibt sich fur Q = 0 und in einem Kontrollvolumen im ruhenden System (nur hierverrichten die Schaufeln Arbeit!)

D

Dt

∫∫(V (t))

∫ (c · c2

+ e

) dV =

∫∫(V )

∫ c · k dV +

∫(S)

∫c · t dS .

In adiabater, inkompressibler und reibungsfreier Stromung verschwindet die Ande-rung der inneren Energie (S. L. (9.61)) und wir haben

D

Dt

∫∫(V (t))

∫ e dV =

∫∫(V (t))

De

DtdV = 0 .

Die Leistung der Volumenkrafte verschwindet ebenfalls, da das Innenprodukt derAbsolutgeschwindigkeit

c = w + Ω × x = wer + Ω r eϕ

mit der Volumenkraftk = −g ez

verschwindet. Aus dem Reynoldsschen Transporttheorem folgt daher der Zusam-menhang

∂t

∫∫(V )

∫c · c2

dV +∫(S)

∫ c · c2

(c · n) dS =∫(S)

∫c · t dS ,

der sich weiter vereinfacht, da die kinetische Energie im benutzten Kontrollvolumenbei konstanter Drehgeschwindigkeit Ω zeitlich konstant ist:

∂t

∫∫(V )

∫c · c2

dV = 0 .

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170 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die Stromungsgroßen konnen bei hinreichend vielen Schaufeln als konstant uber dieEintrittsflache S1 und die Austrittsflache S2 angesehen werden, was die Auswertungvon ∫

S1

∫ c · c2

(c · n) dS +∫S2

∫ c · c2

(c · n) dS +∫

S3+S4+Sw

∫ c · c2

(c · n) dS

=∫S1

∫c · t dS +

∫S2

∫c · t dS +

∫S3+S4

∫c · t dS +

∫Sw

∫c · t dS

in geschlossener Form ermoglicht. Zunachst stellen wir fest, daß der dritte Term derlinken Seite wegen c· n = 0 null ist und der Dritte der rechten Seite wegen t = −pn.Mit dem als bekannt vorausgesetzten Volumenstrom V folgt:

− 2

(w2

1 + Ω2 r21

)V +

2

(w2

2 + Ω2 r22

)V = p1 V − p2 V +

∫Sw

∫c · t dS .

Das verbleibende Flachenintegral stellt die Leistung dar, die die Pumpe uber dieAntriebswelle an die Flussigkeit abgibt. Durch einfaches Umstellen folgt:

PK→Fl. =

2V

[(w2

2 + Ω2 r22

)−

(w2

1 + Ω2 r21

)]+ V (p2 − p1) .

Der erste Term rechts ist die Erhohung der kinetischen Energie, der zweite dieErhohung der Druckenergie.

Aufgabe 4.2-2 Druckverteilung in einem Spiralgehause

Das skizzierte Spiralgehause ohne Beschau-felung einer Turbine wird von einem Volu-menstrom V durchsetzt. Die Stromung ha-be konstante Dichte und sei reibungsfrei.Das Spiralgehause (konstante Hohe h) istso ausgebildet, daß der Drall x×c uber denUmfang konstant ist. Volumenkrafte sindvernachlassigbar.

Berechnen Sie den Druck pB am RadiusrB, wenn das Medium bei [A] mit Atmo-spharendruck p0 austritt.

Geg.: R, rA, rB , V , p0,

Losung

Die Bernoullische Gleichung, angewandt auf die Stromlinie von [B] nach [A], lautetwegen pA = p0 (ohne Volumenkrafte)

pB +

2c2B = p0 +

2c2A , (1)

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 171

wobei c2 = c2r + c2ϕ an den Stellen [A] und [B] noch bestimmt werden muß. Aus demVolumenstrom, der in die Ringflache an r eintritt, folgt

cr = − V

2π r h= −A

rmit A =

V

2π h. (2)

Am schaufelfreien Raum wirkt in reibungsfreier Flussigkeit kein Drehmoment und ausder Eulerschen Turbinengleichung folgt

r cu = K oder cu = cϕ =K

r.

Die Konstante K berechnet sich aus der Bedingung, daß die Außenkontur des Spiral-gehauses Stromlinie ist. Die Differentialgleichung dieser Stromlinie

1

r

dr

dϕ=crcϕ

= −A

K

kann sofort integriert werden.

ln r = −A

Kϕ+ lnC .

Die Anfangsbedingung r(ϕ = 0) = R fuhrt auf

lnR

r=A

Kϕ ,

und die noch unbekannte Konstante K folgt aus der Bedingung r(ϕ = 2π) = rB zu

K =2π A

ln RrB

. (3)

Damit erhalt man schließlich

c2A = (A2 +K2)1

r2A

, c2B = (A2 +K2)1

r2B

und so aus der Bernoullischen Gleichung (1)

pB = p0 +

2(A2 +K2)

1

r2A

(1 −

(rA

rB

)2)

bzw. mit (2) und (3)

pB = p0 +

2

(V

2π rA h

)2⎡⎢⎣1 +

⎛⎝ 2π

ln RrB

⎞⎠2⎤⎥⎦(

1 −(rA

rB

)2),

was zeigt, daß fur rA → 0 erhebliche Drucke erzeugt werden.

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172 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.2-3 Absenkung der freien Oberflache eines Poten-

tialwirbels

Das Geschwindigkeitspotential des Potentialwir-bels lautet:

Φ = U0 r0 arctan(y

x

)= U0 r0 ϕ .

Man berechne die Geschwindigkeitsverteilungunddie Absenkung der freien Oberflache eines Poten-tialwirbels.

Geg.: U0, r0, , g

Losung

Aus dem gegebenen Geschwindigkeitspotential Φ = U0 r0 ϕ folgt das Geschwindigkeits-feld in Zylinderkoordinaten zu:

ur =∂Φ

∂r= 0 ,

uϕ =1

r

∂Φ

∂ϕ= U0

r0r,

uz =∂Φ

∂z= 0 .

Die Divergenz des Feldes verschwindet

∇ · u = ∇ · ∇Φ =∂2Φ

∂r2+

1

r

∂Φ

∂r+

1

r2

∂2Φ

∂ϕ2+∂2Φ

∂z2= 0 ,

die Stromung ist also inkompressibel (D /Dt = 0) und wir nehmen an, daß die Dichte uberhaupt konstant ist, so daß die Bernoullische Gleichung in der Form

p +

2u2 + g z = const

Verwendung findet mit

u2 = u2ϕ = U2

0

(r0r

)2

und g = −g ez .

Da es sich um eine Potentialstromung handelt, gilt die Bernoullische Gleichung zwischenzwei beliebigen Punkten im Feld. Wir schreiben sie an zwischen einem Punkt auf derFlussigkeitsoberflache im Unendlichen (r → ∞, z = 0, p = p0) und einem Punkt aufder abgesenkten freien Oberflache (z = −h(r), p = p0)

p0 +

2u2(r → ∞) = p0 +

2u2(r) − g h(r)

und schließen wegen u2(r → ∞) = 0 auf

h(r) =u2(r)

2 g=U2

0

2 g

(r0r

)2

.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 173

Aufgabe 4.2-4 Zirkulation und Rotation einer Couettestro-

mung

Zwischen zwei unendlich ausgedehnten, ebe-nen Platten (die untere ist fest, die obere wirdmit UW e1 geschleppt) befindet sich Newton-sche Flussigkeit konstanter Dichte und Visko-sitat.

a) Welche Geschwindigkeitsverteilung liegt im Kanal vor?b) Berechnen Sie die Zirkulation der geschlossenen Linie, die die oben skizzierte Flache

A umschließt1.) durch Auswertung des Linienintegrales,2.) durch Anwendung des Stokesschen Integralsatzes.

Geg.: UW , L, h

Losung

a) Geschwindigkeitsverteilung im KanalEs handelt sich um die einfache Scherstromung oder auch Couette-Stromung

⇒ u1 =UW

hx2 , u2 = u3 = 0 .

b) Die Zirkulation entlang der Linie abcda:

1.) Linienintegral:

Γ =∮

(C)

u · dx =

b∫a

u1 dx1 +

c∫b

u2 dx2 +

d∫c

u1 dx1 +

a∫d

u2 dx2

=

d∫c

UW dx1

= −UW L .

2.) Mit dem Stokesschen Satz:

Γ =∮

(C)

u · dx =∫(S)

∫(rot u) · n dS .

C ist die Linie abcda, S ist die eingeschlossene Flache Amit dem Normalenvektore3. Mit

rotu =

(∂u2

∂x1

− ∂u1

∂x2

)e3 = −UW

he3

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174 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

erhalt man also

Γ =∫(A)

∫−UW

he3 · n dS = −UW L .

Aufgabe 4.2-5 Durch einen Kreiswirbelring induzierte Ge-

schwindigkeit

Ein zu einem Kreis mit Radius a geschlossenerWirbelfaden mit konstanter Zirkulation Γ indu-ziert am Punkt P (0, 0, L) eine Geschwindigkeitu(0, 0, L). Man berechne diese Geschwindigkeitmit Hilfe des Biot–Savartschen Gesetzes.

Geg.: a, Γ, L

Losung

Im Biot–Savartschen Gesetz

u =Γ

∫Faden

dx′ × r

r3

ist im vorliegenden Fall

dx′ = a dϕ′ eϕ′ ,

und fur r = x− x′ ergibt sich

r = Lez − aer′ ,

alsor2 = L2 + a2 ,

so daß ausdx′ × r = a dϕ′ eϕ

′ × (Lez − aer′)

der Zusammenhangdx′ × r = (aLer

′ + a2 ez) dϕ′

entsteht. Damit schreiben wir die induzierte Geschwindigkeit

u =Γ

2 π∫ϕ′=0

aLer′(ϕ′) + a2 ez

(L2 + a2)32

dϕ′

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 175

bzw.

u =Γ

1

(L2 + a2)32

[aL

2π∫ϕ′=0

er′(ϕ′) dϕ′ + a2 ez

2 π∫ϕ′=0

dϕ′].

Das erste Integral verschwindet, da

er′ = cosϕ′ ex + sinϕ′ ey

und cosϕ′ ebenso wie sinϕ′ uber eine volle Periode integriert null ergibt. Das Zweiteliefert 2π und man erhalt

u =Γa2

2 (L2 + a2)32

ez .

Die maximale Geschwindigkeit wird fur L = 0 erhalten, also im Mittelpunkt des Kreises

umax =Γ

2aez .

Aufgabe 4.2-6 Zwei unendlich lange, gerade Wirbelfaden in

Wandnahe

Zum Zeitpunkt t = t0 befinden sich zwei unendlich langeWirbelfaden, die voneinander den Abstand b haben, im Ab-stand d von der Wand entfernt.

a) Man erfulle durch Spiegelung die Randbedingung an der Wand (u · n = 0)!b) Wie groß sind die zum Zeitpunkt t = t0 an beiden Wirbelfaden induzierten Ge-

schwindigkeiten?c) Man skizziere die Bahn der beiden Wirbel qualitativ.

Geg.: d, b, Γ

Losung

a) Eine Wand im Stromungsfeld (kinematische Randbedingung u ·n = 0) erzeugen wirdurch Spiegelung der Wirbel an der Achse, die die Wand darstellen soll.

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176 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Damit ist die kinematische Rand-bedingung u · n = 0 auf dery–Achse (Wand) erfullt, da dieNormalkomponente der indu-zierten Geschwindigkeit des einenWirbelfadens gerade von seinemSpiegelbild kompensiert wird!

b) Ein gerader Wirbelfaden mit der Zirkulation +Γam Punkt x′, y′ induziert am Punkt x, y die Ge-schwindigkeit

u =Γ

2π aez × a

a,

wobei a = x − x′ ist, so daß die induzierte Ge-schwindigkeit

u =Γ

2π[(x− x′)2 + (y − y′)2][− (y − y′) ex + (x− x′)ey]

wird. Auf einem beliebigen Punkt P (x, y) induziert der Wirbelfaden 1 dann dieGeschwindigkeit

u1 =Γ

2π[(x− d)2 +

(y + b

2

)2] [

−(y +

b

2

)ex + (x− d)ey

],

der Wirbelfaden 2

u2 =−Γ

2π[(x− d)2 +

(y − b

2

)2] [

−(y − b

2

)ex + (x− d)ey

],

der Wirbelfaden 3

u3 =Γ

2π[(x+ d)2 +

(y − b

2

)2] [

−(y − b

2

)ex + (x+ d)ey

]

und der Wirbelfaden 4 die Geschwindigkeit

u4 =−Γ

2π[(x+ d)2 +

(y + b

2

)2] [

−(y +

b

2

)ex + (x+ d)ey

].

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 177

Die gesamte induzierte Geschwindigkeit am Punkt P ergibt sich durch Uberlagerungder Einzelgeschwindigkeiten:

uP = u1 + u2 + u3 + u4 .

Am Punkt P (x = d, y = −b/2) erhalten wir so die induzierte Geschwindigkeit

uP1 = 0 − Γ

2π bex +

Γ

2π (4d2 + b2)(bex + 2dey) − Γ

2π 2dey

[(−1

b+

b

4d2 + b2

)ex +

(− 1

2d+

2d

4d2 + b2

)ey

],

da bekanntlich der gerade Wirbelfaden auf sich selbst keine Translationsgeschwin-digkeit induziert.Fur P (x = d, y = +b/2) erhalten wir die induzierte Geschwindigkeit am Wirbelfa-den 2

uP2 = − Γ

2π bex + 0 +

Γ

2π 2dey − Γ

2π (4d2 + b2)(−bex + 2dey)

[(−1

b+

b

4d2 + b2

)ex +

(1

2d− 2d

4d2 + b2

)ey

].

c) Die Gleichungen fur uP1 und uP2 gelten nicht nur fur die Konfiguration x = d undy = b/2, sondern fur ganz beliebige x und y, die denselben Symmetriebedingungengenugen.Wenn die auf den Wirbel am Ort x, y induzierte Geschwindigkeit bekannt ist, laßtsich sofort die Bewegungsgleichung aufstellen (S. L. (4.145)). Es gilt also fur denWirbel 2

uP2 =Γ

[(− 1

2 y+

2 y

4(x2 + y2)

)ex +

(1

2x− 2x

4(x2 + y2)

)ey

]

=dx

dtex +

dy

dtey

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178 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

oder

dx

dt=

Γ

(y2 − x2 − y2

y(x2 + y2)

),

dy

dt=

Γ

(x2 + y2 − x2

x(x2 + y2)

).

Hieraus gewinnen wir die parameterfreie Differentialgleichung

dy

dx= −y

3

x3,

deren allgemeine Losung1

y2+

1

x2=

1

C2

ist. Zur Bestimmung der Konstanten unterwerfen wir sie der Anfangsbedingungy(x = d) = b/2, woraus sich die Integrationskonstante zu

C =

√d2 b2

4d2 + b2

ergibt.

Die explizite Darstellung

y =C x√x2 − C2

zeigt unmittelbar, daß sich die Wirbel nur bis auf einen von Null verschiedenenAbstand nahern:

y∣∣∣x→∞ = C =

d b√4d2 + b2

.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 179

Aufgabe 4.2-7 Elliptische Zirkulationsverteilung uber der Flugel-

spannweite

Ein Modell zur Berechnung vonAuftriebs- und Abwindverteilungan einem Flugel geht von einer el-liptischen Zirkulationsverteilunguber der Flugelspannweite aus:

Γ(y) = −Γ0

√√√√1 −(y

b/2

)2

.

Nach (S. L. (Kap. 4.2)) geht dannan jeder Stelle y′ ein infinitesi-maler Wirbel der Starke dΓ =(dΓ/dy′) dy′ ab.

a) Man bestimme den Abwind w(y), der von den abgehenden freien Wirbeln am Ortdes gebundenen Wirbels induziert wird.

b) Man bestimme den induzierten Anstellwinkel αind = w/U∞ am Ort des gebundenenWirbels.

c) Man bestimme mit Hilfe des Satzes von Kutta-Joukowsky

A = U∞

b/2∫−b/2

−Γ(y) dy

den Auftrieb des Flugels.d) Wie groß ist der induzierte Widerstand Wind?

Hinweis:

1∫−1

t dt

(t− a)(1 − t2)12

= π fur − 1 < a < +1.

Losung

a) Abwindverteilung w(y):

An der Stelle y′ verringert sich der Wertder Zirkulation des Flugels um

dΓ =dΓ

dy′dy′ = −Γ0

−2(

y′b/2

)2

√1 −

(y′b/2

)2

dy′

b/2

mit η′ =y′

b/2

dΓ = Γ0η′ dη′√1 − η′2

.

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180 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Als Folge der Zirkulationsanderung muß nach dem Ersten Helmholtzschen Wirbel-satz ein infinitesimaler Wirbel der Zirkulation dΓ abgehen. Dieser infinitesimale,halbunendliche Wirbelfaden induziert am Ort (0, y, 0) einen Abwind der Große

dw =dΓ

4π (y′ − y)=

Γ0

4π b/2

η′ dη′

(η′ − η)√

1 − η′2.

Integriert man nun uber alle y′, d. h. von η′ = −1 bis +1, so erhalt man den vonallen abgehenden Wirbelfaden am Ort y induzierten Abwind:

w(y) =Γ0

2π b

1∫−1

η′ dη′

(η′ − η)√

1 − η′2(1)

=Γ0

2 b= const .

Anmerkung: Die Berechnung des Cauchy–Hauptwertintegrals in (1) laßt sich durchdie Substitution η′ = cosϕ′ mit 0 ≤ ϕ′ ≤ π und η = cosϕ mit 0 ≤ ϕ ≤ π auf einbekanntes Glauertsches Integral (S. L. (10.382) fur n = 1) zuruckfuhren:

1∫−1

η′ dη

(η′ − η)√

1 − η′2=

0∫π

cosϕ′(− sinϕ′)(cosϕ′ − cosϕ) sinϕ′ dϕ′

=

π∫0

cosϕ′

(cosϕ′ − cosϕ)dϕ′ = π .

Fur die elliptische Zirkulationsverteilung ergibt sich also ein uber den Flugel kon-stanter Abwind. Man kann zeigen, daß diese Verteilung insgesamt den geringstmoglichen induzierten Widerstand liefert.

b) Resultierender Anstellwinkel αind:

tanαind =w

U∞bzw., da i. d. R.

w

U∞ 1 ,

αind =w

U∞=

Γ0

2 b U∞.

c) Auftrieb des Flugels:Kutta-Joukowsky:

A = U∞

b/2∫−b/2

−Γ(y) dy = Γ0 U∞b

2

1∫−1

√1 − η2 dη

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 181

= Γ0 U∞b

2

1

2(η

√1 − η2 + arcsin η)

∣∣∣∣1−1,

d. h.

A = Γ0 U∞ bπ

4

und der Auftriebsbeiwert wird

cA =A

2U2∞ F

2

Γ0 b

U∞ F,

wobei F die Flugelgrundrißflache bezeichnet. Man schreibt mit Λ = b2/F auch

cA =π

2

Λ Γ0

U∞ b= π Λαind

und nennt Λ das Seitenverhaltnis.d) Der induzierte Widerstand ist die Komponen-

te der Gesamtkraft in die negative Flugrich-tung. Daher

Wind = A tanαind ≈ Aαind

= Γ0 U∞ bπ

4

Γ0

2 b U∞

beziehungsweise

Wind = Γ20

π

8.

Der Widerstandsbeiwert nimmt damit die Form

cW =Wind

2U2∞ F

4

Γ20

U2∞ F=π

4

Γ20 Λ

U2∞ b2

an.

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182 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.2-8 Stromung um einen Tragflugel

Das Geschwindigkeitsfeld um das oben skizzierte (in z–Richtung unendlich ausgedehnte)Tragflugelprofil kann mit Ausnahme des Bereiches in unmittelbarer Nahe des Flugelsdurch das Potential

Φ = U∞ r cosϕ+Γ

2πϕ , (Γ < 0)

beschrieben werden, was der Uberlagerung einer Parallelstromung mit einem Potential-wirbel der Zirkulation Γ (entgegen dem mathematisch positiven Drehsinn) entspricht.Die ebene, inkompressible Stromung sei reibungsfrei, Volumenkrafte sind vernachlassig-bar. Der Druck im Unendlichen ist p∞.

a) Berechnen Sie das Geschwindigkeits– und Druckfeld in Zylinderkoordinaten.b) Bestimmen sie die Kraft auf den Flugel (pro Tiefe) durch Anwendung des Impuls-

satzes auf das oben skizzierte Kontrollvolumen.

Geg.: U∞, Γ, , p∞

Losung

a) Geschwindigkeits– und Druckfeld in Zylinderkoordinaten:

u = ∇Φ =∂Φ

∂rer +

1

r

∂Φ

∂ϕeϕ

⇒ ur = U∞ cosϕ , uϕ = −U∞ sinϕ+Γ

2π r. (1)

Den Betrag der Geschwindigkeit berechnet man zu

u2 = u2r + u2

ϕ = U2∞ − ΓU∞

π rsinϕ+

Γ2

4π2 r2. (2)

Aus der Bernoullischen Gleichung (ψ = 0, = const, ∂/∂t = 0) folgt damit

p(r → ∞) +

2u2(r → ∞) = p +

2u2

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 183

⇒ p = p∞ −

2(u2 − U2

∞)

bzw. mit (2)

p = p∞ −

2

(−ΓU∞

π rsinϕ+

Γ2

4π2 r2

). (3)

b) Kraft auf den Flugel:Impulssatz:

∫(S)

∫ u (u · n) dS =

∫(S)

∫t dS

Aufteilung: S = SA + SW + SS

Die Integrale uber beide Schnittufer des Schlitzesheben sich heraus, der Impulsfluß uber die Flugel-oberflache SW ist null, der Normalenvektor auf SA

ist n = er. Wegen t = −pn (reibungsfrei) erhaltman daher

F =∫SA

∫−per dS −

∫SA

∫ (u2

r er + uruϕ eϕ) dS . (4)

Mit dS = Rdϕ und p = p∞ − ( /2)(u2r + u2

ϕ − U2∞) erhalten wir

F =

2π∫0

(−p∞ +

2(u2

r + u2ϕ − U2

∞) − u2r

)er − ur uϕ eϕ

R dϕ

⇒ F = −2π∫0

(p∞ +

2U2∞

)erR dϕ+

2π∫0

1

2(u2

ϕ − u2r)er − ur uϕ eϕ

R dϕ .

Das erste Integral verschwindet (er = cosϕex + sinϕey), so daß mit ur und uϕ aus(1) folgt:

F =

2π∫0

1

2

(U2∞(sin2 ϕ− cos2 ϕ) − ΓU∞

π Rsinϕ+

Γ2

4π2 R2

)er

+(U2∞ sinϕ cosϕ− ΓU∞

2π Rcosϕ

)eϕ

Rdϕ .

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184 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Wegen er = cosϕex + sinϕey und eϕ = − sinϕex + cosϕey reduziert sich dasIntegral auf

F =

2π∫0

− ΓU∞2π R

(sinϕer + cosϕeϕ)R dϕ

und wir gewinnen in Ubereinstimmung mit dem Satz von Kutta-Joukowsky

F = − ΓU∞ ey , (Γ < 0) .

Fur die skizzierte Anstromung und Flugelgeometrie ist Γ negativ, so daß eine Kraftin positive y–Richtung (=Auftrieb) auf den Flugel wirkt.

Aufgabe 4.2-9 Strahlwinkel im Freistrahldiffusor

In den skizzierten Freistrahldiffusor stromt Flussigkeit mit der Geschwindigkeit u1 ein.Ein Teil der einstromenden Flussigkeitsmenge wird bei [3] als Freistrahl unter demWinkel α in die Umgebung (Druck p0) ausgeblasen. Es wird reibungslose, ebene Poten-tialstromung angenommen, d. h. die Bernoullische Konstante ist auf jeder Stromliniedieselbe. Die auf die Anordnung ausgeubte Kraft in y–Richtung, Fy, ist aus Symme-triegrunden gleich null, die Kraft in x–Richtung, Fx, ist wegen reibungsfreier Stromunggleich null.

a) Wie groß ist die Dicke h3/2 des ausgeblasenen Strahles an der Stelle [3]?b) Wie groß sind die Druckdifferenzen p1 − p0 und p2 − p0?c) Berechnen Sie aus der Forderung Fx = 0 den Winkel α, den die Freistrahlen mit der

x–Achse bilden.

Geg.: u1, u2, u3, h1, h2, , p0

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 185

Losung

a) Strahldicke h3/2:Die Kontinuitatsgleichung lautet:

u1 h1 = u2 h2 + u3 h3

⇒ h3

2=

1

2

(u1

u3h1 − u2

u3h2

). (1)

b) Druckdifferenzen p1 − p0 und p2 − p0:An der Stelle [3] ist der Druck im Freistrahl p3 gleich dem Umgebungsdruck p0, da dieKrummung der Stromlinien verschwindet. Die Bernoullische Gleichung formuliertfur die Punkte [1] und [3] lautet:

p1 +

2u2

1 = p0 +

2u2

3

⇒ p1 − p0 =

2

(u2

3 − u21

). (2)

Fur die Punkte [1] und [2] erhalten wir:

p2 +

2u2

2 = p1 +

2u2

1

⇒ p2 − p0 =

2

(u2

1 − u22

)+ (p1 − p0)

bzw. mit (2)

p2 − p0 =

2

(u2

3 − u22

). (3)

c) Strahlwinkel α:

Impulssatz in x–Richtung:∫(S)

∫ u · ex (u · n) dS =

∫(S)

∫t · ex dS . (4)

Aufteilung: S = SF + SW + S1 + S2 +S3

Das Integral des Impulsflusses uber dieWandflache SW und die Freistrahlranderverschwinden, da in beiden Fallen der

Flachennormalenvektor senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor steht.Die Gleichung (4) ausgewertet pro Tiefeneinheit wird zu

− u21 h1 + u2

2 h2 − u23 h3 cos α = p1 h1 − p2 h2 + p0 (h2 − h1) . (5)

Mit (2), (3) und

h3 =u1

u3h1 − u2

u3h2

folgt aus dem Impulssatz (5) der Kosinus des gesuchten Strahlwinkels α:

cos α =

[1 +

(u2

u3

)2]h2

2h3−

[1 +

(u1

u3

)2]h1

2h3.

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186 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.2-10 Kontraktionsziffer der Bordamundung

An einem Behalter befindet sicheine

”Bordamundung“ (i.e. eine

Offnung, die durch ein Rohr weitins Behalterinnere gezogen ist).Die Flussigkeit (Dichte ) im Be-halter wird durch einen Kolben(Masse m) belastet und verlaßtdie Offnung (Querschnitt AB)mit der Austrittsgeschwindigkeitu (Strahlquerschnitt AS).

Es ist AB/AK 1 (quasistationarer Vorgang) und die Volumenkrafte sind zu ver-nachlassigen.

a) Wie groß ist die Austrittsgeschwindigkeit u?b) Berechnen Sie die Kontraktionsziffer α = AS/AB.

Geg.: AK, m, g, , p0

Losung

a) Austrittsgeschwindigkeit u:Aus der Kraftebilanz in vertikaler Richtung fur den Kolben folgt der Druck unterhalbdes Kolbens:

pK = p0 +mg

Ak

. (1)

Unter Vernachlassigung der Volumenkrafte in der Flussigkeit herrscht der Druck pK

uberall im Behalter.Der Druck im Freistrahl ist gleich dem Umgebungsdruck p0, wenn die Krummun-gen der Stromlinien verschwinden. Die Stromungsgeschwindigkeit innerhalb desBehalters ist null, da AB/AK 1.Damit lautet die Bernoullische Gleichung zwischen Kolbenflache und Strahlaustritt(Querschnittsflache AS):

pK = p0 +

2u2 .

Mit der Gleichung (1) folgt daraus die Austrittsgeschwindigkeit:

u =

√2mg

AK

. (2)

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 187

b) Kontraktionsziffer α = AS/AB :

Impulssatz in x–Richtung:∫(S)

∫ u · ex (u · n) dS =

∫(S)

∫t · ex dS .

Aufteilung: S = SW + SS + AS

⇒ ∫SW

∫ u · ex (u · n) dS +

∫SS

∫ u · ex (u · n) dS +

∫AS

∫ u · ex (u · n) dS =

∫SW

∫t · ex dS − ∫

SS

∫p0 n · ex dS − ∫

AS

∫p0 n · ex dS . (3)

Das Integral des Impulsflusses uber die Wandflache SW verschwindet, da die Ge-schwindigkeit im Behalter null ist. Der Impulsfluß uber die Freistrahlrander SS istnull, da der Flachennormalenvektor senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor steht.Das verbleibende Oberflachenintegral auf der linken Seite ist u2AS.Auswerten der rechten Seite:1. Integral: ∫

SW

∫t · ex dS = −

∫SW

∫pK︸︷︷︸

pK=const

n · ex dS

= −pK

∫AB

∫n · ex︸ ︷︷ ︸−1

dS

= pK AB .

pK AB ist die resultierende Kraft infolge pK an der Behalterwand gegenuber AB.

2. Integral:

−∫SS

∫p0 n · ex dS = −

∫AB−AS

∫p0 dS = −p0 (AB − AS) .

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188 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

3. Integral:

−∫AS

∫p0 n · ex dS = −p0AS .

Einsetzen in Gleichung (3) fuhrt auf

u2 AS = pK AB − p0 (AB − AS) − p0AS = (pK − p0)AB .

Mit der Druckdifferenz pK − p0 = u2/2 aus Teil a) (Gleichung (1)) berechnen wirdaraus die Kontraktionsziffer

α =1

2.

Aufgabe 4.2-11 Reibungsfreie, ebene, rotationssymmetrische

Stromung

Gegeben ist die Geschwindigkeitsverteilung einer rei-bungsfreien, ebenen, rotationssymmetrischen Stromung:

u(r) = U0

(r

r0

)n

.

a) Geben Sie den Druckverlauf p(r) fur diese Stromung an (p(r0) = p0).b) Wie groß muß der Exponent n gewahlt werden, damit in obigem Stromungsfeld die

Konstante in der Bernoullischen Gleichung uberall den gleichen Wert hat?

Geg.: r0, U0, n, , p0

Losung

a) Druckverlauf p(r):Die stationaren Eulerschen Gleichungen ohne Volumenkrafte in naturlichen Koor-dinaten lauten (S. L. (4.43, 4.44)):

u∂u

∂σ= −∂p

∂σ⇒ in Stromlinienrichtung, (1)

u2

R= −∂p

∂n⇒ senkrecht zu den Stromlinien. (2)

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 189

n ist nicht mit dem Exponenten n zu verwechseln, es wirdpositiv in Richtung zum Krummungsmittelpunkt gezahlt. Imvorliegenden Fall ist wegen der Rotationssymmetrie ∂/∂σ ≡ 0.Gleichung (1) ist daher erfullt. In Gleichung (2) entspricht

n= − r und R=r .

Dies fuhrt auf die gewohnliche Differentialgleichung

dp

dr= u2

rmit p(r0) = p0 (3)

zur Bestimmung des Druckverlaufes. Setzen wir die gegebene Geschwindigkeitsver-teilung ein und integrieren uber r, so erhalten wir

p(r) − p0 = U2

0

r2n0

r∫r0

r2n−1 dr . (4)

Wir machen folgende Fallunterscheidung fur den Exponenten:

n = 0:

p(r) − p0 = U2

0

2n

((r

r0

)2n

− 1

). (5)

n = 0:

p(r) − p0 = U20 ln

r

r0.

b) Bestimmung von n ⇒ Potentialstromung:Die Stromlinien sind konzentrische Kreise um den Punkt r = 0. Auf jeder derkreisformigen Stromlinien gilt die Bernoullische Gleichung

p +

2u2 = const = C .

Wir greifen zwei Stromlinien heraus:Speziell fur r = r0

p0 +

2U2

0 = C0 (6)

und allgemein fur r > r0 mit dem gegebenen Geschwindigkeitsansatz

p(r) +

2U2

0

(r

r0

)2n

= C(r) . (7)

Wenn die Konstante auf jeder Stromlinie den gleichen Wert haben soll (C0 = C(r)),mussen die linken Seiten der Gleichungen (6) und (7) gleich sein:

⇒ p(r) − p0 =

2U2

0 −

2U2

0

(r

r0

)2n

= − U20

2

((r

r0

)2n

− 1

).

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190 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Durch Vergleich mit (5) stellt man fest, daß

n = −1

sein muß.⇒ u(r) = U0

r0r.

Aufgabe 4.2-12 Gesamtdruckerhohung im Freistrahldiffusor

An der Stelle [1] stromt Luft in einen Kanal (Querschnitt A1) ein. 15% des einstromen-den Massenstromes werden bei [3] auf beiden Seiten des Kanals in die Atmosphare aus-geblasen (Umgebungsdruck p0). An der Stelle [2] sind die Stromlinien wieder parallel.Es wird verlustfreie, stationare Stromung angenommen. Diese Annahme ist gerechtfer-tigt, da wegen des abnehmenden Druckes an der Wand bei diesem

”Diffusor“ nicht mit

Ablosung zu rechnen ist. Dichteanderungen werden vernachlassigt.

a) 1.) Wie groß ist die Druckdifferenz p2 − p1?2.) Wie andert sich der Gesamtdruck pg von [1] nach [2]?

b) Bestimmen Sie die Austrittsflache A3.

Geg.: A1 = 0, 04m2, A2 = 0, 07m2, u1 = 20m/s, p1 − p0 = 100Pa, = 1, 15 kg/m3

Losung

a) Druckdifferenzen p2 − p1 und pg2 − pg1 :

1.) Nur 85% des einstromenden Massenstromes m1 stromen nach [2]. Die Konti-nuitatsgleichung lautet:

m2 = n m1 mit n = 0, 85 .

⇒ u2A2 = n u1A1

⇒ u2

u1= n

A1

A2. (1)

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 191

Die Bernoullische Gleichung angewandt auf eine Stromlinie zwischen den Punk-ten [1] und [2] lautet:

p1 +

2u2

1 = p2 +

2u2

2

⇒ p2 − p1 =

2u2

1

(1 −

(u2

u1

)2),

mit (1) folgt: p2 − p1 =

2u2

1

(1 −

(nA1

A2

)2)

= 175, 7N/m2 .

2.) Der Gesamtdruck ist definiert als

pg = p +

2u2 .

Da laut Aufgabenstellung keine Verluste zwischen den Stellen [1] und [2] auftre-ten, gilt:

p2 +

2u2

2 = p1 +

2u2

1

⇒ pg2 = pg1 .

b) Austrittsflache A3:Wir bestimmen zunachst die Austrittsgeschwindigkeit an der Stelle [3] mittels derKontinuitatsgleichung:

(1 − n) u1 A1 = u3 A3

⇒ u3

u1= (1 − n)

A1

A3. (2)

An der Stelle [3] herrscht Umgebungsdruck (p3 = p0). Aus der Bernoullischen Glei-chung fur eine Stromlinie zwischen den Punkten [1] und [3] folgt dann:

p1 +

2u2

1 = p0 +

2u2

3

⇒(u3

u1

)2

= 1 − p0 − p12u2

1

,

mit (2) folgt:((1 − n)

A1

A3

)2

= 1 − p0 − p12u2

1

⇒ A3 = A11 − n√

1 − p0−p12

u21

= 50 cm2 .

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192 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.2-13 Ringformiger Behalterausfluß

Aus einem großen Behalter (Radius R)stromt stationar eine Flussigkeit derDichte zwischen zwei kreisformigenPlatten mit dem Radius R2 aus.

a) Wie groß ist der austretende Volumenstrom V ?b) Geben Sie die Druckverteilung zwischen den Platten als Funktion von r an.c) Wie groß darf das Verhaltnis R2/R1 gewahlt werden, damit die Flussigkeit an der

Stelle [1] gerade nicht verdampft. Der Dampfdruck der Flussigkeit ist pD.

Geg.: H, h, R, R2, p0, , g

Losung

a) Berechnen des Austrittsvolumenstroms V :Kontinuitatsgleichung:

V = uA = const ,

da = const. Es gilt also:

V = u2 2π R2 h (1)

= u0 π R2 .

Daraus folgt fur das Geschwindigkeitsverhaltnis:

u0

u2=

2h

R

R2

R. (2)

Die unbekannte Austrittsgeschwindigkeit u2 wird mittels der Bernoullischen Glei-chung fur die Stromlinie von [0] nach [2] berechnet:

p0 + g z0 +

2u2

0 = p2 + g z2 +

2u2

2 ,

mit p2 = p0, z0 = H und z2 = 0 folgt:

u22

(1 −

(u0

u2

)2)

= 2 g H .

Auflosen nach u2 und Ersetzen von u0/u2 durch (2) fuhrt zu

u2 =

√√√√√ 2 g H

1 −(

R2

R2hR

)2 . (3)

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 193

Einsetzen in (1) liefert den gesuchten Volumenstrom:

V =

√√√√√ 2 g H

1 −(

R2

R2hR

)2 2π R2 h .

Fur 2h/R 1 gilt:

V =√

2 g H 2π R2 h .

b) Druckverteilung p(r):Fur die Bestimmung der Druckverteilung in der Ebene z = 0 betrachten wir eineStromlinie von einer Stelle [r] zwischen den kreisformigen Platten bis zur Stelle [2].Die Bernoullische Gleichung fur diese Stromlinie lautet:

p(r) +

2u(r)2 = p0 +

2u2

2

⇒ p0 − p(r) =

2

(u(r)2 − u2

2

). (4)

Die Geschwindigkeit u(r) wird aus der Kontinuitatsgleichung bestimmt:

u(r) 2π r h = u2 2π R2 h ⇒ u(r) = u2R2

r, (5)

die Austrittsgeschwindigkeit u2 ist von dem Aufgabenteil a) bekannt (Gleichung(3)). Setzen wir die beiden Geschwindigkeiten in (4) ein, so erhalten wir die Druck-verteilung:

p0 − p(r) = gH

(R2

r

)2 − 1

1 −(

2 h R2

R2

)2 . (6)

c) Zulassiges Radienverhaltnis R2/R1:An der Stelle [1] ist r = R1 und der Druck soll gerade den Dampfdruck p(R1) = pD

der Flussigkeit erreichen. Setzen wir dies in (6) ein und losennach R2/R1 auf, so erhalten wir das gesuchte maximale Radienverhaltnis:

R2

R1

=

√√√√√1 +p0 − pD

g H

⎡⎣1 −(

2h

R

R2

R

)2⎤⎦ .

Wenn die Austrittsflache 2π hR2 sehr viel kleiner ist als die Behalterflache π R2, sowird das Verhaltnis der Radien

R2

R1=

√1 +

p0 − pD

g H.

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194 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.2-14 Blase in einem Kanal

Ein langer, ebener Kanal (Hohe h) ist zunachst allseitig geschlossen und vollstandig mitFlussigkeit der Dichte gefullt. Entfernt man plotzlich die rechte Seitenwand, so bewegtsich unter gewissen Bedingungen eine Luftblase mit der konstanten GeschwindigkeitUB (Geschwindigkeit des Punktes [B]) in den Kanal hinein, unter der die Flussigkeitin einiger Entfernung vom Punkt [B] stationar mit der Geschwindigkeit U ausstromt.Berechnen Sie unter der Annahme reibungsfreier Stromung:

a) Die Hohe t der ausfließenden Flussigkeitsschicht,b) die Geschwindigkeit UB des Punktes [B],c) die Ausstromgeschwindigkeit U undd) den Druck p∞ am oberen Kanalrand in einiger Entfernung von [B].

Geg.: h, p0, , g

Losung

a) Hohe t der ausfließenden Flussigkeitsschicht:Wir konnen das Problem als stationares Problem beschreiben, indem wir ein zumPunkt [B] festes, d. h. sich mit der Geschwindigkeit UB nach links bewegendes Koor-dinatensystem wahlen. Der Punkt [B] ist dann ein Staupunkt. Ware [B] kein Stau-punkt, so wurde sich die Richtung der Geschwindigkeit an diesem Punkt unstetigandern. Dies ist bei dem betrachteten Problem aber auszuschließen.Das Kontrollvolumen legen wir wie in der Abbildung oben skizziert.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 195

Die Kontinuitatsgleichung fordert

UB h = (U + UB) t . (1)

Der Impulssatz in x–Richtung lautet∫Se+Sa+SF

∫ u · ex (u · n) dS =

∫Se+Sa+SF

∫t · ex dS , (2)

wobei wir bereits die Tatsache verwendet haben, daß der Normalenvektor der Wand-flache senkrecht zu dem Einheitsvektor ex steht und deren Skalarprodukt daher nullist. Fur reibungsfreie Flussigkeiten gilt t = −pn. Der Druck p ist aufgrund der zubeachtenden Volumenkraft g von der Koordinate y abhangig. Die hydrostatischeDruckverteilung an der Ein– bzw. Austrittsflache ist:

p(y) = p∞ + g (h − y) bei Se ,

p(y) = p0 + g (t− y) bei Sa .

Normalenvektoren:ne = −ex und na = ex .

Der Impulsfluß uber die Freiflache SF ist null, da nF senkrecht zu u steht (Stromli-nie). Der Druck an dieser Flache ist gleich dem Umgebungsdruck p0. Beachten wirweiterhin, daß nF · ex dS die Projektion des Flachenelementes dS der Freiflache aufdie y–Koordinatenrichtung ist, so erhalten wir

−∫SF

∫pnF · ex dS = −p0 (h− t) .

Wir konnen nun den Impulssatz (2) auswerten

− U2B h+ (U + UB)2 t = (p∞ +

2g h)h − p0 h−

2g t2 . (3)

Die Bernoullische Gleichung zwischen [1] und [2] langs einer Stromlinie lautet

p1 +

2u2

1 + g y1 = p2 +

2u2

2 + g y2 .

Fur die Punkte [∞] und [B], die auf einer Stromlinie liegen gilt daher

p∞ +

2U2

B = pB = p0 . (4)

Analog ergibt sich fur [B] und den Punkt [1]

pB + g (h− t) = p0 +

2(U + UB)2 ,

⇒ g (h− t) =

2(U + UB)2 . (5)

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196 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die Gleichungen (1), (3), (4) und (5) bilden ein Gleichungssystem in den Unbekann-ten t, UB, U und p∞.Elimination aller Unbekannten bis auf die Hohe der ausfließenden Flussigkeits-schicht t:Aus (1)

U2B = (U + UB)2

(t

h

)2

folgt mit (5)

U2B = 2g (h − t)

(t

h

)2

. (6)

Einsetzen von (6) in (4) liefert

p∞ − p0 = − g (h− t)(t

h

)2

. (7)

Setzen wir (5), (6) und (7) in die Impulsgleichung (3) ein, so erhalten wir die qua-dratische Gleichung

t2 − 3

2h t+

1

2h2 = 0

mit den zwei Losungen

t1 = h und t2 =h

2.

t1 = h ist die triviale Losung fur den Ruhezustand. Die gesuchte Losung ist

t =h

2.

b) Aus (6) folgt die Geschwindigkeit UB des Punktes [B]:

UB =1

2

√g h .

c) Aus der Kontinuitatsgleichung (1) kann nun die Ausflußgeschwindigkeit U bestimmtwerden. Sie ist gleich der Geschwindigkeit UB , mit der sich die Blase in den Kanalbewegt,

U = UB =1

2

√g h .

d) Aus der Bernoullischen Gleichung (4) erhalt man letztlich den Druck am oberenKanalrand:

p∞ = p0 − 1

8 g h .

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 197

Aufgabe 4.2-15 Flugzeug uber dem Boden

Ein Flugzeug (Gewicht G, Spannweite b) fliegt mit konstanter Geschwindigkeit V∞ inder Hohe h uber der Erde (x–y–Ebene).

Die Stromungsverhaltnisse im Fernfeld, also auch am Boden wenn b/h 1 ist, werdensehr gut durch einen Hufeisenwirbel beschrieben, der aus einem gebundenen Wirbelam Ort des Tragflugels (−b/2 ≤ x ≤ b/2; y = 0; z = h) und zwei freien Wirbeln,die senkrecht von den Flugelenden in die positive y–Richtung abgehen, besteht, undeinen zweiten gleichgroßen aber an der x–y–Ebene gespiegelten Hufeisenwirbel. Durchdie Spiegelung wird die Randbedingung erfullt, daß der Erdboden nicht durchstromtwird, die Geschwindigkeitskomponente in z–Richtung also null ist.

a) Berechnen Sie den Druck an einem Punkt P der Erdoberflache, den das Flugzeugbeim Uberfliegen der Erde erzeugt.

b) Zeigen Sie, daß die gesamte auf den Boden ausgeubte Druckkraft gleich dem Gewichtdes Flugzeuges ist.

1. Hinweis: Man betrachte das Problem in einem flugzeugfesten Koordinatensystem.

2. Hinweis: ∫[(a− x)2 + b]−

32 dx = − a− x

b√

(a− x)2 + b+ const.

Geg.: h, b, V∞, p∞, , G

Losung

a) Der Druck an einem Punkt P am Boden (Koordinaten x und y) ist

p(x, y) = p∞ + ∆p(x, y) . (1)

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198 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die Hufeisenwirbel induzieren die Geschwindigkeiten u und v am Boden, mit

u V∞ und v V∞ . (2)

Die Bernoullische Gleichung zwischen Punkt P mit den Koordinaten x, y und einemPunkt im ungestorten Stromungsfeld lautet

p∞ + ∆p(x, y) +

2

[u2 + (v + V∞)2

]= p∞ +

2V 2∞

⇒ ∆p(x, y) = − v V∞ −

2(u2 + v2) ,

aufgrund von (2) konnen wir die Terme, die die induzierten Geschwindigkeiten alsProdukte enthalten vernachlassigen:

∆p(x, y) = − v V∞ . (3)

Die am Boden induzierte Geschwindigkeit u hat nur eine Komponente in y–Richtung, da die z–Komponente aufgrund der Randbedingung verschwinden mußund die durch die seitlich an den Flugelenden abgehenden freien Wirbel induzierteGeschwindigkeit vernachlassigt werden kann. (Dies ist zulassig, wenn wir anneh-men, daß fur einen Beobachter auf der Erde die beiden Wirbelfaden am selben Orterscheinen, d. h. b/h 1 ist, und sich somit deren Wirkung aufheben. Zudem hatdie durch die freien Wirbelfaden induzierte Geschwindigkeit keine Komponente iny–Koordinatenrichtung. Daher sind bei der Druckberechnung nach (3) die freienWirbel nicht zu beachten.)Wir bestimmen nun die durch die beiden Hufeisenwirbel induzierte Geschwindigkeitv an dem Punkt P mittels des Biot–Savartschen Gesetzes. Die induzierte Geschwin-digkeit u = v ey ergibt sich aus der Summe der durch die beiden Hufeisenwirbelinduzierten Geschwindigkeiten u1 und u2:

u = u1 + u2

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 199

=Γ1

∫(Faden1)

dx′1 × r1r31

+Γ2

∫(Faden2)

dx′2 × r2r32

(4)

mitx = xex + y ey

am Boden.

Wirbel 1:

Γ1 = −Γ ,

x′1 = x′ ex + hez ⇒ dx′1 = dx′ ex ,

r1 = x− x′1

= (x− x′)ex + y ey − hez ,

dx′1 × r1 = det

⎡⎢⎣ ex ey ez

dx′ 0 0(x− x′) y −h

⎤⎥⎦= dx′ (hey + y ez) .

Wirbel 2:

Γ2 = Γ ,

x′2 = x′ ex − hez ⇒ dx′2 = dx′ ex ,

r2 = x− x′2

= (x− x′)ex + y ey + hez ,

dx′2 × r2 = det

⎡⎢⎣ ex ey ez

dx′ 0 0(x− x′) y h

⎤⎥⎦= dx′ (−hey + y ez) .

Der Betrag von r1 bzw. r2 ist fur beide Wirbel gleich:

r =√

(x− x′)2 + y2 + h2 .

Aus (4) entsteht die y–Komponente zu

v =Γ1

∫(Faden1)

hdx′

r31

+Γ2

∫(Faden2)

−hdx′

r32

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200 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

bzw. v = −hΓ

b/2∫−b/2

r−3 dx′ ,

also v = −hΓ

b/2∫−b/2

1(√(x− x′)2 + y2 + h2

)3 dx′ . (5)

Das unbestimmte Integral ist der Aufgabenstellung zu entnehmen, wobei gilt x=x′,a=x und b=h2 + y2. Die Integration fuhrt mit (3) auf den Uberdruck

∆p = ΓV∞

h

h2 + y2

⎡⎣ x+ b/2√(x+ b/2)2 + (h2 + y2)

− x− b/2√(x− b/2)2 + (h2 + y2)

⎤⎦ (6)

oder

∆p

pB=

1

1 + (y/h)2

⎡⎣ x/h+ b/2h√(x/h+ b/2h)2 + (1 + (y/h)2)

− x/h− b/2h√(x/h− b/2h)2 + (1 + (y/h)2)

⎤⎦mit pB = ΓV∞/(2π h). In der Abbildung unten ist ∆p/pB fur h/b = 5 uber x/h(Parameter y/h) aufgetragen.

Die Druckverteilung am Erdboden (z = 0) ist dann

p(x, y) = p∞+ ΓV∞

h

h2 + y2

⎡⎣ x+ b/2√(x+ b/2)2 + (h2 + y2)

− x− b/2√(x− b/2)2 + (h2 + y2)

⎤⎦ .

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 201

b) Die Druckverteilung am Boden ist zu der x– und y–Achse symmetrisch. Wir erhaltendie Kraft, die das Flugzeug auf den Boden ausubt durch die Integration

FFlugzeug→Boden = −∫(S)

∫−∆pn dS .

Es ist n = −ez, d. h. n zeigt aus dem Stromungsgebiet heraus (siehe Skizze). Dap eine gerade Funktion ist, wird die Integration uber die positive Viertelebeneausgefuhrt und ergibt

FFlugzeug→Boden = −4

∞∫0

∞∫0

∆p(x, y) dx dy ez .

Wir fuhren zunachst die Integration uber x aus und erhalten:

∞∫0

∆p(x, y) dx =b h ΓV∞

2π (h2 + y2).

Die Integration uber y liefert:

∞∫0

b h ΓV∞2π (h2 + y2)

dy =1

4b ΓV∞ ,

alsoFFlugzeug→Boden = − ΓV∞ bez . (7)

Nach dem Kutta–Joukowsky–Theorem ist der Auftrieb

A = − Γ1 V∞ bez = ΓV∞ bez ,

der gleich der negativen Gewichtskraft G ist. Die Druckverteilung tragt also geradedas Gewicht des Flugzeuges.

Aufgabe 4.2-16 Zirkulation und Rotation der Stromung im

Ringspalt zwischen zwei rotierenden Zylin-dern

Im Ringspalt zwischen zwei unendlich langen Zylindern (RI , RA), die sich mit denWinkelgeschwindigkeiten ΩI bzw. ΩA drehen, befindet sich inkompressible NewtonscheFlussigkeit.

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202 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Das Geschwindigkeitsfeld dieser Stromungist in Zylinderkoordinaten gegeben:

ur = 0 ,

uϕ =1

R2A − R2

I

[r (ΩAR

2A − ΩI R

2I)

−R2AR

2I

r(ΩA − ΩI)

]und

uz = 0 .

a) Zeigen Sie, daß diese Stromung die Kontinuitatsgleichung erfullt.b) 1.) Berechnen Sie die Zirkulation entlang der Kurve C mittels

Γ =∮

(C)

u · dx

2.) und mittels

Γ =∫(S)

∫(rot u) · n dS .

c) Fur welches Verhaltnis ΩA/ΩI ist die Stromung rotationsfrei?

Geg.: RA, RI , ΩA, ΩI

Losung

a) Erfullen der Kontinuitatsgleichung:Fur inkompressible Flussigkeiten lautet die Kontinuitatsgleichung in Zylinderkoor-dinaten:

0 = divu

=1

r

[∂(ur r)

∂r+∂uϕ

∂ϕ+∂(uz r)

∂z

]. (1)

uϕ ist nur eine Funktion von r und die Geschwindigkeitskomponenten uz und ur

sind null. Die Kontinuitatsgleichung (1) ist also erfullt.b) Zirkulation Γ entlang der Kurve C :

Das Geschwindigkeitsfeld ist gegeben:

u = uϕ eϕ

=

⎡⎢⎢⎢⎢⎣ΩAR2A −ΩI R

2I

R2A − R2

I︸ ︷︷ ︸A

r − R2AR

2I (ΩA − ΩI)

R2A − R2

I︸ ︷︷ ︸B

1

r

⎤⎥⎥⎥⎥⎦ eϕ

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 203

=(Ar − B

r

)eϕ . (2)

Es handelt sich um eine ebene Stromung in der r–ϕ–Ebene.

1.) Zur Berechnung von

Γ =∮

(C)

u · dx , (3)

drucken wir das Linienelement dx in Zylinderkoordinaten

dx = dr er + r dϕeϕ

aus und bilden das Innenprodukt

u · dx =(Ar − B

r

)r dϕ .

Die Integrationen uber die beiden radialen Kurvenstucke von C wurden sich injedem Fall aufheben, hier liefern sie keinen Beitrag zu Γ, da bei diesen der Ge-schwindigkeitsvektor u und das Linienelement dx senkrecht aufeinander stehen.Mit (3) entsteht

Γ =

2π∮ϕ=0

(ARA − B

RA

)RA dϕ +

0∮ϕ=2π

(ARI − B

RI

)RI dϕ

und daherΓ = 2π

[ΩAR

2A − ΩI R

2I

].

2.) Zirkulation mittels des Stokesschen Satzes

Γ =∮C

u · dx =∫(S)

∫(rot u) · n dS . (4)

Die Kurve C ist Rand der ebenen Flache S. Die Flachennormale n in (4) istso zu wahlen, daß der Umlaufsinn von der positiven Seite der Flache (die Seiteder Flache zu der der Normalenvektor zeigt) aus gesehen im Gegenuhrzeigersinnpositiv gezahlt wird. Hier ist der Normalenvektor gleich dem Einheitsvektor inz–Richtung, ez (siehe Abbildung).Da es sich bei dem Problem um eine ebene Stromung handelt, hat die Rotationvon u nur eine Komponente in z–Koordinatenrichtung, die sich aus

rotu =1

r

⎛⎜⎜⎜⎜⎝∂(uϕ r)

∂r− ∂ur

∂ϕ︸ ︷︷ ︸= 0

⎞⎟⎟⎟⎟⎠ ez

bzw.

rotu =1

r

∂r

(Ar2 − B

)ez

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204 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

zurotu = 2Aez (5)

ergibt. Die Rotation ist also konstant im ganzen Feld. Das Oberflachenintegral(4) liefert erwartungsgemaß mit

Γ = 2Aez · ez

∫(S)

∫dS

Γ = 2π[ΩAR

2A −ΩI R

2I

].

c) Die Stromung ist rotationsfrei, wenn rot u = 0 im ganzen Feld. Wir erhalten dieBedingung fur Rotationsfreiheit der Stromung durch Nullsetzen von (5):

ΩA

ΩI=

(RI

RA

)2

.

Aufgabe 4.2-17 Leistung der Peltonturbine

Aus einer feststehenden Duse tritt ein Wasserstrahl (Dichte , Austrittsquerschnitt A1)mit der Geschwindigkeit c aus und trifft symmetrisch auf ein System von Schaufeln,deren Bewegung als reine Translation aufgefaßt werden soll (z. B. Peltonturbinenradmit großem Durchmesser und kleinen Schaufeln).

Jeweils nach einer Zeit ∆t0 = l/u0 taucht eine neue Schaufel in den Wasserstrahl ein undwird sofort voll von ihm beaufschlagt. Der abgeschnittene Strahl leistet noch so langean einer Schaufel Arbeit, solange er sie benetzt. Volumenkrafte sind zu vernachlassigen.Die Stromung sei reibungsfrei und inkompressibel.

Hinweis: Die Kraft auf die Schaufel ist unabhangig vom Umgebungsdruck p0, der daherohne Beschrankung der Allgemeingultigkeit zu null gesetzt werden kann.

a) Welche Kraft wird auf jede beaufschlagte Schaufel ausgeubt?b) Man bestimme die Leistung des Schaufelsystems.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 205

c) Fur welches Verhaltnis c/u0 ist die Leistung maximal?d) Wie groß ist dann der Wirkungsgrad der Anlage?e) Bestimmen Sie die Leistung des Schaufelsystems direkt aus der Eulerschen Turbi-

nengleichung.

Geg.: , u0, c, l, A1, p0 = 0

Losung

a) Schaufelkraft:Der Impulssatz in integraler Form ohne Volumenkrafte fur ein Kontrollvolumen,das bezogen auf ein beliebig beschleunigtes Koordinatensystem fest ist, lautet(S. L. (2.73))

∂t

⎡⎢⎣∫∫(V )

∫ c dV

⎤⎥⎦B

+∫(S)

∫ c (w · n) dS + Ω ×

∫ ∫(V )

∫ c dV =

∫(S)

∫t dS , (1)

mit der Absolutgeschwindigkeit c = w + Ω × x + v. Fur einen Beobachter auf derSchaufel, d. h. im Relativsystem, ist die Stromung stationar (∂ w/∂t = 0). MitΩ = 0 (weil nur die Translation der Schaufeln betrachtet wird) und konstanterFuhrungsgeschwindigkeit v = u0 ex fallen der erste und dritte Term der linken Seitevon (1) weg und das bewegte System ist ein Inertialsystem.Die Schaufelkraft hat aufgrund der Symmetrie des Problems nur eine KomponenteFx in Richtung von ex. Es ist daher ausreichend den Impulssatz (1) in Richtung vonex anzuwenden: ∫

(S)

∫t · ex dS =

∫(S)

∫ (w + v) · ex (w · n) dS ,

oder, da die Fuhrungsgeschwindigkeit v = u0 ex konstant ist und∫(S)

∫ (w · n) dS

wegen der Kontinuitatsgleichung identischverschwindet,∫

(S)

∫t · ex dS =

∫(S)

∫ w · ex (w · n) dS . (2)

Man hatte also direkt den Impulssatz imbewegten Inertialsystem anwenden konnen.Die Gesamtflache S wird in die TeilflachenS = A1 + A2 + SSL + Sw aufgeteilt. w (w · n) und tx sind an den Freistrahl-randern SSL null. Der Impulsfluß uber dieSchaufelflache Sw ist null und das Integral

von tx uber Sw ist gleich dem Negativen der gesuchten Schaufelkraft, d. h.

Fx = −∫Sw

∫t · ex dS = w2

1 A1 + 2 w22 cos β A2 . (3)

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206 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Die Stromung ist uber die Strahlquerschnitte A1, A2 ausgeglichen und der Druckgleich dem Umgebungsdruck p0. Damit mussen bei verlustfreier Stromung die Ge-schwindigkeiten w1, w2 dem Betrag nach gleich sein und aus der Kontinuitatsglei-chung folgt A2 = A1/2. Mit der relativen Strahleintrittsgeschwindigkeit w1 = c−u0

berechnet sich aus (3) die Schaufelkraft zu

Fx = (c − u0)2 (1 + cos β)A1 . (4)

b) Bei der Berechnung der nutzbaren Leistung ist zu beachten, daß mehrere Schau-feln gleichzeitig beaufschlagt werden. Die Zeitdauer der Beaufschlagung setzt sichzusammen aus zwei Anteilen, und zwar der Zeit ∆t0 = l/u0 zwischen dem Eintau-chen einer Schaufel in den Strahl bis zum Eintauchen der nachsten und der Zeit∆t1 = l/w1 = l/(c− u0), die vergeht, bis das Ende des abgeschnittenen Strahls dieSchaufel erreicht hat. Die Beaufschlagungszeit einer Schaufel ist daher

∆t = ∆t0 + ∆t1 =l

u0+

l

w1.

Wahrend dieser Zeit wird jeweils nach der Zeitspanne ∆t0 eine weitere Schaufelbeaufschlagt, so daß zu jedem Zeitpunkt

n =∆t

∆t0=

c

c− u0(5)

Schaufeln beaufschlagt sind. Die Leistung einer Schaufel mit der Flache SW berech-net sich nach (S. L. (2.111)) durch

PS =∫SW

∫u0 ex · t dS .

Die Geschwindigkeit u0 ist uber SW konstant, so daß wir mit (3) die Leistung einerSchaufel zu

PS = −u0 Fx (6)

erhalten. Die Leistung der n Schaufeln ist P = nPS oder mit (4), (5), (6)

P = − c3A1u0

c

(1 − u0

c

)(1 + cos β) .

Die Leistung erscheint hier negativ, weil der Flussigkeit Energie entzogen wird.c) Die an den Schaufeln der Turbine verrichtete Leistung PT = −P wird fur

dPT

d(u0/c)= c3A1

(1 − 2

u0

c

)(1 + cosβ) = 0

⇒ c

u0= 2

maximal (d2PT /d(u0/c)2 < 0):

PTmax = c3 A11 + cos β

4.

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4.2 Reibungsfreie Flussigkeiten 207

d) Der maximale Wirkungsgrad (bei c/u0 = 2) der Kraftmaschine

ηmax =PTmax

Pzu,

mit der durch die Duse zugefuhrten Leistung (Fluß der Energie aus der Duse)

Pzu =∫A1

∫ c · c2

(c · n) dS =

2c3A1

ist

ηmax =1 + cosβ

2.

e) Eulersche Turbinengleichung:

Wir fassen das Schaufelsystem nun als eine Pel-tonturbine mit dem Schaufelradius r auf. Das Mo-ment, das die Turbine auf die Flussigkeit ausubt,ist

M = m r (cu2 − cu1) .

Die Umfangskomponente des eintreffenden Strahlsist cu1 = c. Die Umfangskomponente der Absolut-

geschwindigkeit c2 erhalten wir aus dem Geschwindigkeitsdreieck des abgehendenStrahls:

cu2 = c2 · ex = (w2 + u2) · ex

= −w2 cosβ + u0 = −(c− u0) cos β + u0 .

Der Massenstrom der die n Schaufeln beaufschlagt ist

m = −n∫A1

∫ w · n dS .

Es ist naturlich derselbe Massenstrom, der durch die feststehende Duse stromt

m = −∫A1

∫ c · n dS = cA1 .

Das Moment lautet somit M = − A1 c r (c − u0) (1 + cos β). Damit wird die Lei-stung P = M Ω mit u0 = Ω r wiederum zu

P = − c3A1u0

c

(1 − u0

c

)(1 + cos β) .

Die vorausgesetzte Translation des Schaufelsystems entspricht hier dem Grenzfallr → ∞, Ω → 0, aber rΩ = const = u0.

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208 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

4.3 Anfangs- und Randbedingungen

Aufgabe 4.3-1 Sich in Flussigkeit bewegender elliptischer Zy-

linder

Ein Zylinder mit elliptischem Quer-schnitt bewegt sich senkrecht zuseiner Achse in Flussigkeit. DieBewegung ist gegeben durch

y(x, t) = y′(x′) + y0 cosωt .

Man bestimme die kinematischeRandbedingung mit Hilfe der Be-ziehungen

a) (ui − ui(w))ni = 0b) DF/Dt = 0

an F (x, t) = 0.

Geg.: a, b, y0, ω

Losung

Die implizite Form der elliptischen Zylinderoberflache im korperfesten (mitbewegten)Koordinatensystem x′, y′ lautet:

F ′(x′, y′) =x′2

a2+y′2

b2− 1 = 0 .

Mit der gegebenen Bewegung

y = y′ + y0 cosωt , x = x′

erhalten wir die implizite Form der Oberflache im festen Koordinatensystem x, y zu

F (x, y, t) =x2

a2+

(y − y0 cosωt)2

b2− 1 = 0 . (1)

a) (ui − ui(w))ni = 0:Durch Anwendung dieser Gleichung auf das hier gegebene Problem entsteht

(u− 0)nx + (v − vw)ny = 0

und mit

vw =

(dy

dt

)w

= −y0 ω sinωt

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4.3 Anfangs- und Randbedingungen 209

und

n =∇F|∇F | , ∇F =

2x

a2ex +

2(y − y0 cosωt)

b2ey

wird die Randbedingung zu

u2x

a2+ (v + y0 ω sinωt)

2(y − y0 cosωt)

b2= 0 (an der Wand)

erhalten.b) DF/Dt = 0 an F (x, t) = 0

Dasselbe Ergebnis folgt unmittelbar

2(y − y0 cosωt)(y0 ω sinωt)

b2+ u

2x

a2+ v

2(y − y0 cosωt)

b2= 0 .

Aufgabe 4.3-2 Schlag– und Nickschwingung einer ebenen Plat-

te

Eine ebene Platte fuhrt eine Schlag-schwingung (y(t)= y0 cosωt) und ei-ne Nickschwingung (α(t)=α0 cosωt)aus. Die Amplitude sei so klein, daß

tanα0 ≈ α0

gesetzt werden kann.

a) Man bestimme die implizite Gleichung F (x, y, t) = 0 der Plattenoberflache.b) Man bestimme die kinematische Randbedingung an der Platte.

Geg.: y0, α0, ω

Losung

a) Implizite Gleichung der OberflacheDie explizite Form lautet

y(x, t) = y0 cosωt+ x tan(α0 cosωt) ≈ (y0 + α0x) cosωt ,

woraus unmittelbar die implizite Form zu

F (x, y, t) = y − (y0 + α0 x) cosωt = 0

folgt.

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210 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

b) Randbedingung an der PlatteAus

DF

Dt= 0 an der Wand F (x, y, t) = 0

ergibt sich sofort

(y0 + α0 x)ω sinωt+ u (−α0 cosωt) + v = 0 an der Wand F (x, y, t) = 0 .

Aufgabe 4.3-3 In Flussigkeit bewegter Kreiszylinder

Ein Zylinder (Radius R) rotiert mit derWinkelgeschwindigkeit Ω um seine Mit-telachse, wahrend diese sich langs dergegebenen Bahn xM(t) bewegt.

a) Wie lautet die kinematische,b) wie die dynamische Randbedingung an der Zylinderwand?

Geg.: R, Ω, xM(t)

Losung

a) Kinematische Randbedingung:

u · n = uw · n oderDF

Dt=∂F

∂t+ ui

∂F

∂xi= 0 .

Die implizite Flachengleichung lautet fur diese Bewegung

F = x′2 + y′2 − R2 = 0 ,

mitx′ = x− xM und y′ = y − yM

folgt nunF (x, y, t) = (x− xM )2 + (y − yM)2 − R2 = 0 .

Bilden wir die materielle Ableitung dieser Gleichung

DF

Dt= 2 (x− xM)(−xM) + 2 (y − yM)(−yM) + u 2 (x− xM) + v 2 (y − yM) ,

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4.3 Anfangs- und Randbedingungen 211

in der der Punkt die Ableitung nach der Zeit bedeutet, so lautet die kinematischeRandbedingung

(x− xM)(u− xM) + (y − yM)(v − yM) = 0 an der Wand F (x, y, t) = 0 .

Fur den Sonderfall xM (t) ≡ 0 redu-ziert sich die Randbedingung nachDivision mit R zu

x

Ru+

y

Rv = 0

oder

unx + v ny = u · n = 0

auf dem Zylinder.

b) Dynamische Randbedingung im allgemeinen Fall:Es gilt

u = uw an der Wand .

Auf dem Zylinder ist

uw = xM + ΩReϕ′ .

Aus eϕ′ = ez × n entsteht

eϕ′ = − sinϕ′ ex + cosϕ′ ey

mit

sinϕ′ =y′

R=y − yM

R

cosϕ′ =x′

R=x− xM

R,

so daß die Randbedingung die Form

u = uw = (xM − (y − yM)Ω)ex + (yM + (x− xM )Ω)ey

auf der Zylinderoberflache, also auf F (x, y, t) = 0 annimmt.Anmerkung:Die Tatsache, daß der Zylinder rotiert, macht sich nur in der dynamischen Randbe-dingung bemerkbar!

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212 4 Bewegungsgleichungen fur spezielle Materialgesetze

Aufgabe 4.3-4 Wirbelbehaftete Stromung in einem ellipti-

schen Zylinder

Fur eine wirbelbehaftete Stromung in einem el-liptischen Zylinder ist das Geschwindigkeitsfeld

u1(x1, x2) = −2K x2

b2,

u2(x1, x2) =2K x1

a2

bekannt. Die Gleichung des Zylinders ist durch

x21

a2+x2

2

b2= 1

gegeben.

a) Zeigen Sie, daß die Zylinderwand nicht durchstromt wird.b) Berechnen Sie die Zirkulation entlang der Kurve C .

Hinweis: Dies gelingt am leichtesten unter Verwendung des Stokesschen Satzes

∮(C)

u · dx =∫(S)

∫(rot u) · n dS .

Geg.: a, b, K

Losung

a) Undurchlassigkeit der Zylinderwand:Es ist zu zeigen, daß

(ui − ui(w))ni = 0 (an der Wand) (1)

erfullt ist. Da ui(w) = 0 also ui ni = 0.Die implizite Form der elliptischen Zylinderoberflache lautet:

F (x1, x2) =x2

1

a2+x2

2

b2− 1 = 0 , (2)

und daher ist

ui∂F

∂xi

/√√√√ ∂F

∂xj

∂F

∂xj= 0

oder

u1∂F

∂x1+ u2

∂F

∂x2= −2K x2

b22x1

a2+

2K x1

a2

2x2

b2= 0 .

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4.3 Anfangs- und Randbedingungen 213

b) Zirkulation Γ:Es ist

Γ =∮

(C)

u · dx =∫(S)

∫(rot u) · n dS . (3)

Die Flachennormale n der Flache S ist so zu wahlen, daß von der positiven Flachen-seite aus gesehen die Kurve C im mathematisch positiven Sinn durchlaufen wird.Hier zeigt sie aus der Zeichenebene heraus und ist gleich e3. Daher ist der Integranddes Oberflachenintegrals in (3)

(rotu) · n = (rotu)3 = ε3jk∂uk

∂xj=

2K

a2+

2K

b2.

Mit dem bekannten Ausdruck fur die Ellipsenflache π a b erhalten wir die gesuchteZirkulation zu

Γ = 2πKa2 + b2

a b.

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5 Hydrostatik

5.1 Hydrostatische Druckverteilung

Aufgabe 5.1-1 U–Rohr–Manometer

Zwei mit Flussigkeiten der konstan-ten Dichten a bzw. b gefullte Behal-ter sind in der skizzierten Weise uberein U–Rohr–Manometer verbunden.Die Dichte der Manometerflussigkeitist c.

Wie groß ist die Druckdifferenz p1−p2

in Abhangigkeit vom Manometeraus-schlag ∆h?

Geg.: h1, h2, ∆h, a, b, c, g

Losung

Die Druckverteilung in ruhender, schwerer Flussigkeit ist im Inertialsystem (S. L. (5.15))

p+ g z = const.

Der Druck pL am linken Spiegel der Meßflussigkeit betragt von der Flussigkeit a kom-mend

pL = p1 + a g

(∆h

2− h1

),

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5.1 Hydrostatische Druckverteilung 215

der Druck pR am rechten Spiegel von der Flussigkeit b kommend

pR = p2 − b g

(∆h

2+ h2

).

Die Differenz ist demnach

pL − pR = p1 − p2 +∆h

2g ( a + b) − g ( a h1 − b h2) ,

andererseits aber auch der Druckunterschied an diesen Stellen in der Flussigkeit c

pL − pR = c g∆h .

Durch Gleichsetzen erhalt man die gesuchte Druckdifferenz

p1 − p2 = c g∆h

(1 − a + b

2 c

)+ g ( a h1 − b h2) .

Aufgabe 5.1-2 Hydraulische Sicherheitskupplung

Eine hydraulisch betatigte Sicherheitskupplung soll bei einer bestimmten Drehzahl aus-kuppeln. Die Einstellung der Drehzahl erfolgt uber die Fullhohe H. Die erforderlicheSchaltkraft Fs wird durch den Flussigkeitsdruck am kreisringformigen Arbeitskolben(Radius R, Breite s) erzeugt. Wegen s R kann der Druck uber der Kolbenflache alskonstant angesehen werden.

a) Bei welcher Drehzahl wird die Schaltkraft Fs gerade uberwunden?

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216 5 Hydrostatik

b) Wie muß die Fullhohe verandert werden, damit sich die Schaltdrehzahl verdoppelt?

Geg.: H, FS, R, s, , p0, g

Losung

a) Grenzdrehzahl:Die Druckverteilung im rotierenden Bezugssystem lautet (S. L. (5.15))

p + g z −

2Ω2 r2 = const .

Der Druck am Kolben ist dann

pK = p0 + g H +

2Ω2 R2 .

Da pK uber der Kolbenflache praktisch konstant ist, gilt

pK =FK

2π R s,

FK bezeichnet die Kraft der Flussigkeit auf den Kolben.Mit dem Kraftegleichgewicht FK = FS + p0 2π R s erhalt man die GrenzdrehzahlΩ∗:

FS

2π R s+ p0 = p∗K = p0 + g H +

2Ω∗2

R2

⇒ Ω∗ =

(FS

π R3 s− 2 g H

R2

) 12

.

b) Veranderung der FullhoheSchreiben wir H ′ fur die Fullhohe bei doppelter Schaltdrehzahl Ω′ = 2Ω∗, so gilt:

(FS

π R3 s− 2 g H ′

R2

) 12

= 2

(FS

π R3 s− 2 g H

R2

) 12

⇒ H ′ = 4H − 3

2

FS

g π Rs.

Aufgabe 5.1-3 Mit Flussigkeit gefullter, rotierender Behalter

Ein rotationssymmetrischer Behalter (Radius R, Fullhohe H) ist mit Flussigkeit derDichte gefullt und mit einem Kolben des Gewichts G abgeschlossen. Der Behalter ro-tiert um seine senkrechte Achse mit der Winkelgeschwindigkeit Ω. Der Umgebungsdruckist p0.

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5.1 Hydrostatische Druckverteilung 217

a) Geben Sie fur Ω = 0 den Druck p2 am Behalter-boden an.

b) Berechnen Sie die Druckverteilung im Behalter

fur Ω = 0 (die Konstante in der BernoullischenGleichung wird durch das Kraftegleichgewichtam Kolben festgelegt).

c) An welcher Stelle am Behalterboden wirktder Druck p2 aus Teilfrage a) bei rotierendemBehalter?

d) An welcher Stelle und bei welcher Winkel-geschwindigkeit wird der Dampfdruck pD =0, 2 p0 zuerst erreicht?

Geg.: R, H, p0, G, , Ω, g

Losung

a) Druck p2 am Behalterboden fur Ω = 0:Bezeichnen wir den Druck unterhalb des Kolbens (z = 0) mit p1, so lautet dieDruckverteilung in der Flussigkeit

p(z) + g z = p1 .

Mit dem Kraftegleichgewicht am Kolben

p1 π R2 = G + p0 π R

2

erhalten wir

p(z) + g z =G

πR2+ p0

und speziell fur den Druck p2 am Behalterboden (z = −H)

p2 =G

πR2+ p0 + g H .

b) Die Druckverteilung im Behalter fur Ω = 0:Aus der Bernoullischen Gleichung im Koordinatensystem, in dem die Flussigkeitruht,

p(r, z) + g z −

2Ω2 r2 = C

folgt fur die Druckverteilung an der Kolbenunterseite (z = 0)

p1(r) = C +

2Ω2 r2 .

Das Kraftegleichgewicht am Kolben lautet nun∫SK

∫p1(r) dA = G+ p0 A

⇒ C =G

πR2+ p0 −

4Ω2R2 .

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218 5 Hydrostatik

Damit ergibt sich aus der Bernoullischen Gleichung die Druckverteilung im Behalter:

p(r, z) =G

πR2+ p0 − g z +

2Ω2

(r2 − R2

2

)

und speziell am Behalterboden (z = −H) zu

p(r,−H) =G

πR2+ p0 + g H +

2Ω2

(r2 − R2

2

).

c) Wo ist p(r,−H) = p2?

G

πR2+ p0 + g H =

G

πR2+ p0 + gH +

2Ω2

(r2 − R2

2

)

⇒ r =R√2.

Auf dem Kreis r = R/√

2 ist der Druck unabhangig von Ω!d) Wo wird der Dampfdruck zuerst erreicht?

Der Druck sinkt mit z und steigt mit r, d. h. der niedrigste Druck im Behalter istan der Stelle r = z = 0 zu finden. Die Bestimmungsgleichung fur Ω lautet daher

pD = p(0, 0) =G

πR2+ p0 −

4Ω2R2 ,

mit pD = 0, 2 p0 folgt

Ω =

(4G

π R4+

3, 2 p0

R2

)12

.

Aufgabe 5.1-4 Schleudergußverfahren

Ein rotationssymmetrisches Werkstuck, dasim Schleudergußverfahren hergestellt werdensoll, ist gemaß nebenstehender Skizze einge-formt. Wahrend des Gießvorganges rotiert dieForm mit konstanter WinkelgeschwindigkeitΩ.

a) Man berechne den Druck p1 an der Stelle [1] als Funktion von Ω.b) Wie groß darf die Winkelgeschwindigkeit Ω hochstens gewahlt werden, wenn im

Punkt [1] der maximal zulassige Sand–Druck pmax nicht uberschritten werden darf?

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5.1 Hydrostatische Druckverteilung 219

c) Man berechne fur diese Winkelgeschwindigkeit Ωmax die maximale Hohe h, damitauch an der Stelle [2] pmax nicht uberschritten wird.

Geg.: R1, R2, H1, , p0, pmax, g

Losung

Die Druckverteilung bezuglich eines um die z–Achse rotierenden Bezugssystems ist(S. L. (5.15))

p = p0 − g z +1

2 Ω2 r2 . (1)

a) Der Druck an der Stelle [1] wird berechnet, indem wir in der Gleichung oben r = R1

und z = −H1 setzen:

p1 = p0 + g H1 +1

2 Ω2 R2

1 . (2)

b) Die maximal zulassige Winkelgeschwindigkeit Ωmax erhalten wir, indem in der Glei-chung (2) p1 = pmax gesetzt und die Gleichung nach Ωmax aufgelost wird

Ωmax =1

R1

√2

(pmax − p0) − 2 g H1 .

c) Die bei dieser Winkelgeschwindigkeit zulassige Hohe h (Stelle [2]) wird berechnet,indem die Großen der Gleichung (1) wie folgt ersetzt werden:

p = pmax , z = −h , Ω = Ωmax und r = R2 .

Die unbekannte Hohe h folgt aus der erhaltenen Gleichung zu

h =pmax − p0

g

(1 −

(R2

R1

)2)

+(R2

R1

)2

H1 .

Aufgabe 5.1-5 Tiefenmesser

Ein Meßgerat zur Bestimmung von Gewassertiefen besteht aus einem mit Quecksil-ber (Dichte Hg) gefullten Behalter, der uber ein Ruckschlagventil mit einem Zylinderverbunden ist. Uber einen Zulauf kann Wasser in den Behalter einstromen. Beim Absen-ken des Gerates wird der Kolben des Zylinders durch einstromendes Quecksilber nachoben verschoben. Nach dem Hochziehen kann an einer Skala die erreichte Wassertiefeabgelesen werden.

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220 5 Hydrostatik

a) Wie groß ist das Gewicht des Kolbens, damit fur die Wassertiefe H = 0 das Queck-silber im Behalter genauso hoch wie im Zylinder steht? Die Feder soll unbelastetsein. (Das Meßgerat ist mit so viel Quecksilber gefullt, daß bei H = 0 die TrennflacheQuecksilber–Wasser bei z = −h1 ist.)

b) Wie ist die Federsteifigkeit c zu wahlen, damit das Meßgerat bis zur Tiefe Hmax

einsatzfahig ist, ohne daß Wasser in den Zylinder stromt?Hinweis: Die Anderung durch die Kompression der Luft soll gegenuber der Ruck-stellkraft der Feder vernachlassigt werden.

c) Wie lautet der Zusammenhang von Wassertiefe H und Quecksilberstand h im Zy-linder?

Geg.: A1, A2 = A4 − A3 = A1, h0, h1, p0, W , Hg, g

Losung

Da angenommen wird, daß auf der oberen Seite des Kolbens der Umgebungsdruck p0

wirkt, hat dieser keinen Einfluß und wir setzen im folgenden p0 = 0.

a) Kolbengewicht G:Da die Flachen A1 und A2 gleich sind, steigt das Quecksilber im Zylinder bei zuneh-mender Tiefe H um den gleichen Betrag h, um den es im Behalter abnimmt. DerAbstand der Trennflache Wasser–Quecksilber von der Wasseroberflache ist daher

zTf = −(H + h1 + h) .

Der Druck an dieser Stelle ist

pTf = − W g zTf ,

pTf = W g (H + h1 + h) . (1)

Dieser Druck ist gleich dem Druck innerhalb des Zylinders bei z = −zTf :

pZy = pTf . (2)

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5.1 Hydrostatische Druckverteilung 221

pZy wird durch die Federkraft c h (unbekannte Federsteifigkeit c), die noch unbekann-te Gewichtskraft G und die Quecksilbersaule der Hohe 2h verursacht. Die Krafte-bilanz fur den Kolben mit der Quecksilbersaule lautet:

pZy A1 = G + c h+ 2 Hg g hA1

⇒ pZy =G + c h

A1

+ 2 Hg g h . (3)

Speziell fur den Aufgabenteil a) gilt h = 0 und H = 0. Wir setzen dies in dieGleichungen (1) und (3) ein:

pTf = W g h1 ,

pZy =G

A1.

In Gleichung (2) eingesetzt und nach dem gesuchten Gewicht G aufgelost liefert:

G = W g h1A1 . (4)

b) Federsteifigkeit c:Der Quecksilberstand im Behalter darf maximal um h0 (Bei einer messbaren Tiefevon Hmax) sinken, damit kein Wasser in den Zylinder stromt. Gleichzeitig steigt derKolben bei H = Hmax auf h = h0 (siehe Aufgabenteil a)).Zur Bestimmung der Federsteifigkeit setzen wir H = Hmax und h = h0 in dieGleichungen (1) und (3) ein und erhalten

pTf = W g (Hmax + h1 + h0) ,

pZy =G + c h0

A1

+ 2 Hg g h0

bzw.

pZy = W g h1 +c h0

A1+ 2 Hg g h0 .

Mit Gleichung (2) ergibt sich die gesuchte Federsteifigkeit c zu

c = A1 g W

(Hmax

h0

+ 1 − 2 Hg

W

). (5)

c) Zusammenhang von Wassertiefe H und Quecksilberstand h:Mit (4) und (5) laßt sich die Kolbenhohe h aus (3) eliminieren und mit (1) durchbekannte Großen ausdrucken:

H

h=Hmax

h0.

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222 5 Hydrostatik

5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande

Aufgabe 5.2-1 Kraft und Moment auf eine Absperrklappe

Das skizzierte, an einem Behalter ange-schlossene Rohr ist durch eine ebene Plat-te, die um den Winkel α gegenuber derRohrachse geneigt ist, verschlossen. Dieelliptische Platte ist um die zur Zeichen-ebene senkrechte Symmetrieachse dreh-bar gelagert und wird durch das MomentM gegen den Wasserdruck geschlossen ge-halten.

a) Wie groß ist die Kraft auf die Platte und deren Komponente in die Rohrachsenrich-tung?

b) Welches Moment M ist notwendig, um die Klappe geschlossen zu halten?

Geg.: h, R, α, , g

Losung

a) Kraft auf die Platte:

Der Umgebungsdruck p0 ist ohne Ein-fluß auf die auf die Platte wirkendenKrafte, wir setzen daher in der folgen-den Rechnung p0 = 0. Die Platte hatelliptische Form, ihre Halbachsen sind

a =R

sinαund b = R .

Der Flachenschwerpunkt S liegt ausSymmetriegrunden auf der Rohrachse,d. h. der Druck im Flachenschwerpunktps betragt (p0 = 0):

ps = g h .

Der Flacheninhalt des Ellipsenquerschnittsist

A = π a b = πR2

sinα,

die Kraft auf die Platte ist damit

F = ps A = g h πR2

sinα.

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5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande 223

Sie wirkt senkrecht zur Plattenoberflache, die Komponente in Rohrachsenrichtungist daher

Fx = F sinα = g h π R2 .

b) Moment auf die Platte:Wir benutzen dazu das links eingezeich-nete Koordinatensystem und berech-nen das Moment bzgl. des Koordina-tenursprungs (xp = 0) aus der Formel(S. L. (5.41))

Mp = ( g sinϕ Ix′y′ + y′p ps A)ex′ − ( g sinϕ Iy′ + x′p ps A)ey

zu

M0 = g sinϕ (Ix′y′ ex′ − Iy′ ey

′) . (1)

Die Flachenmomente zweiter Ordnung des Ellipsenquer-schnitts sind (siehe Handbuch)

Ix′y′ = 0 (aus Symmetriegrunden) ,

Iy′ =π

4a3 b =

π

4

R4

sin3 α.

Dies in (1) eingesetzt liefert wegen sinϕ = sin(π − α) = sinα

M0 = − g sinαπ

4

R4

sin3 αey

′ ,

M0 = − g π4

R4

sin2 αey

′ .

Da ey′ in die Zeichenebene hinein geht, wirkt das Moment aus dem Flussigkeitsdruck

also offnend.

Aufgabe 5.2-2 Abflußverschluß durch eine Halbkugelschale

Der Abfluß eines Wasserbehalters (Fullhohe h)ist durch eine Halbkugelschale (Gewicht G, Ra-dius r0) abgeschlossen.

Welche Kraft F ist notwendig, um den Abflußzu offnen?

Geg.: h, , r0, g

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224 5 Hydrostatik

Losung

Fur die Berechnung verwenden wir den skizziertenErsatzkorper. Der Umgebungsdruck ist ohne Ein-fluß, wir setzen daher wieder der Einfachheit halberp0 = 0. Die Kraft auf die Innenseite der Halbkugelist dann null, die Kraft auf die Außenseite berech-nen wir aus der Formel (S. L. (5.45))

Fz = p0Az + g V , (1)

bei deren Herleitung jedoch angenommen wurde,daß n ·ez < 0 ist, d. h. die Unterseite der Flache S gemeint ist. Hier betrachten wir dieOberseite, so daß wir in (1) das Vorzeichen umdrehen mussen. Also ist mit p0 = 0

Fz = − g Vdie Kraft, die die Flussigkeit auf die Halbkugel ausubt. Das Kraftegleichgewicht an derGlocke lautet

Fz −G + F = 0

⇒ F = G− Fz = G+ g V .

Das Volumen des Ersatzkorpers ist

V = VZylinder − VHalbkugel = π r20 h−

2

3π r3

0 ,

so daß wir fur die gesuchte Kraft letztlich erhalten:

F = G+ g h π r20

(1 − 2

3

r0h

). (h ≥ r0!)

Aufgabe 5.2-3 Kraft auf eine bogenformige Staumauer

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5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande 225

Berechnen Sie die Kraft (Fx, Fz), die vom Wasser auf die bogenformige, oben skizzierteStaumauer ausgeubt wird.

Geg.: , r, R, g

Losung

Wir setzen den Umgebungsdruck, der ohne Einfluß auf die insgesamt auf die Staumau-er wirkende Kraft ist, null. Zunachst berechnen wir die z–Komponente der gesuchtenKraft. Dazu betrachten wir das in nebenstehendem Bild eingezeichnete Flussigkeitsvo-lumen V , dessen Oberflache Sges sich zusammensetzt aus S, SM und Az, wobei S diebetrachtete benetzte Oberflache der Staumauer ist.

Aus dem Archimedesschen Prinzip folgt dann

F→Ersatzvol. =∫

(S+SM +Az )

∫−pn dS = − g V

bzw. fur die z–Komponente (g · ez = −g)

Fz→Ersatzvol. =∫

(S+SM +Az )

∫−pn · ez dS = g V .

Da auf SM n ·ez = 0 und auf Az p = p0 = 0 ist, giltFz→Ersatzvol. = −Fz→ Mauer , wir erhalten also

Fz = Fz→Mauer = − g V .

Der Volumeninhalt V ist der des skizzierten Torus-segments, den wir mit Hilfe der Guldinschen Regelberechnen:Volumen = Flacheninhalt des Querschnitts multi-pliziert mit dem Weg des Flachenschwerpunkts, dendieser bei Erzeugung des Rotationskorpers zuruck-legt,

also hier

V = AViertelkreisπ rs =1

4π2 r2 rs .

Mit

rs = (R + r) − 4

3πr

folgt fur den Volumeninhalt

V =1

4π2 r2

[R + r

(1 − 4

)]und daher fur die z–Komponente der Kraft

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226 5 Hydrostatik

Fz = − g π2

4r2

[R + r

(1 − 4

)].

Die x–Komponente (die y–Komponente verschwindet aus Symmetriegrunden) ist

Fx =∫(S)

∫pn · ex dS =

∫(Ax)

∫p dA ,

also ist Fx auch die Kraft auf die ebene Flache Ax, die durch Projektion von S in diex–Richtung entsteht (siehe Skizze):

Fx = ps Ax

= g hs Ax .

Die Flachenschwerpunktlage ist

−zs = hs =

∑Ai (−zSi)

Ax,

also ergibt sichFx = g

∑Ai (−zsi) .

Die Teilflachen Ai sind zum einen das große Rechteck 2(R + r) r sowie die beidenViertelkreise, die wieder abzuziehen sind:

Fx = g[2(R + r) r

(r

2

)− 2

π

4r2

(4 r

)]

⇒ Fx = g(

1

3r3 + r2R

).

Aufgabe 5.2-4 Durch ihr Eigengewicht dichtende Halbkugel-schale

Eine mit Flussigkeit (Dichte ) gefullte Halbkugel (Radius R) mit Einfullstutzen (Ra-dius r mit r R) liegt auf einer ebenen Platte und dichtet durch ihr EigengewichtG.

Wie hoch darf die Flussigkeit im Behalter stehen (Hohe h), damit kein Leck auftritt?

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5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande 227

Geg.: r, R, G, , g

Losung

Die Halbkugel dichtet noch, wenn die resultierende Kraft FA aus der Druckintegrationuber die Innenwand der Halbkugel gerade gleich dem Gewicht ist

FA = G . (1)

Der Umgebungsdruck p0 wirkt auf beiden Seiten des Gefaßes. Wir setzen daher p0 = 0.Die Druckintegration laßt sich leicht durchfuhren, indem der Auftrieb fur einen geeig-neten Ersatzkorper (Volumen VK) nach

FA = g VK (2)

berechnet wird.

Fall a: Die Flussigkeit steht im Einfullstutzen (h > R):

Das Volumen des skizzierten Ersatz-korpers ist

VK = π R2 h− 2

3π R3 − π r2 (h− R).

Setzen wir dies in die Gleichungen(1) und (2) ein, so erhalten wir diezulassige Fullhohe bezogen auf denRadius R:

h

R=

G

π g R3

1

1 −(

rR

)2 +

23−

(rR

)2

1 −(

rR

)2 .

Mit der Vorgabe r R vereinfacht sich das Ergebnis zu

h

R=

G

π g R3+

2

3.

In dieser Gleichung ist der Grenzubergang G→ 0 wegen h/R > 1 nicht zulassig.

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228 5 Hydrostatik

Fall b: Die Flussigkeit ist nur innerhalb der Halbkugel (h ≤ R):Der skizzierte Ersatzkorper hat das Volumen

VK = π R2 h− VKugelschnitt ,

mit dem Volumen der”geschnittenen“ Halbkugel (siehe Handbuch)

VKugelschnitt = π R2 h− 1

3π h3 .

Analog zu oben erhalten wir das Er-gebnis fur diesen Fall:

G = π g(R2 h− R2 h+

1

3h3

).

Die Gleichung aufgelost nach derzulassigen Hohe h ergibt

h =

(3G

π g

) 13

.

Aufgabe 5.2-5 Zylindrische Tauchstation

Die dargestellte zylindrische Tauchstati-on eines Filmteams besteht aus einem ausStahlblech der Blechdicke s gefertigten Hohl-zylinder (s D) und zwei stirnseitigenTanks. Die Tauchkabine ist in ihrer hori-zontalen Mitte mit runden ebenen Fenstern(Durchmesser d) versehen. In der Stationherrscht der Druck pi.

a) Die Tanks sind mit Luft gefullt und die Station schwimmt ohne Last um D/2 einge-taucht an der Wasseroberflache. Wie groß ist damit das Verhaltnis der Dichten vonStahl und Wasser ( St/ W )?

b) Die Station ist nun mit dem GewichtG belastet und vollstandig unter die Oberflachegetaucht.1.) Welches Wasservolumen ∆V wurde in die Tanks geflutet?2.) Wie groß ist l, wenn die Tanks vollstandig gefullt sind?

c) Welche Kraft wirkt bei einer Tauchtiefe t auf ein Fenster?

Geg.: L, D, d, s, W , p0, g

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5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande 229

Losung

a) Dichteverhaltnis St/ W :Die Summe der vertikalen Krafte, die auf die Station wirken, ist null:

FA1 −GSt = 0 . (1)

Die Auftriebskraft berechnet sich zu

FA1 = Vfl1 W g .

Da die Station halb eingetaucht ist, ist das Volumen Vfl1 gleich dem halben Gesamt-volumen der Tauchstation

Vfl1 =1

2V , mit V = π

D2

4L .

Das Gewicht der leeren Tauchstation, das gleich dem Gewicht der Stahlbleche ist,berechnet sich wie folgt:

GSt = VSt St g ,

mit dem Stahlvolumen fur s D

VSt = π DLs+ πD2 s

= π D2 s(1 +

L

D

)

= 4Vs

L

(1 +

L

D

).

Setzt man dies in Gleichung (1) ein und lost nach dem gesuchten Dichteverhaltnisauf, so erhalt man

St

W=

1

8

L

s

(1 +

L

D

)−1

.

b) 1.) Welches Wasservolumen ∆V wurde geflutet?Die Summe aller vertikalen Krafte, die auf die getauchte und mit dem GewichtG belastete Station wirken, ist nun

FA2 −GSt −G = 0 . (2)

Die Auftriebskraft istFA2 = Vfl2 W g ,

mit dem verdrangten Wasservolumen

Vfl2 = V − ∆V .

GSt in der Gleichung (2) kann mittels Gleichung (1) durch 1/2V W g ausge-druckt werden. Einsetzen in die Gleichung (2) liefert das gesuchte Volumen ∆Vbezogen auf das Gesamtvolumen der Tauchstation

∆V

V=

1

2− G

V W g.

(Anm.: Man erkennt, daß G < V w g/2 sein muß, damit die Station nicht bisauf den Grund sinkt.)

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230 5 Hydrostatik

2.) Wie groß ist die notwendige Tanklange l bei vollen Tanks?Sollen die Tanks beim Tauchen vollstandig mit Wasser gefullt sein, so berechnetsich die notwendige Tanklange l aus der Bedingung

∆V =π

2D2 l .

Mit dem Ergebnis von oben berechnet sich die Tanklange zu

l

L=

1

2

(1

2− G

V W g

).

c) Kraft auf ein Fenster:

Die horizontale Mittellinie der Fenster in der Tauchstationliegt in der Tiefe t unter der Wasseroberflache.In der Station wirkt der Druck pi konstant uber das Fen-ster. Die Kraft

Fi = piπ

4d2

greift im Schwerpunkt des Fensters innen an. Im Flachen-schwerpunkt des Fensters (Tiefe t) herrscht der Flussig-keitsdruck

pS = p0 + W g t .

Die Flussigkeitskraft auf das Fenster ist also

Fa = pSπ

4d2

und daher die resultierende Kraft

Fy = (p0 − pi + W g t)π

4d2 .

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5.2 Hydrostatischer Auftrieb, Kraft auf Wande 231

Aufgabe 5.2-6 In einen Fluß gesturzter Personenwagen

Der abgebildete Personenwagen ist gera-de in einen Fluß gesturzt, so daß der In-nendruck im Fahrzeug noch Atmospharen-druck p0 ist.

Die Fahrzeugtur kann naherungsweise alsein Rechteck mit den Seitenlangen a undb betrachtet werden. Die Hohe des Wasser-spiegels uber der Oberkante der Tur sei h.

a) Wie groß ist die zum Offnen der Tur notwendige Kraft F , wenn diese Kraft senkrechtzur Turflache und im Abstand 3/4 b von der vertikalen Drehachse der Tur angreifenkann.

b) Bis zu welcher Hohe x muß das Wasser im Fahrzeug steigen, damit ein Mensch mitder Muskelkraft FM die Tur zu offnen vermag?

Geg.: h = 5cm, a = 95 cm, b = 60 cm, W = 103 kg/m3, g = 9, 81m/s2 , FM = 500N

Losung

Da der Atmospharendruck p0 auf beiden Seiten der Tur wirkt, hat er keinen Einflußauf das Ergebnis und braucht im folgenden nicht beachtet zu werden.

a) Kraft F :Der Druck am Flachenschwerpunkt zS der Tur ist

pS = − W g zS

= W g(h+

1

2a).

Der Betrag der von außen auf die Tur wirkenden Kraft ist das Produkt diesesDruckes mit der Turflache A:

FFl = pS A

= W g a b h(1 +

a

2h

). (1)

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232 5 Hydrostatik

Die notwendige Kraft wird mittels Momentenbi-lanz um das Scharnier [A] der dargestellten Turermittelt:

F3

4b = FFl

1

2b

⇒ F =2

3FFl (2)

=2

3 W g h a b

(1 +

a

2h

)= 1, 957 kN .

b) Wasserhohe x im Fahrzeug:

Die resultierende Kraft ist

Fy = FFla − FFli .

Die Kraft FFla ist gleich FFl aus dem Aufgabenteil a)(Gleichung (1)). Die durch die Flussigkeit im Innerendes Wagens verursachte Kraft ist

FFli =1

2 W g b x2 .

Setzen wir in die rechte Seite der Gleichung (2) die resultierende Kraft Fy und aufder linken Seite die aufwendbare Kraft FM ein und losen nach der unbekanntenWasserhohe x auf, so erhalten wir:

x =

√2a h

(1 +

a

2h

)− 3FM

W g b

= 86 cm .

Fur x = 0 wird wieder das Ergebnis aus a) erhalten.

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6 Laminare Schichtenstromungen

Aufgabe 6-1 Ebene Ringspaltstromung

Im Ringspalt zwischen zwei unendlich langenZylindern (RA, RI) befindet sich inkompressi-ble Newtonsche Flussigkeit ( , η). Der außereZylinder rotiert mit ΩA, der innere mit ΩI . DieStromung sei stationar.

Man bestimme fur den Fall, daß die Axialkom-ponente der Geschwindigkeit null ist,

a) das Geschwindigkeits– und Druckfeld,b) die an beiden Zylindern angreifenden Momente,c) die im Spalt dissipierte Leistung.d) Fur welches Verhaltnis ΩA/ΩI ist die Stromung eine Potentialstromung?

Geg.: RA, RI , ΩA, ΩI , , η

Losung

a) Geschwindigkeits– und Druckfeld in Zylinderkoordinaten:Die einzige von null verschiedene Komponente ist bekannt (S. L. (6.42))

uϕ(r) =ΩAR

2A − ΩI R

2I

R2A − R2

I

r +(ΩI −ΩA)R2

I R2A

R2A − R2

I

1r

= C1 r + C21r

mit den Konstanten

C1 =ΩAR

2A − ΩI R

2I

R2A − R2

I

, C2 =(ΩI − ΩA)R2

I R2A

R2A − R2

I

. (1)

Aus der r–Komponente der Navier–Stokesschen Gleichung

dp

dr=

r

(C1 r +

C2

r

)2

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234 6 Laminare Schichtenstromungen

laßt sich nun die Druckverteilung berechnen:

p(r) =

2

(ΩAR

2A − ΩI R

2I

R2A − R2

I

)2

r2

+ 2 ΩAR

2A − ΩI R

2I

R2A −R2

I

(ΩI − ΩA)R2I R

2A

R2A −R2

I

ln r

2

((ΩI − ΩA)R2

I R2A

R2A − R2

I

)21

r2+ const

(Der Druck ist — wie immer in inkompressibler Stromung ohne Druckrandbedingung— nur bis auf eine Konstante bestimmbar.).

b) Moment auf die Zylinder:Aus Symmetriegrunden haben die Momente auf diebeiden Zylinder nur eine z-Komponente, die sich zu

MI = τrϕ|r=RI2π R2

I (2)

MA = −τrϕ|r=RA2π R2

A (3)

berechnen.

Die Komponente τrϕ des Spannungstensors lautet:

τrϕ = 2 η erϕ = η

(r∂

∂r

(uϕ

r

)+

1

r

∂ur

∂ϕ

)

⇒ τrϕ = −η 2

r2

(ΩI − ΩA)R2I R

2A

R2A −R2

I

.

Aus (2) und (3) folgt dann

MI = −4π η(ΩI − ΩA)R2

I R2A

R2A − R2

I

,

MA = 4π η(ΩI − ΩA)R2

I R2A

R2A − R2

I

.

Die Momente sind also bis auf das Vorzeichen gleich, was auch direkt aus demDrallsatz folgt.

c) Dissipierte Leistung:Im stationaren Fall muß die im Spalt dissipierte Leistung als Warme an die Umge-bung abgegeben werden:

PD =∫∫V

∫Φ dV = −Q .

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235

Wir wenden die Energiegleichung

D

Dt(K + E) = P + Q

auf ein Kontrollvolumen an, das die Flussigkeit im Ringspalt beinhaltet. Die linkeSeite dieser Gleichung ist null, da die Stromung stationar ist und die Zylinderober-flachen nicht durchstromt werden. Dies wird einsichtig, wenn man die linke Seitemit dem Reynoldsschen Transporttheorem umschreibt

D

Dt(K + E) =

∂t

∫ ∫(V )

(u2

2+ e

)dV +

∫(S)

(u2

2+ e

)u · n dS .

Also gilt (die Leistung der Volumenkrafte ist null):

−Q = PD = P =∫(S)

∫ti ui dS

⇒ PD =∫SI

∫tϕ uϕ dS +

∫SA

∫tϕ uϕ dS .

Wegen der Haftbedingung ist uϕ = ΩIRI auf SI und uϕ = ΩARA auf SA:

⇒ PD = ΩI

∫SI

∫tϕRI dS + ΩA

∫SA

∫tϕRA dS .

Die Integrale stellen die Momente dar, welche die Zylinder auf die Flussigkeitausuben. Damit erhalten wir

PD = −ΩI MI − ΩAMA

bzw. mit den berechneten Momenten

PD = 4π ηR2

I R2A

R2A − R2

I

(ΩI − ΩA)2 .

Die dissipierte Leistung ist also von dem Starrkorperrotationsteil C1r im Geschwin-digkeitsfeld vollkommen unabhangig, wie es auch sein muß.

d) ΩA/ΩI fur rotationsfreie Stromung (Potentialstromung):Die ebene Stromung kann nur in die z–Richtung eine von null verschiedene Rota-tionskomponente haben:

rotu =1

r

(∂

∂r(ruϕ) − ∂ur

∂ϕ

)ez

=1

r

d

dr

(C1 r

2 + C2

)ez

= 2C1 ez .

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236 6 Laminare Schichtenstromungen

Fur Rotationsfreiheit ist daher zu fordern

C1 = 0 ,

aus (1) folgt

ΩAR2A = ΩI R

2I ⇒ ΩA

ΩI=

(RI

RA

)2

. (4)

Ein wichtiger Sonderfall von (4) istRA → ∞, d. h. ΩA = 0. Die berechnete Stromungist dann die exakte Losung fur einen im unendlichen Raum rotierenden Zylinder (RI ,ΩI). Ist (4) erfullt, so handelt es sich um eine reibungsbehaftete Potentialstromung.

Aufgabe 6-2 Roholtransport durch Pipelines

Bei sehr niedrigen Außentempera-turen kann Rohol nur deshalb beiertraglichem Druckabfall durch Pi-pelines gepumpt werden, weil sichdas Ol aufgrund der Dissipationerwarmt und somit die Schervis-kositat abnimmt. Der Viskositats-Temperatur-Zusammenhang fur Roholist im gezeigten Diagramm aufge-tragen.

Die Stromung ist laminar, inkom-pressibel, die Temperatur und so-mit auch die Viskositat konnen alsuber den Rohrradius in etwa kon-stant angenommen werden. Die Stromungsgroßen andern sich in Rohrachsenrichtungnicht.

Die mittlere Stromungsgeschwindigkeit des Ols U , der Rohrdurchmesser R und die Um-gebungstemperatur Tu sind bekannt. Der Warmeverlust an die Umgebung pro Langen-einheit des Rohres kann durch die Formel

Q = k (T − Tu) 2π R (1)

abgeschatzt werden, in der T die mittlere Oltemperatur ist.

a) Wie lautet die Gleichung fur das Geschwindigkeitsprofil uz(r)?b) Bestimmen Sie die Dissipationsfunktion Φ. (Hinweis: Gehen Sie von der Bestim-

mungsgleichung fur Φ in symbolischer Schreibweise aus und benutzen Sie Zylinder-koordinaten!)

c) Wieviel Energie PD wird pro Rohrlangeneinheit (in Abhangigkeit von der noch un-bekannten Viskositat η) dissipiert?

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237

d) Damit die Stromung von der Koordinate in Rohrachsenrichtung unabhangig ist,muß die dissipierte Energie als Warme an die Umgebung abgegeben werden. DieBedingung, daß dieser Warmestrom der Gleichung (1) genugen muß, liefert einenZusammenhang zwischen der noch unbekannten Viskositat und der sich einstellen-den Oltemperatur. Tragen Sie diesen Zusammenhang in das Diagramm ein undbestimmen Sie so T und η.

e) Welcher Druckgradient ∂p/∂z stellt sich ein?

Geg.: U = 3m/s, R = 0, 5m, Tu = −40 C (Alaska), k = 0, 8W/(m2K) (isoliert !)

Losung

a) Geschwindigkeitsprofil uz(r):Die Stromung ist laminar, die Viskositat kann als konstant uber den Querschnittangesehen werden, das gesuchte Geschwindigkeitsprofil ist folglich das der Hagen-Poiseuille-Stromung:

uz(r) = 2U

(1 −

(r

R

)2). (2)

b) Dissipationsfunktion Φ:Es gilt

Φ = λ∗ (sp E)2 + 2 η sp (E2) . (3)

In der inkompressiblen Stromung ist sp E = eii = 0. In Zylinderkoordinaten hat derDeformationsgeschwindigkeitstensor E die Komponenten

E =

⎛⎜⎝ err erϕ erz

eϕr eϕϕ eϕz

ezr ezϕ ezz

⎞⎟⎠ .

mit erz = (1/2) ∂uz/∂r (S. L. (B.2)), alle anderen Komponenten sind null, d. h. inMatrixform

E =

⎛⎜⎝ 0 0 12

∂uz

∂r

0 0 012

∂uz

∂r0 0

⎞⎟⎠ mit∂uz

∂r= −4U

r

R2. (4)

Man erhalt damit fur E2 (Falksches Schema)

E2 =

⎛⎜⎝14

(∂uz

∂r

)20 0

0 0 00 0 1

4

(∂uz

∂r

)2

⎞⎟⎠und daraus

sp (E2) =1

4

(∂uz

∂r

)2

+1

4

(∂uz

∂r

)2

=1

2

(∂uz

∂r

)2

.

Aus (3) und (4) erhalt man dann

Φ = 2 η1

2

(∂uz

∂r

)2

= η

(∂uz

∂r

)2

= 16 η U2 r2

R4. (5)

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238 6 Laminare Schichtenstromungen

c) Dissipierte Energie pro Rohrlange:

PD =∫∫(V )

∫Φ dV =

R∫r=0

16 η U2 r2

R42π r dr = 8π η U

2. (6)

d) Bestimmung von T und η:

Die dissipierte Energie ist gleich dem Warmeverlust an die Umgebung

PD = Q

⇒ 8π η U2

= k (T − Tu) 2π R

⇒ η =k R

4U2 (T − Tu) . (Tu = −40 C) (7)

Tragen wir die durch (7) mit (k R)/(4U2) = 1/90 (kg/msK) gegebene Gerade in

obiges Diagramm ein, so lesen wir im Schnittpunkt der beiden Kurven (siehe ne-benstehendes Diagramm) das Wertepaar T ≈ −2, 3 C, η ≈ 0, 42 kg/(ms) ab.

e) Druckgradient:Es gilt fur die Hagen-Poiseuille-Stromung (S. L. (6.63))

V =π

8

R4

η

∆p

l= −π

8

R4

η

∂p

∂z

⇒ −∂p∂z

=8 V η

π R4= 8 η

U

R2= 0, 4032

bar

km.

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239

Aufgabe 6-3 Oszillierende Rohrstromung

In einem”unendlich“ langen, geraden

Kreisrohr wird inkompressible, newton-sche Flussigkeit (η) durch ein periodi-sches Druckgefalle in Schwingungen ver-setzt. Der Rohrradius ist R, die Dichteder Flussigkeit . Das Druckgefalle imRohr ist durch ∂p/∂z = − K cos(ω t),

mit K = const gegeben. Fur die Vereinfachungen der Bewegungsgleichungen greifen wirauf die Diskussion in S. L. (Kapitel 6.1.5) zuruck. Es soll der eingeschwungene Zustandbetrachtet werden, Volumenkrafte bleiben unberucksichtigt. Es ist die Geschwindig-keitsverteilung zu berechnen.

Geg.: K, R, , η

Losung

Wir verwenden das in der Aufgabenstellung skizzierte dem Problem angepaßte Zylinder-koordinatensystem. An der Rohrwand r = R ist ur = uϕ = 0, und wir setzen wie bei derHagen-Poiseuille-Stromung (siehe S. L. Kap. 6.1.5) ur und uϕ im ganzen Stromungs-feld identisch null. Die Rotationssymmetrie besagt, daß die Ableitungen samtlicherStromungsgroßen in ϕ-Richtung verschwinden (∂/∂ϕ = 0). Der Kontinuitatsgleichung(siehe S. L. Anhang B.2) entnehmen wir dann

∂uz

∂z= 0 ⇒ uz = uz(r, t) .

Die r-Komponente der Navier-Stokesschen Gleichung liefert

0 =∂p

∂r⇒ p = p(z, t) .

Alle Terme der ϕ-Komponente verschwinden identisch. Mit dem gegebenen Druckgra-dienten erhalten wir aus der z-Komponente die Gleichung

∂uz

∂t= K cosωt+ ν

(∂2uz

∂r2+

1

r

∂uz

∂r

)(1)

mit der dazu gehorenden Randbedingung

uz(r = R, t) = 0 .

Zur Losung der Differentialgleichung (1) verwenden wir die komplexe Schreibweise

− 1

∂p

∂z= Keiω t , (2)

wobei dann nur der Realteil physikalische Bedeutung hat. Dies legt fur die Geschwin-digkeit einen Ansatz in der Form

uz(r, t) = f(r)eiωt (3)

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240 6 Laminare Schichtenstromungen

nahe. Setzen wir (2) und (3) in (1) ein, so erhalten wir eine inhomogene BesselscheDifferentialgleichung von nullter Ordnung fur die Funktion f(r)

r2f ′′(r) + rf ′(r) − iω

νr2f(r) = −K

νr2 . (4)

Eine partikulare Losung fp(r) dieser Gleichung ergibt sich durch den Ansatz vom Typder rechten Seite zu

fp(r) = −iK

ω. (5)

Die allgemeine Losung der homogenen Differentialgleichung lautet bekanntlich

fh(r) = C1J0

⎛⎝√−iω

νr

⎞⎠ + C2Y0

⎛⎝√−iω

νr

⎞⎠ (6)

sie kann Buchern uber gewohnliche Differentialgleichungen entnommen werden. DieLosung ist eine Linearkombination der Besselschen Funktionen erster Art und nullterOrdnung

J0

⎛⎝√−iω

νr

⎞⎠ =∞∑

n=0

(−1)n

(n!)2

⎛⎝√−iω

ν

r

2

⎞⎠2n

und der Besselschen Funktionen zweiter Art und nullter Ordnung

Y0(z) =2

πJ0(z)(ln

z

2+ γ) = − 2

π

∞∑n=0

(−1)n

(n!)2

(z

2

)2n (1

n+

1

n− 1+ · · · + 1

),

γ ≈ 0.5772 bezeichnet die Euler-M’ascheroni-Konstante. Die Funktion Y0(√−iω/ν r)

besitzt fur r = 0 eine logarithmische Singularitat. Die Geschwindigkeit muß im ganzenRohr beschrankt bleiben, die Funktion Y0(z) scheidet daher als Losung aus, d. h. C2 = 0.Damit ergibt sich zunachst aus (3),(5) und (6)

uz(r, t) =

⎡⎣C1J0

⎛⎝√−iω

νr

⎞⎠− iK

ω

⎤⎦ eiωt . (7)

Mit der Haftbedingung an der Rohrwand

uz(r = R, t) = 0 =

⎡⎣C1J0

⎛⎝√−iω

νR

⎞⎠ − iK

ω

⎤⎦ eiωt

erhalten wir die Konstante

C1 =iK/ω

J0

(√−iωνR)

und damit die Losung zu

uz(r, t) = −iK

ωeiω t

⎛⎜⎝1 −J0

(√−iωνr)

J0

(√−iωνR)⎞⎟⎠ .

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241

Da nur der Realteil physikalische Bedeutung hat schreiben wir

uz(r, t) = ⎡⎢⎣−i

K

ωeiω t

⎛⎜⎝1 − J0

(√−iωνr)

J0

(√−iωνR)⎞⎟⎠⎤⎥⎦ . (8)

Fur die graphische Darstellung dieser Funktion wird die Geschwindigkeitskomponenteuz(r, t) mit der mittleren Geschwindigkeit U = K R2/(8ν) = KN2/(8ω) (siehe S. L.(6.58)) dimensionslos gemacht

uz(r, t)

U=

⎡⎣−i8

N2eiω t

⎛⎝1 − J0

(√−iN rR

)J0

(√−iN)

⎞⎠⎤⎦ , (9)

wobei zur Abkurzung N =√ω/ν R eingefuhrt wurde. In den gezeigten Abbildungen

ist der Geschwindigkeitsverlauf fur die Parameterwerte N = 1 und N = 5, was zweiverschiedenen Frequenzen ω entspricht, aufgetragen.

Fur kleine Frequenzen hat die Geschwindigkeitsverteilung die gleiche Phase wie derzeitliche Verlauf des Druckgradienten. Die Geschwindigkeitsverteilung ist parabolischwie bei der Hagen-Poiseuille-Stromung. Mit zunehmender Frequenz entsteht eine Pha-sennacheilung der Stromung in der Rohrmitte gegenuber den wandnahen Schichten.Die Amplitude der Stromung in der Rohrmitte nimmt ab, die Flussigkeit schwingt miteiner Phasenverschiebung von einer viertel Periode gegenuber dem treibenden Druck-gradienten.

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242 6 Laminare Schichtenstromungen

Aufgabe 6-4 Vergleich der stationaren Druck–Schleppstromung

einer Newtonschen und Stokesschen Flussigkeitund einem Bingham Material

Zwischen zwei parallelen, in x– und z–Richtung unendlich ausgedehnten, ebenen Plattenbefindet sich ein inkompressibles Material mit der konstanten Dichte .

Die obere Platte wird mit der konstan-ten Geschwindigkeit uW = U ex ge-schleppt. Die Plattenbewegung und diex–Komponente des Druckgradienten∂p/∂x = −K bewirken eine stationareDruck–Schleppstromung. Volumenkraftesind zu vernachlassigen. Berechnen Sie

a) die Dissipationsfunktion Φ undb) die pro Langen- und Tiefeneinheit zwischen den Platten dissipierte Energie (pro

Zeiteinheit) Ed

fur

a) eine Newtonsche Flussigkeit,b) eine Flussigkeit, die dem Materialgesetz

τij = −p δij + 2α eij + 4β eikekj

(Stokessche Flussigkeit, inkompressibler Fall) gehorcht, und furc) ein Bingham-Medium (ϑ, η1, G).

Variieren Sie bei festem K > 0, U > 0 und h die Materialgroßen η, α, β, η1 und ϑ undvergleichen Sie die Ergebnisse.

Geg.: h, U , K, , η, η1, ϑ, α, β = const

Losung

a) Die Dissipationsfunktion Φ lautet allgemein

Φ = Pijeij ,

wobei zur Berechnung das Materialgesetz und das Geschwindigkeitsfeld bekannt seinmussen.Im vorliegenden Fall ist die Stromung eine stationare Schichtenstromung und es gilt

u1 = u1(x2) , u2 = u3 = 0 .

Damit hat der Deformationsgeschwindigkeitstensor eij nur zwei von Null verschie-dene Komponenten, namlich

e12 = e21 =1

2

∂u1

∂x2=

1

2

du1

dx2

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243

und die Dissipationsfunktion vereinfacht sich nach Summation zu

Φ = P12e12 + P21e21 = 2P12e12 , (1)

benutzt man noch die Symmetrie des Reibungsspannungstensors Pij .1.) Der Reibungsspannungstensor Pij fur eine Newtonsche Flussigkeit lautet (S. L.

(3.2a))Pij = λ∗ekkδij + 2η eij

und vereinfacht sich fur inkompressible Stromung (ekk = 0) auf

Pij = 2η eij .

Damit erhalt man aus (1)

Φ = 2P12e12 = 4η e12e12 = η

(du1

dx2

)2

.

Die Geschwindigkeitskomponenteu1(x2) = u(y) der Couette-Poiseuille-Stromung(S. L. (6.19)) ist

u(y)

U=y

h+K h2

2η U

(1 − y

h

)y

h,

woraus mandu1

dx2=

du

dy=U

h+K h

(1 − 2

y

h

)gewinnt. Die Dissipationsfunktion wird dann

Φ(y) = η

[U

h+K h

(1 − 2

y

h

)]2

oder in dimensionsloser Form

ΦN =Φ

K U/2= AN

(1 +

1

AN(1 − 2y)

)2

(2)

mit AN = 2U η/(K h2) und y = y/h.2.) Dem Spannungstensor fur eine Stokessche Flussigkeit

τij = −p δij + 2α eij + 4β eikejk

entnimmt man mit Hilfe der allgemeinen Aufspaltung (S. L. (2.35))

τij = −p δij + Pij

den Tensor der Reibungsspannungen zu

Pij = 2α eij + 4β eikejk . (3)

Fur die Dissipationsfunktion gilt wieder

Φ = 2P12e12 ,

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244 6 Laminare Schichtenstromungen

worin P12 aus Gleichung (3) berechnet wird

P12 = 2α e12 + 4β(e11e21︸ ︷︷ ︸=0

+ e12e22︸ ︷︷ ︸=0

+ e13e23︸ ︷︷ ︸=0

) = 2α e12 ,

und sich daher fur die Dissipationsfunktion

Φ = 4α e12e12 = α

(du1

dx2

)2

(4)

ergibt. Zur Berechnung des Geschwindigkeitsfeldes gehen wir von der CauchyGleichung (S. L. (2.38a)) aus

Dui

Dt= ki +

∂τji∂xj

,

die sich bei einer stationaren Schichtenstromung und unter Vernachlassigung vonVolumenkraften zu

0 =∂τji∂xj

(5)

vereinfacht. Die erste Komponente von Gleichung (5)

0 =∂τ11

∂x1+∂τ21

∂x2+∂τ31

∂x3

liefert mit den Komponenten des Spannungstensors τij

τ11 = −p δ11 + 4β(e11e11︸ ︷︷ ︸=0

+e12e12 + e13e13︸ ︷︷ ︸=0

) = −p+ 4β e212 ,

τ12 = 2α e12 + 4β(e11e21︸ ︷︷ ︸=0

+ e12e22︸ ︷︷ ︸=0

+ e13e23︸ ︷︷ ︸=0

) = 2α e12 = τ21

eine Differentialgleichung fur die unbekannte Geschwindigkeit u1(x2):

0 = − ∂p

∂x1+ 2α

∂e12

∂x2,

0 = K + αd2u1

dx22

bzw. d2u/(dy)2 = −K/α. Diese DGL fur u(y) sowie die zugehorigen Randbedin-gungen

u(y = 0) = 0 , u(y = h) = U

sind dieselben wie fur die Couette-Poiseuille-Stromung, man erhalt also auchdasselbe Geschwindigkeitsfeld und, folgend aus (4), denselben Ausdruck fur diedimensionslose Dissipationsfunktion Φ:

ΦS =Φ

K U/2= AS

(1 +

1

AS(1 − 2y)

)2

, (6)

wobei nun

AS =2U α

K h2

ist, mit α anstelle η.

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245

Anm. 1: Bei der Berechnung der Couette-Poiseuille-Stromung (Kap. 6.1.2, S. L.)folgt aus der y-Komponente der Navier-Stokesschen Gleichung, daß der Druckp nur eine Funktion von x sein kann. Diese Einschrankung folgt aus dem Ma-terialgesetz fur Newtonsche Flussigkeiten. Bei der Druck-Schleppstromung einerStokesschen Flussigkeit ergibt sich aus der zweiten Komponente von Gleichung(4) aber

0 = − ∂p

∂x2+ 4β

∂e212

∂x2

und daher∂p

∂y= β

d

dy

(du

dy

)2

,

woraus die Druckverteilung zu

p(x, y) = β

(du

dy

)2

−K x+ C

folgt. Diese hangt also hier auch von der Koordinate y ab; die Integrations-konstante C ist in inkompressibler Stromung ohne Druckrandbedingung nichtbestimmbar.Anm. 2: Die Materialkonstante β hat keinen Einfluß auf die Dissipationsfunktionsondern nur auf die Druckverteilung.

3.) Bei der Druck-Schleppstromung eines Bingham-Materials (Kap.6.4.1, S. L.) wirdnur in den Fließzonen Energie dissipiert. Aus dem Binghamschen Materialgesetzerhalt man fur den Fall des Fließens

Pij = 2η e′ij mit η = η1 +ϑ√

2e′ije′ij.

Bei der Ermittlung von P12 ist jetzt zu beachten, daß in dem Ausdruck e′ije′ij

uber die Indizes i und j zu summieren ist und daß e′ij der deviatorische Anteildes Deformationsgeschwindigkeitstensors eij ist. Man erhalt dann

P12 = Pxy = 2

⎛⎝η1 +ϑ√

4e′xye′xy

⎞⎠ e′xy .

Mit e′xy = 12du/dy ergibt sich

Pxy = η1du

dy+ ϑ sgn

(du

dy

)

und weiter

Φ = 2Pxyexy = η1

(du

dy

)2

+ ϑ

∣∣∣∣∣dudy∣∣∣∣∣ . (7)

Aus den Geschwindigkeitsverteilungen in den Fließzonen (S. L. (6.197), (6.198))folgt fur die 1. Fließzone

du

dy=K h

η1

(κ1 − y

h

)≥ 0

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246 6 Laminare Schichtenstromungen

und die 2. Fließzonedu

dy=K h

η1

(κ2 − y

h

)≤ 0 .

Mit den dimensionslosen Kennzahlen A = 2Uη1/(K h2) und B = 2ϑ/(K h),sowie y = y/h berechnet man nach wenigen Rechenschritten die dimensionsloseDissipationsfunktion in der ersten Fließzone (0 < y < κ1) zu

ΦB1 =Φ

K U/2=

2

A

(2(κ1 − y)2 +B(κ1 − y)

)(8)

und in der zweiten Fließzone (κ2 < y < 1)

ΦB2 =Φ

K U/2=

2

A

(2(κ2 − y)2 − B(κ2 − y)

). (9)

Bei bekanntem A und B sind die Grenzen der Fließzonen gegeben durch

κ1 =A + (1 − B)2

2(1 − B) (S. L. (6.203))

und

κ2 =A + (1 − B2)

2(1 − B). (S. L. (6.204))

b) Die pro Langen- und Tiefeneinheit zwischen den Platten dissipierte Energie Ed erhaltman durch Integration der Dissipationsfunktion Φ zu

Ed =

h∫0

Φ(y)dy =K U

2

h∫0

Φ(y)dy .

Mit y = y/h und dy = hdy stellt sich die dimensionslose dissipierte Energie

Ed =Ed

K U h/2=

1∫0

Φ(y)dy ,

wie folgt dar:1.) Fur die Newtonsche Flussigkeit folgt mit Gleichung (2)

EdN=

1∫0

ΦN (y)dy = AN +1

3AN

, (10)

2.) fur die Stokessche Flussigkeit aus Gleichung (6)

EdS=

1∫0

ΦS(y)dy = AS +1

3AS, (11)

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247

3.) fur das Bingham-Material aus den Gleichungen (8) und (9)

EdB=

κ1∫0

ΦB1(y)dy +

1∫κ2

ΦB2(y)dy

=2 + 6A2 − 7B − 3A2B + 8B2 − 2B3 − 2B4 +B5

6A(B − 1)2.

(12)

Beim abschließenden Vergleich werden bei konstantem U , K sowie h die Material-konstanten η, α, η1 und ϑ variiert. Die Konstante β hat, wie schon gezeigt, keinenEinfluß auf die Dissipation. Die Stokessche Flussigkeit verhalt sich wie die Newton-sche Flussigkeit; α spielt die Rolle von η. Zum Vergleich von Bingham-Material undNewtonscher Flussigkeit werden die Gleichungen (10) und (12) als Funktionen derdimensionslosen Zahigkeit AN bzw. A aufgetragen. Die dimensionslose Fließspan-nung B beim Bingham-Material ist Scharparameter.

Man erkennt, daß alle Kurven ein Minimumhaben, das sich im Fall der NewtonschenFlussigkeit aus Gleichung (2) zu

ANmin =√

13

ergibt. Fur B = 0 verhalt sich das Bingham-Material wie eine Newtonsche Flussigkeit.Der Schnittpunkt A, ab dem in der Stromungdes Bingham-Materials mehr Energie dissi-piert wird als in der Couette-Poiseulle-Stro-mung ergibt sich durch Gleichsetzen der Glei-chungen (10) und (12) abhangig von B zu

A =

√3 − 6B + 2B2 + 2B3 − B4

9 − 6B.

Der starke Anstieg der dissipierten Energie fur den Fall AN → 0 bzw. A → 0 ruhrtdaher, daß bei festgehaltenem Druckgradienten in x-Richtung der Volumenstromstark ansteigt und große Geschwindigkeitsgradienten auftreten, die die Dissipationerhohen. Der Grenzfall η = 0 → A = 0 (reibungsfreie Stromung) kann nicht be-schrieben werden, da dann auch K = 0 werden muß und zudem die Wandbewegungkeine Stromung bewirkt.

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7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Aufgabe 7-1 Turbulente Couette–Stromung

Es soll das Geschwindigkeitsfeld derturbulenten Couette–Stromung zwi-schen zwei sich gegeneinander be-wegenden, unendlich langen Plattenberechnet werden. Die Stromung ha-be die konstante Dichte , sei in denMittelwerten stationar und nur vony abhangig. Volumenkrafte sind ver-nachlassigbar. Die turbulenten Scheinspannungen (Reynoldssche Spannungen) sollennach dem Prandtlschen Mischungswegansatz berechnet werden, wobei fur die Vertei-lung des Mischungsweges der Ansatz

l(y) = K (h2 − y2)

gemacht wird.

a) Bestimmen Sie die Konstante K so, daß gilt:

− dl

dy

∣∣∣∣∣y=±h

= ±κ .

b) Wie lautet die Gleichung fur die turbulenten Scheinspannungen τt fur die gegebeneMischungswegverteilung?

c) Da in der Couette-Stromung p konstant ist, ist auch die Schubspannung konstant,so daß

ηdu

dy− u′ v′ = u2

∗ = const

gilt. Außerhalb der viskosen Unterschicht ist die viskose Schubspannung η du/dygegenuber der turbulenten Schubspannung vernachlassigbar. Berechnen Sie mit die-ser Vereinfachung das Geschwindigkeitsprofil u(y) (Hinweis: u(y = 0) folgt aus derSymmetriebedingung).

d) Wie lautet die Geschwindigkeitsverteilung als Funktion des Abstandes von der un-teren Wand y′ = y + h?

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249

e) Zeigen Sie, daß fur kleine y′ das logarithmische Wandgesetz in dimensionshomogenerForm entsteht. (Hinweis: Die Geschwindigkeitsverteilung aus d) ist am Rand derviskosen Unterschicht (y′u∗/ν = β) gleich der Geschwindigkeitsverteilung aus derviskosen Unterschicht.)

Geg.: h, κ, U , u∗, , ν

Losung

a) Die Konstante K:In unmittelbarer Wandnahe muß fur den Mischungsweg

l = κ y′(y′

h 1

)

gelten, d. h. hierdl

dy

∣∣∣∣∣y=−h

= κ ,dl

dy

∣∣∣∣∣y=+h

= −κ .

Mit der gegebenen Mischungswegverteilung folgt also

dl

dy

∣∣∣∣∣y=∓h

= K (−2 y)∣∣∣y=∓h

= ±2K h = ±κ

⇒ K =κ

2h. (1)

b) Die turbulente Scheinspannung:Prandtlsche Mischungswegformel:

τt = − u′ v′ = l2∣∣∣∣∣dudy

∣∣∣∣∣ du

dy.

Im vorliegenden Fall ist du/dy immer positiv, so daß die Betragsstriche weggelas-sen werden konnen. Setzt man die gegebene Verteilung l(y) mit K aus (1) ein, soentsteht:

τt = − u′ v′ = [κ

2h

(h2 − y2

)]2(

du

dy

)2

. (2)

c) Geschwindigkeitsprofil u(y):Wegen des verschwindenden Druckgradienten ist die gesamte Schubspannung, be-stehend aus viskoser Schubspannung und turbulenter Scheinspannung, uber der Ka-nalhohe konstant:

ηdu

dy− u′ v′ = τw = u2

∗ = const . (3)

Außerhalb der viskosen Unterschicht und der Ubergangsschicht ist der viskose Anteilin (3) vernachlassigbar, so daß wir fur den voll turbulenten Teil schreiben konnen

− u′ v′ = u2∗ ,

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250 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

mit (2) also

2h

(h2 − y2

)]2(

du

dy

)2

= u2∗

⇒ κ

2h

(h2 − y2

) du

dy= u∗

⇒ 1

u∗

∫du =

2h

κ

∫dy

h2 − y2+ const

und integriert:u

u∗=

1

κln

(h+ y

h − y

)+ const ,

wobei die Konstante null ist, da aus Symmetriegrunden u(y = 0) = 0 gilt.d) u = u(y′):

Mit y′ = y + h erhalt man

u(y′)u∗

=1

κln

(y′

2h− y′

)=

1

κln

(y′/h

2 − (y′/h)

). (4)

e) Schreibt man Gleichung (4) in der Form

u(y′)u∗

=1

κ

[ln

(y′

2h

)− ln

(1 − y′

2h

)], (5)

so gilt fur y′/h 1:u(y′)u∗

=1

κln

(y′

2h

).

Diese Gleichung schreiben wir nun in der Form

u(y′)u∗

=1

κln

(y′u∗ν

)+

1

κln

2hu∗

). (6)

Am Rand der viskosen Unterschicht muß diese Geschwindigkeitsverteilung mit der-jenigen der viskosen Unterschicht ubereinstimmen. In der viskosen Unterschicht istdie Verteilung linear, entsprechend der Gleichung (S. L. (7.54)) lautet sie hier

u+ U

u∗=y′u∗ν

= y∗ .

(y∗ ist der dimensionslose Abstand von der unteren Wand, U ist der Betrag derWandgeschwindigkeit)

⇒ u

u∗= y∗ − U

u∗. (7)

Mit β als dimensionsloser Dicke der viskosen Unterschicht erhalt man aus (6) und(7)

β − U

u∗=

1

κlnβ +

1

κln

2hu∗

)

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251

und wir identifizieren die Konstante des logarithmischen Gesetzes B zu

1

κln

2hu∗

)+U

u∗= β − 1

κlnβ = B .

Damit entsteht aus (6)u+ U

u∗=

1

κln

(y′u∗ν

)+B . (8)

Dies ist das logarithmische Wandgesetz, das sich von dem in S. L. hergeleitetendurch die uberlagerte Plattengeschwindigkeit U/u∗ unterscheidet.

Aufgabe 7-2 Geschwindigkeitsverteilung der turbulenten Cou-

ette–Stromung bei gegebener Reynoldszahl

Die Geschwindigkeitsverteilung u(y′)/U der turbulenten Couette–Stromung in Aufgabe7-1 ist fur die Reynoldszahl Re = 2hU/ν = 34000 zu berechnen. Aus der gleichzeitigenGultigkeit des Mittengesetzes und des logarithmischen Wandgesetzes (Gleichung (6)und (8) der Aufgabe 7-1) bestimme man zunachst ein Widerstandsgesetz, d. h. eineimplizite Gleichung fur u∗. Aus dieser Gleichung ist die Zahl 2hu∗/ν zu berechnen unddie Geschwindigkeitsverteilung u(y′)/U fur 0 < y′ < 2h anzugeben.

Losung

Aus den Gleichungen

u(y′)u∗

=1

κln

(y′u∗ν

)+

1

κln

2hu∗

)

undu+ U

u∗=

1

κln

(y′u∗ν

)+B .

gewinnen wir durch Subtraktion die Beziehung

2hU

ν

ν

u∗ 2h= B − 1

κln

2hu∗

),

die ein Widerstandsgesetz ist. Mit B = 5, 0 , κ = 0, 4 und 2hU/ν = 34000 erhalten wirnumerisch die Losung dieser impliziten Gleichung zu u∗ 2h/ν = 1464, 11.

Die Geschwindigkeitsverteilung (Gleichung (5), Aufgabe 7-1) zwischen den Platten laßtsich in der Form

u(y′)U

=u∗ 2h

ν

ν

2hU

1

κ

[ln

(y′

2h

)− ln

(1 − y′

2h

)]

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252 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

schreiben und ist im Intervall 0 <y′/(2h) < 1, mit den Werten κ =0, 4 , u∗ 2h/ν = 1464 und 2hU/ν =34000 in der nebenstehenden Abbil-dung aufgetragen.

Aufgabe 7-3 Turbulente Rohrstromung

Durch ein Rohr (Durchmesser d) stromt inkompressible Flussigkeit. Das Rohr sei hy-draulisch glatt (k/d = 0) und der Volumenstrom V ist bekannt.

a) Bestimmen Sie die uber die Querschnittsflache des Rohres gemittelte Geschwindig-keit U und die Reynoldszahl der Stromung. Ist die Stromung laminar oder turbulent?

b) Wie groß ist die Widerstandszahl λ? Bestimmen Sie die Schubspannungsgeschwin-digkeit u∗ und die maximale Geschwindigkeit Umax in der Rohrmitte. Schatzen Siedie Dicke δV der viskosen Unterschicht ab.

c) Berechnen Sie die Wandschubspannung τw und den Druckgradienten ∂p/∂x.d) Welchen Wert hat die turbulente Schubspannung an der Rohrwand und in der Rohr-

mitte? Skizzieren Sie qualitativ den Verlauf fur die gesamte und fur die turbulenteSchubspannung.

Geg.: V = 0, 07854m3/ s, d = 2R = 0, 1m, ν = 10−6 m2/ s, = 103 kg/m3

Losung

a) Die gemittelte Geschwindigkeit ist

U = V /πR2 = 10m/s ,

die Reynoldszahl der Stromung betragt

Re = U d/ν = 106 ,

d. h. die Stromung ist turbulent.b) Die Widerstandszahl kann durch die numerische Losung der folgenden Gleichung

ermittelt werden:

1√λ

= 2, 03 lg(Re

√λ)

− 0, 8

⇒ λ = 0, 011308 .

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253

Die Schubspannungsgeschwindigkeit folgt aus

λ = 8 (u∗/U)2 zu u∗ = 0, 375m/s ,

und so erhalten wirUmax = U + 3, 75u∗ = 11, 41m/s .

Die Abschatzung der Dicke δV der viskosen Unterschicht erhalten wir aus der Un-gleichung

0 ≤ δV u∗ν

≤ 5 zu δV =5 ν

u∗= 0, 013mm .

c) Die Wandschubspannung und der Druckgradient:

τw = u∗2 = 140, 6N

m2,

∂p

∂x= − 2

Rτw = −0, 0562

bar

m

d) Der Schubspannungsverlauf:Die gesamte Schubspannung setzt sich aus einem viskosen und einem turbulentenAnteil zusammen

τges = τvis + τt = ηdu

dr− u′ v′ .

Die turbulenten Schubspannun-gen

τt = − u′ v′verschwinden aufgrund der Haft-bedingung an der Rohrwand undwegen der Symmetrie in der Rohr-mitte

τt|r=R = 0 , τt|r=0 = 0 .

Der Verlauf der gesamten Schubspannung ist linear

τges = −τw r

R.

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254 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Aufgabe 7-4 Kristallwachstum an der Rohrwand bei der Rohr-

stromung salzhaltiger Flussigkeit

Eine salzhaltige Flussigkeit (Dichte S) bildet beim Durchfluß einer sehrlangen Rohrleitung an den WandenKristallablagerungen, wodurch die-se rauh werden. Um das Kristall-wachstum zu uberwachen, werdenan den Stellen [1] und [2] die Schen-kel eines Manometers (Meßflussig-keitsdichte Hg) angeschlossen. Ingleichen Zeitabstanden werden dieSpiegeldifferenzen ∆h1, ∆h2, ∆h3

gemessen.

a) Wie groß sind die auftretenden Druckunterschiede ∆pi(∆hi)?b) Bestimmen Sie die auftretenden Druckverlustziffern ζi(∆hi).c) Wie groß sind die drei Reynoldsschen Zahlen?d) Bestimmen Sie die zu den gemessenen Spiegeldifferenzen gehorenden mittleren Kri-

stallhohen.

Geg.: L = 10m, d = 1m, V = 4, 3m3/ s, S = 1184kg/m3, ηS = 0, 01296 kg/(ms), Hg = 13550 kg/m

3, ∆h1 = 41, 68mm, ∆h2 = 64, 00mm, ∆h3 = 95, 08mm, g =

9, 81m/s2

Losung

a) Druckunterschiede ∆pi(∆hi):Hydrostatik:(pl, pr bezeichnet den Druck auf der linken bzw. rechten Oberflache der Meßflussig-keit)

pl = p1 + S g (z1 − zl) ,

pr = p2 + S g (z2 − zr) .

Mit z1 = z2 und zr − zl = ∆h folgt fur die Druckdifferenz

⇒ pl − pr = Hg g∆h = p1 − p2 + S g∆h

⇒ p1 − p2 = ( Hg − S) g∆h .

Setzen wir fur die verschiedenen Messungen ∆pi = (p1 − p2)i , so gilt:

∆pi = ( Hg − S) g∆hi .

Wir erhalten

∆h1 = 41, 68 · 10−3 m ⇒ ∆p1 = 5056N/m2,

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255

∆h2 = 64, 00 · 10−3 m ⇒ ∆p2 = 7764N/m2 ,

∆h3 = 95, 08 · 10−3 m ⇒ ∆p3 = 11534N/m2 .

b) Berechnung der Druckverlustziffern:

ζi =∆pi

S/2U2 mit U =

V

A=

4 V

π d2= 5, 475m/s

⇒ ζ1 = 0, 285 , ζ2 = 0, 438 , ζ3 = 0, 650 .

c) Reynoldszahl:

Re =U d S

ηS

Fur alle drei Messungen erhalt man dieselbe Reynoldszahl: Re = 500185.d) Kristallhohen:

λ = ζd

L=

ζ

10Aus dem Widerstandsgesetz λ = λ(Re, k/d) laßt sich aus den nun bekannten Zah-lenwerten von λi und Re der zugehorige Wert von ki/d bestimmen. Man liest ausdem Widerstandsdiagramm (S. L. Abb. 7.4) ab (Re ≈ 5 · 105):

i λi ki/d ki[ mm]

1 0,0285 0,004 42 0,0438 0,015 153 0,0650 0,040 40

Aufgabe 7-5 Impulsfluß und Energiefluß bei laminarer und

turbulenter Rohrstromung

Fur ein glattes Kreisrohr vom Radius R sind folgende Verhaltnisse fur die laminare a)und turbulente b) Rohrstromung zu berechnen:

1.) Umax/U , 2.)U

2A∫

A

∫u2 dA

, 3.)U

3A∫

A

∫u3 dA

.

Hierbei bezeichnet U die uber den Rohrquerschnitt gemittelte und u die zeitlich gemit-telte Geschwindigkeit.

Im Fall der turbulenten Rohrstromung soll fur die Geschwindigkeitsverteilung das Mit-tengesetz

u

u∗=Umax

u∗+

1

κlny

R

verwendet werden. Die Reynoldszahl sei mit Re = 2300 gegeben.

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256 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Losung

a) Laminare Rohrstromung:1.) Nach (S. L. (6.57)) gilt

Umax

U= 2 .

2.) Mit u = u(r) = K/(4η) (R2 − r2) erhalten wir zunachst

∫A

∫u2 dA =

2π∫0

R∫0

u2 rdrdϕ =π

3

(K

)2

R6 ,

und mit

U2A =

(KR2

)2

πR2 =π

4

(K

)2

R6

ergibt sich dann

U2A∫

A

∫u2 dA

= 34,

d. h. der Impulsfluß gebildet mit der mittleren Geschwindigkeit betragt nur 3/4des tatsachlichen Impulsflusses im Rohr bei laminarer Stromung.

3.) Mit2π∫0

R∫0

(K

4η(R2 − r2)

)3

rdrdϕ = 2π

(K

)3R8

8

und

U3A = π

(K

)3R8

8

erhalten wirU

3A∫

A

∫u3 dA

= 12.

Der Energiefluß gebildet mit der mittleren Geschwindigkeit ist nur halb so großwie der tatsachliche Energiefluß durch das Rohr.

b) Turbulente Rohrstromung:1.) Mit den Gleichungen (S. L. (7.83) und (7.87)) folgt

Umax

U= 1 + 3, 75

√λ

8.

Die Widerstandszahl λ berechnet sich fur die Reynoldszahl Re = 2300 aus derGleichung

1√λ

= 2, 03 lg(Re

√λ)− 0, 8

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257

(S. L. (7.89)) numerisch zu λ = 0, 0459257 und wir erhalten

Umax

U= 1, 28413 .

Der Unterschied zwischen maximaler und mittlerer Geschwindigkeit ist in tur-bulenter Rohrstromung, aufgrund des volligeren Profils, geringer als in laminarerRohrstromung.

2.) Fur den Vergleich der Impulsflusse ersetzen wir im Mittengesetz Umax durch

Umax = U + 3, 75u∗

und schreiben

U2A∫

A

∫u2 dA

=U

2πR2

u2∗ 2πR∫0

(Uu∗ + 3, 75 + 1

κln y

R

)2(R − y)dy

=8

λ

R2

2R∫0

(√8λ

+ 3, 75 + 1κ

ln yR

)2(R − y)dy

.

Fur κ = 0, 4 liefert die Integration den Ausdruck (3, 90625 + 4/λ)R2 und daher

U2A∫

A

∫u2 dA

=4

3, 90625λ + 4= 0, 957076 .

3.) Fur das Verhaltnis der Energieflusse erhalten wir

U3A∫

A

∫u3 dA

=

√(8

λ

)3 R2

2R∫0

(√8λ

+ 3, 75 + 1κ

ln yR

)3(R− y)dy

=8√

2

−17, 5781√λ3 + 23, 4375

√2λ + 8

√2

= 0, 89345 .

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258 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Aufgabe 7-6 Geschwindigkeitsverteilung der turbulenten Rohr-

stromung aufgrund des Blasiusschen Widerstands-gesetzes

Die Widerstandszahl λ fur turbulente Rohr-stromungen im Re–Zahlenbereich 5000 < Re <105 kann mit Hilfe der Blasius–Formel λ =0, 316Re−1/4 bestimmt werden. Die Geschwin-digkeitsverteilung im Rohr mit dem Radius Rhabe die Form u(r) = C (R− r)m.

a) Berechnen Sie die Wandschubspannung.b) Berechnen Sie die mittlere Geschwindigkeit U mit der gegebenen Geschwindigkeits-

verteilung.c) Zeigen Sie, daß m = 1/7 sein muß, damit die Geschwindigkeitsverteilung mit der

Blasius–Formel vertraglich ist.d) Bestimmen Sie die Konstante C und geben Sie die Geschwindigkeitsverteilung

u(r)/U an.

Losung

a) Wandschubspannung:Wir betrachten ein Stuck des Rohres der Lange ∆x. Die Bernoullische Gleichungmit Verlusten fur eine Stromlinie zwischen den Punkten [1] und [2] lautet

p1 +

2U

2

1 = p2 +

2U

2

2 + ∆pv . (1)

Aus Kontinuitatsgrunden ist U 1 =U2 = U . Der Druckverlust ∆pv wirdmittels der Widerstandszahl λ be-stimmt:

∆pv =

2U

∆x

2R.

Aus (1) folgt die Druckanderung zwi-schen den Punkten [1] und [2]:

p2 − p1 = ∆p = −∆pv = − 2U

∆x

2R. (2)

In der voll ausgebildeten Rohrstromung heben sich die Impulsflusse gerade auf undder Impulssatz reduziert sich auf

ex ·∫(S)

∫t dS = 0

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259

oder ∫SM

∫τrx nr dS +

∫S1

∫τxx nx dS +

∫S2

∫τxx nx dS = 0

bzw.

2π R∆x τrx(R) − ∆pπ R2 = 0 .

τrx(R) = +px

R

2= −τw ,

wobei τw die Wandschubspannung ist, definitionsgemaß positiv (S. L. (7.85)).Mit (2) entsteht der Ausdruck

τw =1

8 U

2λ ,

in dem wir die Widerstandszahl λ durch die Blasius–Formel (Re = U 2R/ν) ersetzen:

τw =0, 316

8 ∗ 21/4 ν1/4R−1/4 U

7/4.

Die Auflosung nach der mittleren Geschwindigkeit fuhrt auf

U = A4/7R1/7 mit A =8 ∗ 21/4

0, 316

τw ν1/4

. (3)

b) Mittlere Geschwindigkeit U :Die mittlere Geschwindigkeit U folgt andererseits aus

U =1

A

∫(A)

∫u(r) dS =

1

π R2

2π∫0

R∫0

C (R − r)m r dr dϕ

zu

U =2C

(m+ 1)(m+ 2)Rm . (4)

c) Ein Vergleich der Exponenten von R in (3) und (4) zeigt, daß m = 1/7 sein muß,wenn die Geschwindigkeitsverteilung mit der Blasius–Formel vertraglich sein soll.

d) Geschwindigkeitsverteilung:Mit m = 1/7 folgt aus (4):

U =2C

8/7 ∗ 15/7R1/7 oder C ≈ 1, 2

U

R1/7.

Die gesuchte Geschwindigkeitsverteilung ist demnach:

u

U= 1, 2

(1 − r

R

)1/7

.

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260 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Aufgabe 7-7 Ortung eines Rohrleitungsleckes

Zur Uberprufung der Dichtigkeit einer hydraulisch glatten Wasserleitung (Durchmes-ser d), die durch einen Berg fuhrt, werden an den Stellen A, B, C und D statischeDruckmessungen durchgefuhrt. In den zuganglichen Rohrstucken AB und CD wurdekein Leck gefunden.

a) Berechnen Sie aus den gegebenen Daten die Volumenstrome zwischen AB und CD,unter der Annahmen, daß die Stromung im Rohr turbulent ist.

b) Falls ein Leck vorhanden ist, geben Sie den Volumenstrom an, der aus dem Leckentweicht.

c) Bestimmen Sie aus den gegebenen Daten den Ort des Leckes xL und den InnendruckpL an der Leckstelle (z.B. durch Extrapolation der Druckverlaufe).

Geg.: D = 0, 05m, L1 = 1000m, L2 = 1500m, pA = 6bar, pB = 4bar, pC = 1, 5bar,pD = 1bar, = 1000kg/m3 , ν = 10−6 m2/s

Losung

a) Volumenstrome zwischen AB und CD:

Rohrstuck AB:Aus den Meßdaten berechnet sich der Druckverlust zwischen den Stellen A undB zu ∆pv = pA − pB = 2 bar . Dieser Druckverlust kann mittels der noch unbe-kannten Widerstandszahl λ berechnet werden

∆pv =

2U

2λL1

d. (1)

Die Widerstandszahl ist fur hydraulisch glatte Rohre bei turbulenter Rohr-stromung durch die implizite Widerstandsformel (S. L. (7.89))

1√λ

= 2, 03 lg(Re√λ) − 0, 8 (2)

als Funktion der Reynoldsschen Zahl Re = U d/ν gegeben. Aus den Gleichungen(1) und (2) eliminieren wir die Widerstandszahl λ und erhalten die mittlereGeschwindigkeit

U =

√2∆ p d

L1

[2, 03 lg

(d

ν

√2∆ p d

L1

)− 0, 8

].

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261

Daraus folgt U = 0, 992m/s und die Reynoldssche Zahl wird zu Re = 0, 992 ∗0.05/10−6 = 49600 Rekrit. Es ist daher zu vermuten, daß die Stromungtatsachlich turbulent ist.Der gesuchte Volumenstrom im Rohrstuck AB ist

VAB = Uπ

4d2 = 1, 95 ∗ 10−3 m3/s .

Rohrstuck CD:Der gemessene Druckverlust ist ∆pv = pC − pD = 0, 5bar. Wir erhalten U =0, 453m/s und Re = 22650 Rekrit. Es ist daher gerechtfertigt, turbulenteStromung in dem Rohrstuck CD anzunehmen.Der Volumenstrom im Rohrstuck CD ist

VCD = Uπ

4d2 = 0, 89 ∗ 10−3 m3/s .

b) Der Leckvolumenstrom ist

VL = VAB − VCD = 1, 06 ∗ 10−3 m3/s .

c) Ort des Leckes xL und Druck an dem Leck pL:Mit den Gleichungen (1) und (2) kommt zum Ausdruck, daß bei konstanter mittlererStromungsgeschwindigkeit U der Druckverlust in einem Rohr eine lineare Funktionder Rohrlange ist (siehe Skizze).

Zur Bestimmung von xL und pL wenden wir zweimal den Strahlensatz an:

pB − pL

pA − pL

=xL

L1 + xL

(3)

undpL − pD

pC − pD=L1 + L2 − xL

L1. (4)

Die Losung des Systems (3), (4) ist

pL = pB +(pB − pA)(L1(pB − pC) + L2(pD − pC ))

L1(pA + pD − (pB + pC))=

5

3bar ,

xL =L1(pB − pC) + L2(pD − pC)

pA + pD − (pB + pC)=

3500

3m .

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262 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Aufgabe 7-8 Heißdampfkuhlung durch Wassereinspritzung

Im Kraftwerk wird der Heißdampf durch Einspritzen von Wasser abgekuhlt. DieStromungsgroßen des Dampfes bei [1D] und des Wassers bei [W] sind alle bekannt.Die Stromung kann an den Stellen [1D], [2D], [W] als ausgeglichen betrachtet wer-den. Bei [2D] ist alles eingespritzte Wasser verdampft. Die Kraft (in e1-Richtung) vomDampf auf das Einspritzrohr

FD→R =∫

(SR)

∫t · e1 dS = 500N

wurde gemessen.

a) Schatzen Sie die Gesamtkraft auf die Wand FD→W in e1-Richtung uber die turbu-lente Rohrreibung mit der Blasiusformel

τw

U2 = 0, 0395Re−1/4

ab. Entscheiden Sie, ob die aus der Rohrreibung entstehenden Druckverluste zuberucksichtigen sind.

b) Werten Sie den Impulssatz so aus, daß Sie den Druck p2D bestimmen konnten.Entscheiden Sie, ob die Kraft FD→R im Impulssatz berucksichtigt werden muß.

c) Vereinfachen Sie die Energiegleichung in integraler Form so, daß die Großen ui undh an der Oberflache eines Kontrollvolumens ausgewertet werden konnen unter derAnnahme, daß die Stromung an den Kontrollflachen ausgeglichen ist.

d) Kann die kinetische Energie gegenuber der Enthalpie vernachlassigt werden?e) Stellen Sie das Gleichungssystem auf, mit dem die Unbekannten 2D, u2D, p2D und

h2D bestimmt werden konnen. Verwenden Sie fur h = h( , p) das in der Aufgabe9.2-3 gegebene Mollier–Diagramm.Die Losung laßt sich notigenfalls durch Iteration bestimmen!

Geg.: A = 2, 4 ∗ 105 mm2, AW = 5, 3 ∗ 102 mm2, U1D = 80 m/s, UW = 20 m/s, 1D = 3, 26 kg/m3, W = 916 kg/m3, p1D = 10 bar, h1D = 3264 kJ/kg, hW = 632kJ/kg, ν1D = 7, 5 ∗ 10−6 m2/s, L=3 m

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263

Losung

a) Die Kraft auf die Wandung als Folge der Wandschubspannung τw ist

FD→W = τwπ dL

und folglich mit U = U1D, d = 2√A/π und Re = Ud/ν

FD→W = 87N .

Mit (S. L. (7.87))

λ = 8τw

U2 = 0, 3164Re−1/4

folgt fur den Druckabfall

∆p = λl

d

2U

2= 0, 0037bar .

Gegenuber dem an der Stelle [1D] herrschenden Druck p1D = 10bar sind die Druck-verluste vernachlassigbar.

b) Der Impulssatz in e1-Richtung aus-gewertet fur das skizzierte Kon-trollvolumen∫

(S)

∫ u · e1(u · n) dS =

∫(S)

∫t · e1 dS

lautet unter Vernachlassigung derKraft FD→W auf die Wand

− 1DU21DA− WU

2WAW + 2DU

22DA = p1DA+ pWAW − p2DA− FD→R

oder, da FD→R wegen FD→R p1D A = 2, 5 ∗ 105 N vernachlassigbar ist, mit pW =p1D:

p2D = 1D U21D + W U2

W

AW

A− 2D U

22D + p1D

(1 +

AW

A

)(1)

c) Die Energiegleichung in integraler Form (S. L. (2.114)) lautet fur die im Mittelstationare Stromung, mit qi = 0, ki = 0, ti = τij nj∫∫

(V )

∫∂

∂xj

[ uj

(uiui

2+ e

)]dV =

∫(S)

∫ui τijnj dS

und wird mit dem Gaußschen Satz zu∫(S)

∫ ujnj

(uiui

2+ e

)dS =

∫(S)

∫ui τijnj dS .

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264 7 Grundzuge turbulenter Stromungen

Wir verwenden das gleiche Kontrollvolumen, wie in Teil b). An den festen Wandenist ui = 0, deshalb bleiben nur die Integrale uber die Querschnitte stehen, dievon Flussigkeit durchstromt werden. Da dort die Stromung ausgeglichen ist, gilt andiesen Flachen τijnj = −pni und wir erhalten

∫(S)

∫ ujnj

(uiui

2+ e+

p

)dS = 0 ,

oder, mit h = e+ p/ , ∫(S)

∫ ujnj

(uiui

2+ h

)dS = 0 . (2)

d) Die kinetische Energie des Dampfes pro Masseneinheit ui ui/2 = U21D/2 an der Stelle

[1D] istu2

1D

2= 3, 2 kJ/kg

und gegen die Enthalpie h1D = 3264 kJ/kg vernachlassigbar.Die kinetische Energie des Wassers

u2W

2= 0, 2

kJ

kg.

ist ebenfalls gegenuber der Wasserenthalpie hW = 632 kJ/kg vernachlassigbar.Wir folgern daraus, daß auch an der Stelle [2D] die kinetische Energie gegenuberder Enthalpie vernachlassigt werden kann.(2) vereinfacht sich damit zu

∫(S)

∫ ujnj h dS = 0 .

Werten wir die Energiegleichung fur das skizzierte Kontrollvolumen aus Aufgabenteilb) aus, so erhalten wir

2D U2D Ah2D = 1D U1D Ah1D + W UW AW hW ,

oder mit m1D = 1D U1D A, m2D = 2D U2D A und mW = W UW AW

h2D =m1Dh1D + mWhW

m2D. (3)

e) Zur Bestimmung der 4 Stromungsgroßen an der Stelle [2D] (U2D, 2D, p2D, h2D)mussen wir die 3 Erhaltungssatze Impulssatz (1), Energiegleichung (3), Konti-nuitatsgleichung ∫

(S)

∫ uini dS = 0 ⇒ m2D = m1D + mW (4)

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265

und die kalorische Zustandsgleichung h = h( , p), die als Mollier–Diagramm gegebenist (Aufgabe 9.2-3) auswerten.m2D folgt direkt aus (4): m2D = 72, 3 kg/s. Aus der Energiegleichung (3) erhaltenwir h2D = 2910 kJ/kg. U2D, 2D und p2D werden nun durch Iteration bestimmt. Wirnehmen zunachst isobare Mischung an (0. Iterationsschritt)

⇒ p(0)2D = p1D = 10bar .

Aus dem Mollier–Diagramm folgt: 2D ≈ 4, 5 kg/m3 ;

aus der Kontinuitatsgleichung folgt: u2D = 67m

s;

aus der Impulsgleichung folgt: p2D = 10, 037 bar .

Da sich der Druck nur sehr geringfugig geandert hat, erwarten wir auch nur sehrkleine Anderungen bei 2D, u2D und verzichten auf weitere Iterationsschritte.

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8 Hydrodynamische Schmierung

Aufgabe 8-1 Stufenlager

Die Skizze zeigt ein sogenanntes Stufenlager, bei dem die Spalthohe h(x) stuckweisekonstant ist. Berechnen Sie unter Berucksichtigung der in der Schmiertheorie ublichenVereinfachungen

a) die Druckverteilung p(x) im Spalt (Hinweis: die Konstanz des Volumenstroms ander Ubergangsstelle x = l1 ist zu beachten!),

b) die Tragkraft des Lagers,c) die zum Schleppen der unteren Wand notwendige Kraft durch Integration des Span-

nungsvektors uber1.) die obere Wand,2.) die untere Wand.

Geg.: h1, h2, l1, l2, η, U

Losung

a) Druckverteilung:Abschnittsweise folgt aus der Reynoldsschen Gleichung

∂x

(h3

η

∂p

∂x

)= 0

(∂h/∂x = 0) und daher folgt fur den Druckgradienten

∂p

∂x=Aη

h3, (1)

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267

wenn A die Integrationskonstante ist, und fur den Druck

p(x) =Aη

h3x+B . (2)

Der Volumenstrom berechnet sich aus der Formel (S. L. (6.22))

V =hU

2− ∂p

∂x

h3

12 ηzu

V =hU

2− A

12. (3)

Zunachst zum Abschnitt 1 (0 ≤ x ≤ l1) :Mit der Druckrandbedingung p(0) = 0 erhalt man aus (2) B1 = 0 , also

p(x) =A1 η

h31

x , 0 ≤ x ≤ l1 (4)

und aus (3)

V1 =h1 U

2− A1

12.

Der Index an den Integrationskonstanten kennzeichnet den jeweiligen Abschnitt.Fur den Abschnitt 2 erhalt man wegen p(l1 + l2) = 0

B2 = −A2 η

h32

(l1 + l2)

und damit

p(x) = −A2 η

h32

(l1 + l2 − x) , l1 ≤ x ≤ l2 (5)

und

V2 =h2 U

2− A2

12.

Druckgleichheit an der Stelle x = l1 liefert

A1 η

h31

l1 = −A2 η

h32

l2

und die Bedingung V1 = V2 (Kontinuitat!) ergibt

h1 U

2− A1

12=h2 U

2− A2

12,

woraus sich die Konstanten zu

A1 =6U (h1 − h2) l2 h

31

l2 h31 + l1 h3

2

und

A2 = −A1l1l2

(h2

h1

)3

= −6U (h1 − h2) l1 h32

l2 h31 + l1 h3

2

bestimmen. Damit lautet die Druckverteilung

p(x) =

⎧⎪⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎪⎩

6 η U (h1 − h2) l2l2 h3

1 + l1 h32

x fur 0 ≤ x ≤ l1 ,

6 η U (h1 − h2) l1l2 h3

1 + l1 h32

(l1 + l2 − x) fur l1 ≤ x ≤ l2 .

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268 8 Hydrodynamische Schmierung

Der Druck hat also eine dreiecksformigeVerteilung mit dem Maximalwert

pmax =6 η U (h1 − h2) l1 l2

l2 h31 + l1 h3

2

. (6)

b) Lagerkraft pro Tiefeneinheit:Aus der skizzierten Dreiecksverteilung fur den Druck im Schmierspalt kann man furdas Integral

Fy =∫

(S)

τyy ny dS =

l1+l2∫x=0

p(x) dx (Flacheninhalt des Dreiecks)

sofort den Wert

Fy =l1 + l2

2pmax =

3 η U (h1 − h2) l1 l2 (l1 + l2)

l2 h31 + l1 h

32

ablesen.

c) Widerstandskraft:Die Geschwindigkeitsverteilung im Spalt ist die Verteilung der Druck–Schlepp–Stromung (S. L. (6.16)):

u =∂p

∂x

y2

2 η+ C1 y + C2 ,

mit den hier zu erfullenden Randbedingungen u(y = 0) = U , u(y = h) = 0 also:

u = U(1 − y

h

)+

dp

dx

1

2 η(y2 − y h) .

Damit errechnet sich die Schubspannung τxy(y)

τxy = η(∂u

∂y+∂v

∂x

)= −η U

h+

dp

dx

(y − 1

2h)

und mit dp/dx aus (1)

τxy = −η Uh

+Aη

h3

(y − h

2

).

An der unteren Wand also

τxy(y = 0) = −η Uh

− Aη

2h2(7)

und an der oberen Wand

τxy(y = h) = −η Uh

+Aη

2h2. (8)

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269

Das Integral

Fx =∫

(S)

tx dS =∫

(S)

τjx nj dS

liefert an der unteren Wand (nj = (0, 1, 0) , dS = dx)

Fxu =∫τxy(0) dx (9)

und an der oberen Wand (nj = (0, −1, 0) , dS = dx bzw. nj = (−1, 0, 0) , dS = dyan der Stufe)

Fxo =∫

−τxy(h) dx− τxx(l) (h1 − h2) , (10)

wobei τxx = −p(l1) = −pmax nach (6) ist und die v–Komponente der Geschwindig-keit voraussetzungsgemaß vernachlassigt wird. Da die Schubspannungen abschnitts-weise konstant sind, liefert (9) bzw. (10)

Fxu = τxy1(0) l1 + τxy2(0) l2

bzw.Fxo = −τxy1(h1) l1 − τxy2(h2) l2 + pmax (h1 − h2)

und mit (7) und (8)

Fxu = −η U l1h1

− A1 η l12h2

1

− ηU l2h2

− A2 η l22h2

2

und

Fxo = ηU l1h1

− A1 η l12h2

1

+ ηU l2h2

− A2 η l22h2

2

+ pmax (h1 − h2) .

Setzt man nun noch die Werte von A1, A2 und pmax ein, so erhalt man

Fxo = −Fxu = η U

[l1h1

+l2h2

+3 (h1 − h2)

2 l1 l2l2 h

31 + l1 h

32

].

Die Krafte sind also, wie es sein muß, betragsmaßig gleich groß und entgegengesetztgerichtet.

Aufgabe 8-2 Auf Lagerzapfen und Lagerschale ubertragenes

Reibmoment

Berechnen Sie fur das statisch belastete, unendlich lange Radiallager, die durch dieSchubspannung auf den Lagerzapfen und auf die Lagerschale ubertragenen Reibungs-momente.

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270 8 Hydrodynamische Schmierung

Zeigen Sie, daß die Differenz dieser Mo-mente gleich dem Moment ist, das die La-gerkraft FY um die Exzentrizitat e her-vorruft.

Wegen R2S = R2 (1+h/R)2 und h/R 1

genugt es das Moment auf die Lagerschalemit dem Radius R des Lagerzapfens zuberechnen.

Losung

Das Moment der Reibungsspannungen auf den Lagerzapfen ist in (S. L. (8.38)) bereitsberechnet:

MZapfen =η ΩR2

Ψ

(4 I1 − 3

I22

I3

), (1)

wobei I1, I2, I3 durch (S. L. (8.40), (8.41), (8.42)) gegeben sind.

Fur die Berechnung des Momentes auf die Lagerschale ermitteln wir zunachst die Rei-bungsspannungen an der Lagerschale. Nach (S. L. (8.10)) erhalten wir

τxy|y=0 = η∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=0

= η U

(1

h(x)− ∂p

∂x

h(x)

2η U

). (2)

Mit Gleichung (S. L. (8.26))

h(x) = h(ϕ) = h (1 − ε cosϕ)

und (S. L. (8.28))∂p

∂x= 6

ηΩR

h2(ϕ)

(1 − h

h(ϕ)

I2I3

),

sowie Ψ = h/R und U = ΩR konnen wir die Reibungsspannungen (2) an der Lager-schale in der Form

τxy|y=0 =ηΩR

h

⎧⎨⎩ h

h(ϕ)− 3

⎡⎣ h

h(ϕ)−

(h

h(ϕ)

)2I2I3

⎤⎦⎫⎬⎭=

ηΩ

Ψ

⎡⎣−2h

h(ϕ)+ 3

I2I3

(h

h(ϕ)

)2⎤⎦ (3)

schreiben. Damit berechnet sich das Moment auf die Lagerschale zu

MSchale = R2

2π∫0

τxy|y=0 dϕ+ O(R2 Ψ)

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271

=ηΩR2

Ψ

⎛⎜⎜⎝−2

2π∫0

h

h(ϕ)dϕ + 3

I2I3

2π∫0

(h

h(ϕ)

)2

⎞⎟⎟⎠ . (4)

Das erste Integral ist nach (S. L. (8.40)) mit I1, das zweite nach (S. L. (8.41)) mit I2bezeichnet, d. h.

MSchale =η ΩR2

Ψ

(−2 I1 + 3

I22

I3

). (5)

Unter Verwendung der Gleichungen (S. L. (8.40)–(8.41)) bilden wir die Differenz von(1) und (5) in dimensionsloser Form, dies fuhrt uns zu

(MZapfen −MSchale)Ψ

ηΩR2=

12π

(1 − ε2)1/2− 24π (1 − ε2)5/2

(1 − ε2)3 (2 + ε2)

=12π ε2

(1 − ε2)1/2 (2 + ε2). (6)

Nach Gleichung (S. L. (8.46)) ist (6) das Produkt zwischen der Sommerfeldzahl So undder relativen Exzentrizitat ε, so daß die Differenz der Momente gleich dem Moment ist,das die Lagerkraft FY um die Exzentrizitat e auf den Lagerzapfen ausubt:

(MZapfen −MSchale)Ψ

ηΩR2= ε So =

e

hFY

Ψ2

ηΩR

⇒ MZapfen −MSchale = e FY .

Aufgabe 8-3 Vergleich der Stempeltragkraft einer Quetsch-

stromung bei verschiedenen Stempelgeometrien

Ein Stempel der Querschnittsflache A bewegt sich mit derGeschwindigkeit dh/dt = h auf eine zum Stempel paralleleWand und verursacht eine reine Quetschstromung der in-kompressiblen, Newtonschen Flussigkeit (Viskositat η, kon-stante Dichte) zwischen Stempel und Wand.

a) Ermitteln Sie die Tragkraft des Stempels fur den Fall, daß die Querschnittsflachedes Stempels1.) ein Quadrat (Seitenlange c) ist,2.) ein gleichseitiges Dreieck (Hohe d) ist,3.) eine Ellipse (Halbachsen a, b) ist.

b) Vergleichen Sie bei gleicher Querschnittsflache die Tragkraft der obigen Stempel mitder Tragkraft eines Stempels mit Kreisquerschnitt (Radius R).

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272 8 Hydrodynamische Schmierung

Hinweis: Es besteht eine mathematische Analogie zwischen der reinen Quetschstromungbei parallelen Wanden und der stationaren, druckgetriebenen Schichtenstromung(S. L. Kap. 8.3.2).

Geg.: h, R, η

Losung

Die fur die Druckverteilung zu losende Gleichung lautet (S. L. (8.80))

∇ · ∇p = ∆p =12 η

h3h

und entspricht der Gleichung ∆u = −K/η fur die druckgetriebene, stationare Schich-tenstromung. Deren Losungen lassen sich auf den Fall der Quetschstromung ubertragen,wobei u durch p und −K/η durch 12 η h/h3 zu ersetzen sind.

Der uber den Stempelquerschnitt gemittelte Druck p entspricht der mittleren Geschwin-digkeit U im Kanal.

Fur einen Tragstempel mit Kreisquerschnitt (Radius R) erhalt man auf diese Weise furdie Tragkraft (S. L. (8.82))

FyK= −3

2πη h

h3R4 . (1)

a) Tragkraft fur unterschiedliche Stempelgeometrien:

1.) Quadratischer Querschnitt:Bei einer Stromung durch einen Kanal mit Rechteckquerschnitt (Seitenlangen b, c)ist die mittlere Geschwindigkeit (S. L. (6.89))

U =K c2

4 η

1

3− c

b

64

π5

∞∑n=1

tanh(mb/2)

(2n − 1)5

mit m = π/c (2n − 1).Fur quadratischen Querschnitt (b = c, Flache A = c2) errechnet sich dann derVolumenstrom zu

V = U A = U c2 =K c4

4 η

1

3− 64

π5

∞∑n=1

tanh(mb/2)

(2n− 1)5

.

Ersetzt man nunK

ηdurch − 12 η h

h3,

so erhalt man die Tragkraft eines quadratischen Stempels der (Kantenlange c)

FyQ=

−3η h

h3c4

1

3− 64

π5

∞∑n=1

tanh(π/2 (2n − 1))

(2n− 1)5

= −0, 4217η h

h3c4 , (2)

wobei der Klammerausdruck numerisch berechnet wurde.

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273

2.) Dreieckiger Querschnitt:Bei einem gleichseitigen Dreieck (Hohe d, Flache A = d2/

√3) erhalt man analog

dem Aufgabenteil 1.) aus Gleichung (S. L. (6.94))

V = U A = Ud2

√3

=1

60√

3

K d4

η.

und

FyD= − 1

5√

3

η h

h3d4 . (3)

3.) Elliptischer Querschnitt:Ist der Querschnitt elliptisch (Halbachsen a , b ; Querschnittsflache A = π a b)berechnet man mit Gleichung (S. L. (6.99))

V = U A = U π a b =K

4 ηπ

a3 b3

a2 + b2

und

FyE= −3π

η h

h3

a3 b3

a2 + b2. (4)

b) Bei gleichen Querschnittsflachen der verschiedenen Stempelformen muß gelten:Quadrat: c2 = π R2 ⇒ c =

√π R ,

Dreieck: d2/√

3 = π R2⇒ d =4√

3π2R ,Ellipse: π a b = π R2 ⇒ a = R/bR .

Man erhalt dann aus den Gleichungen (2)–(4):

FyQ= −0, 4217π2 η

h3h R4 , FyD

= −√

3

5π2 η

h3h R4 , FyE

= −3πη

h3h

R2 b2

R4 + b4R4 .

Werden die errechneten Tragkrafte auf die Tragkraft des Stempels mit Kreisquer-schnitt bezogen, ergibt sich

Quadrat: FyQ/FyK

= 0, 8832 ,Dreieck: FyD

/FyK= 0, 726 ,

Ellipse: FyE/FyK

= 2R2 b2/(R4 + b4) .Aus

d

db

(FyE

FyK

)= 2R2 2b (R4 + b4) − 4b5

(R4 + b4)2= 0

erhalt man die Werte b = 0 und b = R, fur die die Tragkraft bei elliptischemQuerschnitt extremal wird. Im Fall b = 0 entartet die Ellipse zu einer unendlichlangen Linie, die Tragkraft ist null, im Fall b = R ist die Ellipse ein Kreis undFyE

/FyK= 1 .

Unter den untersuchten Stempelformen ist der Stempel mit Kreisquerschnitt dermit der hochsten Tragkraft.

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9 Stromfadentheorie

9.1 Inkompressible Stromung

Aufgabe 9.1-1 Rohrpumpe

Die skizzierte Anordnung eines abgewinkelten Roh-res (Querschnitt A, Gesamtlange l), dessen unteresEnde in Flussigkeit ( = const) eintaucht, wirkt alsPumpe, wenn das Rohr mit der konstanten Winkel-geschwindigkeit Ω um die vertikale Achse rotiert.

a) Wie groß darf Ω hochstens sein, damit an keiner Stelle im Rohr der Dampfdruck pD

unterschritten wird?b) Mit welcher Beschleunigung b(t) setzt sich das Wasser in Bewegung, wenn das Rohr

zunachst durch einen Schieber verschlossen war, der zur Zeit t = 0 plotzlich geoffnetwird?

c) Man gebe den Verlauf der Ausstromgeschwindigkeit wA als Funktion der Zeit furden Anlaufvorgang an.

Geg.: Ω, h, l, A, r0, , pD, p0, g

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9.1 Inkompressible Stromung 275

Losung

a) Maximalwert fur Ω, so daß p(r, z) > pD:

Wir betrachten hierzu den stationaren Betrieb der Pumpe.Die Bernoullische Gleichung fur das rotierende Koordinaten-system lautet dann:

p1 +

2w2

1 −

2Ω2 r2

1 + g z1 = p+

2w2 −

2Ω2 r2 + g z .

Die hydrostatische Druckverteilung in der ruhenden Flussig-keit liefert

p1 + g z1 = p0 ,

so daß wir

p0 = p+

2w2 −

2Ω2 r2 + g z

erhalten. Im Rohr konstanten Querschnitts ist aus Konti-nuitatsgrunden w = wA, die Druckverteilung innerhalb desRohrs lautet:

p(r, z) = p0 −

2w2

A +

2Ω2 r2 − g z .

Am Austritt (r = r0, z = h) ist p = p0, was die Bestimmungsgleichung fur wA

liefert:

2w2

A =

2Ω2 r2

0 − g h ,

so daß die Druckverteilung die Form

p(r, z) = p0 + g (h − z) −

2Ω2 (r2

0 − r2)

annimmt. Der Druck ist minimal fur z = h und r = 0. Wenn dieser großer als derDampfdruck pD sein soll, muß gelten

p(0, h) = p0 −

2Ω2 r2

0 > pD

⇒ p0 − pD >

2Ω2 r2

0

⇒ Ω <

√√√√2 (p0 − pD)

r20

.

b) Beschleunigung des Wassers bei Offnen des Schiebers:Wir mussen nun die Bernoullische Gleichung fur den instationaren Fall benutzen.Angeschrieben vom Punkt [1] zum Punkt [A] am Rohraustritt lautet diese:

(A)∫(1)

∂w

∂tds+ pA + g h−

2Ω2 r2

0 +

2w2

A = p1 + g z1 −

2Ω2 r2

1 +

2w2

1 .

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276 9 Stromfadentheorie

Die Integration von der Stelle [1] bis zum Rohreintritt liefert nur einen sehr kleinenBeitrag, weil die Geschwindigkeit außerhalb des Rohres sehr klein ist und bleibt.Dieser Beitrag wird vernachlassigt. Langs der Stromlinie im Rohr ist die Geschwin-digkeit w = wA und daher nur eine Funktion der Zeit, so daß die Gleichung

dwA

dt

(A)∫(1)

ds+ p0 + g h−

2Ω2 r2

0 +

2w2

A = p0

entsteht, welche die Beschleunigung

dwA

dt= b(t) =

1

2 l

((Ω2 r2

0 − 2 g h)− w2

A

)(1)

ergibt. Speziell fur t = 0 ist wA = 0 und wir erhalten

b(t = 0) =1

2 l

(Ω2 r2

0 − 2 g h).

Dieser Gleichung entnehmen wir, daß fur Ω die Ungleichung

Ω2 r20 ≥ 2 g h ⇒ Ω ≥

√2 g h

r20

gelten muß, weil sonst das Wasser zurucklauft.c) Funktion wA(t):

Die Gleichung (1) laßt sich durch Trennung der Veranderlichen leicht integrieren:

Wir setzen wSt =√

Ω2 r20 − 2 g h (St = stationarer Betrieb) und erhalten

wA(t)∫0

dwA

w2St − w2

A

=1

2 l

t∫0

dt

⇒ 1

wStartanh

(wA

wSt

)=

1

2 lt

⇒ wA(t)

wSt= tanh

(wSt

2 lt).

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9.1 Inkompressible Stromung 277

Aufgabe 9.1-2 Durchflußmessung mittels einer Meßduse

Zur Durchflußmessung einer Flussigkeit der Dichte = const wird die skizzierte Meß-duse in eine Rohrleitung eingebaut. Die Stromungsgeschwindigkeit u1 am Eintritt derMeßstrecke sei uber den Querschnitt konstant. Am Austritt sei die Stromung wiederausgeglichen. Die Reibung an den Rohrwanden kann vernachlassigt werden.

Wie groß ist

a) der Druckverlust dieser Meßstrecke?b) der Druck p3 am Austritt?c) die Kraft der Flussigkeit auf die Meßstrecke?

Geg.: , p1, u1, A1, A2

Losung

a) Druckverlust in der Meßstrecke:Der auftretende Verlust in der Strecke von [1] bis [3] ist der Carnotsche Stoßverlustder unstetigen Querschnittserweiterung von A2 auf A3:

∆pv =

2(u2 − u3)

2

bzw. mit der Kontinuitatsgleichung

u1A1 = u2A2 = u3A3

auch

∆pv =

2u2

1

(A1

A2

− 1)2

.

b) Der Druck p3:Die Bernoullische Gleichung mit Verlusten von [1] nach [3]

p1 +

2u2

1 + g z1 − ∆pv = p3 +

2u2

3 + g z3

liefert mit u1 = u3 und z1 = z3

p3 = p1 −∆pv = p1 −

2u2

1

(A1

A2− 1

)2

.

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278 9 Stromfadentheorie

c) Kraft auf die DuseDer Impulssatz lautet im Rahmen der Stromfadentheorie fur den Fall stationarerStromung (∂/∂t = 0):

− 1u21A1 τ1 + 3u

23A3 τ3 = p1A1 τ1 − p3A3 τ3 − F ,

wobei F die Kraft auf die Wandung ist. Hier ist τ1 = τ3 = τ , 1 = 3 = und wirerhalten (A1 = A3)

F = τ[(p1 − p3)A1 + u2

1A1

(1 −

(u3

u1

)2 )].

Der letzte Ausdruck in der eckigen Klammer verschwindet und wir erhalten

F = τ ∆pv A1 = τ

2u2

1

(A1

A2

− 1)2

A1 .

Aufgabe 9.1-3 Wasserstrahlpumpe

In einem Rohr mit der Quer-schnittsflache A befindet sichein zweites Rohr (Querschnitts-flache (1−n)A), das in der skiz-zierten Weise in einen großenBehalter eintaucht. Durch dasgroße Rohr tritt ein Flussig-keitsstrom (Dichte ), der ander Stelle [1] die Geschwindig-keit Ua hat und hier aus deminneren Rohr Flussigkeit glei-cher Dichte mit der Geschwindigkeit Ub absaugt. Bis zum Rohrende hat sich wieder eingleichmaßiges Geschwindigkeitsprofil ausgebildet. Die Wandschubspannungen konnenauf dieser Strecke vernachlassigt werden.

Wie lautet der Zusammenhang zwischen Ua und Ub?

Geg.: A, n, h,

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9.1 Inkompressible Stromung 279

Losung

Fur das Vermischungsproblemist der Druckanstieg (S. L. (9.59)):

∆p = n (1 − n) ε2 u21 ,

wobei u1 hier Ub entspricht und

∆p = p0 − p1

ist. Mit

Ua = (1−ε)Ub (hier ist ε < 0 !)

erhalten wir so:

p0 − p1 = n (1 − n) (Ua − Ub)2 . (1)

Der Druck p1 ergibt sich aus der Bernoulli-schen Gleichung langs der rechts skizziertenStromlinie:

p1 +

2U2

b = p0 − g h ,

⇒ p1 = p0 −

2U2

b − g h . (2)

(2) in (1) eingesetzt liefert

2U2

b + g h = (n − n2) (Ua − Ub)2

Lost man nach Ua auf, so erhalt man

Ua = Ub ±√

12U2

b + g h

n− n2,

wobei nur das positive Vorzeichen in Frage kommt.

Fur den Grenzfall, daß die Flussigkeit im Rohr gerade nicht zurucklauft (Ub → 0),erhalten wir:

Uamin =

√g h

n− n2,

da auch in diesem Fall ein endlicher Druckanstieg erforderlich ist, ist der Grenzubergangn→ 1 nur mit Uamin → ∞ zu erreichen.

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280 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.1-4 Radialpumpe

Die Skizze zeigt einen Schnitt durch eine Radialpumpe. Das Fordermedium ist inkom-pressibel und reibungsfrei. Bekannt sind die Geschwindigkeitsbetrage c2, c3, c4, sowie dieUmfangskomponente cu3 . Der Druck im Zufuhrstutzen ist p1, die Geschwindigkeit dortc1. Die Zustromung zum Laufrad erfolgt drallfrei. Volumenkrafte sind vernachlassigbar.

a) Welche Drucke herrschen an den Stellen [2], [3] und [4]?b) Berechnen Sie die dem Pumpenlaufrad zuzufuhrende Antriebsleistung PA aus der

Energiegleichung.c) Berechnen Sie PA aus der Eulerschen Turbinengleichung.

Geg.: R2, R3, R4, c1, c2, c3, c4, cu3, Ω, p1,

Losung

a) Die Drucke p2, p3 und p4:Der Druck p2 folgt bei gegebenen Geschwindigkeiten aus der Bernoullischen Glei-chung im Inertialsystem auf der Stromlinie vom Zufuhrstutzen (p1, c1) zum Lauf-radeintritt (c2):

p1 +

2c21 = p2 +

2c22 ,

⇒ p2 = p1 +

2(c21 − c22) . (1)

Zur Bestimmung von p3 ergibt die Bernoullische Gleichung im rotierenden Koor-dinatensystem (laufradfestes Bezugssystem) vom Laufradeintritt (p2, c2, R2) zumLaufradaustritt (c3, R3):

p2 +

2w2

2 −

2Ω2R2

2 = p3 +

2w2

3 −

2Ω2R2

3 ,

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9.1 Inkompressible Stromung 281

⇒ p3 = p2 +

2(w2

2 − w23) +

2Ω2 (R2

3 − R22) . (2)

Die Relativgeschwindigkeiten w2 und w3 lassen sich durch die Absolutgeschwindig-keiten und die Umfangsgeschwindigkeiten ausdrucken:Aus c = w + u, d.h. w = c− u folgt fur eine Radialmaschine:

w · er = wr = cr , w · eu = wu = cu − ΩR ,

w · w = c · c+ u · u− 2 u · c ,

⇒ w2 = c2 − 2ΩR cu + Ω2R2 ,

am Laufradeintritt (cu2 = 0) also

w22 = c22 + Ω2R2

2 , (3)

am Laufradaustrittw2

3 = c23 − 2ΩR3 cu3 + Ω2 R23 , (4)

was man auch obigen Geschwindigkeitsdreiecken entnehmen kann. (3) und (4) in (2)eingesetzt und p2 mittels (1) eliminiert, liefert fur p3

p3 = p1 +

2(c21 − c22) +

2Ω2 (R2

3 − R22) +

+

2(c22 + Ω2 R2

2 − c23 + 2ΩR3 cu3 − Ω2R23) ,

⇒ p3 = p1 +

2(c21 − c23 + 2ΩR3 cu3) . (5)

Im Inertialsystem von Laufradaustritt (p3, c3) zu Leitradaustritt (p4, c4) erhalt mandurch Anwendung der Bernoullischen Gleichung folgende Beziehung:

p3 +

2c23 = p4 +

2c24 ,

⇒ p4 = p3 +

2(c23 − c24) ,

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282 9 Stromfadentheorie

und mit p3 aus (5) schließlich

p4 = p1 +

2(c21 − c23 + 2ΩR3 cu3) +

2(c23 − c24) ,

⇒ p4 = p1 +

2(c21 − c24 + 2ΩR3 cu3) . (6)

b) Antriebsleistung aus der Energiegleichung:

Bei der reibungs- und warmeleitungsfreien, in-kompressiblen Stromung verschwinden DE/Dtund Q, so daß die Energiegleichung folgendeForm annimmt

DK

Dt= P . (7)

Wir benutzen ein Kontrollvolumen, dessenOberflache S sich zusammensetzt aus der Ein-trittsflache SE im Ansaugstutzen (p1, c1), derLeitradaustrittsflache SA (p4, c4), der Schnitt-flache der Welle SW und den Wandflachen vonLeitrad und Gehause SG. Man erhalt dann

DK

Dt=

∂t

∫ ∫(V )

2c2 dV +

∫(S)

2c2 c · n dS.

Die Stromung ist zwar im Inertialsystem in-stationar, die im Kontrollvolumen enthaltene kinetische Energie bleibt jedoch beikonstanter Drehgeschwindigkeit Ω zeitlich konstant, so daß das Volumenintegral nullist. Wir erhalten

DK

Dt=

∫(S)

2c2c · n dS =

2c21

∫SE

∫c · n dS +

2c24

∫SA

∫c · n dS

= V

(c242− c21

2

). (8)

Die Integrale uber SW und die Flache SG = S−(SE +SA +SW ) verschwinden wegenc · n = 0.Entsprechend erhalt man fur die Leistung P

P =∫(S)

∫c · t dS =

∫SE+SA

∫−pc · n dS +

∫SW

∫c · t dS +

∫SG

∫−pc · n dS .

Das Integral uber SG verschwindet wieder wegen c ·n = 0 und das Integral uber SW

ist gerade die gesuchte Antriebsleistung PA. Somit ergibt sich

P = V (p1 − p4) + PA . (9)

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9.1 Inkompressible Stromung 283

Die Energiegleichung (7) liefert also mit (8) und (9)

V

(c242− c21

2

)= V (p1 − p4) + PA ,

⇒ PA = V(

2(c24 − c21) + p4 − p1

),

bzw. mit p4 − p1 aus (6)

PA = V(

2(c24 − c21) +

2(c21 − c24 + 2ΩR3 cu3)

),

= V ΩR3 cu3 .

(V = c1 π R21, mit R1 als Radius des Zufuhrstutzens)

c) Antriebsleistung aus der Eulerschen Turbinengleichung:Mit der Eulerschen Turbinengleichung findet man

M = m (Ra cua − Re cue) ,

= V (R3 cu3 − R2 cu2) .

Da drallfreier Eintritt vorliegt, gilt cu2 = 0, der zweite Term verschwindet,

⇒ PA = M Ω = V ΩR3 cu3 .

Aufgabe 9.1-5 Rohrturbine

Die nebenstehende Skizze zeigteine Rohrturbine eines Fluß-kraftwerks. Bekannt sind nebenden Geometriedaten und demVolumenstrom V der mechani-sche Wirkungsgrad η

Tder Tur-

bine und der Diffusorwirkungs-grad η

D. Die Stromung ist vor

und hinter der Turbine ausge-glichen und rein axial.

a) Welche Leistung Pzu fuhrt die Flussigkeit der Turbine zu?b) Welche Leistung konnte im Idealfall der Turbine zugefuhrt werden ?c) Was ist der hydraulische Wirkungsgrad η

Hder Anlage?

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284 9 Stromfadentheorie

d) Was ist die von der Turbine an den Generator abgegebene Leistung Pab?

Geg.: h0 = 12m, h3 = 7m, V = 100m3/ s, ηT

= 0, 95, ηD

= 0, 85, = 103 kg/m3,A2 = 18m2, A3 = 54m2, g = 9, 81m/s

2

Losung

a) Leistung Pzu:Aus der Energiegleichung folgt (siehe 9.1-4)

Pzu = V(p1 − p2 +

2

(c21 − c22

)). (1)

Fur p1 erhalt man aus der Bernoullischen Gleichung

p0 + g h0 = p1 +

2c21 ,

so daß wir fur (1) schreiben konnen

Pzu = V(p0 − p2 + g h0 −

2c22

). (2)

Der Druck p2 hinter der Turbine bestimmt sich aus der Bernoullischen Gleichung,angewandt auf den Diffusor, unter Berucksichtigung des Diffusorverlusts

p2 +

2c22 = p3 +

2c23 + ∆pvD . (3)

Der Druck p3 der austretenden Flussigkeit ergibt sich zu:

p3 − g h3 = p0 , (4)

wahrend der Diffusorverlust sich aus (S. L. (9.48))

ηD

=(p3 − p2)real

(p3 − p2)ideal= 1 − ∆pvD

2c22

(1 −

(A2

A3

)2)

zu

∆pvD = (1 − ηD)

2c22

(1 −

(A2

A3

)2)

(5)

berechnet. Gleichungen (4) und (5) in Gleichung (3) eingesetzt, ergibt

p2 +

2c22 = p0 + g h3 +

2c23 + (1 − η

D)

2c22

(1 −

(A2

A3

)2)

bzw. mit c3 = c2A2/A3

p2 = p0 + g h3 − ηD

2c22

(1 −

(A2

A3

)2). (6)

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9.1 Inkompressible Stromung 285

Setzt man schließlich p2 aus (6) in die Energiegleichung (2) ein, so erhalt man

Pzu = V

p0 − p0 − g h3 + η

D

2c22

(1 −

(A2

A3

)2)

+ g h0 −

2c22

⇒ Pzu = V

⎧⎨⎩g (h0 − h3) − 1

2

(V

A2

)2 [1 − η

D

(1 −

(A2

A3

)2)]⎫⎬⎭ , (7)

wobei wir c2 durch V /A2 (axiale, ausgeglichene Stromung) ersetzt haben. Wir ent-nehmen dem Ausdruck die maximal der Turbine zufuhrbare Leistung

Pideal = V g∆h . (8)

Mit den gegebenen Zahlenwerten erhalt man

Pzu = 103 ∗ 100

9, 81 ∗ (12 − 7) − 1

2

(100

18

)2[1 − 0, 85

(1 −

(18

54

)2)]

W

= 4, 9050MW − 0, 3772MW = 4, 5278MW .

b) Pideal :

Pideal = 4, 9050MW

c) ηH

:Mit den Gleichungen (7) und (8) erhalten wir den hydraulischen Wirkungsgrad

ηH

=Pzu

Pideal=

⎧⎪⎨⎪⎩1 −12

(VA2

)2

g∆h

[1 − η

D

(1 −

(A2

A3

)2)]⎫⎪⎬⎪⎭ .

ηH

=Pzu

Pideal=

4, 5278

4, 9050= 0, 92

d) Pab :

Pab = ηTPzu = 0, 95 ∗ 4, 5278MW = 4, 3014MW

Aufgabe 9.1-6 Coanda–Effekt

Als Coanda–Effekt bezeichnet man die Eigenschaft von Flussigkeitsstrahlen, sich an inder Nahe befindliche Wande anzulegen.

Volumen– und Zahigkeitskrafte sind zu vernachlassigen.

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286 9 Stromfadentheorie

Um welchen Winkel β wird der Freistrahl (Dichte , Quer-schnitt A1, Geschwindigkeit u1) aus der Vertikalen abge-lenkt, und wie groß ist die gesamte Kraft, mit der derStab gehalten wird, wenn die x–Komponente dieser KraftFx bekannt ist?

Geg.: Fx, , A1, u1

Losung

Die Bernoullische Gleichung langs der Stromlinie lautetfur den Freistrahl (p1 = p2 = p0)

p1 +

2u2

1 = p2 +

2u2

2

⇒ u1 = u2 .

Fur den Impulssatz bei stationarer, inkompressibler Stromung ergibt sich hier∫(S)

∫ u (u · n) dS =

∫(S)

∫t dS ,

fur das Kontrollvolumen S = A1 + A2 + S3 + S4 also

u21A1 ey − u2

2A2 (sinβex + cos β ey) =

u2A (− sinβ ex + (1 − cos β)ey) =∫(S)

∫t dS . (1)

Das Ergebnis der Kontinuitatsgleichung A1 = A2 ist hier schon verwendet worden. Furdas Integral schreiben wir∫

(S)

∫t dS = −

∫A1,A2,S3

∫p0 n dS −

∫S4

∫pn dS ,

wobei − ∫S4

∫pn dS die vom Stab auf die Flussigkeit ausgeubte Kraft ist. Dann konnen

wir schreiben ∫(S)

∫t dS = −

∫Sges

∫p0 n dS +

∫S4

∫p0 n dS + FK→Fl . (2)

Das Rundintegral uber p0 verschwindet und aus ne-benstehender Skizze wird der Zusammenhang

Fges = FFl→K −∫S5

∫p0 n dS

deutlich. Setzt man (1) und (2) hier ein, erhalten wir die Gleichung

Fges = u2A (sinβ ex − (1 − cos β)ey) +∫S4

∫p0 n4 dS −

∫S5+S6

∫p0 n dS +

∫S6

∫p0 n6 dS .

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9.1 Inkompressible Stromung 287

Da aber n4 = − n6 ist und das Integral uber S5 + S6 wieder verschwindet, lautet dieKraft auf den Stab schließlich

Fges = u2A (sinβ ex − (1 − cosβ)ey) .

Die notwendige Haltekraft ist dann

F = −Fges .

Bei bekannter x–Komponente dieser Kraft

Fx = − u2A sinβ

berechnet sich der Winkel zu

β = arcsin

(− Fx

u2A

).

Aufgabe 9.1-7 Prinzip der Hohlladung

Zwei unter dem Winkel β (β < 90) gegen die Symmetrieebene geneigte Flussigkeits-schichten ( = const) der Dicke h1 bewegen sich in der skizzierten Weise aufeinanderzu und werden an der Auftreffstelle zerteilt. Durch die Wahl eines geeigneten bewegtenKoordinatensystems kann man das Problem stationar machen.

a) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit v dieses Koordinatensystems.b) Welche Dicken h2 bzw. h3 haben die abgehenden Strahlen?c) Wie groß sind die absoluten Geschwindigkeiten c2 und c3?d) Welche Massenstrome m2 und m3 werden pro Breiteneinheit in den abgehenden

Strahlen transportiert?

Geg.: c1 = |c1|, h1, β,

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288 9 Stromfadentheorie

Losung

a) Addieren wir zur Geschwindigkeit c1 der oberen geneigten Flussig-keitsschicht die Geschwindigkeit −v = −(c1/ sin β)ex, so stromtdiese Flussigkeitsschicht nun stationar unter dem Winkel β mitder Geschwindigkeit w1 = c1 − v gegen die Symmetrieebene. Dasselbe gilt fur dieuntere Flussigkeitsschicht.In einem Relativsystem, das sich mit der Fuhrungsgeschwindigkeit v = (c1/ sinβ)ex

in die positive x–Richtung bewegt, ist der Vorgang stationar.b) Die Strahldicken h2 und h3:

Wir verwenden das skizzierte, mit dem Relativsystem fest verbundene Kontrollvolu-men. w1, w2 und w3 bezeichnen die Betrage der Relativgeschwindigkeiten. Mit =const erhalten wir aus der Kontinuitatsgleichung

2w1 h1 = w2 h2 + w3 h3 . (1)

Das Relativsystem bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit, ist daher ein Iner-tialsystem; die Stromung ist stationar; auf der gesamten Oberflache des Kontroll-volumens hat der Spannungsvektor die Form t = −p0 n, so daß der Impulssatz(S. L. (9.43)) auf

− w21 h1 τ1u − w2

1 h1 τ1o + w22 h2 τ2 + w2

3 h3 τ3 = 0 , (2)

und nach Multiplikation mit ex auf die Gleichung

2w21 h1 cosβ + w2

2 h2 −w23 h3 = 0 (3)

fuhrt. Aus der Bernoullischen Gleichung zwischen den Stellen [1] und [2]

p0 +

2w2

1 = p0 +

2w2

2

sowie [1] und [3]

p0 +

2w2

1 = p0 +

2w2

3

folgtw1 = w2 = w3 . (4)

Mit den Gleichungen (1), (3) und (4) bestimmen sich dann die Strahldicken zu

h2 = h1 (1 − cosβ) und h3 = h1 (1 + cos β) . (5)

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9.1 Inkompressible Stromung 289

c) Die Absolutgeschwindigkeitenc2, c3 ergeben sich aus den Geschwindigkeitsdreieckenc = w + v. Mit v = (c1/ sin β)ex, sowie w2 = w2 ex = w1 ex = c1 cotβ ex, erhaltenwir

c2 = w2 + v =c1

sinβ(1 + cos β)ex , (6)

und mit w3 = −w3 ex = −w1 ex = −c1 cotβ ex

c3 = w3 + v =c1

sin β(1 − cos β)ex . (7)

d) Die Massenstrome m2, m3 berechnen sich mit (5) zu

m2 = w2 h2 = c1

sinβcos β (1 − cosβ)h1

m3 = w3 h3 = c1

sinβcos β (1 + cosβ)h1 .

Gleichung (6) zeigt, daß sich fur β → 0 sehr hohe Geschwindigkeiten c2 erzeugenlassen. Man zeigt leicht, daß der Betrag des Impulses dieses Strahles c2 m2 = 2 c21 h1

ist.

Aufgabe 9.1-8 Wasserzulauf einer Peltonturbine

Am Ende des Fallrohres eines Wasserkraftwerkes befindet sich ein Dusenstock, mit demder Wasserzulauf einer Pelton–Turbine geregelt wird. Die Strahlkontraktionsziffer α amAustritt ist bekannt.

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290 9 Stromfadentheorie

Die Druckverlustziffer ζA erfaßt alle Verluste in der Zuleitung bis zur Stelle [2]. DieVerluste von [2] bis zum Austritt und die Reibungsspannungen am Schaft der Dusen-nadel sind dagegen vernachlassigbar. Um die Dusennadel in der gezeichneten Stellungzu halten, ist die Kraft FD notig.

a) Bestimmen Sie die Austrittsgeschwindigkeit u3.b) Wie groß sind u2 und p2?c) Berechnen Sie die Kraft FS, die auf die Schraubenverbindung wirkt (aus Symme-

triegrunden besteht nur eine Kraftkomponente in Richtung von ex).

Geg.: p0 = 0, , A1, A2, Aa, α, H, ζA, FD

Losung

a) Austrittsgeschwindigkeit u3:Zur Bestimmung der Austrittsgeschwindigkeit wenden wir die Bernoullische Glei-chung von einem Punkt [0] der Oberflache des Wasserspeichers zu dem Punkt [3]an

p0 + g H = p0 +

2u2

3 + ∆pv (1)

mit dem Druckverlust ∆pv = ζA /2u21. Aus der Kontinuitatsgleichung folgt:

u1A1 = u3A3 oder u1 = αAa

A1u3

mit A3 = αAa. Aus (1) entsteht damit

u3 =

√2g H

1 + ζA (αAa/A1)2. (2)

b) Geschwindigkeit und Druck an der Stelle [2]:Aus der Kontinuitatsgleichung u2A2 = u3A3 folgt mit (2)

u2 = αAa

A2

√2g H

1 + ζA (αAa/A1)2. (3)

Aus der Bernoullischen Gleichung von [2] nach [3]

p2 +

2u2

2 = p0 +

2u2

3

folgt mit (2), (3) und p0 = 0 der Druck an der Stelle [2] zu

p2 =

[1 −

(αAa

A2

)2]

2u2

3

= g H1 − (αAa/A2)

2

1 + ζA (αAa/A1)2. (4)

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9.1 Inkompressible Stromung 291

c) Schraubenkraft FS:Wir werten den Impulssatz in integraler Form in Richtung von e1 fur das skizzierteKontrollvolumen aus. Dazu wird der Impulssatz skalar mit e1 multipliziert∫

(S)

∫t · e1 dS =

∫(S)

∫ u · e1 (u · n) dS . (5)

Die Gesamtflache S des Kontrollvolu-mens wird in die Teilflachen A2, SW ,SD, SS und A3 aufgeteilt. Der Impuls-fluß uber SW , SD und SS ist null, dader Flachennormalenvektor an diesenFlachen senkrecht zum Geschwindig-keitsvektor steht.

Das Integral des Spannungsvektors uber die Wandflache Sw ist gleich der Kraft, dievon der Wand auf die Flussigkeit ausgeubt wird. Die gesuchte Schraubenkraft istdaher gleich dem Negativen dieser Kraft. Das Integral von t uber SD ist gleich demNegativen der Kraft, die auf die Dusennadel wirkt und als FD gegeben ist.An den Flachen A2 und A3 ist der Flachennormalenvektor parallel zu e1, d. h. nurdie erste Komponente von n ist ungleich null. (n1 = −1 an A2, n1 = 1 an A3).Fur t · e1 an A2 oder A3 gilt daher

t · e1 = t1 = n1 τ11 = ∓τ11 = ∓(−p+ η

∂u1

∂x1

),

wobei x1 eine Koordinate in Stromungsrichtung ist. Da sich der Stromungsquer-schnitt bei [2] und [3] in Richtung von e1 nicht andert, ist ∂u1/∂x1 = 0.Damit erhalten wir aus (5):

−FS − FD + p2A2 − p0 Aa = − u22A2 + u2

3 αAa

oder mit (2), (3), (4) und p0 = 0

FS = p2 A2 − u23 αAa

[1 −

(αAa

A2

)]− FD

= g H A2(1 − αAa/A2)

2

1 + ζA (αAa/A1)2− FD

Aufgabe 9.1-9 Bestimmung des Geblasebetriebspunktes ei-ner Verbrennungsanlage

Einem Verbrennungsraum (Querschnitt A1) wird uber ein Geblase (Druckanstieg ∆pG)Frischluft (p0, a) zugefuhrt. Die Rauchgase verlassen die Verbrennungszone mit der

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292 9 Stromfadentheorie

Dichte i ( i < a). Die Druckanderung infolge des Geschwindigkeitsanstieges durchdie Verbrennungszone kann vernachlassigt werden (isobare Verbrennung). Es soll ange-nommen werden, daß der Massenstrom des Brennstoffes gegenuber dem Massenstromder Frischluft vernachlassigt werden kann. Uber ein Rohr (Querschnitt A2) werden dieRauchgase einem Schornstein (A3) zugefuhrt, dabei tritt am Eintritt des Rohres Strahl-kontraktion auf.

a) Geben Sie den funktionellen Zusammenhang fur den Volumenstrom V3 = u3A3

V3 = fn( a , i , α1 , α2 , α3 , A3 , h , ∆pG)

mit α1 = A3/A1, α2 = AK/A2, α3 = A2/A3 an.b) Wie groß muß die vom Geblase erzeugte Druckdifferenz ∆pG sein, um den Frischluft-

volumenstrom VL zu verbrennen (Verbrauchskennlinie)?c) Bei vorgegebener Geblasedrehzahl n und Volumenstrom VL stellt sich der Druckan-

stieg ∆pG ein. Zusatzlichen Einfluß auf den Druckanstieg haben die Dichte a und

der typische Geblasedurchmesser d =√A14/π.

Gegeben ist die idealisierte dimensionslose Kennlinie des Geblases

Ψ = 1 − ϕ2

in den dimensionslosen Produkten

Druckzahl Ψ =2∆pG/ a

n2 π2 d2und Durchflußzahl ϕ =

4 VL

nπ2 d3.

Schreiben Sie zunachst die im Aufgabenpunkt b) ermittelte Verbrauchskennlinie inden dimensionslosen Produkten Druckzahl Ψ und Durchflußzahl ϕ und bestimmenSie dann qualitativ graphisch und rechnerisch den sich einstellenden Betriebspunkt(ϕB, ΨB).

Geg.: a, i, α1, α2, α3, A3, ∆pG, h, g

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9.1 Inkompressible Stromung 293

Losung

a) Volumenstrom:

Mit der Bernoullischen Gleichung langseiner Stromlinie zwischen der Stelle [0]weit vor dem Geblase und der Stelle [1′]vor der Verbrennung erhalten wir unterBerucksichtigung der Druckerhohungdurch das Geblase

p0 + ∆pG = p′1 + a

2u′21 . (1)

Entsprechend, unter Berucksichtigung der Verluste, fur die Stelle [1] nach der Ver-brennung bis zur Austrittsstelle [3]

p1 + i

2u2

1 = (p0 − a g h) + i

2u2

3 + i g h

+ i

2u2

2

[(A2

AK− 1

)2

+(1 − A2

A3

)2]. (2)

In Gleichung (1) ersetzen wir die Geschwindigkeit u′1 mit der Kontinuitatsgleichungdurch u′1 = u1 i/ a, in (2) u2 durch u2 = u3A3/A2.Die Verbrennung erfolgt isobar, d. h. es gilt p1 = p′1. Damit erhalten wir aus (1) und(2) zunachst

p0 + ∆pG − a

2

( i

a

)2

u21 = p0 + ( i − a) g h− i

2u2

1

+ i

2u2

3

[1 +

(A3

A2

(A2

AK− 1

))2

+(A3

A2− 1

)2]. (3)

Ersetzen wir noch u1 uber die Kontinuitatsgleichung durch u1 = u3A3/A1, schrei-ben statt der Flachenverhaltnisse die entsprechenden αi und losen nach u3 auf, soerhalten wir fur den Volumenstrom V3 = A3 u3

V3 = A3

√√√√√√√√√2

∆pG

i

+ 2

( a

i

− 1

)g h(

i

a− 1

)α2

1 +

[1 +

(1

α3

(1

α2− 1

))2

+(

1

α3− 1

)2] . (4)

b) Verbrauchskennlinie ∆pG(VL):Es soll der Luftvolumenstrom VL, der gleich dem Volumenstrom an der Stelle [1′]ist, bei der Verbrennung verbraucht werden. Wir bestimmen VL mittels der Konti-nuitatsgleichung zwischen den Stellen [1′] und [3]. Vernachlassigen wir den Brenn-stoffmassenstrom, so erhalten wir:

VL a = V3 i oder VL = i

a

V3 .

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294 9 Stromfadentheorie

Mit (4) folgt daraus

VL = i

aA3

√√√√√√√√√2

∆pG

i+ 2

( a

i− 1

)g h

1 +

( i

a− 1

)α2

1 +(

1

α3

(1

α2− 1

))2

+(

1

α3− 1

)2 . (5)

Bezeichnet man den Nenner mit

f( i/ a , α1 , α2 , α3) = 1 +

( i

a− 1

)α2

1 +(

1

α3

(1

α2− 1

))2

+(

1

α3− 1

)2

,

fuhrt Auflosen nach dem gesuchten Druckanstieg ∆pG auf

∆pG(VL) =

(VL

A3

)2 i

2

( a

i

)2

f( i/ a , α1 , α2 , α3) − ( a − i) g h . (6)

c) Bestimmen des Betriebspunktes:Wir multiplizieren die Verbrauchskennlinie (6) mit

2

n2 π2 d2 a=

1

2

1

A1 n2 π a,

so daß auf der linken Seite von (6) die Druckzahl Ψ

Ψ =

(VL

A3

)21

2

1

A1 n2 π a

i

2

( a

i

)2

f − a − i

a

1

2

g h

A1 n2 π

entsteht. Mit den dimensionslosen Produkten

F = f(A1

A3

)2 a

i= f

1

α21

a

i,

d. h.

F = 1 − a

i+ a

i

1

α21

[1 +

(1

α3

(1

α2− 1

))2

+(

1

α3− 1

)2]

und

Ψ0 =

(1 − i

a

)1

2

g h

A1 n2 π=

(1 − i

a

)2 g h

n2 π2 d2

gewinnen wir die Verbrauchskennlinie in der Form

Ψ = ϕ2 F − Ψ0 . (7)

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9.1 Inkompressible Stromung 295

Die Verbrauchskennlinie (7) ist in dernebenstehender Abbildung zusammenmit der Geblasekennlinie Ψ = 1 − ϕ2

qualitativ skizziert. Der Schnittpunktbeider Funktionen ist gleich dem ge-suchten Betriebspunkt B, dessen Ko-ordinaten man durch Gleichsetzen derGeblasekennlinie und Verbrauchskenn-linie erhalt:

ϕB =

√Ψ0 + 1

F + 1und

ΨB = 1 − Ψ0 + 1

F + 1.

Aufgabe 9.1-10 Wasserkraftwerk

Ein Wasserkraftwerk wird in der skizzierten Anordnung betrieben. Der Volumendurch-satz der Turbine ist V . Die Abmessungen der Turbine konnen gegenuber den anderengeometrischen Daten vernachlassigt werden.

a) Welche Spiegelhohe h stellt sich im stationaren Betrieb ein?b) Wie groß ist der Gesamtdruck pg (Bernoullische Konstante) am Turbineneintritt [2]?c) Maßgebend fur die Turbinenleistung pro Volumeneinheit ist die Differenz des Ge-

samtdruckes uber der Turbine. Wie groß ist diese Gesamtdruckdifferenz, wenn derTurbinenaustritt [3] direkt im Unterwasser mundet?

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296 9 Stromfadentheorie

d) Welche Gesamtdruckdifferenz steht der Turbine zur Verfugung, wenn an den Tur-binenaustritt in der skizzierten Weise noch ein verlustfreier Diffusor angeschlossenwird?

e) Die Turbine arbeitet nur einwandfrei, wenn p3 großer als der Dampfdruck pD desWassers ist. Wie muß die Lage der Turbine mit Diffusor gegenuber dem Unterwasser–Spiegel geandert werden, wenn p3 < pD ist? (Qualitative Antwort)

Geg.: V , , g, p0, pD, A, A′, H0, z1, ζ1, ζ2

Losung

a) Spiegelhohe h:Die Querschnittsflache A der Rohrleitungen ist konstant und daher auch die Ge-schwindigkeit u = V /A. Die Bernoullische Gleichung von einem Punkt [0] an derOberflache des oberen Wasserspeichers (Oberwasser) zu dem Punkt [1] unter Beruck-sichtigung der Druckverluste aufgrund der Wandschubspannungen lautet:

p0 + g H0 = p1 +

2

(V

A

)2

+ g z1 +

2

(V

A

)2

ζ1 ,

mit dem hydrostatischen Druck an der Stelle [1], p1 = p0 + g h. Auflosen derBernoullischen Gleichung nach der Spiegelhohe h fuhrt zu

h = (H0 − z1) − 1

2g

(V

A

)2

(1 + ζ1) .

b) Gesamtdruck an der Stelle [2]:Den Gesamtdruck pg2 = p2+ u2

2/2 (Bernoullische Konstante) berechnen wir mittelsder Bernoullischen Gleichung mit Verlusten fur eine Stromlinie von [0] nach [2]:

pg2 = p0 + g H0 −

2

(V

A

)2

(ζ1 + ζ2) . (1)

c) Gesamtdruckdifferenz ∆pg23 ohne Diffusor:Die Flussigkeit tritt mit der Geschwindigkeit V /A bei [3] aus der Turbine aus. DerDruck ist gleich dem Umgebungsdruck an diesem Punkt. Der Gesamtdruck derFlussigkeit an der Stelle [3] ist daher

pg3 = p0 +

2

(V

A

)2

.

Die Gesamtdruckdifferenz berechnet sich mit (1) zu

∆pg23 = pg2 − pg3 = g H0 −

2

(V

A

)2

(1 + ζ1 + ζ2) .

d) Gesamtdruckdifferenz ∆pg23 mit Diffusor:Zur Bestimmung des Gesamtdruckes an der Stelle [3] wenden wir die Bernoullische

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9.1 Inkompressible Stromung 297

Gleichung fur eine Stromlinie von [3] zum Diffusorende [3′] an, mit dem Druckp′3 = p0 − g z′3.

pg3 = p3 +

2

(V

A

)2

= p′3 +

2

(V

A′

)2

+ g z′3

= p0 +

2

(V

A′

)2

.

Mit (1) erhalten wir die Gesamtdruckdifferenz zu

∆pg23 = pg2 − pg3 = g H0 −

2

(V

A

)2 ((A

A′

)2

+ ζ1 + ζ2

).

Da A′ > A ist die Gesamtdruckdifferenz mit Diffusor und damit die Turbinenleistungpro Volumeneinheit großer als die, die der Turbine ohne Diffusor zur Verfugung steht.

e) Annahme: p3 < pD:Der Druck am Turbinenaustritt folgt aus der Bernoullischen Gleichung fur eineStromlinie von [3] nach [3′]:

p3 +

2u2

3 + g z3 = p3′ +

2u2

3′ + g z3′ ,

p3 = p0 −

2

(V

A

)2 (1 −

(A

A′

)2)− g z3 .

Will man also p3 erhohen um p3 > pD zu ereichen, so muß man z3 verkleinern(z3 < 0) d. h. die Turbine tiefer legen.

Aufgabe 9.1-11 Schnuffelanlage

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298 9 Stromfadentheorie

Die skizzierte”Schnuffelanlage“ (Rohrdurchmesser d, Langen l1 und l2) befindet sich in

einer Abluftleitung mit sehr großem Querschnitt AL, mit d2/AL 1, und dient dazu,einen Teil der Abluft in der Meßkammer (u ≈ 0) zu untersuchen.

Wahrend die Stromung in der Abluftleitung zwischen den Stellen [1] und [2] praktischverlustfrei ist, ist die Stromung in der Schnuffelanlage verlustbehaftet (ζK , λ bekannt).Die Kanten des Querschnittsuberganges von der Meßkammer zum Rohr seien so abge-rundet, daß es zu keiner Strahleinschnurung kommt.

a) Wie groß ist die Stromungsgeschwindigkeit uR in der Rohrleitung der Schnuffelan-lage?

b) Welcher Anteil der Abluft stromt durch die Meßkammer?

Geg.: , uL, AL, l1, l2, d, ζK , λ

Losung

a) Stromungsgeschwindigkeit uR:Wegen d2/AL 1 ist die Storung in der Abluftleitung durch das Schnuffelrohrvernachlassigbar, d. h. u1 = u2 = uL. Aus der Bernoullischen Gleichung fur eineStromlinie von [1] nach [2] im Abluftrohr folgt daher

p1 +

2u2

L = p2 +

2u2

L oder p1 = p2 . (1)

Die Bernoullische Gleichung mit Verlusten von [1] nach [2] durch die Schnuffelanlageist

p1 +

2u2

L = p2 +

2u2

R + ∆pvges . (2)

Der Gesamtdruckverlust ∆pvges entlang dieses Stromfadens ist die Summe folgenderDruckverlustanteile:

Krummerdruckverlust: Die 4 Krummer verursachen den Druckverlust

∆pvK= 4 ζK

2u2

R .

Wandschubspannungen: Zur Uberwindung der Wandschubspannungen ist die Druck-differenz

∆pvR= λ

l1 + l2d

2u2

R

notwendig.Austrittsverlust: Aufgrund der plotzlichen Querschnittserweiterung beim Eintritt

in die Meßkammer stellt sich der Carnotsche Stoßverlust

∆pvC=

2u2

R

ein, wobei angenommen wurde, daß der Rohrquerschnitt viel kleiner ist als derMeßkammerquerschnitt. Da es beim Meßkammeraustritt zu keiner Strahlein-schnurung kommt, tritt ein Carnotscher Stoßverlust an dieser Stelle nicht auf.

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9.1 Inkompressible Stromung 299

Der Gesamtdruckverlust ist

∆pvges = ∆pvK+ ∆pvR

+ ∆pvC=

2u2

R

(4 ζK +

l1 + l2d

λ+ 1

). (3)

Mit (1) folgt aus (2) und (3) die Stromungsgeschwindigkeit im Rohr:

uR =uL√

2 + 4 ζK + (l1 + l2)/dλ. (4)

b) Volumenstromverhaltnisse:Fur das gesuchte Volumenstromverhaltnis gilt:

VR

VL

=π/4d2 uR

AL uL=π

4

d2

AL

1√2 + 4 ζK + (l1 + l2)/dλ

.

Aufgabe 9.1-12 Stromungsablenkung durch ein Sieb

Durch ein Sieb stromt Flussigkeit der Dichte . Die An-stromgeschwindigkeit u1, der Anstromwinkel α1 undder Druck p1 vor dem Sieb sind gegeben. Auf das Siebwirkt in Anstromrichtung die Widerstandskraft proFlacheneinheit W = cw u

21/2. Der Widerstandsbei-

wert cw ist gegeben.

Berechnen Sie die Stromungsgroßen u2, α2 und p2 hinter dem Sieb.

Geg.: , u1, p1, α1, cw

Losung

Fur die Anwendung des Impulssatzes benut-zen wir das skizzierte Kontrollvolumen mitder Hilfsflache A. Als obere und untere Be-grenzung wahlen wir zwei Stromlinien diein jedem Punkt parallel zueinander sind, dasich die Stromung in Richtung von e2 nichtandert. Damit heben sich die Integrale uberden Spannungsvektor gerade heraus. Der Im-pulsfluß uber diese Flachen ist null. Wegender Kontinuitat muß die Normalkomponenteder Geschwindigkeiten an der Ein– und Aus-

trittsflache der Stromrohre gleich sein, also

u1 cosα1 = u2 cosα2 . (1)

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300 9 Stromfadentheorie

Das Sieb ubt auf das Kontrollvolumen die Kraft

∫(SSieb)

∫t dS = −cw A

2u2

1 (cosα1 e1 + sinα1 e2) (2)

aus.

Wir werten zunachst den Impulssatz in Richtung von e1 ,

∫(S)

∫ u · e1 (u · n) dS =

∫(S)

∫t · e1 dS ,

aus. Dies fuhrt mit (1) und (2) zu

− u21 cos2 α1A + u2

2 cos2 α2A = −cw A

2u2

1 cosα1 + p1 A− p2A

oder

p2 = p1 − cw

2u2

1 cosα1 .

Der Impulssatz in Richtung von e2,

∫(S)

∫ u · e2 (u · n) dS =

∫(S)

∫t · e2 dS ,

liefert mit (2)

− u21 sinα1 cosα1 + u2

2 sinα2 cosα2 = −cw 2u2

1 sinα1 . (3)

Eliminieren wir aus (1) und (3) die Austrittsgeschwindigkeit, so erhalten wir fur denAustrittswinkel die Beziehung

tanα2 = tanα1

(1 − cw

2 cosα1

).

Aus der Kontinuitatsgleichung (1) folgt damit die Austrittsgeschwindigkeit zu

u2 = u1 cosα1

√1 + tan2 α1

(1 − cw

2 cosα1

)2

.

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9.1 Inkompressible Stromung 301

Aufgabe 9.1-13 Luftkissenfahrzeug

Die Skizze stellt den schematischen Aufbau eines Luftkissenfahrzeugs (GewichtskraftG) dar. Die Umgebungsluft (Druck p0) wird uber ein Geblase (Querschnitt Ae, Druckpe) in eine Druckkammer (Flache Ad, pd) gepumpt und entweicht am Umfang durchdie Flache Aa. Die Geschwindigkeit in der Druckkammer sowie jegliche Wandreibungsollen vernachlassigt werden.

Berechnen Sie den Volumenstrom V , den das Geblase liefern muß, damit das Fahrzeugin der gezeichneten Lage schwebt.

Geg.: Ae, Aa, Ad, p0, G

Losung

Das am Luftkissenfahrzeug in z–Richtung bestehende Kraftegleichgewicht laßt sich mitder Gleichung

− G · ez −∫

Saußen

∫p0 n · ez dS +

∫Sinnen

∫t · ez dS = 0 (1)

beschreiben.

Zur Berechnung der Kraft auf das Inneredes Fahrzeuges verwenden wir den Impuls-satz fur das skizzierte Kontrollvolumen.Der Impulsfluß uber die Flache Aa hat kei-ne Komponente in die ez–Richtung:

∫Ae

∫ u · ez(u · n) dA =

∫Ae

∫t · ez dA +

∫Aa

∫t · ez dA+

∫Ad

∫t · ez dS +

∫SW

∫t · ez dS .

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302 9 Stromfadentheorie

Das letzte Integral druckt die Kraft aus, die das Fahrzeug auf die Flussigkeit ausubt.Auswerten der Integrale mit der Annahme, daß an Ae, Aa und Ad die Reibungsspan-nungen vernachlassigbar sind (t = pn), sowie Umstellen liefert

F→Fahrzeug = −∫SW

∫t · ez dS = +

∫Ad

∫p dS −

∫Ae

∫p dA−

∫Ae

∫ u2 dA ,

und Einsetzen in (1) ergibt

−G− p0 (Ad − Ae) − peAe − u2e Ae + pd Ad = 0 . (2)

Die unbekannten Geschwindigkeiten ue und ua erhalt man aus der Kontinuitatsglei-chung zu

ue =V

Ae

, ua =V

Aa

. (3)

Die Bernoullische Gleichung zwischen der Umgebung und dem Geblaseeintritt

p0 +

2u2

0 + g z0 = pe +

2u2

e + g ze

fuhrt mit (3) auf

pe = p0 −

2

(V

Ae

)2

.

Den Druck in dem Luftkissen berechnet man ebenfalls mit der Bernoullischen Gleichungvom Inneren bis zur Flache Aa wo pa = p0 ist:

pd +

2u2

d = p0 +

2u2

a

⇒ pd = p0 +

2

(V

Aa

)2

,

womit sich zusammen mit (2) eine Bestimmungsgleichung fur V ergibt:

V =

√√√√√ 2G

(Ad

A2a

− 1Ae

) .

Aufgabe 9.1-14 Windkraftmaschine

Eine Windkraftmaschine wird mit konstanter Geschwindigkeit u1 angestromt. AlleFlussigkeitsteilchen innerhalb der skizzierten Stromrohre passieren das Windrad derAnlage, das mit der Winkelgeschwindigkeit Ω rotiert.

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9.1 Inkompressible Stromung 303

Die Stromung ist an den Stellen [1]und [4] ausgeglichen. Das Windradkann man idealisierend als flache Schei-be auffassen, durch welche die Flussig-keit stromt und dabei eine unsteti-ge Druckanderung erfahrt. Die vomWindrad erzeugte Umfangskompo-nente der Geschwindigkeit kann hierunberucksichtigt bleiben. Diese An-nahme ist bei der i. allg. angestrebtengroßen Schnellaufigkeit ΩD/2 u1 gerechtfertigt.

Die vertikale Tragersaule beeinflußt die Stromung konstanter Dichte nicht.

a) Bestimmen Sie die axiale Lagerkraft Faxial = Faxial(u1, u4, m).b) Berechnen Sie den Massenstrom m durch das Windrad und die mittlere Geschwin-

digkeit u, mit der das Rad durchstromt wird, in Abhangigkeit von u1 und u4.c) Berechnen Sie den optimalen außeren Wirkungsgrad η∗ einer idealen Windkraftan-

lage.d) Welche Leistung gibt die optimale Windkraftanlage mit einem Raddurchmesser von

D = 50m bei einer Windgeschwindigkeit von u1 = 10m/s und der Dichte =1, 225 kg/m3 von Luft ab? Wie groß ist dann die Lagerkraft?

Geg.: , u1, u4, D

Losung

a) Axiale Lagerkraft:

Zur Berechnung der axialen La-gerkraft wenden wir den Impuls-satz auf das skizzierte Kontrollvo-lumen an. Die Querschnittsflachendes Kontrollvolumens sind zeitlichunveranderlich. Auf der von denStromlinien gebildeten Flache SSL

gilt u · n = 0 und wir erhalten un-ter den Annahmen der Stromfaden-

theorie aus der Impulsgleichung (S. L. (9.41)) die Komponente in die eΩ–Richtung

− u21 A1 + u2

4A4 = p1 A1 − p4A4 +∫

SSL+SW

∫t · eΩ dS . (1)

Auf der Flache SSL konnen Reibungsspannungen vernachlassigt werden, dort giltt = −p0 n. Damit liegt auf der gesamten Kontrollflache S = A1 +A4 +SSL +SW derDruck p = p0 =const vor, so daß dieser keinen Beitrag zur Kraft auf das Windradliefert und null gesetzt werden kann. Das verbleibende Oberflachenintegral∫

SW

∫t · eΩ dS = −Faxial (2)

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304 9 Stromfadentheorie

auf der rechten Seite von (1) ist die Kraft der Schnittflache SW auf die Stromung,Faxial die Kraft der Stromung auf die Schnittflache in eΩ–Richtung also die gesuchteaxiale Lagerkraft.Mit (2) erhalten wir aus (1)

Faxial = (u21 A1 − u2

4A4)

bzw. mit dem Massenstrom m

Faxial = m (u1 − u4) . (3)

b) Massenstrom m und mittlere Geschwindigkeit u:

Verabredungsgemaß betrachten wir das Windrad als flacheScheibe, die mit der Geschwindigkeit u durchstromt wird (DerWellenquerschnitt ist klein gegenuber A = π/4D2). Wendenwir den Impulssatz in eΩ–Richtung fur das skizzierte Kontroll-volumen um diese Scheibe an, so erhalten wir

(p2 − p3)A = −∫

SWelle

∫t · eΩ dS = Faxial

bzw. mit (3)(p2 − p3)A = m (u1 − u4) . (4)

Aus der Bernoullischen Gleichung zwischen den Stellen [1] und [2] vor und [3] und[4] nach dem Windrad erhalten wir

p0 +

2u2

1 = p2 +

2u2

2 , (5)

p3 +

2u2

3 = p0 +

2u2

4 . (6)

Laßt man verabredungsgemaß die Umfangskomponente der Geschwindigkeit an derStelle [3] unberucksichtigt, so gilt u2 = u3 = u und aus (5) und (6) folgt

p3 − p2 =

2(u4 + u1) (u4 − u1) .

Setzen wir diese Gleichung in (4) ein, so ergibt sich der Massenstrom zu

m =

2A (u1 + u4) (7)

und mit m = Au die mittlere Geschwindigkeit zu

u =u1 + u4

2. (8)

c) Optimaler Wirkungsgrad η∗:Wurde das Windrad die Stromung nicht beeinflussen (der Querschnitt der Stromrohreist dann uberall gleich A), so stande der Windkraftmaschine die gesamte kinetische

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9.1 Inkompressible Stromung 305

Energie der Anstromung zur Verfugung, die pro Zeiteinheit uber die Flache A desWindrades fließt,

Pmoglich =∫(A)

2u · u (u · n) dA =

2u3

1A. (9)

Die Energie pro Zeiteinheit, die der Stromung entnommen wird ist

P = ∆p V = ∆pAu = Faxialu.

Damit erhalten wir den Wirkungsgrad mit (3) und (8)

η =P

Pmoglich=

1

2

[1 −

(u4

u1

)2] [

1 +u4

u1

](10)

als Funktion des Geschwindigkeitsverhaltnisses u4/u1. Zur Bestimmung des großt-moglichen Wirkungsgrades η∗ setzen wir die Ableitung dη/d(u4/u1) der Gleichung(10) zu null und erhalten

(u4

u1

)2

+2

3

u4

u1

− 1

3= 0 ,

mit den Losungen

u4

u1

= −1

√1

9+

3

9.

Wegen u1 > 0, u4 > 0 ist nur die positive Wurzel zulassig, und der großtmoglicheWirkungsgrad η∗ wird fur das Geschwindigkeitsverhaltnis

u4

u1=

1

3(11)

erreicht. Setzen wir dieses Verhaltnis in (10) ein, so erhalten wir η∗ = 0, 59. Beivollig verlustfrei arbeitenden Windkraftmaschinen ware also ein Wirkungsgrad vonfast 60% moglich.

d) Leistungsabgabe und Lagerkraft einer optimalen Windkraftanlage:

Leistungsabgabe:

P = η∗Pmoglich = 0, 59

2Au3

1 = 709, 61 kW .

Lagerkraft:

Faxial = m (u1 − u4) =

2A (u2

1 − u24) =

4

9 Au2

1 = 106, 9 kN .

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306 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.1-15 Vergleich verschiedener Geometrien einer Behalter-

abflußleitung

Rohr 1 Rohr 2

L [ m] 5 7,5d [ m] 0,1 0,125k/d 0,0002 0,0004

Aus einem großen Behalter soll Wasser uber ein Rohr in einen zweiten Behalter geleitetwerden, wobei der Volumenstrom V0 des ausfließenden Wassers moglichst groß sein soll.Es stehen zwei Rohre mit den oben angegebenen Daten zur Verfugung.

a) Welchem Rohr wurden Sie unter der Annahme daß die Stromung turbulent ist, denVorzug geben?

b) Bestimmen Sie das Verhaltnis des Volumenstromes des gunstigeren Rohres zu demVolumenstrom, der sich bei gleicher Rohrlange und Querschnittsflache aber1.) dreieckigem Rohr (gleichseitiges Dreieck)2.) quadratischem Rohreinstellt.

Geg.: h = 10m, ν = 10−6 m2/s, g = 9, 81m/s2

Losung

Wir wenden die Bernoullische Gleichung mit Verlusten fur eine Stromlinie von einemPunkt an der freien Oberflache des oberen Behalters zu einem Punkt im Austritts-querschnitt des Rohres an. An beiden Punkten herrscht der Umgebungsdruck p0, dieLosung ist daher von p0 unabhangig. Aufgrund der großen Behalteroberflache kann dieGeschwindigkeit des Punktes an der Behalteroberflache vernachlassigt werden. Die uberden Querschnitt gemittelte Geschwindigkeit U ist konstant:

g h− ∆pv =

2U

2. (1)

Der Druckverlust ∆pv wird mittels der Druckverlustzahl λ berechnet:

∆pv =

2U

2λL

d. (2)

Die Widerstandszahl ist fur turbulente Rohrstromung durch die Colebrookesche Wider-standsformel (S. L. (7.99))

1√λ

= 1, 74 − 2 lg

(2k

d+

18, 7

Re√λ

)(3)

als implizite Funktion der auf den Durchmesser bezogenen Rauhigkeitserhebung k/dund der Reynoldsschen Zahl Re = U d/ν gegeben. Aus (1) und (2) erhalten wir fur die

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9.1 Inkompressible Stromung 307

unbekannte Geschwindigkeit

U =

√2g h

1 + λL/d. (4)

Die Gleichungen (3), (4) und die Definition der Reynoldsschen Zahl bilden ein im-plizites Gleichungssystem zur Bestimmung der Unbekannten U , λ und Re. Wir losenes iterativ mittels des Newtonschen Verfahrens mit dem GeschwindigkeitsstartwertU =

√2g h = 14m/s. Es ist auch moglich mittels einer graphischen Darstellung der

Colebrookeschen Formel (S. L. Abb. 7.4) die Losung iterativ zu bestimmen.

a) Ergebnisse fur Rohr 1 und 2:

Rohr 1 Rohr 2

U/ (m/s) 10,64 9,95λ 0,0146 0,016Re 1, 1 ∗ 106 1, 2 ∗ 106

V0/ (m3/s) 0,084 0,122

Wir erkennen, daß der Volumenstrom V0 durch das Rohr 2 großer ist. Wir gebendaher dem Rohr 2 den Vorzug.

b) nichtkreisformiger Querschnitt:

1.) dreieckiges Rohr:Aus der Forderung gleicher Querschnittsflachen

ADreieck = ARohr 2 ⇐⇒ a2

√3

4=π

4d2

bestimmen wir die Seitenlange a des gleichseitigen Dreieckes zu

a = d

√π

31/4.

Der hydraulische Durchmesser ist

dh =4ADreieck

3a= 0, 097m .

Fur die auf dh bezogene Rauhigkeitserhebung erhalten wir

k

dh

=k

d

d

dh

= 0, 0004 ∗ 0, 125

0, 097= 0, 00052 .

Wir ersetzen in der Reynoldsschen Zahl in (3) und (4) d durch den hydraulischenDurchmesser dh. Die Losung der drei Gleichungen ist in der unten stehendenTabelle zusammengefaßt.

2.) quadratisches Rohr:Die Seitenlange a des quadratischen Rohres erhalten wir aus der Forderung glei-

cher Querschnittsflachen zu a = d√π/4. Der hydraulische Durchmesser ist gleich

der Seitenlange

dh = a = 0, 125 ∗√π/4 = 0, 111m

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308 9 Stromfadentheorie

und k/dh istk

dh= 0, 0004 ∗ 0, 125

0, 111= 0, 00045 .

Die mit diesen Werten berechnete Losung ist in der Tabelle

Dreieck Quadrat

U/ (m/s) 9,16 9,58λ 0,0174 0,017Re 0, 89 ∗ 106 1, 1 ∗ 106

V / (m3/s) 0,112 0,118

V0/V 1,089 1,033

zusammengefaßt.

Aufgabe 9.1-16 Schwingungsfahiges System bestehend aus

einem gefederten Kolben und einer Flussig-

keitssaule

Eine mit Flussigkeit der Dichte gefullte Rohrleitung mit veranderlichem QuerschnittA(s) ist an der Stelle [1] durch ein Ventil verschlossen.

Das Ventil kann durch einen Kolben (Masse m, Querschnittsflache A1) mit anschließen-der Feder (Federsteifigkeit c) dargestellt werden.

In der skizzierten Ruhelage ist der Abstand des Flussigkeitsspiegels von der waagrechtenRohrachse gleich h0 und die mittlere Stromlinie hat die Lange l0.

a) Bestimmen Sie die Strecke a, um die der Kolben durch die eingefullte Flussigkeitzuruckgeschoben wurde.

b) Unter Vernachlassigung der Reibung zwischen Kolben und Rohr, sowie zwischenFlussigkeit und Rohr, entwickle man die Differentialgleichung zur Beschreibung der

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9.1 Inkompressible Stromung 309

Kolbenbewegung um die Ruhelage unter der Voraussetzung, daß die QuerschnitteA1 und A0 uber dem Schwingungsweg konstant sind.

Hinweis: Das bestimmte Integral L =

l0∫0

A1/A(s) ds sei bekannt.

c) Geben Sie die Losung der Differentialgleichung an, wenn zur Zeit t = 0 der Kolbenin die Position, die er vor dem Fullen hatte, ausgelenkt ist und die Geschwindigkeitnull ist. Fur die Querschnittsflachen soll dann A1 = A0 gelten.

Geg.: m, c, , A1, A0, L, h0, l0, g

Losung

a) Strecke a:Wird das Rohr bis zur Fullstandshohe h0 mit Flussigkeit gefullt, so verschiebt sichder Kolben um die Strecke a in die statische Ruhelage.Die Kraft der Feder auf den Kolben ist a cex, die der Flussigkeit − g h0A1 ex. DerUmgebungsdruck p0 liefert keinen Beitrag zur Kraft. Die Summe der am Kolbenangreifenden Krafte muß verschwinden

a cex − g h0A1 ex = 0

und wir erhalten die Strecke a zu

a = g h0A1

c. (1)

b) Differentialgleichung des Schwingungssystems:

Zur Beschreibung der Bewegung des Kolbens verwenden wir ein x–Koordinatensystemdessen Ursprung mit der statischen Ruhelage zusammenfallt.Ist p1 der Druck auf die rechte Kolbenflache (Stelle [1]), so lautet die Bewegungs-gleichung fur den Kolben

mx = −(x− a) c− (p1 − p0)A1 . (2)

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310 9 Stromfadentheorie

Den Druck p1 ermitteln wir mit der instationaren Bernoullischen Gleichung langsder mittleren Stromlinie von [1] nach [2] (siehe Skizze):

[2]∫[1]

∂u

∂tds+

2u2

2 + p0 + g (h0 + h) = p1 +

2u2

1 . (3)

Die Dichte der Flussigkeit ist konstant, wir konnen aufgrund der Kontinuitatsglei-chung u2 und h in (3) durch

u2 = u1A1

A0, h = x

A1

A0

ersetzen und gelangen zu

p1 − p0 =

[2]∫[1]

∂u

∂tds+

2u2

1

[(A1

A0

)2

− 1

]+ g

[h0 +

A1

A0x]. (4)

Zur Auswertung des Integrals teilen wir den Integrationsweg auf und schreiben dasIntegral in der Form

[2]∫[1]

∂u

∂tds =

l0∫x

∂u

∂tds+

l0 + h∫l0

∂u

∂tds

=

l0∫0

∂u

∂tds+

l0 + h∫l0

∂u

∂tds−

x∫0

∂u

∂tds . (5)

Mit der Voraussetzung, daß die QuerschnitteA1 undA0 uber den Schwingungswegenx(t), h(t) konstant sind, ersetzen wir den Integranden uber die Kontinuitatsgleichungu1(t)A1 = u(s, t)A(s) durch ∂u/∂t = ∂u1/∂tA1/A(s) . Schreiben wir noch fur dieKolbengeschwindigkeit u1 = x und deren Ableitung ∂u1/∂t = x, so folgt aus (5)zunachst

[2]∫[1]

∂u

∂tds = x

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩l0∫

0

A1

A(s)ds+

l0 + h∫l0

A1

A0ds−

x∫0

ds

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭= x

L + x

[(A1

A0

)2

− 1

]

und damit aus Gleichung (4)

p1 − p0 = x

L+ x

[(A1

A0

)2

− 1

]+

2x2

[(A1

A0

)2

− 1

]+ g

[h0 +

A1

A0

x]. (6)

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9.1 Inkompressible Stromung 311

Setzen wir (6) in Gleichung (2) ein und berucksichtigen (1), so werden wir aufeine nichtlineare Differentialgleichung von 2. Ordnung fur die Kolbenbewegung x(t)gefuhrt:

m

A1+ L +

[(A1

A0

)2

− 1

]x

x

+

2

[(A1

A0

)2

− 1

]x2 +

( g

A1

A0+

c

A1

)x = 0 . (7)

c) A1 = A0:In diesem Sonderfall geht (7) in eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung uber(

m

A1

+ L)x+

(c

A1

+ g)x = 0 , (8)

mit den Anfangsbedingungen

t = 0 : x = a und x = 0 . (9)

Der Losungsansatz x(t) = eiλ t fuhrt zu

λ1 =

√c+ A1 g

m+ A1 L=: ω und λ2 = −ω .

Die allgemeine Losung von (8) lautet mit den komplexen Konstanten C1, C2

x(t) = C1 eiω t + C2 e−i ω t . (10)

Mit e±iω t = cos(ω t)± i sin(ω t) erhalten wir fur den Realteil von (10)

x(t) = A cos(ω t) +B sin(ω t) .

Die nun reellen Konstanten A und B sind durch die Anfangsbedingungen (9) fest-gelegt:

A = a = g h0A1

cund B = 0 .

Die Kolbenbewegung wird beschrieben durch

x(t) = g h0A1

ccos(ω t) .

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312 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.1-17 Instationare Stromung in einem zusammen-

gequetschten Rohr

Die Wande eines flexiblen Rohres wer-den zusammengequetscht, so daß anbeiden offenen Seiten die darin befindli-che inkompressible Flussigkeit verlust-frei austreten kann.

a) Berechnen Sie den Geschwindigkeitsverlauf u(x, t) im Rohr mit Hilfe der Konti-nuitatsgleichung.

b) Bestimmen Sie die Druckdifferenz ∆p = p1 − p2 auf der mittleren Stromlinie.c) Skizzieren Sie den zeitlichen Verlauf der Querschnittsflache, der Austrittsgeschwin-

digkeit und der Druckdifferenz p1 − p2 fur die Falle:1.) A(τ ) = A0 (1 − τ ) und2.) A(τ ) = A0 cos(τ π/2)in dem Bereich 0 ≤ τ ≤ 1, mit der dimensionslosen Zeit τ = t/t∗ (t∗ ist die Zeit, dieverstreicht, bis das Rohr die Querschnittsflache null hat).

Geg.: , A(t), l, p0, t∗

Losung

a) u(x, t):Die Querschnittsflache A ist nur eine Funktion der Zeit. Fur diesen Fall lautet dieKontinuitatsgleichung (S. L. (9.8)) ausgewertet fur eine Stromlinie von −x nach x:

x∫−x

dA

dtdx− (−u)A+ uA = 0 . (1)

Dabei haben wir die Symmetrie des Problems ausgenutzt, aufgrund derer dieStromungsgeschwindigkeit bei −x gleich dem Negativen der Geschwindigkeit beix ist. Gleichung (1) aufgelost nach u fuhrt zu

u(x, t) = − 1

A

dA

dtx . (2)

b) p1 − p2:Zur Bestimmung der Druckdifferenz werten wir die Bernoullische Gleichung fur diemittlere Stromlinie von [1] nach [2] aus:

p1 +

2u2

1 =

[2]∫[1]

∂u

∂tds + p2 +

2u2

2 . (3)

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9.1 Inkompressible Stromung 313

Am Punkt [2] herrscht Umgebungsdruck p0. Aufgrund der Symmetrie des Problemsverschwindet die Geschwindigkeit am Punkt [1] (Staupunkt). Aus (2) ergibt sich

u2 = − 1

A

dA

dt

l

2und

∂u

∂t=

⎡⎣( 1

A

dA

dt

)2

− 1

A

d2A

dt2

⎤⎦ x .

Damit wird (3) zu

∆p = p1 − p0 =

l/2∫0

∂u

∂tdx+

2u2

2

=1

8l2

⎡⎣2

(1

A

dA

dt

)2

− 1

A

d2A

dt2

⎤⎦ . (4)

c) Zeitliche Verlaufe von A, u2 und ∆p:Wir werten die Gleichungen (2) und (4) fur die im Aufgabenteil c) gegebenen Quer-schnittsverlaufe aus:Fur die zeitliche Differentiation von A gilt:

dA

dt=

dA

dt=

dA

1

t∗und

d2A

dt2=

d2A

dτ 2

1

(t∗)2.

1.) Lineare Querschnittsabnahme:Die auf die Ausgangsflache A0 bezogene Querschnittsflache ist als Funktion der Zeitgegeben

A

A0= 1 − τ .

Daraus folgt1

A

dA

dt=

−1

1 − τ

1

t∗

und1

A

d2A

dt2= 0 .

Die Austrittsgeschwindigkeit (2) ist

u2 =1

1 − τ

l

2 t∗

oderu2

u∗=

1

1 − τ,

mit der Bezugsgeschwindigkeit u∗ = l/(2 t∗).

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314 9 Stromfadentheorie

Die Druckdifferenz (4) ist

∆p =

2

(l

2 t∗

)22

(1 − τ )2

oder∆p

p∗=

2

(1 − τ )2

mit dem Bezugsdruck p∗ = /2 [l/(2 t∗)]2.In der nebenstehenden Abbildung ist der zeit-liche Verlauf von A/A0, u2/u

∗ und ∆p/p∗

skizziert.

2.) Harmonische Querschnittsabnahme:Die auf die Ausgangsflache A0 bezogene Querschnittsflache ist

A

A0= cos

2τ).

Daraus folgt1

A

dA

dt= −π

2tan

2τ)

1

t∗

und1

A

d2A

dt2= −

2

)2 (1

t∗

)2

.

Wir erhalten fur die auf u∗ = l/(2 t∗) bezogene Austrittsgeschwindigkeit

u2

u∗=π

2tan

2τ)

und fur die auf p∗ = /2 [l/(2 t∗)]2 bezogene Druckdifferenz (4)

∆p

p∗=

2

)2

[2 tan2(π

2τ)

+ 1] .

In der nebenstehenden Abbildung ist der zeit-liche Verlauf von A/A0, u2/u

∗ und ∆p/p∗

skizziert.

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9.1 Inkompressible Stromung 315

Aufgabe 9.1-18 Kolbenpumpe

Nebenstehend skizzierte Kolbenpumpe, derencharakteristische Abmessungen klein sein sol-len gegenuber den Hohen HA und HE , fordertverlustfrei inkompressible Flussigkeit (Dichte )durch eine Rohrleitung (Querschnitt A, LangenLE und LA). Die Kolbengeschwindigkeit uK istdurch Geometrie (Kurbelradius r, Pleuellange l)und durch die Winkelgeschwindigkeit ω vorgege-ben:

uK(t) = ω r[sin(ω t) +

1

2

r

lsin(2ω t)

].

a) Geben Sie den zeitlichen Verlauf der Eintrittsgeschwindigkeit uE und der Austritts-geschwindigkeit uA wahrend eines Arbeitstaktes an.

b) Welcher Druck p2(t) herrscht an der Stelle [2] unmittelbar oberhalb des Ventils ander Druckseite der Pumpe?

c) Welcher Druck p1(t) herrscht an der Stelle [1] unmittelbar unterhalb des Ventils ander Saugseite?

d) Wie groß darf HE fur den Fall, daß AK/A ∗ r/Le 1 ist, maximal sein, damit ander Stelle [1] der Dampfdruck pD nicht unterschritten wird?

Geg.: , ω, l, r, LA, LE , HA, HE , A, AK, pD, p0, g

Losung

Zur Berechnung der Geschwindigkeiten und Drucke ist eine Fallunterscheidung notwen-dig. Die Kolbenpumpe hat 2 Arbeitstakte:

Beim Entleeren des Hubraumes ist dasobere Ventil geoffnet und das unteregeschlossen. Die KolbengeschwindigkeituK ist positiv und der von der Kur-bel uberstrichene Winkelbereich ist 0 ≤ω t ≤ π (siehe Skizze).

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316 9 Stromfadentheorie

Beim Fullen des Hubraumes ist das un-tere Ventil geoffnet und das obere ge-schlossen. Die Kolbengeschwindigkeit istnegativ und der von der Kurbel uberstri-chene Winkelbereich ist π < ω t < 2π(siehe Skizze).

a) uA(t) und uE(t):Entleeren, d. h. 0 ≤ ω t ≤ π:Da das untere Ventil geschlossen ist, ist uE(t) ≡ 0 und aus der Kontinuitatsgleichungfolgt fur uA

uA(t) =AK

AuK(t) = u0 [sin(ω t) + λ sin(2ω t)] (1)

mit u0 = ω r (AK/A) und λ = 1/2 (r/l).

Fullen, d. h. π ≤ ω t ≤ 2π:Es gilt:

uA(t) ≡ 0 und uE(t) = −u0 [sin(ω t) + λ sin(2ω t)] . (2)

b) Druck an der Stelle [2]:Zur Bestimmung des Druckes benutzen wir die Bernoullische Gleichung von [2] zueinem Punkt [A] im Austrittsquerschnitt:

p2(t) +

2u2

2 = p0 +

2uA(t)2 + g HA +

[A]∫[2]

∂u

∂tds (3)

mit

[A]∫[2]

∂u

∂tds = LA

duA

dt,

da der Rohrquerschnitt konstant A ist und daher die Stromungsgeschwindigkeit indem Bereich zwischen [2] und dem Austrittsquerschnitt gleich uA(t) ist. Also istauch u2 = uA und wir erhalten aus (3)

p2(t) = p0 + g HA + LAduA

dt. (4)

Die Fallunterscheidung fuhrt zu:Entleeren, d. h. 0 ≤ ω t ≤ π:

p2(t) = p0 + g HA + LA u0 ω [cos(ω t) + 2λ cos(2ω t)] .

Fullen, d. h. π ≤ ω t ≤ 2π:

p2(t) = p0 + g HA .

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9.1 Inkompressible Stromung 317

c) Druck an der Stelle [1]:Die Bernoullische Gleichung von einem Punkt [0] auf der freien Flussigkeitsober-flache, mit u0 = 0, zu dem Punkt [1], mit u1 = uE ergibt

p0 = p1(t) +

2uE(t)2 + gHE +

[1]∫[0]

∂u

∂tds (5)

mit

[1]∫[0]

∂u

∂tds = LE

duE

dt.

Fur den Druck erhalten wir aus (5)

p1(t) = p0 − g HE −

2uE(t)2 − LE

duE

dt. (6)

Einsetzen der im Aufgabenteil a) berechneten Eintrittsgeschwindigkeit fuhrt zu:

Entleeren, d. h. 0 ≤ ω t ≤ π:

p1(t) = p0 − g HE .

Fullen, d. h. π ≤ ω t ≤ 2π:

p1(t) = p0 − g HE −

2u2

0 [sin(ω t) + λ sin(2ω t)]2 +

+ LE u0 ω [cos(ω t) + 2λ cos(2ω t)] . (7)

Die Differenz von Gesamtdruck und hydrostatischem Druck an der Stelle [1], ∆p1 =p1 − (p0 − g HE), folgt aus (7) fur π ≤ ω t ≤ 2π zu

∆p1(t)

u0 LE ω= f1(t)− 1

2

AK

A

r

LE

f2(t) (8)

mit den harmonischen Funktionen

f1(t) = cos(ω t) + 2λ cos(2ω t) und f2(t) = [sin(ω t) + λ sin(2ω t)]2 .

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318 9 Stromfadentheorie

Die Verlaufe von (8) und den Funk-tionen f1 und f2 sind fur AK/A ∗r/LE = 1/2 uber ω t in der neben-stehenden Abbildung dargestellt.Fur 0 < ω t < π (Entleeren) stelltman keinen dynamischen Druck ander Stelle [1] fest.Kolbenpumpen werden z. B. zur For-derung von Flussigkeiten aus einemErdbohrloch verwendet. Im allgemei-nen ist in diesen Fallen r LE , wo-mit der zweite Term der rechten Seitevon (8) vernachlassigt werden kann.

d) Bestimmen von HEmax fur AK/A ∗ r/LE 1:Man erkennt an dem in der Abbildung von Teil c) dargestellten Druckverlauf, daßzur Zeit t = π/ω bei der vorausgesetzten Geometrieannahme p1 minimal wird:

p1min = p1(ω t = π) = p0 − g HE − u0 LE ω (1 − 2λ) .

Dieser Druck soll großer sein als der Dampfdruck pD. Wir erhalten mit dieser Beding-ung eine Ungleichung fur die Hohe HE und die gesuchte maximale Forderhohe:

HE ≤ HEmax =p0 − pD

g− u0 LE ω

g(1 − 2λ) .

Aufgabe 9.1-19 Stromung in einer Ureterprothese

In einem elastischen Schlauch bewegt sich eine Flussigkeitsblase (Dichte ) mit kon-stanter Geschwindigkeit u0 auf ein mit gleicher Flussigkeit gefulltes, starres Rohr zu.

Die Blase hat die Lange l und den Querschnitt A(x) = A0 (x/l) (1 − x/l) , mit der zurBlase ortsfesten Koordinate x. Es kann angenommen werden, daß der Querschnitts-verlauf erhalten bleibt, auch wenn die Blase das Rohr erreicht (unstetiger Ubergangvom Blasenquerschnitt zum Rohrquerschnitt an der Stelle x′ = 0) und der Schlauch-querschnitt an den Stellen, an denen sich die Blase nicht befindet, naherungsweise nullist.

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9.1 Inkompressible Stromung 319

Das Rohr hat die Lange L und den konstanten Querschnitt AR.

Geben Sie den zeitlichen Druckverlauf p(x′ = 0, t) an, wenn die Blase zur Zeit t = 0das Rohr erreicht und der Druck p(x′ = L, t) zu allen Zeiten konstant ist.

Geg.: , u0, l, L, AR, A0, p(x′ = L)

Losung

Das Flussigkeitsvolumen bewegt sich mit u0 =const auf das feste Rohr zu und erreichtdie Stelle x′ = 0 zur Zeit t = 0. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Geschwindigkeit imRohr null und der Druck konstant gleich dem Druck an der Stelle x′ = L. Ab diesemZeitpunkt andern sich die Stromungsgroßen im Rohr und nur diesen Zeitbereich wollenwir betrachten. Wir fuhren die Transformation x = x′ + (l − u0 t

′), t = t′ ein. In demZeitbereich 0 ≤ t′ ≤ l/u0 hat die Blase an der Stelle x′ = 0 den Querschnitt

A(t′) = A0t′ u0

l

(1 − t′ u0

l

). (1)

Damit folgt aus der Kontinuitatsgleichung fur die Geschwindigkeit im Rohr

u(t′) = u0A(t′)AR

= u0A0

ARt′u0

l

(1 − t′

u0

l

). (2)

Die instationare Bernoullische Gleichung von x′ = 0 nach x′ = L lautet

p(x′ = 0, t′) +

2u(t′)2 = p(x′ = L) +

2u(t′)2 +

L∫0

∂u

∂tds ,

mit

L∫0

∂u

∂tds =

du

dt′L .

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320 9 Stromfadentheorie

Mit (2) fuhrt dies zu

p(x′ = 0, t′) = p(x′ = L) + u20

L

l

A0

AR

(1 − 2 t′

u0

l

).

Die Druckdifferenz ∆p(t′) = p(x′ = 0, t′) − p(x′ = L) ist

∆p(t′) =

⎧⎪⎨⎪⎩0 : t′ < 0

∆pmax [1 − 2u0 t′/l] : 0 ≤ t′ ≤ l/u0

0 : t′ > l/u0

,

mit ∆pmax = u20 L/l ∗ A0/AR.

∆p ist in der nebenstehenden Abbildung uber t′ aufge-tragen.

9.2 Stationare kompressible Stromung

Aufgabe 9.2-1 Kraft auf ebene Platte

Aus einem großen Behalter [1] stromt Luft (als ideales Gas zu betrachten) durch einRohr mit dem Rechteckquerschnitt b ∗ H, in welches eine angespitzte, ebene Platte(Querschnitt b ∗H/2) hineinragt, in die Atmosphare aus.

Die Plattenhalterung ist weitvom Punkt [3] entfernt befe-stigt. Die Stromung zwischen[1] und [3] sei isentrop und dasDruckverhaltnis p1/p0 = 4.

a) Wie groß ist die Austrittsgeschwindigkeit u3 des Gases und welcher Druck p3 herrschtdort?

b) Man ermittle p2, u2 und M2.c) Welche Kraft in x–Richtung ubt die Stromung auf die Platte aus?

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9.2 Stationare kompressible Stromung 321

d) Man zeichne die Verlaufe M(x/l), p(x/l) und u(x/l). (Hinweis: Man wahle einigePunkte, beispielsweise x/l = 1/4, 1/2, 3/4, und arbeite dann mit der Tabelle imAnhang C der S. L.)

Geg.: p1 = 4 bar, T1 = 300 K, γ = 1, 4, R = 287 J/(kgK)

Losung

a) u3 und p3:Das Druckverhaltnis Kesseldruck/Atmospharendruck ist uberkritisch

p1

p0= 4 .

Die Machzahl am Austritt ist daher

M3 = 1 ,

das Druckverhaltnis also kritisch:

p3

p1=

p∗

pt=

(2

γ + 1

) γγ−1

= 0, 528

⇒ p3 = 0, 528 ∗ 4 bar = 2, 112 bar .

Die Schallgeschwindigkeit am Austritt (Austrittsgeschwindigkeit) ist

a3

a1=

a∗

at=

√2

γ + 1= 0, 913 ,

a1 = at =√γ RT1 = 347 m/s

⇒ u3 = a3 = 0, 913 ∗ at = 317 m/s .

b) Stromungsgroßen an der Stelle [2]:Der kritische Querschnitt ist an der Stelle [3], da dort die Machzahl eins ist:

A∗ = A3 =1

2bH

und daher gilt fur die Stelle [2]

A∗

A2=A3

A2=

1

2.

Mit diesen Daten lesen wir aus der gasdynamischen Tabelle (Unterschallbereich !)die Großen

M2 = 0, 306 ,

p2

pt

= 0, 937

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322 9 Stromfadentheorie

ab und daherp2 = 0, 937 p1 = 3, 748 bar .

Weitera2

at= 0, 991

und dahera2 = 0, 991a1 = 344 m/s .

Die Stromungsgeschwindigkeit ist mit

u2 = M2 a2 = 105 m/s

gegeben.c) Kraft auf die Platte:

Der Impulssatz lautet furdie stationare Stromung imRahmen der Stromfadentheo-rie:

− 2 u22A2 τ2 + 3 u

23A3 τ3 = p2 A2 τ2 − p3A3 τ3 − F .

Da τ1 = τ2 = ex, ist Fx die einzig nicht verschwindende Komponente der KraftF auf die benetzten Wande. Auf den Kanalwanden steht t = −pn senkrecht aufex, so daß Fx die Kraftkomponente auf die Platte ist. Wir erhalten durch skalareMultiplikation mit ex:

Fx = 2 u22A2 − 3 u

23A3 + p2 A2 − p3A3

bzw. mit u2 = M2 a2 = M2 γ p/ = γM2 p

Fx =1

2bH

[2γ M2

2 p2 − γM23 p3 + 2 p2 − p3

]

⇒ Fx

p212bH

=

[2

(γM2

2 + 1)− p3

p2

(γM2

3 + 1)]

,

mit p3/p2 = 2, 112/3, 748 = 0, 5635 also

Fx

p212bH

= 0, 9098 .

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9.2 Stationare kompressible Stromung 323

d) Verlaufe M(x/l), p(x/l), u(x/l)

x/l A∗/A M p/pt a/at u/at = M a/at

0 0,500 0,31 0,94 0,991 0,3070,25 0,571 0,36 0,915 0,987 0,3550,50 0,667 0,43 0,88 0,982 0,4220,75 0,800 0,56 0,81 0,971 0,5341 1 1 0,53 0,913 0,913

(mit pt = p1 = 4 bar, at = a1 = 347 m/s)

Alle drei Verlaufe wer-den bei bekanntem Ver-lauf von

A∗A(x/l)

=1

2 − xl

der gasdynamischen Ta-belle entnommen und sindim Graphen dargestellt.

Aufgabe 9.2-2 Kanalstromung zwischen zwei Behaltern mit

Warmezufuhr

Aus einem großen Behalter (pt1 ,Tt1) stromt stationar und isen-trop Luft. An der Stelle [2] sindp2 und T2 bekannt. Im Kanalzwischen [2] und [3] (QuerschnittA) wird gerade soviel Warmezugefuhrt, daß die Temperaturbei [3] doppelt so hoch ist wie

die bei [2]. Anschließend stromt die Luft in einen zweiten großen Behalter (p4). DieLuft kann als thermisch und kalorisch ideales Gas angesehen werden. Die Machzahl istuberall kleiner als 1.

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324 9 Stromfadentheorie

a) Wie groß sind Geschwindigkeit, Dichte und Massenstrom an der Stelle [2]?b) Man berechne die Zustandsgroßen bei [3] und die zugefuhrte Warmemenge pro Zeit-

einheit.c) Man bestimme die Ruhetemperatur Tt4 und das Dichteverhaltnis t1/ 4.

Geg.: γ, R, cp, pt1 , Tt1, p2, T2, T3, A, p4

Losung

a) Großen an der Stelle [2]:Die Ausflußgeschwindigkeit aus einem großen Behalter berechnet sich nach der Glei-chung von Saint-Venant-Wantzel (S. L. (9.88))

u2 =

√√√√√ 2γ

γ − 1

p1

1

⎡⎣1 −(p2

p1

) γ−1γ

⎤⎦mit p1 = pt1 und 1 = t1 = pt1/(RTt1) zu

u2 =

√√√√√ 2γ

γ − 1RTt1

⎡⎣1 −(p2

pt1

) γ−1γ

⎤⎦ . (1)

Die Dichte 2 ergibt sich aus der thermischen Zustandsgleichung

2 =p2

RT2,

der Massenstrom aus m = 2 u2A2 zu

m = A

√√√√√ 2γ

γ − 1

Tt1 p22

RT 22

⎡⎣1 −(p2

pt1

)γ−1γ

⎤⎦ . (2)

b) Großen an der Stelle [3] und Q:Der Druck im austretenden Unterschallstrahl ist gleich dem Umgebungsdruck (hierp4)

⇒ p3 = p4 ,

aus der thermischen Zustandsgleichung folgt dann

3 =p3

RT3=

p4

R 2T2,

die Kontinuitatsgleichung liefert u3:

3 u3A3 = 2 u2A2 (mit A2 = A3 = A)

⇒ u3 = u2 2

3= u2

p2

RT2

R 2T2

p4

⇒ u3 = u22 p2

p4

. (3)

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9.2 Stationare kompressible Stromung 325

Der Warmestrom Q bestimmt sich aus dem Energiesatz zwischen [1] und [3]

h1 +1

2u2

1 +Q

m= h3 +

1

2u2

3

fur kalorisch perfektes Gas (h = cp T ) zu

Q = m[cp (T3 − Tt1) +

1

2u2

3

]oder mit u3 aus (3) und mit T3 = 2T2 zu

Q = m

⎡⎣cp (2T2 − Tt1) +1

2u2

2

(2 p2

p4

)2⎤⎦ ,

wobei m und u2 aus (2) und (1) folgen.c) Ruhetemperatur Tt4 und Dichte t4:

Mit der Energiegleichung von [1] nach [4] ergibt sich

ht1 +Q

m= h4 mit h = cp T ,

woraus folgt

Tt4 = Tt1 +Q

cp m.

Aus der Ruhetemperatur und dem Druck berechnet sich die Dichte zu

4 =p4

RTt4=

pt1

RTt1

pt4

pt1

Tt1

Tt4

⇒ t1

4=pt1

p4

Tt4

Tt1

=pt1

p4

(1 +

Q

cp Tt1 m

).

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326 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.2-3 Senkrechter Verdichtungsstoß innerhalb einer

Leitradstufe

In einer Dampfturbine steht bei Teillastbetriebein senkrechter Verdichtungsstoß innerhalb ei-ner Leitradstufe (siehe Skizze). Am Punkt [1]unmittelbar vor dem Stoß ist die MachzahlM1 = 2, 0, der Druck p1 = 1 bar und dasspezifische Volumen v1 = 2, 0m3/kg bekannt.Wasserdampf ist ein reales Gas, dessen Zu-standsgroßen aus dem Mollier–Diagramm amEnde der Aufgabe entnommen werden mus-sen.

a) Man bestimme mit Hilfe des Mollier–Diagramms die Temperatur T1, die Enthalpieh1 und die Entropie s1 an der Stelle [1].

b) Man ermittle mit dem h–s–Diagramm die Schallgeschwindigkeit a1 und die Ge-schwindigkeit u1 unmittelbar vor dem Verdichtungsstoß.

c) Man gebe eine Iterationsvorschrift zur Bestimmung des Druckes p2, der Enthalpieh2 und des spezifischen Volumens v2 hinter dem Verdichtungsstoß an. Mit demStartwert v2/v1 = 1/6 fuhre man drei Iterationsschritte durch.

d) Man zeichne den Zustand [2] unmittelbar hinter dem Stoß in das Mollier–Diagrammein und ermittle die Entropie s2 und die Temperatur T2.

e) Wie groß ist die Stromungsgeschwindigkeit u2 hinter dem senkrechten Verdichtungs-stoß?

Geg.: M1, p1, v1, Mollier–Diagramm

Losung

a) Zustandsgroßen vor dem Stoß:Mit p1 = 1 bar, v1 = 2m3/kg entnimmt man dem Mollier–Diagramm (Schnittpunktder Isobaren p1 = 1 bar mit der Isochoren v = 2m3/kg)

T1 ≈ 170 C ,

h1 ≈ 2818 kJ/kg ,

s1 ≈ 7, 7 kJ/(kgK) .

b) Schall- und Stromungsgeschwindigkeit vor dem Stoß:Wir bestimmen die Schallgeschwindigkeit aus der Definitionsgleichung

a2 =

(∂p

)s=const

.

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9.2 Stationare kompressible Stromung 327

p [bar] v [m3/kg] = 1/v [kg/m3]

0,5 3,70 0,271,0 2,00 0,502,0 1,25 0,802,6 1,00 1,003,0 0,92 1,09

Wir notieren aus dem h-s-DiagrammWertepaare von p und langs der Isen-tropen durch Punkt [1] (s=7,7 kJ/(kgK)).Tragt man nun p( ) bei s = const auf,so erhalt man die entsprechende Kur-ve. Die Steigung der Tangente an denPunkt [1] entspricht (∂p/∂ )s=const =a2

1.

⇒ a21 =

(∂p

)s1

=2, 7

1, 1 − 0, 13

105 Nm2

kgm3

≈ 278 000m2

s2

⇒ a1 = 527m

s.

Damit ist die Geschwindigkeit

u1 = M1 a1 = 2a1 = 1054m

s.

c) Bestimmung des Zustandes nach dem Stoß:Zur Bestimmung des thermodynamischen Zustandes nach dem Stoß stehen die Glei-chungen

(Impuls) p2 = p1 +u2

1

v1

(1 − v2

v1

), (1)

(Energie) h2 = h1 +u2

1

2

(1 −

(v2

v1

)2)

(2)

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328 9 Stromfadentheorie

zur Verfugung. Dies sind zwei Gleichungen fur die gesuchten Zustandsgroßen p2, h2

und v2. Die fehlende dritte Beziehung liegt in Form des Mollier–Diagramms vor:

v2 = v2(p2, h2) .

Die Bestimmung der Zustandsgroßen kann nun iterativ erfolgen. Der Iterationsab-lauf sieht wie folgt aus:

Startwert (v2/v1) schatzen

p2 und h2 aus (1) und (2)

v2 aus Mollier–Diagramm (v2 = v2(p2, h2))

Berechnung von v2/v1

ja

Ist v2/v1 anders als das alte?|(v2/v1)neu − (v2/v1)alt| > ε

nein

Ende

Einsetzen der Zahlenwerte von u1, v1, p1, h1 in (1) und (2) liefert

p2 =1 + 5, 5546

(1 − v2

v1

)bar ,

h2 =

2818 + 555, 46

(1 −

(v2

v1

)2)

kJ

kg.

Der Iterationsgang liefert dann mit dem Startwert v2/v1 = 1/6 (dies ware bei zwei-atomigem, idealem Gas das maximale Verdichtungsverhaltnis) die folgenden Zah-lenwerte:

Iterations- v2/v1 p2 aus (1) h2 aus (2) v2 = v2(p2, h2)schritt [bar] [kJ/kg] [m3/kg]

0 1/6 5,63 3358 0,681 0,34 4,67 3309 0,722 0,36 4,55 3301 0,75

3 0,375 4,47 3295 0,76

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9.2 Stationare kompressible Stromung 329

d) Zustand [2] im Mollier-Diagramm:Man liest ab

s2 ≈ 7, 9 kJ/(kgK) und T2 ≈ 415 C .

e) Stromungsgeschwindigkeit hinter dem StoßAus der Kontinuitatsgleichung folgt

1 u1 = 2 u2 ⇒ u2 = u1v2

v1= 1054 ∗ 0, 76

2, 0

m

s= 400, 5

m

s.

Mollier–Diagramm fur Wasserdampf:

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330 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.2-4 Mit Uberschall angestromter stumpfer Korper

Ein symmetrischer Korper mit stump-fer Vorderkante wird mit idealem Gas(γ) vom Druck p∞ unter der MachzahlM∞ > 1 angestromt.

Welcher Druck und welche Temperaturherrschen im Staupunkt des Korpers,wenn die Stromung bis auf den Verdich-tungsstoß isentrop ist?

Geg.: γ, M∞, p∞, T∞

Losung

Die Teilchen auf der Staustromlinie (= Sym-metrielinie) durchlaufen aus Symmetriegrun-den einen senkrechten Verdichtungsstoß, sodaß der Zustand [2] aus dem Zustand [1] mitHilfe der Beziehungen fur den senkrechtenVerdichtungsstoß berechnet werden kann. Daweiterhin bis zur Stoßfront die ungestorte An-stromung vorliegt, entspricht der Zustand [1]unmittelbar vor dem Stoß dem Anstromungs-zustand. Aus den Beziehungen fur den senkrechten Verdichtungsstoß folgt also (S. L.(9.137), (9.141))

p2

p1=

p2

p∞= 1 + 2

γ

γ + 1(M2

∞ − 1) , (1)

M22 =

γ + 1 + (γ − 1) (M2∞ − 1)

γ + 1 + 2γ (M2∞ − 1). (2)

Der Druck am Staupunkt (M = 0) ist der Totaldruck, so daß zwischen p2 und ps dieaus der Bernoulli-Gleichung resultierende Beziehung (S. L. (9.94))

ps

p2=pt

p2=

[γ − 1

2M2

2 + 1] γ

γ−1

gilt, also mit M22 aus (2) und p2/p∞ aus (1)

ps

p∞=ps

p2

p2

p∞=

[γ − 1

2

γ + 1 + (γ − 1) (M2∞ − 1)

γ + 1 + 2γ (M2∞ − 1)+ 1

] γγ−1

(1 +

γ + 1(M2

∞ − 1)

)

⇒ ps

p∞=

[γ + 1

2M2

] γγ−1

[1 +

γ + 1(M2

∞ − 1)

]− 1γ−1

.

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9.2 Stationare kompressible Stromung 331

Die Staupunkttemperatur laßt sich aus der Energiegleichung langs der Staustromlinieberechnen. Die Ruheenthalpie andert sich durch den Stoß nicht:

hs = ht = h∞ +1

2u2∞

⇒ cp Ts = cp T∞ +1

2M2

∞ γRT∞

mit(γ R

cp= γ − 1

)

⇒ Ts

T∞= 1 +

γ − 1

2M2

∞ .

Die qualitativen Verlaufe von T und p langsder Staustromlinie sind der Skizze links zuentnehmen.Die Verlaufe von ps/p∞, Ts/T∞ sind im un-tenstehenden Diagramm uber M∞ aufge-tragen.

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332 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.2-5 Stromung durch eine Lavalduse mit Stoß

Aus einem großen Behalter mit demRuhedruck pt = 2 bar und der Ruhe-temperatur Tt = 500K stromt idealesGas (γ = 1, 4) durch eine Lavalduse(engster Querschnitt Ae) und ein Rohrkonstanten Querschnitts (A3 = 5Ae)in einen zweiten großen Kessel. Im divergenten Teil der Lavalduse steht im QuerschnittA1 = 2Ae ein senkrechter Verdichtungsstoß. Mit Ausnahme des senkrechten Verdich-tungsstoßes und der Vermischung im zweiten Kessel ist die Stromung isentrop.

a) Welche Machzahlen M1, M2, welche Drucke p1, p2 und welche Temperaturen T1, T2

herrschen unmittelbar vor und hinter dem Verdichtungsstoß?b) Wie groß sind im Rohr Machzahl M3, Druck p3 und Temperatur T3?c) Welche Ruhetemperatur T4 und welcher Ruhedruck p4 herrschen im zweiten Kessel?

Geg.: pt, Tt, γ, A1/Ae, A3/Ae

Losung

a) M1, p1, T1 und M2, p2, T2:An der Stelle [1] muß Uberschallstromung vorliegen, da ein Stoß nur fur M1 > 1moglich ist. Mit dem bekannten Flachenverhaltnis

A∗

A1

=Ae

A1

=1

2

kann man die folgenden Werte aus der Tabelle C.1 (S. L.) ablesen:

M1 = 2, 2 ,p1

pt= 0, 09352 ,

T1

Tt= 0, 50813 .

Mit pt = 2bar, Tt = 500K also

p1 =p1

ptpt = 0, 09352 ∗ 2bar = 0, 1870bar ,

T1 =T1

TtTt = 0, 50813 ∗ 500K = 254K .

Die Großen an der Stelle [2] (Zustand direkt hinter dem Stoß) konnen mit derKenntnis der Machzahl vor dem Stoß (M1 = 2, 2) aus Tabelle C.2 (S. L.) abgelesenwerden:

M2 = 0, 5471 ,p2

p1= 5, 4800 ,

T2

T1= 1, 85686 .

Damit sind auch p2 und T2 bekannt:

p2 =p2

p1

p1 = 5, 4800 ∗ 0, 1870bar = 1, 025bar ,

T2 =T2

T1T1 = 1, 85686 ∗ 254K = 472K .

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9.2 Stationare kompressible Stromung 333

b) M3, p3, T3:Wir bestimmen zunachst die neuen Bezugsgroßen A∗

2, pt2 und Tt2:An der Stelle [2] folgt aus M2 = 0, 5471

A∗2

A2

≈ 0, 796 ⇒ A∗2

Ae

=A∗

2

A2

A2

Ae

=A∗

2

A2

A1

Ae

= 0, 796 ∗ 2 = 1, 592 .

Mit M1 = 2, 2 folgt aus den Stoßbeziehungen

pt2

pt1

= 0, 6281 ⇒ pt2 = 0, 6281 ∗ 2bar = 1, 2562bar .

Die Ruheenthalpie ist eine Erhaltungsgroße, bei kalorisch idealem Gas dann auchdie Ruhetemperatur,

Tt2 = Tt = 500K .

Nun konnen die Großen im Rohr (Stelle [3]) bestimmt werden.

A3 = 5Ae ⇒ A∗2

A3=A∗

2

Ae

Ae

A3= 1, 592 ∗ 1

5= 0, 3184 .

Im Rohr herrscht Unterschall, man liest fur

A∗2

A3= 0, 3184

aus Tabelle C.1 (S. L.) ab:

M3 = 0, 19 ,p3

pt2

= 0, 9751 ,T3

Tt2

= 0, 9928 .

Daraus folgen die Stromungsgroßen im Rohr zu

p3 =p3

pt2

pt2 = 0, 9751 ∗ 1, 2562bar = 1, 225bar ,

T3 =T3

Tt2

Tt2 = 0, 9928 ∗ 500K = 496, 4K .

c) Tt4, p4:Ruhetemperatur ist Erhaltungsgroße (ideales Gas)

⇒ Tt4 = Tt = 500K .

Der Druck des in den zweiten Kessel austretenden Strahles ist der Kesseldruck, daM3 < 1 ist

⇒ p4 = p3 = 1, 225bar .

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334 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.2-6 Verspinnen eines Fadens in einer Duse

In der skizzierten Duse wird Spinnmaterial mit Hil-fe eines heißen Luftstroms (ideales Gas, γ = 1, 4)zu einem dunnen Faden verschmolzen und durchdas Rohr und die Duse transportiert. Die Stromungin dem langen Rohr ist reibungsbehaftet, so daßdort die Machzahl zunimmt, bis sie am Dusenein-tritt (Stelle [1]) schließlich den Wert M = 1 erreichthat. In der kurzen Duse kann dagegen die Reibungvernachlassigt werden. Im Abstand l vom Dusen-eintritt wird ein senkrechter Verdichtungsstoß be-obachtet.

a) Wie groß ist der Massenstrom m durch die Spinnduse, wenn an der Stelle [1] derDruck p1 und die Temperatur T1 gemessen werden?

b) Man berechne M2, p2 und M3, p3.c) Wie groß ist das Verhaltnis der kritischen Querschnitte vor und nach dem Stoß?d) Wie groß sind M4 und p4?

Geg.: M1 = 1, p1 = 1, 5bar, T1 = 400K, R = 287J/(kg K), γ = 1, 4, d = 3mm,D = 7mm, L = 16mm, l = 11mm

Losung

a) Massenstrom m :

m = 1 u1A1 = 1M1 a1A1 =p1

RT1M1

√γ RT1A1 = M1 p1

√γ

RT1πd2

4

= 1 ∗ 1, 5 ∗ 105 N

m2∗√

1, 4

287 ∗ 400

s

m∗ π ∗ 32 ∗ 10−6

4m2

= 3, 703g

s.

b) M2, p2 und M3, p3:Am Duseneintritt, dem engsten Querschnitt [1], betragt die Machzahl M1 = 1.

A∗ = A1 =π

4d2 .

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9.2 Stationare kompressible Stromung 335

Um die Machzahl und den Druck an der Stelle [2] ermitteln zu konnen, muß dasFlachenverhaltnis A∗/A2 bekannt sein. Es gilt

A∗

A2=

(d

d2

)2

.

Den Durchmesser d2 erhalt man durch einen einfachen Ansatz zu

d2 = d +l

L(D − d)

⇒ d2

d= 1 +

l

L

(D

d− 1

).

Einsetzen der Zahlenwerte ergibt

d2

d= 1 +

11

16

(7

3− 1

)=

23

12

⇒ A∗

A2=

(12

23

)2

= 0, 2722 . (1)

Aus der Tabelle C.1 (S. L.) liest man ab:

M2 = 2, 85 ,p2

pt= 0, 03415 .

Der Totaldruck pt ist noch unbekannt. Er laßt sich aus den Daten an der Stelle [1]mit der bekannten Machzahl M1 = 1 berechnen:

p1

pt=

p∗

pt= 0, 5283

⇒ pt =p1

0, 5283=

1, 5

0, 5283bar = 2, 8393bar .

Damit ist auch p2 bestimmt:

p2 = 0, 0970bar .

Fur den Zustand [3] (nach dem Stoß) liest man mit M2 = 2, 85 aus den Stoßtabellenab:

p3

p2= 9, 3096 ,

pt3

pt2

= 0, 3733 , M3 = 0, 485 .

Der Druck nach dem Stoß ist dann

p3 = 0, 9030bar ,

der Ruhedruck nach dem Stoß

pt3 = 1, 06bar .

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336 9 Stromfadentheorie

c) Anderung des kritischen Querschnitts:Das Querschnittsverhaltnis vor dem Stoß betragt nach (1)

M2 = 2, 85 ,A∗

2

A2

= 0, 2722 ,

das Verhaltnis nach dem Stoß erhalt man aus der Tabelle C.1 (S. L.) mit

M3 = 0, 485 zuA∗

3

A3= 0, 73 .

Da unmittelbar vor und nach dem Stoß keine Querschnittsanderung stattfindet(A2 = A3), folgt fur das gesuchte Verhaltnis der kritischen Querschnitte

A∗3

A∗2

=0, 73

0, 2722= 2, 68 .

d) M4, p4:Sowohl die Stelle [3] als auch die Stelle [4] besitzen den gleichen kritischen Quer-schnitt

A∗4 = A∗

3 .

Mit dem Ergebnis aus c) kann man nun folgende Gleichungskette formulieren:

A∗4

A4

=A∗

3

A4

=A∗

3

A∗2

A1

A4

,

denn A∗2 = A1. Die beiden rechts stehenden Verhaltnisse sind bekannt, also ist

A∗4

A4= 2, 68

(d

D

)2

= 0, 492 .

Tabelle C.1 (S. L.) liefert

M4 = 0, 3 ,p4

pt4

= 0, 9395 .

Den Druck p4 erhalt man mit pt3 = pt4 zu

p4 = 0, 996bar .

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9.2 Stationare kompressible Stromung 337

Aufgabe 9.2-7 Strahltriebwerk im Unterschallflug

An der Stelle [1] eines Strahltrieb-werkes im Unterschallflug tritt Luftuber den Bereich S1 mit der Ge-schwindigkeit u1 (Druck p1, Tempe-ratur T1) in das Triebwerk ein. DieLuft (kalorisch perfektes Gas γ =1, 4; R = 287J/(kg K)) wird isen-trop von [1] nach [2] auf den Druckp2 komprimiert. Zwischen den Stel-len [2] und [3] (Brennkammer) wirdisobar die spezifische Warme q23 =

300kJ/kg zugefuhrt. Von der Stelle [3] bis zum Austrittsquerschnitt (Stelle [4]) ist dieStromung wieder isentrop.

Die Drucke p1 und p4 konnen naherungsweise gleich dem Druck p0 der Außenstromunggesetzt werden.

a) Berechnen Sie die Geschwindigkeit u2 vor der Brennkammer. Wie groß ist die Tem-peratur T2 und die Dichte 2 an dieser Stelle?

b) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit u3 hinter der Brennkammer, sowie die Tempe-ratur T3 und die Dichte 3.

c) Wie groß ist die Austrittsgeschwindigkeit u4 und die Dichte 4, wenn der Druckp4 = p0 ist?

d) Berechnen Sie den Schub des Triebwerkes unter der Voraussetzung, daß die Stromungan den Stellen [1] und [4] ausgeglichen ist.

Geg.: u1 = 300 m/s, p2 = 1, 25 bar, γ = 1, 4; p0 = 0, 8 bar, q23 = 300 kJ/kg, R = 287J/(kg K), T1 = 273K, A1 = 1 m2

Losung

a) Die Stromung von [1] nach [2] ist isentrop. Hierauf kann die Bernoullische Gleichungfur kompressible Stromung in der Form

u21

2+

γ

γ − 1

p1

1=u2

2

2+

γ

γ − 1

p1

1

(p2

p1

)(γ−1)/γ

angewendet werden. Nach Auflosen der gesuchten Geschwindigkeit

u2 =

√√√√√u21 +

γ − 1RT1

⎛⎝1 −(p2

p1

)(γ−1)/γ⎞⎠

ergibt sich u2 zu 124,14 m/s. Mit der Isentropen-Beziehung

T2

T1

=

(p2

p1

)(γ−1)/γ

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338 9 Stromfadentheorie

folgt T2 = 310, 13K. Mit der thermischen Zustandsgleichung fur ideale Gase berech-net sich die Dichte zu

2 =p2

RT2

= 1, 4044kg

m3.

Da die Warmezufuhr isobar erfolgt, verschwindet der Druckgradient und in rei-bungsfreier Stromung daher auch die Beschleunigung (Eulersche Gleichung !) in derBrennkammer, so daß u2 = u3 gilt.

b) Wegen der Warmezufuhr q23 ist die Stromung von [2] nach [3] nicht adiabat und ausder Energiegleichung

u22

2+ h2 + q =

u23

2+ h3

erhalten wir mit h = cpT und u2 = u3

q23 = cp (T3 − T2) .

Mit der Identitat cp = γ/(γ − 1) R erhalt man damit das Ergebnis

T3 =q23(γ − 1)

γ R+ T2 = 608, 79K ,

wahrend die Dichte wieder aus der Gasgleichung gewonnen werden kann:

3 =p3

RT3= 0, 7154

kg

m3.

c) Von Querschnitt [3] nach [4] ist die Stromung isentrop, daher folgt die Geschwindig-keit u4 analog dem Vorgehen unter Aufgabenteil a) zu 402,28 m/s. Die Auswertungder Isentropen-Beziehung

4

3=

(p4

p3

)1/γ

ergibt fur 4 = 0, 5201 kg/m3.d) Der Schub ist die Kraft, wel-

che auf das Triebwerk wirkt.Die Anwendung des Impuls-satzes∫

(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS

auf das skizzierte Kontrollvo-lumen (Sges = S1 + Sw + S4)fuhrt auf den Ausdruck∫

S1

∫ 1u1(u1 · n) dA +

∫Sw

∫ u(u · n) dS +

∫S4

∫ 4u4(u4 · n) dS =

= −∫S1

∫p1n dA−

∫S4

∫p4n dS +

∫Sw

∫t dS .

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9.2 Stationare kompressible Stromung 339

Das zweite Integral fallt wegen der Randbedingung an der festen Wand heraus. DerSpannungsvektor der beiden ersten Terme auf der rechten Seite ist −pn, da dieStromung ausgeglichen sein soll. Das letzte Oberflachenintegral ist die Kraft, dievon der Triebwerksinnenseite auf die Flussigkeit ausgeubt wird. Die Kraft auf dasTriebwerk FTri

ist zu dieser Kraft antiparallel und es wird

− 1u21A1e1 + 4u

24A4e1 = p1A1e1 − p4A4e1 − FTri

erhalten. Mit p1 = p4 = p0 lautet obige Gleichung

FTri= e1[p0(A1 −A4) + 1u

21A1 − 4u

24A4] .

Es interessiert nur der Schub in e1-Richtung, die Kraftkomponente auf der Außen-wand des Triebwerkes lautet daher

FTra= FTra

· e1 = −∫Sw

∫p0 n · e1 dS = −p0(A1 −A4) .

und der Schub des Triebwerkes

FS = FTri· e1 + FTra

· e1 = 1u21A1 − 4u

24A4

laßt sich mit der Kontinuitatsgleichung 1u1A1 = 4u4A4 auswerten:

FS = 1u1A1(u1 − u4) = −31, 332 kN .

Aufgabe 9.2-8 Fahrt eines Hochgeschwindigkeitszuges durcheinen Tunnel

Ein Hochgeschwindigkeitszug fahrt mit kon-stanter Geschwindigkeit uz durch einenTunnel. An der Vorderseite lost die Stromungin der skizzierten Weise ab (Strahlkontrak-tionsziffer α). Die Stromung sei kompressi-bel und das Medium (Luft) kalorisch undthermisch perfekt.

Bekannt sei der Zustand [1] weit vor demZug mit p1 und 1. Die Geschwindigkeit ist hier u1 = uz.

a) Berechnen Sie an der Stelle [2] die Geschwindigkeit u2 und die beiden Zustands-großen p2 und 2 bei isentroper Stromung von [1] nach [2].

b) Berechnen Sie die Geschwindigkeit u3 mit Hilfe des Impulssatzes von [2] nach [3],wobei p3 gegeben ist.

Geg.: u1, p1, 1, A, k, α, uz, p3, γ

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340 9 Stromfadentheorie

Losung

a) Wenn der Zug die Stelle [3] erreicht (Tunneleintritt) bildet sich bei genugend kleinemFlachenverhaltnis k 1 ein Stoß aus, der in den Tunnel lauft.Hinter dem Stoß ist der Zustand mit p1 und 1 gegeben; außerdem wird durch deninstationaren Verdichtungsstoß die Luft mit der Geschwindigkeit u1 in Bewegungversetzt. Der Zustand hinter dem Stoß konnte mit den Stoßbeziehungen berechnetwerden. Dies soll hier jedoch nicht geschehen.Untersucht wird der Fall, wo der Zug mit der Geschwindigkeit uz im Tunnel fahrt,das Zugende aber noch nicht die Stelle [3] passiert hat. Der Stromungszustandim Tunnel ist instationar. Im zugfesten System ist die Stromung stationar. Vomtunnelfesten System gelangt man zum zugfesten System, indem man allen Ge-schwindigkeiten die Geschwindigkeit uz so uberlagert, daß der Zug zur Ruhe kommt.

u′1 = uz − u1 ,

u′2 = uz − u2 ,

u′3 = uz − u3 .

Bei der Zugumstromung von [1] nach [2] tritt eine Querschnittsverringerung auf, dieals isentrope Dusenstromung angenahert werden kann. Mit der Anstrom–MachzahlM ′

1 zum Zug

M ′1 =

u′1a1

=u′1√γ p1

1

erhalt man das FlachenverhaltnisA∗/A fur diese Stromung aus Tabelle C.1 (S. L. Sei-te 414) oder aus der expliziten Gleichung

A∗

A= M ′

1

[2

γ + 1

(γ − 1

2M ′2

1 + 1)]− γ+1

2(γ−1)

fur gegebenes M ′1. Die Machzahl an der Stelle [2] M ′

2 kann bei gegebenem Flachen-verhaltnis A∗/(α kA) aus derselben Gleichung

A∗

αk A= M ′

2

[2

γ + 1

(γ − 1

2M ′2

2 + 1)]− γ+1

2(γ−1)

ermittelt werden, wobei aber fur M ′2 eine iterative Losung notig wird. Alternativ

kann man fur gegebenes Flachenverhaltnis die Machzahl M ′2 wieder der Tabelle C.1

entnehmen. Zweimalige Anwendung von (S. L. (9.94))

pt

p=

(γ − 1

2M2 + 1

) γγ−1

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9.2 Stationare kompressible Stromung 341

liefert das Druckverhaltnis

p2

p1=

( γ−12M ′2

1 + 1γ−1

2M ′2

2 + 1

) γγ−1

,

wobei es selbstverstandlich ist, daß die thermodynamischen Großen vom Bezugssy-stem unabhangig sind. Mit der Dichte 2 aus

2

1=

(p2

p1

)1/γ

erhalt man zunachst die Geschwindigkeit

u′2 = M ′2

√γ p2

2

relativ zum Zug und dann die Geschwindigkeit

u2 = −u′2 + uz = −M ′2

√γp2

2+ uz

im Tunnel.Zahlenbeispiel: Mit den vorgegebenen Werten sei die Machzahl M ′

1 = 0, 3 und α =0, 7; k = 0, 8; γ = 1, 4. Es ergibt sich aus der Tabelle A∗/A = 0, 4914. Die MachzahlM ′

2 liest man mit Hilfe des Flachenverhaltnises

A∗

αk A= 0, 8775

zu M ′2 ≈ 0, 65 ab. Das Druckverhaltnis p2/p1 errechnet sich zu 0,8013 und damit

das Dichteverhaltnis 2/ 1 zu 0,8536. Fur die Geschwindigkeiten erweitert man

u′2u′1

=M ′

2

M ′1

a2

a1=M ′

2

M ′1

a2

at

at

a1

und die Schallgeschwindigkeiten aus der Tabelle C.1 liefern dann u′2 = 2, 0993u′1.

b) Infolge der Ablosung kommt es zueiner Strahlaufweitung, die mit Ver-wirbelung und deshalb mit Verlu-sten verbunden ist. Die Stromungvon [2] nach [3] ist dann nicht mehrisentrop. Wir verwenden daher denImpulssatz, um die Zustande an derStelle [3] zu berechnen. Die Ge-schwindigkeit im Ablosegebiet ist

sehr klein und wird naherungsweise null gesetzt. Im Impulssatz∫(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS (1)

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342 9 Stromfadentheorie

fur das skizzierte Kontrollvolumen berechnen wir zunachst die linke Seite (L), dieImpulsflusse

L =∫k A

∫ u(u · n) dA+

∫αk A

∫ u(u · n) dA +

∫SW

∫ u(u · n) dS

zuL = 3u

′32k An3 + 2u

′22α kAn2 .

Mit der Annahme, daß an den Stellen [2] und [3] keine Gradienten vorhanden sindund unter Vernachlassigung der Wandschubspannungen gilt t = −pn. Die rechteSeite von (1), (R), wird dann mit

R =∫k A

∫−pn dA +

∫αk A

∫−pn dA +

∫(1−α)k A

∫−pn dA +

∫SW

∫−pn dS

zu

R = −p3k An3 − p2α kAn2 − p2k A (1 − α)n2 −∫SW

∫pn dS

erhalten. Die Geschwindigkeit u′3 folgt nun aus der Komponente des Impulssatzesin e1–Richtung

α 2u′22 − 3u

′32

= p3 − p2

und der Kontinuitatsgleichung 3u′3A3 = 2u

′2A2 zu

u′3u′2

= 1 +p2 − p3

α 2u′22 ,

in der nur noch gegebene oder in Aufgabenteil a) errechnete Großen auftreten.

Aufgabe 9.2-9 Labyrinthdichtung einer Turbomaschine

Bei einer Wellendurchfuhrung durch ein Gehause einer Turbomaschine wird idealesBetriebsgas (γ), dessen thermodynamischer Zustand im Innern mit p1, T1 und außerhalbmit p5, T5 bekannt ist, durch eine einkammerige Labyrinthdichtung gegen die Umgebungabgedichtet.

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9.2 Stationare kompressible Stromung 343

Der Radius R der Welle, die HoheD und die Lange L der Kammer sindgroß im Vergleich zu den Spaltweiten.Das Druckverhaltnis p1/p3 und p3/p5

ist uberkritisch. Die sich einstellendeStromung von [1] nach [2] und von [3]nach [4] kann als stationare, quasi-eindimensionale, isentrope Stromungangesehen werden, nicht jedoch jenevon [2] nach [3] und von [4] nach [5].

a) Berechnen Sie den Leckstrom.b) Welcher thermodynamische Zustand (p3, T3) stellt sich in der Kammer ein?c) Wie muß das Spaltweitenverhaltnis konstruktiv gewahlt werden, damit das Druck-

verhaltnis p1/p3 uberkritisch ist?

Geg.: p1, T1, p5, T5, R, H2, H4, γ

Losung

Die Spalten der Labyrinthdichtung konnen als konvergente Dusen betrachtet werden,in der das Betriebsgas stationar, quasieindimensional und isentrop stromt. Die Druck-verhaltnisse p1/p3 und p3/p5 sind uberkritisch, d. h. im engsten Querschnitt der kon-vergenten Duse ist die Machzahl M = 1 und der thermodynamische Zustand ist durchdie kritischen Großen gegeben. Von [2] nach [3] wird das Gas im uberkritischen Fall aufden sich im Innern einstellenden Druck p3 expandiert. Außerdem verwirbelt das Gas inder Kammer vollstandig (D H2, H4 und L H2, H4) und kommt zur Ruhe. Analogkann der Vorgang von [4] nach [5] betrachtet werden.

a) Im stationaren Zustand andert sich der Leckstrom uber die Dichtung nicht:

m = m2 = m4 = A2u2 2 . (1)

Infolge der Auslegung H2 R gilt als Naherung fur die Flache

A2 = 2π RH2 .

Im engsten Querschnitt wird die Machzahl 1 erreicht, daher ist u2 = a2, und dieStromungsgroßen im Spalt sind die kritischen Großen. Da p1 = pt und 1 = t

Kesselzustande sind, folgt fur die Geschwindigkeit

a∗ 22 = u2

2 = γp1

1

2

γ + 1

sowie fur das Dichteverhaltnis

2

1

= ∗2 1

=

(2

γ + 1

)1/(γ−1)

.

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344 9 Stromfadentheorie

Damit erhalt man fur den Leckstrom

m = 2π√γ 1p1RH2

(2

γ + 1

) γ+12(γ−1)

. (2)

Dies ist der maximal mogliche Massendurchsatz. Im kritischen bzw. uberkritischenFall hangt er nur von der Flache und den Ruhegroßen ab, nicht aber vom Zustandin der Kammer.

b) Der in die Kammer einfließende Massenstrom m2 muß wieder durch den Spalt [4]austreten. Der thermodynamische Zustand in [3] stellt sich nun so ein, daß dieseBedingung erfullt ist. Die Stromung von [3] nach [4] kann analog jener von [1] nach[2] betrachtet werden. Vertauscht man die entsprechenden Indizes in Gleichung (2),so folgt

m4 = 2π RH4 3a3

(2

γ + 1

) γ+12(γ−1)

.

Wegen (1) liefert ein Vergleich von (2) mit obiger Gleichung

1a1H2

3a3H4= 1 , (3)

und mit a2 = γ p/ und p/ = RT folgt aus Gleichung (3)

p1

p3

√T3

T1=H4

H2.

Wenn die Temperatur T3 bekannt ist, kann aus obigem Ausdruck p3 fur ein gegebenesSpaltweitenverhaltnis berechnet werden. T3 folgt aus der Energiegleichung. Da dasSystem adiabat ist, (keine Warmeabfuhr nach außen) und u1 = u3 = 0 gilt, folgtaus dem Energiesatz fur adiabate Stromung:

h1 = h3 ⇒ T3 = T1

⇒ p3 = p1H2

H4.

c) Es gilt die Ungleichung

p3

p1

≤ p∗2p1

=

(2

γ + 1

)γ/(γ−1)

,

wobei im kritischen Fall das Gleichheitszeichen gilt, sonst ist die Stromung uberkri-tisch. Mit dieser Ungleichung gelangt man zum Ergebnis

H2

H4≤

(2

γ + 1

)γ/(γ−1)

≤ 0, 5283 , (4)

wenn als Adiabatenexpontent γ = 1, 4 gewahlt wird. Der Spalt [4] muß somit großersein als der Spalt [2].

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9.2 Stationare kompressible Stromung 345

Aufgabe 9.2-10 Gasstromung durch eine Blende

Aus einer Leitung (Querschnittsflache A1)stromt ideales Gas (γ = 1, 4) reibungsfreidurch eine Blende mit der Offnung A2 aus.Dabei tritt eine Strahlkontraktion auf dieFlache α(M3)A2 = A3 ein. Die Beziehungα(M3) ist annahernd gegeben durch

α(M3) =π

π +2(

1 + γ−12M2

3

)1/(γ−1)

,

die fur M3 → 0 den bekannten Wert fur in-kompressible Stromung ergibt (S. L. (10.310)).

a) Bestimmen Sie die Großen p3, M3, α(M3), wenn der Zustand in [1], die Geometrieder Anlage und der Außendruck bekannt sind.

b) Berechnen Sie die Kraft, die die Stromung auf die Blende ausubt.

Geg.: p0 = 1 bar, p1 = 1, 2 bar, 1 = 1, 3 kg/m3, M1 = 0, 2, A1 = 10 cm2, A2 = 5 cm2,γ = 1, 4

Losung

a) Mit den Beziehungen fur isotrope Zustandsanderung

pt

p=

(γ − 1

2M2 + 1

)γ/(γ−1)

, t

=

(γ − 1

2M2 + 1

)1/(γ−1)

(1)

und den gegebenen Großen des Zustands [1], ermittelt man die Ruhegroßen bzw.liest sie aus Tabelle C.1 (S. L.) ab:

p1

pt= 0, 9725 ⇒ pt = 1, 2339bar ,

1

t= 0, 9803 ⇒ t = 1, 3261

kg

m3.

Aus dem Druckverhaltnis p0/pt = 0, 8104 folgt nach Auflosen der Isentropenbezie-hung (1) oder aus der angesprochenen Tabelle die Machzahl M3 = 0, 5564; undweiter:

3

t= 0, 8634 ⇒ 3 = 1, 145

kg

m3.

Nach Einsetzen von M3 in die gegebene Naherungsformel ergibt sich die Kontrakti-onszahl α = 0, 6461.

b) Die Anwendung des Impulssatzes:Fur die angenommene reibungsfreie Stromung lautet der Impulssatz∫

(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS = −

∫(S)

∫pn dS , (2)

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346 9 Stromfadentheorie

der nach einfacher Rechnung die Form

e1(− 1u21A1 + 3u

23αA2) = e1(p1A1 − p0 αA2) −

∫SS

∫p0 n dS − FB −

∫SW

∫pn dS

annimmt, in der FB die Kraft auf die Blende ist. Nach skalarer Multiplikation mite1 fallt das letzte Integral heraus. Der Ausdruck n ·e1 dS ist der Bildwurf der FlachedS in die e1–Richtung und das Integral daher A2 − αA2. Es entsteht

FB = 1u21A1 − 3u

23αA2 − p0αA2 − p0(A2 − αA2) + p1A1 ,

was nach Zusammenfassen

FB = ( 1u21 + p1)A1 − ( 3u

23α+ p0)A2

ergibt. Mit 3u23 = γM2

3 p3 und 1u21 = γ M2

1 p1 ist die gesuchte Kraftkomponente

FB = p1A1(1 + γM21 ) − p0A2(1 + γ αM2

3 ) = 62, 7N .

9.3 Instationare kompressible Stromung

Aufgabe 9.3-1 In ein Rohr laufender senkrechter Verdich-

tungsstoß

Aus einem Rohr, das in eine Lavaldusemundet, stromt ideales Gas isentropmit der Machzahl M ′

1 = 0, 6 . DerZustand (p1, a1) an der Stelle [1] undder Rohrquerschnitt A sind bekannt.Verringert man plotzlich den engstenQuerschnitt AD der Duse, so erhohtsich der Druck p2 am Duseneintritt und ein senkrechter Verdichtungsstoß lauft in dasRohr (siehe Skizze). Hinter dem Stoß stellt sich sofort wieder stationare Stromung mitder Machzahl M ′

2 = u′2/a2 ein.

a) Wie groß ist AD, bevor der Dusenquerschnitt verandert wird?b) Man berechne die MachzahlM ′

2, die sich hinter dem Stoß, d. h. vor der Duse einstellt,wenn der Dusenquerschnitt auf 0, 6AD verkleinert wird.

c) Man bestimme (graphisch oder numerisch) die Machzahl MS des Stoßes, die Mach-zahl M2 im stoßfesten System und das Verhaltnis a2/a1 der Schallgeschwindigkeiten.

d) Wie groß sind p2 und T2?

Geg.: γ = 1, 4, R = 287J/(kgK), M ′1 = 0, 6, p1 = 3bar, T1 = 300K, A = 10 cm2

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9.3 Instationare kompressible Stromung 347

Losung

a) Die Querschnittsflache AD vor der Veranderung:Mit M ′

1 = 0, 6 folgt aus der Tabelle C.1 der S. L.

A∗

A=AD

A= 0, 8416 ⇒ AD = 0, 8416A = 8, 416 cm2 .

b) Die Machzahl M ′2 nach Veranderung des engsten Querschnittes:

Der veranderte Dusenquerschnitt ist A∗ = 0, 6AD, das neue Flachenverhaltnis be-tragt dann

A∗

A=

0, 6AD

A= 0, 5050 ⇒ M ′

2 ≈ 0, 31 .

c) Die Stoßmachzahl MS , die Machzahl M2 und das Verhaltnis a2/a1:Die Machzahlen im Laborsystem vor und hinter dem Verdichtungsstoß, M ′

1 und M ′2,

sind bekannt. Die entsprechenden Geschwindigkeiten u′1 = M ′1 a1 und u′2 = M ′

2 a2

mussen auf ein Koordinatensystem umgerechnet werden, in dem der Stoß in Ruheist (stoßfestes System):

Die entsprechenden Machzahlen im stoßfesten System sind dann

M1 =u1

a1

=uS + u′1a1

=uS

a1

+u′1a1

= MS +M ′1 , (1)

M2 =u2

a2

=uS + u′2a2

=uS

a1

a1

a2

+u′2a2

=a1

a2

MS +M ′2 . (2)

Die Gleichungen (1) und (2) sind zwei Gleichungen fur die vier Unbekannten Ms,M1, M2 und a1/a2. Die noch fehlenden Gleichungen gewinnt man aus den Stoßbe-ziehungen (S. L. (9.139) ) und (S. L. (9.141) ) zu

a1

a2=

(γ + 1)M1√(2γM2

1 − (γ − 1))(2 + (γ − 1)M21 )

(3)

und

M2 =

(γ + 1 + (γ − 1)(M2

1 − 1)

2γM21 − (γ − 1)

)1/2

. (4)

Eliminiert man mittels (1) MS in (2)

M2 −M ′2 =

a1

a2(M1 −M ′

1)

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348 9 Stromfadentheorie

und setzt die Stoßbeziehungen (3) und (4) ein, so erhalt man bei gegebenem M ′1, M

′2

eine Bestimmungsgleichung fur M1. Fur die Zahlenwerte γ = 1, 4, M ′1 = 0, 6, M ′

2 =0, 31 ergibt sich die numerische Losung zu M1 = 1, 17703.Aus (1) erhalt man damit die Stoßmachzahl

MS = M1 −M ′1 = 0, 58 ,

aus (2) die Machzahl nach dem Stoß

M2 = 0, 86

und aus (3) schließlich das Verhaltnis der Schallgeschwindigkeiten

a2

a1= 1, 055 .

d) Druck und Temperatur hinter dem Stoß:Die fehlenden Zustandsgroßen p2 und T2 erhalt man mit M1 aus der Tabelle C.1(S. L.) zu

p2

p1= 1, 45 ,

T2

T1= 1, 1154

⇒ p2 = 4, 35bar und T2 = 334, 6K .

Aufgabe 9.3-2 Stoßwellenrohr

Ein Stoßwellenrohr besteht in seiner ein-fachsten Ausfuhrung aus einem langen, zy-lindrischen Rohr, in dem durch eine leichtzerstorbare Membran zwei Kammern (HD= Hochdruckteil und ND = Niederdruck-teil) abgetrennt sind. Die Kammern werden mit Gas verschiedener Zustande p1, a1 undp4 > p1, a4 gefullt. Zerstort man die Membran, so lauft in den ND-Teil ein Verdichtungs-stoß, dem eine sogenannte Kontaktunstetigkeit (= Mediengrenze zwischen den Gasen,die ursprunglich im HD– bzw. ND–Teil waren) folgt. In den Hochdruckteil lauft einezentrierte Expansionswelle. Stoß und Expansionswelle werden an den Endflanschen desRohres reflektiert.

a) Skizzieren Sie den Stromungsvorgang in einem x-t–Diagramm.b) Geben Sie unter der Annahme idealen Gases (γHD = γND = γ) die zur Bestimmung

der Zustande hinter dem Stoß und dem Expansionsfacher notwendigen Gleichungenan.

Geg.: p1, a1, p4, a4, γ

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9.3 Instationare kompressible Stromung 349

Losung

a) x-t-Diagramm:

b) Zustand hinter Stoß [2] und hinter Expansionsfacher [3]:Die gestrichenen Großen sind auf das Laborsystem bezogen. Die zur Beschreibungdes Vorgangs notwendigen Gleichungen sind :

1.) Geschwindigkeit hinter einem Stoß, der in ruhendes Gas lauft (S. L. (9.154))

u′2 =2

γ + 1a1

(Ms − 1

Ms

)

oder auch wegen Ms = M1 (u′1 = 0 ⇒ u1 = us)

u′2 =2

γ + 1a1

(M1 − 1

M1

). (1)

2.) Druckverhaltnis uber den Stoß (S. L. (9.137))

p2

p1=

2γM21 − (γ − 1)

γ + 1. (2)

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350 9 Stromfadentheorie

3.) Druckverhaltnis uber den Expansionsfacher(Die Kontaktunstetigkeit, die sich mit u′2 = u3 bewegt, wirkt bezuglich des Ex-pansionsfachers wie ein nach rechts gehender Kolben, so daß in der entsprechen-den Gleichung (S. L. (9.198)) |uK | durch u3 ersetzt werden kann):

p3

p4=

(1 − γ − 1

2

u3

a4

) 2γγ−1

. (3)

Ferner gelten die Randbedingungen an der Kontaktunstetigkeit:

u′2 = u3 , (4)

p2 = p3 . (5)

(1) bis (5) sind funf Gleichungen fur die funf Unbekannten u2, u3, p2, p3, M1. DerRechengang kann wie folgt ablaufen:Durch Einsetzen von (5) in (3) erhalt man p2/p4 = f (u3/a4). Dividiert man dieseBeziehung durch (2), so gewinnt man p1/p4 = f (M1, u3/a4), in der man wiederumu3 = u′2 durch (1) eliminieren kann. So erhalt man eine Beziehung der Form p1/p4 =f (M1), also eine Bestimmungsgleichung fur M1. Sie lautet

p1

p4=

[1 − γ − 1

γ + 1

a1

a4

(M1 − 1

M1

)] 2γγ−1 γ + 1

2γM21 − (γ − 1)

,

aus der sich fur gegebene a1/a4, p1/p4 die großte erreichbare Machzahl ablesen laßt.In dem folgenden Bild ist der Verlauf p1/p4 = f (M1) fur a1/a4 = 1 und γ = 1, 4dargestellt.

Mit bekanntem M1 folgt aus (1) u′2 =u3, dann aus (3) p3/p4 = p2/p4. DasVerhaltnis a3/a4 laßt sich damit ausder Isotropenbeziehung uber den Ex-pansionsfacher

a3

a4=

(p3

p4

) γ−12γ

berechnen, wahrend man a2/a1 mit bekanntem M1 aus der Stoßbeziehung(S. L. (9.139))

a2

a1=

(T2

T1

)1/2

=

√(2γM2

1 − (γ − 1)) (2 + (γ − 1)M21 )

(γ + 1)M1

gewinnt.

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9.3 Instationare kompressible Stromung 351

Aufgabe 9.3-3 Bewegung eines Kolbens in einem Rohr infolge

Gasexpansion

In einem unendlich langen Rohr wirdan der Stelle x = 0 ein Kolben (LangelK , Dichte K) festgehalten, der ru-hendes Gas (p0, a0, γ ) vom Vakuumabtrennt. Zur Zeit t = 0 wird der Kol-ben plotzlich losgelassen und bewegtsich danach unter dem Einfluß des homentrop expandierenden Gases reibungsfrei imRohr.

a) Man stelle den Vorgang qualitativ in einem x- t-Diagramm dar.b) Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem Druck pK am Kolben und der Kol-

bengeschwindigkeit uK(t) ?c) Man berechne die Kolbengeschwindigkeit als Funktion von t. Wie groß ist die ma-

ximal erreichbare Kolbengeschwindigkeit?d) Man skizziere den Rechnungsgang von u(x, t) und a(x, t) .

Geg.: p0, a0, γ, lK, K

Losung

a) x-t-Diagramm:

b) Druck am Kolben:Entlang der C−-Charakteristiken gilt (S. L. (9.175))

u− 2

γ − 1a = −2s = − 2

γ − 1a0

⇒ a = a0 +γ − 1

2u , u ≤ 0 . (1)

Aus der Isentropenbeziehung (S. L. (9.198)) folgt dann

p

p0

=(a

a0

)(2γ)/(γ−1)

=(1 +

γ − 1

2

u

a0

)(2γ)/(γ−1)

. (2)

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352 9 Stromfadentheorie

Am Kolben ist wegen der kinematischen Randbedingung u = uK(t) , so daß dortgilt

pK

p0

=

(1 +

γ − 1

2

uK(t)

a0

)(2γ)/(γ−1)

. (3)

c) Kolbengeschwindigkeit uK(t):Die Bewegungsgleichung des Kolbens lautet

mK xK = Fx = −pKAK

bzw. mit mK = KAKlK und xK =duK

dt

KlKduK

dt= −pK , (4)

mit (3) also

duK

dt= − p0

KlK

(1 +

γ − 1

2

uK(t)

a0

)(2γ)/(γ−1)

und nach Trennung der Veranderlichen und bestimmter Integration:

uK(t)∫0

(1 +

γ − 1

2

uK

a0

)−(2γ)/(γ−1)

duK = − p0

KlK

t∫0

dt

⇒ − 2a0

γ + 1

(1 +

γ − 1

2

uK

a0

)−(γ+1)/(γ−1)]uK (t)

0

= − p0

KlKt ,

damit2a0

γ + 1

⎡⎣(1 +γ − 1

2

uK(t)

a0

)−(γ+1)/(γ−1)

− 1

⎤⎦ =p0

K lKt ,

woraus sich die Kolbengeschwindigkeit zu

uK(t) = − 2a0

γ − 1

⎡⎣1 −(γ + 1

2

p0

K lKa0t+ 1

)−(γ−1)/(γ+1)⎤⎦ (5)

ergibt.Maximalgeschwindigkeit:

uK(t→ ∞) = − 2a0

γ − 1(Expansion ins Vakuum, vgl. S. L. (9.199)) .

d) Bestimmung von u(x, t), a(x, t):Langs der C−–Charakteristiken gilt Gleichung (1)

a = a0 +γ − 1

2u , (1)

langs der C+–Charakteristiken gilt (S. L. (9.174))

u+2

γ − 1a = 2r = uK +

2

γ − 1aK . (6)

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9.3 Instationare kompressible Stromung 353

Durch Einsetzen von (1) in (6) erhalt man

u+2

γ − 1

(a0 +

γ − 1

2u)

= uK +2

γ − 1aK ,

u =1

2uK +

1

γ − 1(aK − a0) (7)

und mit aK aus (1)

aK = a0 +γ − 1

2uK (8)

schließlich

u =1

2uK +

1

γ − 1

(a0 +

γ − 1

2uK − a0

)= uK ,

d. h. also

u(x, t) = uK langsdx

dt= u+ a (C+ − Charakteristiken) (9)

und wegen (1) bzw. (8) dann auch

a(x, t) = aK = a0 +γ − 1

2uK langs

dx

dt= u+ a . (10)

Geschwindigkeit und Schallgeschwindigkeit sind also langs der C+-Charakteristikenjeweils konstant und gleich dem Wert am Schnittpunkt der betrachteten Charakte-ristik mit der Kolbenbahn. Die Aufgabe der Berechnung des Stromungsfeldes inner-halb des Expansionsgebietes (x < a0t) laßt sich also wie folgt losen:Aus der Gleichung x′(t′) der C+-Charakteristik, die durch den Punkt P (x, t) geht,

x′ − x = (uK + aK)(t′ − t)

und der Gleichung der Kolbenbahn

xK(t′) =

t′∫0

uK(t)dt

lassen sich die Koordinaten x∗, t∗ des Schnittpunktes zwischen Charakteristik undKolbenbahn bestimmen. Aus (9) folgt dann die Stromungsgeschwindigkeit

u(x, t) = uK(t∗(x, t))

und damit aus (1) die Schallgeschwindigkeit

a(x, t) = a0 +γ − 1

2u(x, t) ,

mit (2) ist dann auch der Druck bekannt.

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354 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.3-4 Stoßreflexion am offenen Rohrende

Aus einem Rohr konstanten Durchmessers stromtideales Gas (γ, R) zunachst stationar mit der Ge-schwindigkeit u′1 < a1 in die Umgebung (p1). Durcheine Anderung stromaufwarts bildet sich ein Stoß, derdurch das Rohr lauft und den Druck auf p2 erhoht.Zum Zeitpunkt t = 0 erreicht der Stoß das offeneRohrende, und der Druck hinter dem Stoß wird au-genblicklich wieder auf Umgebungsdruck p1 abgebaut(p3 = p1). Dies wird durch eine in das Rohr laufendezentrierte Expansionswelle verursacht.

a) Skizzieren Sie den Vorgang im x-t-Diagramm.b) Berechnen Sie M ′

2, a′2 und u′2.

c) Wie groß sind M ′3, a3 und u′3, welchen Wert darf M ′

3 maximal annehmen?

Geg.: γ = 1, 4, R = 287J

kgK, p2/p1 = 1, 513, M ′

1 = 0, 3, T1 = 300K

Losung

a) x-t-Diagramm:

Unter der Voraussetzung, daß M ′3 = (u′3/a3) < 1 ist, ist der Druck im austretenden

Strahl, auch nachdem der Stoß das Rohrende erreicht hat, wieder gleich dem Umge-bungsdruck p1. Im Rahmen der eindimensionalen Betrachtungsweise wird der Druckim Strahl hinter dem Stoß schlagartig von p2 auf p3 = p1 abgesenkt (=singularemPunkt (0,0) im x-t-Diagramm).

Bei endlichem Rohrradius R vergehtjedoch eine Zeit τ , bis sich die sta-tionare Randbedingung p3 = p1 aufdem gesamten Rohrquerschnitt einge-stellt hat. Die Großenordnung von τ istdie Zeitdauer, die benotigt wird, umeine Storung uber den Rohrradius zumelden, also τ ∼ O (R/a) mit a als derbetreffenden typischen Schallgeschwin-digkeit. Die im x-t-Diagramm benutzteAnnahme τ = 0 ist demnach nur furZeiten t mit t/τ = a t/R 1 sinnvoll, und die im weiteren gewonnenen Ergebnissesind in ihrem Gultigkeitsbereich auf solche Zeiten beschrankt.

b) M ′2, a2, u

′2:

Zur Benutzung der stationaren Stoßbeziehungen fuhren wir wieder ein stoßfestes Ko-ordinatensystem ein : Es gelten die Transformationsbeziehungen (S. L. (9.148), (9.149))

u1 = uS − u′1 ,

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9.3 Instationare kompressible Stromung 355

u2 = uS − u′2

und damitM1 = MS −M ′

1 , (1)

M2 = MSa1

a2−M ′

2 . (2)

Aus den Stoßbeziehungen erhalt man (S. L. Tabelle C.2)

p2

p1

= 1, 513 ⇒ M1 = 1, 2 ,

M2 = 0, 8422 ,

a2

a1=

(T2

T1

)1/2

=√

1, 128 = 1, 0621 ,

damit aus (1)MS = M1 +M ′

1 = 1, 2 + 0, 3 = 1, 5

und aus (2)

M ′2 = MS

a1

a2−M2 =

1, 5

1, 0621− 0, 8422 = 0, 57 .

Die Schallgeschwindigkeit a2 hinter dem Stoß ist

a2 =a2

a1a1 = 1, 0621

√γRT1 = 368, 7

m

s

und die Stromungsgeschwindigkeit

u′2 = M ′2a2 = 0, 57 · 368, 7m

s= 210, 2

m

s.

c) M ′3, a3, u3:

Auf der C+-Charakteristik (vgl. Abb. unter a) ) gilt :

u′ +2

γ − 1a = 2r = u′2 +

2

γ − 1a2 ,

also innerhalb des Gebietes [3]

u′3 +2

γ − 1a3 = u′2 +

2

γ − 1a2

bzw. nach Division mit a3

M ′3 +

2

γ − 1=a2

a3

(M ′

2 +2

γ − 1

). (3)

Mit der Isentropenbeziehung und p3 = p1 berechnet man a2/a3

a2

a3

=

(p2

p3

)γ−12γ

= 1, 0609 (4)

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356 9 Stromfadentheorie

und gewinnt aus (3) eine Bestimmungsgleichung fur M ′3 :

M ′3 =

(p2

p1

) γ−12γ

(M ′

2 +2

γ − 1

)− 2

γ − 1= 0, 909 .

Die Schallgeschwindigkeit a3 ist gemaß (4)

a3 =a2

1, 0609=

368, 7ms

1, 0609= 347, 6

m

s,

so daß die Stromungsgeschwindigkeit

u′3 = M ′3a3 = 316

m

s

ist. Wegen der Annahme, daß der Druck im Strahl nach dem Expansionsfacher p3

gleich dem Umgebungsdruck p1 ist (Gleichung (4)), muß an M ′3 die Bedingung

M ′3 < 1

gestellt werden, die fur die zugrunde gelegten Zahlenwerte erfullt ist.

Aufgabe 9.3-5 Prinzip des Expansionsrohres

In einem unendlich langen Rohr,das mit idealem Gas (γ = 1, 4)gefullt ist, befindet sich an derStelle x = l eine masselose Mem-bran. Der Druck p1 des Gases aufder rechten Seite dieser Membranund der Zustand p5, a5 auf der lin-ken Seite ist gegeben. Von linkslauft nun ein Stoß in das Rohr underhoht den Druck von p5 auf p4

hinter dem Stoß. Sobald der Stoßdie Membran erreicht hat, platztdiese. Es entsteht eine Kontaktunstetigkeit, die sich mit der bekannten Geschwindig-keit uK = u′2 = u′3 voranbewegt.

a) Wie groß ist die Machzahl MS1 des 1. Stoßes?b) Nach welcher Zeit t0 hat der Stoß die Membran erreicht?c) Wie groß ist die Schallgeschwindigkeit a3?d) Berechnen Sie den Druck an der Kontaktunstetigkeit.e) Wie groß ist die Machzahl des zweiten Stoßes?f) Berechnen Sie die Schallgeschwindigkeit a1.

Geg.: p1 = 1 bar, p4 = 18 bar, p5 = 4 bar, uk = 575 m/s, a5 = 300 m/s, l = 1 m, γ=1,4

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9.3 Instationare kompressible Stromung 357

Losung

a) Mit dem Druckverhaltnis p4/p5 ergibt sich die Stoßmachzahl MS1 = uS/a1 aus Ta-belle C.2 (S. L.) oder aus der Bestimmungsgleichung (S. L. (9.137)) fur das Druck-verhaltnis in Abhangigkeit der Machzahl vor dem Stoß:

p4

p5

= 1 + 2γ

γ + 1

(M2

S1− 1

)⇒ MS1 = 2 .

b) Die Stoßgeschwindigkeit ist dann

uS = MS1a5 = 600m/s

und daher betragt die Zeitdauer t0, die der Stoß benotigt, um die Strecke l zudurchlaufen, t0 = 10−2/6 s.

c) Langs der C+-Charakteristiken gilt:

u′4 +2

γ − 1a4 = u′3 +

2

γ − 1a3 . (1)

Die Geschwindigkeit im Bereich [4] u4 gewinnt man aus der Beziehung (S. L. (9.154))

u′4 =2a5

γ + 1

(MS1 −

1

MS1

)

zu 375 m/s. Die Schallgeschwindigkeit in diesem Bereich folgt aus der Stoßbezie-hung (S. L. (9.139)) oder Tabelle C.2 (S. L.) zu a4 = 389, 7 m/s und damit dieSchallgeschwindigkeit im Bereich [3] aus Gleichung (1) zu a3 = 349,7 m/s.

d) Der Druck im Bereich [3] entsteht aus isentroper Expansion vom Bereich [4]

p3

p4=

(a3

a4

) 2γγ−1

,

und p3 berechnet sich zu 8,4341 bar.e) Fur die MachzahlMS2 des zweiten Stoßes kann man wegen p2 = p3 die Stoßbeziehung

(S. L. (9.137)) verwenden oder wieder Tabelle C.2 (S. L.). Mit p2/p1 = 8, 4341 folgt

MS2 = 2, 7152 .

f) Die bekannte Stromungsgeschwindigkeit hinter dem zweiten Stoß (u′2 = uk) ist uber(S. L. (9.154))

uK =2a1

γ + 1

(MS2 −

1

MS2

)

mit der Schallgeschwindigkeit vor dem zweiten Stoß verknupft. Die Auflosung lieferta1 = 294, 0 m/s.

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358 9 Stromfadentheorie

Aufgabe 9.3-6 Schallausbreitung in einem geschlossenen Rohr

In einem geschlossenem Rohr der Lange 2l, das mit idealem Gas gefullt ist, sind folgendeAnfangsverteilungen (zur Zeit t = 0) der Stromungsgeschwindigkeit u(x, t) und derSchallgeschwindigkeit a(x, t) gegeben:

u(x, 0) =

⎧⎪⎨⎪⎩0 fur x > b

UA fur |x| ≤ b0 fur x < −b

,

a(x, 0) = a4 .

Hinweise:Die Stromung im Rohr ist homentrop.Die Stromungsgeschwindigkeit ist klein gegenuber der Schallgeschwindigkeit.Die Stromung soll mit der Methode der Charakteristiken berechnet werden.

a) Wie lauten die Randbedingungen an die Geschwindigkeit u?b) Berechnen Sie die Stromungsgeschwindigkeit im Rohr bevor die Storung die Wand

erreicht hat.Zu welchem Zeitpunkt t0 ist die Geschwindigkeit u(0, t0) = 0?

c) Berechnen Sie die Stromung im Rohr nach der Reflexion an der Wand.

Geg.: UA, a4, l, b

Losung

a) Randbedingungen:Die beiden Enden des Rohres werden zu keiner Zeit durchstromt, d. h.

u(l, t) = 0 , u(−l, t) = 0 .

Es liegt ein Anfangs–Randwertproblem vor.b) Geschwindigkeitsverteilung im Rohr ohne Reflexionen:

Da u a ist, vereinfachen sich die Differentialgleichungen der C+– und der C−–Charakteristiken zu dx/dt = ±a4 . Nach Integration erhalt man die Gleichung derC+– Charakteristik

x(t) = a4 t+ const

und die Gleichung der C−–Charakteristik

x(t) = −a4 t+ const .

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9.3 Instationare kompressible Stromung 359

Storungen breiten sich langs Cha-rakteristiken aus; der Vorgang istim nebenstehenden Weg–Zeit–Dia-gramm dargestellt. Zur Berechnungder Geschwindigkeit u(x, t) in deneinzelnen Gebieten werden die Ver-traglichkeitsbedingungen fur ho-mentrope Stromung (S. L. (9.174), (9.175))

2 r = u(x, t) +2

γ − 1a(x, t) (1)

und − 2 s = u(x, t)− 2

γ − 1a(x, t) (2)

benutzt, wobei (1) langs der C+– und (2) langs der C−–Charakteristik gilt.Die Riemannschen Invarianten 2r und −2s sind langs der C+– und C−–Charakteristikkonstant und werden aus den bekannten Anfangsverteilungen bestimmt.Durch jeden Punkt des Gebietes [1] lauft eine C+–Charakteristik, auf der

2r = u(x, 0) +2

γ − 1a(x, t = 0) = UA +

2

γ − 1a4

vorliegt und eine C−–Charakteristik, auf der

−2s = u(x, 0) − 2

γ − 1a(x, t = 0) = UA − 2

γ − 1a4

ist. Die Geschwindigkeit u1 im Gebiet [1] erhalt man durch Addition von Gleichung(1) und (2):

u1 = r − s = UA .

Analog diesem Vorgehen errechnet man nun im Gebiet [2]

C+ : 2r = u(x, 0) +2

γ − 1a(x, 0)

= UA +2

γ − 1a4 ,

C− : −2s = u(x, 0) − 2

γ − 1a(x, 0)

= 0 − 2

γ − 1a4

(jede C−–Charakteristik in Gebiet [2] beginnt in einem Punkt x > b auf der x–Achse), und erhalt

u2 = r − s =1

2UA .

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360 9 Stromfadentheorie

Im Gebiet [3] beginnen alle rechtslaufigen Charakteristiken bei x < −b auf derx–Achse:

C+ : 2r = 0 +2

γ − 1a4 ,

C− : −2s = UA − 2

γ − 1a4

⇒ u3 = r − s =UA

2.

Die Gebiete [1], [2] und [3] sind die Einflußgebiete der Storung, fur die Gebiete [4]und [5] erhalt man

C+ : 2r = 0 +2

γ − 1a4 ,

C− : −2s = 0 − 2

γ − 1a4

und u4 = r − s = 0 , sowie u5 = r − s = 0 .

Der Zeitpunkt t0, bei dem in x = 0 Ruhe herrscht, ist der Schnittpunkt der C+–Charakteristik die am Punkt (t = 0, x = −b) beginnt mit der Zeitachse:

C+ : x(t) = a4 t− b , x(t0) = a4 t0 − b = 0 ⇒ t0 =b

a4.

c) Bisher wurde die Stromung als reines Anfangswertproblem mit den gegebenen An-fangswertverteilungen behandelt. Es ist aber offensichtlich, daß die in b) berechne-ten Geschwindigkeiten u2 und u3 nicht die Randbedingungen u(±l, t) erfullen. ZurLosung werden nun an den Stellen x = ±2l fiktive Storungen der Breite 2b und derGeschwindigkeit uB auf der x–Achse angebracht:

Im Gebiet [6] uberlagern sich nun die Einflußgebiete der Storungen. Die rechtslaufi-gen Charakteristiken kommen von der Storung UA und die linkslaufigen Charakte-ristiken von der Storung UB . Man erhalt

C+ : 2r = UA +2

γ − 1a4 ,

C− : −2s = UB − 2

γ − 1a4

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9.3 Instationare kompressible Stromung 361

und u6 = r − s = UA + UB ,

und durch die Wahl UB = −UA wird im Gebiet [6] und damit an der Wand x = ldie Geschwindigkeit null und die Randbedingung ist erfullt.Das Gleiche gilt fur das Gebiet [7], nur ist dort die Rolle der C+– und der C−–Charakteristik vertauscht. Mit UB = −UA wird dann

u8 = −1

2UA , u9 = −1

2UA und u10 = −uA .

Im Gebiet [10] ist die Storung nach der ersten Reflexion wieder im Ursprung ange-langt, bewegt sich aber in die negative x–Richtung.Nachdem die Storung das Gebiet [10] durchlaufen hat, wird sie zu einem spaterenZeitpunkt wieder an den Wanden reflektiert. Dieser Vorgang wiederholt sich unend-lich oft. Zur Erfullung der Randbedingung zu allen Zeiten mussen unendlich vielefiktive Storungen angebracht werden, gemaß dem folgenden Bild:

Damit ist das Anfangs–Randwertproblem in ein reines Anfangswertproblem uberfuhrtworden, wobei nur der Bereich |x| ≤ l physikalische Bedeutung besitzt.Man erhalt weiterhin

u11 = u12 = −1

2UA , u13 = u14 = 0 ,

u15 = u16 = −1

2UA , u17 = UA .

Nachdem die Storung im Gebiet [17] angelangt ist (nach 2–maliger Reflexion) be-ginnt der Vorgang wieder von neuem. Dieser Zeitpunkt t∗ entspricht dem Schnitt-punkt der rechtslaufigen Charakteristik die im Punkt (x = −4l, t = 0) beginnt mitder Zeitachse:

C+ : x(t) = a4 t− 4l , x(t∗) = a4 t∗ − 4l = 0 ⇒ t∗ = 4

l

a4.

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10 Potentialstromungen

10.3 Inkompressible Potentialstromungen

Aufgabe 10.3-1 Expandierende Kugel

In einer inkompressiblen Flussigkeit befindet sich eine expandier-ende Kugel, deren Oberflache durch F (r, t) = r − R(t) = 0 be-schrieben wird.

a) Man berechne das Geschwindigkeitspotential Φ(r). (An der Kugeloberflache ist diekinematische Randbedingung zu erfullen, fur r → ∞ muß die Stromung abgeklungensein).

b) Berechnen Sie die Druckverteilung p(r, t).c) Skizzieren Sie fur die Abhangigkeit

R(t) = R0

(1 +

t

t0

)

die Geschwindigkeit ur(r, t) und den Druck p(r, t) zu den Zeitpunkten t = 0, 1/2 t0.

Geg.: R0, t0,

Losung

a) Geschwindigkeitspotential Φ(r):Die Oberflache der Kugel lautet

F (r, t) = r −R(t) = 0

und enthalt nur die unabhangige Veranderliche r. Wir wahlen daher zweckmaßiger-weise Kugelkoordinaten. Da uber die Randbedingungen keine Abhangigkeit von den

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 363

unabhangigen Veranderlichen ϕ und ϑ in das Problem eintritt, muß es kugelsym-metrisch sein und die Laplace–Gleichung reduziert sich zu

∆Φ = 0 =∂

∂r

(r2∂Φ

∂r

).

Durch Integration entsteht∂Φ

∂r=C1(t)

r2

und weiter durch eine zweite Integration

Φ = −C1(t)

r+ C2(t) . (1)

Im Unendlichen kann die endliche Kugel keine Stromung verursachen und ohneEinschrankung der Allgemeinheit setzen wir Φ = 0 fur r → ∞ und schließen aufC2(t) = 0. Die Oberflache wird nicht durchstromt, ist also materiell, und es istDF/Dt = 0. Die kinematische Randbedingung lautet daher ausfuhrlich

DF

Dt=∂F

∂t+ u · ∇F = −R + ur|R

∂F

∂r= −R+

∂Φ

∂r

∣∣∣∣∣R

= 0 ,

wobei von dem Nabla–Operator in Kugelkoordinaten (S. L. Anhang B)

∇ = er∂

∂r+ eϑ

1

r

∂ϑ+ eϕ

1

r sinϑ

∂ϕ

Gebrauch gemacht wurde, um die konvektive Anderung der Oberflache

u · ∇F = (urer) ·(∂F

∂rer

)= ur

∂F

∂r

zu ermitteln. Mit dem Potential (1) liefert die Randbedingung fur die KonstanteC1(t)

C1(t) = R R2 ,

und daher ist das Potential

Φ = −RR2

r, (2)

woraus sich der Geschwindigkeitsvektor zu

u = ur er =∂Φ

∂rer =

RR2

r2er (3)

berechnet.b) Druckverteilung p(r, t):

Die Bernoullische Gleichung fur inkompressible Stromung ohne Volumenkrafte lau-tet (S. L. (10.59))

∂Φ

∂t+

1

2∇Φ · ∇Φ +

p

= const .

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364 10 Potentialstromungen

Wir berechnen die auftretenden Terme der Reihe nach:

∂Φ

∂t= −RR

2

r− R 2R R

r= −R

r(R R + 2 R2) ,

1

2∇Φ · ∇Φ =

R2 R4

2r4

und erhalten aus der Bernoullischen Gleichung den Ausdruck

−Rr

(R R + 2 R2) +R2R4

2 r4+p

= const ,

dessen Bernoullische Konstante durch die Bedingung im Unendlichen (ur = 0, p =p∞) gegeben ist:

const =p∞ .

Damit erhalt man die Gleichung

p∞ − p

= −R

r(R R+ 2 R2) +

R2

2

(R

r

)4

, (4)

die fur gegebene Druckdifferenz p∞ − p(r = R) eine Dgl. fur den Kugelradius R(t)und fur gegebenen Kugelradius R(t) eine Gleichung fur das Druckfeld ist.Fur den Kugelradius in der Form

R(t) = R0

(1 +

t

t0

)

wird R = R0/t0 und R = 0, woraus wir das Druckfeld

p∞ − p

= −2

R0

r

(1 +

t

t0

)(R0

t0

)2

+1

2

(R0

t0

)2 R40

r4

(1 +

t

t0

)4

gewinnen, dem wir entnehmen, daß der Druck an der Kugeloberflache r = R(t)konstant bleibt. Mit der Wahl von (R0/t0)

2 /p∞ = 1 wird

p− p∞p∞

= 2R0

r

(1 +

t

t0

)− 1

2

(R0

r

)4 (1 +

t

t0

)4

und

ur =R0

t0

(R0

r

)2 (1 +

t

t0

)2

.

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 365

c) Dimensionslose Darstellung von ur und p:

Aufgabe 10.3-2 Kugel in einer Translationsstromung

Eine Kugel vom Radius r0 wirdvon Flussigkeit konstanter Dich-te umstromt. Von der Stromungwird angenommen, daß sie stati-onar, reibungs- und wirbelfrei ist.Im Unendlichen herrscht die un-gestorte Translationsstromung:u = U∞ex , p = p∞ .

a) Gesucht ist das Geschwindigkeitspotential Φ der Stromung. Dem Problem sind Ku-gelkoordinaten angepaßt, da sich der Rand dann als Flache r = const. besonderseinfach beschreiben laßt. Man lose die Laplacesche Gleichung mit der zugehorigenRandbedingung.

Da das Problem rotationssymmetrisch zur x-Achse (Polachse) ist gilt∂Φ

∂ϕ= 0 .

b) Berechnen Sie die resultierende Kraft auf die Kugel.

Losung

a) Potential der stationaren, reibungs- und wirbelfreien Kugelumstromung.Das Problem ist rotationssymmetrisch zur x-Achse, so daß die Laplace-Gleichungin Kugelkoordinaten lautet (S. L. (B.3)):

1

r2

∂r

(r2∂Φ

∂r

)+

1

r2 sinϑ

∂ϑ

(sinϑ

∂Φ

∂ϑ

)= 0 . (1)

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366 10 Potentialstromungen

Diese Gleichung ist mit der Randbedingung

∂Φ

∂n

∣∣∣∣∣r=r0

=∂Φ

∂r

∣∣∣∣∣r=r0

= 0 (2)

und der Bedingung im Unendlichen

Φ ∼ U∞x = U∞r cosϑ , fur r → ∞ (3)

zu losen.Mit dem Separationsansatz in Produktform

Φ(r, ϑ) = R(r) ∗ F (ϑ)

folgt aus (1) nach Multiplikation mitr2

RF

1

R

d

dr

(r2 dR

dr

)= − 1

F

1

sinϑ

d

(sin ϑ

dF

). (4)

Die linke Seite ist nur eine Funktion von r, die rechte Seite nur eine Funktion vonϑ, beide Seiten sind somit gleich der Separationskonstanten k. Die Gleichung derlinken Seite

r2 d2R

dr2+ 2r

dR

dr− kR = 0 (5)

ist eine Eulersche Dgl. und die Gleichung der rechten Seite ist eine Legendre Glei-chung

cos ϑdF

dϑ+ sinϑ

d2F

dϑ2+ kF sinϑ = 0 . (6)

Bekanntlich lost der Ansatz R(r) = rα die Eulersche Gleichung, wenn α die Glei-chung

α2 + α = k

erfullt. Wir erhalten die Wurzeln

α1 = −12

+√

14

+ k =: n ,

α2 = −12−

√14

+ k = −n− 1

und daher die Losung von (5) zu

R(r) = A′nr

n +B ′nr

−(n+1) . (7)

Mit α2 + α = k = n(n + 1) geht (6) uber in

cos ϑdF

dϑ+ sinϑ

d2F

dϑ2+ n(n+ 1) sin ϑF = 0 . (8)

Durch die Substitution µ := cosϑ folgt nach der Kettenregel:

dF

dϑ=

dF

dϑ= − sin ϑ

dF

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 367

undd2F

dϑ2= sin2 ϑ

d2F

dµ2− cos ϑ

dF

dµ.

Mit sin2 ϑ = 1−cos2 ϑ = 1−µ2 erhalt man aus (8) die Legendre Differentialgleichung:

(1 − µ2)d2F

dµ2− 2µ

dF

dµ+ n(n + 1)F = 0 . (9)

Fur den Fall das n eine nicht negative ganze Zahl ist (n ≥ 0), kann die allgemeineLosung von (9) in der Form

F (µ) = C ′Pn(µ) +D′Qn(µ)

geschrieben werden. Hierbei sind die Funktionen Pn(µ) Polynome vom Grade n,die Legendre Polynome genannt werden. Qn(µ) nennt man Legendre Funktionenzweiter Art, sie sind in den Punkten µ = ±1 unbeschrankt, d. h. Qn(µ) wird aufder x-Achse unendlich:

µ = cos ϑ , ϑ = 0 bzw. π ⇒ µ = 1 bzw. − 1 .

Da das Potential fur endliches r auf der x-Achse sicher endlich (auf der x-Achsemussen ja auch die Staupunkte liegen) ist, muß gelten

D′ ≡ 0 .

Fur den Fall das n keine ganze positive Zahl ist, werden auch die Funktionen Pn(µ)fur µ = ±1 unendlich, so daß die Losung, die auf der x-Achse beschrankt bleibt,

F (µ) = C ′Pn(µ) mit n ganzzahlig und n ≥ 0 (10)

ist. Die Legendre Polynome konnen durch die Formel

Pn(µ) =1

2nn!

dn

dµn(µ2 − 1)n

erzeugt werden und lauten

P0(µ) = 1 ,P1(µ) = µ = cosϑ ,

P2(µ) =1

2(3µ2 − 1) =

1

2(3 cos2 ϑ− 1)

usw. . . . .

Aus (7) und (10) folgt

Φn =(Anr

n +Bnr−(n+1)

)Pn(µ) ,

fur jedes n ≥ 0 , und damit ist auch

Φ =∞∑

n=0

(Anr

n +Bnr−(n+1)

)Pn(µ)

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368 10 Potentialstromungen

die Losung der Potentialgleichung ( mit An = A′nC

′n , Bn = B ′

nC′n ) .

Die Konstanten An und Bn werden aus den Randbedingungen und der Bedingungim Unendlichen bestimmt.Auf der Kugel gilt:

∂Φ

∂r

∣∣∣∣∣r=r0

=∞∑

n=0

(nAnr

n−10 − (n + 1)Bnr

−(n+2)0

)Pn(µ) = 0

⇒ Bn =n

n+ 1r(2n+1)0 An

⇒ Φ =∞∑

n=0

An

(rn +

n

n+ 1r(2n+1)0 r−(n+1)

)Pn(µ) .

Fur r → ∞ gilt dann

Φ ∼∞∑

n=0

AnrnPn(µ)

und da das asymptotische Verhalten von Φ fur r → ∞Φ ∼ U∞r cosϑ

ist, istA1 = U∞ und An = 0 fur n = 1

und daher die Losung

Φ = U∞

(r +

1

2

r30

r2

)cos ϑ .

Dies ist das bekannte Potential der Kugelumstromung (S. L. (10.139)).b) Kraft auf die Kugel

Die Bernoullische Gleichung lautet

p∞ +ρ

2U2∞ = p +

ρ

2u · u .

Auf der Kugel gilt ur = 0 (Randbedingung !)

uϑ =1

r

∂Φ

∂ϑ

∣∣∣∣∣r=r0

= −3

2U∞ sinϑ

⇒ p− p∞ =ρ

2U2∞

(1 − 9

4sin2 ϑ

)und die Kraft auf die Kugel ist

F =∫SK

∫−(p− p∞)n dS , n = er

F = −ρ2U2∞

2π∫0

π∫0

(1 − 9

4sin2 ϑ

)err

20 sinϑdϑdϕ ,

mit er = cosϑex + sinϑ cosϕey + sinϑ sinϕez erhalten wir

F ≡ 0 .

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 369

Aufgabe 10.3-3 Quelle in einer Parallelstromung

Uberlagert man eine Quelle miteiner Parallelstromung, so erhaltman die Umstromung eines un-endlichen Korpers (siehe Skizze).

a) Wie lautet das Geschwindigkeitspotential dieser Stromung ?b) Zeigen Sie durch Entwickeln der Geschwindigkeitskomponenten, daß die Stromung

in der Nahe des Staupunktes der zur z-Achse rotationssymmetrischen Staupunkt-stromung entspricht.

Geg.: U∞, E

Losung

a) Das Geschwindigkeitspotential lautet

Φ = U∞z − E

4πr.

Abweichend von (S. L. (10.92)) benutzen wir hier z als Polachse um den Zusammen-hang mit der rotationssymmetrischen Staupunktstromung herzustellen. In Haupt-koordinaten lauten die Geschwindigkeitskomponenten

u =∂Φ

∂x=

∂Φ

∂r

∂r

∂x=

E

4πr2

2x

2r=

E

x

r3,

v =∂Φ

∂y=

E

y

r3,

w =∂Φ

∂z= U∞ +

E

z

r3.

b) Geschwindigkeit am StaupunktDen Staupunkt berechnen wir aus der Bedingung u = 0 zu:

u = 0 ⇒ xs = 0 ,

v = 0 ⇒ ys = 0 ,

w = 0 ⇒ U∞ +E

zs

z2s

√z2

s

= 0 .

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370 10 Potentialstromungen

Die letzte Gleichung hat eine reelle Losung nur auf der negativen z–Achse, mitzs = −|zs| erhalten wir

|zs|2 =E

4πU∞zs = −

√E

4πU∞.

Die Taylorreihenentwicklung um den Staupunkt (xs, ys, zs) unter Vernachlassigungder Glieder quadratischer Ordnung wird in Indexnotation zu

ui = ui|s +∂ui

∂xj

∣∣∣∣∣s

(xj − xjs)

erhalten. Die Berechnung des Geschwindigkeitsgradiententensors ergibt

∂ui

∂xj=

∂xj

(∂Φ

∂xi

)= − E

∂xj

[∂(1/r)

∂xi

]

und weiter

− E

∂xj

[∂(1/r)

∂xi

]=

E

∂xj

(xi

r3

)=

=E

1

r3

∂xi

∂xj− 3

xixj

r5

=

E

4πr3

δij − 3

xixj

r2

.

Der Geschwindigkeitsgradiententensor wird am Staupunkt ausgewertet, also fur x =xs = 0, y = ys = 0 und z = zs

∂u1

∂x1

∣∣∣∣∣s

=E

4π |zs|3︸ ︷︷ ︸a

;∂u2

∂x1

∣∣∣∣∣s

= 0 ;∂u3

∂x1

∣∣∣∣∣s

= 0

∂u1

∂x2

∣∣∣∣∣s

= 0 ;∂u2

∂x2

∣∣∣∣∣s

= a ;∂u3

∂x2

∣∣∣∣∣s

= 0

∂u1

∂x3

∣∣∣∣∣s

= 0 ;∂u1

∂x2

∣∣∣∣∣s

= 0 ;∂u3

∂x3

∣∣∣∣∣s

= −2a

⇒ u = ax ; v = ay ; w = −2a(z − zs) .

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 371

Wir erkennen, daß die Geschwindigkeitskomponenten in einem im Staupunkt ange-brachten Koordinatensystem (z′ = z − zs) gerade mit den Geschwindigkeitskom-ponenten der rotationssymmetrischen Staupunktstromung ubereinstimmen :

u = ax′ ; v = ay′ ; w = −2az′ .

Aufgabe 10.3-4 Quelle in einer rotationssymmetrischen Stau-

punktstromung

Die stationare Stromung auf den skiz-zierten Korper kann als reibungsfreiePotentialstromung einer inkompres-siblen Flussigkeit berechnet werden.Die Stromung laßt sich aus einerrotationssymmetrischen Staupunkt-stromung und der Stromung einerQuelle im Ursprung zusammenset-zen.

a) Geben Sie das Gesamtpotential der Stromung auf den Korper an.b) Welches Geschwindigkeitsfeld u(r, z) erhalt man ?c) Wie groß muß die Ergiebigkeit E der Quelle sein.d) Geben Sie die Stromfunktion dieser Stromung an.e) Bestimmen Sie die Korperkontur durch Berechnen der Staustromlinie.f) Bestimmen Sie die Staupunkte der Stromung, wenn eine Senke (E < 0) im Ursprung

liegt, und skizzieren Sie die Stromlinien.

Losung

a) Das Gesamtpotential ergibt sich aus der Uberlagerung der rotationssymmetrischenStaupunktstromung

ΦSt =a

2(x2 + y2 − 2z2)

mit dem Potential der Quelle im Ursprung

ΦQ = − E

1√x2 + y2 + z2

zu

Φges =a

2(x2 + y2 − 2z2) − E

1√x2 + y2 + z2

.

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372 10 Potentialstromungen

b) Geschwindigkeitsfeld u(r, z) in Zylinderkoordinaten (r2 = x2 + y2):Aus

ur =∂Φ

∂r, uϕ =

1

r

∂Φ

∂ϕ, uz =

∂Φ

∂z

ergibt sich mit dem Gesamtpotential

ur = ar +E

r

(r2 + z2)3/2, (1)

uϕ = 0 ,

uz = −2a z +E

z

(r2 + z2)3/2. (2)

c) Ergiebigkeit E:Aus Symmetriegrunden muß der Staupunkt bei r = rs = 0 und z = zs = h liegen.

⇒ ur(r = 0, z = h) = 0 ,

uz(r = 0, z = h) = 0 = −2ah+E

1

h2

⇒ E = 8πah3 .

d) Stromfunktion Ψ = Ψ(r, z) der rotationssymmetrischen Stromung:Fur Stromlinien gilt: Ψ(r, z) = const

⇒ dΨ =∂Ψ

∂rdr +

∂Ψ

∂zdz = 0 .

Dies ist ein totales Differential, wenn die Integrabilitatsbedingung

∂2Ψ

∂z∂r=

∂2Ψ

∂r∂z

gilt. Die Kontinuitatsgleichung div u = 0 liefert in Zylinderkoordinaten die Glei-chung

∂(urr)

∂r+∂(uzr)

∂z= 0 ,

die zugleich die Integrabilitatsbedingung darstellt, wenn

∂Ψ

∂z= urr und

∂Ψ

∂r= −uzr

ist. Mit der bereits bekannten Geschwindigkeitskomponente uz folgt durch Integra-tion bezuglich r

Ψ = azr2 +E

z√r2 + z2

+ C(z)

und aus∂Ψ

∂z= ar2 +

E

r2

(r2 + z2)3/2+

dC

dz= urr

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 373

mit dem bereits bekannten ur folgt

urr = ar2 +E

r2

(r2 + z2)3/2,

so daß wir dann aufdC

dz= 0 ⇒ C = const

schließen. Mit E = 8π a h3 lautet die Stromfunktion nunmehr

Ψ = azr2 + 2ah3 z√r2 + z2

+ C . (3)

e) Staustromlinie:Es ist ublich der Korperkontur den Wert Ψ(r, z) = 0 zuzuordnen. Die Konstante Cin (3) bestimmt sich so, daß die Stromlinie Ψ = 0 durch den Staupunkt gehen muß,d. h. fur r = 0 , z = h ist Ψ(0, h) = 0 und daraus folgt

C = −2ah3 ,

so daß wir die Korperkontur in Form einer impliziten Gleichung

Ψ(r, z) = azr2 + 2ah3

[z√

r2 + z2− 1

]= 0 (4)

gewinnen. In der nebenstehenden Abbildungsind Linien Ψ = const skizziert.

f) Senke im Ursprung:An Staupunkten muß die Geschwindigkeit verschwinden (u = 0) und da uϕ ausSymmetriegrunden verschwindet, ist zu fordern:

ur = uz = 0 .

Fur E < 0 folgt aus (2) uz = 0 fur z = 0, d. h. die Staupunkte liegen in derx, y-Ebene. Aus (1) erhalt man fur z = 0

ur = ar +E

1

r2.

Die Staupunkte liegen also auf einem Kreis mitdem Radius

r =(− E

4π a

) 13

.

In der nebenstehenden Abbildung sind dieStromlinien skizziert.

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374 10 Potentialstromungen

Aufgabe 10.3-5 Quelle uber einer festen Wand

Im Abstand a von einer festen Wandbefindet sich eine punktformige Quel-le der Ergiebigkeit E.

a) Wie lautet das Potential Φ(r, z) (mit r2 = x2 +y2) der sich einstellenden Stromung?Hinweis: Man ermittle Φ aus der Wirkung zweier Quellen je im Abstand a oberhalbund unterhalb der Wand.

b) Man gebe das Geschwindigkeitsfeld an. Welche Geschwindigkeitsverteilung herrschtspeziell an der Wand?

c) Man gebe die Druckverteilung p(r, 0) an der Wand an, wenn der Druck im Stau-punkt p0 ist.

Geg.: a, E, p0,

Losung

a) Das Potential einer einzelnen Punktquelle im freien Raum, deren singularer Punktdie Koordinaten (0, 0, a) hat lautet

Φ1 = − E

1

[r2 + (z − a)2]1/2, mit r2 = x2 + y2 .

Dieses Potential allein beschreibt die Stromung bei Vorhandensein einer Wand nicht,da die Normalkomponente der Geschwindigkeit an der Wand nicht verschwindet.Bringt man jedoch eine zweite Quelle von gleicher Starke bei (0, 0,−a) an (Spie-gelung an der Wand), so stellt sich die richtige Randbedingung ein uz(z = 0) = 0und die Summe beider Potentiale beschreibt die Stromung.Das Potential der zweiten Quelle lautet

Φ2 = − E

1

[r2 + (z + a)2]1/2

.

Damit ergibt sich das Gesamtpotential zu

Φ = Φ1 + Φ2 ,

Φ = − E

[1

[r2 + (z − a)2]1/2+

1

[r2 + (z + a)2]1/2

].

b) Das Geschwindigkeitsfeld

u = ∇Φ =∂Φ

∂rer +

1

r

∂Φ

∂ϕeϕ +

∂Φ

∂zez ;

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 375

ur =∂Φ

∂r=

E

[r

[r2 + (z − a)2]3/2

+r

[r2 + (z + a)2]3/2

],

uϕ =1

r

∂Φ

∂ϕ= 0 ,

uz =∂Φ

∂z=

E

[z − a

[r2 + (z − a)2]3/2

+z + a

[r2 + (z + a)2]3/2

],

speziell an der Wand (z = 0)

ur =E

2r

[r2 + a2]3/2

und

uz =E

[ −a[r2 + a2]3/2

+a

[r2 + a2]3/2

]= 0 .

Die letzte Gleichung zeigt, daß die kinematische Randbedingung erfullt ist. Fur

(x, y, z) = (0, 0, 0) gilt u = 0, d. h. der Ursprung ist Staupunkt.c) Druckverteilung an der Wand:

Druck im Staupunkt sei p0, und da es sich um eine Potentialstromung handelt, hatdie Bernoullische Gleichung im ganzen Feld dieselbe Konstante, sie gilt auch

”quer

zu den Stromlinien“.

p +

2(u2

r + u2ϕ + u2

z) = p0 .

An der Wand ist

uϕ = uz = 0 , u2r =

(E

)2 4r2

[r2 + a2]3

und daher die Druckverteilung

p− p0 = − 2

(E

)2 4r2

[r2 + a2]3.

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376 10 Potentialstromungen

Aufgabe 10.3-6 Kontinuierliche Quellverteilung in einer Parallel-

stromung

Gegeben ist eine kontinuierliche Quell-verteilung q(x′) langs der x–Achse,die mit einer Parallelstromung in x–Richtung uberlagert wird.

a) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit langs der x–Achse.b) Geben Sie die Bestimmungsgleichung zur Berechnung der Staupunkte an.

Geg.: q(x′) = −bx′/L fur −L ≤ x′ ≤ L

Losung

a) Geschwindigkeit langs der x–Achse:Mit der gegebenen Quellintensitat q(x′) (Ergiebigkeit pro Langeneinheit) lautet dieErgiebigkeit dE = q(x′)dx′ , und das Potential im Abstand r dieser infinitesimalenQuelle am Ort x′ ist

dΦ = −q(x′)dx′

4πR, R =

√(x− x′)2 + y2 + z2 .

Durch Integration erhalten wir das Potential dieser Quellverteilung und uberlagerngleich das Potential der Parallelstromung

Φ = U∞x+1

L∫−L

bx′/L√(x− x′)2 + y2 + z2

dx′ .

Berechnung des Integrals

+L∫−L

x′√(x− x′)2 + y2 + z2

dx′ =

[√(x− x′)2 + y2 + z2 + x arsinh

x′ − x√y2 + z2

]x′=L

x′=−L

=√

(x− L)2 + y2 + z2−√

(x+ L)2 + y2 + z2+x arsinhL− x√y2 + z2

−x arsinh−L− x√y2 + z2

mit r2 := y2 + z2

Φ = U∞x+b

4πL

√(x− L)2 + r2 −

√(x+ L)2 + r2+

+ x(arsinh

L− x

r+ arsinh

L+ x

r

),

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 377

woraus sich die x–Komponente der Geschwindigkeit zu

u =∂Φ

∂x= U∞ +

b

4πL

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩x− L√

(x− L)2 + r2− x+ L√

(x+ L)2 + r2+

+ arsinhL− x

r+ arsinh

L+ x

r+x

r

⎡⎢⎢⎣ 1√1 +

(L+x

r

)2− 1√

1 +(

L−xr

)2

⎤⎥⎥⎦⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭

bzw.

u = U∞ − b

4πL

⎧⎨⎩ L√(x− L)2 + r2

+L√

(x+ L)2 + r2+

− arsinhL − x

r− arsinh

L + x

r

⎫⎬⎭berechnet. Die Geschwindigkeit auf der x–Achse, d. h. y → 0 und z → 0 bzw. r → 0wird nach Umformen der Area–Funktionen mit dem Additionstheorem

arsinhx− L

r− arsinh

x+ L

r=

= arsinh

⎡⎣x− L

r

√1 +

(x+ L

r

)2

− x+ L

r

√1 +

(x− L

r

)2⎤⎦

= arsinh(x− L)

√(x+ L)2 + r2 − (x+ L)

√(x− L)2 + r2

r2

durch den Grenzubergang r → 0 fur |x| > L (Regel von de L’Hospital) erhalten:

limr→0

(x− L)2r/(2√

(x+ L)2 + r2)− (x+ L)2r/

(2√

(x− L)2 + r2)

2r=

=1

2

x− L

|x+ L| −x+ L

|x− L|

⇒ u(x, y = 0, z = 0) =

= U∞ − b

4πL

[L

|x− L| +L

|x+ L| + arsinh

1

2

x− L

|x+ L| −1

2

x+ L

|x− L|]

.

Die anderen Komponenten ergeben sich erwartungsgemaß zu null:

v(x, y = 0, z = 0) =∂Φ

∂y

∣∣∣∣∣y=0, z=0

= 0 ,

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378 10 Potentialstromungen

w(x, y = 0, z = 0) =∂Φ

∂z

∣∣∣∣∣y=0, z=0

= 0 .

b) Bestimmungsgleichung fur die Staupunkte:Da v = w = 0 fur y = 0, z = 0 auf der x–Achse erfullt ist, liegen die Staupunkteauf der x–Achse und erfullen die Gleichung u(xs, 0, 0) = 0

⇒ 4πL

bU∞ =

L

|xs − L| +L

|xs + L| + arsinh

12

[xs − L

|xs + L| −x+ L

|xs − L|]

,

aus der die Staupunktskoordinate xs numerisch bestimmt werden muß.

Aufgabe 10.3-7 Expandierende Kugel in reibungsfreier undreibungsbehafteter Stromung

Das Potential der instationaren, inkompressiblen Stromung, her-vorgerufen durch eine expandierende Kugel mit dem KugelradiusR = R(t), ist

Φ(r, t) = −RR2

r(Vergleiche Aufgabe 10.3-1, Gleichung (2)).

a) Berechnen Sie die kinetische Energie der Flussigkeit in dem gesamten Stromungsfeldaußerhalb der Kugel (R ≤ r ≤ ∞).

b) Zeigen Sie, daß bei reibungsfreier Stromung ohne Volumenkrafte und ohne Warme-leitung die Anderung der kinetischen Energie gleich der Leistung der Druckkraftean der Kugel ist, wenn der Druck im Unendlichen p∞ = 0 ist.

c) Zeigen Sie, daß in reibungsbehafteter Stromung (Viskositat η) ohne Warmeleitungdie Leistung der Reibungsspannungen an der Oberflache gleich der Anderung derinneren Energie ist, und daß auch hier die Anderung der kinetischen Energie gleichder Leistung der Druckkrafte ist.

Geg.: R(t), , η

Losung

a) Kinetische Energie der Flussigkeit:Die kinetische Energie der Flussigkeit innerhalb des VolumensV ist:

K =

2

∫∫(V )

∫u2

r dV =

2

∫∫(V )

∫∇Φ · ∇Φ dV

=

2

∫∫(V )

∫[∇ · (Φ∇Φ) − Φ∆Φ] dV .

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 379

Mit ∆Φ = 0 und dem Gaußschen Satz erhalten wir

K =

2

∫(S)

∫Φ∂Φ

∂ndS . (1)

Die kinetische Energie im Außenraum erhalt man durch Auswerten von (1) furdas skizzierte Kontrollvolumen. Die außere Begrenzungsflache S∞ soll uberall imUnendlichen (r → ∞) verlaufen. Es gilt

∂Φ

∂n=

⎧⎪⎪⎪⎪⎨⎪⎪⎪⎪⎩−∂Φ

∂ran SK

∂Φ

∂ran S∞

mit ∂Φ/∂r = R (R/r)2. Aus (1) erhalten wir mit dem Flachenelement in Kugelko-ordinaten, dSr = r2 sinϑ dϑ dϕ,

K =

2

⎛⎜⎜⎝2π∫0

π∫0

− Φ∂Φ

∂rR2 sinϑ dϑ dϕ + lim

r→∞

2π∫0

π∫0

Φ∂Φ

∂rr2 sinϑ dϑ dϕ

⎞⎟⎟⎠

= π

⎛⎜⎜⎝π∫

0

R2R3 sinϑ dϑ+ limr→∞

π∫0

− (R R2)2

rsinϑ dϑ

⎞⎟⎟⎠= 2π R2 R3 . (2)

b) In reibungsfreier Stromung ohne Warmeleitung ist De/Dt = 0 (S. L. (2.119)), so daßdie Energiegleichung (S. L. (2.113)) sich auf DK/Dt = P reduziert: Die Leistung Pdes Spannungsvektors t = −p(r, t)n an der Kontrollvolumenoberflache ist

P =∫SK

∫ur p(R, t) dS , (3)

wobei wir berucksichtigt haben, daß der Spannungsvektor an der Flache S∞ null ist.Die Druckverteilung folgt aus der instationaren Bernoullischen Gleichung. Fur r = Rgilt

p(R, t) = (R R +

3

2R2

)und ur(R, t) = R .

(3) wird damit zu

P = 4π R2 p(R, t)ur(R, t) = 4π R2R(R R+

3

2R2

).

Berechnen wir DK/Dt mittels (2), so erhalten wir

DK

Dt=∂K

∂t+ ur

∂K

∂r=

dK

dt= 4π R2R

(R R+

3

2R2

).

Die Energiegleichung DK/Dt = P wird also erfullt.

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380 10 Potentialstromungen

c) Da es sich um eine inkompressible Potentialstromung handelt, sind die Navier–Stokesschen Gleichungen erfullt. An der Kugel ist der Geschwindigkeitsvektoruw = Rer und dies ist auch gleich dem Vektor der Stromungsgeschwindigkeitu = RR2/r2|R er = R er, d. h. aber auch, daß die dynamische Randbedingungerfullt ist (S. L. (4.159)). Wir haben es hier also mit einer exakten Losung derNavier–Stokesschen Gleichungen zu tun. Wahrend in der vorliegenden Stromungdie Divergenz der Reibungsspannungen verschwindet (S. L. (Seite 89)), sind dieReibungsspannungen selbst nicht null.Der Tensor der Reibungsspannungen nimmt in inkompressibler Stromung die Form(S. L. (3.2b))

P = 2 ηE

an. Der Dehnungsgeschwindigkeitstensor ist (S. L. (Seite 406))

E =∂ur

∂rer er +

ur

reϕ eϕ +

ur

reϑ eϑ

und daher der Vektor tR der Reibungsspannungen an der Kugeloberflache SK

tR = n · P = −er · P = −2 η∂ur

∂rer ,

bzw. auf S∞tR = n · P = er · P = 2 η

∂ur

∂rer .

Die Arbeit der Reibungsspannungen berechnen wir damit zu

PR =∫(S)

∫tR · u dS =

∫SK

∫−2 η

∂ur

∂rur dS +

∫S∞

∫2 η

∂ur

∂rur dS ,

PR =

2π∫0

π∫0

4 ηR2 R4

R5R2 sin ϑ dϑ dϕ− lim

r→∞

2π∫0

π∫0

4 ηR2 R4

r5r2 sinϑ dϑ dϕ ,

PR = 8π η R2 R

π∫0

sinϑ dθ ,

PR = 16π η R2R

berechnen. In reibungsbehafteter, inkompressibler Stromung ohne Warmeubergangist die Anderung der inneren Energie (S. L. (2.121), (2.131))

De

Dt=

Φ

,

wobei jetzt Φ die Dissipationsfunktion bedeutet, fur die wir

Φ = 2 η sp(E2

)

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 381

schreiben (S. L. (3.66)). Die Spur von E2 ist offensichtlich

sp(E2

)=

(∂ur

∂r

)2

+(ur

r

)2

+(ur

r

)2

,

sp(E2

)=

6 R2 R4

r6

und daher die in der Potentialstromung (!) pro Zeiteinheit dissipierte Energie imAußenraum der Kugel

∫∫(V )

∫Φ dV =

2π∫0

π∫0

∞∫R

12 η R2 R4

r6r2 sinϑ dr dϑ dϕ

=24π η

3

π∫0

[−R

2R4

r3

]∞+R

sin ϑ dϑ

oder ∫∫(V )

∫Φ dV = 16π η R2 R =

∫∫(V )

De

DtdV .

Die dissipierte Energie, die gleich der Zunahme der inneren Energie ist, wird durchdie Arbeit der Reibungsspannungen an der Kugeloberflache erzeugt. In der Ener-giegleichung (S. L. (2.114)) heben sich die Arbeit der Reibungsspannungen mit derZunahme der inneren Energie auf, und genau wie in der reibungsfreien Stromungdient die Arbeit der Druckspannungen an der Kugel dazu, die kinetische Energieder Stromung zu erhohen bzw. zu erniedrigen.

Aufgabe 10.3-8 Wachstum einer Kavitationsblase

In einer ruhenden, inkompressiblen Flussigkeit ist der Druck so-weit abgesunken, daß sich eine kugelsymmetrische Blase mit demRadius R(t) bilden konnte. Kavitationskeime sind oft ungelosteGase in Form von Blaschen, die auch an mikroskopischen Teilchenhaften. Wir nehmen an, daß in der Blase Gas mit dem Gasdruckpg und Dampf mit dem Dampfdruck pD vorhanden ist. Die Ex-pansion der Blase mit der zeitlichen Anderung des Blasenradiuses

dR/dt = R verursacht eine kugelsymmetrische Stromung der Flussigkeit. Die Druck-verteilung

p(r, t) − p∞(t)

=R

r(RR + 2 R2) − 1

2

(R2 R

r2

)2

dieser Stromung wurde in Aufgabe 10.3-1 berechnet.

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382 10 Potentialstromungen

a) Der Druck am Blasenrand ist in reibungsfreier Flussigkeit mit

p(R, t) = pg + pD − 2C

R

(Gasdruck pg, Dampfdruck pD, Kapillarkonstante C) gegeben (vgl. S. L. (5.53)).Wie lautet die Bewegungsgleichung der Blasenoberflache?

b) Prufen sie fur kleine Storungen des Radiuses R um R0, d. h. R(t) = R0 + εR1(t)mit ε 1, die Stabilitat des Blasenwachstumes, wenn der Gasdruck pg in der Blasesich isotherm andert.

Losung

a) Bewegungsgleichung der Blasenoberflache:Die Bewegungsgleichung der Blasenoberflache folgt aus der Druckverteilung im Feldmit r = R:

p(R, t) − p∞(t)

= R R + 2 R2 − 1

2R2 = R R +

3

2R2 .

Mit dem gegebenen Druck an der Blasenoberflache folgt daraus

RR +3

2R2 =

1

(pg + pD − 2C

R− p∞(t)

). (1)

Aus der thermischen Zustandsgleichung

pg =m

VRT ,

wo m die konstante Gasmasse ist, und dem Blasenvolumen V = (4/3)π R3 folgt derGasdruck zu

pg =3

4

mRπ

T1

R3= AT

1

R3, A = const . (2)

Einsetzen von (2) in (1) fuhrt zu einer Differentialgleichung zur Bestimmung desBlasenradiuses R(t):

R R+3

2R2 − AT

1

R3+

1

2C

R=pD − p∞(t)

. (3)

b) Stabilitat des Blasenwachstumes fur isotherme Gasdruckanderung:Wir betrachten den Fall konstanter Temperatur in der Blase (T = const), dann folgtaus (2) der Gasdruck zu

pg = pg0

(R0

R

)3

,

was zu der Form der Bewegungsgleichung

R R+3

2R2 − pg0

(R0

R

)3

+1

2C

R=pD − p∞(t)

(4)

fuhrt. Zur Bestimmung von R(t) ist diese nichtlineare Differentialgleichung 2. Ord-nung numerisch mit den Anfangsbedingungen

t = 0 : R = R0 und R = 0

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 383

zu integrieren.Wir wollen lediglich die Stabilitat des Blasenwachstumes untersuchen und entwickelndie Funktion R(t) fur kleine Storungen um R0. Aus dem in der Aufgabenstellunggegebenen Storansatz folgt

R = ε R1 und R = ε R1 .

Wir setzen den Ansatz in (4) ein und vernachlassigen alle Terme quadratischer undhoherer Ordnung in ε. Dies fuhrt zu der linearisierten Bewegungsgleichung

εR0R1 + εR1

R0

(3 pg0 − 2

C

R0

)=

1

(pD + pg0 −

2C

R0− p∞(t)

). (5)

R0 und R1 sind von gleicher Großenordnung. Die Großenordnung der Terme inder Differentialgleichung wird durch ε angegeben. Ein Vergleich der Terme gleicherGroßenordnung in (5) bedeutet hier, Terme gleicher Potenz in ε zu vergleichen.Terme der Ordnung ε0: Die aus (5) folgende Gleichung

0 =1

(pD + pg0 −

2C

R0− p∞(t)

)beschreibt das Druckgleichgewicht an der Oberflache im Ruhezustand der Blase undergibt

R0 =2C

pD − p∞ + pg0

.

Die Terme der Großenordnung ε fuhren auf die lineare Gleichung

R1 +R1

R20

(3 pg0 − 2

C

R0

)= 0 , (6)

die durch den Ansatz R1 = eλ t gelost wird. Wenn es einen positiven Realteil vonλ gibt, so wachst eine Storung exponentiell an, d. h. die Blase ist instabil. Aus (6)folgt

λ2 =1

R20

(2C

R0− 3 pg0

)und somit positiver Realteil fur

2C

R0> 3pg0

und mit (2) auch2C

R0>

3AT

R30

oder

R0 >

√3

2

AT

C= R0krit

.

Wenn der Gleichgewichtsradius großer ist als der kritische Radius, so wachst dieBlase exponentiell an. Fur einen Anfangsradius R0 = R0krit

bleibt dieser erhalten.Fur R0 < R0krit

ist der Eigenwert λ imaginar. Die Blase oszilliert mit konstanterAmplitude. Wenn der Gasdruck pg0 null oder sehr viel kleiner als der Dampfdruckist, wachsen Blasen immer an, auch in ihrem Bestreben thermodynamisches Gleich-gewicht herzustellen.

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384 10 Potentialstromungen

Aufgabe 10.3-9 Der runde Freistrahl

Durch das skizzierte kreisrunde Loch (Durchmesser D) im Boden eines sehr großenBehalters stromt Flussigkeit konstanter Dichte unter dem Einfluß der Schwerkraft aus.Der austretende Freistrahl schnurt sich auf den Durchmesser d ein. Die Stromung iststationar und reibungsfrei. Es soll die Kontraktionsziffer α = d2/D2 berechnet werden.

Hinweis: Ist D klein gegen die Hohe H des Flussigkeitsspiegels, bewegt sich die Flussig-keit in hinreichend großer Entfernung vom Ausfluß rein radial nach innen und kanndurch eine Punktsenke mit dem Geschwindigkeitsfeld

u =E

1

r2er , E < 0

dargestellt werden.

a) Wie groß ist die Geschwindigkeit uS des austretenden Strahles?b) Berechnen Sie die Kontraktionsziffer α und den Durchmesser d des Strahles!

Geg.: H, D, , p0

Losung

a) Die Hohe H des Flussigkeitsspiegels andert sich nicht, so daß die Torricellische Aus-flußformel sofort

uS =√

2 g H (1)

ergibt.b) Das Kontrollvolumen fur den Impulssatz beinhaltet eine Halbkugel (Radius RK)

mit Kugelmittelpunkt im Koordinatenursprung und den austretenden Strahl. DieOberflache des Kontrollvolumens schneidet den Strahl an einer Stelle, ab der sichder Strahldurchmesser nicht mehr andert.

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 385

Wir benotigen nur die Komponente des Impulssatzes in die x–Richtung, mussenaber, da die Stromung durch die Volumenkraft getrieben wird, das Volumenintegraldieser Kraft behalten:∫

(S)

∫ u (u · n) dS · ex =

∫∫(V )

∫ k dV · ex +

∫(S)

∫t dS · ex .

Mit dem Vektor der Volumenkraft k = − g ex und dem Spannungsvektor furreibungsfreie Flussigkeit t = −pn entsteht

∫SK

∫ u · ex (u · n) dS +

∫AS

∫ u · ex (u · n) dA =

= −∫∫V

∫ g ex · ex dV +

∫SK

∫−pK n · ex dS +

∫AB

∫−pB n · ex dA +

+∫SF

∫−p0 n · ex dS +

∫AS

∫−p0 n · ex dA . (2)

Die Impulsflusse uber die Flachen AB und SF verschwinden wegen der Randbeding-ung. Der Druck im Freistrahl an der Flache AS ist gleich dem Umgebungsdruck, dadie Stromlinien nicht gekrummt sind.Fur das Integral des Impulsflusses in x–Richtung uber die Flache SK erhalt manmit u = (A/r2)er , wobei A = E/4π , E < 0 ist, n = er und dem Flachenelement(in Kugelkoordinaten) dS = r2 sinϑ dϑ dϕ

∫SK

∫ u · ex (u · n) dS =

2π∫0

π2∫

0

A2

R4K

R2Ksinϑ cos ϑ dϑ dϕ = π

A2

R2K

.

Das zweite Integral der linken Seite von (2) wird mit u = −uS ex, n = −ex und

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386 10 Potentialstromungen

dS = r dϕdr

∫AS

∫ u · ex (u · n) dA =

2π∫0

d2∫

0

− u2S r dr dϕ = −π u2

S

d2

4.

Bei der Auswertung des Volumenintegrals ist g konstant, so daß gilt

−∫∫V

∫ g dV = − g

∫∫V

∫dV ,

mit∫∫V

∫dV als dem Rauminhalt des Kontrollvolumens. Bei genugend großem Radius

RK kann man das Volumen des Freistrahls gegenuber dem Volumen der Halbkugelvernachlassigen und erhalt

−∫∫V

∫ g dV = − g 2

3π R3

K .

Fur die Berechnung der Integrale des Spannungsvektors t = −pn uber die FlachenSK und AB benotigt man die Druckverteilungen. Diese werden mit der Bernoulli-schen Gleichung ermittelt.Druckverteilung an SK :Bernoullische Gleichung von x = H zur Flache r = RK :

u2

K

2+ g RK cosϑ+ pK = g H + p0 .

Aus dem Geschwindigkeitsfeld der Senke

uK =A

R2K

folgt

pK(RK , ϑ) = g H + p0 −

2

A2

R4K

− g RK cosϑ .

Die Druckverteilung am Boden folgt aus der Bernoullischen Gleichung

u2

B

2+ pB = g H + p0 .

Mit der Geschwindigkeit aus der Senkenstromung uB = A/r2 (was in der Nahe derAustrittsoffnung nicht mehr genau stimmt) wird

pB(r, ϑ =π

2) = g H + p0 −

2

A2

r4.

Der Umgebungsdruck p0 wird, da er nicht in das Problem eingeht, zu null gesetzt:p0 = 0.

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 387

Die Auswertung der Integrale der rechten Seite von (2) ergibt nun

∫SK

∫−pK n · ex dS = −

2π∫0

π2∫

0

( g H −

2

A2

R4K

− g RK cosϑ)er · exR2K sinϑ dϑ dϕ

= −π( g H −

2

A2

R4K

)R2

K +2

3π g R3

K

und

∫AB

∫−pB n · ex dA = −

2π∫0

RK∫D2

( g H −

2

A2

r4

)(−ex) · exr dr dϕ

= 2π

[ g H

(R2

K

2− D2

8

)+

(A2

4R2K

− A2

D2

)].

Die Integrale uber die Flachen SF und AS ergeben den Wert Null, da p0 = 0 ist.Damit lautet Gleichung (2)

π A2

R2K

− π u2S

d2

4= −π 2

3g R3

K − π

(g H − 1

2

A2

R4K

)R2

K + π 2

3g R3

K

(g H R2

K − g HD2

4

)+ π

(1

2

A2

R2K

− 2A2

D2

)bzw.

u2S

d2

4= g H

D2

4+ 2

A2

D2.

Die Kontinuitatsgleichung fur das gewahlte Kontrollvolumen

2π∫0

π2∫

0

A

R2K

R2K sinϑ dϑ dϕ+

2π∫0

d2∫

0

− uS r dr dϕ = 0

liefert

A = uSd2

8. (3)

Mit den Gleichungen (1), (2) und (3) sowie der Beziehung fur die Kontraktionszifferα = d2/D2 erhalt man eine quadratische Bestimmungsgleichung fur die Kontrakti-onsziffer α

1 − 2α +α2

4= 0 .

Die Losung istα1/2 = ±√

12 + 4 ,

wobei nur der Wertα = −

√12 + 4 = 0, 536 < 1

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388 10 Potentialstromungen

in Frage kommt. Der Durchmesser d des Strahles ist dann

d =√αD = 0, 732D .

Das Ergebnis wird naturlich nur exakt realisiert fur D → 0 und H → ∞, da nur indiesem Fall die Stromung wirklich eine punktformige Senkenstromung ist.

Aufgabe 10.3-10 In Wasser aufsteigende Blase

Eine Kugel der Dichte K mit dem Volumen VK

(Kugelradius r0) wird zum Zeitpunkt t = 0 inWasser (Dichte W ) bei einer Tiefe h unter derOberflache plotzlich losgelassen.

a) Wie lautet die Bewegungsgleichung der Bahn der Kugel x(t)?b) Wann erreicht die Kugel fur den Fall K < W die Oberflache und wie groß ist in

diesem Augenblick ihre kinetische Energie?c) Wie andern sich die Ergebnisse aus b), wenn der Beschleunigungswiderstand des

Wassers falschlicherweise nicht berucksichtigt wird?

Geg.: K , W , h, VK , g

Losung

a) Bahn der Kugel:Die Bewegungsgleichung fur die Kugel lautet

X = (M +M ′)dU

dt,

wobei X die außere Kraft, M die Masse der Kugel und M ′ die virtuelle Masse ist(S. L. (10.175)). Fur die Masse der Kugel schreiben wir

M = KVK =4

3π r3

0 K

und fur die virtuelle Masse M ′ = 23π r3

0 W . Die außere Kraft besteht aus demAuftrieb der Kugel und ihrem Gewicht

X = −VK( K − W )ge3 ,

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 389

die beide parallel zum Vektor der Erdbeschleunigung g e3 wirken. Fur die Beschleu-nigung der Kugel haben wir daher auch

dU

dt=

d2x3

dt2e3 ,

so daß die Gleichung

−VK( K − W )g = VK( K +1

2 W )

d2x3

dt2

entsteht, die aufd2x3

dt2=

W − K

W /2 + Kg

fuhrt bzw. aufdx3

dt=

W − K

W/2 + Kgt+ C1 .

Die Integrationskonstante bestimmt sich aus der Anfangsbedingung

dx3

dt

∣∣∣∣∣t=0

= U(t = 0) = 0 ,

und daher istC1 = 0 .

Die erneute Integration liefert mit der Anfangsbedingung x3(t = 0) = −h dasErgebnis

x3(t) = W − K

W/2 + K

1

2gt2 − h .

b) Erreichen der Wasseroberflache:

Wir bestimmen die Zeit aus der Bedingung x3(t = t∗) != 0 zu

t∗ =

(2h

g

W /2 + K

W − K

)1/2

und erkennen, daß W > K sein muß. Die Geschwindigkeit der Kugel beim Errei-chen der Wasseroberflache betragt

U(t = t∗) =dx3

dt

∣∣∣∣∣t=t∗

= W − K

W /2 + Kgt∗ ,

so daß die kinetische Energie der Kugel

K = 12mKugelU

2(t∗)

zu diesem Zeitpunkt

K = 12 KVK

( W − K

W/2 + K

)2

2hg W /2 + K

W − K

betragt bzw.

K = KVKgh W − K

W /2 + K.

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390 10 Potentialstromungen

c) Ergebnisse ohne Berucksichtigung der virtuellen Massen:Diese folgen aus b) durch Streichen des Terms W /2 , der von der virtuellen Masseder Kugel ruhrt. Die Zeit zum Erreichen der Wasseroberflache ist dann

t∗ =

(2h

g

K

W − K

)1/2

und die kinetische Energie

K = KVKgh W − K

K

und die Verhaltnisse der entsprechenden Großen mit und ohne Berucksichtigung dervirtuellen Masse sind

t∗

t∗=

( K

W/2 + K

)1/2

undK

K= W/2 + K

K.

Zahlenbeispiel: K

W≈ 10−3 (Luftballon)

⇒ t∗

t∗= 0, 0447 ,

K

K= 501 .

Aufgabe 10.3-11 Bewegung eines Zylinders senkrecht zu sei-

ner Achse

Gegeben ist das Potential der ebenen Stromung um einen Zylinder (Radius r0, LangeL, Dichte Z), der senkrecht zu seiner Achse mit der Geschwindigkeit Ui durch ruhendeFlussigkeit (Dichte ) bewegt wird:

Φ = −r20

xi

r2Ui , r2 = x2

1 + x22 .

a) Man berechne den Tensor der virtuellen Massen.b) Welche Kraft wird benotigt, um den Zylinder mit der Geschwindigkeit U = −U(t/t0)ex

zu bewegen?

Geg.: Z , , r0, L, Ui

Losung

a) Tensor der virtuellen Massen:Wegen der Randbedingung an der Korperoberflache und der Linearitat der Laplace-Gleichung hat das Geschwindigkeitspotential die Form (S. L. (10.167))

Φ = Uiϕi .

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 391

Mit der Vektorfunktion ϕi berechnet sich der Tensor der virtuellen Massen(S. L. (10.170))

mij = −∫SK

∫ ϕinj dS (symmetrischer Tensor),

wobei wir hier unmittelbar

ϕi = −r20

r2xi

dem Potential Φ entnehmen. Da es sich um eine ebene Stromung handelt, sind vierKomponenten des Tensors mij zu ermitteln. Fur einen Zylinder der Lange L hatman mit n1 = cos β, n2 = sinβ in Zylinderkoordinaten

m11 = − L2π∫0

(−r

20

r20

x1

)cosβ r0dβ

und mit x1 = r0 cosβ folgt

m11 = Lr20

2π∫0

cos2β dβ

oderm11 = πr2

0L .

m22 = − L2π∫0

(−r

20

r20

x2

)sinβ r0dβ ,

mit x2 = r0 sinβ

m22 = Lr20

2π∫0

sin2β dβ = πr20L .

m21 = m12 = Lr20

2π∫0

cosβ sinβ dβ = 0 .

b) Benotigte Kraft:Die Bewegungsgleichung lautet allgemein

Xi = (Mδij +mij)dUj

dt

und hier wegenmij = M ′δij , M ′ = πr2

0L

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392 10 Potentialstromungen

undMδij = Zπr

20Lδij (Masse des Zylinders)

Xi = πr20L( Z + )δij

dUj

dtoder

Xi = πr20L( Z + )

dUi

dt.

Die Richtung der Kraft stimmt hier also mit der Richtung der Beschleunigung uber-ein. Mit

dU1

dt= −U

t0,

dU2

dt=

dU3

dt= 0

folgt fur die benotigte Kraft

X = X1e1 = −πr20L( Z + )

U

t0e1 ,

X = −πr20L Z

(1 +

Z

)U

t0e1 .

Aufgabe 10.3-12 Schwingender Rotor in einer reibungsfreienFlussigkeit

Ein zylindrischer Rotor (Masse m, Radius R1, Lange L, BiegesteifigkeitEI → ∞) ist anseinen Enden symmetrisch uber zwei masselosen Wellen (Lange l/2, Biegesteifigkeit EI)in einem zylindrischen Gehause (Radius R2) gelagert. Im Gehause befindet sich eine in-kompressible, reibungsfreie Flussigkeit (Dichte ). Wegen L/R2 1 kann das Problemunter Vernachlassigung der Randumstromung als eben betrachtet werden.

a) Wie lautet das Potential der Stromung im Spalt, wenn der Rotor kleine Schwing-ungen in x-Richtung ausfuhrt ?

b) Wie groß ist die kinetische Energie der Flussigkeit im Spalt ?c) Wie groß ist die virtuelle Masse M ′ ?

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 393

d) Wie lautet die Schwingungs-Differentialgleichung fur die Rotorbewegung ?e) Vergleichen Sie die Eigenfrequenz des Rotors mit der fur den Fall, daß er nicht von

Flussigkeit umgeben ist.

Geg.: R1, R2, l, L, m, , EI , xw

Losung

a) Potential der ebenen, inkompressiblen Stromung:Die Laplace-Gleichung in Zylinderkoordinaten lautet

∆Φ =∂2Φ

∂r2+

1

r

∂Φ

∂r+

1

r2

∂2Φ

∂ϕ2+∂2Φ

∂z2= 0 . (1)

Zur Losung der Laplace-Gleichung soll ein Separationsansatz versucht werden. Die-ser kann aber nur dann zur Losung fuhren, wenn die Randbedingungen auf denKoordinatenflachen formuliert werden konnen. Die kinematische Randbedingungam Gehause (r = R2) lautet

u · n = −ur = 0 an r = R2 , (2)

genugt also dieser Bedingung. Die Randbedingung am Rotor lautet aber

u · n = uw · n an r = R(ϕ, t) . (3)

Betrachtet man jedoch nur kleine Schwingungen um die Ruhelage, so ist n ≈ er, sodaß sich aus (3) ergibt

ur = xwex · er = xw cosϕ an r = R1 , (4)

die wir im Rahmen der Naherung statt auf der Rotorflache auf der stationarenKoordinatenflache r = R1 vorschreiben.Fur das Potential machen wir den Produktansatz

Φ = F (r) ∗G(ϕ) , (5)

der mit (1) auf

F ′′G +1

rF ′G +

1

r2FG′′ = 0

fuhrt bzw. auf(r2F ′′ + rF ′)/F = −G′′/G . (6)(

( )′ ∧= Ableitung nach dem jeweiligen Argument

)Beide Seiten von (6) konnen nur dann gleich sein, wenn sie gleich einer Konstantensind, die wir k2 nennen. Daraus ergeben sich die beiden gewohnlichen Differential-gleichungen

r2F ′′ + rF ′ − k2F = 0 , (7)

G′′ + k2G = 0 . (8)

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394 10 Potentialstromungen

(7) ist eine lineare Dgl. vom Eulerschen Typ, die sich mit dem Ansatz F (r) = rn

losen laßt. Mit diesem Ansatz folgt aus (7)

n(n− 1) + n − k2 = 0 oder n2 = k2 d. h. n = ±k ,so daß die allgemeine Losung lautet:

F (r) = Ark +Br−k . (9)

(8) ist eine Schwingungs-Dgl. mit der Losung

G(ϕ) = C cos kϕ+D sin kϕ .

Eine Losung fur das Potential lautet damit

Φ = F (r) ∗G(ϕ) = (Ark +Br−k)(C cos kϕ+D sin kϕ) fur allek .

Da die Stromung in ϕ–Richtung periodisch sein muß, d. h.

G(ϕ) = G(ϕ+ 2π) ,

kann k nur ganzzahlig sein. Man erkennt dies sofort, wenn mit dem Additionstheo-rem z. B. der cos–Term ausgeschrieben wird:

cos kϕ = cos k(ϕ+ 2π) = cos kϕ cos k2π − sin kϕ sin k2π .

Aus der Summe der rechten Seite entsteht die linke Seite nur fur k = 1, 2, ... .Deshalb und wegen der Linearitat der Laplace-Gleichung (1) muß auch die Summealler Einzellosungen Losung sein:

Φ =∞∑

k=0

(Akr

k +Bkr−k

)(Ck cos kϕ+Dk sin kϕ) .

Diese unterwerfen wir den Randbedingungen (2) und (4); fur ur ergibt sich

ur =∂Φ

∂r=

∞∑k=0

k(Ak r

k−1 −Bk r−k−1

)(Ck cos kϕ+Dk sin kϕ) , (10)

so daß aus (2)

ur(R2) = 0 =∞∑

k=0

k(AkR

k−12 − BkR

−(k+1)2

)(Ck cos kϕ+Dk sin kϕ)

folgt. Aus dieser Gleichung kann man zunachst

Bk = AkR2k2

schließen. Die R. B. (4) ergibt sich nun zu

ur(R1) = xw cosϕ =∞∑

k=0

k Ak

(Rk−1

1 − R2k2 R

−k−11

)(Ck cos kϕ+Dk sin kϕ) .

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10.3 Inkompressible Potentialstromungen 395

Aus dieser Gleichung erkennt man, daß Dk ≡ 0 und k = 1 sein muß. Faßt man nochdas Produkt A1C1 mit A1 zusammen, so ist

xw cosϕ = A1

(1 − R2

2R−21

)cosϕ ,

womit sich

A1 =xwR

21

R21 − R2

2

und B1 =xwR

21R

22

R21 − R2

2

ergibt. Die den R. B. angepaßte Losung fur das Potential lautet somit

Φ = −xw(t)R2

1

R22 − R2

1

(r +

R22

r

)cosϕ . (11)

b) Kinetische Energie der Flussigkeit im Spalt:Aus der Definition

K =∫∫(V )

2

∂Φ

∂xi

∂Φ

∂xidV

ergibt sich mit∂

∂xi

(Φ∂Φ

∂xi

)=∂Φ

∂xi

∂Φ

∂xi+ Φ∆Φ

K =∫∫(V )

2

∂xi

(Φ∂Φ

∂xi

)dV =

∫(S)

2Φ∂Φ

∂xini dS .

Die Oberflache des Volumens besteht aus der Oberflache des Rotors an der (∂Φ/∂xi)ni =∂Φ/∂n = −∂Φ/∂r gilt und der Oberflache des Gehauses an der ∂Φ/∂n = ∂Φ/∂r = 0gilt. Es ergibt sich also

K = −∫

SRotor

2Φ∂Φ

∂rR1 dϕdz .

Wir werten zunachst Φ ∂Φ/∂r an r = R1 aus:

(Φ∂Φ

∂r

)∣∣∣∣∣R1

= +

(xw(t)

R21

R22 − R2

1

)2

(R1 +R2

2

R1)(1 − (

R2

R1)2)

cos2 ϕ =

= −x2w(t)R1

R22 +R2

1

R22 − R2

1

cos2 ϕ .

Damit ergibt sich die kinetische Energie im Spalt zu

K =

2x2

w(t)R21

R22 +R2

1

R22 − R2

1

L

2π∫ϕ = 0

cos2ϕdϕ =

2x2

w(t)πR21LR2

2 +R21

R22 − R2

1

.

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396 10 Potentialstromungen

c) Die virtuelle Masse M ′:

Die kinetische Energie des Tensors der virtuellen Masse ist K =1

2UiUjmij und da

Ul =xw fur l = 10 sonst

,

zeigt der Vergleich, daß nun

M ′ =K

x2w/2

= πR21LR2

2 +R21

R22 − R2

1

ist und mit dem Rotorvolumen VR = π R21L auch

M ′ = VRR2

2 +R21

R22 − R2

1

.

Fur die Grenzfalle R1 → R2 bzw. R2 → ∞ ergibt sich

R1 → R2 ⇒ M ′ → ∞ (allerdings ware Reibung nichtmehr vernachlassigbar !)

R2 → ∞ ⇒ M ′ → VR (virtuelle Masse einesKreiszylinders im unendlichen Raum) .

d) Schwingungs-Differentialgleichung des Rotors:Bei zwei

”Federn“ der Lange a = l/2 ist die Federsteifigkeit c durch

c = 212EI

(l/2)3 = 192EI

l3

gegeben, so daß die Schwingungs-Dgl. lautet

(m+M ′)x+ cx = Fx(t)

aus der wir diee) Eigenfrequenz des Rotors

zu

ω =(

c

m+M ′

)1/2

=

(c

RVR (1 + ( / R) (R22 +R2

1)/(R22 − R2

1))

)1/2

ablesen ( R = m/VR). Wir schreiben die Beziehung auch in der Form

ω = ω0

(R2

2 − R21

R22 − R2

1 + ( / R)(R22 +R2

1)

)1/2

,

wobei ω0 =√c/( RVR) die Eigenfrequenz ohne Berucksichtigung der virtuellen Mas-

se ist.

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10.4 Ebene Potentialstromung 397

10.4 Ebene Potentialstromung

Aufgabe 10.4-1 Spaltstromung zwischen einem bewegten Kol-

ben und einer Wand

Es soll die ebene, inkompressible Stromung berechnet werden, die sich in dem Spaltunter einem Kolben einstellt, der sich mit der konstanten Geschwindigkeit vK auf eineWand zu bewegt.

Fur Re = vK h/ν → ∞ kann das Problem reibungsfrei und dann auch potentialtheore-tisch behandelt werden.

Nutzt man die Symmetrie des Problems be-zuglich der y–Achse aus, so kann man sichauf die rechte Halfte des Stromungsraums be-schranken.

Auf der Linie x = l sei die x–Komponenteder Geschwindigkeit konstant u = UA. Dannsind auf den Flachen x = 0, x = l undy = 0, y = h konstante Geschwindigkeiten

als Randbedingungen vorgeschrieben, und dies legt einen additiven Separationsansatzder Form Φ = f(x) + g(y) nahe.

a) Berechnen Sie die Potentialfunktion Φ und die Austrittsgeschwindigkeit UA.b) Wie ist die Druckverteilung p(x, y, t), wenn der Austrittsdruck pA = p(x = l) = p0

ist?c) Wie groß ist die Kraft auf den Kolben?

Geg.: vK, h(t), l,

Losung

a) Potentialfunktion Φ, Austrittsgeschwindigkeit UA:Die Laplacesche Gleichung

∆Φ =∂2Φ

∂x2+∂2Φ

∂y2= 0 (ebenes Problem)

liefert mit dem additiven Separationsanatz

Φ(x, y) = f(x) + g(y)

∆Φ =∂2f

∂x2+∂2g

∂y2= 0 .

Der erste Term hangt nur von x, der zweite nur von y ab. Die Differentialgleichungkann nur richtig sein, wenn beide Terme konstant sind:

∂2f

∂x2= −∂

2g

∂y2= K .

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398 10 Potentialstromungen

Dies sind nur zwei gewohnliche Differentialgleichungen mit den Losungen

f(x) =K

2x2 + C1 x+ A und g(y) = −K

2y2 + C2 y +B

mit

Φ(x, y) = (f(x) + g(y)) =K

2(x2 − y2) + C1 x+ C2 y + C3 .

C1, C2, C3 = A+B sind die Integrationskonstanten. Die Konstanten K, C1 und C2

bestimmen sich aus den Randbedingungen:

u =∂Φ

∂x= K x+ C1 =

0 x = 0 (Symmetrie)UA x = l

v =∂Φ

∂y= −K y + C2 =

0 y = 0 (u · n = 0)−vK y = h (u · n = uw · n),

alsoC1 = C2 = 0 ,

und K l = UA, K h = vK , also

K =vK

h.

Fur die Austrittsgeschwindigkeit erhalt man

UA = vKl

h,

welche auch durch die Kontinuitatsgleichung in integraler Form hatte bestimmtwerden konnen.Die gesuchte Potentialfunktion lautet somit

Φ =1

2

vK

h(x2 − y2) + C3 ,

d. h. unter dem Kolben bildet sich eine Staupunktstromung aus (S. L. (10.65)).Die Konstante C3 bleibt unbestimmt, da auf dem Rand nur Ableitungen von Φvorgeschrieben sind, mit a = vK/h und C3 = 0 also

Φ =a

2(x2 − y2) , u = a x , v = −a y .

b) Druckverteilung p(x, y, t), wenn p(l, y, t) = pA = p0 ist:Das Problem ist wegen h = h(t) instationar. Die Bernoullische Gleichung lautet

∂Φ

∂t+

2

⎛⎝(∂Φ

∂x

)2

+

(∂Φ

∂y

)2⎞⎠ + p = C

⇒ −1

2

vK

h2

dh

dt(x2 − y2) +

1

2

(vK

h

)2

(x2 + y2) +p

= C .

Mit dh/dt = −vK vereinfacht man die Gleichung zu(vK

h

)2

x2 +p

= C ,

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10.4 Ebene Potentialstromung 399

d. h. das Druckfeld hangt also nicht von y ab. Die Bernoullische Konstante folgt ausden bekannten Großen am Austritt

C =(vK

hl)2

+p0

,

so daß

p(x, t) = p0 + (vK

h

)2

(l2 − x2)

entsteht.c) Kraft auf den Kolben:

Fy =∫(S)

∫−pn · ey dS = 2

l∫x=0

p(x, t) dx (pro Tiefeneinheit)

= 2

l∫x=0

[p0 +

(vK

h

)2

(l2 − x2)

]dx

⇒ Fy = 2 p0 l +4

3

(vK

h

)2

l3 .

Aufgabe 10.4-2 Senkenverteilung in einer Staupunktstromung

Die im Bild skizzierte Stromung entsteht durch Uberlagerung des Potentials der ebenenStaupunktstromung und des Potentials einer Senkenverteilung konstanter Intensitat qzwischen x = −L und x = L.

a) Wie lautet das Potential der Senkenverteilung?b) Geben Sie das gesamte Potential an.c) Bestimmen Sie die Geschwindigkeitskomponenten u und v . Differenzieren Sie erst

und integrieren Sie dann mit Hilfe der Substitution

t = (x− x′)2 + y2 bzw. t =x− x′

y.

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400 10 Potentialstromungen

d) Geben Sie die Gleichung der x-Koordinate der Staupunkte an (y = 0).e) Wie verhalt sich die Geschwindigkeitskomponente u(x, 0), wenn x → ±L geht?

Losung

a) Potential der Senkenverteilung:Die infinitesimale Ergiebigkeit dE einer Intensitatsverteilung auf der Strecke dx′ ist

dE = q(x′)dx′ ,

so daß deren Beitrag zum Potential

dΦSe(x, y) =q(x′)dx′

2πln

√(x− x′)2 + y2

und daher das Potential der Senkenverteilung

ΦSe(x, y) =q

+L∫−L

ln√

(x− x′)2 + y2dx′ , q < 0

ist.b) Mit dem bekannten Potential der Staupunktstromung entsteht das Gesamtpotential

Φ(x, y) =a

2(x2 − y2) +

q

+L∫−L

ln√

(x− x′)2 + y2dx′ .

c) Die Geschwindigkeitskomponenten

u =∂Φ

∂x, v =

∂Φ

∂y.

Nach der fur y = 0 erlaubten Vertauschung der Reihenfolge von Differentiation undIntegration erhalten wir

∂Φ

∂x= ax+

q

+L∫−L

x− x′

(x− x′)2 + y2dx′

und mit der Substitution t = (x− x′)2 + y2, dt = −2(x− x′)dx′

∂Φ

∂x= ax− q

1

2

(x− L)2 + y2∫(x+ L)2 + y2

dt

t

und daher∂Φ

∂x= ax− q

2πln

√√√√(x− L)2 + y2

(x+ L)2 + y2.

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10.4 Ebene Potentialstromung 401

Ebenso

∂Φ

∂y= −ay +

q

L∫−L

y

(x− x′)2 + y2dx′

und mit der Substitution t = (x− x′)/y, dt = −dx′/y wird

∂Φ

∂y= −ay − q

(x− L)/y∫(x+ L)/y

dt

1 + t2

und dann∂Φ

∂y= −ay − q

[arctan

x− L

y− arctan

x+ L

y

]erhalten.

d) Die Staupunkte liegen auf der x–Achse fur x2 > L2, da dort v verschwindet. Dazuschreiben wir v in der Form

v = −ay +q

2πarctan

2Ly

x2 − L2 + y2, fur

x2 − L2

y2> −1

und erhalten fur y → 0 den Grenzwert

limy→0

v(x, y) = 0 , fur x2 − L2 > 0 .

Die x–Koordinate wird dann aus u(x, 0) = 0 oder

ax =q

1

2ln

(x− L)2

(x+ L)2mit |x| > L

erhalten. Man uberzeugt sich leicht, daß mit x auch −x eine Losung ist.e) lim

x→±Lu(x, 0):

limx→L

u(x, 0) = limx→L

ax− q

1

2ln

(x− L)2

(x + L)2

→ −∞ q < 0!

limx→−L

u(x, 0) = limx→−L

ax− q

1

2ln

(x− L)2

(x+ L)2

→ +∞ q < 0!

Aufgabe 10.4-3 Das Kreistheorem

Setzt man in eine inkompressible, ebene, reibungsfreie Potentialstromung mit dem Po-tential F1(z) einen Kreiszylinder mit dem Radius a in den Ursprung, so ergibt sich nachdem sogenannten Kreistheorem das Potential F2(z) der neuen Stromung zu

F2(z) = F1(z) + F1

(a2

z

),

wobei F1 das konjugiert komplexe Potential ist.

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402 10 Potentialstromungen

a) Berechnen Sie das komplexe Potential eines Kreiszylinders (Radius a) bei z = 0 ineiner Quellstromung (Ergiebigkeit E, Quelle bei z = b).

b) Zeigen Sie das der Kreis z = aeiϕ Stromlinie ist.c) Skizzieren Sie einige Stromlinien.d) Berechnen Sie das Geschwindigkeitsfeld. Wo liegen die Staupunkte?e) Berechnen Sie die Kraft auf den Zylinder mit dem Blasius–Theorem.

Losung

Gegeben ist das komplexe Potential F1(z) einer inkompressiblen, reibungsfreien Stromung.Unter der Voraussetzung, daß alle Singularitaten der Funktion F1(z) in einem großerenAbstand als a vom Ursprung liegen, besagt das Kreistheorem folgendes:Bringt man in diese Stromung einen Kreiszylinder mit dem Radius a, so ergibt sich dasPotential der veranderten Stromung durch

F2(z) = F1(z) + F1

(a2

z

).

a) Berechnung des Potentials:Potential der Quelle im Punkt z = b :

F1(z) =E

2πln(z − b) , (|b| > a) .

Zunachst ersetzen wir in F1 z durch a2/z und eventuell explizit auftretende i durch−i und erhalten so F1(a

2/z). Das Potential der durch das Einfugen des Zylindersgeanderten Stromung ist dann

F2(z) =E

2πln(z − b) +

E

2πln

(a2

z− b

).

b) Kreis z = aeiϕ ist Stromlinie.Wenn der Kreis Stromlinie ist, muß sich fur z = aeiϕ aus der Darstellung

F2(z) = Φ + iΨ

ergeben, daß Ψ = const ist:

F2(aeiϕ) =

E

[ln(aeiϕ − b) + ln(ae−iϕ − b)

],

F2(aeiϕ) =

E

2πln

(a2 + b2 − ab(eiϕ + e−iϕ)

),

F2(aeiϕ) =

E

2πln

(a2 + b2 − 2ab cosϕ

),

was zeigtF2(ae

iϕ) ist rein reell

und daherΨ = 0 ,

was zu beweisen war.

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10.4 Ebene Potentialstromung 403

c) Skizze einiger Stromlinien:Hierzu ist es zweckmaßig das Potential umzuformen:

F2(z) =E

[ln(z − b) + ln

(a2

z− b

)]

oder

F2(z) =E

[ln(z − b) + ln(a2 − bz)− ln z

]

und schließlich

F2(z) =E

[ln(z − b) + ln

(z − a2

b

)+ ln(−b)− ln z

].

Da die additive Konstante (E/2π) ln(−b) ohne Beschrankung der Allgemeinheitweggelassen werden kann, folgt auch

F2(z) =E

[ln(z − b) + ln

(z − a2

b

)− ln z

],

was zeigt, daß das Potential aus einer

Quelle im Punkt z = b mit der Ergiebigkeit E > 0

und einer

Quelle im Punkt z =a2

bmit der Ergiebigkeit E > 0

sowie einer

Senke im Punkt z = 0 mit der Ergiebigkeit − E

besteht. Das Stromlinienbild erhalt man, indem man ein Konturdiagramm des Ima-ginarteils von F2(z) zeichnen laßt. Das folgende Stromlinienbild ist fur b = −1 unda = 1/3 gezeichnet worden.

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404 10 Potentialstromungen

d) Geschwindigkeitsfeld und Staupunkte:Wir berechnen die Geschwindigkeitskomponenten u und v aus der konjugiert kom-plexen Geschwindigkeit

dF2

dz= u− iv ,

dF2

dz=

E

[1

z − b+

1

z − (a2/b)− 1

z

]

oderdF2

dz=

E

[x− b− iy

(x− b)2 + y2+

x− (a2/b) − iy

(x− (a2/b))2 + y2− x− iy

x2 + y2

],

und daraus

u(x, y) =E

[x− b

(x− b)2 + y2+

x− (a2/b)

(x− (a2/b))2 + y2− x

x2 + y2

]

und

v(x, y) =E

[y

(x− b)2 + y2+

y

(x− (a2/b))2 + y2− y

x2 + y2

].

Lage der Staupunkte :Es ist v(x, y) = 0 wenn y = 0 ist, d. h. die Staupunkte liegen auf der x-Achse. Ausu(x, 0) = 0 folgt:

0 =1

x− b+

1

x− (a2/b)− 1

x,

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10.4 Ebene Potentialstromung 405

was auf eine quadratische Gleichung fuhrt mit den Losungen

x = ±a .Wir haben daher zwei Staupunkte:

ys = 0 , xs = ±a .e) Kraft auf den Zylinder mit dem Blasius–Theorem (S. L. (10.260))

Fx − iFy = i

2

∮C

[dF2

dz

]2

dz .

C ist die geschlossene Kurve um den Kreiszylinder. Wir bilden zunachst den Inte-granden(

dF2

dz

)2

=(E

)2[

2

(z − b) (z − (a2/b))− 2

z(z − b)− 2

z (z − (a2/b))+

+1

(z − b)2+

1

(z − (a2/b))2 +1

z2

]und verwenden zur Berechnung des Integrals den Residuensatz:

∫C

f(z)dz = 2πi∑k

Reszk

f(z)

(zk innerhalb von C)

Hierbei gilt: Hat die Funktion f(z) im Punkt z0 einen Pol von m-ter Ordnung, soist ihr Residuum durch

Resz0

f(z) =1

(m− 1)!limz→z0

dm−1

dzm−1[(z − z0)

mf(z)]

gegeben. Der erste Term von (dF2/dz)2

2

(z − b)(z − (a2/b))

hat zunachst in z =a2

beinen Pol von 1.-Ordnung, also m = 1 :

⇒ Resz = (a2/b)

2

(z − b)(z − (a2/b))= lim

z→(a2/b)

2

z − b=

2b

a2 − b2.

Der andere Pol bei z = b liegt außerhalb der Kontur C , liefert also keinen Beitragzum Integral. Die nachsten zwei Terme liefern die Residuen

Resz = 0

− 2

z(z − b)=

2

b,

Resz = 0

− 2

z(z − a2/b)=

2b

a2,

Resz = (a2/b)

− 2

z(z − a2/b)= −2b

a2,

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406 10 Potentialstromungen

wahrend der vierte Term 1/(z − b)2 fur z = b einen Pol von 2.-Ordnung außer-halb von C hat, also keinen Beitrag ergibt. Die Residuen der letzten beiden Termeverschwinden:

Resz = (a2/b)

1

(z − a2/b)2= lim

z→(a2/b)

d

dz

(z − (a2/b)

z − (a2/b)

)2

︸ ︷︷ ︸=1

= 0

undResz = 0

1

z2= 0 .

Nun folgt mit

Fx − iFy = i

2

∮C

[dF2

dz

]2

dz = i

22πi

∑k

Reszk

[dF

dz

]2

,

Fx − iFy = i

22πi

(E

)2[

2b

a2 − b2+

2

b+

2b

a2− 2b

a2

]bzw.

Fx − iFy = − 2

E2

[2b

a2 − b2+

2

b

].

MitFy = 0

ist die Kraft rein reell

Fx =

2

E2

π

a2

b(b2 − a2),

was aus Symmetriegrunden zu erwarten war.

Aufgabe 10.4-4 Halbkreisformiger Zylinder in einer Stau-punktstromung

Eine inkompressible Flussigkeit stromtreibungsfrei gegen eine ebene Wand, aufder sich ein halbkreisformiger (r = a)Zylinder befindet.

a) Formulieren Sie die Randbedingungen, die zur Bestimmung des Potentials benotigtwerden.

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10.4 Ebene Potentialstromung 407

b) Losen Sie die Laplace-Gleichung fur die gefundenen Randbedingungen.c) Wie lautet die Stromfunktion?

Losung

a) Randbedingungen:1.) u · n = 0 an den festen Wanden, d. h. ∇Φ · n = ∂Φ/∂n = 0.2.) Im Unendlichen ist die Storung durch den halbkreisformigen Zylinder abgeklun-

gen, d. h. dort muß das Potential der ebenen Staupunktstromung

ΦStau =b

2(x2 − y2)

herrschen. Mit

x = r cosϕ , y = r sinϕ und x2 − y2 = r2 cos 2ϕ

hat das gesuchte Potential die asymptotische Form

Φ(r, ϕ) ∼ b

2r2 cos 2ϕ , fur r → ∞ .

b) Losung der Laplace Gleichung

Φ = Φ(r, ϕ) ,

∆Φ =∂2Φ

∂r2+

1

r

∂Φ

∂r+

1

r2

∂2Φ

∂ϕ2= 0 . (1)

Der Separationsansatz Φ(r, ϕ) = R(r)H(ϕ) fuhrt auf

∆Φ = R′′H +1

rR′H +

1

r2RH ′′ = 0 ,

wobei der Strich die Ableitung nach dem jeweiligen Argument bedeutet. Da r undϕ unabhangig sind, folgt

r2R′′

R+ r

R′

R= −H

′′

H= k2 = const ,

woraus die zwei gewohnlichen Differentialgleichungen entstehen:

H ′′(ϕ) + k2H(ϕ) = 0 (Schwingungs − Dgl.) ,

r2R′′(r) + rR′(r) − k2R(r) = 0 (Eulersche Dgl.) .

Die Randbedingungen lauten an dem Zylinder: r = a , 0 < ϕ < π

∂Φ

∂n

∣∣∣∣∣r=a

=∂Φ

∂r

∣∣∣∣∣r=a

= R′(a)H(ϕ) = 0 ,

daraus bei beliebigem ϕR′(a) = 0 ,

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408 10 Potentialstromungen

an der Wand: r > a , ϕ = 0

∂Φ

∂n

∣∣∣∣∣ϕ=0

=∂Φ

∂ϕ

∣∣∣∣∣ϕ=0

= R(r)H ′(0) = 0 ,

daraus bei beliebigem rH ′(0) = 0 ,

an der Wand: r > a , ϕ = π

∂Φ

∂n

∣∣∣∣∣ϕ=π

= − ∂Φ

∂ϕ

∣∣∣∣∣ϕ=π

= −R(r)H ′(π) = 0 ,

daraus bei beliebigem rH ′(π) = 0

und im Unendlichen: r → ∞

Φ(r, ϕ) = R(r)H(ϕ) ∼ b

2r2 cos 2ϕ .

Aus der allgemeinen Losung der Schwingungs-Differentialgleichung

H(ϕ) = A sin kϕ +B cos kϕ

erhalten wir mit H ′(ϕ) = Ak cos kϕ−Bk sin kϕ und der Randbedingung H ′(0) = 0,die spezielle Losung

H(ϕ) = B cos(k ϕ) ,

da A ≡ 0 sein muß. Die Randbedingung H ′(π) = 0, d. h.

B k sin(k π) = 0 ,

erfordert zur Vermeidung der trivialen Losung, daß die Separationskonstante k diediskreten Werte (Eigenwerte)

k = 0, ±1,±2,±3 . . .

annimmt. Daher ist die spezielle Losung

Hk(ϕ) = Bk cos kϕ , k = 1, 2, 3 . . .

in der Bk noch unbestimmt ist. Die Losung der Eulerschen Dgl. lautet

Rk(r) = Ckrk +Dkr

−k

und die RandbedingungR′

k(a) = 0

liefert wegenR′

k(a) = Ckkak−1 −Dkka

−k−1 = 0

Dk = Cka2k

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10.4 Ebene Potentialstromung 409

und daherRk(r) = Ck(r

k + a2kr−k) .

Damit schreiben wir die allgemeine Losung

Φ(r, ϕ) =∞∑

k=0

Ck(rk + a2kr−k)Bk cos kϕ .

Die Bedingung fur r → ∞Φ(r, ϕ) ∼ b

2r2 cos 2ϕ

verlangt nun

k = 2 und B2C2 =b

2,

so daß die Losung lautet

Φ(r, ϕ) = a2 b

2cos 2ϕ

[(r

a

)2

+(a

r

)2]. (2)

c) Mit (S. L. (10.206))u = ∇Ψ × ez

erhalt man

∂Ψ

∂r= −uϕ = −1

r

∂Φ

∂ϕ,

1

r

∂Ψ

∂ϕ= ur =

∂Φ

∂r.

Durch Ableiten von Φ in (2) nach r ergibt sich so die Gleichung

∂Ψ

∂ϕ= a2b cos(2ϕ)

(r2

a2− a2

r2

)

und daraus

Ψ =a2b

2

(r2

a2− a2

r2

)sin(2ϕ) + C1(r) + C0 ,

mit einer absoluten Konstanten C0. Aus

∂Ψ

∂r= a2b

(r2

a2− a2

r2

)1

rsin(2ϕ) +

dC1(r)

dr

folgt, wegen ∂Ψ/∂r = −1/r ∂Φ/∂ϕ die Losung

Ψ =a2b

2

(r2

a2− a2

r2

)sin(2ϕ) + C0 . (3)

Anmerkung: Die Losung laßt sich naturlich viel einfacher mit Hilfe des Kreistheo-rems finden. Das komplexe Potential der Staupunktstromung ist (mit b statt a als

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410 10 Potentialstromungen

dimensionsbehafteter Konstante) F (z) = (b/2)z2 und nach Einfugen des Zylindersmit dem Radius a

F (z) =b

2z2 +

b

2

(a

z

)2

.

Man entnimmt dieser Funktion sofort den Realteil, der mit dem Potential (2) unddem Imaginarteil, der bis auf die additive Konstante mit der Stromfunktion (3)ubereinstimmt.

Aufgabe 10.4-5 Kreiszylinder in einer Dipolstromung

Betrachtet wird inkompressible, reibungsfreie,ebene Potentialstromung. An der Stelle z = bbefindet sich ein Dipol (Dipolmoment M), derunter dem Winkel α zur x–Achse orientiert ist.Setzt man in den Ursprung des Koordinaten-systems einen Kreiszylinder mit dem Radius a(a < b), so erhalt man das Potential der neuenStromung durch Anwendung des Kreistheorems (vergleiche Aufgabe 10.4-3).

a) Wie lautet das komplexe Potential F1(z) eines Dipols an der Stelle z = b? DieDipolachse schließt mit der x–Achse den Winkel α ein.

b) Berechnen Sie das komplexe Potential eines Kreiszylinders (r = a) bei z = 0 in einerDipolstromung (Dipolmoment M , Dipol bei z = b).

c) Ermitteln Sie die Stromfunktion Ψ und den Wert der Stromfunktion auf dem Kreis(r = a).

d) Berechnen Sie die Kraft auf den Zylinder.Wie hangt die Kraft von der Orientierung des Dipols ab?

Losung

a) Potential des Dipols:Im gestrichenen Koordinatensystem ist das komplexe Potential eines Dipols (S. L. (10.225))

F1(z′) =

M

1

z′

mit z′ = x′ + i y′ und M als Betrag des Dipolmomentes. Mit der Transformation

z′ = (z − b) e−i α

erhalten wir das Potential des Dipols im ungestrichenen System

F1(z) =M

1

z − bei α . (1)

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10.4 Ebene Potentialstromung 411

b) Potential eines Kreiszylinders in einer Dipolstromung:Aus Gleichung (1) gewinnt man F1(z), das konjugiert komplexe Potential, indemman an allen in F1(z) explizit vorkommenden

”i “ das Vorzeichen umkehrt:

F1(z) =M

1

z − be−iα .

Das Kreistheorem liefert dann

F2(z) = F1(z) + F1

(a2

z

)

=M

1

z − bei α +

M

1

a2/z − be−i α

=M

(1

z − beiα +

z

a2 − b ze−iα

). (2)

c) Stromfunktion Ψ:Die Stromfunktion Ψ erhalt man als Imaginarteil des komplexen Potentials F2(z)nach der Zerlegung F2(z) = Φ + i Ψ zu

Ψ(x, y) =M

[(x− b) sinα − y cosα

(x− b)2 + y2

+a2 y cosα − (a2 x− b x2 − b y2) sinα

(a2 − b x)2 + (b y)2

]. (3)

Stromlinien sind Linien, langs denen der Wert der Stromfunktion konstant ist.Setzt man in (3) die Kontur des umstromten Kreises y2 = a2−x2 ein, so erhalt manden Wert der Stromfunktion zu Ψ = const = 0, was beweist, daß der Kreis Strom-linie ist. Alternativ setzt man z = a ei ϕ in (2) ein und erkennt, daß (2) dann reinreell ist. Der Kreis trennt zwei Stromungsgebiete; fur |z| < a ist die Stromfunktionimmer kleiner null, fur |z| > a ist sie immer positiv.

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412 10 Potentialstromungen

In der Abbildung sind Stromlinien fur α = π/4 und b/a = 3 dargestellt.d) Kraft auf den Zylinder:

Die Kraft auf den Zylinder wird mit dem Ersten Blasius Theorem (S. L. (10.263))

Fx − iFy = i

2

∮(C)

(dF2

dz

)2

dz

berechnet.Aus (2) folgt der Integrand zu(

dF2

dz

)2

=(M

)2[(a

b

)4 e−2iα

(a2/b− z)4+

− 2(a

b

)2 1

(a2/b − z)2 (z − b)2+

e2iα

(z − b)4

]. (4)

Die Integration ist langs der Kontur des Kreises durchzufuhren. Das Integral wirdmit Hilfe des Residuensatzes∮

(C)

f(z) dz = 2π i∑k

Reszk

f(z) (z innerhalb von (C))

ausgewertet. Bei der Auswertung des Residuensatzes mussen die singularen Stelleninnerhalb das Kreises betrachtet werden, im vorliegenden Fall nur der Punkt z =a2/b: ∮

(C)

(dF2

dz

)2

dz = 2π i Resz = a2/b

(dF2

dz

)2

. (5)

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10.4 Ebene Potentialstromung 413

Entsprechend dem Vorgehen in Aufgabe 10.4-6 erhalt man mit den einzelnen Termenvon (4)

Resz = a2/b

1

(a2/b− z)4= 0 , Res

z = a2/b1

(a2/b− z)2 (z − b)2= − 2

(a2/b− b)3

und Resz = a2/b

1

(z − b)4= 0 ,

wobei der letzte Term sowieso keinen Beitrag zum Integral ergibt, da die Singularitatz = b außerhalb des Integrationsbereiches liegt. Damit erhalt man fur die Kraft

Fx − iFy = M2

π

a2 b

(b2 − a2)3

bzw.

Fx = M2

π

a2 b

(b2 − a2)3und Fy = 0 .

Unabhangig von der Orientierung des Dipols zeigt die Kraft immer in die positivex–Richtung!

Aufgabe 10.4-6 Umstromung einer dunnen Platte

Bei der Potentialstromung um einedunne Platte entsteht infolge desunendlich großen Unterdruckes aufder

”unendlich dunnen“ Vorder-

kante eine endliche”Saugkraft“.

Berechnen Sie diese Kraft durchfolgende Vorgehensweise.

a) Wie lauten das komplexe Potential F (z) und die Stromfunktion Ψ?b) Welche Druckverteilung p(r) liegt vor?c) Wie lautet die Gleichung r(ϕ) der Stromlinie (Ψ = Ψ0 = const)? Welchen Wertebe-

reich durchlauft ϕ auf dieser Stromlinie von y = +tan ε L bis y = − tan ε L?d) Berechnen Sie die x–Komponente der Kraft auf der Kontur Ψ = Ψ0 mit x ≤ L.e) Bestimmen Sie die Saugkraft durch den Grenzubergang Ψ0 → 0.f) Berechnen Sie die Saugkraft direkt mit Hilfe des Blasius–Theorems.

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414 10 Potentialstromungen

Geg.: Ψ0, L, p∞

Losung

a) Potential und Stromfunktion:Das gesuchte Potential ergibt sich aus der allgemeinen Eckenstromung F (z) =a/n zn (S. L. (10.230)) fur den Fall n = 1/2:

F (z) = 2a√z ,

F (z) = 2a√r [cos(ϕ/2) + i sin(ϕ/2)] .

Die Stromfunktion ist der Imaginarteil von F

Ψ = 2a√r sin(ϕ/2) . (1)

b) Druckverteilung:Die konjugiert komplexe Geschwindigkeit ist

dF

dz= u− iv =

a√z. (2)

Das Quadrat des Betrages der Geschwindigkeit ist

u2 + v2 =dF

dz

dF

dz=

a2

√z z

=a2

r,

womit aus der Bernoullischen Gleichung folgt

p(r) = p∞ −

2(u2 + v2) = p∞ −

2

a2

r. (3)

c) Gleichung der Stromlinie Ψ = Ψ0 und Wertebereich von ϕ:Aus (1) ergibt sich

r(ϕ) =(

Ψ0

2a

)2 1

sin2(ϕ/2)(4)

als die Gleichung der Stromlinie in Polarkoordinaten. Der Grenzwinkel ε ist derWinkel des Schnittpunktes der Geraden x = L, die in Polarkoordinaten als

L

r(ϕ)= cosϕ

dargestellt werden kann, mit der Stromlinie (4). Zur Bestimmung von ε losen wirdie Gleichung der Geraden nach r(ϕ) auf und setzen die erhaltene Gleichung in (4)ein. Verwenden wir die Identitat

sin2(ϕ/2) =1

2(1 − cosϕ) , (5)

so erhalten wir

cos ε =

(1 +

Ψ20

2a2L

)−1

. (6)

Auf Ψ = Ψ0 istε ≤ ϕ ≤ 2π − ε fur x ≤ L .

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10.4 Ebene Potentialstromung 415

d) Kraft auf die Kontur:Aus Symmetriegrunden wirkt nur eine Kraft in x–Richtung:

Fx =∫(S)

∫−pn · ex dS

mit n · ex dS = −dy dz. Fur die Kraft auf die Stromlinie Ψ = Ψ0 pro Tiefeneinheitergibt sich die Form

Fx =∫p(r) dy =

∫p(r(ϕ)) dy ,

die die Benutzung von ϕ als Integrationsvariable nahelegt. Aus der Gleichung derStromlinie (4) folgt mit (5)

r =y

sinϕ=

Ψ20

2a2

1

1 − cosϕ

und mit der Identitatsinϕ

1 − cosϕ= cot(ϕ/2)

ergibt sich schließlich

y(ϕ) =(

Ψ0

2a

)2

2 cot(ϕ/2) ,

so daß auf der betrachteten Stromlinie

dy = −(

Ψ0

2a

)2 1

sin2(ϕ/2)dϕ (7)

ist. Mit (3) und (4) und unter Beachtung des negativen Vorzeichens in (7) also

Fx =

2π − ε∫ε

[p∞ −

2

a2

(Ψ0/2a)2sin2(ϕ/2)

] (Ψ0

2a

)2 dϕ

sin2(ϕ/2)

=

2π − ε∫ε

[p∞

(Ψ0

2a

)2 1

sin2(ϕ/2)−

2a2

]dϕ

= p∞(

Ψ0

2a

)22π − ε∫ε

1

sin2(ϕ/2)dϕ

︸ ︷︷ ︸−2 cot(ϕ/2)|2π−ε

ε = 4cot(ε/2)

−[

2a2 ϕ

]2π−ε

ε

⇒ Fx = p∞Ψ2

0

a2cot(ε/2) − a2 (π − ε) . (8)

In dieser Gleichung muß noch ε durch (6) ersetzt werden. Mit

cot(ε/2) =sin ε

1 − cos ε=

√(1/ cos2 ε) − 1

(1/ cos ε) − 1

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416 10 Potentialstromungen

folgt aus Gleichung (6)

cot(ε/2) =

√4a2 L

Ψ20

+ 1 .

Damit lautet die Gleichung fur die Kraft auf die Stromlinie Ψ = Ψ0 :

Fx = p∞Ψ0

a

√4L +

Ψ20

a2− a2

⎡⎢⎢⎢⎢⎣π −

= ε︷ ︸︸ ︷arccos

(1 +

Ψ20

2a2 L

)−1

⎤⎥⎥⎥⎥⎦ . (9)

e) Saugkraft auf die unendlich dunne Platte:Diese ergibt sich aus (9) aus dem Grenzubergang Ψ0 → 0 zu

Fx = −π a2 .

f) Saugkraft berechnet mit dem Blasius–Theorem:Die konjugiert komplexe Kraft auf den Korper ist

Fx − iFy = i

2

∮ (dF

dz

)2

dz = i

2

∮a2

zdz .

Fur jedes Gebiet, das z = 0 enthalt, ergibt sich aus dem Residuensatz∮ a2

zdz = 2πi Res

z = 0f(z) = 2πia2 .

Damit:Fx − iFy = −π a2 .

Die Kraft auf den Korper hat daher die Komponenten

Fx = −π a2 und Fy = 0 .

Aufgabe 10.4-7 Tragflugel uber einer festen Wand

Im Abstand a vom Erdboden befindet sich ein schlanker Tragflugel mit bekannter Zir-kulation −Γ0 in einer reibungsfreien, inkompressiblen Potentialstromung mit der Ge-schwindigkeit U∞ und dem Druck p∞ im

”Unendlichen“.

a) Zeigen Sie mit Hilfe des Impulssatzes, daß die Kraft auf den Boden gleich der Kraftauf den Flugel ist.

b) Berechnen Sie die Kraft auf den Boden durch Druckintegration langs der x–Achse.c) Zeigen Sie anhand des Ergebnisses aus b), daß der Satz von Kutta–Joukowsky nur

fur Γ0/(U∞a) 1 gilt.

Geg.: , U∞, p∞, Γ0, a

Losung

a) Kraft auf den Boden:

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10.4 Ebene Potentialstromung 417

Wir fuhren das Kontrollvolumen so-weit vom Flugel entfernt, daß al-le Storungen abgeklungen sind, mitAusnahme der Storungen am Bo-den, wo die Entfernung durch denAbstand a vorgegeben ist. Aus demImpulssatz

∫(S)

∫ u(u · n) dS =

∫(S)

∫t dS

folgt dann fur die x-Komponente:

∫Se

∫ (u · ex)(u · n) dS +

∫Sa

∫ (u · ex)(u · n) dS

︸ ︷︷ ︸∑=0

=∫SK

∫t · ex dS

︸ ︷︷ ︸−Fx→K

,

⇒ Fx→K = 0

wobei sich, wie angedeutet, die Integrale auf der linken Seite aufheben, da dieStromungsgroßen in genugend großem Abstand vor und hinter dem Flugel in rei-bungsfreier Potentialstromung – wo ja kein Nachlauf existiert – gleich sind. Fur diey-Komponente erhalten wir mit t = −pn

∫(S)

∫ (u · ey)(u · n) dS

︸ ︷︷ ︸=0

=∫SW

∫−p(n · ey) dS

︸ ︷︷ ︸−Fy→W

+∫SK

∫−p(n · ey) dS

︸ ︷︷ ︸−Fy→K

,

was zeigt, daß die Kraft auf den Boden gleich der Kraft auf den Flugel ist:

|Fy→W | = |Fy→K | .

b) Druckintegration:Wir nehmen an, daß das Verhaltnis Flugeltiefe zu Abstand a sehr klein ist. Dannkann die vom Flugel an der Wand erzeugte Stromung allein durch die Zirkulationdes gebundenen Wirbels beschrieben werden (Siehe Diskussion S. L. S.117). DieRandbedingung u · n = 0 an der Wand erfullen wir durch Spiegelung des Wirbelsan der x-Achse. Das komplexe Potential der Stromung ist dann

F (z) = U∞z︸ ︷︷ ︸Parallel-stromung

+iΓ0

2πln(z − ia)︸ ︷︷ ︸

Potentialwirbel beiz = ia mit Zirku-lation −Γ0 im Uhr-zeigersinn

− iΓ0

2πln(z + ia)︸ ︷︷ ︸

Potentialwirbel beiz = −ia mit Zirku-lation Γ0 im Gegen-uhrzeigersinn

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418 10 Potentialstromungen

Aus der konjugiert komplexen Geschwindigkeit

dF

dt= u− iv = U∞ +

iΓ0

1

z − ia− iΓ0

1

z + ia,

w = U∞ +iΓ0

z + ia− z + ia

z2 + a2,

w = U∞ − Γ0

π

a

z2 + a2

erhalten wir mit der Bernoullischen Gleichung die Druckverteilung an der Wand zu

p(x, y = 0) +

2ww(x, y = 0) =

2U2∞ + p∞

oder

p(x, y = 0) − p∞ =

2U2∞ −

2

(U∞ − Γ0

π

a

x2 + a2

)2

bzw.

p(x, y = 0) − p∞ = U∞Γ0

π

a

x2 + a2−

2

Γ20

π2

a2

(x2 + a2)2.

Die Kraft auf die Wand, die durch die Stromung hervorgerufen wird, folgt in rei-bungsfreier Stromung aus der Druckintegration

Fy→W =∫SW

∫−(p− p∞)(n · ey) dS mit n = ey

und pro Tiefeneinheit wird

Fy→W =

∞∫−∞

− U∞Γ0

π

a

x2 + a2dx+

2

∞∫−∞

Γ20

π2

a2

(x2 + a2)2dx

erhalten. Mit

∫dx

x2 + a2=

1

aarctan

x

a;

∫dx

(x2 + a2)2=

x

2a2(x2 + a2)+

1

2a3arctan

x

a

entsteht

Fy→W = − U∞Γ0

π

[arctan

x

a

]+∞

−∞+

2

(Γ0a

π

)2[

x

2a2(x2 + a2)+

1

2a3arctan

x

a

]+∞

−∞

und daher

Fy→W = − U∞Γ0

(1 − Γ0

U∞a1

).

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10.4 Ebene Potentialstromung 419

c) Kutta-Joukowsky-Theorem:Das Kutta-Joukowsky-Theorem liefert das Ergebnis

Fx→K − iFy→K = −i Γ0(U∞ − iV∞) ,

alsoFx→K = 0 (V∞ = 0)

undFy→K = Γ0U∞ ,

welches mit dem Ergebnis aus a) nur im Grenzfall

Γ0

U∞a→ 0 bzw.

a

Γ0/U∞→ ∞

ubereinstimmt. (Bei der Herleitung des Theorems wird vorausgesetzt, daß außerhalbdes Korpers keine weiteren Singularitaten sind. Dies ist hier nur dann der Fall, wenndie Lange a (Wandabstand) sehr viel großer als die Lange Γ0/U∞ ist, die zweiteSingularitat also unendlich weit entfernt ist.)

Aufgabe 10.4-8 Halbunendlicher Korper in einem Kanal

Um die Stromung um einen halb-unendlichen Korper in einem Ka-nal der Hohe a zu erhalten, uber-lagert man zunachst eine Quelleder Ergiebigkeit E mit einer Par-allelstromung (Anstromgeschwin-digkeit U∞ bei einer Anstromungohne umstromten Korper).

Die kinematische Randbedingungan der Wand erfullt man durch fortgesetzte Spiegelung der Quelle.

a) Wie lautet das komplexe Potential F (z) dieser Stromung?Hinweis: Es ist

ζ∞∏

k=1

⎡⎣1 +

k π

)2⎤⎦ = sinh ζ .

b) Berechnen Sie die Geschwindigkeit an den Wanden und die AnstromgeschwindigkeitU1 bei x → −∞.

c) Wo befindet sich der Staupunkt?

Geg.: E, U∞, a

Losung

a) komplexes Potential F (z):

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420 10 Potentialstromungen

Durch Uberlagerung einer Quelle und einer Parallelstromungerhalt man bekanntlich die Stromung um einen halbunend-lichen Korper. Um nun die Stromung um einen derartigenKorper in einem Kanal zu erhalten mussen wir die kinema-tische Randbedingung u · n = 0 an der Kanalwand erfullen.Fugen wir zu der Quelle im Ursprung noch eine Quelle beiy = a hinzu, so ist die Randbedingung an der oberen Wanderfullt. Um nun die Randbedingung an der unteren Wand zuerfullen, fugen wir eine Quelle bei y = −a hinzu. Dadurchandern wir aber auch die Stromung an der oberen Wand undmussen deshalb zur Erfullung der Randbedingung eine wei-tere Quelle bei y = 2a uberlagern.Dieser Vorgang setzt sich nun so fort, so daß wir unendlichviele Quellen auf der positiven bzw. negativen y–Achse hin-zufugen mussen (vgl. Skizze).Das gesamte Potential dieser Stromung ist dann

F (z) = U∞ z +E

2π[ln z + ln(z + i a) + ln(z − i a)+

+ ln(z + i 2a) + ln(z − i 2a) + · · ·]

= U∞ z +E

[ln z + ln(z2 + a2) + ln(z2 + 4a2) + · · ·

]

= U∞ z +E

[ln

z

∞∏k=1

[1 +

(z

k a

)2]

+ ln a2 + ln(4a2) + · · ·]. (1)

Die Summe ln a2 + ln(4a2) + · · · ist eine Konstante und kann ohne Beschrankungder Allgemeinheit weggelassen werden. Mit der Substitution ζ = (z/a)π konnen wirdas Produkt als

z∞∏

k=1

[1 +

(z

k a

)2]

=a

πζ

∞∏k=1

⎡⎣1 +

k π

)2⎤⎦ =

a

πsinh ζ =

a

πsinh

π z

a

schreiben. Damit erhalten wir aus (1) das Potential der Stromung zu

F (z) = U∞ z +E

2πln

[sinh

π z

a

], (2)

wobei wir die additive Konstante E/(2π) ln(a/π) weggelassen haben.b) Geschwindigkeit an den Wanden:

Die konjugiert komplexe Geschwindigkeit ist

dF

dz= u− i v = U∞ +

E

cosh(π z/a)

sinh(π z/a)

π

a= U∞ +

E

2acoth

π z

a. (3)

Mit dem Additionstheorem

coth(x± i y) =sinh 2x∓ i sin 2y

cosh 2x− cos 2y

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10.4 Ebene Potentialstromung 421

erhalten wir aus (3)

dF

dz= U∞ +

E

2a

sinh(2π x/a)

cosh(2π x/a) − cos(2π y/a)− i

E

2a

sinh(2π y/a)

cosh(2π x/a) − cos(2π y/a)

oder

u = U∞ +E

2a

sinh(2π x/a)

cosh(2π x/a) − cos(2π y/a)

und

v =E

2a

sinh(2π y/a)

cosh(2π x/a)− cos(2π y/a). (4)

An den Wanden (y = ±a/2) erhalten wir daraus

u = U∞ +E

2a

sinh(2π x/a)

cosh(2π x/a) + 1und v = 0 .

Um aus (4) die sich einstellende Anstromgeschwindigkeit zu bestimmen, machen wirden Grenzubergang

U1 = limx→−∞

[U∞ +

E

2a

sinh(2π x/a)

cosh(2π x/a) − cos(2π y/a)

]= U∞ − E

2a.

c) Staupunkt:Fur v = 0 erhalten wir aus (4) yS = 0.Aus der Bedingung u(x, yS) = 0 erhalten wir

0 = U∞ +E

2a

sinh(2π xS/a)

cosh(2π xS/a) − 1,

was mit α = E/(2aU∞) und cosh2 x = 1 + sinh2 x auf

1 + sinh2(2π xS/a) = (1 − α sinh(2π xS/a))2

fuhrt bzw.

sinh(2π xS/a)[(1 − α2) sinh(2π xS/a) + 2α

]= 0 .

Daraus folgt

sinh(2π xS/a) = − 2α

1 − α2.

Die Anstromung U1 = U∞ (1 − α) ist nur fur 0 < α < 1 positiv. Wir erhalten furxS/a:

xS

a= − 1

2πarsinh

(2α

1 − α2

).

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422 10 Potentialstromungen

Aufgabe 10.4-9 Karmansche Wirbelstraße

Bei der Umstromung einesebenen, endlichen Korperslosen sich bei ausreichendhoher Reynoldszahl alternie-rend an der Ober– und Un-terseite des Korpers Wirbel(idealisiert als unendlich lange, gerade Wirbelfaden) der Zirkulation −Γ, bzw. Γ ab, diesich zu zwei parallelen Wirbelreihen (Abstand h) formieren. Ist die Anstromung desKorpers stationar, so haben die Wirbel einer Reihe gleichen Abstand l voneinander,und als Folge der alternierenden Wirbelablosung sind beide Reihen zueinander um l/2versetzt.

Verlegt man die Entstehung der Wirbel ortlich und zeitlich ins Unendliche, so bildendie nun beiderseits unendlich langen Wirbelreihen eine unendlich lange

”Karmansche

Wirbelstraße“. Die Konfiguration ist nur stabil fur ein ganz bestimmtes Verhaltnis h/l(= 0, 281). Im folgenden betrachten wir l und h als gegeben.

a) Bestimmen Sie das komplexe Potential einer Wirbelreihe, deren Einzelwirbel dieZirkulation Γ haben und sich bei zk = z0, z0 ± l, z0 ± 2 l . . . befinden.Hinweis: Es ist

π ζ∞∏

k=1

⎡⎣1 −(ζ

k

)2⎤⎦ = sin(π ζ) .

b) Wie lautet das zugehorige Geschwindigkeitsfeld.Bewegen sich die Wirbel einer Reihe?

c) Bestimmen Sie unter Verwendung des Ergebnisses aus a) das komplexe PotentialF (z) der Karmanschen Wirbelstraße.Die oberen Wirbel der Zirkulation −Γ befinden sich bei zk = k l+ ih/2, die unterender Zirkulation Γ bei zk = 1/2 l (2k + 1) − i h/2 (k = 0, ±1, ±2, . . . ).

d) Zeigen Sie, daß sich beide Wirbelreihen mit der Geschwindigkeit Γ/(2l) tanh(π h/l)in die negative x–Richtung bewegen.Hinweis:

cot π(ξ + i η) =sin(2π ξ)

cosh(2π η)− cos(2π ξ)− i

sinh(2π η)

cosh(2π η) − cos(2π ξ)

Geg.: Γ, h, l

Losung

a) Einzelne Wirbelreihe:Ein Wirbel an der Stelle zk = z0 + k l (k = 0, ±1, ±2 . . .) hat das Potential

Fk(z) =Γ

2π iln(z − zk) =

Γ

2π iln(z − z0 − k l) .

Die Wirbelreihe hat das Potential

F (z) =Γ

2π i[ln(z − z0) + ln(z − z0 − l) + ln(z − z0 + l) +

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10.4 Ebene Potentialstromung 423

+ ln(z − z0 − 2 l) + ln(z − z0 + 2 l) + · · ·]

2π i

[ln(z − z0) + ln((z − z0)

2 − l2) + ln((z − z0)2 − 4l2) + · · ·

]

2π i

[ln

(z − z0)

∞∏k=1

[1 −

(z − z0

k l

)2]

+ ln(−l2) + ln(−4l2) + · · ·]. (1)

Die Summe Γ/(2π i)(ln(−l2) + ln(−4l2) + · · ·) ist eine Konstante und kann ohneBeschrankung der Allgemeinheit weggelassen werden. Mit der Substitution ζ = (z−z0)/l konnen wir das Produkt als

(z − z0)∞∏

k=1

[1 +

(z − z0

k l

)2]

=l

ππ ζ

∞∏k=1

⎡⎣1 +

k

)2⎤⎦ =

l

πsin ζ =

l

πsin

π

l(z − z0)

schreiben. Damit erhalten wir aus (1) das Potential der Stromung zu

F (z) =Γ

2π iln

[sin

π

l(z − z0)

], (2)

wobei wir die additive Konstante Γ/(2π i) ln(l/π) weggelassen haben.b) Geschwindigkeitsfeld:

Aus (2) folgt mit u− i v = dF/dz

u− i v =Γ

2 l icot

π

l(z − z0) (3)

oder aus der Differentation der Summe

u− i v =Γ

2 l i

[1

z − z0+

1

z − z0 − l+

1

z − z0 + l+ (4)

+1

z − z0 − 2 l+

1

z − z0 + 2 l+ · · ·

].

Da die Wirbelreihe unendlich lang ist, muß sich jeder Wirbel mit der gleichen Ge-schwindigkeit bewegen, da keiner bevorzugt wird. Es genugt also den Wirbel beiz = z0 zu untersuchen, der auf sich selber keine Geschwindigkeit induziert. Der er-ste Term in (4) liefert demnach keinen Beitrag zur Geschwindigkeit am Ort z0 undalle verbleibenden Terme heben sich fur z = z0 paarweise auf.

c) Potential der Karmanschen Wirbelstraße:Aus der Addition der oberen Wirbelreihe, fur die gilt

z1 = i h/2 , Γ1 = −Γ ,

mit der unteren Wirbelreihe, fur die gilt

z2 = l/2 − i h/2 , Γ2 = Γ ,

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424 10 Potentialstromungen

ergibt sich das Gesamtpotential zu:

F (z) =Γ

2π i

ln

[sin

π

l

(z − l

2+ i

h

2

)]− ln

[sin

π

l

(z − i

h

2

)]. (5)

Um die Bewegung der Wirbelstraße zu untersuchen ist es wie oben ausreichend dieBewegung eines Wirbels zu bestimmen. Die Wirbel der Reihe, der der betrachteteWirbel zugehort, induzieren, wie wir oben gesehen haben, auf ihn keine Geschwindig-keit. Die Bewegung des Wirbels ist demnach verursacht durch die zweite Wirbelreihe.An dem Wirbel an der Stelle z = i h/2 der oberen Reihe wird die Geschwindigkeit

(u1 − i v1)|z=i h/2 =Γ

2 l icot

π

l

(z − l

2+ i

h

2

)∣∣∣∣∣z=i h/2

2 l icot

π

l

(− l

2+ ih

)

2 l i(−i) tanh

π h

l

= − Γ

2 ltanh

π h

l,

d. h.

u1 = u2 = − Γ

2 ltanh

π h

lund v1 = v2 = 0 ,

induziert.

Aufgabe 10.4-10 Joukowsky–Abbildung eines Kreiszylinders

in angestellter Stromung

Ein Kreiszylinder (Radius r0) befindet sichin einer ebenen, reibungsfreien Potenti-alstromung. Die Anstromung sei um denWinkel α gegen die x-Achse geneigt.

a) Wie lautet das komplexe Potential der Stromung?b) Berechnen Sie die Lage der Staupunkte, skizzieren Sie das Stromlinienbild.c) Welche Korperkontur erhalt man, wenn man den Kreiszylinder durch die Abbil-

dungsfunktion ζ = (z + r20/z)e

−iα in die ζ–Ebene abbildet?

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10.4 Ebene Potentialstromung 425

d) Bestimmen Sie die Lage der Staupunkte in der ζ–Ebene.e) Welche Stromung erhalt man fur |ζ| → ∞ ?f) Berechnen Sie die Druckverteilung entlang der Korperkontur in der z–Ebene.

Geg.: r0, α, U∞, , p∞

Losung

a) Komplexes Potential der Stromung:Als erste Moglichkeit erzeugen wir das Potential aus dem bekannten Potential(S. L. (10.235)) der Parallelstromung um den Kreiszylinder durch Koordinaten-transformation:Kreiszylinder in Parallelstromung:

F (z′) = U∞

(z′ +

r20

z′

),

z = z′ ei α

⇒ z′ = ze−iα ⇒ F (z) = U∞

(ze−iα +

r20

zeiα

).

Als zweite Moglichkeit erzeugen wir das gesuchte Potential aus der Translations-stromung

F1(z) = U∞(cosα − i sinα)z= U∞e−iαz

mit Hilfe des Kreistheorems

F (z) = F1(z) + F 1

(r20

z

)

und erhalten unmittelbar

F (z) = U∞e−iαz + U∞e+iα r20

z(s.o.) .

b) Staupunkte und Stromlinienbild:Aus der Staupunktbedingung

dF

dz= u− iv = 0

folgt

e2iα =(z

r0

)2

oderz

r0= e(i/2)(2α+k2π) = ei(α+kπ)

und daherzs = r0e

i(α+kπ) ; k ∈ N .

Es ergeben sich zwei getrennte Staupunkte:

k = 0 ⇒ zs1 = r0eiα ,

k = 1 ⇒ zs2 = r0ei(α+π) .

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426 10 Potentialstromungen

c) Korper nach der Abbildung ζ = (z + r20/z) e−iα:

Die Korperkontur in der z–Ebene ist der Kreis

zK = r0eiϕ

und in der ζ–Ebene

ζK =

(r0e

iϕ +r20

r0e−iϕ

)e−iα ,

ζK = 2r0 cosϕ e−iα .

In der ζ–Ebene ergibt sich eine Platte der Lange 4r0, die durch den Ursprung gehtund mit der ξ–Achse den Winkel −α bildet.

d) Staupunkte in der ζ–Ebene:

Staupunkte bleiben Staupunkte, wenndζ

dzbei zs nicht singular wird. Das ist der

Fall:dζ

dz=

(1 − r2

0

z2

)e−iα = 0 fur zs = r0e

i(α+kπ) .

Die Staupunkte ergeben sich in der ζ–Ebene, indem man die Punkte ζs aus derAbbildung ermittelt, die z = zs entsprechen

ζs =

(r0e

i(α+kπ) +r20

r0e−i(α+kπ)

)e−iα =

= 2ro cos(α+ kπ)e−iα ,

k = 0 : ζs1 = 2r0 cosα e−iα ,k = 1 : ζs2 = 2r0 cos(α + π)e−iα = −2r0 cosα e−iα .

e) Stromung fur |ζ| → ∞:

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10.4 Ebene Potentialstromung 427

Die konjugiert komplexe Geschwindigkeit in der ζ–Ebene ist

wζ =dF

dz

(dζ

dz

)−1

= U∞

(e−iα − r2

0

z2eiα

)(1 − r2

0

z2

)−1

eiα

= U∞1 − (r0/z)

2e2iα

1 − (r0/z)2

und da fur ζ → ∞ auch z → ∞ gilt, folgt

wζ(ζ → ∞) = U∞

uζ(ζ → ∞) = U∞ ; vζ(ζ → ∞) = 0 ,

d. h. im Unendlichen liegt eine Parallelstromung in der ζ– Ebene vor !f) Druckverteilung entlang der Korperkontur in der z–Ebene:

Aus der Bernoullischen Gleichung

ww

2+p

=U2∞2

+p∞

erhalt man mit der konjugiert komplexen Geschwindigkeit auf der Kreiskontur z =r0e

w = U∞e−i α(1 − e2i(α−ϕ)

)und der komplexen Geschwindigkeit

w = U∞eiα(1 − e−2i(α−ϕ)

)zunachst

ww = U2∞ (2 − 2 cos 2(α − ϕ))

und dann den Druck

p− p∞

=U2∞2

− U2∞ (1 − cos 2(α − ϕ))

bzw. den Druckbeiwert

cp =p− p∞

2U2∞

= 2 cos 2(α − ϕ) − 1 .

Entlang der Korperkontur in der ζ–Ebene

ζK = 2r0 cosϕ e−iα

erhalt man die Druckverteilung, indem man zunachst einen Punkt des Kreises zK =r0e

iϕ abbildet auf ζK . An diesem Punkt ist die Geschwindigkeit wζ = wz(dζ/dz)−1,

aus der man auf bekannte Weise auch die komplexe Geschwindigkeitwζ erhalt. Dannfolgt die Druckverteilung wieder aus der Bernoullischen Gleichung.

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428 10 Potentialstromungen

Aufgabe 10.4-11 Das ebene Kreisgitter

Ein ebenes Kreisgitter kann durch die Abbildungsfunktion

ζ = K lnz

a

(K, a positiv reell R1 < a < R2) auf ein gerades Gitter abgebildet werden.

a) Wie sehen die Abbildungen von Kreisen (r = const) und Strahlen durch den Ur-sprung (ϕ = const) der z–Ebene in der ζ–Ebene aus?

b) Bestimmen Sie die Konstante a so, daß Gittervorderkante und Gitterhinterkante inder ζ–Ebene von der η–Achse gleich weit entfernt sind.

c) Wie muß die Konstante K gewahlt werden, damit die Schaufelteilung t auf demmittleren Radius a der z–Ebene bei der Transformation erhalten bleibt? Wie lautetdamit die resultierende Abbildungsfunktion?

d) Welche Gitterlange L erhalt man in der ζ–Ebene?e) Die Gitteranstromung in der z–Ebene erhalt man aus der Uberlagerung einer Quelle

mit einem Potentialwirbel (”Wirbelquelle“). Welche Anstromung ergibt sich in der

transformierten Ebene?

Losung

a) Abbildung von Kreisen und Strahlen:Die komplexe Zahl z = r eiϕ wird auf die komplexe Zahl

ζ = K ln(z

a

)= K ln

(r

aeiϕ

),

ζ = ξ + iη = K lnr

a+ iKϕ

abgebildet, deren Realteil

ξ = K lnr

a(1)

ist und deren Imaginarteilη = Kϕ (2)

ist. Kreise (r = const) werden daher auf Linien ξ = const abgebildet und Strahlen(ϕ = const) werden auf Linien η = const abgebildet.

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10.4 Ebene Potentialstromung 429

b) Bestimmung von a:Aus (1) :

ξ(r = R1) = K lnR1

a= −K ln

a

R1

< 0 , (3)

ξ(r = R2) = K lnR2

a> 0 . (4)

Daraus ergibt sich wegen −ξ(r = R1) = ξ(r = R2)

K lna

R1= K ln

R2

a

⇒ a

R1=R2

a⇒ a =

√R1R2 . (5)

Die Konstante a entspricht also dem geometrischen Mittelwert beider Radien.c) Bestimmung von K:

Die Teilung t = (2πa)/N soll bei der Transformation erhalten bleiben. In der ζ–Ebene ist die Teilung die Differenz der η–Werte zweier benachbarter Schaufeln, alsomit (2) fur ∆ϕ = 2π/N (Teilungswinkel)

t =2πa

N= K

N⇒ K = a =

√R1R2 . (6)

Mit (5) und (6) lauten die Abbildungsfunktionen schließlich:

ζ =√R1R2 ln

(z√R1R2

). (7)

d) Gitterlange in der ζ–Ebene:Die Gitterlange L berechnet sich zu

L = ξ(r = R2) + |ξ(r = R1)| ,also mit (3), (4)

L = K lnR2

a+K ln

a

R1

= K ln(R2

R1

)und mit K aus (6) :

L =√R1R2 ln

(R2

R1

). (8)

e) Anstromung in der ζ–Ebene:In der z–Ebene entspricht die Anstromung dem Stromungsbild einer Wirbelquelle,d. h. der Uberlagerung der Quellstromung mit dem Potentialwirbel (S. L. (10.217),(10.221))

F (z) =E

2πlnz

a− i

Γ

2πlnz

a,

F (z) =(E

2π− i

Γ

)lnz

a. (9)

Die Umkehrfunktion der Abbildungsfunktion (7) lautet

z

a= eζ/a ,

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430 10 Potentialstromungen

so daß das Potential in der ζ–Ebene

F (z(ζ)) = F (ζ) =(E

2π− i

Γ

a(10)

ist. Der Wirbelquelle in der z–Ebene entspricht also eine Translationsstromung mit

U∞ =E

2πa, V∞ =

Γ

2πa

in der transformierten Ebene.

Aufgabe 10.4-12 Schwarz–Christoffel–Transformation einer

endlich breiten Mauer

Die skizzierte Mauer endlicher Breite in der ζ–Ebene soll mit Hilfe der Schwarz–Christoffel–Transformation in die z–Ebene abgebildet werden.

a) Bestimmen Sie die Schwarz–Christoffel–Transformation zu diesem Problem.b) Bestimmen Sie die Punkte der Abbildung, an denen die konjugiert komplexe Ge-

schwindigkeit in der ζ–Ebene wζ unendlich wird.c) Welcher Zusammenhang besteht zwischen U∞ und V∞?d) Zeigen Sie, daß die Geschwindigkeit an der Mauer tangential zu dieser ist.e) Wie lautet die Druckverteilung an der Mauer?

Geg.: K, a, V∞, , p∞

Losung

a) Transformation:Die x–Achse der z–Ebene wird durch die allgemeine Schwarz–Christoffel–Transformation

dz= f ′(z) = K (z − x1)

α1/π−1 (z − x2)α1/π−1 (z − x3)

α2/π−1 · · · (z − xn)αn/π−1

auf einen Polygonzug in der ζ–Ebene abgebildet. Hier stellt der Polygonzug dieMauer mit n = 4 Ecken dar.

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10.4 Ebene Potentialstromung 431

Singularitat xk αk

[1] −1 1/2π[2] −a 3/2π[3] a 3/2π[4] 1 1/2π

Der erste Knick ist an der Stelle [1]. Wir legen dieseStelle in der z–Ebene an x1 = −1. Der in der ζ–Ebene zugehorige eingeschlossene Winkel α1 ist π/2.Alle singularen Punkte von dζ/dz und zugehorigenWinkel sind in der nebenstehenden Tabelle zusam-mengestellt.Die Transformation lautet damit

dz= K (z + 1)−1/2 (z + a)1/2 (z − a)1/2 (z − 1)−1/2 = K

√z2 − a2

z2 − 1. (1)

b) Punkte bei denen die Geschwindigkeit in der ζ–Ebene unendlich wird:Die konjugiert komplexe Geschwindigkeit in der ζ–Ebene wζ wird fur dζ/dz = 0unendlich, d. h. an den Stellen z = ±a.

c) Zusammenhang zwischen U∞ und V∞:Die konjugiert komplexe Geschwindigkeit in der z–Ebene ist wz = U∞. Fur diekonjugiert komplexe Geschwindigkeit in der ζ–Ebene erhalten wir mit (1)

wζ(ζ) = wz(z)

(dζ

dz

)−1

=U∞K

√z2 − 1

z2 − a2. (2)

Die Anstromgeschwindigkeit in der ζ–Ebene ist

V∞ = limζ→∞

wζ(ζ) . (3)

Ein Punkt im Unendlichen der ζ–Ebene entspricht einem Punkt im Unendlichen derz–Ebene. Mit (2) erhalten wir daher aus (3)

V∞ = limz→∞

U∞K

√z2 − 1

z2 − a2=U∞K

oderU∞ = K V∞ .

Damit konnen wir (2) auch als

wζ(ζ) = V∞

√z2 − 1

z2 − a2(4)

schreiben.d) kinematische Randbedingung:

Zur Uberprufung der kinematischen Randbedingung an der Mauer berechnen wirwζ fur die Linienstucke [1] → [2], [2] → [3] und [3] → [4].Lassen wir ζ von der Ecke [1] zu der Ecke [2] laufen, dann lauft z entlang der x–Achsevon −1 zu −a und wir erhalten aus (4)

wζ(ζ) = −iV∞

√1 − x2

x2 − a2,

also nur eine Komponente tangential zur Wand.Die komplexe Geschwindigkeitsverteilung an allen Geradenstucke der Mauer sind inder folgenden Tabelle zusammengefaßt:

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432 10 Potentialstromungen

Linienstuck Wertebereich von x wζ/V∞

[1] → [2] −1 < x < −a −i√

(1 − x2)/(x2 − a2)

[2] → [3] −a < x < a√

(1 − x2)/(a2 − x2)

[3] → [4] a < x < 1 i√

(1 − x2)/(x2 − a2) .

Die kinematische Randbedingung an der Maueroberflache wird demnach erfullt.e) Druckverteilung:

Wir bestimmen die Druckverteilung auf der Maueroberflache aus der BernoullischenGleichung

p∞ +

2V 2∞ = p +

2wζ wζ .

Daraus folgt der Druckbeiwert

cp =p− p∞

1/2 V 2∞= 1 − wζ wζ

V 2∞.

Unter Verwendung der im Aufgabenteil d) berechneten Wandgeschwindigkeit erhal-ten wir, die in der Tabelle enthaltenen Druckbeiwerte.

Linienstuck Wertebereich von x cp

[1] → [2] −1 < x < −a 1 − (1 − x2)/(x2 − a2)

[2] → [3] −a < x < a 1 − (1 − x2)/(a2 − x2)

[3] → [4] a < x < 1 1 − (1 − x2)/(x2 − a2) .

Aufgabe 10.4-13 Schwarz–Christoffel–Transformation eines

sich verjungenden Kanals

Mit Hilfe der Schwarz–Christoffel–Transformation soll die reelle Achse der z–Ebenederart in die ζ–Ebene abgebildet werden, daß ein sich verjungender Kanal entsteht.

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10.4 Ebene Potentialstromung 433

a) Wie lautet die Funktion f ′ =dζ

dz?

b) Bestimmen Sie das Potential der Stromung in der z–Ebene, wenn in der ζ–Ebeneeine Kanalstromung mit dem Volumenstrom V = UH entstehen soll.

c) Berechnen Sie die Geschwindigkeit in der z–Ebene.d) Welchen Wert muß die Konstante K der Schwarz–Christoffel–Transformation haben,

damit die Geschwindigkeit im Punkt (6) der z–Ebene auf die Geschwindigkeit UH/him Punkt (6) der ζ–Ebene abgebildet wird?

e) Bestimmen Sie die Koordinate des Punktes (4) x = a4 aus der Geschwindigkeit amPunkt (2) der ζ–Ebene.

f) Integrieren Sie f ′ und geben Sie die Abbildungsfunktion an. (Hinweis: Benutzen Siezur Integration die Substitution t4 = (z − a4)/(z − 1).)

Losung

a) Funktion f ′ =dζ

dz:

Wir bilden die x–Achse auf den Linienzug der ζ–Ebene von [1] bei +∞ beginnenduber [2] bei −∞ und [3] bei −∞ bis zu [6] bei +∞ mit der Schwarz-Christoffel-Abbildung (S. L. (10.291))

dz= f ′(z) = K(z − x1)

(α1/π)−1(z − x2)(α2/π)−1 . . . (z − xn)

(αn/π)−1

ab und damit die obere Halbebene auf die Kanalstromung. Der erste Knick in diesemLinienzug ist bei den Punkten [2] und [3], die im Unendlichen zusammenfallen. DerInnenwinkel zwischen [2] und [3] ist α1 = 0. Wir legen den entsprechenden Punktohne Einschrankung der Allgemeinheit auf den Ursprung der z–Ebene, setzen alsox1 = 0. Ebenso haben wir, der Reihe nach, den Winkel an dem Punkt [4]

α2 =3

und legen den entsprechenden Punkt der z–Ebene auf

x2 = a4 .

Den Winkel an dem Punkt [5]

α3 =5

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434 10 Potentialstromungen

auf den Punkt der z–Ebenex3 = 1 .

Den Punkt [6], an dem ein Knick mit dem Winkel α4 ist, legen wir nach +∞ inder z–Ebene. Der Winkel am Punkt [6] taucht dann in der Abbildung nicht auf.Man erkennt dies, wenn man statt der Konstanten K die Konstante K(−x4)

−(α4/π)+1

einfuhrt. Dann entsteht mit dem Winkel α4 am Punkt [6] der Faktor (−x4)−(α4/π)+1 (z−

x4)(α4/π)−1, der fur x4 → ∞ nach 1 strebt. Daher nimmt die Schwarz-Christoffel-

Transformation die Form

dz= K (z − 0)0−1 (z − a4)(3/4)−1 (z − 1)(5/4)−1

oder

f ′ =K

z

(z − 1

z − a4

)1/4

an.b) Potential in der z–Ebene:

In der ζ–Ebene soll eine Kanalstromung entstehen mit der Geschwindigkeit U anden zusammenfallenden Stellen [2] und [3], d. h. der Volumenstrom ist V = UH.Gesucht wird nun ein Potential in der z–Ebene, so daß zwischen den Punkten [2] und[3], die auf den Punkt x1 = 0 (der z–Ebene) abgebildet werden, ein VolumenstromV = UH ensteht. Dies wird gerade durch eine Quelle im Ursprung der z–Ebeneerreicht:

F (z) =E

2πln z ,

deren QuellstarkeE = 2UH

ist, da in der z–Ebene die Halfte der Ergiebigkeit noch in die negative y–Richtungabstromt. Daher ist das Potential

F (z) =UH

πln z ,

aus der wirc) die Geschwindigkeit in der z–Ebene zu

wz(z) =dF

dz=UH

πz= u− iv

gewinnen. Die Geschwindigkeit an entsprechenden Punkten der ζ–Ebene ist dann(S. L. (10.290))

wζ(ξ) =dF

dz

dz

dζ.

d) Bestimmung von K:K soll so bestimmt werden, daß die Geschwindigkeit im Punkt [6] der ζ–Ebene, derdem Punkt [6] der z–Ebene entspricht, gleich ist

wζ(ζ) =UH

h,

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10.4 Ebene Potentialstromung 435

was sich unmittelbar aus der Kontinuitatsgleichung ergibt. Mit

wζ(ζ) =dF

dz

dz

dζ=UH

πz

z

K

(z − a4

z − 1

)1/4

folgt also

limz→∞wζ(ζ) =

UH

πK=U H

h

und daher

K =h

π.

e) Bestimmung der Koordinate a4:Aus der Bedingung, daß am Punkt [2] der ζ–Ebene die Geschwindigkeit U herrscht,entsteht

wζ(ζ) =dF

dz

dz

dζ=UH

πz

z

K

(z − a4

z − 1

)1/4

= U

und da der Punkt [2] (ζ → −∞) der ζ–Ebene dem Punkt [2] (z → 0) der z–Ebeneentspricht, finden wir

wζ(ζ → −∞) =UH

πK

a

1= U ,

woraus wir a zu

a =Kπ

H=

h

H

bestimmen.f) Berechnung der Abbildungsfunktion:

Um die Abbildungsfunktion ζ = ζ(z) explizit zu erhalten integrieren wir

dζ =K

z

(z − 1

z − a4

)1/4

dz

mit der Substitution t4 = (z − a4)/(z − 1) bzw. z = (t4 − a4)/(t4 − 1) und erhaltenzunachst mit

dζ =K

z

(z − 1

z − a4

)1/4 dz

dtdt

unddz

dt= 4z

(t3

t4 − a4− t3

t4 − 1

)

dζ = 2K

((1/2)a

t− a− (1/2)a

t+ a− 1/2

t− 1+

1/2

t+ 1+

1

t2 + a2− 1

t2 + 1

)dt

und damit schließlich

ζ = K[−1

aln

(t+ a

t− a

)+ ln

(t+ 1

t− 1

)+

2

aarctan

(t

a

)− 2 arctan(t)

]+ const .

Die Integrationskonstante bestimmen wir aus der Bedingung, daß der Punkt

z = a4 bzw. t = 0

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436 10 Potentialstromungen

mit dem Ursprung der ζ–Ebene zusammenfallen moge.

⇒ 0 = K(−1

aln(−1) + ln(−1)

)+ const

und wegen ln(−1) = iπ auch

const = iπK(

1

a− 1

)= i(H − h)

und daher die Abbildungsfunktion

ζ = K[−1

aln

(t+ a

t− a

)+ ln

(t+ 1

t− 1

)+

2

aarctan

(t

a

)− 2 arctan(t)

]+ i(H − h) .

Aufgabe 10.4-14 Kavitation im ebenen Kanal

In der Mitte eines ebenen Kanales der Hohe t befindet sich eine senkrechte Platte derHohe b.

Die Platte wird mit der GeschwindigkeitU∞ von inkompressibler, reibungsfreier Flussig-keit angestromt, so daß es auf der Ruckseite der Platte zur Bildung eines Kavitations-gebietes kommt, innerhalb dessen der Dampfdruck konstant ist und das Gas als ruhendangenommen werden kann. Es wird angenommen, daß sich das Kavitationsgebiet bisins Unendliche erstreckt.

Unbekannt und gesucht ist die Geschwindigkeit U der zwei sich ausbildenden Freistrah-len und die Große des Kavitationsgebietes h in ausreichend weitem Abstand von derPlatte.

a) Zeigen Sie, daß an den Strahlrandern CD und C’D’ der Geschwindigkeitsbetragkonstant ist.

b) Zeichnen Sie die Staustromlinie AB und ihre Verzweigungen BCD und BC’D’, sowiedie beiden Stromlinien A0E und A’0E’ in der Hodographenebene ζ = u− i v.Vervollstandigen Sie das Stromlinienbild in der ζ–Ebene durch das qualitative Zeich-nen einiger weiterer Stromlinien.

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10.4 Ebene Potentialstromung 437

c) Bestimmen Sie das komplexe Potential F (ζ) in der ζ–Ebene, so daß die in b) ermit-telten Stromlinien durch F (ζ) wiedergegeben werden.Hinweis: Verwenden Sie das Kreistheorem (Aufgabe 10.4-3).

d) An der Plattenflache ist ζ = i η, mit −U ≤ η ≤ U .Bestimmen Sie den Zusammenhang z = z(ζ) fur Punkte der Plattenflache und gebenSie die den impliziten Zusammenhang f(b/t, U∞/U) = 0 an.

e) Losen Sie f(b/t, U∞/U) = 0 fur b/t = 0, 68 numerisch und bestimmen Sie h.

Geg.: t, b, U∞

Losung

a) Wegen der dynamischen Randbedingung ist der Druck am Strahlrand gleich demDampfdruck des Gases und konstant. Aus der Bernoullischen Gleichung folgt dann,daß der Geschwindigkeitsbetrag U auf dem Strahlrand konstant ist.

b) Stromlinien in der Hodographenebene ζ = u− iv:

c) Singularitatenverteilung in der ζ–Ebene:Wir bringen zunachst im Punkt A (ζ = U∞) eine Quelle der Ergiebigkeit U∞ t an.Der von dieser Quelle ausgehende Volumenstrom wird von einer Senke der Starke−U∞ t im Punkt D (ζ = U) aufgesogen.Da die Linie CC’ Stromlinie ist, muß die Singularitatenverteilung symmetrisch zurLinie ξ = 0 sein; wir spiegeln die bereits ermittelte Quelle und Senke an ξ = 0.Der Kreis |ζ| = U ist Stromlinie. Wir erreichen das, indem wir auf das bis hierherermittelte Potential

F1(ζ) =U∞ t

2πln(ζ − U∞) +

U∞ t

2πln(ζ + U∞) − U∞ t

2πln(ζ − U) − U∞ t

2πln(ζ + U)

das Kreistheorem

F (ζ) = F1(ζ) + F 1

(U2

ζ

)anwenden. Das so erhaltene Potential F (ζ) ist bis auf eine Konstante

F (ζ) =U∞ t

ln(ζ + U2/U∞) + ln(ζ − U2/U∞) − 2 ln(ζ + U) − 2 ln(ζ − U)

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438 10 Potentialstromungen

+ ln(ζ + U∞) + ln(ζ − U∞) .

d) Zusammenhang f(b/t, U∞/U) = 0:Aus dF/dz = ζ folgt

z =∫ dF

1

ζdζ + C . (1)

An der Plattenflache ist ζ = i η, mit −U ≤ η ≤ U , rein imaginar und wegen derIdentitat (A und B sind reell)

ln(A+ iB) + ln(A− iB) = ln[(−1)(A2 +B2)] = ln(A2 +B2) + i π

ist fur Punkte auf der Platte das komplexe Potential

F (ζ) = F (i η) =U∞ t

ln(η2 + (U2/U∞)2) − 2 ln(η2 + U2) + ln(η2 + U2

∞),

d.h. rein reell, wie zu erwarten war. Aus (1) folgt an der Platte mit z = i y, ζ = i ηund d ζ = d (i η)

i y =∫

dF

d(i η)

1

i ηd (i η) + C = −i

∫dF

1

ηd η + C .

Daraus folgt der rein reelle Zusammenhang

y = −∫

dF

1

ηd η + C

= −U∞ t

π

∫ 1

η2 + (U2/U∞)2− 2

η2 + U2+

1

η2 + U2∞

d η + C

= −U∞ t

π

U∞U2

arctan(η/(U2/U∞)) − 2

Uarctan(η/U)

+1

U∞arctan(η/U∞)

+ C .

Die Integrationskonstante C bestimmt sich aus der Symmetrie zu Null: Am Stau-punkt B, d. h. y = 0, muß die y–Komponente der Geschwindigkeit v = −η = 0verschwinden. Auf der Plattenoberflache gilt demnach der Zusammenhang zwischenOrt y und Geschwindigkeit v = −η:

y

t/2=

2

π

U∞U

U∞U

arctan(v U∞/U2) +U

U∞arctan(v/U∞) − 2 arctan(v/U)

.

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10.4 Ebene Potentialstromung 439

Am Plattenrand y = b/2 ist die Geschwindigkeit v = U , was den gesuchten Zusam-menhang zwischen b/t und U∞/U liefert:

b

t=

2

π

U∞U

U∞U

arctan(U∞/U) +U

U∞arctan(U/U∞) − π

2

.

e) Fur b/t = 0, 68 erhalten wir numerisch das GeschwindigkeitsverhaltnisU∞/U = 0, 2.Aus der Kontinuitatsgleichung U∞ t = U (t − h) folgt damit h = t (1 − U∞/U) =0, 8 t .

Aufgabe 10.4-15 Quell–Senkenverteilung fur einen schlanken

Korper

Ein schlankes, zur x–Achse symmetri-sches Profil wird durch die Gleichung

y = ±f(x) = ±2εx

l(l− x)

(0 ≤ x ≤ l, ε 1) beschrieben. Dieses Profil befindet sich in einer inkompressiblen,reibungsfreien Potentialstromung mit der Anstromung U∞ parallel zur x–Achse.

a) Bestimmen Sie die Quell–Senkenverteilung nach der Theorie schlanker Korper ininkompressibler Stomung, die dieses Profil erzeugt.

b) Berechnen Sie die Storgeschwindigkeiten am Profil.c) Berechnen Sie den Druckbeiwert cp.d) Bestimmen Sie fur die in a) ermittelte Quellenverteilung die exakte Gleichung der

Korperkontur.

Losung

a) Quell–Senkenverteilung:Die Quell–Senkenverteilung steht mit der Profilform in der Beziehung (S. L. (10.358))

q(x) = 2df

dxU∞ .

Mit f(x) = 2ε(l − x)x/l also

q(x) = 4U∞ε1

l(l− 2x) .

b) Storgeschwindigkeiten am Profil:Die y–Komponente der Storgeschwindigkeit auf der Ober- bzw. Unterseite des Profilssind

v(x, 0+) =df

dxU∞ , v(x, 0−) = −df

dxU∞ ,

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440 10 Potentialstromungen

also

v(x, 0) = ±2U∞ε1

l(l− 2x) = ±q(x)

2.

Die x–Komponente (u = U − U∞) der Storgeschwindigkeit berechnen wir aus demPotential (S. L. (10.342))

Φ = U∞x+1

l∫0

q(x′) ln√

(x− x′)2 + y2 dx′

zu

u(x, y)

U∞=

1

l∫0

q(x′)U∞

x− x′

(x− x′)2 + y2dx′

Es ist u(x, y = f(x))/U∞ gesucht. In der Taylorentwicklung von u

u(x, y)

U∞=u(x, 0)

U∞+∂u

∂y

∣∣∣∣∣y=0

y

U∞+ · · ·

schatzen wir die Großenordnung des zweiten Termes als

∂u

∂y

y

U∞=∂v

∂x

y

U∞∼ v

U∞

d

l∼ ε2

ab. D.h. wir konnen u anstatt auf der Kontour auf der x–Achse bestimen. Derdabei gemachte Fehler ist von der Ordnung O(ε2) und im Rahmen der Naherungvernachlassigbar.Mit q(x′) aus a) erhalten wir

u(x, 0) =2U∞εl π

l∫0

l− 2x′

x− x′dx′ .

Dieses Integral wird singular fur x = x′ und es ist der Cauchysche Hauptwert zunehmen:

u(x, 0) =2U∞εl π

⎛⎜⎜⎝l∫

0

l

x− x′dx′

︸ ︷︷ ︸I

− 2

l∫0

x′

x− x′dx′

⎞⎟⎟⎠︸ ︷︷ ︸

II

,

und mit κ > 0 berechnet man fur das erste Integral

I = l limκ→0

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩x− κ∫0

dx′

x− x′+

l∫x+ κ

dx′

x− x′

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭= l lim

κ→0

− ln(x− x′)

∣∣∣x−κ

0− ln(x− x′)

∣∣∣lx+κ

= l lnx

l − x.

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10.4 Ebene Potentialstromung 441

Fur das zweite Integral

II = 2 limκ→0

⎧⎪⎪⎨⎪⎪⎩x− κ∫0

x′dx′

x− x′+

l∫x+ κ

x′dx′

x− x′

⎫⎪⎪⎬⎪⎪⎭benutzen wir die Substitution x− x′ = u , dx′ = −du mit dem Ergebnis∫

u− x

udu =

∫ (1 − x

u

)du = u− x lnu ,

was auf

II = 2 limκ→0

(x− x′ − x ln(x− x′))

∣∣∣x−κ

0+ (x− x′ − x ln(x− x′))

∣∣∣lx+κ

fuhrt, so daß

II = 2 limκ→0

−l + 2κ+ x ln

( −κxκ(x− l)

)entsteht, bzw.

II = −2l + 2x ln(

x

l − x

).

Die Komponente der Storgeschwindigkeit in x-Richtung ist deshalb

u(x, 0) =2U∞εl π

(l − 2x) ln

x

l− x+ 2l

.

c) Druckbeiwert cp:

cp =p− p∞

( /2)U2∞= 1 − (U∞ + u)2 + v2

U2∞,

cp = 1 − U2∞ + 2U∞u+ u2 + v2

U2∞= − 2u

U∞+O(ε2) ,

cp = − 4ε

l π

(l − 2x) ln

x

l − x+ 2l

.

d) Exakte Gleichung der Korperkontur:

Fur die Quellverteilung q(x) = 2U∞df

dx= 4U∞ε

1

l(l − 2x) ermitteln wir die exakte

Gleichung der Korperkontur aus der Stromfunktion Ψ(x, y) = 0. Man konnte Ψdirekt im Reellen ermitteln:

Ψ = U∞y +1

l∫0

q(x′) arctany

x− x′dx′ .

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442 10 Potentialstromungen

Wir ziehen es hier vor, zunachst das komplexe Potential

F (z) = U∞z +1

l∫0

q(x′) lnz − x′

ldx′

zu berechnen und dann den Imaginarteil abzuspalten. Mit x′ = x′ l, z = z l, wobeiwir dann wieder die Querstriche an den dimensionslosen Großen weglassen, entsteht

F (z) = U∞z l +4U∞ε l

1∫0

(1 − 2x′) ln(z − x′) dx′

oder

F (z)

U∞l= z +

π

1∫0

(1 − 2x′) ln(z − x′) dx′ ;

und mit der Substitution z − x′ = ζ, dx′ = −dζ auch

F (z)

U∞l= z +

π

z − 1∫z

− (1 − 2z + 2ζ) ln(ζ) dζ .

In der Auswertung des Integrals ist z als Konstante zu werten, so daß wir das Integralzu

z∫z − 1

(1−2z) ln(ζ) dζ+

z∫z − 1

2ζ ln(ζ) dζ = (1−2z)(ζ ln ζ−ζ)∣∣∣zz−1

+2(ζ2 ln ζ

2− ζ2

4)∣∣∣zz−1

= (z − z2) ln z + (z2 − z) ln(z − 1) + z − 1

2berechnen, was sich zu

= (z − z2) ln(

z

z − 1

)+ z − 1

2

vereinfacht, so daß das komplexe Potential

F (z)

U∞l= z

(1 +

π

)− ε

π+

π(z − z2) ln

(z

z − 1

)(1)

erhalten wird. Die Stromfunktion gewinnen wir durch Abspalten des Imaginarteilesaus

F = Φ + iΨ .

Mitz(1 − z) = x(1 − x) + y2 + iy(1− 2x)

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10.4 Ebene Potentialstromung 443

gilt

ln(

z

z − 1

)= ln

∣∣∣∣ z

z − 1

∣∣∣∣ + i arg(z) − i arg(z − 1)

und weiter

= ln

⎛⎝√√√√ x2 + y2

(x− 1)2 + y2

⎞⎠ + i(arctan

y

x− arctan

(y

x− 1

)∓ π

)

= 12ln

(x2 + y2

(x− 1)2 + y2

)+ i

(arctan

( −yx(x− 1) + y2

)∓ π

),

wobei das negative Vorzeichen gilt, wenn y > 0 ist, erhalt man fur die Stromfunktionden Ausdruck

Ψ

U∞l= y

(1 +

π

)+

πy(1 − 2x)

1

2ln

(x2 + y2

(x− 1)2 + y2

)

+2ε

π( − x(x− 1) + y2)

(arctan

( −yx(x− 1) + y2

)− π

),

(fur die obere Profilkontur). In dieser Gleichung sind x und y dimensionslos mit l,d. h. x nimmt Werte an zwischen 0 und 1 und y nimmt Werte an zwischen 0 und∼ ε.Es liegt nahe, eine neue dimensionslose Koordinate Y einzufuhren: y = Y ε, d. h. Ynimmt nun ebenfalls Werte an zwischen 0 und 1. Fur die Korperkontur: Ψ = 0

0 = εY(1 +

π

)+ε2

πY (1 − 2x) ln

(x2 + ε2Y 2

(x− 1)2 + ε2Y 2

)

+2ε

π(−x(x− 1) + ε2Y 2)

(arctan

( −εYx(x− 1) + ε2Y

)− π

)

Fur kleine ε 1 konnen die Terme ε2 Y 2, ε2 Y vernachlassigt werden, man erhalt:

0 = εY +ε

π2x(x− 1)π ,

also

y = 2εx(1 − x) ,

was in dimensionsbehafteter Form

y

l= 2 ε

x

l

(1 − x

l

)wieder auf das Profil der Aufgabenstellung zuruckfuhrt. Aus (1) folgt fur die Ge-schwindigkeiten:

dF

dz= U∞ + u− i v ,

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444 10 Potentialstromungen

u

U∞l=

π+ε

π(1 − 2x) ln

(x2 + y2

(x− 1)2 + y2

)+

πy

(arctan

( −yx(x− 1) + y2

)− π

),

v

U∞l= −2ε

π(1 − 2x)

(arctan

( −yx(x− 1) + y2

)− π

)+

πy ln

(x2 + y2

(x− 1)2 + y2

),

wobei zu beachten ist, daß x, y noch dimensionslos sind. Auf der Achse (y = 0) wirdwieder das Ergebnis aus Aufgabenteil b) erhalten.

Aufgabe 10.4-16 Zirkulationsverteilung und Skelettlinie ei-

nes schwach gewolbten Profils

Mit Hilfe der Skelett–Theorie laßt sich entweder fur eine gegebene Zirkulationsvertei-lung γ(x) die Skelettlinie y = f(x) eines dunnen, schwach gewolbten Profils (I. Haupt-aufgabe der Skelett-Theorie) oder fur gegebene Skelettlinie die Zirkulationsverteilung(II. Hauptaufgabe der Skelett-Theorie) berechnen.

a) Wie lautet die Gleichung der Skelettlinie fur die Zirkulationsverteilung

γ(x) = 2U∞C = const ?

b) Fur die Skelettlinie y = f(x) = ε x(1 − x/l) berechne man die Zirkulationsvertei-lung.

c) Berechnen Sie fur den Fall b) den Auftriebsbeiwert ca und den Momentenbeiwertcm.

Losung

a) I. Hauptaufgabe der Skelett-Theorie:Die Zirkulationsverteilung γ = 2U∞C = const ist bekannt und die gesuchte Skelett-linie f(x) erfullt die Gleichung (S. L. (10.372))

U∞df

dx− αU∞ = − 1

l∫0

γ(x′)1

x− x′dx′

bzw.

U∞df

dx− αU∞ = −CU∞

π

l∫0

1

x− x′dx′ .

In den dimensionslosen Großen f = fl, x = xl, wobei im folgenden die Querstricheweggelassen werden, folgt

df

dx= α − C

π

1∫0

dx′

x− x′.

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10.4 Ebene Potentialstromung 445

Das auftretende Integral ist ein uneigentliches Integral dessen Cauchyschen Haupt-wert

I =

1∫0

dx′

x− x′= lim

ε→0

⎡⎢⎢⎣x− ε∫0

dx′

x− x′+

1∫x+ ε

dx′

x− x′

⎤⎥⎥⎦wir zu

I = limε→0

[− (ln(x− x′))

∣∣∣x−ε

0− (ln(x− x′))

∣∣∣1x+ε

],

I = limε→0

[− ln(ε) + ln(x) − ln(1 − x) + ln(ε)] ,

I = ln(

x

1 − x

)ermitteln. Aus

df

dx= α +

C

π

(ln

1 − x

x

)folgt nun die Skelettlinie durch direkte Integration:

f = αx +C

π[(x− 1) ln(1 − x) − x lnx] +K .

Die Integrationskonstante K dient dazu, die Lage des Profils im Koordinatensystemfestzulegen. Mit

f(x = 1) = 0 = α+ limx→1

C

π

((x− 1) ln(1 − x)

)+K

und Auswertung des auftretenden unbestimmten Ausdrucks

limx→1

ln(1 − x)

(x− 1)−1= lim

x→1

−(1 − x)−1

−(x− 1)−2= lim

x→1(1 − x) = 0 ,

f(x = 1) = 0 = α+K

erhalten wirK = −α

und daher

f(x) = α(x− 1) +C

π[(x− 1) ln(1 − x) − x lnx] .

b) II. Hauptaufgabe:Die Skelettlinie ist bekannt: f(x) = εx(1 − x/l) ε 1 . Gesucht ist die Zirkulati-onsverteilung γ(x), die Losung der Integralgleichung

U∞df

dx− αU∞ = − 1

l∫0

γ(x′)x− x′

dx′

ist. Die Losung lautet bekanntlich (S. L. Abschnitt 10.4.9)

γ(ϕ) − 2U∞A0 tanϕ

2= 2U∞

∞∑n=1

An sin(nϕ) ,

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446 10 Potentialstromungen

wobei

x =l

2(1 + cosϕ)

und die Fourier-Koeffizienten durch

A0 = α− 1

π

π∫0

df

dx(ϕ) dϕ ,

An = − 2

π

π∫0

df

dx(ϕ) cos(nϕ) dϕ

gegeben sind. Hier besteht der Zusammenhang x/l = x = (1/2)(1 + cosϕ), f/l = fund γ/U∞ = γ, wobei im folgenden die Querstriche wieder weggelassen werden. ZurBerechnung der Koeffizienten fur die vorgegebene Skelettlinie bilden wir

df

dx= ε(1 − 2x) = ε(1 − 1 − cosϕ) = −ε cosϕ

und finden fur die Koeffizienten

A0 = α +ε

π

π∫0

cosϕdϕ = α

und

A1 =2ε

π

π∫0

cos2 ϕdϕ =2ε

π

π

2= ε .

Da hier df/dx = −ε cosϕ ist, treten fur die hoheren Koeffizienten Integrale derForm

π∫0

cosϕ cos(nϕ) dϕ

auf. Diese verschwinden aber fur n > 1, so daß die Zirkulationsverteilung schondurch die beiden ersten Summanden gegeben ist.

γ(ϕ) = 2α tanϕ

2+ 2ε sinϕ .

Mit

tanϕ

2=

sinϕ

1 + cosϕ=

sinϕ

2x

undsinϕ =

√1 − cos2 ϕ =

√1 − (2x− 1)2 = 2

√x(1 − x)

finden wir die Darstellung der Zirkulationsverteilung

γ(x) = 4√x(1 − x)

2x+ ε

)als Funktion von x.

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10.4 Ebene Potentialstromung 447

c) Auftriebsbeiwert und Momentenbeiwert

ca = π(2A0 + A1) = π(2α+ ε)

cm = −π4(2A0 + 2A1 + A2︸︷︷︸

=0

) = −π4(2α + 2ε)

Anmerkung:Die Storgeschwindigkeiten fur Fall b) sind:

u(x, 0±) = ±1

2γ(x) = ±2

√x(1 − x)

2x+ ε

),

v(x, 0) =df

dx− α = ε(1 − 2x) − α ,

wobei v(x, 0) aus der Randbedingung (S. L. (10.371)) folgt und γ, u und v alle aufU∞ bezogen sind.

Aufgabe 10.4-17 Das gerade Schaufelgitter

Eine ebene Stromung durch ein unend-liches (−∞ ≤ y ≤ ∞), gerades Gittererhalt man z. B. durch die Abwicklungeines koaxialen Zylinderschnittes einesSchaufelkranzes.

Die Stromung in genugend großer Ent-fernung vom Gitter kann duch eine ge-bundene Wirbelschicht langs der y–Achsevon −∞ bis ∞ dargestellt werden. Manverwende dieses Verfahren, um die Zu–und Abstromgeschwindigkeit u1, u2 unddie Zu– und Abstromwinkel β1, β2 aneinem geraden Schaufelgitter zu bestim-men (t/l 1 ; l ist die Lange der Pro-filsehne). Die Anstromung im Unendli-chen (x → −∞) ohne Gittereinfluß istW∞ = U∞ ex + V∞ ey .

Die Geschwindigkeiten U∞, V∞, die Zir-kulation einer Schaufel ΓS und die Teilung t sind bekannt.

a) Berechnen Sie die Geschwindigkeiten u1 = u1 ex + v1 ey, u2 = u2 ex + v2 ey und diezugehorigen Winkel β1, β2.

b) Wie groß ist die Kraft F auf eine Schaufel fur die inkompressible, reibungsfreieStromung. Zeigen Sie, daß F senkrecht auf W∞ steht.

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448 10 Potentialstromungen

Losung

a) Fur große Abstande vom Gitter kann ein gerades Schaufelgitter durch eine konstan-te Wirbelverteilung dargestellt werden. Man bildet γ = ΓS/t = const., d. h. dieZirkulation der Schaufeln wird langs der Teilung auf der Gitterachse

”verschmiert“.

Nach (S.L. 10.185) folgt dann fur das Storpotential eines Wirbelelementes am Ort(0, y′)

dϕ = − γ

2πarctan

y − y′

xdy′

und damit fur das gesamte Storpotential des Gitters

ϕ = − γ

+∞∫−∞

arctany − y′

xdy′ .

Hieraus erhalten wir die Komponenten der Storgeschwindigkeiten zu

u(x, y) =γ

+∞∫−∞

y − y′

x2 + (y − y′)2dy′ , (1)

v(x, y) = − γ

+∞∫−∞

x

x2 + (y − y′)2dy′ . (2)

Wir berechnen die Integrale in (1) und (2):

I1 =

+∞∫−∞

y − y′

x2 + (y − y′)2dy′

= limN→∞

N∫−N

y − y′

x2 + (y − y′)2dy′

= limN→∞

−1

2ln

(x2 + (y − y′)

)∣∣∣∣y′=N

y′=−N

= limN→∞

−1

2lnx2 + (y −N)2

x2 + (y +N)2= 0 .

Das heißt, sowohl fur die Zustromung, wie auch fur die Abstromung verschwindetdie induzierte Geschwindigkeit in x–Richtung.Weiter

I2 =

∞∫−∞

x

x2 + (y − y′)2dy′

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10.4 Ebene Potentialstromung 449

= limN→∞

N∫−N

x

x2 + (y − y′)2dy′

= − limN→∞

arctan

y −N

x− arctan

y +N

x

.

Fur die Grenzwertbildung sind die Falle x > 0 und x < 0 zu unterscheiden:1.) x > 0:

limN→∞

arctany −N

x= −π

2,

limN→∞

arctany +N

x= +

π

2.

2.) x < 0:

limN→∞

arctany −N

x= +

π

2,

limN→∞

arctany +N

x= −π

2

⇒ limN→∞

arctan

y −N

x− arctan

y +N

x

=

+π , x > 0−π , x < 0

,

also

−∞∫

−∞

x

x2 + (y − y′)2dy′ =

−π , x > 0+π , x < 0

.

Das unendlich ausgedehnte, gerade Gitter induziert Storgeschwindigkeiten in diey–Richtung, fur die gilt

v = γ/2 fur x < 0 ,v = −γ/2 fur x > 0 .

(3)

Bezeichnen wir den Geschwindigkeitsvektor der Zustromung mit u1 und den derAbstromung mit u2, so gilt nach (3) in genugend großer Entfernung vom Gitter:

u1 = U∞ ex +(V∞ +

γ

2

)ey fur x < 0 , (4)

u2 = U∞ ex +(V∞ − γ

2

)ey fur x > 0 . (5)

Die Gleichungen (4) und (5) zeigen, daß die gemittelte Geschwindigkeit (u1 + u2)/2gleich der Anstromgeschwindigkeit W∞ ohne Gitter ist.

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450 10 Potentialstromungen

Aus der folgenden Skizze

erhalten wir fur den Zustromwinkel β1

cotβ1 =V∞ + γ/2

U∞= cot β∞ +

ΓS

2 t U∞

und fur den Abstromwinkel β2

cot β2 =V∞ − γ/2

U∞= cotβ∞ − ΓS

2 t U∞.

b) Fur die inkompressible, reibungsfreie Stromung erhalten wir die Kraft auf eineSchaufel nach (S.L. 2.87) und (S.L. 2.88) zu

Fx = −t (p2 − p1) und (6)

Fy = −m (v2 − v1) . (7)

Wir ersetzen die Druckdifferenz in (6) durch die Bernoullische Gleichung

p2 − p1 =

2(u1 · u1 − u2 · u2)

=

2

(U2∞ +

(V∞ +

γ

2

)2

− U2∞ −

(V∞ − γ

2

)2)

= γ V∞ ,

den Massenstrom in (7) durch m = t U∞ und schreiben die Kraft in vektoriellerForm

F = t γ (−V∞ ex + U∞ ey) .

Das Skalarprodukt zwischen F und der ungestorten Anstromgeschwindigkeit

W∞ = U∞ ex + V∞ ey

ist null, d. h. die Kraft auf die Schaufel steht senkrecht auf W∞.Fur den Winkel β den die Kraft mit der Gitterachse (y–Richtung) bildet, erhaltenwir

tan β =|Fy||Fx| =

U∞V∞

. (8)

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10.4 Ebene Potentialstromung 451

Aus der Skizze und Gleichung (8) ist ersichtlich, daß β gleich dem Winkel α∞ zwi-schen der Geschwindigkeit W∞ und der x–Achse, also der Anstromwinkel ohne Git-tereinfluß ist.

Aufgabe 10.4-18 Zirkulationsverteilung eines Plattengitters

Ein Plattengitter (Teilung t, Plattenlange l)befindet sich in einer Stromung, die im un-gestorten Fall (d. h. ohne Gitter) mit der un-gestorten Geschwindigkeit W∞ unter dem un-gestorten (kleinen) Winkel α∞ erfolgt.

Mit (S.L.(10.221)) und (S.L.(10.361)) erhaltman das komplexe Storpotential fur eine ein-zelne Platte, die auf der x–Achse liegt.

F (z) =i

l/2∫−l/2

γ(x′) ln(z − x′) dx′ .

Durch fortgesetzte Spiegelung folgt dann fur das Plattengitter das Storpotential

F (z) =i

l/2∫−l/2

γ(x′) ln[sinh

t(z − x′)

)]dx′

und die Storgeschwindigkeiten

u(x, y) =1

2 t

l/2∫−l/2

γ(x′)sin 2π

ty

cosh2 πt

(x− x′) − cos 2 πty

dx′ ,

v(x, y) = − 1

2 t

l/2∫−l/2

γ(x′)sinh2π

t(x− x′)

cosh2πt

(x− x′) − cos 2 πty

dx′ .

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452 10 Potentialstromungen

a) Berechnen Sie die Wirbelverteilung γ(x) fur einen ungestorten Anstromwinkel α∞ =3, indem Sie die Randbedingung nur an den drei Punkten y = 0, x/l = −3/12,1/12, 5/12 erfullen.

b) Berechnen Sie den Auftriebsbeiwert.Hinweis: Benutzen Sie die Transformation x = −(l/2) cos(ϕ) und machen Sie denAnsatz γ(ϕ) = 2U∞ (A0 cotan(ϕ/2) + A1 sinϕ+ A2 sin 2ϕ) .

c) Berechnen Sie die Komponenten der tatsachlichen Anstromgeschwindigkeit u1, v1

und den Zustromwinkel α1.

Losung

Zunachst betracheten wir eine unendliche Reihe einzelner Wirbel mit der Zir-kulation −Γ, die im Abstand t von −∞ bis +∞ auf der y–Achse angeordnetsind.Das Potential dieser Wirbelreihe ist

F (z) =iΓ

2π(ln(z) + ln(z + it) + ln(z − it) + ln(z + i2t) + ln(z − i2t) + . . .) .

Diese Summe laßt sich bis auf eine additive Konstante, die fur das komplexe Potentialunwesentlich ist, auf die Form

F (z) =iΓ

2πln

(sinh

π z

t

)bringen.

Aus diesem komplexen Potential erhalt man in bekannter Weise die Geschwindigkeits-komponenten

u(x, y) =Γ

2 t

sin(

2 πty)

cosh(

2πtx)− cos

(2πty) , (1)

v(x, y) = − Γ

2 t

sinh(

2 πtx)

cosh(

2πtx)− cos

(2πty) . (2)

Bemerkung: Fur x → ±∞ erhalt man aus (1) und (2) die Storgeschwindigkeiten (3)und (4) fur die kontinuierliche Wirbelverteilung der Aufgabe 10.4-17.

Betrachtet man nun statt des einzelnen Wirbels eine Wirbelverteilung γ(x′) entgegendem mathematisch positiven Sinn, so ist Γ durch −γ(x′)dx′ und x durch x − x′ zuersetzen und uber den erhaltenen Ausdruck zu integrieren:

u(x, y) =1

2 t

+l/2∫−l/2

γ(x′)sin

(2πty)

cosh(

2 πt

(x− x′))− cos

(2πty)dx′ , (3)

v(x, y) = − 1

2 t

+l/2∫−l/2

γ(x′)sinh

(2πt

(x− x′))

cosh(

2 πt

(x− x′))− cos

(2 πty)dx′ . (4)

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10.4 Ebene Potentialstromung 453

a) Wir betrachten nur die Platte auf der x–Achse. Die Wirbelverteilung γ(x) muß nunso gewahlt werden, daß dort die Randbedingung und die Kuttasche Abflußbedingungerfullt sind.Die kinematische Randbedingung nach (S. L. (4.170)) lautet

V∞U∞

+v

U∞=

df

dx

(1 +

u

U∞

),

wobei V∞, U∞ die Komponenten der ungestorten Geschwindigkeit sind.Fur kleine Winkel α∞ und df/dx = 0 erhalten wir daraus fur y = 0

v(x, 0) = −α∞U∞ = − 1

2 t

+l/2∫−l/2

γ(x′)sinh

(2πt

(x− x′))

cosh(

2πt

(x− x′))− 1

dx′ . (5)

Die Kuttasche Abflußbedingung verlangt an der Stelle x = l/2 gleiche Geschwindig-keiten an der Ober- und Unterseite

∆u(x = l/2, 0) = u+(l/2, 0) − u−(l/2, 0) = 0 . (6)

Wir berechnen zunachst die Randwerte u±(x, 0). Fur |x| > l/2 ist das Integral in(1) regular und verschwindet fur y → 0±. Fur −l/2 ≤ x ≤ l/2 spalten wir densingularen Teil des Integranden in (3) ab und schreiben

+l/2∫−l/2

γ(x′)sin

(2 πty)

cosh(

2 πt

(x− x′))− cos

(2 πty)dx′ =

=t

π

l/2∫−l/s

γ(x′)y

(x− x′)2 + y2dx′ +

+

+l/2∫−l/2

γ(x′)

⎧⎨⎩ sin 2 πty

cosh 2πt

(x− x′) − cos(

2 πty) − t

π

y

(x− x′)2 + y2

⎫⎬⎭ dx′ .

Das erste Integral auf der rechten Seite liefert wegen der formalen Gleichheit mit(S.L. (10.352)) den Wert ±t γ(x), das zweite Integral geht fur y → 0 gegen null.Damit erhalten wir

u(x, 0) = ±γ(x)2

bzw. ∆u = γ(x) (7)

und mit der Kuttaschen Abflußbedingung

∆u|x=l/2 = γ(l/2) = 0 . (8)

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454 10 Potentialstromungen

Analog zum Einzelprofil (siehe S.L.(Kap.10.4.9)) spalten wir auch hier die Um-stromung der Vorderkante ab, wir erhalten mit (S.L.(10.378))

γ0(x) = 2a

√√√√l/2 − x

x + l/2, a = const, (9)

womit die Abflußbedingung (8) erfullt ist.Entsprechend dem Vorgehen in (S.L.(Kap.10.4.9)) subtrahieren wir γ0(x) von dergesuchten Verteilung γ(x) und entwickeln die Differenz in eine Fourierreihe. DieTransformation x = − (l/2) cosϕ fur 0 < ϕ < π fuhrt zusammen mit der Konstan-ten a = U∞A0 zunachst auf

γ0(ϕ) = 2U∞A

√1 + cosϕ

1 + cosϕ= 2U∞ A0 cotan

ϕ

2

und dann auf die der Entwicklung (S.L.(10.380)) entsprechenden Gleichung

γ(ϕ) = 2U∞ A0 cotanϕ

2+ 2U∞ (A1 sinϕ+ A2 sin 2ϕ) , (10)

wobei nur die ersten zwei Glieder der unendlichen Reihe berucksichtigt wurden.Wir schreiben nun Gleichung (5) in der Form

v(x, 0)

U∞= −α∞ = − 1

2π U∞

+l/2∫−l/2

γ(x′) dx′

x− x′+

− 1

2 t U∞

+l/2∫−l/2

γ(x′)

(sinh 2π

t(x− x′)

cosh 2πt

(x− x′) − 1− t/π

x− x′

)dx′ . (11)

Bei gegebenem, ungestortem Anstromwinkel α∞ ist (11) eine Integralgleichung furdie Zirkulation γ(x). Das erste Integral ist ein singulares Integral vom Cauchy–Hauptwert–Typ, das zweite ist regular, da der Kern

K(x, x′) :=

(sinh 2 π

t(x− x′)

cosh 2 πt

(x− x′) − 1− t/π

x− x′

)

fur x → x′ endlich bleibt.Wir setzen den Ansatz (10) fur die Zirkulationsverteilung in (11) ein und erhaltenmit den Transformationen

x = − l

2cosϕ , x′ = − l

2cosϕ′ , dx′ =

l

2sinϕ′dϕ′

v(x, 0)

U∞= −α∞

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10.4 Ebene Potentialstromung 455

= − 1

π

π∫0

(A0 cotan

ϕ′

2+ A1 sinϕ′ + A2 sin 2ϕ′

)l/2 sinϕ′dϕ′

−l/2(cosϕ− cosϕ′)+

−1

t

π∫0

(A0 cotan

ϕ′

2+ A1 sinϕ′ + A2 sin 2ϕ′

)K(ϕ, ϕ′)

l

2sinϕ′ dϕ′ .

Unter Verwendung von Additionstheoremen und den Glauertschen Formeln (S.L.(10.382))schreiben wir

v(x, 0)

U∞= −α∞

= A01

π

π∫0

1 + cos ϕ′

cosϕ− cosϕ′ dϕ′

︸ ︷︷ ︸= −1

+A11

π

π∫0

sin2 ϕ′

cosϕ− cosϕ′ dϕ′

︸ ︷︷ ︸= cosϕ

+

+A21

π

π∫0

sin 2ϕ′ sin ϕ′

cosϕ− cosϕ′ dϕ′

︸ ︷︷ ︸= cos 2ϕ

+2A0−l4 t

π∫0

(1 + cos ϕ′)K(ϕ, ϕ′) dϕ′

︸ ︷︷ ︸= g0(ϕ)

+

+2A1−l4 t

π∫0

sin2 ϕ′K(ϕ, ϕ′) dϕ′

︸ ︷︷ ︸= g1(ϕ)

+2A2−l4 t

π∫0

sin 2ϕ′ sin ϕ′K(ϕ, ϕ′) dϕ′

︸ ︷︷ ︸= g2(ϕ)

.

In diesen Gleichungen sind jetzt drei unbekannte Koeffizienten A0, A1, A2. Wirwerden deshalb die Randbedingung an drei einzelnen Punkten erfullen und erhaltendann drei Gleichungen fur A0, A1, A2.Wir erhalten zunachst folgendes Gleichungssystem:

(2 g0(ϕ1) − 1)A0 +(cosϕ1 + 2 g1(ϕ1))A1 +(cos 2ϕ1 + 2 g2(ϕ1))A2 = −α∞(2 g0(ϕ2) − 1)A0 +(cosϕ2 + 2 g1(ϕ2))A1 +(cos 2ϕ2 + 2 g2(ϕ2))A2 = −α∞(2 g0(ϕ3) − 1)A0 +(cosϕ3 + 2 g1(ϕ3))A1 +(cos 2ϕ3 + 2 g2(ϕ3))A2 = −α∞

Fur die Auswertung wollen wir die drei Punkte x1 = −3/12, x2 = 1/12, x3 = 5/12benutzen.Wir erhalten dann

cosϕ1 = −2x1/l = 1/2 ⇒ cos 2ϕ1 = −0, 5cosϕ2 = −1/6 ⇒ cos 2ϕ2 = −0, 944cosϕ3 = −5/6 ⇒ cos 2ϕ3 = 0, 389

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456 10 Potentialstromungen

Die Funktionen g0, g1, g2 sind fur t/l = 0, 5 numerisch berechnet worden und in derfolgenden Tabelle aufgefuhrt.

x/l g0(ϕ) g1(ϕ) g2(ϕ)−3/12 -0,0559 0,2805 -0,2615

1/12 -0,7296 -0,0976 -0,31615/12 -1,1186 -0,4291 -0,1816

Das Gleichungssystem wird dann:

−1, 1118A0 +1, 061A1 −1, 0231A2 = −α∞−2, 4593A0 −0, 3619A1 −1, 5766A2 = −α∞−3, 2372A0 −1, 6916A1 −0, 0257A2 = −α∞ .

Fur den vorgegebenen Anstromwinkel α∞ = 3 lautet die Losung

A0 = 0, 0292 , A1 = −0, 0251 , A2 = −0, 0066 ,

γ(ϕ) = 2U∞(0, 0292 cotan

ϕ

2− 0, 0251 sin ϕ− 0, 0066 sin 2ϕ

).

b) Der Auftriebsbeiwert ca ist nach (S.L.(10.338)) definiert durch

ca =Fa

( /2)W 2∞ l.

Wie man an den Storgeschwindigkeiten sofort sieht, wird im Unendlichen eine Ge-schwindigkeit in y–Richtung induziert, so daß die tatsachliche Anstromung des Git-ters nicht unter dem Winkel α∞ erfolgt. Trotzdem erhalt man den Auftrieb (sieheauch Aufgabe 10.4-17) entsprechend der Kutta–Joukowsky–Formel (S.L.(10.367))zu

Fa = W∞ Γ = W∞

+l/2∫−l/2

γ(x) dx ,

ca =2

W∞ l

+l/2∫−l/2

γ(x) dx =2

W∞ l

π∫0

γ(ϕ)l

2sinϕdϕ

= 2

π∫0

(A0(1 + cosϕ) + A1 sin2 ϕ+ A2 sin 2ϕ sinϕ

)dϕ ,

ca = π (2A0 + A1) .

Setzt man die Werte fur A0 und A1 ein, so ergibt sich der Auftriebsbeiwert zu

ca = 0, 1046 .

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10.4 Ebene Potentialstromung 457

c) Mit (1) und (2) lauten die Komponenten der Anstromgeschwindigkeit u1 = U∞,v1 = V∞ + Γ/(2 t) und der Anstromwinkel α1 = V∞/U∞ + Γ/(2 t U∞), den wir mit

ca =2

W∞ lΓ ⇒ Γ

2 t=caW∞ l

4 t,

sowie W∞ = U∞ + O(α2∞) auch durch den Auftriebsbeiwert ausdrucken konnen

α1 =V∞U∞

+ca l

4 t= 5, 997 .

Aufgabe 10.4-19 Wellige Wand in kompressibler Stromung

Es soll die ebene, kompressibleStromung langs einer unendlich aus-gedehnten, welligen Wand berechnetwerden, deren Kontur durch

y = f(x) = A sin(

Lx)

gegeben ist. Wegen A/L 1 ist die Theorie schlanker Profile anwendbar.

a) Man lose fur den Fall der Unterschallstromung (M∞ = U∞/a∞ < 1) die lineari-sierte Potentialgleichung mittels eines Produktansatzes. Die Randbedingung an derKontur ist naherungsweise auf der x–Achse zu erfullen. Im Unendlichen (y → ∞)mussen die durch die Wand verursachten Storungen abgeklungen sein.

b) Welche Stromung ergibt sich im Falle der Uberschallstromung (M∞ > 1)?c) Berechnen Sie fur beide Falle die Druckverteilung an der Wand

(cp = (p− p∞)/((1/2) ∞U2∞)) und den Widerstand pro Wellenlange

(cw = Fx/((1/2) ∞U2∞)) .

Losung

a) Unterschall (M∞ < 1):Das Gesamtpotential ist

Φ = U∞x+ ϕ(x, y)

mit ϕ(x, y) als dem Storpotential, das der Differentialgleichung

(1 −M2∞)∂2ϕ

∂x2+∂2ϕ

∂y2= 0

genugen muß. Fuhrt man die Transformationen (S. L. (10.397), (10.398))

x = x , y = y√

1 −M2∞ , (1)

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458 10 Potentialstromungen

ϕ = ϕ (1 −M2∞) (2)

ein, so erhalt man die Laplace Gleichung

∂2ϕ

∂x2+∂2ϕ

∂y2= 0 .

Die Randbedingungen in der physikalischen Ebene (x, y) lauten:

ϕ(x, y → ∞) = const = 0 ,

v(x, y = 0) =∂ϕ

∂y

∣∣∣y=0

= U∞df

dx.

Transformiert man die Wand nach dem aus (1) resultierenden Gesetz

f (x) =√

1 −M2∞f(x) =√

1 −M2∞A︸ ︷︷ ︸A

sin(

2πx

L

)= A sin

(2πx

L

),

so lauten die Randbedingungen in der transformierten Ebene

ϕ(x, y → ∞) = 0 , (3)

v(x, y = 0) =∂ϕ

∂y

∣∣∣y=0

= U∞df

dx= U∞ 2π

A

Lcos

(2πx

L

). (4)

Die Laplacesche Gleichung laßt sich durch einen Separationsansatz der Form

ϕ(x, y) = X(x)Y (y)

losen. Wegen der unendlichen Ausdehnung in x– bzw. x–Richtung, muß die FunktionX(x) konstant oder periodisch sein, wobei der erste Fall wegen der Randbedingung(4) ausgeschlossen ist, d. h. X(x) muß von der Form

X(x) = C1 cos(

2πx

L

)+ C2 sin

(2πx

L

)sein. Fuhrt man diesen Ansatz in die Differentialgleichung ein und paßt die allge-meine Losung den Randbedingungen (3), (4) an, so erhalt man die Losung

ϕ(x, y) = −U∞A cos(

2πx

L

)e−(2πy)/L ,

die das Potential einer inkompressiblen Stromung langs einer welligen Wand mit derAmplitude A ist.Das Potential in der physikalischen Ebene ergibt sich durch Einsetzen von (1) und

(2) sowie A = A√

1 −M2∞ zu

ϕ(x, y) = − U∞√1 −M2∞

A cos(

2πx

L

)e−√

1−M2∞(2πy)/L .

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10.4 Ebene Potentialstromung 459

Die Geschwindigkeitskomponenten erhalt man zu (u und v sind die Storgeschwin-digkeiten):

U∞ + u =∂Φ

∂x= U∞ +

U∞√1 −M2∞

2πA

Lsin

(2πx

L

)e−√

1−M2∞(2πy)/L , (5)

v =∂Φ

∂y= 2πU∞

A

Lcos

(2πx

L

)e−√

1−M2∞(2π y)/L .

b) Uberschall-Losung M∞ > 1:Fur M∞ > 1 schreiben wir die Differentialgleichung in der Form

(M2∞ − 1)

∂2ϕ

∂x2=∂2ϕ

∂y2.

Die Losung ist nach (S. L. (11.20))

ϕ(x, y) = −U∞βf(x− βy) ,

wobeiβ =

√M2∞ − 1

ist. Mit der bekannten Wandkontour

f(x) = A sin(

Lx)

nimmt das Storpotential die Form

ϕ(x, y) = −U∞βA sin

(2π

L(x− β y)

)an. Die Geschwindigkeitskomponenten ergeben sich zu:

U∞ + u =∂Φ

∂x= U∞ − U∞

β2πA

Lcos

(2π

L(x− β y)

), (6)

v =∂Φ

∂y= U∞2π

A

Lcos

(2π

L(x− β y)

).

Auf den Machschen Linien x− β y = const bzw.

y =x

β+ const

andern sich die Werte von ϕ, u und v nicht!

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460 10 Potentialstromungen

In der Abbildung ist die Storgeschwindigkeit u qualitativ in verschiedenen Wan-dabstanden aufgetragen. Die Storungen klingen im Uberschallfall fur y → ∞ nichtab!

c) Druckverteilung und Widerstand pro Wellenlange:Der Druckbeiwert ist (S. L. (10.404))

cp = −2u

U∞(7)

und von der Großenordnung ε = A/L. Fur die Unterschallstromung ergibt sichdamit aus (5) (y ≈ 0 langs der Kontur)

cp = − 4π√1 −M2∞

A

Lsin

(2πx

L

),

die Druckverteilung und die Wandkontur sind in Phase. Ein Widerstand ist daherim Einklang mit dem d’Alembertschen Paradoxon nicht zu erwarten.Im Falle der Uberschallstromung erhalten wir aus (6)

cp =4π√

M2∞ − 1

A

Lcos

(2πx

L

).

Die Druckverteilung ist fur M∞ > 1 also um den Phasenwinkel π/2 gegenuber derWandkontur versetzt, so daß eine Kraft in x–Richtung (Widerstand) auf die Konturresultiert.Den Widerstand pro Wellenlange berechnen wir aus

Fx =∫(S)

∫−pn · ex dS︸ ︷︷ ︸

∓dy

.

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10.4 Ebene Potentialstromung 461

Das Vorzeichen von n · ex ist positiv furdf

dx< 0 und umgekehrt, so daß wir fur die

Kraft pro Tiefeneinheit schreiben konnen

Fx =∫

(S)

pdy

dxdx =

L∫x = 0

pf ′(x) dx

oder

Fx =

L∫0

(p− p∞)f ′(x) dx+ p∞

L∫0

f ′(x) dx

︸ ︷︷ ︸=0

.

Unter Benutzung des cp–Wertes also

Fx =ρ∞2U2∞L

1∫0

cp(x)f′(x) d

(x

L

).

Der Widerstandsbeiwert berechnet sich damit aus

cw =Fx

(ρ∞/2)U2∞L=

1∫0

cp(x)f′(x) d

(x

L

).

Mit f ′(x) = 2πA

Lcos

(2πx

L

)ergibt sich fur den Unterschallfall:

cw = − 8π2√1 −M2∞

(A

L

)21∫

0

sin(

2πx

L

)cos

(2πx

L

)d(x

L

)︸ ︷︷ ︸

=0

⇒ cw = 0 (Unterschall)

und fur Uberschall:

cw =8π2√M2∞ − 1

(A

L

)21∫

0

cos2(

2πx

L

)d(x

L

)︸ ︷︷ ︸

=1/2

,

cw =

(2π(A/L)

)2√M2∞ − 1

(Uberschall) .

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11 Uberschallstromungen

11.1 Schrager Verdichtungsstoß

Aufgabe 11.1-1 Keil mit vorstehender Platte

Ein Keil mit Offnungswinkel 16, an dessen Spitze eine dunne Platte angebracht ist,befindet sich in einer ebenen Uberschallstromung eines idealen Gases (γ = 1, 4). DieAnstromung ist parallel zur Mittelebene von Platte und Keil, so daß die Plattenvorder-kante nur eine sehr kleine Storung (Machsche Welle) hervorruft.

a) Messungen ergeben einen Winkel von 45 zwischen Plattenoberflache und MachscherWelle. Wie groß ist dann die Anstrom–Machzahl M1?

b) Bestimmen Sie den Stoßwinkel Θ, die Machzahl M2 nach dem schragen Stoß sowiedas Druckverhaltnis p2/p1 und das Temperaturverhaltnis T2/T1.

c) Skizzieren Sie den Verlauf der Stromlinien.

Losung

a) Machzahl M1:Aus der Beziehung fur den Machschen Winkel

sinµ =1

M

folgt unmittelbar die Machzahl zu

M1 =1

sinµ1=

1

sin 45= 1, 4142 .

b) Θ, M2, p2/p1, T2/T1:Der Ablenkwinkel δ = 8 ist durch die Neigung der Keilflache vorgegeben. Der

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11.1 Schrager Verdichtungsstoß 463

graphischen Darstellung Θ = Θ(M, δ) (S. L., Diagramm C.1 Seite 430) entnimmtman

Θ = Θ(M1 = 1, 41, δ = 8) ≈ 58

und dann Diagramm C.2 (Seite 431)

M2 = M2(M1 = 1, 41, δ = 8) ≈ 1, 02 .

Die Machzahl senkrecht zum Stoß ergibt sich aus dem Stoßwinkel Θ und der An-strommachzahl M1 zu

M1n =w1

a1=u1

a1sin Θ = M1 sin Θ = 1, 2 .

Mit der Machzahl senkrecht zum Stoß findet man die Zustandsgroßen p2 und T2 ausden Beziehungen fur den senkrechten Verdichtungsstoß oder unter Verwendung dertabellierten Form der Stoßbeziehungen (S. L., Tabelle C.2 Seite 422). Man erhalt so

M1n = 1, 2 ,p2

p1= 1, 513 und

T2

T1= 1, 128 .

c) Stromlinienbild:

Aufgabe 11.1-2 Einlauf eines ebenen Kanals

Am Einlauf eines ebenen Kanals entstehen zwei gleich starke, schrage Verdichtungsstoße,die sich in der skizzierten Weise kreuzen und beim Auftreffen auf den Knick nach demkonvergenten Teil des Einlaufes (Umlenkwinkel δ = 10) nicht reflektiert werden. DieAnstrom-Machzahl ist M1 = 3, der Druck in der Anstromung ist p1 = 1bar; Stromungs-medium ist Luft (ideales Gas γ = 1, 4, R = 287 J/(kgK)).

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464 11 Uberschallstromungen

a) Bestimmen Sie den Stoßwinkel Θ1 der schwachen Verdichtungsstoße vor der Durch-kreuzung und die Machzahl M2 im Gebiet zwischen den Stoßen.

b) Bestimmen Sie den Stoßwinkel Θ2 der schwachen Verdichtungsstoße nach der Durch-kreuzung und die Machzahl M3 hinter den Stoßen.

c) Welcher Druck herrscht an der Stelle [3] nach den Stoßen?d) Berechnen Sie die Entropieerhohung.e) Wie muß das Verhaltnis L/H gewahlt werden, damit das skizzierte Stromungsbild

realisiert werden kann?

Geg.: M1 = 3, p1 = 1 bar, δ = 10, R = 287 J/(kgK), γ = 1, 4

Losung

a) Stoßwinkel Θ1 und Machzahl M2:Bei gegebener Machzahl M1 und gegebenem Ablenkwinkel wird der Stoßwinkel demDiagramm C.1 (S. L. Seite 430) entnommen:

M1 = 3δ = 10

Θ1 = 28

und die Machzahl M2 dem Diagramm C.2 (S. L. Seite 431)

M1 = 3δ = 10

1 − 1

M2= 0, 6

oderM2 = 2, 5 .

b) Stoßwinkel Θ2 und Machzahl M3:Unter Benutzung derselben Diagramme, wenn jetzt M2 die Rolle der Anstrommach-zahl spielt, auch

M2 = 2, 5δ = 10

Θ2 = 32 (Diagramm C.1)

M2 = 2, 5δ = 10

1 − 1

M3= 0, 5 (Diagramm C.2)

oderM3 = 2 ,

wobei jetzt der Umlenkwinkel gerade gleich δ sein muß, damit die Stromung tan-gential zur Kanalwand ist und keine Stoßreflektion auftritt.

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11.1 Schrager Verdichtungsstoß 465

c) Druck an der Stelle [3]:1.)

p3

p1=p3

p2

p2

p1=

(1 +

γ + 1

(M2

2 sin2 Θ2 − 1)) (

1 +2γ

γ + 1

(M2

1 sin2 Θ1 − 1))

,

p3

p1= 1, 88 2, 14 ⇒ p3 = 4 bar

2.) oder (unter Benutzung der tabellarischen Form mit M1n = M1 sinΘ1 = 1, 41,M2n = M2 sin Θ2 = 1, 32) auch aus Tabelle C.2 (S.L. Seite 422)

p3

p2= 1, 866 ,

p2

p1= 2, 153

⇒ p3 = 4 bar .

d) Entropiezunahme von [1] nach [2]:Aus der Gibbsschen Relation Tds = de+ pdv folgt fur kalorisch perfektes Gas

ds = cvdT

T+p

Tdv

und mit pv = RT auch

ds = cvdT

T+R

dv

v.

Die Integration fuhrt auf

s3 − s1 = R

(1

γ − 1lnT3

T1

+ lnv3

v1

),

wobei die Beziehung cv = R/(γ−1) benutzt wurde. Mit der StoßnormalenmachzahlMn = M sin Θ konnen die Tabellen fur den senkrechten Verdichtungsstoß benutztwerden:

T3

T1=

T3

T2

T2

T1= 1, 261 ∗ 1, 203 = 1, 517 ,

v3

v1=

1

3= (1, 707 ∗ 1, 551)−1 = 0, 378

und damit∆s = 19, 8 J/(kgK) .

e) L/H fur den Auslegefall:

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466 11 Uberschallstromungen

Der Skizze entnimmt man

L =H + L tan δ

tan Θ1+

H

tan(Θ2 − δ)

und daher

L

(1 − tan δ

tanΘ1

)= H

(1

tan Θ1+

1

tan(Θ2 − δ)

)oder

L

H=

tan(Θ2 − δ) + tan Θ1

tan(Θ2 − δ)(tanΘ1 − tan δ)= 6, 5 .

11.3 Reflexion schrager Stoße

Aufgabe 11.3-1 Keil im supersonischen Kanal

In einem ebenen, supersonischen Windkanal (Querschnitt A2 = 0, 5 m2, Hohe h2 =0, 7 m) soll der Zustand p2 = 0, 1 bar, T2 = 300 K, M2 = 2, 5 herrschen.

a) Wie groß muß der engste Querschnitt AD sein?b) Welcher Zustand muß beim Einlauf (A1 = 1, 0 m2) hergestellt werden, um diesen

Betriebszustand zu erreichen?c) In der Meßstrecke befindet sich ein Keil (δ = 5). Geben Sie die Entfernung x′

an, wo die Verlangerung des reflektierten Stoßes die x–Achse schneidet! Inwieweitunterscheidet sich die Druckverteilung an der Keiloberflache im Bereich 0 ≤ s ≤ s′

von der Druckverteilung an einem Keil in freier Stromung?

Losung

a) In der Lavalduse des Windkanals wird die Unterschallstromung (M1 < 1) auf eineUberschallstromung (M2 > 1) beschleunigt. Der engste Querschnitt AD ist hier derkritische Querschnitt AD = A∗.Mit M2 = 2, 5 erhalt man aus Tabelle C.1 (S. L. Seite 417 (Uberschallbereich)):

A∗

A2= 0, 379 bzw. A∗ = 0, 1895 m2 .

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11.3 Reflexion schrager Stoße 467

b) Zustand im Einlauf: M1, p1, T1

Es gilt

p1

p2=

p1

pt

pt

p2=f(M1)

f(M2),

T1

T2

=T1

Tt

Tt

T2

=g(M1)

g(M2).

zunachst wird M1 bestimmt. Aus A∗/A1 = 0, 1895 folgt aus der

Tabelle C.1 (Unterschall) M1 = 0, 11 ;

desweiterenp1

pt= 0, 9916 ,

T1

Tt= 0, 9976 .

Mit M2 = 2, 5 wieder aus Tabelle C.1 (Uberschall)

p2

pt= 0, 0585 ,

T2

Tt= 0, 4444

und hiermit ergibt sich

p1

p2

= 16, 950 ⇒ p1 = 1, 695 bar ,

T1

T2= 2, 2448 ⇒ T1 = 673, 44 K .

c) Entfernung x′:

Der Skizze entnimmt manx′ = a + b ,

x′ =h2

2( cot Θ1 + cot(Θ2 − δ)) (1)

Mit δ = 5 und der Anstrommachzahl Man = 2, 5 erhalt man fur den ersten Stoßaus Diagramm C.1 (S. L. Seite 430):

Θ1 = 28 (Bereich schwache Stoße),

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468 11 Uberschallstromungen

aus Diagramm C.2 (S. L. Seite 431) fur die Abstrommachzahl:

1 − 1

Mab

= 0, 55

bzw.Mab = 2, 2 .

Fur den zweiten Stoß gilt nun:

δ = 5 und Man = 2, 2 ,

aus Diagramm C.1:Θ2 = 32 ,

aus Diagramm C.2:

1 − 1

Mab= 0, 5 ,

alsoMab = 2, 0

und damit fur die gesuchte Entfernung

x′ = 1, 345 m .

Der Zustand hinter dem ersten reflektierten Stoß (0 ≤ s ≤ s′) wird nur durchdie Anstrommachzahl und den Umlenkwinkel δ festgelegt, ist also genauso wie beieinem Keil in freier Stromung. Der Einfluß der Wand erstreckt sich nur auf dasGebiet hinter dem reflektierten Stoß.

Aufgabe 11.3-2 Sich verengender Kanal

Ein ebener Kanal knickt bei [A] und [B] ab und wird dadurch von h1 auf h3 verengt.(Siehe Aufgabe 10.4-13 fur inkompressible Kanalstromung!) Durch den Kanal stromtideales Gas (γ = 1, 4) mit der Machzahl M1 = 5, 0 .

a) Welchen Abstand l mussen die Punkte [A] und [B] voneinander haben, damit dieStromung bei [3] storungsfrei parallel abstromt? Wie groß ist die Kanalweite h3?

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11.3 Reflexion schrager Stoße 469

b) Welchen Wert hat die Abstrommachzahlzahl M3?

Geg.: h1, M1 = 5, 0, δ = 25, γ = 1, 4

Losung

a) Abstand l:

Der Geometrieskizze entnimmt man l = l1 + l2,

l1 = h1 cot Θ1 , l2 = h3 cot(Θ2 − δ)

undl = (h1 − h3) cot δ . (1)

Daraush1 cot Θ1 + h3 cot(Θ2 − δ) = h1 cot δ − h3 cot δ

oderh3

h1=

cot δ − cotΘ1

cot(Θ2 − δ) + cot δ(2)

und mit (1)l

h1=

(1 − h3

h1

)cot δ . (3)

Die Stoßwinkel Θ1 und Θ2 ergeben sich aus der graphischen Darstellung DiagrammC.1 (S. L. Seite 430)

Θ1 = f(M1, δ)

δ = 25

M1 = 5, 0

⇒ Diagramm C.1 ⇒ Θ1 = 35, 7 .

Die Abstrommachzahl M2 ergibt sich aus Diagramm C.2 (S. L. Seite 431)δ = 25

M1 = 5, 0

⇒ Diagramm C.2 ⇒ 1 − 1

M2= 0, 6 ,

alsoM2 = 2, 55 .

Fur die Ermittlung des zweiten Stoßwinkels ist die Anstrommachzahl nunmehr M2:δ = 25

M2 = 2, 55

⇒ Diagramm C.1 ⇒ Θ2 = 49, 5 .

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470 11 Uberschallstromungen

Damit kann (2) ausgewertet werden.

h3

h1

=2, 14 − 1, 39

2, 19 + 2, 14= 0, 173

und h3 wird zuh3 = 0, 173h1

erhalten. Aus (3)l

h1= (1 − 0, 173) ∗ 2, 14

folgtl = 1, 77h1 .

b) Abstrommachzahl M3:Wie oben ist M2 nun fur den reflektierten Stoß die Anstrommachzahl

δ = 25

M2 = 2, 55

⇒ Diagramm C.2 ⇒ 1 − 1

M3= 0, 3

⇒ M3 = 1, 42 .

11.5 Prandtl-Meyer-Stromung

Aufgabe 11.5-1 Expansionsfacher im sich erweiternden Kanal

In einem ebenen Kanal, dessen obere Kontur als Stromlinie der Prandtl–Meyer–Stromung ausgebildet ist, stromt ideales Gas (γ = 1, 4, R = 287 J/kgK) von gegebenemZustand [1] (M1 = 1, 6, p1 = 0, 4 bar, T1 = 250 K) und wird durch eine zentrierte Welleum 30 abgelenkt. Die Kanalhohe vor der Umlenkung h1 ist 0, 3 m.

a) Wie groß ist die Stromungsgeschwindigkeit u1, und welcher Massenstrom m (proTiefeneinheit) tritt durch den Kanal?

b) Geben Sie die Koordinaten des Punktes [B] an, an dem die Krummung der oberenKanalkontur beginnt.

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11.5 Prandtl-Meyer-Stromung 471

c) Bestimmen Sie M2, p2, T2, 2 und u2.d) Geben Sie die Gleichung der oberen Kanalkontur an. Welche Endweite h2 hat der

Kanal? Uberprufen Sie das Ergebnis mittels der Kontinuitatsgleichung.

Geg.: M1 = 1, 6, p1 = 0, 4 bar, T1 = 250 K, h1 = 0, 3 m, δ = 30, R = 287 J/(kgK),γ = 1, 4

Losung

a) Stromungsgeschwindigkeit u1 und Massenstrom m:

u1 = M1a1 = M1

√γRT1 = 507, 1 m/s , (1)

m = 1u1h1 =p1

RT1u1h1 = 84, 81 kg/s . (2)

b) Polarkoordinaten des Punktes [B]:

Winkel :

ϕB = µ1 = arcsin1

M1= 38, 68 , (3)

Radius :

RB =h1

sinµ1= h1M1 = 0, 3 m ∗ 1, 6 = 0, 48 m . (4)

c) M2, p2, T2, 2 und u2:Prandtl–Meyer–Funktion (S. L., Tabelle C.3 Seite 427): Zunachst entnimmt mander Tabelle den zu M1 gehorigen Hilfswinkel ν1. Dies ist der Umlenkwinkel, der dieMachzahl M1 aus einer Anstromung mit M = 1 erzeugt.

M1 = 1, 6 , ν1 = 14, 861 ,

mit der tatsachlichen Umlenkung

δ = 30

ergibt sich die gesamte Umlenkung aus M = 1 heraus

ν = ν1 + δ = 44, 861 , (5)

welche die MachzahlM2 = 2, 76

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472 11 Uberschallstromungen

aus der Anstromung erzeugt. Der dazugehorige Winkel der Charakteristik ist

µ2 = 21, 24 . (6)

Die fur M2 = 2, 76 notigen Druck und Temperaturen in isentroper Expansion

p2

pt= 0, 0392 ,

T2

Tt= 0, 3963

sind der Tabelle C.1 (S. L., Seite 414) entnommen. Aus derselben Tabelle erhaltman fur M1 = 1, 6

p1

pt= 0, 2353 ,

T1

Tt= 0, 6614 ,

so daßp2

p1=

0, 0392

0, 2353= 0, 1665 (7)

wird, und daher

p2 = 0, 066 bar .

EbensoT2

T1=

0, 3963

0, 6614= 0, 5992 ⇒ T2 = 149, 8 K (8)

und weiterhin

2 =p2

RT2= 0, 1549

kg

m3(9)

sowie

u2 = M2

√γRT2 = 677, 1 m/s . (10)

d) Gleichung der Kanalkontur:Die obere Kanalkontur ist als Stromlinie der Prandtl–Meyer–Stromung ausgebildet.In einem Koordinatensystem, in dem bei ϕ∗ = π/2 die Machzahl 1 angetroffenwird, lautet die Differentialgleichung fur die Stromlinie mit ur, uϕ aus S. L. (11.46),(11.47)

dr

rdϕ∗ =ur

=

√2/(γ − 1)at sin(

√(γ − 1)/(γ + 1)((π/2) − ϕ∗))

−√

2/(γ + 1)at cos(√

(γ − 1)/(γ + 1)((π/2) − ϕ∗))

⇒ dr

rdϕ∗ = − 1

mtan

(m

2− ϕ∗

))(11)

mit

m =

√γ − 1

γ + 1. (12)

Der Zusammenhang zwischen ϕ∗ und dem Polwinkel des vorliegenden Koordinaten-systems laßt sich aus der Skizze

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11.5 Prandtl-Meyer-Stromung 473

zuϕ∗ = ϕ− ν1 (13)

ablesen, so daß die Differentialglei-chung (11) nach Trennung der Verander-lichen lautet:

dr

r= − 1

mtan

(m

2+ ν1 − ϕ

))dϕ . (14)

Durch bestimmte Integration erhalt man aus

r∫r = RB

dr

r= − 1

m

ϕ∫ϕ = µ1

tan(m

2+ ν1 − ϕ

))dϕ

lnr

RB= − 1

m2ln

(cosm((π/2) + ν1 − ϕ)

cosm((π/2) + ν1 − µ1)

),

r

RB=

(cosm((π/2) + ν1 − µ1)

cosm((π/2) + ν1 − ϕ)

)1/m2

.

Mit (4) und (12) also

r(ϕ) = M1h1

⎛⎝cos(√

(γ − 1)(γ + 1)((π/2) + ν1 − µ1))

cos(√

(γ − 1)(γ + 1)((π/2) + ν1 − ϕ))

⎞⎠(γ+1)/(γ−1)

. (15)

Diese Gleichung beschreibt die Stromlinie r = r(ϕ) innerhalb des ExpansionsfachersϕB ≥ ϕ ≥ ϕC . Der Winkel ϕC ergibt sich aus der folgenden Skizze:

und istϕC = µ2 − δ = −8, 76 . (16)

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474 11 Uberschallstromungen

Am Endpunkt [C] folgt aus (15)

RC = r(ϕC) = 2, 2272 m (17)

und daraus die Kanalhohe nach dem Expansionsfacher

h2 = RC sinµ2 =RC

M2= 0, 807 m , (18)

die man auch einfach aus der Kontinuitatsgleichung berechnen kann

h2 =m

2u2= 0, 807 m .

11.6 Stoß-Expansions-Theorie

Aufgabe 11.6-1 Angestelltes Tragflugelprofil

Das unten skizzierte, spiegelsymmetrische, angestellte Tragflugelprofil wird mit derMachzahl M∞ = 1, 7 angestromt (γ = 1, 4).

a) Man skizziere die auftretenden Verdichtungsstoße und Expansionsfacher.b) Man berechne nach der Stoß–Expansionstheorie den Druck und die Machzahl langs

der Flachen [1] bis [4].c) Wie groß sind Auftriebs- und Widerstandsbeiwert des Profils?

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11.6 Stoß-Expansions-Theorie 475

Losung

a) Wellensystem:

b) Druck und Machzahl auf den Flachen [1] bis [4]:Zustand [1] :Aus der graphischen Darstellung 1 − 1/M2 = f(M1, δ) (S. L., Diagramm C.2 Seite431) laßt sich die Machzahl hinter dem Stoß ablesen. Zu beachten ist lediglich, daßdie Anstrommachzahl M1 hier M∞ entspricht und M2 des Diagramms hier M1. Derden Stoß verursachende Umlenkwinkel ist δ1 = 4 − 3 = 1

M1 = M1(M∞ = 1, 7, δ1 = 1) = 1, 67 ,

Θ1 = Θ1(1, 7, 1) = 37 .

Die Normalkomponente der Machzahl vor dem Stoß ist

M∞n = M∞ sinΘ1 = 1, 02 ,

womit man das Druckverhaltnis uber den Stoß aus den Stoßbeziehungen des senk-rechten Verdichtungsstoßes erhalt, die man zweckmaßig in tabellarischer Form ver-wendet:

p1

p∞= 1, 05 .

Zustand [3]: Analog zum Vorgehen bei Zustand [1]Stoß mit Umlenkwinkel δ3 = 3 + 2, 5 = 5, 5

M3 = M3(M∞ = 1, 7, δ3 = 5, 5) = 1, 51 ,

Θ3 = Θ3(1, 7, 5, 5) = 41, 5 ,

M∞n = M∞ sinΘ3 = 1, 13 ⇒ p3

p∞= 1, 32 .

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476 11 Uberschallstromungen

Zustand [2]: Der Zustand [2] wird durch Prandtl–Meyer–Expansion aus dem Zustand[1] erreicht:Expansion mit Umlenkung δ2 = 2∗4 = 8. Zunachst wird bei bekannter MachzahlM1 der Hilfswinkel ν1 der Tabelle C.3 (S. L., Seite 427) entnommen. Damit und mitder geometrischen Umlenkung δ2 wird der Umlenkwinkel ν2 von der fiktiven M = 1Anstromung bestimmt, der es erlaubt die Machzahl M2 direkt aus der Tabelle C.3abzulesen:

M1 = 1, 67 ⇒ ν1 = 16, 9 , ν2 = ν1 + δ2 = 24, 9 ⇒ M2 = 1, 95 .

Die Expansion von [2] nach [1] verlauft isentrop. Das Druckverhaltnis p2/p1 kannunter Benutzung der Tabelle C.1 (S. L., Seite 414) aus den Druckverhaltnissen be-rechnet werden, die zur Erreichung der jeweiligen Machzahl bei isentroper Expansionnotig sind.

M1 = 1, 67 ⇒ p1

pt1,2= 0, 212

M2 = 1, 95 ⇒ p2

pt1,2= 0, 138

⇒ p2

p1= 0, 651 ,

p1

p∞= 1, 05 ⇒ p2

p∞= 0, 651 ∗ 1, 05 = 0, 68 .

Zustand [4]: Analog zum Vorgehen bei Zustand [2].Expansion mit Umlenkung δ4 = 2 ∗ 2, 5 = 5

M3 = 1, 51 ⇒ ν3 = 12, 2 , ν4 = ν3 + δ4 = 17, 2 ⇒ M4 = 1, 68 ,

M3 = 1, 51 ⇒ p3

pt3,4= 0, 268

M4 = 1, 68 ⇒ p4

pt3,4= 0, 209

⇒ p4

p3

= 0, 78 ,

p3

p∞= 1, 32 ⇒ p4

p∞= 0, 78 ∗ 1, 32 = 1, 03 .

c) Auftriebs- und Widerstandsbeiwert (pro Tiefeneinheit):Der Druck ist auf den Teilflachen Ai (i = 1, 2, 3, 4) jeweils konstant, so daß gilt

F(i) =∫(Si)

∫−pn dS = −p(i)A(i)n(i) (i = Nr. der Flache) .

Der Betrag der Kraft ist also p(i)A(i), sie steht wegen der Reibungsfreiheit senkrechtauf den ebenen Flachen. Ist βi der Neigungswinkel zwischen der jeweiligen Flacheund der Profilsehne, so ist der Flacheninhalt pro Tiefeneinheit

A(i) =l/2

cos β(i)

,

also

F(i) = | F(i)| = p∞pi

p∞

l/2

cos β(i)

.

Die Zahlenwerte sind

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11.6 Stoß-Expansions-Theorie 477

i 1 2 3 4

F(i)/(lp∞) 0,526 0,341 0,661 0,515

Mit den bekannten Kraften ergeben sich aus folgender Skizze Auftriebs- und Wi-derstandskraft:

A = F3 cos 5, 5 + F4 cos 0, 5 − F1 cos 1 − F2 cos 7 = 0, 309 p∞l ,

W = F1 sin 1 + F3 sin 5, 5 + F4 sin 0, 5 − F2 sin 7 = 0, 0355p∞ l .

Auftriebs- und Widerstandsbeiwert sind die entsprechenden Krafte bezogen auf denStaudruck der Anstromung

∞2U2∞ =

1

2 ∞a2

∞M2∞ =

1

2 ∞γ

p∞ ∞

M2∞ =

1

2γp∞M2

mal der Profillange l, also

ca =A

(γ/2)p∞lM2∞= 0, 153

und

cw =W

(γ/2)p∞lM2∞= 0, 0175 .

Aufgabe 11.6-2 Einlauf eines Triebwerkes

An dem als eben anzusehenden Einlauf eines Uberschalltriebwerkes hat sich das skiz-zierte Wellensystem ausgebildet:

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478 11 Uberschallstromungen

a) Bestimmen Sie den Stoßwinkel Θ1 sowie M1 , p1, T1 und u1.b) Wie groß sind der Winkel α (siehe Abb.), M2, p2, T2 und u2?c) Bestimmen Sie M3, p3, T3 und u3.d) Warum tritt keine Stoßreflexion auf?

Geg.: M∞ = 2, 6, p∞ = 1bar, T∞ = 300K, γ = 1, 4, R = 287J/(kg K), β = 28

Losung

a) Zustand im Bereich [1]:Die Anstromung wird um den Winkel δ = β/2 = 14 abgelenkt. Mit der Machzahlder Anstromung M∞ = 2, 6 folgt aus (S. L. (Diagramm C.1))

Θ1 = Θ1(M∞ = 2, 6, δ = 14) ≈ 35

und aus (S. L. (Diagramm C.2))

M1 = M1(M∞ = 2, 6, δ = 14) ≈ 2 .

Die mit der Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Stoßfront gebildete Mach-zahl ist

M1n = M∞ sinΘ = 1, 49 .

Damit erhalt man aus den Stoßbeziehungen fur den senkrechten Stoß (S. L. (TabelleC.2)):

p1

p∞= 2, 42 ⇒ p1 = 2, 42 ∗ 1bar = 2, 42bar ,

T1

T∞= 1, 31 ⇒ T1 = 1, 31 ∗ 300K = 393K

⇒ u1 = M1 a1 = M1

√γ RT1 = 795m/s .

b) Winkel α und Zustand im Bereich [2]:Aus der Skizze liest man den Um-lenkwinkel zu

δ =β

2= 14

und den Stoßwinkel zu

Θ2 = α+β

2

ab. Da

Θ2 = Θ2(M1 = 2, δ = 14) = 44

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11.6 Stoß-Expansions-Theorie 479

ist (S. L. (Diagramm C.1)), erhalt man den Winkel α zu

α = Θ2 − β

2= 44 − 14 = 30 .

Aus (S. L. (Diagramm C.2)) kann man nun die Machzahl

M2 = M2(M1 = 2, δ = 14) = 1, 5

ablesen. Mit der Machzahl

M1n = M1 sinΘ = 2 sin(44) = 1, 39

erhalt man p2, T2 und u2 aus den Stoßbeziehungen (S. L. (Tabelle C.2))

p2

p1= 2, 09 ⇒ p2 = 2, 09 ∗ 2, 42bar = 5, 06bar ,

T2

T1= 1, 25 ⇒ T2 = 1, 25 ∗ 393K = 491K

⇒ u2 = M2 a2 = M2

√γ RT2 = 666m/s .

c) Zustand im Bereich [3]:

Die Stromung vom Ge-biet [1] ins Gebiet [3] wirddurch den Expansionsfacherumgelenkt, der Winkel ist

δ =β

2= 14 .

Es handelt sich um eine Prandtl–Meyer–Stromung, deren fiktiver Umlenkwinkel

ν = ν1 + δ

betragt. Den zur Anstrom–Machzahl M1 = 2 gehorenden Umlenkwinkel ν1 entneh-men wir der Tabelle C.3 in S. L.:

ν1 = ν1(M1 = 2) = 26, 38

⇒ ν = 26, 38 + 14 = 40, 38 .

Die zu diesem Winkel gehorende Abstrom–Machzahl M3 im Gebiet [3] finden wirwieder in (S. L. (Tabelle C.3))

M3 = M3(ν = 40, 38) ≈ 2, 55 .

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480 11 Uberschallstromungen

Die Stromung uber den Expansionsfacher ist homentrop, die Ruhedrucke und Ru-hetemperaturen in den Gebieten [1] und [3] sind gleich, mit (S. L. (Tabelle C.1))konnen wir die Verhaltnisse p3/p1 und T3/T1 ermitteln:

M1 = 2 ⇒ p1

pt

= 0, 1278 ,T1

Tt

= 0, 5556 ,

M3 = 2, 55 ⇒ p3

pt= 0, 0542 ,

T3

Tt= 0, 4347

⇒ p3

p1

=0, 0542

0, 1278= 0, 424 ,

T3

T1

=0, 4347

0, 5556= 0, 782 .

Hieraus berechnen sich die gesuchten Stromungsgroßen zu

p3 = 0, 424 ∗ 2, 42bar = 1, 04bar ,

T3 = 0, 782 ∗ 393K = 307K

⇒ u3 = M3 a3 = M3

√γ RT3 = 896m/s .

Vergleich der Großen nach dem Expansionsfacher mit denen nach dem Stoß:

Da die Ruheenthalpie ht = γ/(γ − 1)RT + u2/2 eine Erhaltungsgroße ist, ist dieTemperatur hinter dem Stoß hoher als hinter dem Expansionsfacher, die Geschwin-digkeit dafur aber niedriger.

d) Stoßreflektion?Der im Punkt [A] ankommende Stoß konnteentweder als Expansionswelle oder wieder alsStoß reflektiert werden. Beides wurde aber ei-ne erneute Stromungsablenkung zur Folge ha-ben. Da die Stromung hinter dem schragen Ver-dichtungsstoß jedoch schon parallel zu den Ka-nalwanden gerichtet ist, ist dies nicht moglich.

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12 Grenzschichttheorie

Aufgabe 12-1 Impulsgleichung

Die Grenzschichtgleichungen fur ebene, inkompressible, stationare Stromung lauten

u∂u

∂x+ v

∂u

∂y= −1

∂p

∂x+ ν

∂2u

∂y2,

0 =∂p

∂y,

∂u

∂x+∂v

∂y= 0 .

Leiten Sie durch Integration der Grenzschichtgleichungen von y = 0 bis y → ∞ dieImpulsgleichung (S. L. (12.141))

dδ2dx

+1

U

dU

dx(2δ2 + δ1) =

1

U2τw

her, wobei

δ1 =

∞∫0

(1 − u

U

)dy

die Verdrangungsdicke und

δ2 =

∞∫0

(1 − u

U

)u

Udy

die Impulsverlustdicke ist.

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482 12 Grenzschichttheorie

Losung

Herleitung der Impulsgleichung

dδ2dx

+1

U

dU

dx(2δ2 + δ1) =

τw U2

durch Integration der Grenzschichtgleichungen uber y von 0 bis ∞.Grenzschichtgleichungen (stationar) (S. L. (12.19–12.21))

u∂u

∂x+ v

∂u

∂y= −1

∂p

∂x+ ν

∂2u

∂y2, (1)

0 =∂p

∂y, (2)

∂u

∂x+∂v

∂y= 0 . (3)

Wegen (2) ist der Druck uber y konstant, d. h. derselbe wie in der reibungsfreien Au-ßenstromung und die Komponente des Druckgradienten in (1) kann durch die EulerscheGleichung – ausgewertet an der Wand – ersetzt werden:

− 1

∂p

∂x= U

dU

dx(4)

Der Reibungsterm in (1) ist im Rahmen der Grenzschichttheorie die einzige nicht ver-schwindende Komponente der Divergenz des Spannungstensors

η

︸︷︷︸=ν

∂2u

∂y2=

1

∂yτxy . (5)

Somit lautet (1) :

u∂u

∂x+ v

∂u

∂y− U

∂U

∂x− 1

∂τxy

∂y= 0 (6)

Diese Gleichung integrieren wir von y = 0 bis y = h > δ(x) :

h∫0

(u∂u

∂x+ v

∂u

∂y− U

∂U

∂x

)dy =

1

h∫0

∂τxy

∂ydy . (7)

Mittels der Kontinuitatsgleichung (3) ersetzen wir die Komponente v der Grenzschicht-geschwindigkeit

v = −y∫

0

∂u

∂xdy + f(x) ,

wobei wegen v(x, y = 0) f(x) identisch verschwindet. Mit τxy (y = 0) = τw und τxy (y =h) = 0 ergibt sich dann aus (7)

h∫0

[u∂u

∂x− ∂u

∂y

y∫0

∂u

∂xdy − U

∂U

∂x

]dy = −τw

. (8)

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483

Den zweiten Term formen wir mittels partieller Integration um:

h∫0

u∂u

∂xdy −

[u

y∫0

∂u

∂xdy

]h

0+

h∫0

u∂u

∂xdy −

h∫0

U∂U

∂xdy = −τw

(9)

und erhalten

− 2

h∫0

u∂u

∂xdy +

h∫0

U∂u

∂xdy +

h∫0

U∂U

∂xdy = +

τw . (10)

Gleichung (10) laßt sich weiter zusammenfassen, wenn man mit u∂U

∂xerganzt

h∫0

(− 2u

∂u

∂x+ U

∂u

∂x+ u

∂U

∂x− u

∂U

∂x+ U

∂U

∂x

)dy =

τw , (11)

so daßh∫

0

∂x[u(U − u)] dy +

∂U

∂x

h∫0

(U − u) dy =τw

(12)

entsteht. Außerhalb der Grenzschicht sind die Integranden null, da u = U gilt; wirkonnen also auch von y = 0 bis y → ∞ integrieren. Im ersten Integral vertauschenwir noch die Reihenfolge von Integration und Differentiation (erlaubt, da Grenzen un-abhangig von x) :

⇒ d

dx

∞∫0

u(U − u) dy

︸ ︷︷ ︸δ2U2

+dU

dx

∞∫0

(U − u) dy

︸ ︷︷ ︸δ1U

=τw . (13)

Mit den”Abkurzungen“ δ1 (Verdrangungsdicke) und δ2 (Impulsverlustdicke) ergibt sich

die Impulsgleichung der stationaren, inkompressiblen, ebenen Grenzschichtstromung:

τw

=d

dx

[U2δ2

]+ δ1U

dU

dx(14)

oder nach Anwendung der Produktregel (S. L. (12.141)):

dδ2dx

+1

U

dU

dx(2δ2 + δ1) =

τw U2

(15)

mit :

δ1 =

∞∫0

(1 − u

U

)dy ,

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484 12 Grenzschichttheorie

δ2 =

∞∫0

(1 − u

U

)u

Udy .

Aufgabe 12-2 Außenstromung am Keil

Die Außenstromung am Keil wird durch die”Potenzverteilung“

U = Cxm , 0 ≤ m ≤ 1

mit

m =β

π − β(β = halber Keiloffnungswinkel)

beschrieben.Berechnen Sie mit dem Ansatz

u

U= sin

2

y

δ

)fur die Geschwindigkeit in der laminaren Grenzschicht

a) die Impulsverlustdicke δ2,b) die Verdrangungsdicke δ1,c) die Wandschubspannung τw.

Losung

Impulsgleichung

(d

dx= ′

)

δ′2 +U ′

U(2δ2 + δ1) =

τw U2

mit

δ1 =

δ∫0

(1 − u

U

)dy

”Verdrangungsdicke“

und

δ2 =

δ∫0

(1 − u

U

)u

Udy

”Impulsverlustdicke“ .

Ansatz fur die Geschwindigkeit in der Grenzschicht

u

U= sin

2

y

δ

).

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485

Damit folgt fur die Verdrangungsdicke

δ1δ

=

1∫0

[1 − sin

2

y

δ

)]d(y

δ

)=π − 2

π

und fur die Impulsverlustdicke

δ2δ

=

1∫0

[1 − sin

2

y

δ

)]sin

2

y

δ

)d(y

δ

)=

4 − π

2π,

τw = η∂u

∂y

∣∣∣y=0

= ηU∂

∂y

[sin

2

y

δ

)]y=0

= ηπ

2

U

δ

ausgedruckt uber die Impulsverlustdicke ergibt sich wegen

δ2δ

=4 − π

2π⇒ τw = η

4 − π

4

U

δ2.

Einsetzen von τw und δ1 in die Impulsgleichung liefert eine gewohnliche Differentialglei-chung fur die Impulsverlustdicke δ2. Mit

δ1 =δ1δ

δ

δ2δ2 =

π − 2

π

4 − πδ2

folgt

δ′2 +U ′

U2δ2

(1 +

π − 2

4 − π

)=

4 − π

4

U

δ2

η

U2

oder

δ2δ′2 +

4

4 − π

U ′

Uδ22 =

4 − π

4

ν

U. (1)

a) Integration der Impulsgleichung (1) fur die Keilstromung:

U = Cxm , U ′ = Cmxm−1 ⇒ U ′

U=m

x

wegen δ2δ′2 =

1

2

dδ22

dxergibt sich eine in δ2

2 lineare Differentialgleichung erster Ord-nung:

1

2

dδ22

dx+

4

4 − π

m

xδ22 =

4 − π

4

ν

Cxm

oder

xmf ′ + axm

xf = b

mit f = δ22 ; a =

8m

4 − π; b =

4 − π

2

ν

C.

Allgemeine Losung der homogenen Differentialgleichung:

xmdf

dx+ a

xm

xf = 0

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486 12 Grenzschichttheorie

oderdf

dx= −af

x

und nach Trennung der Veranderlichen

df

f= −adx

x,

so daß die homogene Losung lautet

fh = K1x−a = K1x

−(8m)/(4−π) .

Die Partikularlosung der inhomogenen Differentialgleichung finden wir durch Varia-tion der Konstanten mit dem Ansatz

fp = K2(x)x−a ,

der auf

xm(K ′2x

−a − aK2x−a−1 + aK2x

−a−1) = b

fuhrt. Daraus ergibt sich

K ′2 = bxa−m ⇒ K2 =

b

a−m+ 1xa−m+1

und somit

fp =b

a−m+ 1x1−m .

Mit

a−m+ 1 =8m

4 − π−m+ 1 =

4m+ π(m− 1) + 4

4 − π

und

b =4 − π

2

ν

C

ist die Partikularlosung also

fp =ν

C

(4 − π)2

8m + 2π(m− 1) + 8x1−m .

Die allgemeine Losung f = fh + fp der inhomogenen Differentialgleichung lautetdann

δ22 = δ2

2h + δ22p = K1x

(−8m)/(4−π) +ν

C

(4 − π)2

8m+ 2π(m− 1) + 8x1−m .

Da die Impulsverlustdicke bei x = 0 endlich sein muß, gilt K1 = 0 und die Impuls-verlustdicke ist durch die Partikularlosung gegeben:

δ2 =4 − π

4

√√√√ ν

C

2x1−m

m+ 1 + (π/4)(m− 1).

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487

b) Verdrangungsdicke δ1:

δ1 =δ1δ

δ

δ2δ2 =

π − 2

π

4 − π

4 − π

4

√√√√ ν

C

2x1−m

m+ 1 + (π/4)(m− 1),

⇒ δ1 =π − 2

2

√√√√ ν

C

2x1−m

m+ 1 + (π/4)(m− 1).

c) Wandschubspannung τw:

τw = η4 − π

4Cxm 4

4 − π

√C

ν

m+ 1 + (π/4)(m− 1)

2x1−m,

⇒ τw = η

√(Cxm)3

x ν

√m+ 1 + (π/4)(m− 1)

2︸ ︷︷ ︸A

. (2)

Die hier verwendete Integralmethode zur Berechnung der Grenzschicht am Keil ist eineNaherungslosung. Fur das gegebene Problem ist das exakte Losen der Grenzschicht-gleichungen moglich. Wir konnen daher die mittels der Integralmethode berechneteWandschubspannung (2) mit der exakten Losung vergleichen:

Ebene Platte (m = 0):

A =1

2

√4 − π

2= 0, 3276 ; Aexakt = 0, 3321 .

Staupunktstromung (m = 1):

A = 1 ; Aexakt = 1, 2326 .

Aufgabe 12-3 Unstetiger Diffusor

Durch einen ebenen Kanal, dessen Hohe sich an der Stelle [1] unstetig von h1 auf h2

vergroßert, stromt Flussigkeit konstanter Dichte mit dem Volumenstrom V .

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488 12 Grenzschichttheorie

An der Stelle [1] ist die Geschwindigkeit ausgeglichen. An der unstetigen Querschnitts-erweiterung lost die Stromung ab und legt sich bei x = l an der Stelle [2] wieder an dieWand an. Genugend weit stromabwarts von der Stelle [2] entfernt (Stelle [3]), ist dieStromung wieder ausgeglichen. Die sich zwischen [1] und [2] einstellende Geschwindig-keitsverteilung kann in genugendem Abstand von der Stelle [1] naherungsweise durchdas Profil eines halben, ebenen, turbulenten Freistrahls beschrieben werden:

u(x, y) =

√K

x

1

cosh2(σ yx)

mit σ = 7, 67 ,

wobei die x-Achse die Symmetrielinie des Strahles ist. An der oberen Wand trete keineAblosung auf und der Druck kann an einer Stelle x im Kanal als konstant uber denKanalquerschnitt angesehen werden.

a) Berechnen Sie die mittlere Geschwindigkeit an der Stelle [1] und geben Sie die Ge-schwindigkeitsverteilung an der Stelle [2] u(l, y) an.

b) Ermitteln Sie den Druckunterschied ∆p = p2 − p1 zwischen [1] und [2]. An derStelle [2] liegt das Geschwindigkeitsprofil des Freistrahles vor, an der Stelle [1] istdie Stromung ausgeglichen. Samtliche Reibungsspannungen werden vernachlassigt.

c) Berucksichtigen Sie nun die Schubspannungen an der oberen Kanalwand (y = 0).Dort bildet sich ab der Stelle [1] eine turbulente Grenzschicht aus. Fur die Geschwin-digkeit am Rand der Grenzschicht kann die Geschwindigkeit des Freistrahlprofilesbei y = 0 angenommen werden. Berechnen Sie erneut p2 − p1 und zeigen Sie durchVergleich mit dem Ergebnis aus Aufgabenteil b), daß die Reibungskraft an der obe-ren Wand gegenuber den Impulsanderungen vernachlassigbar ist.

d) Wie groß ist der Druckruckgewinn p2 − p1 unter der Annahme, daß die Stromungan der Stelle [2] ausgeglichen ist und Reibungsspannungen vernachlassigt werden?

Geg.: V = 0, 3m2/s, h1 = 0, 02 m, h2 = 10h1 = 0, 2 m, l = 23h1 = 0, 46 m, = 1000kg/m3, ν = 10−6 m2/s

Losung

a) Die Geschwindigkeit an der Stelle [1] berechnet sich aus dem gegebenen Volumen-strom V zu

u1 =V

h1= 15m/s .

An der Stelle [2] tritt derselbe Volumenstrom durch den Kanal:

V =∫(S)

∫u · n dS =

h2∫0

u(x = l, y)dy =

h2∫0

√K

l

dy

cosh2(σ y

l

)

=

⎡⎣√K

l

l

σtanh

(σy

l

)⎤⎦h2

0

=

√K l

σtanh

(σh2

l

).

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489

Damit bestimmt sich die unbekannte Konstante K des Profils zu

K =1

l

⎛⎝ V σ

tanh(σ h2

l

)⎞⎠2

= 11, 57 m3/s2 .

Das Geschwindigkeitsprofil an der Stelle x = l lautet dann

u(l, y) =V σ

l tanh(σ h2

l

) 1

cosh2(σ y

l

) =A

cosh2(σ y

l

) (1)

mit

A =V σ

l tanh(σ h2

l

) .b) Um den Druckunterschied ∆p = p2−p1 zu ermitteln, benutzen wir die x–Komponente

des Impulssatzes

ex ·∫(S)

∫ u (u · n) dS = ex ·

∫(S)

∫t dS

auf das skizzierte Kontrollvolumen. Es ergibt sich∫S1

∫ u (u · n) dS +

∫S2

∫ u (u · n) dS =

∫S1

∫tx dS +

∫S2

∫tx dS +

∫Sw

∫tx dS . (2)

Hierin ist das letzte Integral auf der rechten Seite die Kraft in x–Richtung der Wandauf die Flussigkeit. Bei Vernachlassigung samtlicher Reibungsspannungen ist

Fxw→Fl. =∫SW

∫tx dS = p1 (h2 − h1)

und ∫S1

∫tx dS = p1 h1 sowie

∫S2

∫tx dS = −p2 h2 .

Da die Geschwindigkeit an der Stelle [1] ausgeglichen ist wird

∫S1

∫u (u · n) dS = − u2

1 h1 = − V2

h1,

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490 12 Grenzschichttheorie

An der Stelle [2] liegt das Profil des turbulenten Freistrahles vor und daher ist

∫S2

∫u (u · n) dS = A2

h2∫0

dy

cosh4(σ y

l

) .Die Auswertung des Integrals auf der rechten Seite liefert

A2

h2∫0

dy

cosh4(σ y

l

) = A2 l

3σtanh

(σh2

l

)[3 − tanh2

(σh2

l

)]

= σ V 2

l

[coth

(σh2

l

)− 1

3tanh

(σh2

l

)].

Setzt man die ausgewerteten Integrale in Gleichung (2) ein, so ergibt sich die ge-suchte Druckdifferenz zu

(p2 − p1)h2 = V 2

h1

− A2

h2∫0

dy

cosh4(σ y

l

) oder

(p2 − p1)h2 = V 2

h1−

V 2 σ

l

[coth

(σh2

l

)− 1

3tanh

(σh2

l

)]

bzw.

p2 − p1 = V 2

h1 h2

[1 − σ

h1

l

(coth

(σh2

l

)− 1

3tanh

(σh2

l

))](3)

p2 − p1 = 0, 776 V 2

h1 h2= 0, 175bar .

c) Berucksichtigt man im Impulssatz die Reibungsspannungen an der oberen Wand, soentsteht ein zusatzlicher Beitrag, da tx an der Teilflache So der Wandflache Sw nunvon null verschieden ist:

Fxw→Fl. =∫Sw

∫tx dS = p1 (h2 − h1) +

∫So

∫tx dS .

Die x–Komponente des Spannungsvektors an der oberen Wand So ist

tx = τxx nx + τxy ny

und wegen nx = 0 und ny = −1

tx = −τxy = −τw .

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491

Mit dem Zusatzterm erhalt man aus Gleichung (2) nun die Druckdifferenz

p2 − p1 = V 2

h1 h2

[1 − σ

h1

l

(coth

(σh2

l

)− 1

3tanh

(σh2

l

))]

− 1

h2

l∫0

τw(x)dx , (4)

wobei der erste Term der rechten Seite dem bereits bekannten Ergebnis aus Auf-gabenteil b) entspricht. Fur die Abschatzung der Wandschubspannung τw(x) wirdein Widerstandsgesetz fur die ebene Platte benutzt. Zunachst muß jedoch die lokaleReynoldszahl

Rex =u(x) x

ν

ermittelt werden fur die Geschwindigkeit u(x) am Außenrand der Grenzschicht, diedie Geschwindigkeit an der Wand ist. Aus der Aufgabenstellung ist sie durch

u(x, y = 0) =

√K

x. (5)

gegeben. Die Stelle x = 0, an der die Geschwindigkeit unendlich groß wurde, be-zeichnet man als den Ursprung des Halbstrahles.Um an der Stelle [1] eine endliche Geschwindigkeit zu erreichen, muß der virtuelleUrsprung des Strahles um eine Strecke x0 in den Kanal verschoben werden. DieseStrecke x0 errechnet sich, indem man die Geschwindigkeit aus Aufgabenteil a)

u1 = 15 m/s ,

die bei x = x0 vorliegen muß in Gleichung (5) einsetzt. Dies fuhrt auf

u1 =

√K

x0⇒ x0 =

K

u21

= 0, 051m .

Daraus folgt eine um x = −x0 verschobene Verteilung

u(x, y = 0) =

√K

x+ x0, (6)

welche wir jetzt fur die Geschwindigkeit am Außenrand der Grenzschicht verwen-den. An der Stelle [1] erhalt man mit Gleichung (6) nun die in Aufgabenteil a)errechnete Geschwindigkeit u1, allerdings wird die Geschwindigkeit bei x = l etwasunterschatzt, was bei der Berechnung der Wandschubspannung aber vernachlassig-bar ist. Mit Gleichung (6) ermittelt man die lokale Reynoldszahl zu

Rex =ux

ν=

√K

ν

√x2

x+ x0.

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492 12 Grenzschichttheorie

Sie liegt mit den bereits errechneten Werten von K und x0 im Bereich

0 < Rex < 1, 4 ∗ 106 .

Mit dem Widerstandsgesetz (S. L. (12.171))

τw(x) =

2U2∞ c′f =

2U2∞ 0, 0576Re−1/5

x

in dem U∞ nun durch u(x, 0) zu ersetzen ist, erhalt man

τw(x) =

2

K

x+ x00, 0576

⎛⎝√K

ν

√x2

x+ x0

⎞⎠−1/5

oder

τw(x) =

20, 0576

K9/10

ν−1/5

(x11/9 + x0 x

2/9)−9/10

.

Die Integration uber die Plattenlange l muß numerisch ausgefuhrt werden und fuhrtauf eine Widerstandskraft pro Tiefeneinheit von

Fw =

l∫0

τw(x)dx = 54, 3 N/m .

Eine obere Abschatzung der Widerstandskraft ohne Berucksichtigung des Geschwin-digkeitsabfalles am Außenrand der Grenzschicht ermittelt man aus (S. L. (12.169))

cf =Fw

L ( /2)U2∞= 0, 072Re

−1/5L , (7)

wobei L = l = 0, 46 m und U∞ = u1 = 15 m/s gesetzt und die Reynoldszahl

Rel =u1 l

ν= 6, 9 ∗ 106

nach der Widerstandskraft aufgelost wird. Man erhalt aus Gleichung (7)

Fw = 0, 072Re−1/5L l

2u2

1 = 159, 76 N/m .

Mit dieser Widerstandskraft gelangt man aus Gleichung (4) zu der Druckdifferenz

p2 − p1 = V 2

h1 h2[0, 776 − 0, 0355] = 0, 74

V 2

h1 h2= 0, 166bar . (8)

die sich nicht wesentlich von dem Ergebnis aus b) unterscheidet. Der Einfluß derSchubspannungen auf den Druckunterschied ist vernachlassigbar.

d) Nimmt man an der Stelle [2] ausgeglichene Stromung an, so errechnet man aus demImpulssatz die Druckdifferenz

p2 − p1 = V 2

h1 h2

(1 − h1

h2

)

= 0, 9 V 2

h1 h2= 0, 205bar ,

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493

die dem Carnot-Stoß (S. L. (9.52)) entspricht.Die Druckerhohung ist in diesem Fall hoher als die Druckerhohung aus Aufgabenteilb), was man auch erwartet, da sich zwischen den Stellen [2] und [3] das Geschwin-digkeitsprofil noch ausgleicht, was einen weiteren Druckanstieg zur Folge hat. Manerhalt auch bei der Wahl eines anderen Geschwindigkeitsprofiles an [2] immer einenDruckunterschied, der kleiner ist als beim Carnot-Stoß, da das Rechteckprofil beigegebenem Volumenstrom V das Profil mit dem kleinsten Impuls ist.

Aufgabe 12-4 Korrektur des Widerstandsbeiwertes bei einemDoppelkeilprofil

Fur das skizzierte Doppelkeilprofil in stationarer Uberschallstromung (M∞ = 2) sollder Widerstandsbeiwert

cw =Fw

∞/2 U2∞l

ermittelt werden.

Nach der Froudeschen Hypothese, die experimentell ganz gut bestatigt ist, setzt sichder Widerstandsbeiwert cw zusammen aus einem Reibungswiderstandsbeiwert cf , dervon der Machzahl und der Reynoldszahl abhangt und einem Widerstandsbeiwert cwd,der bekanntlich nur von der Machzahl abhangt und den man auch Wellenwiderstands-beiwert nennt. Es gilt also naherungsweise:

cw = cf (Re,M) + cwd(M) .

An einem geometrisch ahnlichen Modell im Windkanal (Maßstabsfaktor der Langel/l′ = 100) wird nun der Widerstandsbeiwert c′w = 0, 15 gemessen. Im Falle gleicherReynoldszahl und gleicher Machzahl bei Modell und Großausfuhrung ist dies dann auchder Beiwert der Großausfuhrung cw = c′w.Bei der Messung am Modell kann aber in der Regel die Reynoldszahl der Groß-ausfuhrung nicht erreicht werden, so daß eine Korrektur des Widerstandsbeiwertescw = ∆cw + c′w erforderlich wird.

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494 12 Grenzschichttheorie

a) Berechnen Sie die Stromung in den Gebieten [1] und [2] bei einer AnstrommachzahlM∞ = 2 fur Modell und Großausfuhrung.

b) Wie groß ist der theoretische Wellenwiderstandsbeiwert?c) Wie groß sind die Reynoldszahlen, gebildet mit der Plattenlange in den Gebieten

[1] und [2]1.) am Modell?,2.) an der Großausfuhrung?

d) Ermitteln Sie die Reibungsbeiwerte an Modell und Großausfuhrung und berechnenSie den Gesamtwiderstandsbeiwert cw der Großausfuhrung. Fur den Reibungsbei-wert einer der Profilflachen kann der Beiwert der ebenen Platte verwendet werden(siehe Hinweis).

Stromungsmedium ist Luft (kalorisch ideales Gas).

Im Windkanal wird die Machzahl M∞ = 2 vor dem Modell durch isentrope Stromungaus dem Ruhezustand (pt = p∞, Tt = T∞) heraus erreicht.

Geg.: M∞ = 2, p∞ = 1bar, T∞ = 300K, γ = 1, 4, R = 287J/(kg K), ν∞ =16 ∗ 10−6 m2/s, d = 0, 353m, l = 2m

Hinweis:Nehmen Sie an, daß die Zahigkeit η des Gases proportional seiner Temperatur ist unddie Wand warmeundurchlassig ist. Dann kann man den Widerstandsbeiwert cf einerebenen Platte wie folgt berechnen:

a) bei laminarer Grenzschicht in kompressibler Stromung (Re < 5 ∗ 105) ist cf(Re,M)nicht mehr von der Machzahl abhangig und berechnet sich wie in inkompressibler,laminarer Stromung.

b) bei turbulenter, kompressibler Grenzschicht (Re > 5∗105) kann diesselbe Gleichungwie fur die turbulente, inkompressible Stromung benutzt werden, allerdings werdendie Stoffwerte und η bei einer anderen Bezugstemperatur T ∗ eingesetzt. WahlenSie T ∗ = Tw (Wandtemperatur)

Tw = T (1 + rγ − 1

2M2) ,

wobei fur T und M jeweils die Werte am Rand der Grenzschicht zu nehmen sindmit dem Recovery–Faktor r = 0, 88.

Losung

a) Zustand in den Gebieten [1] und [2] :1.) schrager Verdichtungsstoß von [∞] nach [1]:Aus d/l = 0, 176 = tan δ folgt der Umlenkwinkel zu δ = 10, die Anstrommachzahlist M∞ = 2 und man erhalt aus den Diagrammen C.1 und C.2 (S. L. Anhang C):

M1 = 1, 64 , Θ1 = 39, 31 ⇒ Mn∞ = 1, 267 .

Die Großen nach dem Stoß sind (S. L. (Tabelle C.2)):

p1 = 1, 69 p∞ , 1 = 1, 45 ∞ , T1 = 1, 17 T∞

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495

Daraus folgt

a1 = 1, 08 a∞ , U1 = 0, 885 U∞ , η1 = η∞T1

T∞= 1, 17 η∞ , ν1 =

η1

1= 0, 807 ν∞ .

2.) Prandtl-Meyer-Expansion von [1] nach [2]:Mit M1 = 1, 64 liest man aus (S. L. (Tabelle C.3)) den Umlenkwinkel ν1 = 16, 04

ab, der zur Anstromung M = 1 gehort. Die gesamte Umlenkung ist dann ν =ν1 + 20 = 36, 04 und die Machzahl im Gebiet [2] M2 = 2, 37. Die Großen nach derExpansion konnen mit Hilfe der Tabelle C.1 (S. L.) berechnet werden. Man findet

p2 = 0, 329 p1 = 0, 56 p∞ , 2 = 0, 445 1 = 0, 65 ∞ , T2 = 0, 725 T1 = 0, 85 T∞ .

und ermittelt damit

a2 = 0, 92 a∞ , U2 = 1, 09 U∞ , η2 = η∞T2

T∞= 0, 85 η∞ , ν2 =

η2

2= 1, 31 ν∞ .

Die oben berechneten Großen gelten gleichermaßen fur Modell und Großausfuhrung.Im folgenden werden Großen, die am Modell auftreten mit einem Strich (′) versehen.

Der Gaszustand vor der Großausfuhrung ist (M∞ = 2)

∞ = 1, 16 kg/m3, p∞ = 1bar, T∞ = 300K

und

a∞ = 347, 2m/s, U∞ = 2 a∞ = 694, 4m/s, ν∞ = 16 ∗ 10−6 m2/s .

Im Windkanal wird das Gas, ausgehend vom Ruhezustand

pt = 1bar, Tt = 300K, νt = 16 ∗ 10−6 m2/s

isentrop auf M∞ = 2 expandiert und der Zustand vor dem Modell kann Tabelle C.1(S. L.) entnommen werden:

p′∞ = 0, 128 pt = 0, 128bar, ′∞ = 0, 23 t = 0, 267 kg/m3 ,

T ′∞ = 0, 55 Tt = 165K, a′∞ = 0, 745 at = 258, 5m/s,

so daß sichU ′∞ = 2 a′∞ = 517m/s, ν ′∞ = 38, 3 ∗ 10−6 m2/s

ergibt.b) Wellenwiderstandsbeiwert:

Die Widerstandskraft, die vom Druckunterschied zwischen Vorderseite und Hinter-seite des Profiles herruhrt, lautet

Fw = (p1 − p2) 2d .

Bezogen auf die Anstromung erhalt man

cwd =p1 − p2

∞/2 U∞2

2d

l.

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496 12 Grenzschichttheorie

Das ist der theoretische Wellenwiderstandsbeiwert. Mit

∞ U∞2 = ∞ M∞2 a∞2 = γ M∞2p∞

erhalt man

cwd = 4p1 − p2

γ M∞2p∞

d

l= 4γ

(p1

p∞− p2

p∞

)1

M∞2

d

l.

Mit den Druckverhaltnissen aus Aufgabenteil a), M∞ = 2 und d/l = 0, 176 errechnetman

cwd = 0, 142 .

Man erkennt, daß bei geometrischer Ahnlichkeit von Modell und Großausfuhrungder Wellenwiderstandsbeiwert derselbe ist.

c) Reynoldszahlen:Die Lange eines Profilabschnittes ist

√l2 + d2 ≈ l und damit errechnet man die

Reynoldszahlen in den einzelnen Gebieten zu

Re =U l

ν

1.) Fur die Großausfuhrung ergibt sich mit:

l = 2m, U∞ = 694, 4m/s, ν∞ = 16 ∗ 10−6 m2/s ,

Re1 =U1 l

ν1=

0, 885U∞ l

0, 807ν∞= 9, 5 ∗ 107

und

Re2 =U2 l

ν2=

1, 09U∞ l

1, 31ν∞= 7, 2 ∗ 107 .

2.) Fur das Modell (Maßstabsfaktor l/l′ = 100) mit:

l′ = 0, 02m, U ′∞ = 517m/s, ν ′∞ = 38, 3 ∗ 10−6 m2/s

also

Re′1 =U ′

1 l′

ν1=

0, 885U ′∞ l′

0, 807ν ′∞= 2, 96 ∗ 105

und

Re′2 =U ′

2 l′

ν ′2=

1, 09U ′∞ l′

1, 31ν ′∞= 2, 24 ∗ 105 .

Aufgrund der unterschiedlichen Reynoldszahlen ist am Modell mit einer laminarenGrenzschicht und an der Großausfuhrung mit einer turbulenten Grenzschicht zurechnen!

d) Reibungsbeiwerte:Der gesamte Reibungsbeiwert ist die Summe der Reibungsbeiwerte der vier Flachendes Profils

cf = 2cf1 + 2cf2 = 2 (cf1 + cf2) ,

wobei fur den Reibungsbeiwert einer Profilflache der Beiwert der ebenen Platteverwendet werden kann.

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497

1.) ModellDie Grenzschicht ist laminar und unter den gegebenen Voraussetzungen istcfkompressibel = cf inkompressibel. Im vorliegenden Fall wird das Blasiussche Wider-standsgesetz fur die laminare Plattenstromung (S. L. (12.51))

cf = 1, 33 Re−1/2 mit Re =Ul

ν

verwendet und man erhalt im Gebiet [1]:

c′f1 = 1, 33 Re′1−1/2

= 0, 0024 =Fw

′1/2 U ′12l′

und im Gebiet [2]:

c′f2 = 1, 33 Re′2−1/2

= 0, 0027 =Fw

′2/2 U ′22l′

.

Bezogen auf die Anstromung des Profiles ′∞/2 U′∞

2l′ ergibt sich

c′f1 =Fw

′∞/2 U ′∞2l′

= 0, 0027

und

c′f2 =Fw

′∞/2 U ′∞2l′

= 0, 0022 .

Der Gesamtreibungsbeiwert ist dann

c′f = 0, 0098 .

2.) Großausfuhrung:Die Grenzschicht ist turbulent. Wir verwenden ein Widerstandsgesetz fur inkom-pressible Stromung, mussen allerdings die Dichte und die Viskositat η bei derBezugstemperatur, in diesem Fall bei der Wandtemperatur einsetzen. Wir benutzenden lokalen Reibungsbeiwert (S. L. (12.186)):

τw /2 U2∞

= 0, 024 Rex−1/7

mit der ortlichen Reynoldszahl Re = U∞x/ν, und erhalten nach Integration uberdie Plattenlange l

Fw

/2 U2∞= 0, 024

l∫0

(U∞xν

)−1/7

dx = 0, 028

(U∞lν

)−1/7

l

bzw. fur den Reibungsbeiwert

cf =Fw

/2 U2∞l= 0, 028 Rel

−1/7 . (1)

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498 12 Grenzschichttheorie

In inkompressibler Stromung werden Dichte und Viskositat bei der Temperaturder ungestorten Außenstromung eingesetzt. Bei Anwendung auf die kompressibleStromung mussen die Großen nun bei der Bezugstemperatur T ∗ ermittelt werden:Es gilt:

η ∼ T ⇒ η∗

η∞=T ∗

T∞,

∼ 1

T⇒ ∗

∞=T∞T ∗ .

Damit erhalt man

∗ =T∞T ∗ ∞ und ν∗ =

η∗

∗=

(T ∗

T∞

)2

ν∞ .

In Gleichung (1) ist die Reynoldszahl mit ν∗ gebildet :

Fw

∗/2 U2∞l= 0, 028

(U∞lν∗

)−1/7

,

was mit der Reynoldszahl der Anstromung auf

Fw

∞/2 U2∞l= 0, 028

(U∞lν∞

)−1/7 (T∞T ∗

)5/7

fuhrt. Dies ist ein Widerstandsgesetz fur die turbulente Grenzschicht in kompressi-bler Stromung.Die Bezugstemperatur (hier die Wandtemperatur), errechnet sich in Gebiet [1] mitM1 = 1, 64 zu

Tw1 = T1(1 + rγ − 1

2M2

1 ) = 1, 47 T1

und im Gebiet [2] mit M2 = 2, 37 zu

Tw2 = T2(1 + rγ − 1

2M2

2 ) = 1, 99 T2 .

Der Reibungsbeiwert ist dann in [1]

cf1 =Fw

1/2 U21 l

= 0, 028

(U1l

ν1

)−1/7 (T1

Tw1

)5/7

= 0, 00154

und in [2]

cf2 =Fw

2/2 U22 l

= 0, 028

(U2l

ν2

)−1/7 (T2

Tw2

)5/7

= 0, 00129 .

Bezogen auf die Anstromung ∞/2 U2∞l erhalt man

cf1 =Fw

∞/2 U2∞l= 0, 00175

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499

und

cf2 =Fw

∞/2 U2∞l= 0, 00099

sowie den Gesamtreibungsbeiwert

cf = 0, 0055 .

Der Gesamtwiderstandsbeiwert ist fur die Großausfuhrung

cw = cf (Re,M) + cwd(M)

und fur das Modellc′w = c′f (Re

′) + c′wd(M′) .

Bei M = M ′ ist cwd(M) = c′wd(M′) und die Korrektur lautet

∆cw = cw − c′w = cf (Re,M) − c′f (Re) .

Mit den berechneten Reibungsbeiwerten erhalt man

∆cw = 0, 0055 − 0, 0094 = −0, 0039 ,

woraus sich mit dem gemessenen Widerstandsbeiwert des Modelles c′w = 0, 15 derWiderstandsbeiwert der Großausfuhrung zu

cw = c′w + ∆cw = 0, 15 − 0, 0039 = 0, 146 .

ermittelt. Die Korrektur ist klein im Vergleich zum gesamten Widerstandsbeiwert,weil der Anteil des Wellenwiderstandes zum Gesamtwiderstand sehr groß ist. Dieentsprechenden Verhaltnisse sind

c′fcwd

∼ 0, 067 undcfcwd

∼ 0, 0387 .

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A Tensorrechnung

Aufgabe A-1

Vereinfachen Sie den folgenden Ausdruck (i, j, k = 1, 2, 3):

(Aijk + Ajki + Ajik) xi xj xk .

Losung

(Aijk + Ajki + Ajik) xi xj xk = Aijk xi xj xk + Ajki xi xj xk + Ajik xi xj xk .

Stumme Indizes durfen umbenannt werden. Auf der rechten Seite setzen wirim 2. Summanden j → i , k → j , i → k undim 3. Summanden j → i , i → jund erhalten

(Aijk + Ajki + Ajik) xi xj xk = Aijk xi xj xk + Aijk xi xj xk + Aijk xi xj xk

= 3 Aijk xi xj xk .

Aufgabe A-2

Fur bij = bji sind folgende Behauptungen zu zeigen (i, j, k = 1, 2, 3):

a) bij xi yj = bij yi xj

b) bij xi xj = bji xi xj

c) (bij + bji)xi yj = 2 bji xi yj

d) (bij + bji)xi xj = 2 bji xi xj

e) Man zeige, daß aus εijk τij = 0 (εijk bezeichnet den ε–Tensor) die Symmetrie τij = τjifolgt.

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501

Losung

a) Allgemein gilt xi yj = xj yi, hieraus folgt die Behauptung durch Aussummieren.b) Durch Umbenennen der stummen Indizes und mit xi xj = xj xi erhalt man

bij xi xj = bji xj xi

= bji xi xj .

c) Durch Umbenennen der stummen Indizes und mit xi xj = xj xi erhalt man

(bij + bji)xi yj − 2 bji xi yj =

bij xi yj − bji xi yj =

bij xi yj − bij xj yi =

bij xi yj − bij yi xj = 0 nach a) .

d) folgt aus b)e)

k = 1 : ε231 τ23 + ε321 τ32 = τ23 − τ32 = 0

k = 2 : ε312 τ31 + ε132 τ13 = τ31 − τ13 = 0

k = 3 : ε123 τ12 + ε213 τ21 = τ12 − τ21 = 0

⇒ τij = τji

Aufgabe A-3

δij bezeichnet das Kronecker–Symbol, εijk den ε–Tensor. Man berechne den Zahlenwertder folgenden Ausdrucke (i, j, k = 1, 2, 3 ) :

a) δii = . . . , δij δji = . . . , δij δik δjk = . . . , εijk εijk = . . .b) Vereinfachen Sie den Ausdruck

ai = δjl δkm εilm bj ck .

Wie lautet dieser Ausdruck in symbolischer Schreibweise?(Schreiben Sie die Komponenten aus!)

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502 A Tensorrechnung

Losung

a)

δii = δ11 + δ22 + δ33 = 1 + 1 + 1 = 3 ,

δijδji = δii = 3 , δijδikδjk = δijδji = δii = 3 ,

εijk εijk = ε123 ε123 + ε231 ε231 + ε312 ε312 +

+ε132 ε132 + ε213 ε213 + ε321 ε321

= 6 .

b)

ai = δjlδkmεilmbjck

= εijkbjck .

Es handelt sich um das Kreuzprodukt: a = b× c .

i = 1 : a1 = ε123 b2c3 + ε132 b3c2

a1 = b2c3 − b3c2

i = 2 : a2 = ε231 b3c1 + ε213 b1c3

a2 = b3c1 − b1c3

i = 3 : a3 = ε312 b1c2 + ε321 b2c1

a3 = b1c2 − b2c1

Aufgabe A-4

Es gilt

εpqs εmnr = det

⎡⎢⎣ δmp δmq δms

δnp δnq δns

δrp δrq δrs

⎤⎥⎦ .

Man benutze dies zum Beweis der folgenden Identitaten:

a) εpqs εsnr = δpn δqr − δpr δqn

b) εpqs εsqr = −2 δpr

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503

Losung

a) Wir entwickeln die Determinante nach der ersten Reihe

εpqs εmnr = δmp (δnq δrs − δns δrq) − δmq (δnp δrs − δns δrp) + δms (δnp δrq − δnq δrp)

und setzen m = s :

εpqs εsnr = δsp (δnq δrs − δns δrq) − δsq (δnp δrs − δns δrp) + δss (δnp δrq − δnq δrp)

= δnq δrp − δnp δrq − δnp δrq + δnq δrp + 3 δnp δrq − 3 δnq δrp ,

εpqs εsnr = δnp δrq − δnq δrp = δpn δqr − δpr δqn .

b) Im Ergebnis aus a) setzen wir n = q :

εpqs εsqr = δpq δqr − δpr δqq = δpr − 3 δpr = −2 δpr .

Aufgabe A-5

Beweisen Sie in Indexnotation folgende Identitaten:

a) (a×b) · (c× d) = (a · c) (d ·b) − (a · d) (b · c)b) a× (b× c) +b× (c× a) + c× (a×b) = 0

Losung

a)

(a×b) · (c× d) = εijk ai bj εlmk cl dm .

Mit εijk εlmk = δil δjm − δim δjl folgt

εijk εlmk ai bj cl dm = δil δjm ai bj cl dm − δim δjl ai bj cl dm

= al cl bm dm − am dm bl cl

= (a · c) (d ·b) − (a · d) (b · c) .b)

a× (b×c)+b× (c×a)+c× (a×b)=εlkn al εijk bi cj + εlkn bl εijk ci aj + εlkn cl εijk ai bj .

Mit εlkn εijk = −εlnk εkij = −(δli δnj − δlj δni), erhalt man

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504 A Tensorrechnung

a× (b× c) +b× (c× a) + c× (a×b) = −δli δnj al bi cj + δlj δni al bi cj +

−δli δnj bl ci aj + δlj δni bl ci aj +

−δli δnj cl ai bj + δlj δni cl ai bj

= −ai bi cn + al bl cn +

+al cl bn − ai ci bn +

−bi ci an + bl cl an = 0 .

Aufgabe A-6

Zeigen Sie, daß ωik = εikm xm ein antisymmetrischer Tensor 2. Stufe ist.

Losung

Wenn ωik ein Tensor 2. Stufe ist, dann muß er dem Transformationsverhalten ω′rs =

air aks ωik genugen, wobei aij die Elemente der Transformationsmatrix bezeichnet.

xm ist ein Tensor 1. Stufe, εikm ist ein Tensor 3. Stufe, fur sie gilt

x′t = amt xm , ε′rst = air aks amt εikm .

Wir erhalten so ε′rst x′t = air aks amt ant εikm xn und mit amt ant = δmn folgt

air aks εikm xm = air aks ωik = ω′rs ,

so daß ωik das Transformationsverhalten eines Tensors 2. Stufe hat.

Wenn ωik ein antisymmetrischer Tensor ist, dann gilt ωik = −ωki. Wegen ωik = εikm xm ,ωki = εkim xm und εkim = −εikm haben wir

ωik = εikm xm

= −εkim xm = −ωki ,

d. h. ωik ist ein antisymmetrischer Tensor.

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505

Aufgabe A-7

Zeigen Sie, daß die i-te Komponente von

∇× (∇× a) gleich∂2aj

∂xi∂xj− ∂2ai

∂xj∂xjist.

Losung

Die i-te Komponente von ∇× (∇× a) ist

εijk∂

∂xj

(εklm

∂am

∂xl

)= εijk εklm

∂2am

∂xj∂xl.

Mit εijk εklm = δil δjm − δim δjl nach Aufgabe A-4 a) folgt nun:

εijk∂

∂xj

(εklm

∂am

∂xl

)= δil δjm

∂2am

∂xj∂xl− δim δjl

∂2am

∂xj∂xl

=∂2aj

∂xj∂xi− ∂2ai

∂xj∂xj.

Aufgabe A-8

a) Gegeben ist die Funktion λ = Aij xi xj , bei der Aij konstant ist.Zeigen Sie, daß gilt:

∂λ

∂xi= (Aij + Aji)xj . (1)

b) Zeigen Sie, daß der Gradient der skalaren Funktion λ = Aij xi xj ein Tensor ersterStufe ist (Aij ist ein Tensor 2. Stufe).

Losung

a)

∂λ

∂xk= Aij

∂xi

∂xkxj + Aij xi

∂xj

∂xk.

Mit δik = ∂xi/∂xk erhalt man

∂λ

∂xk= Aij δik xj + Aij xi δjk

= Akj xj + Aik xi .

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506 A Tensorrechnung

Nun wird im zweiten Term auf der rechten Seite der Summationsindex in j umbe-nannt

∂λ

∂xk= Akj xj + Ajk xj .

Wenn man nun noch den freien Index k in i umtauft und xj ausklammert, so erhaltman das angekundigte Ergebnis

∂λ

∂xi= (Aij + Aji)xj .

b) Zu zeigen ist, daß sich der Gradient wie ein Tensor 1. Stufe transformiert(∂λ

∂xl

)′= apl

∂λ

∂xp.

Mit den bekannten Transformationsgesetzen

x′m = atm xt ,

A′ml = arm asl Ars ,

A′lm = apl aqmApq

transformieren wir die rechte Seite von (1) in das neue Koordinatensystem:

(A′lm + A′

ml)x′m = (apl aqm Apq + arm aslArs) atm xt

= (apl aqm atmApq + arm asl atmArs)xt

= (apl δqtApq + asl δrtArs)xt

= (aplApt + aslAts)xt

= apl (Apt + Atp)xt = apl∂λ

∂xp

,

d. h. es gilt (∂λ

∂xl

)′= apl

∂λ

∂xp.

Aufgabe A-9

Man zeige fur kartesische Koordinaten, daß die angegebene Identitat

Ω × (Ω × x) = −1

2∇(Ω × x)2

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507

richtig ist (siehe S. L. (4.77)). (Fur den Beweis ist es nicht notig, aus den Ausdruckenden ε–Tensor zu eliminieren. Man beachte: Ω = Ω(x).)

Losung

I := Ω × (Ω × x) , II := −1

2∇(Ω × x)2

bezeichnen wir die k-te Komponente von (Ω × x) mit εijk Ωi xj , so folgt fur die r-teKomponente von I und II

Ir = εmkr Ωm εijk Ωi xj ,

IIr = −1

2

∂xrεijk Ωi xj εmlk Ωm xl .

Mit Ω = Ω(x) wird

IIr = −1

2εijk εmlk ΩiΩm

∂xr(xj xl)

= −1

2εijk εmlk Ωi Ωm xjδrl + εijk εmlk Ωi Ωm xlδrj

= −1

2εijk εmrk Ωi Ωm xj + εirk εmlk Ωi Ωm xl

= −εijk εmrk Ωi Ωm xj .

Da εmrk = −εmkr, gilt IIr = Ir = εijk εmkr Ωi Ωm xj .

Aufgabe A-10

Gegeben ist ein Skalarfeld Φ(r), mit r =√xi xi.

Man zeige, daß

a)∂2Φ

∂xi∂xj=

Φ′

r

(δij − xi xj

r2

)+xi xj

r2Φ′′ , mit Φ′(r) =

dr,

b)∂2Φ

∂xi∂xj

ein Tensor zweiter Stufe

c)∂2Φ

∂xi∂xi

=1

r

d2(rΦ)

dr2

ist.

Losung

a)

∂Φ

∂xi=∂Φ

∂r

∂r

∂xi=

dr

∂r

∂xi,

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508 A Tensorrechnung

wobei im zweiten Schritt die partielle durch eine totale Differentiation ersetzt werdenkonnte, da Φ nur eine Funktion von r ist. Mit

∂r

∂xi=

∂xi(√xj xj) =

1

2(xj xj)

−1/2 2xi =xi

r

ist∂Φ

∂xi=

dr

xi

r= Φ′xi

r.

Die Differentation nach xj fuhrt zu

∂2Φ

∂xi∂xj=

∂xj

(Φ′ xi

r

)

= Φ′′ ∂r∂xj

xi

r+ Φ′ 1

r

∂xi

∂xj+ Φ′ xi

∂r

(1

r

)∂r

∂xj

= Φ′′ xi xj

r2+ Φ′ δij

r− Φ′ xi xj

r3,

∂2Φ

∂xi∂xj

=Φ′

r

(δij − xi xj

r2

)+ Φ′′ xi xj

r2.

b) Zu zeigen ist, daß sich∂2Φ

∂xk∂xlwie ein Tensor 2. Stufe transformiert

∂2Φ

∂x′i∂x′j

= aki alj∂2Φ

∂xk∂xl.

Mit dem Transformationsgesetz xk = aki x′i folgt

∂Φ

∂x′i=

∂Φ(xk(x′i))

∂x′i=∂Φ

∂xk

∂xk

∂x′i=

∂Φ

∂xkaki ,

∂2Φ

∂x′i∂x′j

=∂

∂x′j

(∂Φ

∂xk

aki

)=

∂xl

(∂Φ(xl(x

′j))

∂xk

)∂xl

∂x′jaki

= aki alj∂2Φ

∂xk∂xl.

c) Anwenden des Laplace-Operators auf Φ(r):

∂2Φ

∂xi∂xi=

∂2Φ

∂xi∂xjδij

=Φ′

r

(δij − xi xj

r2

)δij + Φ′′ xi xj

r2δij

=Φ′

r

(δii − xi xi

r2

)+ Φ′′ xi xi

r2

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509

=Φ′

r(3 − 1) + Φ′′

=1

r(2Φ′ + rΦ′′)

=1

r

d

dr(Φ + rΦ′) ,

∂2Φ

∂xi∂xi=

1

r

d2(rΦ)

dr2.

Aufgabe A-11

Gegeben sind das skalare Feld Φ(x, t) und das Vektorfeld u(x, t) = u1 e1 + u2 e2 + u3 e3

in kartesischen Koordinaten.

a) Man zeige in symbolischer Darstellung, daß gilt

rot(Φ u) = Φ rotu+ gradΦ × u . (1)

b) Schreiben Sie die Gleichung (1) mit Hilfe des Nabla–Operators.c) Zeigen Sie die Gultigkeit von Gleichung (1) in Indexnotation.

Losung

a)

rot(Φ u) = det

⎡⎢⎣ e1 e2 e3∂

∂x1

∂∂x2

∂∂x3

Φu1 Φu2 Φu3

⎤⎥⎦

=

(∂(Φu3)

∂x2− ∂(Φu2)

∂x3

)e1 +

(∂(Φu1)

∂x3− ∂(Φu3)

∂x1

)e2 +

+

(∂(Φu2)

∂x1− ∂(Φu1)

∂x2

)e3

=

(∂Φ

∂x2u3 + Φ

∂u3

∂x2− ∂Φ

∂x3u2 − Φ

∂u2

∂x3

)e1 +

+

(∂Φ

∂x3u1 + Φ

∂u1

∂x3− ∂Φ

∂x1u3 − Φ

∂u3

∂x1

)e2 +

+

(∂Φ

∂x1

u2 + Φ∂u2

∂x1

− ∂Φ

∂x2

u1 − Φ∂u1

∂x2

)e3

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510 A Tensorrechnung

= Φ

[(∂u3

∂x2− ∂u2

∂x3

)e1 +

(∂u1

∂x3− ∂u3

∂x1

)e2 +

(∂u2

∂x1− ∂u1

∂x2

)e3

]+

+

(∂Φ

∂x2u3 − ∂Φ

∂x3u2

)e1 +

(∂Φ

∂x3u1 − ∂Φ

∂x1u3

)e2 +

(∂Φ

∂x1u2 − ∂Φ

∂x2u1

)e3

= Φrot u +

(∂Φ

∂x1

e1 +∂Φ

∂x2

e2 +∂Φ

∂x3

e3

)× u

= Φrot u + grad Φ × u .

b) Gleichung (1) mit Hilfe des Nabla–Operators

∇ =∂

∂x1e1 +

∂x2e2 +

∂x3e3

geschrieben lautet∇× (Φ u) = Φ∇× u+ ∇Φ × u .

c) Die k-te Komponente von (1) lautet

εijk∂(Φuj)

∂xi= Φ εijk

∂uj

∂xi+ εijk

∂Φ

∂xiuj

= Φ

ε12k

∂u2

∂x1

+ ε13k∂u3

∂x1

+ ε21k∂u1

∂x2

+ ε23k∂u3

∂x2

+ ε31k∂u1

∂x3

+ ε32k∂u2

∂x3

+

+

ε12k

∂Φ

∂x1u2 + ε13k

∂Φ

∂x1u3 + ε21k

∂Φ

∂x2u1+

+ε23k∂Φ

∂x2u3 + ε31k

∂Φ

∂x3u1 + ε32k

∂Φ

∂x3u2

.

Fur k = 1, 2, 3 erhalten wir:

k = 1: εij1∂(Φuj)

∂xi= Φ

(∂u3

∂x2− ∂u2

∂x3

)+

(∂Φ

∂x2u3 − ∂Φ

∂x3u2

).

k = 2: εij2∂(Φuj)

∂xi= Φ

(−∂u3

∂x1+∂u1

∂x3

)+

(− ∂Φ

∂x1u3 +

∂Φ

∂x3u1

).

k = 3: εij3∂(Φuj)

∂xi= Φ

(∂u2

∂x1− ∂u1

∂x2

)+

(∂Φ

∂x1u2 − ∂Φ

∂x2u1

).

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B Klausuraufgaben

Aufgabe B-1 Aufgabe zur Kinematik

Gegeben ist das Geschwindigkeitsfeld einer ebenen Stromung in der Form:

u1 =x1

t0 + t, u2 =

x2

t0 + 2t(t0 = const) .

a) Berechnen Sie die Stromlinie durch den Punkt P (x10, x20).b) Berechnen Sie die Teilchenbahn mit den materiellen Koordinaten x(t = 0) = ξ.c) Zeigen Sie, daß die Stromung eine Potentialstromung ist.d) Zeigen Sie, daß es sich um eine kompressible Stromung handelt.e) Berechnen Sie mit Hilfe der Kontinuitatsgleichung die Dichte eines Teilchens langs

seiner Bahn (materielle Koordinaten), wenn1.) die Anfangsdichte der Flussigkeit (t = 0) = 0 ξ1/ξ2 ist.2.) die Anfangsdichte der Flussigkeit (t = 0) = 0 =const ist.

f) Wie lautet das Dichtefeld fur die Falle unter e).

Losung

a)x1

x10

= e η/(t0 + t) ,x2

x20

= e η/(t0 + 2 t)

b) x1 = ξ1 (t0 + t)/t0 , x2 = ξ2√

(t0 + 2 t)/t0

e) 1.)

0=ξ1ξ2

t0√t0

(t0 + t)√t0 + 2 t

, 2.)

0=

t0√t0

(t0 + t)√t0 + 2 t

f) 1.) / 0 = x1/x2 , 2.) wie unter e).

Aufgabe B-2 Widerstand einer Halbzylinderschale

Eine Halbzylinderschale wird von Flussigkeit in der skizzierten Weise angestromt.Die Stromung ist eben und inkompressibel. Volumenkrafte sind vernachlassigbar. Die

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512 B Klausuraufgaben

Stromung vor der Schale kann als reibungsfreie Potentialstromung mit dem Geschwin-digkeitspotential

Φ(r, ϕ) = U∞ cosϕ

(r +

R2

r

)behandelt werden.

An den Kanten der Schale reißt dieStromung ab und es bildet sich hin-ter der Schale das dargestellte Tot-wassergebiet aus, in dem der Druckp = p∗ naherungsweise als konstantangesehen werden kann und die Ge-schwindigkeit ungefahr gleich null ist.Weit vor dem Korper herrscht die Ge-schwindigkeit U∞ und der Druck p∞.In Experimenten wurde fur den Wi-derstandsbeiwert der Schale

cw =Fx

U2∞R

der Wert cw = 1, 2 gemessen.

a) Berechnen Sie die Geschwindigkeit u(r, ϕ) vor der Schale.b) Zeigen Sie, daß die Stromung dort in der Tat rotationsfrei ist.c) Ermitteln Sie die Druckverteilung p(R,ϕ) auf der Schale mit Hilfe der Bernoullischen

Gleichung.d) Wie groß ist der Staudruck ps?e) Berechnen Sie die Komponente Fx der Kraft pro Tiefeneinheit, die die Stromung auf

die Schale ausubt durch direkte Integration des Spannungsvektors. Nehmen Sie an,

daß der Druck p∗ hinter der Schale gleich dem Druck an der Schalenkante p(R,π

2)

ist. Wie groß ist dann der Widerstandsbeiwert?f) Vergleichen Sie nun den berechneten mit dem gemessenene Widerstandsbeiwert, und

bestimmen Sie mit Hilfe des gemessenen Widerstandsbeiwertes den Druck p∗, dertatsachlich im Totwasserbereich herrscht.

Geg.: R, , U∞, p∞, cw = 1, 2

Losung

a) u = U∞ cosϕ

(1 − R2

r2

)er − U∞ sinϕ

(1 +

R2

r2

)eϕ

c) p(R, ϕ) =

2U2∞ + p∞ − 2 U2

∞ sin2 ϕ

d) ps =

2U2∞ + p∞

e) Fx =8

3 U2

∞R , cw =8

3= 2, 66

f) p∗ = p∞ − 1, 533

2U2∞

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513

Aufgabe B-3 Zeltplane im Wind

Ein Bergsteiger schutzt sich mit einer Zeltplane gegen einen Schneesturm. Die Windge-schwindigkeit betragt U0, was der Eintrittsgeschwindigkeit in oben skizziertes Kontroll-volumen entspricht. Wegen Stromungsablosung am Ende der Zeltplane wurde ein Stuckstromabwarts, am Ende des Kontrollvolumens (Flache BD), fur die u1–Komponente desGeschwindigkeitsfeldes das Geschwindigkeitsprofil

ua(x2) =

⎧⎨⎩U0

21 − cos(π

x2

δ) , fur 0 ≤ x2 ≤ δ

U0 , fur x2 ≥ δ

gemessen, das eine verschwindende Schubspannung am Boden aufweist. Entlang derganzen Bodenflache kann die Schubspannung τ21 vernachlassigt werden. Die Dichte der Luftstromung ist konstant, Volumenkrafte sind vernachlassigbar. Die Stromung sollals eben betrachtet werden.

a) Welcher Massenstrom pro Tiefeneinheit verlaßt das Kontrollvolumen uber die obereBegrenzungsflache CD?

b) Berechnen Sie die x1–Komponente der Kraft pro Tiefeneinheit auf die Zeltplane,wenn langs der Flachen AC und BD der Druck p0 ist und dort die viskosen Nor-malspannungen P11 = 2 η ∂u1/∂x1 vernachlassigbar sind. Auf der Flache CD istu1 = U0 und die Reibungsspannungen sind hier ebenfalls vernachlassigbar. Die Zelt-stange ubt keine Kraft in die x1–Richtung auf die Zeltplane aus.

Geg.: , p0, U0, H, δ, ua(x2)

Losung

a) mCD =1

2 U0 δ

b) (F→Plane)x1= U2

0

δ

8

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514 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-4 Gedehnte Folie

Uber der skizzierten, in die x– und z–Richtung unendlich ausgedehnte Folie befindetsich inkompressible Newtonsche Flussigkeit (ν = const, = const). Die Folie wirdunter dem Einfluß von Zugspannungen gedehnt. Die Geschwindigkeit der Folie betragtU(x) = a x. Durch die Haftbedingung wird die Flussigkeit mitgezogen und es bildetsich eine ebene, stationare Stromung aus. Vom Geschwindigkeitsfeld u = u ex + v ey istdie x–Komponente bekannt:

u(x, y) = a x e−y

√a/ν

.

Volumenkrafte sind vernachlassigbar. Der Druck p ist nur eine Funktion von y.

a) Berechnen Sie mit Hilfe der Kontinuitatsgleichung in differentieller Form die Ge-schwindigkeitskomponente in y–Richtung v(x, y) .

b) Wie verhalten sich die Geschwindigkeitskomponenten u und v im Grenzfall y → ∞?c) Berechnen Sie die x–Komponente der Kraft (pro Tiefeneinheit), die die Folie in

dem Bereich 0 ≤ x ≤ l auf die Flussigkeit ausubt, durch direkte Integration desSpannungsvektors.

d) Berechnen Sie dieselbe Kraft durch Anwendung des Impulssatzes auf das eingezeich-nete Kontrollvolumen.

Geg.: , ν, l, a > 0

Losung

a) v(x, y) = v(y) = −√a ν

(1 − e−y

√a/ν

)b) limy→∞ u(x, y) = 0 , limy→∞ v(x, y) = −√

a ν = const

c) Fx = a√a ν l2/2

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515

Aufgabe B-5 Einstufiger, axialer Verdichter

Bei einem einstufigen Verdichter wird das Leitrad durch ein Laufrad ersetzt. BeideLaufrader drehen gegenlaufig (ΩI = ΩeΩ, ΩII = −ΩeΩ) mit konstanter Drehzahl. DieZustromung am Eintritt des ersten Laufrades ist drallfrei (d.h. rein axial). Die Dichte ist konstant.

a) Wie groß ist der Winkel β1 der Zustomung w1 zum ersten Laufrad?b) Wie groß ist die Umfangskomponente der Absolutgeschwindigkeit cu2 am Austritt

des ersten Laufrades, wenn die Relativgeschwindigkeit w1 im ersten Laufrad um 10

umgelenkt wird?c) Welche Leistung PI muß dann dem ersten Laufrad zugefuhrt werden?d) Welche Leistung PII muß dem zweiten Laufrad zugefuhrt werden, wenn die Abso-

lutgeschwindigkeit am Austritt des zweiten Laufrades wieder rein axial ist?e) Wie groß ist dann die Umlenkung der Relativgeschwindigkeit w3 im zweiten Lauf-

rad?

Geg.: Ω = 324, 6 1/s, m = 30 kg/s, cax = 100 m/s, R = 0, 308 m

Losung

a) β1 = 45

b) cu2 = 30 m/s

c) PI = 90 kW

d) PII = PI

e) ∆β43 = β3 − β4 = 7, 4

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516 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-6 Berechnung der Schaufelform bei vorgegebener

Druckverteilung

Die Schaufelform des Turbinenleitgitterssoll so ausgebildet werden, daß auf dermittleren Stromlinie der Druck linearmit x von p1 am Gittereintritt auf p2 amAustritt abfallt. Da die Schaufeln sehrdicht stehen, kann naherungsweise an-genommen werden, daß die Stromungs-richtung auf der mittleren Stromlinie derSchaufelrichtung entspricht (schaufel-kongruente Stromung). Die Zustromungunter c1 erfolgt drallfrei. Die ebene, rei-bungsfreie Stromung hat die konstan-te Dichte , Volumenkrafte treten nichtauf.

a) Wie lautet die Funktion p(x)?b) Wie hangt die Axialkomponente cax der Stromungsgeschwindigkeit von x ab?c) Welchen Verlauf muß cu(x) haben?d) Wie ist der Verlauf tanα(x) der Schaufelkontur?e) Berechnen Sie die Schaufelkontur y(x).f) Welche Kraft F ubt die Stromung pro Tiefeneinheit auf eine Schaufel aus?

Geg.: c1, p1, p2, t, l,

Losung

a) p(x) = p1 − ∆px/l , mit ∆p = p1 − p2

b) cax(x) = c1 = const

c) cu(x) =√

2∆ p/ (x/l)1/2

d) tanα(x) = A (x/l)1/2 , mit A =√

2∆ p/( c21)

e) y/l = 2/3 A (x/l)3/2

f) Fx = t (p1 − p2) , Fy = − c1 t√

2∆p/

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517

Aufgabe B-7 Brennraum eines Hubkolbenmotors

Es soll unter vereinfachenden Annahmen das Stro-mungfeld im Brennraum eines Hubkolbenmotorsberechnet werden. Dazu wird das Gas im Brenn-raum als reibungsfrei und die Dichte als homogen( = (t)) angenommen. Fur das Geschwindigkeits-feld wird

u(r, z, t) =A(t)

reϕ + uz(z, t)ez

angesetzt, wobei der erste Term den durch den Ein-laßvorgang bedingten Drall berucksichtigt.

Neben geometrischen Daten sind die Zeitfunktionder Brennraumhohe h(t), sowie deren Ableitungh = dh/dt bekannt. Volumenkrafte treten nicht auf.

a) Wie lautet die Zeitfunktion der Dichte (t), wenn m die Gasmasse im Brennraumist?

b) Berechnen Sie die Dichteanderung D /Dt eines Teilchens.c) Berechnen Sie aus der Kontinuitatsgleichung und der Bedingung, daß feste Wande

nicht durchstromt werden, die Geschwindigkeitskomponente uz(z, t).d) Wie groß ist die zeitliche Anderung der Drallkomponente in z-Richtung fur die

reibungsfreie Stromung?e) Berechnen Sie diese Drallkomponente durch Integration uber den vom Gas einge-

nommenen Volumenbereich in Abhangigkeit von A(t).f) Berechnen Sie aus d) und e) die Zeitfunktion A(t) mit der Anfangsbedingung

A(t=0) =Γ

2π.

Geg.: m, R, h(t), h(t), Γ

Losung

a) (t) = m/(πR2 h(t))

b) D /Dt = − h/h

c) uz = h/h z

d)D

Dt(Dz) = 0

e) Dz = A(t)m

f) A = Γ/(2π)

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518 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-8 Zwei schrag aufeinandertreffende Strahlen

Obige Skizze zeigt das Stromlinienbild zweier schrag aufeinander treffender StrahlenNewtonscher Flussigkeit.

Das Geschwindigkeitsfeld der ebenen Stromung ist durch

u1(x1, x2) = a x1 + 2 b x2 , u2(x1, x2) = −a x2

gegeben, wobei a und b dimensionsbehaftete Konstanten sind.

a) Zeigen Sie, daß die Stromung inkompressibel ist.b) Berechnen Sie die Rotation des Geschwindigkeitsfeldes.c) Berechnen Sie die Druckverteilung p(x1, x2) aus den Navier–Stokes–Gleichungen

unter der Annahme, daß fur den Druck im Ursprung p(x1 = 0, x2 = 0) = pg gilt.Volumenkrafte haben keinen Einfluß.

d) Berechnen Sie die Komponenten t1 und t2 des Spannungsvektors t im Punkt (0, 0)fur eine ebene Flache mit dem Normalenvektor n = (0, 1).

e) Berechnen Sie die Bahnlinien zunachst in Parameterform, und geben Sie dann dieexplizite Form x2 = f(x1) an.Wie lauten die Gleichungen der Stromlinien ?

Geg.: , η, a, b, pg

Losung

b) rot u = −2 be3

c) p(x1, x2) = pg − a2

2(x2

1 + x22)

d) t1(0, 0) = 2η b , t2(0, 0) = −pg − 2η a

e) x2 = −ab

x1

√(a

b

x1

2

)2

−D , mit D = −ACab

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519

Aufgabe B-9 Verallgemeinerte Hagen–Poiseuille–Stromung

Durch ein unendlich langes, mit New-tonscher Flussigkeit ( , η, λ = const)gefulltes Rohr (Radius Ra) wird einZylinder (Radius Ri) mit der Ge-schwindigkeit U gezogen. Die durchdie Bewegung des Zylinders hervor-gerufene Stromung sei stationar undrotationssymmtrisch. Das Rohr hatdie konstante Temperatur T0, der

Zylinder ist isoliert (q=0), daher ist ∂T/∂z = ∂T/∂ϕ =0. Die inkompressible Flussig-keit besitzt die konstante spezifische Warmekapazitat c.

a) Geben Sie das Geschwindigkeitsfeld der Schichtenstromung (uz = uz (r), uϕ = ur =0) an.

b) Berechnen Sie die Dissipationsfunktion Φ aus den nichtverschwindenden Kompo-nenten von E: erz = ezr .

c) Geben Sie, ausgehend von der Energiegleichung in der Form

De

Dt− p

D

Dt= Φ + λ∆T ,

die Differentialgleichung fur die Temperatur T (r) an.d) Bestimmen Sie die homogene Losung der Differentialgleichung fur den Temperatur-

verlauf.e) Bestimmen Sie die partikulare Losung (Hinweis: Benutzen Sie einen Ansatz der

Form Tp ∼ (ln r)2) und passen Sie die allgemeine Losung an die Randbedingungenan.

f) Wie groß ist der an die Rohrwand abgefuhrte Warmestrom?g) Welche Temperatur hat der Zylinder?

Geg.: U , η, λ, Ri, Ra, T0

Losung

a) uz(r) = Uln(r/Ra)

ln(Ri/Ra)

b) Φ = ηU2

r2

1

ln2(Ri/Ra)

c)d2T

dr2+

1

r

dT

dr= − A

r2, mit A =

η

λ

U2

ln2(Ri/Ra)

d) Th(r) = C1 ln(r/Ra) + C2

e) Tp(r) = −1

2A ln2

(r

Ra

), T (r) = T0 + A

[ln

(Ri

Ra

)ln

(r

Ra

)− 1

2ln2

(r

Ra

)]

f) q(r = Ra) =η U2

Ra ln(Ra/Ri)er

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520 B Klausuraufgaben

g) T (r=Ri) = T0 +A

2ln2

(Ra

Ri

)

Aufgabe B-10 Induzierte Geschwindigkeiten eines Hufeisen-

wirbels

Fur die Berechnung des Geschwindig-keitsfeldes eines Tragflugels endlicherBreite wird das Modell eines Hufei-senwirbels verwendet.

a) Berechnen Sie den induzierten Abwind auf der Linie z = a mit Hilfe des Biot–Savartschen Gesetzes.Hinweis: Teilen Sie den Integrationsweg in die einzelnen geraden Wirbelfaden auf,und berechnen Sie die einzelnen Beitrage.

b) Berechnen Sie die induzierte Geschwindigkeit entlang der z–Achse. Welches Ergebniserhalt man speziell fur a → ∞ ?

Geg.: b, Γ

Losung

a) u = −(|u|(1) + |u|(2) + |u|(3)

)ey , mit

|u|(1) =Γ

1

b/2 + x

⎛⎝1 +a√

a2 + (b/2 + x)2

⎞⎠ ,

|u|(2) =Γ

1

a

⎛⎝ b/2 − x√a2 + (b/2 − x)2

+b/2 + x√

a2 + (b/2 + x)2

⎞⎠ ,

|u|(3) =Γ

1

b/2 − x

⎛⎝1 +a√

a2 + (b/2 − x)2

⎞⎠ .

b) u(x=0, a) = − Γ

(4

b+

4

a b

√a2 + (b/2)2

)ey , u(x=0, a→ ∞) = −2Γ

π bey

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521

Aufgabe B-11 Gerinnestromung durch ein geoffnetes Wehr

Die Skizze zeigt die Gerinnestromung durch ein geoffnetes Wehr. Die reibungsfreieStromung konstanter Dichte habe an den Stellen [1] und [2] parallele Stromlinien.

a) Berechnen Sie den Flussigkeitsstand h2.b) Berechnen Sie die Druckverteilung p(z) an den Stellen [1] und [2] mit der Kom-

ponente der Euler–Gleichungen in Hauptnormalenrichtung (hier z–Richtung) unterBerucksichtigung der Volumenkraft der Schwere.

c) Spielt der Umgebungsdruck p0 bei der Berechnung der Kraft in x–Richtung auf dasWehr eine Rolle?

d) Berechnen Sie die Kraft Fx in x–Richtung (pro Tiefeneinheit) auf das Wehr.

Geg.: p0, , h1, u1, u2, g

Losung

a) h2 =u1

u2

h1

b) p1 = p0 + g (h1 − z) , p2 = p0 + g (h2 − z)

c) Nein

d) Fx = u21 h1 − u2

2 h2 + g h21/2 − g h2

2/2

Aufgabe B-12 Sicherheitsventil

Das skizzierte Sicherheitsventil verschließt einen Behalter, dessen Innendruck um ∆pgroßer ist als der Umgebungsdruck p0. Um den Offnungsdruck fein einzustellen, wirdoberhalb des Ventils Flussigkeit der konstanten Dichte eingefullt. Da das Problemnicht von p0 abhangt, kann p0 null gesetzt werden.

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522 B Klausuraufgaben

a) Welche Kraft ubt die Flussigkeit in vertikaler Richtung auf den Ventilkorper aus?Hinweis: Zweckmaßigerweise geht man vom hydrostatischen Auftrieb eines Er-satzkorpers aus.

b) Welche Kraft wirkt insgesamt aus Innendruck ∆p und Flussigkeitsdruck auf dasVentil?

c) Wie muß h gewahlt werden, damit das Ventil gerade bei ∆p offnet?

Geg.: ∆p, p0 =0, , g, r, R1, R2, a

Losung

a) Fz = g [−hπ (R22 − r2) − a π r2 + π/3 a(R2

1 +R1R2 +R22)]

b) Fz ges = Fz + ∆ pπ R22

c) h =(∆ pπ R2

2 −G)/( g) − a π r2 + π/3 a(R21 +R1 R2 +R2

2)

π (R22 − r2)

Aufgabe B-13 Mit Flussigkeit gefullter Plattenwinkel

Zwischen zwei ebenen Platten (Tiefenerstreckung T ), die an ihren Enden A, B, Creibungsfrei, gelenkig gelagert sind und ein gleichschenkliges Dreieck einschließen, be-findet sich Wasser (Volumen V , Dichte = const). Das ebene Problem ist bezuglichder z–Achse symmetrisch, das Gewicht der Platten kann vernachlassigt werden. DerUmgebungsdruck kann null gesetzt werden.

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523

a) Wie groß ist die Vertikalkraft FV in den beiden Lagern A und B (pro Lager)?b) Bestimmen Sie den Zusammenhang zwischen der Wasserspiegelhohe h bei gegebe-

nem Volumen V und dem halben Offnungswinkel α (siehe Skizze).c) Wie groß ist das Moment der Flussigkeit auf die linke Platte um den Punkt C?d) Die Summe der Momente auf die linke Platte um den gelenkig gelagerten Punkt C

verschwindet. Geben sie damit eine Bestimmungsgleichung fur den Winkel α an.e) Ermitteln Sie die Bestimmungsgleichungen fur den Winkel α aus der Forderung, daß

die potentielle Energie (U = mg zs, zs = Schwerpunktkoordinate der Flussigkeit)ein Minimum hat.

Geg.: , g, V , L, T

Losung

a) FV = 1/2 g V

b) h(α) =√V/(T tanα)

c) My = −1

6 g T

1

cos2 α

(V

T tanα

)3/2

d) sin5 α cosα = V/(g T L2)

Aufgabe B-14 Wasserstandsregelung bei einem Wehr

Das skizzierte Wehr regelt den Wasserstand h auf der linken Seite. Der Schieber (Ei-gengewicht G) ist gegen eine Platte abgestutzt. Der Haftkoeffizient zwischen Schieberund Platte sei µ. Die Tiefenausdehnung des ebenen Problems sei L, das Wasser hat diekonstante Dichte , der Umgebungsdruck sei p0. Im Spalt zwischen Schieber und Platteherrscht ebenfalls der Druck p0.

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524 B Klausuraufgaben

a) Hat der Umgebungsdruck p0 Einfluß auf die resultierende Kraft auf den Schieber?b) Berechnen Sie die x– und z–Komponente der gesamten Kraft, die von Flussigkeit

und Umgebung auf den Schieber ausgeubt wird.c) Ab welchem Wasserstand h offnet das Wehr?

Hinweis: Zweckmaßigerweise berechnet man zunachst den Wasserstand h0, bei demdas Wehr fur µ = 0 offnen wurde, und benutzt h0 als Abkurzung in der Bestim-mungsgleichung fur h.

Geg.: , g, h, a, b, L, G, µ, p0

Losung

a) Der Umgebungsdruck hat keinen Einfluß.

b) Fx = g Lh2/2 , Fz = g bL (h− a/2)

c) h =b

µ

⎛⎝1 −√

1 − 2µh0

b

⎞⎠ , mit h0 =a

2+

G

g bL

Aufgabe B-15 Druckgetriebene, radiale Spaltstromung zwi-

schen zwei koaxialen Ringen

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525

Zwischen zwei parallelen Platten, die den Abstand h voneinander haben (h Ra −Ri) stromt inkompressible Newtonsche Flussigkeit ( , η = const). Die Stromung seistationar und rotationssymmetrisch (∂/∂ϕ = 0) und uϕ = 0. Die Geschwindigkeit inaxialer Richtung sei ebenfalls null: uz = 0. Es wird angenommen, daß R2

i V h/ν, sodaß die Tragheitsterme in den Bewegungsgleichungen vernachlassigt werden konnen.Volumenkrafte konnen ebenfalls vernachlassigt werden.

a) Bestimmen Sie die uber die Hohe h gemittelte Geschwindigkeit U(r) als Funktionvon r. Betrachten Sie den Volumenstrom V zunachst als gegeben.

b) Vereinfachen Sie die Navier–Stokesschen Gleichungen, und zeigen Sie, daß derDruck p(r) nur eine Funktion von r ist.

c) Berechnen Sie die Beschwindigkeit ur(r, z)=U(r) f(z) aus den vereinfachten Navier–Stokesschen Gleichungen und der Haftbedingung an der Wand.

d) Bestimmen Sie die Druckverteilung p(r) fur die Randbedingungen p(Ri) = pi,p(Ra)=pa.

e) Berechnen Sie den Volumenstrom V .f) Zeigen Sie, daß fur (Ra − Ri)/Ri = l/Ri 1 der Zusammenhang zwischen Druck-

abfall und mittlerer Geschwindigkeit U dem der ebenen Poiseuille–Stromung ent-spricht.

Geg.: η, h, Ri, Ra, pi, pa

Losung

a) U(r) = V /(2π h r)

b) r :∂p

∂r= η

(∂2ur

∂r2+

1

r

∂ur

∂r− ur

r2+∂2ur

∂z2

)= 0 , ϕ :

∂p

∂ϕ= 0 , z :

∂p

∂z= 0

⇒ p = p(r)

c) ur(r, z) =V

2π h r

C1

2(z2 − h z)

d) p(r) = (pa − pi)ln(r/Ri)

ln(Ra/Ri)+ pi

e) V =π h3

6 η

pi − pa

ln(Ra/Ri)

f)pi − pa

l= U

12 η

h2

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526 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-16 Druckgetriebene Kanalstromung mit Tempe-

raturabhangigkeit der Viskositat

Zwischen zwei ebenen, unendlich ausgedehnten Plat-ten (Abstand h) befindet sich Newtonsche Flussig-keit. Da die obere Platte geheizt wird, stellt sichunter Vernachlassigung der Dissipationswarme imSpalt eine lineare Temperaturverteilung

T = Tu + ∆Ty

h(∆T = To − Tu)

ein, die die Viskositat der Flussigkeit beeinflußt. Der Zusammenhang zwischen Visko-sitat und Temperatur wird durch das Gesetz

η(T ) = ηue−α(T − Tu)

beschrieben, wobei ηu die zu Tu gehorige Viskositat an der unteren Platte ist. Der dieebenen Stromung treibende Druckgradient ist ∂p/∂x = −K, ∂p/∂y = ∂p/∂z = 0;Volumenkrafte treten nicht auf. Das gesuchte Geschwindigkeitsfeld und die Dichte hangen nur von y ab, nicht von x und z.

a) Wie lauten die Randbedingungen an die reibungsbehaftete Stromung?b) Berechnen Sie aus der Kontinuitatsgleichung fur stationare Stromung und den Rand-

bedingungen die Vertikalkomponente v der Geschwindigkeit im Spalt.c) Welchen Zusammenhang zwischen dem vorliegenden Geschwindigkeitsfeld, dem

Druck und dem Spannungstensor liefert das Materialgesetz fur Newtonsche Flussig-keit?

d) Berechnen Sie mit Hilfe der x–Komponente der Cauchyschen Bewegungsgleichungdie Verteilung τxy(y) der Schubspannung im Spalt, bis auf eine Konstante.

e) Berechnen Sie unter Verwendung der Ergebnisse aus b), c) und der Haftbedingungdas Geschwindigkeitsprofil u(y).

Geg.: h, K, Tu, To, ∆T = To − Tu, α, η(T )

Losung

a) Haftbedingung: u(y=0) = 0 , u(y=h) = 0 ,d.h. y=0 : u = v = 0 ; y=h : u = v = 0

b) v ≡ 0

c) τxx = τyy = −p , τxy = τyx = η∂u

∂y

d) τxy = −K y + C1

e) u(y) =1

ηu

K h2

α∆T

eα∆T y/h − 1

1 − e−α ∆T− y

heα ∆T y/h

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527

Aufgabe B-17 Stromung infolge eines Temperaturgradienten

Zwischen zwei Wanden, die durch Heizungen auf konstanter Tem-peratur TB (an x=0) bzw. TW (an x=b) gehalten werden, befindetsich Wasser der Viskositat η (η = const). Da Wande und Flussig-keit in y– und z–Richtung unendlich ausgedehnt sind, ist die sicheinstellende Temperatur des Wassers T (x) nur eine Funktion vonx. Die Dichte des Wassers ist temperaturabhangig:

= + α(T − T (x)) ,

wobei der bei der mittleren Temperatur T = 1/2(TB + TW )ermittelte Wert der Dichte ist.

a) Zeigen Sie, daß infolge des Temperaturgradienten kein hydrostatisches Gleichgewichtmoglich ist, so daß sich das Wasser in Bewegung setzen muß.Hinweis: Die sich einstellende Stromung ist stationar und eben.

b) Zeigen Sie mit Hilfe der Kontinuitatsgeichung, daß die Geschwindigkeitskomponen-te u in x–Richtung im ganzen Feld identisch null ist.

c) Berechnen Sie die Temperaturverteilung T (x) im Wasser. (Die Dissipation kanndabei vernachlassigt werden, da der durch den Temperaturgradienten aufgepragteWarmestrom sehr viel großer ist als der durch Dissipation.)

d) Zeigen Sie, daß der Druck keine Funktion von x ist.e) Zeigen Sie, daß ∂p/∂z eine Konstante sein muß, und berechnen Sie fur ∂p/∂z = K

die Geschwindigkeitsverteilung w(x).

Geg.: η, , TB, TW , α, b, g, K

Losung

a) ∇ × k = ∂ /∂x g ey = 0

c) T (x) = TB + (TW − TB)x/b

e) w(x) =( g + k) b2

2 η

[(x

b

)2

− x

b

]+α g(TW − TB) b2

η

[1

4

(x

b

)2

− 1

6

(x

b

)3

− 1

12

x

b

]

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528 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-18 Hydraulischer Dampfer

Der skizzierte Dampfer istaus dem Automobilwesen als

”Stoß-

dampfer“ bekannt. Untersucht wirddie Abwartsbewegung des Kolbensunter dem Einfluß einer Kraft F .Die im Zylinder befindliche Flussig-keit ( = const) stromt wahrend derAbwartsbewegung des Kolbens durchdie linke Bohrung von der unterenin die obere Kammer. Nehmen Siean, daß unterhalb des Kolbens (Stel-le [2]) der Druck p2 herrscht undoberhalb des Kolbens (Stelle [1]) derDruck p1. Weiterhin ist in beidenKammern die Stromungsgeschwindig-keit u1 bzw. u2 vernachlassigbar ge-genuber der Stromungsgeschwindig-keit in den Bohrungen. Die Quer-schnittsflache der Kolbenstange istvernachlassigbar. Die Durchstromflache AB einer Bohrung ist abhangig von der Druck-differenz ∆p = p2 − p1, was fur eine progressive Dampfung sorgt. Die Abhangigkeitlautet

AB = A0

(∆p

p

)m

, mit m > 0

als wahlbarem Parameter. An Verlusten sind nur Austrittsverluste zu berucksichtigen.Reibungskrafte an Wanden sind zu vernachlassigen.

a) Drucken Sie die Kraft auf den Kolben durch die Druckdifferenz ∆p aus. VerwendenSie dazu den Impulssatz, angewendet im kolbenfesten System.

b) Wie groß ist im kolbenfesten System die Geschwindigkeit wB in den Durchlaßboh-rungen?

c) Ermitteln Sie mit Hilfe der Bernoullischen Gleichung die Druckdifferenz ∆p.d) Berechnen Sie nun die Kolbengeschwindigkeit V als Funktion der Kraft F . Welchen

Wert muß der Parameter m annehmen, damit eine lineare Dampfung V (F ) vorliegt?

Geg.: A0, AK , p, , F

Losung

a) F = ∆pAK

b) wB = VAK

A0

(∆p

p

)−m

c) ∆p = p

(1

p

2V 2

(AK

A0

)2) 1

2m+1

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529

d) V =

(F

AK p

)m+1/2 √2 p

A0

AK

⇒ lineare Dampfung fur m = 1/2.

Aufgabe B-19 Akustische Eigenfrequenz einer Flasche (Helm-holtz–Resonator)

Es soll die akustische Eigenfrequenz einer (Rot-wein–) Flasche berechnet werden. Stromungstech-nisch besteht eine solche Flasche aus dem Hals(Lange L, Querschnittsflache A), in dem die Stro-mung als instationar aber inkompressibel angesehenwerden kann, und einem großen Behalter (Volu-men V ), in dem annahernd alle Großen raumlichhomogen sind, und die Luft als kompressibel be-trachtet werden muß. Die Stomung ist isentrop,Volumenkrafte sind vernachlassigbar.

a) Bestimmen Sie mit Hilfe der Bernoullischen Gleichung fur instationare Stromungenden Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit u im Flaschenhals und der Druck-differenz pB(t)−p0. Die kinetische Energie der akustische Wellen kann vernachlassigtwerden, so daß p1 ≈ p0 und p2 ≈ pB(t) gilt. Im Bereich des Flaschenhalses kann voneiner konstanten Dichte 0 ausgegangen werden.

b) Welcher Zusammenhang ergibt sich aus der Kontinuitatsgleichung zwischen u undder Anderung der Dichte B(t) im Behalter? (Berechnen Sie hierzu den Massenstroman der Stelle [2] wieder mit der Dichte = 0!)

c) Ersetzen Sie die Dichteanderung in Teil b) unter Benutzung der Definitionsgleichungder Schallgeschwindigkeit durch die Druckanderung. (Die Schallgeschwindigkeit imBehalter ist aB ≈ const)

d) Stellen Sie durch Einsetzen der in Teil a) gewonnenen Gleichung die Differential-gleichung fur die Geschwindigkeit u(t) auf. Was ist die Eigenkreisfrequenz ω dieserhomogenen Gleichung?

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530 B Klausuraufgaben

e) Welche Schwingungsfrequenz f ergibt sich fur die Zahlenwerte V = 0, 75 l, A =5 cm2, L = 5 cm, aB = 370 m/s ?

Geg.: 0, p0, V = 0, 75 l, A = 5 cm2, L = 5 cm, aB = 370 m/s

Losung

a) pB(t) − p0 = − 0 Ldu

dt

b) Vd B

dt= 0 uA

c) VdpB

dt= 0 a

2B uA

d)d2u

dt2+ ω2u = 0 , mit ω =

√a2

B A

V L

e) f = 215 Hz

Aufgabe B-20 Zylinder und Auspuffrohr eines Motors

Die Skizze zeigt Kolben, Zylinder und Auspuffrohr einesMotors. Wahrend des Ausstoßvorgangs bewegt sich der Kol-ben aufgrund der mit Ω rotierenden Kurbelwelle nach obenund druckt die Flussigkeit konstanter Dichte durch dasgeoffnete Ventil in das Auspuffrohr und von dort in die Um-gebung.Wahrend des Ausstoßvorganges bleibt das Ventil in der ge-zeichneten Stellung. Auf dem Weg der Flussigkeit durch dasVentil in das Rohr vergroßert sich der Stromungsquerschnittvon der Austrittsflache AA (Stelle [A]) des Ringraumes desVentils auf die Rohrquerschnittsflache AR (Die Ventilschaft-dicke ist zu vernachlassigen).Der Umgebungsdruck p0 ist konstant. Die Kolbenquer-schnittsflache AK, die Austrittsflache AA des Ventils unddie Rohrquerschnittsflache AR sind bekannt. Der Abstandzwisch Zylinderkopf und Kolben ist naherungsweise durchh(t) = h0 + r (1 − cosΩ t) gegeben. Die Druckverluste dervorliegenden instationaren Stromung konnen naherungswei-se durch die der stationaren Stromung beschrieben werden.Druckverlust durch Reibung und Strahlkontraktion, sowie Volumenkrafte sollen nichtberucksichtigt werden.

a) Berechnen Sie die Kolbengeschwindigkeit uK .b) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit uA an der Stelle [A] und die Geschwindigkeit

uR im Rohr.

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531

c) Bestimmen Sie den Druckverlust ∆pv der Stromung vom Zylinder in die Umgebung.d) Berechnen Sie die Druckdifferenz ∆p = p2 − p0 fur den Fall, daß der Kolben die

Flussigkeit aus dem Zylinder druckt.Hinweis: Da die Querschnittsflache AR AK ist, kann die Geschwindigkeit in derZylinderkammer vernachlassigt werden. Es genugt außerdem die zeitliche Anderungder Geschwindigkeit nur im Bereich des Auspuffrohres zu berucksichtigen.

Geg.: AK, AR, (mit AR AK), AA, r, L, Ω, p0,

Losung

a) uK = − rΩ sin Ω t

b) uA = −AK

AArΩ sin Ω t , uR = −AK

ARrΩ sin Ω t

c) ∆pv =

2(rΩ sin Ω t)2

[(AK

AA

)2 (1 − AA

AR

)2

+(AK

AR

)2]

d) p2 − p0 = − LAK

AR

rΩ2 cos Ω t+

2(rΩ sin Ω t)2

[(AK

AA

)2 (1 − AA

AR

)2

+(AK

AR

)2]

Aufgabe B-21 Pump–Turbinen–Anlage

Die Skizze zeigt eine Pump–Tur-binen–Anlage, bestehend aus ei-nem Unterwasser, einem Ober-wasser, dessen Wasserspiegel umH = 250m hoher liegt, einer Rohr-leitung (Lange L = 350m, Durch-messer d = 0, 5m, Rauhigkeitk/d = 2 ∗ 10−4) und einer Pump–Turbine, die im Pumpbetrieb einenWirkungsgrad von ηP = 0, 8 undim Turbinenbetrieb von ηT = 0, 9hat. In Zeiten geringen Strom-bedarfs wird das Wasser (Dichte = 103 kg/m3, kinematische Vis-kositat ν = 10−6 m2/ s) aus demunteren Gewasser in den Stau-see hinaufgepumpt. Der Volumen-strom dabei ist VP = 0, 393m3/ s.

In Zeiten hohen Energiebedarfs wird die Stromungsrichtung umgekehrt und die Pump–Turbine arbeitet als Turbine. Der Volumenstrom im Turbinenbetrieb ist 1,4–mal sohoch wie im Pumpbetrieb, also VT = 1, 4 VP = 0, 55m3/ s.

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532 B Klausuraufgaben

a) Berechnen Sie fur den Pump– und den Turbinenbetrieb die mittleren Geschwindig-keiten U im Rohr und die Reynoldszahlen Re.

b) Wie groß sind die Druckverluste ∆pvR bei beiden Betriebsarten innerhalb der Rohr-leitung?

c) Wie groß sind die Austrittsverluste ∆pvA bei beiden Betriebsarten?d) Welche Leistung muß der Flussigkeit im Pumpbetrieb zugefuhrt werden und wie

groß ist die von der Pump–Turbine dabei benotigte Leistung?e) Welche Leistung gibt die Flussigkeit im Turbinenbetrieb ab und welche Leistung

kann dabei von der Turbinenwelle abgenommen werden?f) Wie groß ist der hydraulische Wirkungsgrad ηh der Anlage, d.h. das Verhaltnis

von abgegebener Turbinen–Energie zu aufgenommener Pump–Energie bei gleichemumgesetzten Volumen V .

Geg.: g = 9, 81 m/s2, H = 250 m, L = 350 m, d = 0, 5 m, k/d = 2 ∗ 10−4, ηP = 0, 8,ηT = 0, 9, = 103 kg/m3, ν = 10−6 m2/s, VP = 0, 393 m3/s, VT = 1, 4 VP = 0, 55 m3/s

Losung

a) bis e)U [m/s] Re ∆pvR [bar] ∆pvA [bar] Pzu/ab [kW]

Pumpe 2,0 1, 0 ∗ 106 0,206 0,020 1 216Turbine 2,8 1, 4 ∗ 106 0,390 0,039 1 193

f) ηh = 0, 70

Aufgabe B-22 Uberexpandierte Lavalduse

Aus einem großen Kessel mit dem Ruhedruck ptK stromt ideales Gas durch eine La-valduse und ein Rohr konstanten Querschnittes A3.

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533

Im divergenten Teil der Lavalduse ist der Verlauf der Querschnittsflachen

A = A∗[1 +

(x

L

)2]

fur 0 ≤ x ≤ L

gegeben. An der Stelle x = xs befindet sich ein senkrechter Verdichtungsstoß. DieStromung ist stationar und mit Ausnahme des Stoßes isentrop. An der Stelle [3] wirdmit dem Pitotrohr der Ruhedruck pt3 = 1, 2bar gemessen.

a) Wie groß ist die Machzahl M1 direkt vor dem Stoß, wenn dieser an der Stellexs = 0, 8L steht. Bestimmen Sie die Machzahl hinter dem Stoß und das Ruhe-druckverhaltnis pt2/pt1 uber den Stoß.

b) Mit welchem Kesseldruck ptK wird die Anlage betrieben, wenn der an der Stelle [3]gemessene Ruhedruck pt3 = 1, 2bar betragt. Berechnen Sie den Druck p∗ an derengsten Stelle der Duse.

c) Berechnen Sie den neuen Bezugsquerschnitt A∗2 nach dem Stoß. Wie groß ist die

Machzahl M3 und der Druck p3?d) Berechnen Sie die x–Komponente der Kraft, die die Stromung zwischen der engsten

Stelle und der Stelle [3] auf die Duse ausubt. Verwenden Sie den Impulssatz derStromfadentheorie und beachten Sie, daß bei idealem Gas u2 = γ M2 p gilt. GebenSie den Zusammenhang fur Fx/(p

∗ A∗) an.

Geg.: L, A∗, A3 = 3A∗, γ = 1, 4, pt3 = 1, 2 bar

Losung

a) M1 = 1, 97 , M2 = 0, 582 , pt2/pt1 = 0, 735

b) ptK = 1, 633 bar, p∗ = 0, 862 bar

c) A∗2 = 1, 353A∗ , M3 = 0, 27 , p3 = 1, 14 bar

d)Fx

p∗ A∗ = γ + 1 − 3p3

p∗(γM2

3 + 1) = −1, 972

Aufgabe B-23 Einlauf einer Uberschallduse

Der Einlauf einer Uberschallduse befindet sich in einer parallelen Uberschallstromungeines idealen Gases mit der Machzahl M1 = 3. Vor dem Einlauf hat sich ein Stoßausgebildet, der auf der mittleren Stromlinie als senkrechter Verdichtungsstoß behandeltwerden kann. Die Stromung ist mit Ausnahme des Stoßes isentrop.

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534 B Klausuraufgaben

Der engste Dusenquerschnitt befindetsich and der Stelle [3] und betragt A =0, 2m2. Hinter dem engsten Querschnitt,im divergenten Teil der Duse an derStelle [4] ist die Machzahl M4 großerals Eins. An der Stelle [1] ist der Ruhe-druck pt1 und die Ruhetemperatur Tt1

bekannt.

a) Berechnen Sie die Temperatur T1 und die Geschwindigkeit u1 an der Stelle [1].b) Berechnen Sie die Machzahl M2, den Druck p2 und die Geschwindigkeit u2 hinter

dem Stoß.c) Wie groß ist die MachzahlM3 an der Stelle [3]. Berechnen Sie die Geschwindigkeitu3,

die Temperatur T3 und den Druck p3 an der Stelle [3].d) Wie groß ist der Massenstrom m durch die Duse?

Geg.: γ = 1, 4, R = 287 J/kgK, M1 = 3, pt1 = 1 bar, Tt1 = 295 K, A = 0, 2 m2

Losung

a) T1 = 105, 4 K, u1 = 617, 3 m/s

b) M2 = 0, 475 , p2 = 0, 28 bar, u2 = 159, 9 m/s

c) M3 = 1 , u3 = 314, 3 m/s, T3 = 245, 9 K, p3 = 0, 173 bar

d) m = 15, 41 kg/s

Aufgabe B-24 Feststoffrakete

In einer Feststoffrakete wirdein Brennstoff–Oxydatorge-misch abgebrannt. Das ent-stehende Verbrennungsgasstromt durch eine Lavalduseund tritt mit Uberschallge-schwindigkeit in die Umge-bung aus (Umgebungsdruckpa). Ruhedruck pt und Ruhe-temperatur Tt in der Brenn-kammer bleiben zeitlich kon-stant. Fur die Berechnung kann naherungsweise eine isentrope Stromung eines idealen

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535

Gases (γ, R) angenommen werden.

a) Berechnen Sie den Massenstrom m durch die Duse.b) Der Austrittsquerschnitt A2 soll nun so gewahlt werden, daß der maximale Schub

erreicht wird. Dazu werden drei Falle untersucht:1.) eine richtig expandierende Duse: pe/pa = 1 ,2.) eine uberexpandierende Duse: pe/pa = 0, 7 und3.) eine unterexpandierende Duse: pe/pa = 1, 3 .Bestimmen Sie fur alle drei Falle Druck pe, Geschwindigkeit ue und Querschnitt A2

am Dusenaustritt.c) Berechnen Sie den Schub der Rakete fur alle drei Falle. Fur welches Druckverhaltnis

pe/pa wird der großte Schub erzeugt? Wie muß demnach der QuerschnittA2 gewahltwerden?

Geg.: Tt = 1000 K, pt = 10 bar, pa = 1 bar, A1 = 70 10−5m2, γ = 1, 4, R = 287 J/kgK

Losung

a) m = 0, 895 kg/s

b) c)pa/pe pe [bar] ue [m/s] A2 [m2] F [N]

1 1 985 135 10−5 8810,7 0,7 1 035 167 10−5 8761,3 1,3 942 117 10−5 878

⇒ A2 = 135 10−5 m2

Aufgabe B-25 Staustrahltriebwerk (ram jet)

Das dargestellte Triebwerk bewegt sich mit Uberschallgeschwindigkeit (M∞ = 2) durchLuft (kalorisch ideales Gas) mit dem Zustand p∞ = 0, 3 bar, T∞ = 250 K. Vor dem

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536 B Klausuraufgaben

Triebwerk hat sich ein Stoß ausgebildet, der auf der mittleren Stromlinie als senkrech-ter Verdichtungsstoß behandelt werden kann. Zwischen den Stellen [1] und [2] wird derStromung eine noch unbekannte Warmemenge pro Zeiteinheit Q zugefuhrt, so daß imQuerschnitt [2] gerade die Machzahl M2 = 1 erreicht wird. Im divergenten Teil der Duseherrscht Uberschall und die Stromung ist isentrop. Die Duse expandiert im Austritts-querschnitt auf Umgebungsdruck p3 = p∞. Gesucht ist die zugefuhrte Warmemengepro Zeiteinheit Q sowie der Schub, den das Triebwerk liefert.

a) Ermitteln Sie die Großen p1, T1 und u1 nach dem Stoß.b) Berechnen Sie den Massenstrom m durch die Duse.c) Berechnen Sie unter Verwendung des Ergebnisses aus b) M3, T3, und u3 am Dusen-

austritt.d) Wie groß ist die Temperatur T2 und die Geschwindigkeit u2 an der Stelle [2]?e) Berechnen Sie mit Hilfe der Energiegleichung zwischen den Stellen [1] und [2] die

Warmemenge Q, die pro Zeiteinheit zugefuhrt werden muß.f) Wie groß ist der Schub der Duse? (Reibungskrafte von außen auf die Duse sind zu

vernachlassigen.)

Geg.: M∞ = 2, p∞ = 0, 3 bar, T∞ = 250 K, A1 = A2 = 0, 4 m2, A3 = 0, 56 m2, γ = 1, 4,R = 287 J/kgK, cp = 1004, 5 J/kgK

Losung

a) p1 = 1, 35 bar, T1 = 421, 8 K, u1 = 237, 5 m/s

b) m = 106 kg/s

c) M3 = 1, 76 , T3 = 379, 9 K, u3 = 687, 6 m/s

d) T2 = 512, 9 K, u2 = 454, 0 m/s

e) Q = 17630 kJ/s

f) S = −5 692 Nex

Aufgabe B-26 Ludwieg–Rohr

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537

Obenstehende Skizze zeigt ein sogenanntes Ludwieg–Rohr, mit dem es gelingt, mitverhaltnismaßig kleinem Aufwand in einer Lavalduse fur eine kurze Zeitdauer eine sta-tionare Uberschallstromung zu erzeugen. Dazu wird zunachst die Lavalduse mit einerMembran verschlossen und das Gas im Rohr auf den Druck p1 komprimiert. Zum Zeit-punkt t = 0 wird die Membran zum Platzen gebracht, und in das Rohr lauft eine Ex-pansionswelle. Da die Lavallduse sehr kurz ist, stellt sich praktisch sofort eine stationareStromung in der Duse ein, und der in das Rohr laufende Expansionsfacher kann als imPunkt (t = 0, x = 0) zentriert angesehen werden. Bis die an der Rohrwand reflektiertenExpansionswellen wieder die Duse erreichen, ist die Dusenstromung stationar.

a) Wie groß ist die Machzahl M3 am Dusenaustritt, wenn sich innerhalb der Duse einestationare Stromung ausgebildet hat.

b) Wie groß ist dann die Machzahl M2 am Duseneintritt?c) Wie groß ist der Druck p2, wenn die Uberschallduse gerade richtig expandiert?d) Skizzieren Sie die Stromung innerhalb des Rohres im x-t–Diagramm.e) Wie groß sind die Schallgeschwindigkeit a2 und die Gasgeschwindigkeit u2?f) Wie groß muß der Druck p1 gewahlt werden?g) Welcher Massenstrom m geht durch die Duse?h) Da sich die Schallgeschwindigkeit im Rohr nicht stark andert (a1 ≈ a2) kann die

Zeitdauer ∆t, fur die eine stationare Stromung vorliegt, abgeschatzt werden.Welche Blaszeit ∆t erhalt man durch eine solche Abschatzung?

Geg.: AD/A = 0, 5, A = 50 cm2, a1 = 347 m/s, p0 = 1 bar, γ = 1, 4

Losung

a) M3 = 2, 2b) M2 = 0, 3c) p2 = 10, 05 bard) x–t–Diagramm

e) a2 = 327, 4 m/s, u2 = 98, 2 m/sf) p1 = 15, 1 barg) m = 6, 446 kg/sh) ∆t ≈ 2L/a1

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538 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-27 Dipol uber einer Wand

In die Parallelstromung uber einerebenen Wand wird im Abstand avon der Wand ein Dipol eingebracht.Der Dipol ist parallel zur x–Achsein die negative x–Richtung orien-tiert. Das Moment des Dipols istdurch M = 2π U∞ 4h2 gegeben. Diesich einstellende Stromung ist stati-onar, reibungsfrei und kann als ebenbetrachtet werden. Die Dichte derFlussigkeit ist konstant.

a) Wie lautet das komplexe Potential der Stromung, wenn die Wand nicht vorhandenist?

b) Wie lautet das komplexe Potential der sich einstellenden Stromung bei Vorhanden-sein der Wand? Berechnen Sie die Geschwindigkeitskomponenten an der Wand, undzeigen Sie, daß die kinematische Randbedingung erfullt ist.

c) Berechnen Sie die Lage der Staupunkte auf der Wand.d) Ermitteln Sie die Potentialfunktion Φ(x, y) und die Stromfunktion Ψ(x, y). Zeigen

Sie, daß die Linie y= 0 und der Kreis x2 + (y − h)2 = 4h2 Stromlinien sind (Diesgilt nur, wenn das Dipolmoment den oben angegebenen Wert hat!). Skizzieren Siedas Stromlinienbild fur y ≥ 0 außerhalb des angegebenen Kreises.

e) Berechnen Sie die Kraft (pro Tiefeneinheit) der Stromung auf die Kontur x2 + (y−h)2 = 4h2 fur y ≥ 0.

Geg.: , p∞, U∞, a

Losung

a) F (z) = U∞(z + 4h2 1

z − ih

)

b) F (z) = U∞[z + 4h2

(1

z − ih+

1

z + ih

)], u(x, 0) = U∞

[1 − 8h2 x2 − h2

(x2 + h2)2

],

v(x, 0) = 0

c) x1/2 = ±√3h , y1/2 = 0

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539

d) Φ(x, y) = U∞

[x+ 4h2

(x

x2 + (y − h)2+

x

x2 + (y + h)2

)],

Ψ(x, y) = U∞

[y − 4h2

(y − h

x2 + (y − h)2+

y + h

x2 + (y + h)2

)],

Ψ(x, 0) = 0 , Ψ(Kreis) = 0

e) Fx = 0 , Fy = −2√

3h p∞ +(8√

3 − 8

3π)h U2

Aufgabe B-28 Virtuelle Masse einer Platte

Es soll die virtuelle Masse einer unendlich dunnen Platte bestimmt werden, die sich inreibungsfreier, inkompressibler Flussigkeit mit der Geschwindigkeit V = V (t)eη bewegt.In großer Entfernung von der Platte ist die Flussigkeit in Ruhe und der Druck ist p∞.Um das Geschwindigkeitspotential der Plattenumstromung zu bestimmen, betrachtetman zunachst einen Kreiszylinder mit Radius r0, der sich mit der GeschwindigkeitU = U(t)ey bewegt und sich zum betrachteten Zeitpunkt gerade im Ursprung desKoordinatensystems befindet. Das Potential des Zylinders ist bekanntlich

F (z) = −iU(t) r2

0

z.

a) Bilden Sie den Zylinder mit Hilfe der Abbildungsfunktion

ζ = z +r20

zauf eine Platte ab, und bestimmen Sie die Lange L der Platte.

b) Wie groß ist die Normalkomponente der Geschwindigkeit auf dem Kreiszylinder?Berechnen Sie die Normalkomponente der Geschwindigkeit an der Platte, und zeigenSie, daß sich die Platte tatsachlich in positive η–Richtung bewegt.

c) Ermitteln Sie die Kraft, die durch die instationare Bewegung auf die Platte ausgeubtwird, durch Integration des Druckes

Fξ − iFη =∮

(C)

(−ip) dζ

Hinweis: Fuhren Sie die Integration zweckmaßigerweise in der z–Ebene aus.

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540 B Klausuraufgaben

d) Bestimmen Sie die virtuelle Masse der Platte. Geben sie eine anschaulich Deutungdes Ergebnisses.

Geg.: r0, , p∞, U(t)

Losung

a) L = 4 r0b) ur = U(t) sin ϕ , vζ = V (t) = U(t)/2

c) Fξ − iFη = idV

dt4 r2

0 π

d) m′ = π (2 r0)2

Aufgabe B-29 Absaugung in einen ebenen Kanal

Durch einen ebenen Kanal der Hohe h soll ein Volumenstrom V abgesaugt werden. DieStromung wird als reibungsfreie, inkompressible Potentialstromung behandelt.

Die Abbildungsfunktion ζ(z), die die x–Achse der z–Ebene auf den zu untersuchendenKanaleinlauf abbildet, lautet:

ζ(z) = K1(z + ln z) +K2

Der dazugehorige Abbildungsmaßstab ist:

dz= K1

z + 1

z

a) Bestimmen Sie die Konstanten K1 und K2 so, daß der Punkt [2] richtig nach z = −1abgebildet wird.

b) Wie lautet das komplexe Potential F (z) in der z–Ebene, wenn in der ζ–Ebenezwischen den Punkten [3] und [4] der Volumenstrom V abgesaugt werden soll?

c) Berechnen Sie die Geschwindigkeit wζ am Punkt ζ(z = 1).d) Wie groß ist der Druck am Punkt [4], wenn der Druck p(ζ(z = 1)) = pk bekannt ist.

Geg.: V , h, ρ, pk

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541

Losung

a) K1 = K2 = h/π

b) F (z) = − Vπ

ln z

c) wζ(ζ = 2h/π) = −1

2

V

h

d) p(ζ → −∞) = pk −

2

3

4

(V

h

)2

Aufgabe B-30 Instationare Stromung uber einer welligen Wand

Inkompressible, reibungsfreie Flussigkeit stromt langs einer welligen Wand, die in x–und z–Richtung unendlich ausgedehnt ist. Die Wandkontur andert sich mit der Zeitund ist durch

y = A(t) sin(2π x/L) , A(t) = A0 sin(Ω t)

gegeben. In großer Entfernung von der Wand ist die x–Komponente der Geschwindig-keit U∞ = const, der Druck ist p∞. Da ε = A0/L 1 und A0Ω/U∞ 1 gilt, sind diedurch die Welligkeit der Wand hervorgerufenen Storgeschwindigkeiten u/U∞ und v/U∞von der Ordnung O(ε).

a) Formulieren Sie die Randbedingungen und vernachlassigen Sie Terme der Großen-ordnung O(ε2).

b) Das Potential der stationaren Stromung um eine ruhende, wellige Wand ist bekannt-lich

Φ = U∞ x+ [C1 sin(k x) + C2 cos(k x)][e−k y +D1 e

k y].

Es liegt daher nahe, fur das instationare Problem die Koeffizienten C1, C2 und D1

als zeitabhangige Funktionen anzunehmen und einen Ansatz der Form

Φ = U∞ x+ [C1(t) sin(k x) + C2(t) cos(k x)][e−k y +D1(t) e

k y]

(1)

zu versuchen.

Zeigen Sie, daß der Ansatz (1) fur das Geschwindigkeitspotential die LaplacescheGleichung erfullt.

c) Bestimmen Sie k und D1(t), C1(t) und C2(t) aus den Randbedingungen.

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542 B Klausuraufgaben

d) Berechnen Sie die Geschwindigkeitskomponenten u und v.e) Bestimmen Sie den Druckbeiwert cp an der Korperkontur (d.h. wegen A0/L 1 an

y=0), und kommentieren Sie das Ergebnis. Erfahrt die Stromung durch die Wandeinen Widerstand in x–Richtung?

Geg.: p∞, U∞, , A0, Ω, L

Losung

a) 1.) An der Wand y ≈ 0 :

v = A0 Ωcos(Ω t) sin(

2π x

L

)+ U∞

A0

L2π sin(Ω t) cos

(2π x

L

)2.) y → ∞ : u = U∞ , v = 0

c) k = 2π/L, C1(t) = −A0 ΩL

2πcos(Ω t), C2(t) = −U∞A0 sin(Ω t), D1(t) ≡ 0

d) u = U∞ −(A0 Ω cos(Ω t) cos

(2π x

L

)+

− U∞2π A0

Lsin(Ω t) sin

(2π x

L

))e−2π y/L

v =(A0 Ω cos(Ω t) sin

(2π x

L

)+ U∞

2π A0

Lsin(Ω t) cos

(2π x

L

))e−2 π y/L

e) cp =4A0 Ω

U∞cos(Ω t) cos

(2π x

L

)+

(4π A0

L− A0 Ω2 L

π U2∞

)sin(Ω t) sin

(2π x

L

)Der erste Summand auf der rechten Seite ist zu jeder Zeit um π/2 gegenuber derWandkontur phasenverschoben und liefert daher einen Widerstand.Der zweite Summand auf der rechten Seite ist zu jeder Zeit mit der Wandkontur inPhase und liefert keinen Widerstand.

Aufgabe B-31 Tragflugel mit gegebener Quell– und Wirbel-verteilung

Auf der x–Achse ist im Intervall 0 ≤ x ≤ l die kontinuierliche Quellenverteilung

q(x) = 2U∞d

l

(1 − 2

x

l

), 0 ≤ x ≤ l

und die Wirbelverteilung

γ(x) = 2α U∞l − x√x(l− x)

, 0 ≤ x ≤ l

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543

gegeben. Durch Uberlagerung der hierdurch erzeugten Potentiale konnen die Storge-schwindigkeiten berechnet werden, die ein schlankes, ebenes, zur x–Achse symmetrischesProfil erzeugt, das unter einem Winkel α angestromt wird. Die Potentialstromung iststationar, reibungsfrei und inkompressibel. Die Profilform ±f(x) ist nicht bekannt. DasVerhaltnis d/l und der Winkel α seien so klein, daß die Theorie der Naherungslosungenfur schlanke Korper angewendet werden darf.

a) Zeigen Sie, daß das durch die gegebene Quellenverteilung erzeugte Profil ein ge-schlossener Korper ist.

b) Berechnen Sie die Profilform y = ±f(x) unter der Bedingung f(0) = f(l) = 0.Skizzieren Sie das Profil.

c) Berechnen Sie die Zirkulation des Profils. Wie groß ist der Auftrieb und der Auf-triebsbeiwert des Profils?

d) Wie lautet die Integraldarstellung des Potentials fur die Storgeschwindigkeiten?e) Berechnen Sie die Storgeschwindigkeiten u(x, 0+) auf der Oberseite und u(x, 0−) auf

der Unterseite des Profils.Hinweis:

1

l∫0

q(x′)x− x′

dx′ =1

πU∞

d

l

[2 +

(1 − 2

x

l

)ln

(x

l− x

)]

Zeigen Sie, daß die Differenz der Geschwindigkeiten u(x, 0+)− u(x, 0−) an der Hin-terkante des Profils verschwindet.

Geg.: α, U∞, l, d,

Losung

a)

l∫0

q(x′)dx′ = 0

b) y = ±d/l (x− x2/l)c) Γ = −απ U∞ l , Fa = απ U2

∞ l , ca = 2πα

d) ϕ(x, y) =1

l∫0

2U∞d

l

(1 − 2

x′

l

)ln

(x− x′)2

+ y21/2

dx′ +

− 1

l∫0

2αU∞l− x′√x′(l − x′)

arctan(

y

x− x′

)dx′

e) u(x, 0±) = 1π U∞dl

[2 +

(1 − 2

x

l

)ln

(x

l− x

)]± αU∞

l− x√x(l− x)

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544 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-32 Angestellte, ebene Platte mit Klappe

Die Skelettlinie eines Tragflugels setzt sich aus zwei Geradenstucken zusammen.

An der Stelle x = l 3/4 knickt die Klappe um den Winkel δ von dem ersten Geradenstuckab.

Der Tragflugel wird unter dem Winkel α von reibungsfreier, inkompressibler Luft an-gestromt. Die horizontale Anstromgeschwindigkeit U∞ ist gegeben.

a) Bestimmen Sie die Koeffizienten A0, A1, A2 des bekannten Ansatzes fur die Zirku-lationsverteilung γ(ϕ), mit x = l/2 (1 + cosϕ), fur die gegebene Skelettline (sieheSkizze).

b) Bestimmen Sie den Auftriebsbeiwert ca(α, δ) und den Momentenbeiwert cm(α, δ).c) Berechnen Sie den Druckpunkt xD als Funktion von δ und α.d) Fur δ = 0 sei das Flugzeug so getrimmt, daß die Gewichtskraft des Flugzeuges an

dem Punkt x = l/4 angreift.Zeigen Sie, daß die Tragflache dann bei δ/α = 1/2 rechtsherum kippt, wenn dieAuftriebskraft betragsmaßig gleich der Gewichtskraft ist.

Geg.: l, α 1, δ 1, U∞

Losung

a) A0 = α− 1

3δ , A1 = −

√3

πδ , A2 = −

√3

2πδ

b) ca = 2πα−(

2

3π +

√3)δ , cm = −π

2α+ δ

6+

5

8

√3)

c)xD

l=

1 − δ/α(1/3 + 5/4√

3/π)

4 − δ/α(4/3 + 2√

3/π)

d) xD/l = 0, 176 < 1/4 ⇒ Kippen nach rechts.

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545

Aufgabe B-33 Einlauf in ein Uberschalltriebwerk

Der Einlauf eines ebenen Uberschalltriebwerkes besteht aus einem Zentralkorper undzwei Einlauflippen. Abgebildet ist die obere Halfte des Triebwerkes.

Im folgenden soll das Triebwerk fur die Anstrommachzahl M1 = 3 (Fall A) so ausgelegtwerden, daß die vom Zentralkorper ausgehenden Stoße gerade die Spitze der Einlauf-lippe treffen und dort nicht reflektiert werden.

Der Zentralkorper besteht aus einem Keil mit dem halben Offnungswinkel β1 = 10,der sich ab dem Abstand l von der Keilspitze auf den halben Offnungswinkel β2 = 15

erweitert.

Die Einlauflippen sind unendlich dunn und vorne um den Winkel β2 abgewinkelt.

Das einstromende ideale Gas (γ = 1, 4) hat bei [1] die Temperatur T1 = 273 K und denDruck p1 = 1 bar.

a) Berechnen Sie den Uberstand x des Zentralkorpers fur den Fall A, so daß der ersteschrage Verdichtungsstoß gerade die Spitze der Einlauflippe trifft!

b) Berechnen Sie den Abstand l des Knickes von der Keilspitze, so daß auch der zweiteVerdichtungsstoß gerade die Spitze der Einlauflippe trifft.

c) Bestimmen Sie fur den Fall A den in das Triebwerk stromenden Luftmassenstrompro Tiefeneinheit m.

d) Welche Drucke p2, p3, p4 stellen sich ein?e) Berechnen Sie die Kraft pro Tiefeneinheit in Richtung von ex auf den abgeknickten

Teil der oberen Einlauflippe.f) Der Triebwerkseinlauf wird nun mit M ′

1 < M1 (Fall B) angestromt. Die Stoße treffendann nicht mehr die Einlauflippe (wie skizziert).Welche Kraft wirkt nun auf den abgeknickten Teil der Einlauflippe?

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546 B Klausuraufgaben

g) Veranschaulichen Sie mittels einer Skizze, daß der Massenstrom in das Triebwerkmaximal wird, wenn der erste schrage Verdichtungsstoß bei gleicher Machzahl M ′

1

gerade auf die Spitze der Einlauflippe trifft.

Geg.: β1 = 10, β2 = 15, H = 0, 5 m, h = 0, 4 m, M1 = 3, p1 = 1 bar, T1 = 273 K,R = 287 J/kgK, γ = 1, 4

Losung

a) x = 0, 785 mb) l = 0, 332 mc) m = 1014, 5 kg/(sm)d) p2 = 1, 991 bar, p3 = 2, 634 bar, p4 = 2, 781 bare) Fx = 1, 47 kN/mf) Fx = 0

g)

Bei der linken Position des Zentralkorpers ist der Eintrittsquerschnitt um 2∆hgroßer als bei der rechten ⇒ mlinks > mrechts.

Aufgabe B-34 Angestellte, ebene Platte in Uberschallstromung

Eine ebene Platte befindet sich in reibungsfreier, ebener, kompressibler Uberschall-stromung (M∞ > 1).

Die Platte ist gegenuber der horizontalen Anstromung um den Winkel 7 angestelltund wird mit der Machzahl M∞ = 2 stationar angestromt. An der Hinterkante derPlatte ist eine ebene, schwere Klappe uber ein Gelenk [A] befestigt. Die Klapppe istgegenuber der horizontalen Richtung um den Winkel ϕ = 2 ausgelenkt. Außer derGewichtskraft GK und den Kraften aus der Stromung wirken keine weiteren Krafte aufdie Klappe. Das Gelenk in [A] ist reibungsfrei. An der Hinterkante der Klappe bildet sicheine Kontaktunstetigkeit aus. Es wird das Gewicht pro Tiefe GK der Klappe gesucht.Die Abmessungen des Gelenkes sind zu vernachlassigen, so daß der Ubergang von derPlatte zur Klappe als eine scharfe Ecke angenommen werden kann.

Die Berechnung soll fur Luft als ideales Gas mit γ = 1, 4 durchgefuhrt werden.

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547

a) Skizzieren Sie die auftretenden Verdichtungsstoße und Expansionsfacher an der an-gestellten Platte und an der daran befestigten Klappe.

b) Berechnen Sie die Machzahlen M und die Drucke p fur die Bereiche [1] bis [4].c) Berechnen Sie das Gewicht pro Tiefe GK der Klappe uber das Momentengleichge-

wicht um den Punkt [A].d) Welche dynamische Randbedingung muß an der Kontaktunstetigkeit erfullt sein?e) Welche Wellensysteme erhalt man an der Hinterkante der Klappe? Geben Sie die

Vorgehensweise zur Berechnung des Winkels α zwischen der Kontaktunstetigkeitund der horizontalen Richtung an. Nehmen Sie zunachst einen Winkel α = 0 anund uberprufen Sie hierfur die Bedingung nach Teil d).

f) In welcher Richtung (im Uhrzeigersinn oder im Gegenuhrzeigersinn) wird der Winkelα von α = 0 abweichen?

Geg.: γ = 1, 4, L = 0, 5 m, ϕ = 2, M∞ = 2, p∞ = 0, 8 bar

Losung

a) Wellensystem

b) M1 = 2, 26 , p1 = 0, 5329 bar, M2 = 1, 75 , p2 = 1, 1884 bar, M3 = 2, 08 ,p3 = 0, 7051 bar, M4 = 1, 92 , p4 = 0, 9155 bar

c) GK = 10, 53 N/m

d) p5 = p6

e) α = 0 : p5 = 0, 7722 bar, p6 = 0, 8213 bar

f) im Gegenuhrzeigersinn

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548 B Klausuraufgaben

Aufgabe B-35 Leitradstufe eines Uberschallverdichters

Die Leitradstufe eines Uberschallverdichters wird mit der Machzahl M1 = 2 unter demWinkel α = 30 angestromt. Druck p1 und Temperatur T1 vor dem Leitrad sind bekannt.

Der Vorderkantenwinkel des Leitradprofils (Punkt [A] bzw. [E]) ist null. Die Leitrad-schaufeln sind zwischen den Strecken EF und BC als Stromlinien einer zentriertenPrandtl–Meyer–Welle ausgebildet (Zentrum der Welle in Punkt [0]), die Strecken CDund FG sind zueinander parallele Geraden.

Die Stromung wird von [1] nach [2] durch Prandtl–Meyer–Wellen umgelenkt und ver-dichtet; zwischen den Stellen [2] und [3] steht ein senkrechter Verdichtungsstoß undzwischen [3] und [4] wird die Stromung so gelenkt, daß sie in axialer Richtung ab-stromt. Stromungsmedium ist ideales Gas. Die Stromung sei isentrop bis auf die Entro-pieerhohung durch den Stoß.

a) Bestimmen Sie die Machzahl M2 nach der Prandtl–Meyer–Welle. Wie groß sind dieWinkel µ1 und µ2, die die erste bzw. letzte Machsche Welle mit der Stromungsrich-tung einschließt?

b) Bestimmen Sie Druck p2 und Temperatur T2 nach der Prandtl–Meyer–Welle. Wiegroß ist der Schaufelabstand h2?

c) Bestimmen Sie Machzahl, Druck und Temperatur hinter dem senkrechten Verdich-tungsstoß.

d) Wie groß sind Druck, Temperatur und Machzahl am Austritt des Leitrades (Stel-le [4])?

Geg.: M1 = 2, α = 30, β = 52, 822 , p1 = 2 bar, T1 = 250 K, R = 287 J/kgK, γ = 1, 4,t = 0, 15 m

Losung

a) M2 = 1, 2 , µ1 = 30 , µ2 = 56, 44

b) p2 = 6, 435 bar, T2 = 349 K, h2 = 4, 58 cmc) p3 = 9, 7655 bar, T3 = 394 K, M3 = 0, 842

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549

d) p4 = 15, 17 bar, T4 = 447 K, M4 = 0, 18

Aufgabe B-36 Grenzschicht an einer gezogenen Kunststoff-

folie

Bei der Herstellung von Kunststoff-folien wird die Folie aus einem Schlitzgepreßt und mit konstanter Geschwin-digkeit UF durch eine ruhende Flussig-keit ( , ν = const) gezogen. An derFolie haftet die Flussigkeit, so daß sievon der Folie mitgezogen wird, diesich ausbildende Grenzschicht hat da-her eine negative Verdrangungsdicke.

Der Druckgradient dp/dx kann vernachlassigt werden, da in der ruhenden Flussigkeitder Druck konstant ist.

Im folgenden soll mit Hilfe der Integralmethoden der Grenzschichtheorie naherungsweiseder Reibungsbeiwert an der Folie bestimmt werden. Die durch die Folie in Gang gesetzteStromung ist stationar und laminar.

a) Geben Sie die Randbedingungen fur die Geschwindigkeit u an.b) Fur die Geschwindigkeit wird der Ansatz

u

UF= a + b

y

δ+ c

(y

δ

)2

gemacht (δ geometrische Grenzschichtdicke). Bestimmen Sie die Konstanten a, bund c aus den Randbedingungen und aus der Forderung, daß die Schubspannungam Grenzschichtrand verschwindet.Die Impulsverlustdicke δ2 kann nach dem Mittelwertsatz der Integralrechnung alsMittelwert des Integrals

δ2 U2F =

δ∫0

(U − u)u dy

eingefuhrt werden.c) Zeigen Sie, daß mit Hilfe der Impulsverlustdicke δ2 aus der x–Komponente des Im-

pulssatzes in integraler Form fur die Grenzschicht die Impulsgleichung

dδ2dx

=τw U2

F

folgt.d) Berechnen Sie mit Hilfe des obigen Geschwindigkeitsansatzes das Verhaltnis δ2/δ.

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550 B Klausuraufgaben

e) Geben Sie den Zusammenhang zwischen der Wandschubspannung τw und der Im-pulsverlustdicke δ2 an.

f) Welche gewohnliche, lineare Differentialgleichung fur δ22 ergibt sich aus der Impuls-

gleichung nach Teil c)? Losen Sie diese Differentialgleichung, wenn fur x = 0 dieImpulsverlustdicke δ2=0 ist.

g) Bestimmen Sie den Reibungsbeiwert

cf

√UF x

ν=

τw U2

F /2

√UF x

ν

und vergleichen Sie ihn mit dem exakten Ergebnis: cf√UF x/ν = 0, 8875.

Geg.: , ν, UF

Losung

a) u(x=0, y) = 0 , u(x, y=0) = UF , u(x, y=δ) = U = 0

b) a = 1 , b = −2 , c = 1

d) δ2/δ = −1/5

e) τw =2

5

η UF

δ2

f)1

2

d

dx(δ2

2) =2

5

ν

UF, δ2 =

√4

5

νx

UF

g) cf

√UF x

ν=

√4

5= 0, 8944