Zivilschutz in der Bundesrepublik Deutschland · 2014. 3. 22. · 1/1 Zivilschutz in der...

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1/1 Zivilschutz in der Bundesrepublik Deutschland 1. Allgemeines Die Aufgaben und Begriffe der Gesamtverteidigung der Bundesrepublik Deutschland werden im Erl des Bundesministers des Innern vom 7. Juli 1964 definiert und verbindlich festgelegt. Die Gesamtverteidigung umfaßt danach die militärische Verteidigung und die zlvlle Vertei- digung. Aus dem wirksamen Zusammenspiel beider und ihrer gegenseitigen Unterstützung entsteht das Konzept der Gesamtverteidigung. Während sich die militärische Verteidigung in die militärische Verteidigung im NATO-Bereich und die militärische Verteidigung im nationalen Bereich gliedert, erfährt die zivile Verteidigung (Zivilverteidigung) eine Gliederung analog in - zivile Verteidigung im NATO-Bereich und - zivile Verteidigung im nationalen Bereich. Die zivile Verteidigung Im nationalen Bereich erfaßt die Vorbereitung und Durchführung aller zivilen Verteidigungsmaßnahmen im nationalen Bereich. Im einzelnen zählen dazu folgend e Aufgaben: (1) Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt (Gesetz- gebungsfunktionen, Rechtspflege, Regierungs- und Verwaltungs- funktionen, Sicherheit und Ordnung, Informationswesen), (2) Zivilschutz (alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Be- völkerung, lebens- und verteidigungswichtige zivile Betriebe und Anlagen vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern), (3) Versorgung (Versorgung der Bevölkerung, der zivilen Einsatz- verbände, der Streitkräfte und der sonstigen öffentlichen und privaten Bedarfsträger mit Gütern und Leistungen sowie Deckung des lebens- und verteidigungswichtigen personellen Bedarfs), (4) Unterstützung der Streitkräfte (Maßnahmen im zivilen Bereich, die der Unterstützung der Operationsfreiheit und der Opera- tionsfähigkeit der Streitkräfte dienen). Dem Zivilschutz obliegen gemäß Erlaß vom 7. Juli 1964 folgende Aufgaben: Selbstschutz, Warn- und Alarmdienst, Katastrophenschutz (früher: LSHD) Schutzbau, Aufenthaltsregelung, Gesundheitswesen, Schutz von Kulturgut. Der Beitrag, den der Zivilschutz bei Erfüllung dieser Aufgaben gleichzeitig für die Katastro- phenhilfe in Friedenszeiten zu leisten vermag, darf nicht unterschätzt werden. Die Friedens- wirksamkeit der Zivilschutzvorkehrungen zeigt sich auch bei Katastrophen und humanitären Hilfsmaßnahmen im Ausland. Schwerpunkt des Zivilschutzes und somit der zivilen Verteidigung in der Bundesrepublik ist der Katastrophenschutz. Durch das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes (KatSG) vom 9. Juli 1968 erfährt dieser besondere Förderung.

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1/1 Zivilschutz in der Bundesrepublik Deutschland

1. Allgemeines Die Aufgaben und Begriffe der Gesamtverteidigung der Bundesrepublik Deutschland werden im Erlaß des Bundesministers des Innern vom 7. Juli 1964 definiert und verbindlich festgelegt. Die Gesamtverteidigung umfaßt danach die militärische Verteidigung und die zlvlle Vertei-digung. Aus dem wirksamen Zusammenspiel beider und ihrer gegenseitigen Unterstützung entsteht das Konzept der Gesamtverteidigung.

Während sich die militärische Verteidigung in die militärische Verteidigung im NATO-Bereich und die militärische Verteidigung im nationalen Bereich gliedert, erfährt die zivile Verteidigung (Zivilverteidigung) eine Gliederung analog in

- zivile Verteidigung im NATO-Bereich und - zivile Verteidigung im nationalen Bereich .

Die zivile Verteidigung Im nationalen Bereich erfaßt die Vorbereitung und Durchführung aller zivilen Verteidigungsmaßnahmen im nationalen Bereich. Im einzelnen zählen dazu folgende Aufgaben:

(1) Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsgewalt (Gesetz-gebungsfunktionen, Rechtspflege, Regierungs- und Verwaltungs-funktionen, Sicherheit und Ordnung , Informationswesen),

(2) Zivilschutz (alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Be-völkerung, lebens- und verteidigungswichtige zivile Betriebe und Anlagen vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern) ,

(3) Versorgung (Versorgung der Bevölkerung , der zivilen Einsatz-verbände, der Streitkräfte und der sonstigen öffentlichen und privaten Bedarfsträger mit Gütern und Leistungen sowie Deckung des lebens- und verteidigungswichtigen personellen Bedarfs),

(4) Unterstützung der Streitkräfte (Maßnahmen im zivilen Bereich, die der Unterstützung der Operationsfreiheit und der Opera-tionsfähigkeit der Streitkräfte dienen).

Dem Zivilschutz obliegen gemäß Erlaß vom 7. Juli 1964 folgende Aufgaben: Selbstschutz, Warn- und Alarmdienst, Katastrophenschutz (früher: LSHD) Schutzbau, Aufenthaltsregelung, Gesundheitswesen, Schutz von Kulturgut.

Der Beitrag, den der Zivilschutz bei Erfüllung dieser Aufgaben gleichzeitig für die Katastro-phenhilfe in Friedenszeiten zu leisten vermag, darf nicht unterschätzt werden. Die Friedens-wirksamkeit der Zivilschutzvorkehrungen zeigt sich auch bei Katastrophen und humanitären Hilfsmaßnahmen im Ausland.

Schwerpunkt des Zivilschutzes und somit der zivilen Verteidigung in der Bundesrepublik ist der Katastrophenschutz. Durch das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes (KatSG) vom 9. Juli 1968 erfährt dieser besondere Förderung.

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2. Aufbau und Zusammensetzung des Katastrophenschutzes Die Einheiten und Einrichtungen des friedensmäßigen Katastrophenschutzes übernehmen nach § 1 KatSG auch die Hilfeleistung im Verteidigungsfall. Sie werden für diesen Fall verstärkt und ergänzt.

Während den öffentlich-rechtlich organisierten Hilfsorganisationen Kommunale Feuerwehren (freiwillige, Pflicht- und Berufsfeuerwehren) mit mehr als 950 000 Mann *), im Deutschen Feuerwehrverband jedoch privatrechtlich zusammengeschlossen, Technisches Hilfswerk mit etwa 70 000 Helfern und Bayerisches Rotes Kreuz (im Gegensatz zu den anderen Landesverbän-den des Deutschen Roten Kreuzes Körperschaft des öffentlichen Rechts)

im KatSG der gesetzliche Auftrag erteilt wird, ihren Aufgabenbereich auch auf die besonderen Gefahren auszudehnen, die im Verteidigungsfall drohen, wird den privatrechtlich 'organisierten Hilfsorganisationen, soweit sie geeignet sind, dieser Auftrag für ihre Einheiten und Einrich-tungen angeboten.

Das Verfahren für die Mitwirkung im Katastrophenschutz regelt die allgemeine Verwaltu ngs-vorschrift über die Organisation des Katastrophenschutzes (KatS-Organisation-VwV) . Danach soll das Bundesamt für Zivilschutz (BZS) bzw. die oberste Landesbehörde feststellen, welche privatrechtlich organisierten Hilfsorganisationen zur Mitwirkung geeignet sind.

Für die privatrechtlich organisierten Organisationen Arbeiter-Samariterbund, Deutsches Rotes Kreuz, Malteser-Hilfsdienst und Johanniter-Unfallhilfe

stellt die KatS-Org-VwV die Eignung bereits fest. Die Eignung der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft

wurde nachträglich vom BZS gern. KatSG-Org-VwV Nr. 5. (1) festgestellt.

Der Organisationsplan des Katastrophenschutzes sieht eine Gliederung in Fachdienste und taktische Einheiten vor (§ 4 KatSG). Die Fachdienste umfassen den

Brandschutz, Bergungsdienst, lnstandsetzungsdienst, Sanitätsdienst, Betreuungsdienst, ABC-Dienst, Veterinärdienst , Fernmeldedienst, Versorgungsdienst.

Der Bundesminister des Innern legt im Benehmen mit den zuständigen obersten Landes-behörden die Stärke und Gliederung des Katastrophenschutzes in den Ländern fest. Für die in den kreisfreien Städten und Landkreisen einzurichtenden Teile des Katastrophenschutzes werden Stärke und Gliederung von den zuständigen obersten Landesbehörden bestimmt (§ 4 Abs. 2 KatSG).

Als Gesamtstärke des Katastrophenschutzes, der sich aus dem friedensmäßigen Katastrophen-schutz der Länder und seiner Verstärkung und Ergänzung durch den Bund zusammensetzt, wird vorerst 1 Prozent der Bevölkerung angestrebt.

Die taktische Einheit des Katastrophenschutzes ist in der Regel der Zug. Es können aber auch Bereitschaften, die sich aus mehreren Zügen zusammensetzen, sowie Gruppen und Trupps als taktische Einheiten gebildet werden.

Die Ausbildung und Ausstattung des Katastrophenschutzes für die Aufgaben im Frieden ist Sache der Länder, Kreise und Gemeinden. Vom Bund wird zusätzliche Ausrüstung für die Aufgaben im Verteidigungsfall geliefert.

") etwa 825 000 freiwillige Wehrmänner, 20 000 Berufsfeuerwehrmänner, 41 000 Werkfeuerwehrmänner, 70 000 Jungmänner

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Die Mitwirkung der Helfer im Katastrophenschutz erfolgt freiwillig und ehrenamtlich. Es können auch zeitlich festgelegte Dienstverpflichtungen eingegangen werden (§ 8 (1) KatSG ). Unter gewissen Bedingungen ist eine Freistellung vom Wehrdienst möglich (§ 8 (2) KatSG ).

3. Ausbildung Träger der Ausbildung im Katastrophenschutz ist grundsätzlich die Organisation, die für den von ihr gestellten Fachdienst die gesamte Ausbildung am Standort durchführt.

Die Helfer erhalten eine friedensmäßige Ausbildung und eine zusätzl iche Ausbildung für die besonderen Anforderungen im Verteidigungsfall.

Die zusätzliche Ausbildung erfolgt nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die zusätz· liehe Ausbildung (KatS-Ausbildung-VwV) und wird von den Führern und Unterführern der betreffenden Organisation wahrgenommen. Diese ist dem Hauptverwaltungsbeamten für die ordnungsgemäße Durchführung der Ausbildung verantwortlich.

Helfer, die besondere Tätigkeiten ausführen sollen, wie Unterführer und Zugführer, werden an den Katastrophenschutzschulen der Länder (KSL) ausgebildet, deren Kosten nach dem KatSG der Bund trägt, sowie an den Landesfeuerwehrschulen und an den organisations-eigenen Schulen.

Führungskräfte erhalten ihre Ausbildung an der Katastrophenschutzschule des Bundes (KSB) Ahrweiler bzw. an der Außenstelle derselben in Hoya.

Mit Inkrafttreten des KatSG mußte das THW auf seine eigenen Schulen verzichten. Die Aus-bildung sei ner Führer und Unterführer findet daher für den Bergungsdienst an den KSL, für die Führer und Unterführer des lnstandsetzungsdienstes an der KSB Ahrweiler statt.

Die KSB Ahrweiler und die Außenstelle Hoya decken auch den Bedarf an THW-organisations-internen Sonderlehrgängen und bi lden die vom THW benötigten Spezialisten (z. B. Aubo-Fahrer, Fährenführer, Feldköche, Kraftfahrer, Verwaltungshelfer etc.) aus.

4. Ausstattung Die Ausstattung der Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes erfolgt nach ein-heitlichen Gesichtspunkten. Art und Umfang der Ausstattung richten sich nach den Stärke-und Ausrüstungsnachweisungen (STAN) sowie nach der Funktion des betreffenden Fach-dienstes.

Die vom Bund zusätzlich zu beschaffende Ausstattung des Katastrophenschutzes (KatS-Aus-stattung-VwV) erstreckt sich auf

STAN-Ausstattung (Fahrzeuge, Gerät und sonstiges Material im Rahmen der Ergänzung und Verstärkung), Betriebsgüter (zur Verwaltung und Verwendung der zusätzlichen Aus-stattung notwendiges Material) , Vorratsgüter (zur Versorgung im Verteidigungsfall bevorratetes Material), Einrichtungsgegenstände (für die Unterbringung und Materialerhaltung der zusätzlichen Ausstattung notwendige Gegenstände).

Aus der STAN sind Gliederung, Personalstärke und Ausstattung jeder Einheit ersichtlich. Neben den Erstfunktionen der Helfer sind auch deren Zweit- und Drittfunktionen ablesbar.

Die Auffüllung und Verstärkung der Einheiten des Katastrophenschutzes und ihre Ergänzung mit besonderem Gerät für den Verteidigungsfall erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Die Beschaffungen müssen daher über einen längeren Zeitraum verteilt werden. Allen Fragen der Materialerhaltung und der Notwendigkeit, die Ausstattung möglichst zu standardisieren, kommt somit große Bedeutung zu.

Zwecks Pflege und Erhaltung des Materials betreiben die Länder auf Kosten des Bundes Zentralwerkstätten. Diese Werkstätten bedürfen einer steten Erweiterung und Verbesserung

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wegen des wachsenden Bestandes an Ausstattung und der erforderlichen Anpassung an den neuesen technischen Stand. Den Werkstätten obliegt zusätzlich die Eigenüberwachung der Fahrzeuge nach § 29 StVZO und die Betreuung der Fahrzeuge auch des friedensmäßigen Katastrophenschutzes.

5. Freiwilligkeit Der Zivilschutz in der Bundesrepublik Deutschland beruht auf dem Prinzip der Freiwilligkeit (KatSG § 8 (1)). Seine Grundlage ist die Hilfsbereitschaft der Menschen, die bereits in beträchtlichem Maß in dem Idealismus der Helfer, die in den verschiedenen Organisationen des Katastrophenschutzes Dienst tun, ihren Ausdruck findet.

Einern Wehrpflichtigen bietet der Absatz 2 des § 8 des KatSG unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, sich vom Wehrdienst freistellen zu lassen, wenn er sich auf mindestens zehn Jahre zum Dienst im Katastrophenschutz verpflichtet hat und in diesem tatsächlich mit-wirkt. Auch er leistet seinen Dienst im Katastrophenschutz freiwillig.

Mitwirken im Katastrophenschutz bedeutet, an allen dienstlichen Veranstaltungen teilnehmen, wobei es keine Rolle spielen darf, ob es sich um Ausbildungs- und Übungsveranstaltungen oder um Einsätze handelt. Das Zivilschutzgesetz setzt für Ausbildungsveranstaltungen eine Grenze von jährlich 200 Stunden {ZSG § 9 (1)).

Jeder Helfer im Katastrophenschutz muß sich bewußt sein, daß er seiner Organisation frei-willig angehört und zu seiner Entscheidung von niemand gezwungen worden ist Die Gründe. die ihn zum Eingehen der Verpflichtung veranlaßt haben, sind im Nachhinein unerheblich .

6. Rechte der Helfer Der Gesetzgeber hat verhindert, daß den Helfern im Katastrophenschutz über ihre Mitwirkung hinaus noch ein materieller Schaden entsteht. Das KatSG schreibt daher in § 9 Absatz 2 vor, daß den Helfern im Katastrophenschutz keine Nachteile im Arbeitsverhältnis und im Sozial-und im Arbeitslosenversicherungsverhältnis erwachsen dürfen.

Im übrigen richten sich die Rechtsverhältnisse der Helfer nach dem Landesrecht, das auch für die jeweilige Organisation gilt Die Regelungen können demnach von Land zu Land unter-schiedlich sein. Soweit Vorschriften fehlen, ist nach dem Recht der freiwilligen Feuerwehren zu verfahren.

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