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Zivilschutz-ForschungSchriftenreihe der Schutzkommission beim Bundesminister des Innern

Herausgegeben vom Bundesamt für Zivilschutz Neue Folge Band 6

Otfried Messerschmidt und Alfons Bitter

NeutronenschädenUntersuchungen zur Pathophysiologie, Diagnostik,Prophylaxe und Therapie

ISSN 0343-5164

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Herausgeber: Bundesamt für Zivilschutz,Deutschherrenstraße 93-95, 5300 Bonn 2Schriftleitung und Redaktion: Carl MaierDie Arbeit gibt die Meinung der Autoren wieder. Sie stellt keine Äußerungdes Herausgebers dar und ist auch nicht als solche auszulegen.

© by Bundesamt für Zivilschutz, Bonn 2Satz und Druck: Druckerei Günter Runge, Cloppenburg

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Inhalt

Zusammenfassung 7

Bedeutung für den Zivilschutz 8

1. Einleitung 10

2. Material und Methode 13

1. Versuchstiere 132. Bestrahlungseinrichtungen 13

2.1. Forschungsreaktor Neuherberg 132.2. Van-de-Graaf-Generator 152.3. Cäsium-Quelle und Röntgenbestrahlung 16

3. Hämatologische Untersuchungen 16

4. Klinische und Biochemische Untersuchungen 184.1. Elektrophorese 184.2. Bestimmung der Aminosäuren 184.3. Klinisch-chemische Untersuchungen 184.4. Blutgase-pH-Bestimmung 19

5. Verhaltenstest 19

6. Verwendete Chemotherapeutika 20

3. Ergebnisse 21

1. Auswirkungen verschiedener Strahlenqualitäten aufMäuse und Ratten (ohne Behandlung) 211.1. Mischfeldbestrahlungen von Mäusen 221.1.1. Letalitätsuntersuchungen 221.1.2. Hämatologische Untersuchungen 251.2. Mischfeldbestrahlungen von Ratten 281.3. 14.1 MeV-Neutronen 451.4. 3 - 8 MeV-Neutronen 481.5. Vergleichende Betrachtung

einiger hämatologischer Ergebnisse 53

2. Untersuchungen über die Wirksamkeit vonsynthetischen Alkyllysophospholipiden (ALP) zurProphylaxe und Therapie der Strahlenkrankheit 55

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2.1. Anwendung von ALP bei unbestrahlten Mäusen 572.2. Anwendung von ALP zur Prophylaxe von

Strahlenschäden 592.2.1. Überlebensraten 592.2.2. Veränderungen im Blutbild 632.2.3. Veränderungen im Serum 652.3. Anwendung von ALP zur Therapie

von Strahlenschäden 66

3. Untersuchungen zur Prophylaxe und Therapiemit weiteren Substanzen 723.1. Prophylaxe 723.2. Therapie 733.2.1. cAMP 733.2.2. Dibutyryl-Adenosin-3 :5 Monophosphat

(„dib-cAMP“) 743.2.3. Weitere Substanzen 75

4. Anwendungen von Kombinationen von Medikamenten 764.1. Behandlung von Ratten

nach Bestrahlung mit 4.2 Gy im Mischfeld 774.2. Behandlung von Mäusen nach Bestrahlung

mit 7.0 bzw. 7.2 Gy 774.3. Behandlung von Mäusen nach Bestrahlung

mit 3 - 8 MeV-Neutronen 784.4. Behandlung von Mäusen nach Gammabestrahlung 784.5. Behandlung von Mäusen nach Röntgenbestrahlung . . . . 79

4. Diskussion 80

1. Vergleich verschiedener Strahlenquellen 80

2. Therapieversuche 85

5. Literatur 91

Die Autoren 93

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Zusammenfassung

Mäuse und Ratten wurden mit verschiedenen Strahlenqualitäten bestrahlt.Dadurch ist es möglich, die Auswirkung von Ganzkörper- und Mischfeld-bestrahlung (85% Reaktorneutronen, 15% Gammastrahlung) sowie vonGanzkörperbestrahlung mit Generatorneutronen (Energie 14.1 MeV, bzw.3-8 MeV; wegen der geringen Größe des homogenen Strahlenfeldes wur-den hiermit nur Mäuse bestrahlt) mit Gamma- und mit Röntgenstrahlen zuvergleichen.

Bezüglich der Letalität sowie — mit erheblichen individuellen Schwankun-gen — der Entwicklung der Zellzahlen im peripheren Blut in den ersten 14Tagen nach Bestrahlung war die relative biologische Wirksamkeit der Be-strahlung mit Spaltneutronen und mit 3-8 MeV-Neutronen etwa doppelt sogroß wie die der Photonenbestrahlungen. Dagegen war die mittelletale Do-sis der 14.1 MeV-Neutronen bei Mäusen mit 7.0 Gy etwa der von Gamma-und Röntgenstrahlen vergleichbar. Dabei war allerdings wie bei anderenNeutronenarten eine wesentlich steilere Dosis-Effekt-Kurve zu beobachten.Die Veränderungen des Blutbildes spiegelten bei allen verwendeten Strah-lenarten in gleicher Weise die Schädigung des Gesamtorganismus wider.Nach Neutronenbestrahlung war die Serumprotein-Konzentration wesent-lich stärker und länger anhaltend erniedrigt als nach Gammabestrahlung.Als Ursache wird eine Störung der Proteinsynthese diskutiert.

Untersuchungen zur prophylaktischen Wirkung von Alkyllysophosphopli-piden zeigten, daß vor allem die Substanz mit der größten toxischen Wir-kung, das ET-18-OCH3, bei Anwendung vor Neutronen- und Gammabe-strahlung deutliche Schutzeffekte ermöglicht — auch bei Gabe 24 h vorBestrahlung. Bei Gabe nach Bestrahlung ist ET-18-OCH3 nur wirksam,wenn die Therapie bereits kurz nach Ende der Bestrahlung einsetzt. Ausdiesem Ergebnis und aus der Tatsache, daß nichttoxische Alkyllysophos-phoplipide keine therapeutische Wirkung zeigen, wird geschlossen, daßdie Hauptursache für die prophylaktische und therapeutische Wirkung desET-18-OCH3 ein reversibler toxischer Einfluß auf sich teilende Zellen ist.

Signifikante Therapieerfolge wurden auch mit cAMP und dessen Dibutyryl-derivat erzielt. Hier dürften stimulierende Einflüsse auf die Zellprolifera-tion, besonders auf die DNA-Synthese, für die Wirkung verantwortlich sein.

Durch Behandlung mit Kombinationen verschiedener Medikamente konn-te die therapeutische Wirkung der Einzelsubstanzen nicht wesentlich ge-steigert werden. Vor allem gelang es nicht, durch Chemotherapie diestrahlenbedingte Thrombopenie zu beeinflussen.

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Bedeutung für den Zivilschutz

Die Untersuchung der Wirkungen verschiedener Neutronenarten im Tier-versuch hat gezeigt, daß die ganz oder vorwiegend durch Neutronenbe-strahlung hervorgerufene Strahlenkrankheit einen ähnlichen Verlaufnimmt wie die, die von Gamma- oder Röntgenbestrahlung verursacht ist.Als Besonderheit der Neutronenbestrahlung ist die stärkere Abnahme derSerumprotein-Konzentration anzusehen; sie kann lebensbedrohliche Aus-maße erreichen.

Wegen der größeren biologischen Wirksamkeit der Neutronen führen nie-drigere Strahlendosen zu lebensbedrohlicheren Zuständen als nach Gam-mabestrahlung. Wegen der schwierigen „Physikalischen Dosimetrie“ vonNeutronen ist die „Biologische Dosimetrie“ bei mit Neutronen bestrahltenPersonen besonders wichtig. Ganzkörperbestrahlung vorausgesetzt, sollteman anhand der Lymphozytenzahlen Individuen, die mit einer geringerenDosis als 1 Gy bestrahlt wurden (bei denen keine lebensgefährliche akuteStrahlenkrankheit zu erwarten ist), von höher Bestrahlten unterscheidenkönnen. Die Gruppe der höher Bestrahlten kann jedoch allein anhand derbei ihnen nachweisbaren Lymphozytenzahlen, in exponierter unterschied-licher Strahlenbelastung, nicht weiter klassifiziert werden. Hier könnteeine Bestimmung der Retikulozytenzahl und -reifegradverteilung sowieeine Messung der Serumprotein-Konzentration zusätzliche Informationenliefern. Vor allem nach Bestrahlung mit Spaltneutronen ist zusätzlich eineMessung der neutroneninduzierten Aktivierung der Körpersubstanz mög-lich, etwa die Messung von Na-24 im Blut, kombiniert mit Bestimmungdes Gehaltes an P-32 im Haar (HANKINS, 1980).

Der chemische Strahlenschutz als prophylaktische Maßnahme bei erwar-teter Strahlenbelastung dürfte wegen der hohen Toxizität der Strahlen-schutzsubstanzen immer problematisch sein. Die hier verwendete Sub-stanz ET-18-OCH3 ist aber deswegen von Interesse, weil sie in anderemZusammenhang im klinischen Einsatz steht und Bemühungen zur besserenVerträglichkeit unternommen werden. Sie bewirkt, auch bei Gabe am Vor-tag der Bestrahlung, eine signifikante Verbesserung der Überlebensrate.

Der direkten Chemotherapie des Strahlenschadens sind naturgemäß nochengere Grenzen gesetzt. Da es sich um schwere Beeinträchtigungen vonZellen handelt, kann nur versucht werden, zelleigene Reparaturmechanis-men durch geeignete Medikamente zu unterstützen. Obwohl es möglichwar, mit zyklischen AMP-Verbindungen und ET-18-OCH3 statistisch sig-

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nifikante Behandlungserfolge zu erreichen, liegt die praktische Bedeutungeiner solchen Therapie in der Ergänzung anderer Methoden.

Hiermit ist die symptomatische Behandlung der strahlenbedingten Blutge-rinnungsstörung mit Blutersatzstoffen sowie eine Infektionensprophylaxedurch selektive Dekontamination des Darmtraktes angesprochen.

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1. Einleitung

In diesem Bericht sollen Ergebnisse zusammengefaßt werden, die in denJahren 1981—1987 bei Untersuchungen über die Wirkung von Neutronenauf den Säugetierorganismus sowie über Schutz- und Behandlungsmög-lichkeiten bei Neutronenschäden gewonnen wurden.

Die spezifischen Auswirkungen von Neutronenbestrahlungen wurden imGegensatz zu den zahlreichen Arbeiten über Schädigung und Behand-lungsmöglichkeiten bei Gamma- bzw. Röntgenbestrahlung wenig un-tersucht.

Eine kausale Behandlung der Strahlenschäden von Organismen, etwa imSinne der Applikation eines Antidots, gibt es nicht. Primärvorgänge beider Strahlenabsorption in Form von „Treffereffekten“ und der „Radio-lyse“ des Gewebewassers, wobei hochaktive Radikale gebildet werden, dieauf lebenswichtige Biomoleküle einwirken, laufen in extrem kurzen Zeitenab. Damit kann die nachträgliche Gabe eines Medikamentes zur Beeinflus-sung dieser Primärprozesse nicht mehr effektiv sein.

Anders ist es bei der prophylaktischen Gabe sogenannter „Strahlenschutz-substanzen“, das heißt von Substanzen, die schon vor der Strahleneinwir-kung gegeben, die Strahlenwirkung abschwächen. Sie sind im Augenblickder Strahlenabsorption im Gewebe präsent und entfalten eine Reihe vonWirkungsmechanismen, etwa im Sinne des Einfangens von Radikalen(sog. Scavenger-Effekt) oder anderer Mechanismen, wie Erzeugung einerHypoxie im Gewebe durch die Schutzsubstanz oder die Entstehung ge-mischter Disulfide mit Sulfhydril- oder Disulfid-Gruppen von Biomolekü-len. Es gibt noch weitere Theorien über Wirkungsmechanismen. Wahr-scheinlich spielen mehrere Vorgänge als Schutzeffekte eine Rolle. So wur-den zahlreiche Substanzen im Tierversuch auf ihren prophylaktischenSchutzeffekt überprüft und bei Bewährung auch bereits in der Klinik, d.h.in der Radiotherapie, eingesetzt. Es konnten besonders in Mäuseversu-chen, aber auch bei größeren Säugetieren, die mit letalen Ganzkörperbe-strahlungen belastet wurden, eindrucksvolle Schutzeffekte erreicht wer-den. Dosisreduktionsfaktoren von 2—3 wurden erreicht, das heißt die LD50 der bestrahlten Tiere konnte auf den zwei- bis dreifachen Wert angeho-ben werden.

Diese Wirkung ist allerdings nur dann möglich, wenn die Substanzen kur-ze Zeit vor der Bestrahlung appliziert werden. Bei Neutronenbestrahlungwerden nur Dosisreduktionsfaktoren von 1.0 bis 1.2 erreicht, so daß manhier nicht mehr von deutlichen Schutzeffekten sprechen kann.

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Viel bescheidener sind die Resultate von Bemühungen um eine Therapiemit Hilfe chemischer Substanzen nach stattgefundener Strahleneinwir-kung. Es gibt Versuche einer Behandlung der strahlengeschädigtenNukleinsäuren, z.B. in Form einer Substitution von DNA oder RNA, umzelluläre Erholungsvorgänge zu unterstützen. Die Ergebnisse dieser Unter-suchungen zeigen jedoch, daß allein durch diese Maßnahmen eine prakti-kable Therapie nicht möglich ist. So bleibt eigentlich nur der Weg, die in-direkten Folgen der Zellschäden zu behandeln, so die Auswirkungen derKnochenmarkinsuffizienz, die nach einer Ganzkörperbestrahlung höhererDosis, das klinische Bild des bestrahlten Organismus beherrscht. Sekun-däre Auswirkungen der Knochenmarksschäden sind mit Fieber einherge-hende Infektionen infolge Leukopenie bzw. Agranulozytose sowie Pete-chien und profuse Blutungen als Folge einer Thrombozytopenie. DieseSymptome können zur Todesursache werden, wenn das Ausmaß der ge-nannten Schädigungen höhere Grade erreicht. Eine Therapie dieser Se-kundärfolgen der Knochenmarksschädigung wird in einer gezielten, stän-dig durch Antibiogramme kontrollierten Antibiotikatherapie, im Infek-tionsschutz in einer strengen aseptischen Isolierung sowie in einerSubstitutionstherapie der fehlenden Blutzellen, wie Granulozyten undThrombozyten, bestehen müssen. Ultima ratio könnte, falls immunkom-patible Spender auffindbar sind, bei sehr hohen Strahlenbelastungen aucheine Knochenmarktransplantation sein.

So hoch der Stand einer Intensivtherapie für die letal bestrahlten Opfereines nuklearen Unfalls auch sein mag, so ist eine derartige Versorgungnaturgemäß nur in wenigen Spezialkliniken für eine sehr begrenzte Zahlvon Patienten möglich. Bei einer wirklichen nuklearen Katastrophe, wennes darum geht, vielleicht Hunderte von Hochbestrahlten zu behandeln, isteine derart anspruchsvolle Spezialbehandlung naturgemäß nicht denkbar.Während es bei einer mit Knochenmarktransplantationen einhergehendenIntensivtherapie heute möglich sein kann, Menschen zu retten, die mitGanzkörperbestrahlungen um 10 Gy (1000 rd) belastet wurden, würde beiden unbehandelten oder unzulänglich behandelten Opfern einer Katastro-phe die letale Dosis auf 3 bis 4 Gy (300—400 rd) absinken. In einer sol-chen Situation könnte nur ein oral zu nehmendes Chemotherapeutikumeine realistische Hilfe sein. Es müßte an die Betroffenen verteilt werdenund so wirksam sein, daß es zu einer signifikanten Verbesserung der Prog-nose der im mittelletalen Dosisbereich bestrahlten Personen führte.

Die Wirkung eines solchen Medikaments müßte entweder in einer Verbes-serung der Resistenz des Organismus gegenüber Infektionen liegen oderin einer Verminderung der Blutgerinnungsstörungen. Letzteres ließe sichwohl nur durch die Transfusion von Frischblut oder besser durch die Infu-sion angereicherter Thrombozyten erreichen, was in einer derartigen Kata-strophensituation wenig realisierbar erscheint. Demnach muß wohl der

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Weg einer „Massentherapie“ in der Anwendung von Antibiotika oder vonSubstanzen liegen, die durch Stimulierung auf zellulärer Ebene den be-strahlungsbedingten Zustand von Agranulozytose und Thrombozytopeniemildern können.

Als Stoffgruppe mit großer Variablität sind seit längerem Ätherlipide be-kannt. Einige Vertreter dieser Substanzklasse bewirken bei bestrahlungs-bedingten Leukopenien und Thrombozytopenien von TumorpatientenSchutzeffekte. Bei den in diesem Bericht geschilderten Untersuchungenüber Behandlungsmöglichkeiten der akuten Strahlenkrankheit wurdenmehrere Vertreter dieser Substanzklasse, z.T. in Kombination mit anderenStoffen, auf ihre prophylaktische und therapeutische Wirkung auf ganz-körperbestrahlte Mäuse untersucht.

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2. Material und Methode

1. Versuchstiere

Es wurden weibliche NMRI-Mäuse (Herkunft: Medizinische Versuchs-tierzuchten S. Ivanovas, Kisslegg/Allgäu), Alter 8—10 Wochen, verwendet.Je fünf Tiere wurden in einem Käfig aus Makroion® mit Hobelspänen alsEinstreu gehalten. Weiterhin wurden weibliche Sprague-Dawley/SIV-Ratten von 200-250 g, bzw. weibliche Wistar-WU-Ratten von 300 g (Her-kunft: Medizinische Versuchstierzuchten S. Ivanovas Kisslegg/Allgäu) ein-gesetzt. Je zwei Ratten wurden in einem Käfig gehalten.

Die Tiere erhielten Standardfutter (Altromin® 1324) und Leitungswasserad libitum. Durch eine Klimaanlage wurde im Versuchsstall eine Tempera-tur von ca. 22° C und eine Luftfeuchtigkeit von ca. 55% aufrechterhalten.Die Tiere wurden zweimal wöchentlich in frische Käfige umgesetzt; dasTrinkwasser wurde dreimal wöchentlich erneuert.

2. Bestrahlungseinrichtungen

2.1. Forschungsreaktor Neuherberg

Im Trockenbestrahlungsraum des Forschungsreaktors vom Typ TRIGAMark III der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung mbH, Neu-herberg, wurden Gamma- und Mischfeldbestrahlungen durchgeführt. DerTrockenbestrahlungsraum mit einer Wandung aus ca. 3 m boriertem Betonbesitzt ein Volumen von ca. 30 m3.

Die Klimatisierung des Raums war so eingestellt, daß die Temperatur nie-mals über 30° C ansteigen konnte. In den Bestrahlungsraum ragt eine Aus-buchtung der Aluminiumauskleidung des Reaktorbeckens. Zur Bestrah-lung wurde der Reaktorkern in diese Ausbuchtung gefahren, so daß dasZentrum des Kernes 30 cm von der Ausbuchtung (16 mm Aluminium) ent-fernt war. Vor der Gammabestrahlung wurde der Reaktor mit einer ent-sprechenden Leistung in einer Position in der Mitte des Reaktorbeckensmit 1 MW Leistung betrieben und nach einer vorausberechneten Zeit —abhängig von der gewünschten Gammadosis — abgeschaltet. Sodann ließman die Kernreaktion abklingen (ca. 20 Minuten), bis mit Sicherheit keineNeutronen mehr aus dem Kern emittiert wurden. Der Bestrahlungskäfigwurde in die richtige Position im Trockenbestrahlungsraum gebracht, dieStrahlenschutztüre geschlossen und der Reaktorkern in die Bestrahlungs-

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Position gefahren. Dabei setzte die Gammabestrahlung ein. Die Dosiswurde durch eine Impulsanzeige überwacht. Die gewünschte Dosis wirdjeweils vorher in Impulse pro Zeiteinheit umgerechnet. Dazu wurde eineIonisationskammer (Typ KG 31, Firma Hartmann und Braun) im Zentrumdes Bestrahlungskäfigs untergebracht. Zusätzlich dazu wurden FRICKE-Dosimeter verwendet, die vorher an einer Co60-Quelle überprüft wordenwaren.

Für Mischfeldbestrahlungen wurde der Reaktor, je nach den Versuchsbe-dingungen, mit einer Leistung von 1—10,5 kW gefahren. In diesem Zustandwurde der Reaktorkern in die Bestrahlungsposition in der Ausbuchtungdes Reaktorbeckens gebracht. Beim Erreichen der gewünschten Dosiswurde die Kernreaktion beendet und der Reaktorkern aus der Bestrah-lungsposition entfernt.

Das Mischfeld aus Neutronen- und Gammastrahlung, das auf diese Weiseim Trockenbestrahlungsraum wirksam wurde, enthielt einen hohen Anteilan Gammastrahlung. Für die neutronenbiologischen Untersuchungen wur-de daher als Absorber des Gammaanteils eine 10 cm dicke mobile Wandaus antimonfreiem Blei installiert. Das Mischfeld, in dem die Versuchstie-re beim oben geschilderten Reaktorbetrieb bestrahlt wurden, enthielt hin-ter der Bleiwand einen Neutronenanteil van ca. 85—90%. Zur Ermittlungder Neutronen- und Gamma-Dosiskomponenten in gemischten Strahlen-feldern wurde das sogenannte Zwei-Ionisationskammer-Verfahren verwen-det, bei dem für die beiden Ionisationskammern das Verhältnis vonNeutronen- zu Gammaempfindlichkeit möglichst unterschiedlich sein soll-te. Für diese Messungen wurden folgende Ionisationskammern eingesetzt:

1. Gewebeäquivalente Ionisationskammer (TE-Kammer), Volumen1 cm3, Typ IC-17A, Firma EG & G, gefüllt mit gewebeäquiva-lentem Gas (TE-Gas); Empfindlichkeit für Neutronen- undGammastrahlen ungefähr gleich.

2. Magnesiumkammer (Mg-Kammer), Volumen 0,5 cm3, FirmaPhysical Sciences Laboratory, Illinois, gefüllt mit Argon; geringeEmpfindlichkeit für Neutronen.

3. Graphitkammer, Volumen 2 cm3, gefüllt mit CO2 , Typ IC-17G,Firma EG & G.

Diese Kammer wurde anstelle der Mg-Kammer zu Kontrollmessungeneingesetzt, um die Überempfindlichkeit der Mg-Kammer für niederener-getische Gammastrahlung zu korrigieren.

Die Gamma-Strahlenempfindlichkeit der TE- bzw. der Mg-Kammer wur-de an einer von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweigkalibrierten Cs-137-Quelle bestimmt. Die relative Neutronenempfindlich-keit der TE-Kammer wurde unter Berücksichtigung der chemischen Zu-sammensetzung des TE-Materials der Kammer und unter Zugrundelegung

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des Neutronenspektrums des FRN nach dem Bragg-Gray-Theorem berech-net und ergab sich zu 1.001 ± 0.07.

Die relative Neutronenempfindlichkeit der Magnesiumkammer wurdeeiner Arbeit von KUCHNIR et al. entnommen, die diesen Koeffizientenfür eine mit Argon gefüllte Mg-Kammer mit dem gleichen Volumen fürverschiedene Neutronenenergien bestimmt haben. Es ergibt sich zu:0.032 ± 0.0032.

Entsprechend den auf einem Kreisbogen liegenden Isodosen der vomReaktorkern abgegebenen Strahlung waren bei den Mischfeld- und Gam-mabestrahlungen im Trockenbestrahlungsraum die Mäuse und Ratten inBestrahlungskäfigen aus Plexiglas halbkreisförmig angeordnet. Der Ab-stand Reaktorkern — Käfigmitte wurde in Abstimmung mit der entspre-chenden Dosimetrie definiert.

2.2. Van-de-Graaf-Generator

Am 3 MV van-de-Graaf-Generator K 3000 (Firma High Voltage) derphysikalisch-technische Abteilung der Gesellschaft für Strahlen- und Um-weltforschung, Neuherberg, wurden Tritiumtargets bzw. Berylliumtargetsals Neutronenquelle benutzt. Beim Tritiumtarget wurden Deuteronen be-schleunigt (Beschleunigerspannung 0.9 MV) und auf das Target (FirmaNukem, Hanau; Tritiumgehalt der Targetscheibe ca. 155 Ci/cm2) gelenkt,wo bei der Kernreaktion 3H(d, n)4He Neutronen einer Energie von 14.1MeV freigesetzt wurden.

Der Bestrahlungskäfig bestand aus 15 rotationssymmetrisch angeordnetenPlexiglasbehältern zur Aufnahme der Mäuse. Ein 16. Behälter enthielt Ak-tivierungssonden. Der Käfig wurde mit einer Umdrehung pro Minute umeine zentrale Achse gedreht, um eine homogene Bestrahlung der Mäusesicherzustellen. Der Abstand zum Target betrug 15 cm. So wurde eine Do-sisleistung von 6—9 cGy/min bei neuwertigem, bzw. ca. 4 cGy/min beiverbrauchtem Target erzielt. Zur Dosimetrie wurden Aktivierungssonden(Reaktionen: 27A1(n, p)27Mg und 63Cu(n, 2n)62Cu) in den Bestrahlungs-käfig eingesetzt, mit denen die Neutronenflußdichte bestimmt wurde. AlsMonitor zur Überwachung der Bestrahlung und zum Abschalten desStrahls beim Erreichen der gewünschten Dosis diente eine TE-Kammerder Firma EG & G.

Das wassergekühlte Berylliumtarget bestand aus einer 0.5 mm dicken Be-rylliummetallplatte, die mit Deuteronen einer Energie von 2.8 MeV be-schossen wurde. Dabei entstanden auf Grund der Kernreaktion 9Be(d,n)10B Neutronen, deren Energieverteilung im Bereich zwischen 3 und 8MeV liegt. Der mittlere Abstand des Targets zum Bestrahlungskäfig betrug13 cm. Bei einem Deuteronenstrahlstrom von 60 μΑ ergab sich eine Dosis-

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leistung von 7—8 cGy/min am Ort der Käfige. Die Dosisbestimmung er-folgte durch Messung der Neutronenfluenz im Bestrahlungskäfig mittelsAktivierung von Aluminum gemäß der Kernreaktion 27A1(n, P)27Mg.

2.3. Cäsium-Quelle und Röntgenbestrahlung

Gammabestrahlungen erfolgten in einer Kammerbestrahlungsanlage derHWM-D 2000 der Firma Wälischmiller, Meersburg, durch doppelseitigeCs-137-Quellen. Die Dosisleistung in der Kammer betrug dabei ca. 1Gy/min (1983: 1.035 Gy/min).

Für die Röntgenbestrahlungen wurde zunächst eine Röntgenapparatur vomTyp MG 300 der Firma CH.F. Müller, Hamburg, verwendet. Die Röhren-spannung betrug bei den Bestrahlungen 250 kV, der Röhrenstrom 12 mA.Der Fokus-Objekt-Abstand wurde je nach gewünschter Dosisleistung vari-iert. Bei den meisten Mäusebestrahlungen wurde ein Abstand von 40 cmverwendet; die Halbwertdicke betrug dann 1.9 mm Cu. Meist befandensich 5 Mäuse pro Bestrahlung in einem flachen Plexiglasbehälter, in des-sen Mitte eine durch ein Plastikrohr geschützte Ionisationskammer ange-bracht war, verbunden mit einem Duplex-Dosimeter der Firma P.T.W.Pychlau, Freiburg. Damit wurde die Dosisleistung während der Bestrah-lung ständig kontrolliert. Später wurden Bestrahlungen mit einer Röntgen-apparatur vom Typ Isovolt 320 der Firma R. Seifert u. Co, Ahrensburg,durchgeführt. Die Röhrenspannung betrug 280 kV, der Röhrenstrom 12mA, die Filterung 1 mm Cu/1 mm Al. Bei einem Fokus-Tier-Abstand von68 cm befanden sich je 2 Ratten pro Bestrahlung in einem Plexiglasdoppel-käfig, in dessen Zentrum eine Ionisationskammer, verbunden mit demoben erwähnten Duplexdosimeter, angebracht war.

3. Hämatologische Untersuchungen

Die Blutzellenkonzentrationen im peripheren Blut wurden zunächst miteinem Coulter-Counter (Modell FN, Coulter Electronics LTD, DunstableBeds-England) bestimmt. Die Bestimmung der Thrombozyten erfolgtenach der Methode von FEISSLY und LÜDIN. Später wurden die Konzen-trationen der Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten mit einemCell-Counter 134 der Firma Analys Instrument AB, Stockholm, bestimmt.Zur Retikulozytenzählung wurden Proberöhrchen der Firma KABE La-bortechnik GmbH im Verhältnis 1:1 mit ungerinnbar gemachtem Venen-blut beschickt. Nach mikroskopischer Ermittlung des Verhältnisses Ery-throzyten.Retikulozyten wurde mit Hilfe der erfaßten Erythrozytenkon-zentrationen die Absolutzahl der Retikulozyten berechnet.

Später wurde zur Retikulozyten-Bestimmung mit EDTA ungerinnbar ge-machtes Vollblut im Verhältnis 1:1 mit Brecher's New Methylenblue

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(Muto Chemicals Ltd.) gemischt und 30 min bei Zimmertemperatur inku-biert. Diese Mischung wurde maschinell auf 5 Objektträger pro Blutprobeausgestrichen. Die getrockneten Ausstriche wurden 20 s fixiert (Fixierlö-sung: 40% Citratpuffer und 60% Aceton) und 20 s in destilliertem Wassergespült. Nach erneutem Trocknen wurden die Ausstriche automatisch inWRIGHT's Eosin-Methylenblau-Lösung (Muto Chemicals Ltd.) gefärbtund zwar 2 min in der konzentrierten, 6 min in der 1:10 verdünnten(Phosphatpuffer, pH 7) Färbelösung. Anschließend wurde 1 min in destil-liertem Wasser gespült und dann getrocknet.

Die so gefärbten Objektträger wurden im Cell-analyser Microx 70 durchelektronische Bildanalyse des mit einer Fernsehkamera aufgenommenenmikroskopischen Bildes automatisch ausgewertet. Retikulozyten erschei-nen neben den Erythrozyten als rote Zellen, die ein blaugefärbtes, z.T. mitGranula besetztes Netzwerk (= ausgefällte Ribosomen) aufweisen. DieSoftware, die dem Gerät die Identifizierung von Retikulozyten ermöglicht,wurde auf die besonderen optischen Merkmale der Ausstriche von Mäuse-blut umprogrammiert, um Fehlentscheidungen des Gerätes auf ein Mini-mum zu reduzieren, bzw. den Analysestandard des Gerätes der Beurtei-lung der Proben durch einen erfahrenen menschlichen Beobachter anzu-gleichen. Zur Ermittlung des Verhältnisses Erythrozyten/Retikulozytenwurden auf 5 Objektträgern pro Blutprobe je zweimal 5000 Zellen erfaßt,so daß der Wert für den prozentualen Anteil der Retikulozyten jeder Blut-probe auf der optischen Beurteilung von 50000 Zellen beruht. Bei un-wahrscheinlich anmutenden Ergebnissen einzelner Objektträger kann diekorrekte Arbeitsweise des Gerätes nachträglich überprüft werden: Der be-treffende Ausstrich wird im halbautomatischen Betrieb des Microx 70durch eine erfahrene Fachkraft beurteilt.

In Blutausstrichen wurden nach der kombinierten May-Grünwald-Giemsa-Technik nach Pappenheim jeweils 100 Zellen differenziert. Mit Hilfe derrelativen Zahlen im Differentialblutbild wurden die absoluten Zahlen promm3 Blut errechnet.

Nach Färbung der Ausstriche mit WRIGHT'S Eosin-Methylenblau-Lö-sung wurde später die Leukozyten-Differenzierung am Cell AnalyserMicrox 70 Animal automatisch durchgeführt. Das Gerät sucht die Ausstri-che selbsttätig nach Leukozyten ab. Ein elektronisches Bildanalyseverfah-ren digitalisiert alle optisch aufgefundenen Einzelheiten des von einerFernsehkamera aufgenommenen mikroskopischen Bildes des Leukozyten.Die so gewonnen Daten werden mit elektronisch gespeicherten Daten ver-glichen, die die Morphologie (Größe, Kern-Plasma-Relation, Kernformund -Struktur, Plasmafarbe und -granulierung) aller Arten von Leukozytenbeschreiben. Dabei verfugt das Gerät über spezies-spezifische Program-me, u.a. auch für Mäuse. Der Analysestandard ist der Beurteilung durcheinen erfahrenen menschlichen Beobachter angeglichen und kann für je-

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den Objektträger — auch nachträglich — überprüft werden. Bilder vonnicht sicher erkannten Zellen werden auf Videoband gespeichert und kön-nen nachträglich von einem Mitarbeiter bestimmt werden. Für jede Blut-probe wurden auf je 3 Objektträgern 2 χ 200 Zellen differenziert, so daßdas Ergebnis normalerweise auf der Auswertung von 1200 Leukozyten be-ruht. Zu bestimmten Tagen nach Bestrahlung konnten jedoch nur 100—150Zellen in den 3 Ausstrichen gefunden und identifiziert werden.

4. Klinische und Biochemische Untersuchungen

4.1. Elektrophorese

Die elektrophoretische Auftrennung der Serumproteine wurde auf Cellu-loseacetatfolien in einer Mikrozonkammer der Firma Beckman durchge-führt. Bei konstanter Spannung von 250 V dauerte die Trennzeit 25 Minu-ten. Der verwendete Veronal/Veronal-Ba-Puffer hatte einen pH von 8.6und eine Ionenstärke von 0.1. Die Proteinfärbung erfolgte mit Amido-schwarz 10 B. Als Transparenzflüssigkeit wurde ein Gemisch Dioxan-Isobutanol 7:3 verwendet. Die transparenten Elektropherogramme wur-den mit Hilfe eines ZEISS-Integralschreibers ausgewertet. Die erhaltenenIntegralkurven wurden ausgemessen, die Werte spiegeln das relative Ver-hältnis der aufgetrennten Proteine wieder.

4.2. Bestimmung der Aminosäuren

Mit Sulfosalicylsäure enteiweißtes Rattenserum wurde mit Hilfe des Ami-nosäureanalysators LC 6000 der Firma Biotronik untersucht. Die sauren,neutralen und basischen Aminosäuren wurden dabei über Ionenaustausch-erchromatographie durch Lithiumeitratpuffer mit einem pH-Gradientenvon 2.68 bis 4.56 und steigender Temperatur getrennt. In folgender Rei-henfolge wurden die freien Aminosäuren aus der Säule eluiert und an-schließend mittels der Ninhydrinreaktion bei 470 und 570 nm photome-trisch vermessen: Cysteinsäure, Taurin, Harnstoff, Asparaginsäure, Thre-onin, Serin, Glutaminsäure, Glycin, Alanin, Aminobuttersäure, Valin,Cystin, Methionin, Isoleucin, Leucin, Tyrosin, Phenylalanin, β-Amino-buttersäure, Ammoniak, Ornithin, Lysin, 1-Methylhistidin, Histidin,3-Methylhistidin und Arginin.

4.3. Klinisch-chemische Untersuchungen

Folgende Parameter des Rattenserums wurden im Bundeswehrkranken-haus München mit Routinemethoden bestimmt:

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Glutamat-Oxalacetat-Transaminase, Glutamat-Pyruvat-Transaminase,Cholinesterase, Harnsäure, Harnstoff-N, Kreatinin, Gesamteiweiß, Ge-samtbilirubin, Cholesterin, Calcium, Kalium, Natrium.

Mit Merckotest-Reagentiensätzen wurden folgende Parameter des Mäuse-serums bestimmt:

Gesamtproteine, Laktatdehydrogenase, Cholinesterase, Alkalische Phos-phatase, Kreatinin.

4.4. Blutgase-pH-Bestimmung

Für die Charakterisierung des Säure-Basen-Haushaltes wurden den Rattenca. 0.2 ml Kapillarblut aus dem Schwanz entnommen. Die Bestimmungenvon pO2, pH und pCO2, des Standard- Bicarbonats (HCO3-) und des Ba-senüberschusses (BE) wurden sofort nach Blutentnahme an einem Combi-Analysator MT3-R der Firma Eschweiler und Co, Kiel, durchgeführt.

5. Verhaltenstest

Die Verbesserung der Überlebensrate gilt als Hauptkriterium für einenTherapieerfolg. Um bei denjenigen Tieren, die zur Überprüfung der Leta-lität eingesetzt waren und an denen keine Eingriffe, wie Blutentnahmendurchgeführt werden sollten, dennoch Hinweise über den zeitlichen Ver-lauf der Strahlenkrankheit zu erhalten, wurde neben der täglichen Ge-wichtskontrolle ein einfacher Verhaltenstest durchgeführt. Er beruht aufder „Erkundungsfreudigkeit“ gesunder Mäuse, die sich z.B. darin äußert,daß Mäuse in einem nicht abgedeckten Käfigbecken versuchen, die Wändezu erklettern und von der Oberkante des Beckens mit einer gewissen Vor-sicht in die Umgebung vorzudringen. Dazu gehören psychische (Initiative,Neugier) und physische (Kraftaufwendung) Fähigkeiten. Eine krankeMaus wird eher teilnahmslos sitzen bleiben oder sich im Spreu verkrie-chen. Für jeden Versuch wurden vier Käfigbecken aneinander gestellt. Imersten Käfig befanden sich jeweils fünf individuell markierte Mäuse. In-nerhalb des Beobachtungszeitraums von fünf Minuten konnten die Mäusedurch Erklettern der 13 cm hohen Wände in die anderen Behälter gelan-gen. Das Erklettern wurde in einer Richtung durch je eine 2,8 cm hoheKorkscheibe im L, 2. und 3. Behälter erleichtert. Die Häufigkeit derWechsel zwischen den Behältern pro Tier und Minute wurde aufgezeich-net. So kamen quantitative Angaben zustande, die in etwa die Vitalität derTiere widerspiegeln. Durch 3—4 Versuche vor der Bestrahlung und Be-handlung wurden die Tiere an diese Möglichkeit des Auslaufs gewöhnt.

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6. Verwendete Chemotherapeutika

Folgende Substanzen wurden zur Behandlung der Tiere eingesetzt. Die imText verwendeten Kurzbezeichnungen sind vorangestellt,

ALP 1: ET-I8-OCH3, l-Octadecyl^-methyl-glycero-S-Phosphocho-lin (Firma medmark, München)

ALP 2: l-hexadecylmercapto-2-methoxymethyl-3propylphosphor-säure-monocholinester (BM 41440; Firma Boehringer,Mannheim)

ALP 3: l-palmitoyl-sn-glycero-S-phosphocholin (Firma medmark)ALP 4: l-palmitoyl-sn-glycero-3-phospho (N'N'-dimethyl)-etha-

nol-aminin (Firma medmark, München)ALP 5: Substanz 1416 der Firma medmarkALP 6: Substanz 1424 der Firma medmarkdib-cAMP 2 '-O-Dibutyryl-adenosin-3'5'-monophosphat, cyclisch (Fir-

ma Boehringer, Mannheim)cAMP Adenosin-3'5'-monophosphorsäure, cyclisch (Firma Merck,

Darmstadt)ATP Adenosin-5'-triphosphat (Firma Boehringer, Mannheim)Azimexon® (BM 12.521) (Firma Boehringer, Mannheim)Ca2+ Calcium-Sandoz, 10%-Injektionslösung (Firma Sandoz,

Nürnberg)„Dex-WR“ Addukt von WR 2721 an Dextran mit einem WR-2721-Gehalt

von 28% und einer Molekularmasse von 50000 (Herkunft:Dipl. Chem. H. Sedlmeier, Laboratorium für experimentel-le Radiologie, München)

Glukose (Firma Merck, Darmstadt)Legalon® Firma MADAUS, KölnVitaminB12 (Firma Merck, Darmstadt)NeyTumorin®Revit-Organdilution Nr. 29 f+k, Stärke III, (Firma Vit-

Organ, Ostfildern-Ruit)Silymarin Dinatrium-silibinin-hemisuccinat (Firma MADAUS, Köln).

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3. Ergebnisse

1. Auswirkungen verschiedener Strahlenqualitätenauf Mäuse und Ratten (ohne Behandlung)

Bis zum Ende des Jahres 1982 konnten Neutronenbestrahlungen mit einemGammaanteil von ca. 10% = Mischfeld und Gammabestrahlungen amForschungsreaktor Neuherberg durchgeführt werden. Nach der Schlies-sung dieser Einrichtung wurden Neutronenbestrahlungen am Beschleuni-ger durchgeführt. Dabei wurden zunächst Tritiumtargets verwendet.Nachdem deren Produktion eingestellt war, kamen Berylliumtargets zumEinsatz. Statt der Reaktorgammastrahlung wurde ab 1983 eine Cäsium-quelle, bzw. eine Röntgenbestrahlungsanlage zu Vergleichszwecken ver-wendet.

In Zusammenhang mit den Therapieversuchen wurden auf diese Weise un-ter den verschiedenen Bestrahlungsbedingungen Daten über die Strahlen-letalität von Mäusen und Ratten sowie über die strahlenbedingten Verände-rungen in der Konzentration von Zellen, Enzymen und Metaboliten desperipheren Blutes gewonnen, die in diesem Abschnitt isoliert zusammen-gestellt werden sollen. Aus diesen Daten ergeben sich einige Hinweise aufdie unterschiedliche Schädigung des Organismus durch verschiedeneStrahlenqualitäten. Besonders wurde die Frage untersucht, ob aus der Ver-änderung einiger Bestandteile des peripheren Blutes auf die Prognose desvon der Strahlung betroffenen Individuums geschlossen werden kann; dieFrage also nach der Möglichkeit einer „Biologischen Dosimetrie“. Dabeiist natürlich zu prüfen, ob eine solche Aussage unabhängig von der Strah-lenqualität getroffen werden kann, oder ob beispielsweise die Konzentra-tion der Lymphozyten im peripheren Blut durch Neutronenbestrahlung an-ders beeinflußt wird als durch Gammabestrahlung. Dabei werden Strah-lendosen verglichen, die die gleiche Letalität bewirken.

In Tabelle 1 sind Letalitätswerte von gleichaltrigen Mäusen unter verschie-denen Bestrahlungsbedingungen zusammengestellt.

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Tabelle 1: Mittlere letale Strahlendosis von 10 Wochen alten weiblichenNMRI-Mäusen unter verschiedenen Bestrahlungsbedingungen. Berech-nung mit Hilfe der Probitanalyse; zur Problematik der Rechenwerte vgl.S. 82 f.

LL Mischfeldbestrahlungen von Mäusen

1.1.1. Letalitätsuntersuchungen

Beim größten Teil der Bestrahlungsversuche im Mischfeld wurde derReaktor mit einer Leistung von 10 KW betrieben. Wie aus Tabelle 1 her-vorgeht, weisen die LD50/30 bei den einzelnen Versuchen auch bei annä-hernd gleicher Dosisleistung Differenzen von etwa 10% auf, was auf phy-siologische Schwankungen beim Tiermaterial zurückgeführt werden muß.Ähnliche Resultate ergeben sich für die mittlere Letalität nach Gammabe-strahlung. Im Mittel betrug die LD50/30 nach Mischfeldbestrahlung (Do-sisleistung ca. 0.6 Gy/min) 3.2 Gy, nach Gammabestrahlung (Dosislei-stung 1 — 1.5 Gy/min) 6.4 Gy.

Für vergleichende Untersuchungen konnte also davon ausgegangen wer-den, daß die biologische Wirksamkeit der Mischfeldbestrahlung durchden Anteil von ca. 85% Reaktorneutronen etwa doppelt so groß ist wiedie der Gammabestrahlung.

Aus Tabelle 1 geht auch hervor, daß der Einfluß der Dosisleistung auf dieLD50/30 der Mäuse relativ gering war. Eine Variation der Dosisleistungum den Faktor 10 bei Gammabestrahlung sowie um den Faktor 10 — 100

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bei Mischfeldbestrahlung veränderte die LD50/30 nicht stärker, als diesaufgrund der biologischen Variabilität zwischen Mäusekollektiven, diemit gleicher Dosisleistung bestrahlt wurden, auch vorkommen kann.

Allerdings führte bei 7 von 8 Bestrahlungsversuchen eine Absenkung derDosisleistung auch zu einem Absinken der Sterberate, ein Anzeichen da-für, daß die LD50/30 nur bei Mitberücksichtigung der Dosisleistung einKriterium für die Beurteilung von Letalitätsversuchen ist.

Dabei waren die Mäuse in 16 Bestrahlungsgruppen mit je 25 Tieren ein-geteilt. 8 dieser Gruppen wurden im Mischfeld bestrahlt, und zwar miteiner Dosis von 2.5, 2.9, 3.3 und 3.7 Gy und Dosisleistungen von 0.05± 0.002 bzw. 0.56 ± 0.08 Gy/min. Der Gammaanteil an der Gesamtdo-sis betrug durchschnittlich 15%. Die anderen 8 Gruppen wurden mit 5.8,6.6, 7.4 und 8.2 Gy Gammastrahlen bei Dosisleistungen von 0.17 ± 0.01bzw. 1.6 ± 0.1 Gy/min belastet.

In Tabelle 2 sind die Ergebnisse dargestellt.

Tabelle 2: Letalität in Kollektiven von je 25 Mäusen (mit Prozentangaben)nach Bestrahlung mit verschiedenen Strahlenqualitäten, -dosen und-dosisleistungen

Obwohl es bei zwei der im Mischfeld bestrahlten Gruppen durch die Pro-trahierung der Dosisleistung zu einer Verminderung der Letalität um 36%,bzw. 60% kam, wurde die LD50/30 nur um den Faktor 1.14 bzw. 12% mo-difiziert: Die durch Probitanalyse ermittelte LD50/30 betrug

für Mischfeldbestrahlung 3.36 Gy bei niedriger Dosisleistung2.95 Gy bei hoher Dosisleistung,

für Gammabestrahlung 6.57 Gy bei niedriger Dosisleistung6.20 Gy bei hoher Dosisleistung.

Der Dosismodifikationsfaktor für Gammastrahlen beträgt 1.06. Auffälligerist dagegen ein Einfluß auf die zeitliche Verteilung der Letalität nach

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Mischfeldbestrahlung, die in Abb. 1 dargestellt ist. Er zeigt sich, daß beihoher Dosisleistung der Tod häufiger in den ersten Tagen nach der Be-strahlung eintritt, während bei niedriger Dosisleistung sich die Todesfallehauptsächlich zwischen dem 13. und 23. Tag p.r. ereigneten.

Besonders auffällig sind die Verhältnisse bei der höchsten Mischfelddosis(3.70 Gy). Hier haben sich bei der höheren Dosisleistung alle Todesfällebis zum 10. Tag nach Bestrahlung ereignet, während sie bei der Gruppemit niedriger Dosisleistung gleichmäßiger (vom 6.-27. Tag p.r.) über denUntersuchungszeitraum verteilt sind. Da der schnell zum Tode führendeVerlauf der Strahlenkrankheit ein deutliches Anzeichen für starke Bela-stung ist, kann geschlossen werden, daß die protrahierte Bestrahlung einenmilderen Verlauf der Strahlenkrankheit mit sich bringt und so bessereAussicht für Behandlungsversuche hat.

Parallel zu den Letalitäts-Untersuchungen wurden die Harnsäure-Konzen-trationen im Serum von gleichbehandelten bestrahlten Mäusen ermittelt.Die Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Aus ihnen geht hervor,daß die Harnsäurekonzentration bei relativ starken Schwankungen nachGammabestrahlung kaum von den Werten unbehandelter Kontrolltiere(1.34 + 0.48 mg Harnsäure/100 ml Serum) abwich. Nach Bestrahlung mithöheren Mischfelddosen war jedoch ein drastischer Anstieg der Harn-säure-Konzentration auf etwa das Vierfache des Normalwertes festzustel-len. Somit läßt sich eine Korrelation zwischen Letalität und Harnsäure-Konzentration nach Gammabestrahlung nicht herstellen. Dagegen scheint,daß der Harnsäure-Spiegel als Indikator für das Ausmaß von Strahlenschä-den durch Neutronendosen ab etwa 3.0 Gy herangezogen werden kann.

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Tabelle 3: Harnsäure-Konzentrationen im Serum der Mäuse (NMRI,weibl., 8 Wochen), 2 Tage nach Neutronen- bzw. Gammabestrahlung beiunterschiedlicher Dosis und Dosisleistung (Angaben in mg Harnsäure/100ml Serum, Mittelwerte aus je 5 Tieren). Der Kontroll wert betrug 1.34 ±0.48 mg/100 ml Serum.

In Abb. 2 ist die Gewichtsveränderung von Mäusen nach Mischfeldbe-strahlung mit 3.5 Gy, bzw. nach Gammabestrahlung mit 7.0 Gy dargestellt.Die Mischfeldbestrahlung bewirkt in den ersten Tagen nach Bestrahlungeine stärkere Gewichtsabnahme, obwohl hier keine Todesfälle auftraten.

LL 2. Hämatologische Untersuchungen

Um die Auswirkung der Mischfeldbestrahlung auf das periphere Blutbildzu untersuchen, wurde jeweils 126 Mäusen nach Bestrahlung mit Dosenvon 2.5 Gy Mischfeld-, bzw. 5.0 Gy Gammabestrahlung und je 60 Mäusennach Bestrahlung mit 3.5 Gy Mischfeld- bzw. 7.0 Gy GammastrahlungBlut entnommen. Die Blutentnahmen erfolgten zu verschiedenen Zeitennach Bestrahlung. Ein Vergleich der Auswirkungen verschiedener Strah-lenqualitäten und -dosen ist in Tabelle 4 dargestellt.

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Zur vergleichenden Untersuchung der Veränderung der Retikulozytennach Bestrahlung wurden 168 Mäuse in vier Gruppen eingeteilt: DieGruppen 1 und 2 wurden im Reaktormischfeld mit einer Dosis von 2.5 Gyund Dosisleistungen von 50 bzw. 5 cGy/min bestrahlt. Die beiden anderenGruppen erhielten 5.0 Gy Gammastrahlen bei Dosisleistungen von 100bzw. 10 cGy/min. Sieben unbehandelte Tiere wurden zur Bestimmung desKontrollwertes verwendet.

Abb. 3 zeigt die Abnahme der Retikulozytenzahlen im peripheren Blutnach den verschiedenen Bestrahlungen, geplottet nach der „nth-Order-Regression“ (2nd Order). Der Kontrollwert mit Standardabweichung istmit geraden Linien dargestellt.

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Tabelle 4: Zellzahlen im peripheren Blut von Mäusen nach Bestrahlung;Leu= Gesamtleukozyten, Normwert: 8309 ± 1854Lym= Lymphozyten, Normwert: 6111 ± 1238Gra= Granulozyten, Normwert: 1866 ± 328Mon= Monozyten, Normwert: 332 ± 91Thr= Thrombozyten x 103, Normwert: 963 ± 199Zeit nach Bestrahlung

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O 3 6 9 12 dpr

Abb. 3: Änderung der Retikulozytenzahl bei Mäusen nach Bestrahlung, geplottet nach der2nd Order Regression

Unmittelbar nach der Bestrahlung kam es zu einer raschen Retikulozyto-penie, die am 5. Tag nach der Bestrahlung ihr Minimum erreichte unddann zu einer deutlichen Erholungsphase überging. Nach etwa 14 Tagenwurde der Normalwert erreicht. Bei Neutronenbestrahlung war die Ver-minderung der Retikulozytenzahl gravierender als bei Gammabestrahlung.Obwohl der Einfluß der Dosisleistung bei der Neutronenbestrahlung sehrgering ist, ist ein Unterschied erkennbar. Bei einer protrahierten Bestrah-lung war die Verminderung etwas weniger ausgeprägt, die Retikulozyten-werte normalisierten sich hier schneller.

7.2. Mischfeldbestrahlungen von Ratten

Es wäre vorteilhaft, wenn standardisierte und automatisierte Methoden zurUntersuchung des peripheren Blutes und des Serums herangezogen wer-den könnten, um das Ausmaß von Strahlenschäden am Säugetierorganis-mus feststellen zu können. Zur Erprobung dieser Methoden sind Mäusewegen ihrer geringen Größe und damit ihres beschränkten Blutvolumenswegen wenig geeignet. Andererseits bringt die Bestrahlung von größerenTieren mit Reaktorneutronen durch die Aktivierung der Körpersubstanzerhebliche Strahlenschutzprobleme mit sich. Eine Zwischenlösung bietetsich bei der Verwendung von Ratten, die etwa das zehnfache des Körperge-

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wichtes von Mäusen haben und denen eine noch ausreichende Blutmengefür diagnostische Zwecke entnommen werden kann. So wurden eine Reihevon Untersuchungen mit Ratten durchgeführt.

Um eine ausreichende Überlebenszeit bis zum 21. Tag nach Bestrahlungzu erreichen, wurden die Ratten mit einer Dosis von 3.5 Gy Mischfeldbzw. 7.0 Gy Reaktorgammastrahlung belastet. Dieses Verhältnis entsprichtin etwa dem RBW-Wert der Mischfeldbestrahlung gegenüber der Gamma-bestrahlung in Bezug auf die Letalität (LD50/30 nach Mischfeldbestrahlung= 4.05 Gy, nach Gammabestrahlung = 8.03 Gy). Aus Strahlenschutz-gründen — durch Bestrahlung mit Reaktorneutronen werden im Gewebeder Tiere u.a. die Radionuklide Cl-38, Na-24, K-42 und Mn-56 erzeugt— wurde die erste Blutentnahme erst 24 h nach Bestrahlung durchgeführt.Es wurde zu verschiedenen Zeitpunkten nach Mischfeld- und Gammabe-strahlung eine Reihe von Blut- und Serumparametern vermessen. Für je-den Zeitpunkt und jede Bestrahlungsart wurden 12 Ratten eingesetzt.

In den Tabellen 5-31 sind die statistisch bearbeiteten Ergebnisse zusam-mengefaßt.

Dabei ist für jeden Parameter die zeitliche Veränderung nach Bestrahlungdadurch zu erkennen, daß die Medianwerte der Meßwerte mit ihremSchwankungsbereich untereinander angeordnet sind. Die in Klammer da-nebenstehenden Zahlen sind die mit Hilfe eines Scheffe-Vergleichs zumNormwert ermittelten p-Werte. Man kann also für jeden Zeitpunkt erse-hen, mit welcher Irrtumswahrscheinlichkeit der entsprechende Parameterim Vergleich zum Normalwert signifikant verändert war.

Zusätzlich wird mit Hilfe einer Friedman-Analyse untersucht, inwieweitüber den gesamten Zeitverlauf unter dem Einfluß der Bestrahlung Verän-derungen aufgetreten sind; genauer, inwieweit ein Parameter zur Charakte-risierung des Strahlenschadens geeignet ist.

Gleichzeitig ermöglichen die Tabellen einen Vergleich der jeweiligen Wer-te nach Gamma- und Mischfeldbestrahlung. Die entsprechenden p-Wertewurden mit dem Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test ermittelt und sind in derletzten Spalte jeder Tabelle dargestellt. Gamma- und Mischfeldbestrahlun-gen fanden aus technischen Gründen nicht zur selben Zeit statt. Daherwurden als entsprechende Normwerte auch Meßwerte zweier verschiede-ner Gruppen von unbehandelten Ratten verwendet. Bei einigen Parameternwaren bereits zwischen diesen unbestrahlten und unbehandelten Gruppendeutliche Unterschiede festzustellen.

Bei der Erythrozyten-Konzentration im peripheren Blut (Tabelle 5) warkein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Bestrahlungsarten fest-zustellen, obwohl die Abnahme der Erythrozyten, die ab dem 10. Tag p.r.deutlich wurde, nach Gammabestrahlung etwas ausgeprägter war.

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Die Konzentration der Gesamtleukozyten (Tabelle 6) wies bei diesem Ver-such eine größere Schwankungsbreite auf, als dies bei Bestrahlungsversu-chen im allgemeinen der Fall ist. Es ist zu erkennen, daß nach Mischfeld-bestrahlung die Leukozytenzahlen etwas rascher absanken als nach Gam-mabestrahlung, daß sie ein etwas tieferes Niveau erreichten, daß aber aucheine frühere Erholung eintrat, wobei nach Mischfeldbestrahlung am20. Tag p.r. bereits wieder normale Werte auftraten.

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Bei der Leukozyten-Differenzierung zeigt sich das typische Bild des hä-matopoetischen Syndroms nach Bestrahlung: Die Lymphozytenzahlen(Tabelle 11, 12) waren bereits am 1. Tag p.r. auf minimale Werte abge-sunken und stellten nicht mehr den überwiegenden Anteil am weißen Blut-bild. Ein deutlicher Unterschied zwischen den Folgen von Gamma- undMischfeldbestrahlung ist nicht zu erkennen.

Vorübergehend überwogen die Granulozyten im Blutbild. In den ersten 3Tagen nach Bestrahlung kam es zu einer Granulozytose im peripherenBlut (vgl. Tabelle 10). Verglichen mit den Normalwerten fand man die3-fache Anzahl von segmentkernigen Granulozyten, während die Stabker-nigen bereits vermindert waren (Tabelle 7 — 10).

Ab dem 7. Tag p.r. waren auch die segmentkernigen Granulozyten redu-ziert, stellten aber immer noch den Hauptanteil am weißen Blutbild. Auf-fällige Unterschiede zwischen Gamma- und Mischfeldbestrahlung sindnicht zu erkennen (vgl. Tabelle 9, 10).

Die Monozyten (Tabelle 13, 14) verringerten sich etwa parallel zur Ge-samtleukozytenzahl und zeigten ebenfalls keine erkennbaren Unterschie-de zwischen den beiden Strahlenarten.

In Tabelle 15 sind die Thrombozytenzahlen dargestellt. Sie waren ab dem7. Tag p.r. signifikant erniedrigt, wobei der Abfall nach Mischfeldbe-strahlung rascher vor sich ging als nach Gammabestrahlung, aber auchdie Erholung zu einem früheren Zeitpunkt einsetzte.

Auch bei den Retikulozyten (Abb. 4) war nach Mischfeldbestrahlung einrascherer Abfall und ein stärker ausgeprägter Wiederanstieg zu beob-achten.

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Die Konzentration der Gesamtproteine (Tabelle 16) im Serum war bereitsam 1. Tag nach Bestrahlung signifikant erniedrigt, und zwar nach Misch-feldbestrahlung in wesentlich deutlicherem Maß als nach Gammabestrah-lung. Auch zu späteren Zeiten nach der Bestrahlung lagen die Meßwertenach Mischfeldbestrahlung deutlich niedriger als nach Gammabestrah-lung. Mit Ausnahme des 14. Tages p.r., an dem große Schwankungenzwischen den individuellen Tieren auftraten, war die Konzentration derSerumproteine nach Mischfeldbestrahlung signifikant niedriger als nachGammabestrahlung. Nur bei dieser wurden am Ende des Beobachtungs-zeitraumes wieder normale Werte erreicht.

Bei der Serum-GOT (Tabelle 17) war nach Gammabestrahlung im allge-meinen ein leichter Anstieg zu verzeichnen, während die Entwicklungnach Mischfeldbestrahlung eher uneinheitlich war. Hier zeigt der niedrigeWert am 10. Tag p.r., an dem der niedrigste Wert der Serumprotein-Konzentration erreicht wurde, an, daß die allgemeine HypoproteinämieAuswirkungen auf die Enzymkonzentration im Serum hat.

Tabelle 17: GOT (U/1) (Ratten)Medianwert/Interquartildistanz (Scheffe-Vgl. zur Norm)

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Dies zeigt sich besonders deutlich bei der Entwicklung der GPT-Konzen-tration (Tabelle 18), wo — vor allem nach Mischfeldbestrahlung — in denersten Tagen nach Bestrahlung ein deutlicher Abfall festzustellen ist, dersich im weiteren Verlauf auch nach Gammabestrahlung in etwa parallelzu den jeweiligen Proteinkonzentrationen entwickelt.

Dasselbe Bild bietet sich auch bei der Entwicklung der Cholinesterase-Konzentration (Tabelle 19): ein deutlicher Abfall bereits am 1. Tag p.r.;niedrigste Werte an den Tagen, an denen auch die Gesamtprotein-Kon-zentration am geringsten war.

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Harnsäure (Tabelle 20), Harnstoff-Stickstoff (Tabelle 21) und Kreatinin(Tabelle 22) haben sich weniger deutlich verändert. Vor allem ist keindramatischer Anstieg auf deutlich pathologische Werte zu verzeichnen.

Dagegen zeigt die Cholesterin-Konzentration (Tabelle 23) eine ähnlicheEntwicklung wie die Serumproteine: Bereits am ersten Tag nach der Be-strahlung ist eine deutliche Abnahme festzustellen. Die Termine, an de-nen besonders niedrige oder auffallend höhere Werte auftreten, sind diegleichen. Allerdings werden bei der Cholesterin-Konzentration auch nachGammabestrahlung am Ende des Beobachtungszeitraumes keine norma-len Werte erreicht.

Die Calcium-Konzentration (Tabelle 25) ist nach beiden Bestrahlungsar-ten in den ersten Tagen nach Bestrahlung deutlich erniedrigt, nimmt imweiteren Verlauf wieder normale Werte an und erreicht gegen Ende desBeobachtungszeitraumes wieder niedrige Werte.

Beide Bestrahlungsarten bewirkten beim Serum-Kaliumspiegel (Tabelle26) einen deutlichen Anstieg, der sich über den gesamten Beobachtungs-zeitraum erstreckte.

Dagegen war die Natrium-Konzentration (Tabelle 27) im Serum nur nachMischfeldbestrahlung zu fast allen gemessenen Zeitpunkten deutlicherhöht.

Tabelle 26: Kalium im Serum (mval/1) (Ratten)Medianwert/Interquartildistanz (Scheffe-Vgl. zur Norm)

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Die Messung von Blutgasen (Tabellen 28 und 31) sowie von pH-Wert undStandardbikarbonat-Konzentration des Blutes ergaben ein Ansteigen desCO2-Partialdurckes als Folge beider Bestrahlungsarten mit Höhepunktam 3. - 7 . Tag nach der Bestrahlung. Gleichzeitig war ein Anstieg der Bi-karbonat-Konzentration festzustellen, der nach Mischfeldbestrahlungdeutlicher ausgeprägt war als nach Gammabestrahlung. Somit bietet sichdas Bild einer teilweise kompensierten respiratorischen Azidose, wobeinach Gammabestrahlung niedrigere pH-Werte erreicht wurden als nachMischfeldbestrahlung.

In Abb. 5 ist die prozentuale Veränderung der Aminosäurekonzentrationim Serum nach Mischfeld- bzw. Gammabestrahlung gegenüber den Wer-ten der unbehandelten Kontrollen dargestellt. Dabei wurden die Mittel-werte der Veränderungen folgender Aminosäuren, die bei der Analyse gutauswertbar waren, zugrundegelegt: Threonin, Serin, Glycin, Alanin, Va-Hn, Cystin, Isoleucin, Lysin, Histidin.

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Abb. 5: Prozentuale Veränderung der Aminosäurenkonzentration im Serum nach Bestrah-lung bei Ratten

Im allgemeinen war die Aminosäurekonzentration im Serum nach Bestrah-lung deutlich erhöht. Nach Gammabestrahlung ist ein Anstieg bis zum 7.Tag, mit anschließender Tendenz zur Normalisierung festzustellen.

Nach Mischfeldbestrahlung war die Zunahme bis zum 3. Tag und nachdem 14. Tag p.r. stärker ausgeprägt. Am 7. Tag wurden im Mittel normaleWerte mit starken Unterschieden bei den einzelnen Tieren erreicht; am 10.,bzw. am 14. Tag war die Zunahme weniger ausgeprägt als nach Gammabe-strahlung.

1.3. 14.1 MeV-Neutronen

Die biologische Wirksamkeit verschiedener Dosen von 14.1 MeV-Neutronen wurde durch eine Reihe von Bestrahlungsversuchen an Mäusenüberprüft. Dabei wurden tägliche Kontrollen des Körpergewichts, derKörpertemperatur sowie hämatologische Untersuchungen am 1., 4. und 7.Tag nach der Bestrahlung vorgenommen. Die biologische Wirksamkeit der14.1 MeV-Neutronen, gemessen an der LD5O/30 von 7.02 Gy, ist nur etwahalb so groß wie die der Reaktorneutronen und liegt damit etwa in derGrößenordnung der Gamma- bzw. Röntgenbestrahlung. Das Ausmaß derSchädigung spiegelt sich in der Gewichtsentwicklung sehr deutlich wieder(Abb. 6). Das Körpergewicht sinkt in den ersten 4 Tagen nach Bestrahlungab und erreicht ein Niveau, das von der Höhe der erhaltenen Strahlendosisabhängig ist.

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Bemerkenswert sind dabei die großen Unterschiede in der Gewichtsabnah-me und der Letalität (Tabelle 32) zwischen verhältnismäßig geringgradigunterschiedlichen Strahlendosen. Während eine Maus, die mit 7.40 Gy be-strahlt wurde, mit Sicherheit stirbt, würde eine Maus, die eine um nur10% niedrigere Neutronendosis erhielte, mit großer Wahrscheinlichkeitüberleben. Nach Gammabestrahlung ist diese Spanne etwa doppelt sogroß: Hier könnte man die LD100 bei 8.70 Gy, die LD5 etwa bei 6.6 Gyansetzen. In Tabelle 32 sind einige Ergebnisse der Versuchsreihe zusam-mengestellt.

Abb. 6: Gewichtsveränderung von Mäusen nach Bestrahlung mit verschiedenen Dosen von14.1 MeV-Neutronen und bei unbestrahlten Kontrollen

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Tabelle 32: Auswirkung von 14.1 MeV-Neutronen auf Letalität, Gewicht(in % der Gewichte am Bestrahlungstag) und Leukozytenzahlen im peri-pheren Blut von Mäusen

Aus Tabelle 32 ist zu entnehmen, daß auch die Mittelwerte der Leukozy-tenzahlen im peripheren Blut sich annähernd proportional zur empfange-nen Strahlendosis vermindern. Aus den großen Schwankungsbreiten istaber ersichtlich, daß es im hier untersuchten Strahlendosisbereich nichtmöglich ist, am 1. Tag nach Bestrahlung einzelne Tiere anhand ihrer Leu-kozytenkonzentrationen einer bestimmten Strahlendosis zuzuordnen oderauch nur zwischen letaler und subletaler empfangener Strahlendosis zuunterscheiden. Dies gilt auch für die Untergruppen der Leukozyten, etwadie Lymphozytenzahlen.

Die Leukozytenzahlen am 7. Tag nach Bestrahlung zeigen bei Dosisgrup-pen, in denen Letalität auftritt, minimale Werte, die nur etwa 5% derNormalwerte betragen. In diesem Bereich sind die Leukozytenzahlennicht mehr proportional zur Strahlendosis. Da sich nach Bestrahlung mit6.72 und 7.40 Gy die Leukozytenzahlen etwa in der gleichen Größenord-nung bewegen, ist davon auszugehen, daß der Unterschied in der Letalitätnicht durch die Leukopenie verursacht ist, daß die Todesursache der Mäu-se also nicht im Leukozytenmangel (Agranulozytose) begründet ist.

Für diese Annahme spricht auch, daß bei umfangreichen Messungen nachder Bestrahlung in keinem Fall eine deutliche Erhöhung der Körpertem-peratur beobachtet werden konnte. Daraus kann man schließen, daß trotzder weitgehenden Reaktion der zellulären Immunabwehr keine von Fieberbegleiteten lebensbedrohenden Infektionen aufgetreten sind.

Die Körpertemperatur zeigte als Folge der Bestrahlung eher eine Tendenzzur Abnahme, besonders bei höher bestrahlten Tieren. In extremen Fällenlag die Körpertemperatur 2 — 3° C unter der Normaltemperatur.

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Weitere hämatologische Daten sind in den Tabellen 34 — 37 zusammenge-stellt. Umfangreiche Serumuntersuchungen (Gesamtproteine, Cholineste-rase, Lactatdehydrogenase, alkalische Phosphatase) zu verschiedenenZeitpunkten nach Bestrahlung ergaben keine Korrelation der gemessenenParameter zur erhaltenen Strahlendosis der Mäuse.

1.4. 3—8 Me V-Neutronen

In Abb. 7 ist die Sterblichkeit von Mäusen nach Bestrahlung mit verschie-denen Dosen von am Berylliumtarget erzeugten 3 — 8 MeV-Neutronendargestellt. Es ist ersichtlich, daß die 3 — 8 MeV-Neutronen in ihrer biolo-gischen Wirksamkeit eher mit den Reaktorneutronen als mit den 14.1MeV-Generatorneutronen zu vergleichen sind. Die LD50/30 betrug beiden ersten Versuchen 4.20 Gy, die LD5/30 3.92 Gy, die LD95/30 4.51Gy.

Abb. 7: Überlebensrate von Mäusen nach Bestrahlung mit 3 - 8 MeV-Generatorneutronen

Bei späteren Versuchen sank die LD50/30 bis auf 3.23 Gy. Dabei ist be-merkenswert, daß die mittelletale Dosis im Herbst und Winter stets deut-lich niedriger war als im Frühjahr und Sommer. Dieses Phänomen warnur bei den Versuchen mit 3 — 8 MeV-Neutronen, nicht aber bei gleichzei-tig durchgeführten Gammabestrahlungen oder den früher durchgeführtenVersuchen mit anderen Neutronenqualitäten zu beobachten.

Die hämatologischen Parameter wurden nach Bestrahlung mit 12 ver-schiedenen Neutronendosen zwischen 0.25 und 7.20 Gy untersucht.

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Anhand der Daten des ersten Tages nach der Bestrahlung wurde über-prüft, welche Parameter geeignet sind, bereits zu diesem Zeitpunkt Auf-schluß über die Größenordnung der erhaltenen Strahlendosis zu geben.Zunächst wurden die Durchschnittswerte der mit verschiedenen Dosenbestrahlten Gruppen mit statistischen Methoden verglichen (Wilcoxon-Pratt-Test). Die Ergebnisse sind in Tabelle 33 zusammengefaßt. Es zeigtsich, daß vor allen die Lymphozyten ein gutes Kriterium darstellen, umzwischen verhältnismäßig niedrigen Strahlendosen zu differenzieren. Sokann der Unterschied in der Lymphozytenkonzentration zwischen mit0.25 Gy und mit 0.50 Gy bestrahlten Mäusen abgesichert werden. Um somehr ist auch eine Unterscheidung zwischen einer niedrigen und einerhohen Strahlendosis möglich. Sobald jedoch beide Strahlendosen 1 Gyübersteigen, auch wenn es sich um einen Vergleich der Lymphozytenzah-len von mit 1.5, bzw. mit 7.2 Gy bestrahlten Mäusen handelt, sind dieUnterschiede nicht mehr groß genug, um mit einer Irrtums Wahrschein-lichkeit von 5% abgesichert werden zu können. Es ist also anhand derLymphozytenkonzentration am 1. Tag zwischen einer deutlich subletalenund einer supraletalen Strahlendosis zu unterscheiden. Ähnliches gilt auchfür die Gesamtleukozytenzahlen, die bei mit niedrigen Dosen bestrahltenMäusen am 1. Tag nach Bestrahlung noch im wesentlichen von der Lym-phozytenkonzentration bestimmt sind. In Abb. 8 sind die Lymphozyten-konzentrationen von 8 verschiedenen Gruppen von Mäusen, die mit ver-schiedenen Dosen bestrahlt wurden, im Boxplotverfahren dargestellt.

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Tabelle 33: Hämatologische Parameter (von Mäusen), bei denen am1. Tag nach Neutronenbestrahlung signifikante Unterschiede (Irrtums-wahrscheinlichkeit <5%) zwischen unterschiedlichen Strahlendosen auf-treten; Leu = Gesamtleukozyten, Lym = Lymphozyten, Gra = Granulo-zyten, Ret = Retikulozyten, HCT = Hämatokrit, MCV = mittl. Zell-volumen

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Die Retikulozyten-Konzentrationen bieten ein weniger aufschlußreichesBild. Wie Tabelle 33 zeigt, ist es in einigen Fällen möglich, zwischen mit1.5, bzw. 2.0 Gy einerseits und mit höheren Dosen andererseits bestrahl-ten Mäusen anhand der Retikulozytenzahlen zu differenzieren. Auf deranderen Seite ist eine solche Unterscheidung zwischen niedrigen Strahlen-dosen nicht so regelmäßig möglich, wie dies bei den Lymphozytenzahlender Fall ist.

Auffällig ist eine deutliche Abnahme des vom Meßgerät angezeigtenHämatokrit-Wertes (vgl. Abb. 9) bei höheren Strahlendosen, mit deren

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Hilfe letale und nichtletale Strahlendosen auseinander gehalten werdenkonnten. Der Unterschied zwischen allen mit 1.0, 1.5 und 2.0 Gy einer-seits und mit 4.5—7.2 Gy andererseits bestrahlten Gruppen ist für den1. Tag p.r. mit p<0.0004, für den 3. Tag p.r. mit p<0.004 abgesichert.

Im Zusammenhang mit der Veränderung des maschinell angezeigten Hä-matokritwertes war eine deutliche Veränderung der Erythrozytenkonzen-trationen nicht festzustellen. Weitere hämatologische Ergebnisse sind inden Tabellen 34 — 37 zusammengestellt.

Untersucht wurde ferner, ob in Fällen, in denen ein statistischer Unter-schied zwischen mit verschiedenen Dosen bestrahlten Gruppen abgesi-chert werden konnte, auch Unterschiede zwischen allen Individuen dereinen Gruppe und allen Individuen der anderen Gruppe feststellbar sind.Nur unter dieser Voraussetzung kann man ein Individuum anhand eineseinzigen gemessenen Parameters einer bestimmten Dosis zuordnen.

In den nachstehend aufgeführten Fällen war keine Überschneidung derWertemengen mit verschiedenen Dosen bestrahlter Gruppen von Mäusenfestzustellen:

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7.5. Vergleichende Betrachtung einiger hämatologischer ErgebnisseIn den Tabellen 34-37 werden einige hämatologische Werte, die nachBestrahlung von Mäusen mit verschiedenen Strahlenqualitäten und -dosengewonnen wurden, zusammengestellt. Anhand der LD5O/30-Werte, die inTabelle 1 (S. 22) zusammengefaßt sind, kann man ersehen, daß das Blut-bild im mittelletalen Bereich aller Strahlenqualitäten recht ähnliche Werteaufweist. Dies gilt auch für subletale Dosisbereiche, wenn man berück-sichtigt, daß bei Neutronenbestrahlung eine Dosis, die mehr als 90% derLD50/30 beträgt, subletal sein kann, während nach Photonenbestrahlungsubletale Dosen deutlich kleiner sind.

Tabelle 34: Gesamtleukozyten bestrahlter Mäuse (Norm: 8092 ±1475)

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Tabelle 35: Lymphozyten bestrahlter Mäuse (Norm: 5836±928)

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Tabelle 37: Thrombozyten bestrahlter Mäuse (unterschiedliche Normweite)

2. Untersuchungen über die Wirksamkeit von synthetischen Alkylly-sophospholipiden zur Prophylaxe und Therapie der Strahlen-krankheit (Letalitätsuntersuchung)

Das synthetische Alkyllysophospholipid (ALP) ET-18-OCH3 wurde Mäu-sen nach einer Ganzkörper-Röntgenbestrahlung appliziert und zeigtedurch Steigerung der Überlebensrate eine therapeutische Wirkung (BER-DEL et al., 1983).

Im vorliegenden Forschungsvorhaben wurde der Versuch unternommen,die Verwendbarkeit des ET-18-OCH3 und anderer ALP-Substanzen alsMedikament zur Behandlung der Strahlenkrankheit in prophylaktischerund therapeutischer Hinsicht zu erproben.

Da vor allem die Wirkung gegenüber den Folgen von Neutronen-Ganz-körperbestrahlung untersucht werden sollte, wurden die Experimente anMäusen durchgeführt, bei denen nach Reaktorbestrahlung kaum Strahlen-schutzprobleme durch aktivierte Körpersubstanz auftraten, bzw. die wegenihrer geringen Größe für das verhältnismäßig kleine Feld mit annäherndhomogenem Neutronenfluß des Beschleunigers geeignet waren.

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Die synthetischen Alkyllysophospholipide sind vor allem Analoge vonPhosphatidylcholin, bei denen der C2-Acylrest hydrolytisch abgespaltenist. Durch Variationen, besonders der Substituenten am Cl- und C2-Atomdes Glycerinkörpers, kann eine Vielzahl von Varianten dieser Stoffklassehergestellt werden.

Anschließend sind 2 Vertreter von ALP-Substanzen, über die hier berichtet(ALP 1 und 2) wird, sowie als Vergleich 2 metabolisierbare Acyl-Lyso-phospholipide (ALP 3 und 4) in Formeln dargestellt.

CH2-O-C18H37 ALP 1

CH 3O-C-H O

CH 2 -O-P-O-(CH 2 ) 2 -N + - (CH 3 ) ,

O

l-Octadecyl-2-methoxy-glycero-3-phosphocholin (ET-18-OCH3)

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2.7. Anwendung von Alkyllysophospholipiden bei unbestrahlten Mäusen

ET-18-OCH3

In einem Versuch wurden 10 Mäuse mit 40 mg / kg, in einem anderen 30Mäuse mit 60 mg/kg ET-18-OCH3 behandelt. Die Substanz wurde — inPBS-Puffer gelöst — subcutan in die Nackenfalte appliziert. Bei den mei-sten Mäusen zeigte sich 1—2 Tage nach der Applikation eine Entzündungan der Einstichstelle am Nacken. Im übrigen waren die Vitalität (Erkun-dungsverhalten) sowie die Futteraufnahme nicht beeinträchtigt. Todesfälletraten nicht auf, ebensowenig wie bei anderen Versuchen mit subletalerBestrahlung neben der ALP-Behandlung, wobei den Tieren mehrmals Blutentnommen wurde.

Die hämolytische Eigenschaft der Substanz kam bei den Messungen derroten Blutzellen zum Ausdruck. Bei Gabe von 60 mg / kg ET-18-OCH3 istam 2. Tag nach der Behandlung (p<0.0001) und am 7. Tag nach der Be-handlung (p=0.0003) ein deutlicher Rückgang der Erythrozytenzahlen imVergleich mit den Werten vor der Behandlung zu verzeichnen.

Die Veränderung der Erythrozytenkonzentrationen durch die ALP-Gabeist in Abb. 10, die der Leukozytenkonzentrationen in Abb. 11 dargestellt.Hier zeigt sich im Gegensatz zu der Situation nach Bestrahlung kein nen-nenswerter Anstieg der Leukozytenzahlen allein durch die ALP-Behandlung. Man kann also nicht davon ausgehen, daß die ALP-Behandlung eine Belastung darstellt, die mit den Auswirkungen einerWundsetzung vergleichbar wäre, und einen Anstieg der Leukozytenzahlen(MESSERSCHMIDT et al. 1984) mit sich brächte.

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Abb. 11: Veränderung der Leukozyten-Konzentration nach Gabe von 60 mg /kgET-18-OCH3 ohne Bestrahlung (NMRI-Mäuse)

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Andere AlkyllysophospholipideNeben ET-18-OCH3 wurden 5 weitere synthetische Alkyllysophospholipi-de auf ihre toxischen Eigenschaften untersucht. Die Substanzen, derenFormeln auf Seite 52 dargestellt sind, wurden wie folgt appliziert:

ALP 2: subcutan 70 mg/kgALP 3: peroral 100 mg/kgALP 4: peroral 100 mg/kgALP 5: subcutan 60 mg/kgALP 6: subcutan 60 mg/kg

Bei der Untersuchung des roten Blutbildes zeigte sich, daß die hämolyti-sche Wirkung von ALP 2, 3, 5 und 6 wesentlich geringer war als beiET-18-OCH3. Abnahme der Erythrozyten und Zunahme der Retikulozy-ten konnten bei einem Signifikanzniveau von 5% nicht abgesichert wer-den. Bei ALP 4 war keinerlei hämolytische Aktivität festzustellen. Eben-sowenig konnte ein deutlicher Einfluß auf andere Parameter des Blutbildesnachgewiesen werden.

2.2. Anwendung von ALP zur Prophylaxe von Strahlenschäden

2.2.1. Überlebensraten

Als prophylaktische Behandlung werden hier alle Maßnahmen bezeichnet,die vor Beginn der Bestrahlung durchgeführt werden.

In Tabelle 38 sind die Ergebnisse von Versuchen dargestellt, bei denen dieMäuse 15—30 Min. vor Beginn der ca. 100 Min. dauernden Neutronenbe-strahlung (Tritium-Target) bzw. ca. 8 Min. dauernden Gammabestrahlung(Cs-Quelle) mit ET-18-OCH3 behandelt wurden. Die Prozentzahlen be-ziehen sich auf je 15 oder 20 Mäuse in einer Behandlungs- oder Kontroll-gtuppe.

Tabelle 38: Veränderung der Überlebensraten durch prophylaktische Be-handlung (15-30 Min. vor Bestrahlung) mit ET-18-OCH3 bei Neutronen-(N) oder Gammastrahlung (G). Überlebensrate der jeweiligen Kontroll-gruppen in Klammern. Berechnung nach der Chi2-Analyse (NMRI-Mäuse)

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Es zeigte sich also, daß ET-18-OCH3 bei subcutaner, nicht aber bei in-traperitonaler Applikation bei prophylaktischer Gabe einen signifikantenEinfluß auf die Uberlebensrate von neutronenbestrahlten Mäusen hat.Dieser Schutzeffekt erstreckte sich nicht nur über wenige Minuten, wiedies etwa bei den Schutzsubstanzen der Amino-Thiol-Gruppe der Fall ist,da wegen der langen Bestrahlungszeiten in der Regel mehr als zwei Stun-den zwischen der Applikation und dem Bestrahlungsende lagen.

In Abb. 12 ist als Zusammenfassung mehrerer Versuche zur Prophylaxemit ALP nach Neutronenbestrahlung mit 7.20 Gy für unbehandelte, sowiemit 30, bzw. 40 mg/kg ALP geschützte Tiere die Summenletalitätskurvedargestellt.

Bei deutlich geringerer Letalität der mit ALP behandelten Tiere, die sichbis zum Beobachtungsende am 50. Tag nach Bestrahlung nicht mehr ver-änderte, traten Todesfälle 4—6 Tage später als bei den Kontrolltieren auf.In Abb. 13 ist die Veränderung des Körpergewichtes der Mäuse und ihrerErkundungsaktivität jeweils gegenüber den Werten unbehandelter Tierenach Bestrahlung dargestellt. Der Vorteil der behandelten Tiere spiegeltsich bei der bestrahlungsbedingten Abnahme des Körpergewichtes in ge-wissem Umfang wider; besonders bei den mit 30 mg/kg ET-18-OCH3

behandelten Mäusen kam es nach dem 5. Tag p.r. zu keinem weiteren Ab-sinken des Körpergewichtes. Nach 30 Tagen hatten die behandelten Tierebeider Gruppen wieder 90% ihres ursprünglichen Körpergewichtes er-reicht; die unbehandelten Tiere konnten lediglich durchschnittlich 78%

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des Ausgangsgewichtes aufweisen. Bei der Erkundungsfreudigkeit derMäuse kann man dagegen keinen Einfluß der Behandlung feststellen. DieAktivität der Tiere nahm in den ersten 10 Tagen nach Bestrahlung um etwadie Hälfte ab und reduzierte sich später auf 10—30%.

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Ausgehend von diesen und den weiter unten geschilderten dazugehörigenhämatologischen Ergebnissen, wurde im weiteren untersucht, ob die pro-phylaktische Wirkung des ET-18-OCH3 sich auch über einen längerenZeitraum als Stunden oder Minuten erstrecken kann. Außerdem wurdeeine zweite, weniger toxische ALP-Substanz, das ALP 2 (vgl. S. 20 bzw.S. 56) eingesetzt, um die prophylaktische Wirkung beider Substanzen zuvergleichen.

Zur Neutronenbestrahlung wurden dabei am Berylliumtarget erzeugteNeutronen mit größerer biologischer Wirkung (vgl. S. 48f.) benutzt. DieErgebnisse der einzelnen Versuche sind in Tabelle 39 zusammengestellt.

Es zeigte sich, daß ET-18-OCH3 in der Dosierung 50 mg/kg auch beiApplikation 24 h vor der Neutronen- bzw. Gammabestrahlung die Überle-bensrate der bestrahlten Mäuse deutlich anheben kann. Der Schutzeffektwar bei Gammabestrahlung größer als bei Neutronenbestrahlung (Dosisre-duktionsfaktor 1.2).

In Abb. 14 ist die Verbesserung der Überlebensrate durch Applikation vonET-18-OCH3 vor Gammabestrahlung dargestellt.

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Tabelle 39: Veränderung der Überlebensraten von Mäusen durch Behand-lung mit ET-18-OCH3 oder BM 41.440 einen Tag vor Neutronen- (N)oder Gammabestrahlung (G). Angegeben ist die Zahl der Überleben-den/Toten. (Kontrollgruppen in Klammern). Berechnung nach derChi2-Analyse

2.2.2. Veränderungen im Blutbild

Rotes BlutbildNach der Bestrahlung läßt sich bei den mit ET-18-OCH3 behandeltenMäusen für keine Strahlen- oder ALP-Dosis und zu keinem Zeitpunkt einUnterschied der Erythrozyten- und Retikulozytenkonzentrationen zwi-schen behandelten und unbehandelten Tieren absichern (n=265, Signifi-kanzniveau 5%). Bei Gabe von 70 mg/kg BM 41.440 war auch bei einemVersuch ohne Bestrahlung der Rückgang der Erythrozyten und Anstieg derRetikulozyten so geringfügig, daß ein Unterschied zu den unbehandeltenTieren nicht abgesichert werden kann (n=15, Signifikanzniveau 5%).

Weißes BlutbildNach Applikation von 50, bzw. 70 mg/kg ET-18-OCH3 und Bestrahlungmit 2.0 Gy wird am 1. Tag nach Bestrahlung die Abnahme der Leukozyten-zahlen durch die ALP-Behandlung geringfügig verstärkt (nicht signifikant,5 Versuche, n=90, Signifikanzniveau 5%), wobei Lymphozyten und Granu-lozyten annähernd gleichmäßig beteiligt sind. Vom 3. Tag an nach Bestrah-

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lung bewirkt die ALP-Behandlung dagegen eine Vermehrung der Leukozy-tenzahlen, die ab dem 7. Tag signifikant wird (Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test, 4 Versuche, jeweils n=30, p<0.003), wobei im Signifikanzniveaukein Unterschied zwischen den Strahlen- und ALP-Dosen ersichtlich ist.Am 10. und 14. Tag nach Bestrahlung, also den Zeitpunkten, an denen beimittelletalen Strahlendosen die Tiere sterben, sind ALP-behandelte Tierebei den Granulozyten- und Lymphozytenzahlen deutlich begünstigt(Abb. 15 u. 16).

Bei Strahlendosen im mittelletalen Bereich bleibt die Leukozytenzahl trotzihrer signifikanten Erhöhung durch die ALP-Substanzen auf niedrigem Ni-veau. Sie erreicht im Durchschnitt etwa 1/10 des Normalwertebereichs,wobei die Leukozytenzahlen der behandelten Tiere erheblich größere Streu-ungen aufweisen als die der Bestrahlungskontrollen. So kann man die ein-zelnen behandelten Tiere am 7.—14. Tag nach Bestrahlung anhand ihrerLeukozytenwerte in zwei Gruppen einteilen, wobei in einer Gruppe dieLeukozytenzahlen gegenüber der Bestrahlungskontrolle kaum erhöht sind;diese Tiere stellen in der Regel den Anteil dar, der den 10.—14. Tag nachder Bestrahlung nicht überlebt. Der Anteil der verschieden Leukozytenfrak-tionen war bei den einzelnen Versuchen uneinheitlich, im allgemeinen wa-ren jedoch sowohl Lymphozyten als auch Granulozyten signifikant erhöht.

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Abb. 16: Veränderung der Granulozytenzahlen durch Behandlung mit 70 mg/kgET-18-OCH3 24 h vor Neutronenbestrahlung mit 2.0 Gy (NMRI-Mäuse)

Mit der Substanz BM 41.440 wurden ähnliche Ergebnisse erzielt, wobeiallerdings die Erhöhung der Leukozytenzahlen geringer ausgeprägt war.

ThrombozytenzahlenIm Gegensatz zu den unter anderen Bedingungen durchgeführten Versu-chen am Tritiumtarget war die Thrombozytenzahl bei den hier geschilder-ten Versuchen durch ALP-Gaben erhöht. Bei 5 von 9 Versuchen war dieErhöhung am 7.—14. Tag nach Bestrahlung signifikant (Signifikanzniveau5%, Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test), wobei in der Wirkung der beideneingesetzten ALP-Substanzen kein Unterschied festzustellen war.

2.2.3. Veränderungen im Serum

Am 3. und 7. Tag nach Neutronenbestrahlung ist ein starker Anstieg derLaktatdehydrogenase-Konzentration im Serum zu beobachten. Er kann alsMaß für den Grad der Schädigung gewertet werden (p<0.0001). Mit kei-ner der beiden ALP-Substanzen konnte hier eine Verbesserung durch dieBehandlung nachgewiesen werden. Die bestrahlungsbedingte Abnahmeder Konzentration der Gesamtproteine wurde durch die ALP-Behandlun-gen ebenfalls nicht beeinflußt. Dagegen ist ein Einfluß der ALP-Behand-

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lung, vor allem von BM 41.440, auf die Zusammensetzung der Serumpro-teine am 7. Tag nach Bestrahlung erkennbar; Tabelle 40 stellt die entspre-chenden Ergebnisse zusammen.

Tabelle 40: Einfluß der ALP-Substanzen auf die Zusammensetzung derSerumproteine am 7. Tag nach Neutronenbestrahlung mit 4.5 Gy. Angege-ben sind Median / Interquartildistanz der prozentualen Anteile der jewei-ligen Proteinfraktionen und die Signifikanzschranken für die Unterschie-de zwischen den Behandlungsgruppen (n=8-10 pro Gruppe;) (NMRI-Mäuse)

Die durch die Bestrahlung verursachten Serumproteinverschiebungen, diesich vor allem im Rückgang des Albuminanteils und damit korrespondie-render Zunahme des Alpha2- und Betaglobulinanteils bemerkbar machen,wurden also durch die ALP-Behandlungen weitgehend kompensiert.

2.5. Anwendung von ALP zur Therapie von Strahlenschäden

Zur Erprobung der therapeutischen Wirkung von ET-18-OCH3 wurdenMäuse am van de Graaf-Generator mit 3—8 MeV-Neutronen bestrahlt. DieStrahlendosis bei den Letalitätsuntersuchungen betrug 4.0, 4.1 und 4.2 Gyfür jeweils 1/3 jeder Behandlungs- und Kontrollgruppe. Den Behand-lungsgruppen wurde zu verschiedenen Zeitpunkten nach Bestrahlung eineeinmalige Dosis von 50 mg / kg ET-18-OCH3 subcutan appliziert. Die Er-gebnisse der Letalitätsuntersuchungen sind in Tabelle 41 dargestellt.

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Gleichartige Untersuchungen nach Röntgenbestrahlung mit 700 R führtenzu einem ähnlichen Ergebnis: Nur diejenige Gruppe von Mäusen, die in-nerhalb von 1 Stunde nach Bestrahlungsende subcutan mit ET-18-OCH3

behandelt worden war, konnte eine signifikante (p<0.005; n=30) Steige-rung der Überlebensrate aufweisen.

Versuche mit peroraler Applikation des ET-18-OCH3, die sowohl nachRöntgen- als auch nach Gammabestrahlung vorgenommen wurden, er-brachten zwar eine Verbesserung der Überlebensrate, dieser Behandlungs-erfolg konnte jedoch nicht statistisch abgesichert werden. Zu ähnlichenErgebnissen führten auch Pilotversuche, die nach Gammabestrahlung vonRatten unternommen wurden. Hier überlebten nach intravenöser Applika-tion des ET-18-OCH3 7 von 9 Ratten Reaktorgammastrahlung von 9.0 Gy,während in der Kontrollgruppe 2 von 10 Tieren überlebten (p=0.0230).

Pilotversuche mit dem Ziel, durch mehrmalige Applikation desET-18-OCH3 die therapeutische Wirkung zu verbessern, wobei zusätzli-che Applikationen am L, bzw. am 7. Tag vorgenommen wurden, zeigtenkeinen Erfolg; die Überlebensrate war geringer als bei einmaliger Be-handlung.

Aus den Ergebnissen kann man schließen, daß eine einmalige Behandlungmit ALP zu einem möglichst frühen Zeitpunkt nach der Bestrahlung erfol-gen muß und zumindest bei den untersuchten Nagetieren parenterale Ap-plikation erfordert. Unter diesen Bedingungen ist die oben beschriebenetherapeutische Wirkung des ET-18-OCH3 reproduzierbar und findet sichauch in mehreren Versuchen wieder, bei denen ET-18-OCH3 zusammenmit anderen Substanzen zu einer kombinierten Behandlung eingesetztwurde.

Da die Therapieversuche in einem Strahlendosisbereich durchgeführt wer-den, in dem das hämatopoetische Syndrom der Strahlenkrankheit im Vor-dergrund steht, ist zur Beurteilung der therapeutischen Wirkung des Medi-kamentes sein Einfluß auf das blutbildende System von Bedeutung. Aus

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Tabelle 42 geht hervor, daß das ET-18-OCH3 Lymphozyten- und Granulo-zytenkonzentrationen im peripheren Blut in dem Zeitraum, in dem be-strahlte Mäuse sterben (10.-15. Tag p.r.), deutlich erhöhen kann.

Tabelle 42: Veränderungen der Zellzahlen im peripheren Blut von Mäusen7 und 14 Tage nach Neutronenbestrahlung mit 3.0 Gy durch s.c-Applikation von 50 mg/kg ET-18-OCH3 2h, bzw. 30 min. nach Be-strahlung.Angaben der Medianwerte / Interquartildistanzen in Zellen / μl; fürThrombozyten in 1000 Zellen / μl; Vergleich der Kontrollen und behandel-ten Tiere mit dem Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test.

In Tabelle 43 ist der Einfluß von vier verschiedenen Dosierungen desET-18-OCH3 auf das weiße Blutbild dargestellt. Die ALP-Gabe erfolgteinnerhalb der ersten Stunde nach Bestrahlung. Es wird deutlich, daß mitsteigender Dosierung die Tendenz zur Normalisierung der Leukozyten-zahlen zunimmt. Dies wird besonders deutlich, wenn der Tiefpunkt derLeukozytenzahlen am 7.—10. Tag nach Bestrahlung überwunden ist. Auchbei diesen Untersuchungen zeigt sich kein Einfluß auf die Thrombozyten-

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zahlen und damit auf die geschwächte Blutgerinnung. Es konnte allerdingsauch bei der höchsten ALP-Dosierung kein hämolytischer Effekt auf dieErythrozytenzahlen nachgewiesen werden.

Tabelle 43: Einfluß verschiedener Dosierungen von ET-18-OCH3, die10—40 min nach Gamma-Bestrahlung mit 7.5 Gy (30 mg /kg), bzw. 7.0 Gy(40 mg/kg) sowie nach Röntgen-Bestrahlung mit 670 R (50, 60 mg/kg)appliziert wurden. Angegeben sind Medianwerte/Interquartildistanzen fürbehandelte und unbehandelte (in Klammern) Mäuse sowie die p-Werte zurCharakterisierung des Unterschiedes beider Gruppen.

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In der Veränderung der Gewichtsentwicklung und der Erkundungsaktivitätnach Bestrahlung läßt sich ein Einfluß verschiedener Dosierungen desET-18-OCH3 nicht schlüssig nachweisen. In Abb. 17 sind Ergebnisse von2 Versuchen zusammengefaßt, wobei die prozentuale Veränderung des Ge-wichts keinen Vorteil einer der beiden Dosierungen erkennen läßt. In derErkundungsfreudigkeit sind für die Dosis 30 mg/kg etwas höhere Wertefestzustellen. Anhand der ebenfalls dargestellten Kontrollgruppen beiderVersuche läßt sich jedoch erkennen, daß die biologische Variabilität auchhier größer ist als der Einfluß von Medikamenten. Schlüsse über die Wir-

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kung von Therapiemaßnahmen können nur gezogen werden, wenn thera-pierte und untherapierte Tiere dem gleichen Kollektiv entstammen und zurgleichen Zeit bestrahlt wurden, wie dies z.B. in Tabelle 43 der Fall ist.

Die beiden Substanzen ALP 3 und ALP 4 (vgl. S. 20, bzw. S. 56 / 57) wur-den insgesamt 286 Mäusen unmittelbar nach mittelletaler Neutronen- bzw.Röntgenbestrahlung appliziert. Die Applikation wurde sowohl peroral(Dosierung jeweils 100 mg/kg) als auch subcutan (Dosierung jeweils 60mg/kg) durchgeführt. In gleicher Weise und mit der gleichen Dosierungwurden auch die Substanzen ALP 5 und ALP 6 (vgl. S. 20) untersucht.Die selben Dosierungen der Substanzen wurden auch bei hämatologischenUntersuchungen nach subletaler Bestrahlung angewendet.

Bei keiner der vier Substanzen konnte ein signifikanter positiver Einflußauf die Überlebensrate nachgewiesen werden. Bei peroraler Gabe war fürdas ALP 6 eher ein negativer Einfluß festzustellen, obwohl weder bei un-bestrahlten (vgl. S. 59), noch bei bestrahlten Mäusen ein deutlicher hämo-lytischer Effekt beobachtet wurde. Dagegen deutete sich für die subkutaneApplikationsform bezüglich der Überlebensrate nach mittelletaler Bestrah-lung für ALP 5 und ALP 6 ein leichter Vorteil der behandelten Tiere an.

Die Zahl und Zusammensetzung der Leukozyten sowie die Thrombo-zyten- und Retikulozytenzahlen im peripheren Blut wurden innerhalb desBeobachtungszeitraums von 14 Tagen durch die Behandlung mit den Medi-kamenten ohne Bestrahlung nicht beeinflußt. In Abb. 18 ist der Einflußvon ALP 3 und ALP 4 auf die Gesamtleukozytenzahl bestrahlter Mäuseim Vergleich zum wirksamen ALP 1 (ET-18-OCH3) dargestellt, das dieLeukozytenzahlen am 14. Tag nach Bestrahlung in die Größenordnung vonunbestrahlten Kontrolltieren bringt.

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Abb. 18: Gesamtleukozytenzahlen von Mäusen 7, bzw. 14 Tage nach subletaler Neutronen-bestrahlung und Behandlung mit Alkyllysophospholipiden im Vergleich zur Norm

Das gleiche Bild bot sich auch nach Röntgenbestrahlung. Es war bei keinerder 4 Substanzen ein Einfluß auf die strahlenbedingte Leukopenie festzu-stellen. Lediglich bei einzelnen Tieren der durch s.c.-Applikation mit ALP6 behandelten Gruppe kam es 14 Tage nach Bestrahlung zu einer schnelle-ren Erholung bezüglich der Leukozytenzahl als in der Kontrollgruppe.Nach Bestrahlung mit 3 -8 MeV-Neutronen war die Thrombozytopenie inder 1. Woche nach Bestrahlung durch die Behandlung mit ALP 6 signifi-kant (p<0.01) geringer ausgeprägt.Auch hier konnte die Situation des weißen Blutbildes nach Bestrahlungnicht beeinflußt werden.

3. Untersuchungen zur Prophylaxe und Therapie mit weiterenSubstanzen

3.1. Prophylaxe

Versuche zur prophylaktischen Wirksamkeit von Disilymarinhemisuccinat(Dosierung 150 mg/kg) und Dibutyryl-cAMP (40 mg/kg) erbrachten be-reits bei i.p. bzw. s.c.-Applikation unmittelbar vor Neutronenbestrahlungkeinen Behandlungserfolg.

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Ein Versuch, bei dem „Dex-WR“ — ein Addukt des, allerdings nicht beiNeutronenbestrahlung, kurzfristig strahlenprophylaktisch hochwirksamenWR 2721 an Dextran — in einer Dosierung von 500 mg /kg 24h vor Neu-tronenbestrahlung i.p. appliziert wurde, erbrachte keinen Schutzeffekt.

Des weiteren wurden einige Versuche zur immunbiologischen Strahlen-prophylaxe durchgeführt. Dabei wurde einer 1. Gruppe von Mäusen am8. Tag nach Neutronen- oder Röntgenbestrahlung Blut entnommen. Dasdefibrinisierte Blut wurde, z.T. unter Anwendung eines Adjuvans einer2. Gruppe, 3 x appliziert (am 7. und 21. Tag nach der 1. Behandlung), sodaß jedes Tier 1 ml Gesamtblut erhielt. Frühestens 3 Wochen nach Ab-schluß der Behandlung wurden die so geimpften Tiere mit der entspre-chenden Strahlenqualität bestrahlt. Dabei ergab sich ein Behandlungser-folg nur nach Neutronenbestrahlung im Bereich der LD50 und Anwen-dung des Freund'schen Adjuvans und nur bei der 1. Behandlung (n=30,p<0.05).

12. Therapie

3.2.1. cAMP

Eine Stunde nach Mischfeldbestrahlung mit 4.2 Gy wurden Ratten mitverschiedenen Dosierungen von Adenosin-3', 5'-cyclophosphorsäure(cAMP) intramuskulär behandelt. Anhand der Letalitäten war ein Thera-pieerfolg festzustellen, dessen Irrtumswahrscheinlichkeit von der Dosie-rung der Substanz abhing: Die günstige Dosierung lag bei 40 mg/kg(p=0.012).

7 Tage nach Mischfeldbestrahlung mit 3.5 Gy und cAMP-Therapie mit derermittelten optimalen Dosierung zur Untersuchung der unten angefügtenParameter. Die Ergebnisse sind in Tabelle 44 zusammen mit den Wertengleichbestrahlter, nicht therapierter Tiere dargestellt.

Mit Ausnahme der Leukozytenzahlen zeigen die Werte der angeführten Pa-rameter für den betreffenden Zeitpunkt (7d p.r.) keine deutliche Verände-rung oder einen normalisierenden Einfluß der Therapie mit cAMP. Be-merkenswert ist die Verbesserung bei den Thrombozyten: Im Mittel warendie Zellzahlen um 200% höher als bei den nicht therapierten Tieren. Blut-pH-Werte (7.23±0.10) und CO2-Partialdruck (57.1 ±9.25) zeigen, daß dieausgeprägte respiratorische Azidose am 7. Tag nach Bestrahlung (pH-Wert:7.12±0.14; CO2-Partialdruck: 72.0±11.7) durch die cAMP-Therapie deut-lich verbessert wurde; eine Kompensation der Azidose durch Erhöhungder Bikarbonat-Konzentration ist hier nicht festzustellen.

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Tabelle 44: Veränderung von Blut- und Serumparametern am 7. Tag nachMischfeldbestrahlung (3.5 Gy) bei unbehandelten und mit cAMP behan-delten Ratten (Medianwerte/Interquartildistanzen); Berechnung der Irr-tumswahrscheinlichkeiten mit dem Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test

Nach Bestrahlung mit 14.1 MeV-Neutronen wurden Mäuse mit cAMP(50 mg/kg; i.p.) behandelt. Bei umfangreichen hämatologischen Untersu-chungen konnte kein positiver Einfluß auf das Blutbild der bestrahltenMäuse festgestellt werden, insbesondere konnte der oben geschilderte Ein-fluß auf die Thrombozytenkonzentration im peripheren Blut nicht bestätigtwerden.

Bei Serumuntersuchungen der Parameter Gesamteiweiß, Cholinesteraseund Lactatdehydrogenase konnte ebenso kein Einfluß der cAMP-Behand-lung auf die bestrahlten Mäuse nachgewiesen werden.

Ein signifikanter Einfluß der Behandlung auf die Überlebensrate mittelle-tal bestrahlter Mäuse sowie auf deren Gewichtsentwicklung und Erkun-dungsverhalten nach Bestrahlung konnte nicht nachgewiesen werden.

3.2.2. Dibutyryl-Adenosin-3 :5 Monophosphat („dib-cAMP“)

In Tabelle 45 ist die Wirkung von dib-cAMP auf Mäuse in vier verschiede-nen Dosierungen bei intraperitonaler Injektion innerhalb einer Stunde

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nach ca. 2h dauernder Bestrahlung mit 7.20 Gy auszugsweise dargestellt(Letalität und % Körpergewicht).

Tabelle 45: Einfluß der Behandlung mit Dibutyryl-cAMP auf Überlebens-rate und Gewichtsveränderung von Mäusen, die mit 7.20 Gy (14.1 MeV-)Neutronen bestrahlt wurden

Die Überlebensrate konnte durch die Behandlung mit dib-cAMP nur inder Dosierung 10 mg/kg signifikant (p<0.05; Chi-Quadrat-Analyse) er-höht werden.

Trotz umfangreicher hämatologischer Untersuchungen zur Wirkung desDibutyryl-cAMP nach Gamma- und Neutronenbestrahlung kann keineklare Aussage über Einflüsse der Behandlung auf das weiße Blutbild be-strahlter Mäuse getroffen werden. In der Regel war die Gesamtleukozyten-zahl der behandelten Mäuse etwas größer als die der unbehandelten. Signi-fikante Steigerungen der Leukozytenzahlen durch die Behandlung, wobeidann Lymphozyten- und Granulozytenzahlen annähernd gleichmäßig be-teiligt waren, traten nur gelegentlich auf, und zwar unabhängig von derDosis des Dibutyryl-cAMP. Ein Einfluß der Behandlung auf die Throm-bozytenzahlen bestrahlter Mäuse war nicht festzustellen.

3.2.3. Weitere Substanzen

Es wurden noch einige weitere Substanzen auf ihre therapeutische Wir-kung überprüft. Die Ergebnisse sind im folgenden zusammengestellt. Da-bei sind neben der entsprechenden Substanz die Dosierung sowie die Ap-plikationszeitpunkte angegeben. Gegenüber steht als Ergebnis der Letali-tätsuntersuchungen der Prozentsatz der überlebenden Behandelten und inKlammern der Prozentsatz der überlebenden, gleichbestrahlten, aber un-behandelten Tiere. Es handelt sich dabei um Tierkollektive von 15—30Mäusen bzw. 8 Ratten. Weiterhin ist in Klammern die Tierspezies und dieangewandte Strahlenart angegeben. Falls hämatologische Untersuchungendurchgeführt wurden, ist dies ebenfalls angegeben.

Azimexon 1h, 1d, 3d, 5d, 7d p.r. 25% (37,5%)je 15 mg/kg (Ratten, Mischfeld)

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Legalon Ih p.r. 50% (25%)100 mg/kg (Ratten, Mischfeld)Dinatriumsilibininhemisuccinat 37.5 % (25 %)30 min p.r.; 150 mg/kg (Ratten, Mischfeld)Dinatriumsilibininhemisuccinat 53% (60%)30 min p.r.; 100 mg/kg (Mäuse, 14.1 MeV-Neutronen)Vitamin B12 15 min p.r. 47% (40%); kein Einfluß auf0.04 mg / kg Blutbild und Gewichtsveränderung

(Mäuse, 14.1 MeV-Neutronen)

4. Anwendung von Kombinationen von Medikamenten

Obwohl die Gabe von ET-18-OCH3 bei bestrahlten Mäusen deutlicheTherapieeffekte ermöglicht hat, reicht diese Behandlung für eine Wirkungim supraletalen Strahlendosisbereich nicht aus. Auch läßt sich der Pro-zentsatz überlebender Tiere, nach Bestrahlung im (mittel-)letalen Bereich,durch Variation der applizierten Dosis des Medikaments nicht weiter stei-gern. Neben den Alkyllysophospholipiden wurde deshalb eine Reihe an-derer Substanzen hinsichtlich ihrer Wirkung auf bestrahlte Mäuse erprobt.Wie oben geschildert, war deren Wirkung geringer als die der Alkyllys-phospholipide, bzw. es war bei den meisten Substanzen keine therapeuti-sche Wirkung festzustellen. Um nach Möglichkeiten zu suchen, die thera-peutische Beeinflussung der Strahlenkrankheit dennoch zu verbessern,wurde versucht, Substanzen, die aus eigenen Erfahrungen oder nach derLiteratur einen positiven Einfluß auf den Verlauf der Strahlenkrankheit ha-ben können, in Kombination einzusetzen. Man kann davon ausgehen, daßunterschiedliche Substanzen auch unterschiedliche Wirkungsmechanismenaufweisen, die sich ergänzen, wenn Substanzen-Kombinationen eingesetztwerden, so daß vielleicht auch die Wirkung der Einzelsubstanzen verbes-sert wird.

Bei der Erprobung solcher Kombinationen muß andererseits auch damitgerechnet werden, daß sich die verschiedenen Substanzen in ihrer Wir-kung behindern. Die Wirksamkeit solcher Kombinationen dürfte nochmehr als bei Einzelsubstanzen von Dosierung und Applikationszeit abhän-gig sein. Zeitliche Versetzung der einzelnen Applikationen bzw. unter-schiedliche Applikationsweise können unerwünschte Wechselwirkungen,z.B. chemische Reaktionen der einzelnen Substanzen miteinander reduzie-ren. Im folgenden sind die einzelnen Versuche mit ihren Ergebnissen inder unter 3. beschriebenen Weise aufgelistet.

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4. Diskussion

1. Vergleich verschiedener Strahlenqualitäten

Das Ziel der Untersuchungen, über deren Ergebnisse hier berichtet wird,war vor allem, anhand von Tierversuchen Möglichkeiten der Chemothera-pie und Chemoprophylaxe von Strahlenschäden, insbesondere von Neu-tronenschäden zu überprüfen.

Durch äußere Umstände bedingt, wie z.B. die Schließung des Forschungs-reaktors Neuherberg, mußten verschiedene Neutronenquellen benutztwerden. Bevor Maßnahmen zur Behandlung der akuten Strahlenkrankheiterprobt werden konnten, war für jede Strahlenquelle die biologische Wirk-samkeit der jeweiligen Neutronenstrahlung zu bestimmen.

Ein traditionelles Kriterium für die biologische Wirksamkeit einer Strah-lenqualität ist die LD50/30 bei Ganzkörperbestrahlung von Säugetieren,ebenso wie die Veränderung der LD50/30 bei prophylaktischen und thera-peutischen Maßnahmen im Tierversuch als das sicherste Kriterium zurBeurteilung eines Behandlungserfolgs angesehen wird. Auf der anderenSeite wurde, vor allem bei toxikologischen Untersuchungen in den letztenJahren die Aussagekraft der LD50/30-Untersuchungen im Tierversuch we-gen der geringen Reproduzierbarkeit der Ergebnisse stark in Zweifel gezo-gen. Die hier geschilderten Ergebnisse zeigen auf der einen Seite, daß ineinem groben Raster die LD50/30 durchaus als Kriterium für die biologi-sche Wirksamkeit von Neutronen herangezogen werden kann. So wurdeanhand der LD50/30 festgestellt, daß die schnellen 14.1 MeV-Neutronengegenüber Mäusen nur halb so wirksam sind wie Reaktorneutronen (miteinem Energieschwerpunkt bei etwa 1 MeV) oder 3—8 MeV-Neutronen.Solche Aussagen werden durch die Gewichtsentwicklung und die Situationdes Blutbildes am 4.—14. Tag nach der Bestrahlung bestätigt. Vor allemder durchschnittliche Verlust an Körpergewicht ist bei Bestrahlungsversu-chen von Mäusen ein deutliches Anzeichen für das Ausmaß der Schädi-gung und spiegelt schon mehrere Tage vor dem Absterben der Tiere dasAusmaß der zu erwartenden Letalität wieder.

Auf der anderen Seite wurden Veränderungen der LD50/30 bis über 20%festgestellt, die im wesentlichen durch die biologische Variabilität desTiermaterials erklärt werden müssen, wenn auch angesichts der schwieri-gen Neutronendosimetrie Meßfehler von ± 5 % beim Bestimmen der aufdie Tiere abgegebenen Strahlendosis in Kauf genommen werden müssen.So kommt es, daß — wie auf Seite 22—24 geschildert — Veränderun-

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gen der Versuchsbedingungen, wie etwa eine starke Reduktion der Strah-lendosisleistung, die LD50/30 nicht stärker verändern, als es dem Schwan-kungsbereich bei gleichbleibenden Bedingungen entspricht.

Nach Neutronenbestrahlung ergibt sich außerdem eine wesentlich steilereDosis-Wirkungskurve bezüglich der Letalität (nicht bezüglich des Blutbil-des, s.u.), so daß bei Neutronendosen, die weniger als 90% der LD50/30

betragen, noch keine Letalität eintritt, während die LD100 nur 5% überder LD50/30 liegen kann.

Für die Planung von Experimenten ergibt sich somit die Schwierigkeit,daß die Auswirkung einer bestimmten Strahlen-, vor allem Neutronen-dosis oft nicht genau genug vorhergesagt werden kann. Wenn also etwa füreinen Therapieversuch eine mittelletale Neutronenbestrahlung von Mäu-sen angestrebt wird und nach den vorliegenden Erfahrungen die LD50/30

bei 4.0 Gy liegt, müssen mindestens 3 Gruppen von Mäusen bestrahlt wer-den; in diesem Fall mit 3.8, 4.0 bzw. 4.2 Gy, um bei einer dieser Gruppeneinen mittelletalen Effekt zu erreichen. Mit dieser Versuchsplanung wirdein Bereich von 10% der Gesamtdosis abgedeckt; es können so zumindestdie Unsicherheiten bei der Dosimetrie kompensiert werden. Natürlichwird durch die Notwendigkeit eines solchen Verfahrens der Arbeitsauf-wand und der Tierverbrauch bei Behandlungsversuchen gesteigert. Außer-dem können Versuche, die mit derselben Strahlenqualität und -dosis, je-doch zu verschiedenen Zeiten und mit verschiedenen Tierkollektivendurchgeführt werden, kaum miteinander verglichen werden. Generell be-ziehen sich daher alle Aussagen der Abschnitte 3.2-3.4 auf Versuche, beidenen Behandelte und Kontrolltiere aus einem Tierkollektiv in randomi-sierte Gruppen eingeteilt und am selben Tag bestrahlt wurden.

Andererseits geht aus Tabelle 2 und dem folgenden Text hervor, daß tat-sächliche Veränderungen der Letalität auf die Veränderung der LD50/30

nur geringen Einfluß haben. So verminderte eine Absenkung der Misch-felddosisleistung um 90% die Letalität bei Einzeldosen im mittelletalenBereich (2.9-3.3 Gy; vgl. Tabelle 2) deutlich, die LD50/30 wurde jedochnur geringfügig erhöht. Angesichts der geschilderten Schwierigkeiten liegtes nahe, neben der LD50/30 andere Kriterien zu verwenden, um das Aus-maß von Strahlenschäden zu charakterisieren, Auswirkungen bestimmterStrahlendosen festzustellen und den Erfolg von Maßnahmen zur Behand-lung der Strahlenkrankheit zu kontrollieren.

Es ist naheliegend, hierzu Meßwerte zu verwenden, die durch Untersu-chungen des am leichtesten zugänglichen Organs, des peripheren Blutesbzw. Plasmas oder des Serums gewonnen werden können. Vor allem diezellulären Bestandteile des peripheren Blutes stehen traditionell im Mittel-punkt des Interesses der Strahlenbiologie, da sie auf einfache Weise derMessung zugänglich sind und da ihre Konzentration recht zuverlässig die

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Schädigung des Knochenmarks, eines der strahlenempfindlichsten Teiledes Säugetierorganismus, widerspiegelt. Andererseits sind die Zellzahlenim peripheren Blut, gerade auch nach Bestrahlung, erheblichen indivi-duellen Schwankungen unterworfen. Bei allen in diesem Forschungsvorha-ben untersuchten Strahlenqualitäten waren am 7.—14. Tag nach Bestrah-lung, also in dem Zeitraum, in dem bei Mäusen minimale Werte an Leuko-zyten, Thrombozyten und Retikulozyten auftreten, die Durchschnitts-konzentrationen dieser Parameter mindestens ebenso variabel wie dieLD50/30· Außerdem waren in der Regel nach Neutronenbestrahlung dieDurchschnittswerte des Blutbildes (Mittelwerte, Medianwerte) der Strah-lendosisbereiche LD5 und LD100 zwischen dem 7. und 14. Tag nach Be-strahlung nicht zu unterscheiden. Zudem müssen noch methodischeSchwierigkeiten bei der Bestimmung der Thrombozyten- und vor allemder Retikulozytenzahl in Rechnung gestellt werden.

Trotzdem haben die Untersuchungen gezeigt, daß gerade wegen der erheb-lichen Variabilität beider Kriterien sowohl Letalitäts- als auch hämatologi-sche Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um die biologischeWirkung der Bestrahlung eines Säugetierorganismus zu kontrollieren. Inder Regel ergänzen sich die Ergebnisse beider Methoden, ohne sich zu wi-dersprechen und machen eine sicherere Gesamtaussage, gerade auch beider Beurteilung von Versuchen zur Therapie des Strahlenschadens, mög-lich. Aus den Tabellen 4 und 34-37 geht hervor, daß vor allem in den er-sten Tagen nach Bestrahlung das Blutbild im Rahmen seiner Variabilitätdurchaus das Ausmaß der Schädigung widerspiegelt, und zwar unabhängigvon der eingesetzten Strahlenqualität. Die Tabellen 5-14 zeigen, daß zuden verschiedenen Zeitpunkten nach Bestrahlung kaum Unterschiede imroten und weißen Blutbild zwischen Mischfeld- bzw. gammabestrahltenRatten auftreten, wenn in beiden Fällen eine Strahlendosis von etwa 75%der LD50/30 verwendet wurde.

Damit ist als ein Ergebnis der hier vorgelegten Untersuchungen festzuhal-ten, daß bei allen zur Bestrahlung verwendeten Neutronen- und Photonen-qualitäten die Veränderungen des Blutbildes, soweit nach den oben ge-nannten Einschränkungen überhaupt feststellbar, in Einklang mit dem spä-ter eingetretenen Ausmaß der Letalität standen. Bei keiner deruntersuchten Strahlenarten wurde also das Blutbild durchschnittlich stär-ker oder schwächer beeinflußt, als dies der durchschnittlichen Schädigungdes Gesamtorganismus entsprach.

Für die Individuen eines mit gleicher Dosis bestrahlten Kollektivs kann je-doch das Einzelschicksal anhand der Blutwerte nicht vorhergesagt werden.

In Tabelle 33, S. 50 ist dargestellt, welche hämatologischen Parametergeeignet sind, im Sinne einer „Biologischen Dosimetrie“ unterschiedlicheStrahlendosen durch unterschiedliche Konzentrationen am 1. Tag nachNeutronenbestrahlung anzuzeigen.

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Es ist zu erkennen, daß die Lymphozytenzahlen zweier mit unterschiedli-chen Dosen bestrahlter Mäusegruppen sich dann signifikant unterschei-den, wenn eine oder beide Strahlendosen niedriger waren als 25% derLD50/30. Auf S. 53 werden einige Dosisvergleiche dargestellt, bei denenalle Individuen der mit der niedrigen Dosis bestrahlten Gruppe niedrigereLymphozytenwerte aufwiesen als die Individuen der höher bestrahltenGruppe; in diesen Fällen könnte also jedes Individuum der höheren bzw.niedrigen Strahlendosis zugeordnet werden. Höhere, aber noch subletaleNeutronendosen führten auch im Vergleich mit supraletalen Dosen in derRegel nicht mehr zu signifikant unterscheidbaren Lymphozytenzahlen.Dagegen nahmen Retikulozytenzahlen, Hämatokrit und mittleres Zellvolu-men unsystematisch und mit höheren Strahlendosen seltener bei unter-schiedlichen Strahlendosen unterschiedliche Durchschnittswerte an.

Neben den hämatologischen Untersuchungen wurden, vor allem von Rat-ten, Blutgase, Blut-pH-Wert und eine Reihe von klinisch-chemischen Para-metern auf bestrahlungsbedingte Veränderungen überprüft. Die Datenwurden statistisch so aufbereitet und dargestellt, daß sowohl aus denDurchschnittswerten und Streuungsbereichen als auch aus den Ergebnis-sen der formalen Statistik (vor allem den p-Werten) deutlicher als durchAbbildungen zu erkennen ist, ob sich ein Parameter nach Bestrahlungdeutlich verändert, zu welchen Zeitpunkten dies geschieht und ob Unter-schiede zwischen den Auswirkungen von Neutronen- und Gammabestrah-lung festzustellen sind. Obwohl das Bestimmtheitsmaß R2 der Friedmana-nalyse im allgemeinen ziemlich kleine Werte annimmt (Der Stichproben-umfang pro Zeitpunkt war auf 6 Serumproben beschränkt, da das Serumvon je 2 Ratten zusammengefügt werden mußte, um eine ausreichendeMenge zu erhalten), können doch deutliche Aussagen gemacht werden. ImGegensatz zu den auf gleiche Weise dargestellten hämatologischen Ergeb-nissen treten bei den klinisch-chemischen Untersuchungen häufiger Unter-schiede zwischen Mischfeld- und Gammabestrahlungsfolgen auf.

Der Abfall der Serumproteine ist nach Mischfeldbestrahlung besondersdrastisch und übertrifft deutlich den Rückgang nach Gammabestrahlung —auch was die lange Dauer der Hypoproteinämie betrifft. Die hier behan-delten Daten wurden nach subletaler Bestrahlung gewonnen. Es ist alsowahrscheinlich, daß die Abnahme im letalen Strahlendosisbereich nochausgeprägter ist.

In diesem Fall muß die Hypoproteinämie als eine Todesursache nach Neu-tronenbestrahlung angesehen werden, da die langandauernde starke Ver-minderung des kolloidosmotischen Drucks zu Anreicherung von Flüssig-keiten in den Geweben, besonders im Lungengewebe, führen muß. Unteranderem kann es zu einem cardiopulmonalen Ödem kommen.

Für verschiedene Tierspezies wurde über eine Abnahme der Serumpro-teinkonzentration nach Gammabestrahlung berichtet, so für Beagle-Hunde

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(WAGNER et. al. 1980), für Kaninchen und Ratten (MESSERSCHMIDTet. al. 1984) sowie für Miniaturschweine (SIEGL 1986); ein derartig star-ker Rückgang wurde aber dort nicht festgestellt.

Eine mit den Auswirkungen der Mischfeldstrahlung vergleichbare Abnah-me der Serumproteine wurde bei Ratten festgestellt, die mit einer offenenHautwunde belastet und zudem bestrahlt waren (MESSERSCHMIDT et.al. 1984). Ein Rückgang der Eiweißkonzentration um 30% innerhalb desersten Tages nach Bestrahlung, wie er durch die Mischfeldbestrahlung ver-ursacht wurde, trat aber auch dort nicht auf.

Als Ursache für die starke Abnahme der Serumproteine kann eine allge-mein katabole Stoffwechsellage mit Proteolyse in verschiedenen Organenangesehen werden. Allerdings ist der Anstieg der Aminosäurenkonzentra-tion im Serum nicht stärker als nach Gammabestrahlung. Eine intensivereAusschwemmung der Aminosäuren mit höherem Flüssigkeitsverlust ist alsErklärung unwahrscheinlich, da das Körpergewicht der im Mischfeld be-strahlten Ratten nach einem kurzen Anstieg am ersten Tag und einer Ab-nahme bis zum 4. Tag p.r. wieder kontinuierlich zunahm, während die nie-drigsten Serumproteinwerte am 10. Tag p.r. gemessen wurden. Aus demgleichen Grund kann auch eine stark verminderte Futteraufnahme odereine schwerwiegend gestörte Resorption der Nahrung nicht als Haupt-grund für die Hypoproteinämie angesehen werden. Ein umfangreicher Ab-bau von Aminosäuren dürfte ebenfalls nicht erfolgt sein, da nur am 10. Tagp.r. ein signifikanter Anstieg der Harnstoffkonzentration zu beobachtenwar. So bleibt eine durch die Neutronenbestrahlung bedingte Störung derProteinsynthese, vor allem in Thymus und Milz, als wesentliche Erklä-rung für die stark erniedrigte Serumproteinkonzentration bis zum 20. Tagnach Bestrahlung.

Der Rückgang der Aktivitäten der Serumenzyme GPT und Cholinesterasekönnte ebenfalls durch gestörte Proteinsynthese und mit dem allgemeinenEiweißmangelzustand zu erklären sein. Die Werte für Harnstoff undKreatinin zeigen eine weitgehend normale Nierenfunktion nach Bestrah-lung an.

Beide Bestrahlungsarten verursachen bei den Ratten eine respiratorischeAzidose, die durch Erhöhung des Bikarbonats nach Mischfeldbestrahlungstärker kompensiert ist als nach Gammabestrahlung. Im Zusammenhangmit der Azidose im Extrazellularraum dürfte die bei beiden Bestrahlungs-gruppen auftretende Hyperkalämie stehen: Die Azidose führt im Aus-tausch gegen H+-Ionen zum Austritt von Kalium aus den Zellen. Die Hy-perkalämie ist bei den im Mischfeld bestrahlten Tieren besonders ausge-prägt. Hier könnte erhöhter Katabolismus, bzw. Zelluntergang eineweitere endogene Quelle für den Kaliumanstieg im Serum sein.

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2. Therapieversuche

Die synthetischen Alkyl-Lyso-Phospholipide („ALP-Substanzen“) sindAnaloge der natürlich vorkommenden „Lysolecithine“, also vonPhosphatidyl-Cholinen, in denen der C2-Acylrest (in der Natur durchPhospholipasen) hydrolytisch abgespalten ist. In hohen Konzentrationenbewirken die Lysolecithine die Auflösung von Membranen; diejenigenVertreter dieser Stoffklasse, die im Säugetierorganismus durch die Wir-kung der in Bienen- und Schlangengift enthaltenen Phospholipase A ent-stehen, bewirken z.B. die Auflösung von Erythrozytenmembranen und da-mit Hämolyse. Andererseits ist bekannt, daß die Applikation von Schlan-gengift von einem gewissen prophylaktischen Strahlenschutzeffektbegleitet ist. Auch die im Lebertran des Eishais (Somniosus microcepha-lus) vorkommenden 1-0-Alkyl-2,3-Diacylglycerine und 1-0-Alkylglycerinezeigen in Studien von BROHULT (1963) und NYSTRÖM (1973) Strahlen-schutzeigenschaften, besonders bezüglich der durch Bestrahlung verur-sachten Leukopenie.

ALP-Substanzen können synthetisch hergestellt werden und somit eröffnetsich eine Vielfalt von Variationsmöglichkeiten, vor allem was die Substi-tuenten am Cl- und C2-Atom des Glycerinkörpers betrifft. Besonders inHinblick auf die Fähigkeit, die Leukopoese nach Bestrahlung zu stimulie-ren, ergibt sich daher die Möglichkeit, verschiedene Vertreter aus derStoffklasse der ALP-Substanzen auf ihre prophylaktische und therapeuti-sche Aktivität gegenüber der Strahlenkrankheit zu untersuchen. Auf dieseWeise sollte eine Substanz gefunden werden, die bei verhältnismäßig ge-ringer Toxizität eine möglichst gute Wirkung entfaltet. Dieses Ziel konntejedoch bisher nicht erreicht werden. Die größte Wirkung wurde durchET-18-OCH3 erzielt, das ist jedoch auch diejenige der untersuchten ALP-Substanzen, die bei weitem die stärkste Toxizität aufwies.

Über die Wirksamkeit von ET-18-OCH3 gegenüber der akuten Strahlen-krankheit liegen bisher relativ wenige Untersuchungen vor, die sich aufdas Tierexperiment und auf in vitro-Beobachtungen stützen können. Pa-tienten, die mit so hohen Strahlendosen belastet würden, daß eine letaleStrahlenkrankheit die Folge ist, müßten nach den heutigen Erkenntnisseneine intensivmedizinische Behandlung bis zur Knochenmarkstransplanta-tion erfahren, die dann allerdings nur einem beschränkten Personenkreiszugute kommen könnte. Um in einer Katastrophensituation einen größerenPersonenkreis zu behandeln, bedarf es einer Chemotherapie mit leichtapplizierbaren Medikamenten. Während mit dem „Chemischen Strahlen-schutz“ bereits vielversprechende Ansätze für eine Prophylaxe gegebensind, steht etwas derartiges für eine Therapie des Strahlenschadens mitHilfe chemischer Substanzen noch aus. Damit bleibt eine der vordringlich-sten Forderungen für den Zivil- und Katastrophenschutz nach wie vor be-stehen.

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Aus den berichteten Untersuchungsdaten geht hervor, daß ET-18-OCH3 ineiner Dosierung, die keine erkennbare Toxizität mit sich brachte, dasÜberleben von Mäusen, die einer (mittel-)letalen Bestrahlung ausgesetztwaren, signifikant begünstigte und einen positiven Einfluß auf die strah-lenbedingte Leukopenie hatte. Dies gilt sowohl bei Behandlung vor alsauch nach der Bestrahlung. Damit scheint eine Möglichkeit gegeben, diederzeitige Situation bei der medikamentösen Behandlung der Strahlen-krankheit zu verbessern.

Folgende für die Therapie des Strahlenschadens relevante Eigenschaftenvon Ätherlipiden sind bekannt:

- Steigerung der Überlebensrate bei Nagetieren nach Bestrahlung (u.a.BERDEL [1983])

- Anhebung der Leukozytenzahl bei bestrahlten Nagetieren (u.a. BIT-TER [1983])

- Anhebung der Leukozytenzahl bei Strahlentherapiepatienten (BRO-HULT [1963] und MANGOLD [1983])

Speziell für die Untergruppe der methoxy-substituierten Alkyllysophos-pholipide, zu denen neben dem ET-18-OCH3 die hier als ALP 2 bezeich-nete Substanz gehört, sind folgende Eigenschaften bekannt:- Antibiotische Wirkung gegen verschiedene Bakterientypen, besonders

gegen Corynebacterium Hofmannii, Diplococcus pneumoniae, Staphy-lococcus pyogenes, Streptococcus pyogenes, S. viridans (BOERYD[1971]) sowie fungistatische bzw. fungizide Wirkung;

- Stimulierende Wirkung der humoralen Immunaktivität (gemessen ander Zahl der plaquebildenden Zellen) von Mäusen gegen Schaferythro-zyten sowie der zellulären Immunabwehr von Mäusen;

- Die Fähigkeit parentaler Milzzellen, eine Transplantatabstoßungsreak-tion (graft-versus-host reaction, GVHR) zu induzieren, nimmt beiALP-Behandlung der Milzzeil-Donatormäuse zu. Nach MUNDER(1983) können ALP-Substanzen die Phagozytosefähigkeit von Makro-phagen signifikant steigern (vor allem ET-18-OCH3);

- ALP-Substanzen aktivieren eine unspezifische Wirtsresistenz gegenTumore (MUNDER 1981). Sie können bei neutronenbestrahlten Mäu-sen die Entstehung von Tumoren verhindern.

Die höhere Wirksamkeit des ET-18-OCH3 im Vergleich zu anderen ALP-Substanzen bei der Behandlung von Strahlenschäden legt einen Vergleichzur Anti-Tumorwirkung der Alkyllysophospholipide nahe. Selektive Zyto-toxizität, Makrophagenaktivierung und schwere Metabolisierbarkeit sindbeim ET-18-OCH3 am deutlichsten ausgeprägt und werden als Grundlagefür die Anti-Tumorwirkung angesehen.

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Die Zytotoxizität des Medikamentes kommt durch Einwirkung von Phos-pholipase C auf die Substanz zustande, sowohl Normal- als auch Tumor-zellen sind davon betroffen. Eine Entgiftung erfolgt in Normalzellen durchO-alkylspaltende Enzyme, die in Tumorzellen nur in geringen Konzentra-tionen bzw. nicht vorhanden sind. (EIBL 1984, MANGOLD 1983, MES-SERSCHMIDT 1985). Untersuchungen an normalen menschlichen Lun-genfibroblasten bzw. menschlichen Knochenmarkszellen (MUNDER1985, TRÄUBLE 1975, UNGER 1985) zeigen, daß die Normalzelle durchALP-Dosen, die bei Tumorzellen letzten Endes zum Zelluntergang fuhren,weit weniger beeinträchtigt werden; vor allem findet keine Zellzerstörungstatt. Die H3-Thymidin-Aufnahme wird meßbar beeinträchtigt. Wegen derlangsamen Metabolisierung bzw. Entgiftung kann man annehmen, daßauch die Normalzelle temporär beeinträchtigt ist. Die positive Wirkungauf den bestrahlten Organismus kann daher hypothetisch so erklärt wer-den, daß durch den temporären zytotoxischen Einfluß „strahlenresistente“Phasen des Zellzyklus verlängert werden, so daß der durch Strahlung ge-schädigten Zelle mehr Zeit bleibt, die entstandenen Schäden, vor allem ander DNA, zu reparieren.

Als wenig strahlenempfindlich gelten der „mittlere“ Teil der G1-Phaseund ein Großteil der S-Phase. Zellen, die zum Zeitpunkt der Einwirkunggeringere Strahlendosen in einer dieser Phasen waren, teilen sich meistunverändert weiter. Steigt jedoch die Strahlendosis, nimmt die Zahl derüberlebenden, teilungsfähigen Zellen ab, obwohl die entsprechende wider-standsfähige Zellphase durch die Bestrahlung verlängert sein kann. DiesesPhänomen könnte man so interpretieren, daß die Zellphase, in der Repara-turen (an der DNA) möglich sind, nicht ausreichend lang war, um die beihöherer Dosis gehäuft auftretenden Schäden soweit zu reparieren, als diesnötig wäre, um die kritischen Phasen im Zellzyklus (z.B. Mitose) zu beste-hen. Es kommt zum Interphase-Tod der Zelle oder nach einer oder mehre-ren Teilungen zum reproduktiven Tod.

Wird jedoch durch toxische Einwirkung von außen der normale Zellzyklusgestört, verharrt die Zelle dadurch in der jeweiligen Phase, bis die toxischeStörung beseitigt ist. So kann bei denjenigen Zellen, die sich bei Beginnder toxischen Wirkung in einer für die Reparatur günstigen Phase befan-den, durch Verlängerung dieser Phase die normale Zellteilungsfähigkeitwieder hergestellt werden.

Je höher der Anteil der Zellen ist, die nach Beginn der Strahleneinwirkungin einer günstigen Phase festgehalten werden, desto deutlicher wird derEinfluß der Bestrahlung auf eine Zellpopulation bzw. auf einen Organis-mus gemildert. Nach diesen Vorstellungen müßte die größte Wirksamkeitbei Gabe von ET-18-OCH3 vor Bestrahlung zu beobachten sein und sichbei Gabe nach Bestrahlung mit zunehmendem zeitlichen Abstand verrin-gern. Dies stimmt mit den experimentellen Befunden überein.

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Bezüglich des ET-18-OCH3 gibt sich aus strahlenbiologischer bzw. kata-strophenmedizinischer Sicht die einmalige Situation, daß ein Medika-ment, das aufgrund von Tierversuchen eine positive Wirkung gegenüberder akuten Strahlenkrankheit auch beim Menschen erwarten läßt, in ande-rem Zusammenhang bereits in der klinischen Erprobung steht. Da dieSubstanz als wirksames Medikament in der Tumortherapie eingesetztwird, wenn auch bei Patienten mit schlechter Prognose, können die hiergewonnenen Erkenntnisse, besonders was die Verträglichkeit beim Men-schen betrifft, auch für Erwägungen über Therapie von möglichen Strah-lenopfern herangezogen werden.

Wenn auch signifikante Verbesserungen der Situation ganzkörperbestrahl-ter Mäuse durch die Behandlung mit ET-18-OCH3 nachzuweisen waren,so zeigen die hier vorgestellten Ergebnisse jedoch auch, daß die Behand-lungserfolge begrenzt sind. Besonders wird dies an den Thrombozytenzah-len deutlich, die durch die Behandlung nicht regelmäßig und nicht in nen-nenswerten Größenordnungen angehoben werden konnten. MangelndeBlutgerinnungsfähigkeit, innere Blutungen führen damit direkt oder indi-rekt (Gewichtsabnahme u.a. durch Verringerung der Nahrungsaufnahmebei Magenbluten u.a.) zum Tod der Mäuse, die im Zustand der Granulozy-topenie weniger infektanfällig sind als der Mensch. Auf die zusätzlicheBedeutung von Eiweiß-Mangelzuständen, vor allem nach Neutronenbe-strahlung, die ebenfalls durch die Behandlung mit ET-18-OCH3 nicht sig-nifikant zu verbessern sind, wurde bereits hingewiesen.

Weitere Einschränkungen liegen darin, daß die perorale Anwendung weitweniger wirksam war als die parenterale. Die prophylaktische Wirkung istgrößer als die therapeutische, die sich bei Mäusen verliert, wenn die Be-handlung erst einige Stunden nach der Bestrahlung einsetzt. Dies und diewohl zur Wirkung erforderliche Toxizität führten zur oben formuliertenHypothese über den Wirkungsmechanismus, ebenso wie die Tatsache, daßmehrmalige Applikationen die Wirkung nicht verbessern. Zur Beurteilungeiner Applikation beim Menschen muß man berücksichtigen, daß die An-wendungsdauer nach Bestrahlung wohl größer ist als bei den Mäusen, beidenen Stoffwechselvorgänge schneller ablaufen und daß im Zuge derKrebstherapie verträglichere Anwendungsformen entwickelt werden.

Aus den oben dargestellten Wirkungsmöglichkeiten der ALP-Substanzengeht auch hervor, daß die Zytotoxizität nicht die einzige Wirkungsgrund-lage sein muß.

Nachdem sich gezeigt hatte, daß die Wirkung von ET-18-OCH3 zwardeutlich, aber im ganzen doch nicht befriedigend war und daß andereALP-Substanzen weniger wirksam waren, wurde versucht, durch Kombi-nationen von Medikamenten bessere Therapieeffekte zu erreichen. Dieswurde im chemischen Strahlenschutz bereits versucht (MAISIN et al.

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1968), wobei gute prophylaktische Effekte erreicht wurden. Als für Kom-bination mit ALP-Substanzen geeignete Stoffe boten sich vor allem Verbin-dungen des zyklischen Adenosinmonophosphates an, die, wie im Ergeb-nisteil geschildert, bereits als Einzelsubstanzen einen positiven Einfluß auf(Neutronen-)bestrahlte Mäuse erwiesen hatten.

Umfangreiche Untersuchungen wurden mit zyklischem Adenosinmono-phospat sowie einem seiner Fettsäure-substituierten Derivate durchge-führt. Ausgangspunkt waren Pilotversuche, mit Ratten, die nach Bestrah-lung signifikante Verbesserungen der Überlebensrate sowie der Thrombo-penie durch die Behandlung anzeigten. In zahlreichen Bestrahlungsver-suchen konnte zwar eine Steigerung der Überlebensrate durch die Thera-pie mit cAMP bestätigt werden, nicht jedoch die positive Wirkung auf dieThrombozytenzahlen bestrahlter Tiere. Dies gilt auch für das Dibutyryl-Derivat.

Viele Wirkungen des zyklischen AMP lassen sich über die Aktivierungvon mehr oder minder spezifischen Proteinkinasen erklären. Durch diewirksame regulatorische Untereinheit der Proteinkinasen steuert dascAMP als „second messenger“ in der Leber vorwiegend den Glykogen-umsatz, im Fettgewebe die Lipolyse, in den Pankreasinseln die Insulinpro-duktion, in der Nebennierenrinde die Steroidsythese, in der Niere die Per-meabilität und im Magen die Säuresekretion. Da das cAMP Membranennur schwer passieren kann und seine Wirkung weitgehend auf das Kom-partiment, in dem es gebildet wird, beschränkt bleibt, wurde wegen derbesseren Permeabilität v.a. das Dibutyryl-Derivat untersucht. CyclischesAMP, das also in hohem Maß für die Aufrechterhaltung eines normalenZustandes der Zellen verantwortlich ist, wird durch Bestrahlung physiolo-gisch inaktiviert und chemisch modifiziert. SCHACHINGER et al. (1982)zeigten, daß bestrahltes Dibutyryl-cAMP die physiologische Aktivität vonunbestrahltem Dibutyryl-cAMP im glatten Muskelgewebe hemmt. DacAMP für die Zellmembran kaum permeabel ist, kann bezweifelt werden,daß das exogen zugeführte cAMP auf direktem Weg die Konzentration vonphysiologisch aktivem cAMP in der Zelle erhöht. Andererseits ist gezeigtworden (MAC MANUS et al., 1969), daß cAMP nicht unbedingt in dieEffektorzellen einzudringen braucht, um die DNA-Synthese oder die Pro-liferation von hämatopoetischem Gewebe zu fördern.

Es wurde noch eine Reihe anderer Substanzen zu Therapieversuchen ein-gesetzt, etwa Azimexon, von dem berichtet wurde, daß es nach Röntgen-bestrahlung mit 200 R eine schnellere Erholung verschiedener Parameterdes peripheren Blutes und des Knochenmarks bewirken kann (FRIED-BERG et al., 1983).

Gegenüber mittel-letaler Bestrahlung reichte die Azimexon-Behandlungjedoch nicht zur signifikanten Steigerung der Überlebensraten aus, eben-

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sowenig wie die Behandlung mit Silymarin (FLEMMING, 1971), ATP(MANNA et al., 1970) oder Vitamin B12 (SOPIN et al., 1970).

Diese Substanzen wurden auch in Kombinationsversuchen eingesetzt. Da-bei sind Kombinationen mit ET-18-OCH3 oder cAMP-Verbindungen be-sonders interessant sie hatten bereits als Einzelsubstanzen Therapieerfolgeerbracht. Anhand von Letalitäts- und hämatologischen Untersuchungenzeigte sich, daß die therapeutische Wirkung der Einzelsubstanzen auch inder Kombination mit anderen Substanzen erhalten blieb, jedoch war kaumeine Verbesserung der Wirkung festzustellen. Am erfolgreichsten warenKombinationen von ET-18-OCH3 und Dibutyryl-cAMP. Hier kann mandavon ausgehen, daß es nicht zu störenden Wechselwirkungen zwischenden beiden Substanzen gekommen ist. Dennoch konnten die Überlebens-raten und die Situation im peripheren Blut nach Bestrahlung nicht so deut-lich verbessert werden, daß die bei der Diskussion der ALP-Verbindungenerwähnten Einschränkungen der Eignung beseitigt würden.

Insbesondere konnte keine deutliche Verbesserung der Thrombopenie er-reicht werden. Eine deutliche Steigerung der Granulozyten-Konzentrationzwischen dem 10.—14. Tag nach Bestrahlung, also in dem Zeitraum, indem die Mäuse sterben würden, hat wahrscheinlich bei gleichzeitigerThrombopenie keine entscheidende Bedeutung für das Überleben derMäuse.

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Die Autoren

Messerschmidt, OtfriedProfessor Dr. med.Mortonstr. 138000 München 45

Bitter, AlfonsDiplombiologeMarienstr. 28057 Eching

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