ZÜRCHER KULTUR - static.nzz.ch · Köbi und Kroki in Züri Stephan Pörtner liest heute in der P 3...

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44 Mittwoch, 7. Mai 2003 Nr. 104 ZÜRCHER KULTUR Hope & Glory NeuöZürcörZäitung Genius Loci Der Geist in der Maschine Architekten, Künstler und Emigranten trafen sich in den dreissiger Jahren im Zett-Haus Seit 71 Jahren steht an der Badener- strasse 16/18 das Zett-Haus, ein wich- tiger Zeuge des Neuen Bauens in Zü- rich. Das Gebäude am Stauffacher ist nicht nur architekturhistorisch von her- ausragender Bedeutung: In den dreis- siger Jahren fanden hier Emigranten Zuflucht vor Verfolgung, Schriftsteller, Theaterleute und Künstler gingen ein und aus. Doch nach dem Krieg begann der Niedergang des Gebäudes, das sich heute kaum noch von anderen Ge- schäftshäusern unterscheidet. Wo ist das Zett-Haus? Der konkrete Künstler Richard Paul Lohse erinnerte sich im hohen Alter anlässlich eines Beitrags für einen Kunsthaus- Katalog noch an Emigranten, die in den dreissi- ger Jahren mit einem Koffer in der Hand durch die Stadt Zürich irrten und im Zett-Haus Zuflucht suchten. Sie hatten im Ausland von diesem eigen- artigen Soziotop am Tor zu Aussersihl gehört, wo sich ein Teil der Zürcher Künstlerszene kristalli- sierte und politische Flüchtlinge Unterschlupf fanden. Hier strandeten Arbeiter und Intellek- tuelle, die sich durch ihren Kampf gegen Hitler exponiert hatten. Mittellos und von den Behör- den verfolgt, muss ihnen allerdings mulmig ge- worden sein beim Anblick des Zett-Hauses, dieses strahlend weissen Schlittens, Baujahr 1931/32, hochmodern und weltstädtisch, mit Kino, Restau- rant und dem Bijouterie-Geschäft Meyer, mitten in den ärmlichen Blockrandsiedlungen des Arbei- terquartiers. Hätten die Flüchtlinge den Swim- mingpool auf der Terrasse gesehen und die Tief- garage mit Drehscheibe oder gar die Konstruktion des Kinodaches, das man in lauen Sommernäch- ten öffnen konnte - der Mut, hier um Asyl nach- zufragen, hätte sie vielleicht ganz verlassen. Köbi und Kroki in Züri Stephan Pörtner liest heute in der P 3 Seit 1986 lebt Stephan Pörtner im Kreis 4. Seit 1998 schreibt er seine «Köbi»-Romane. 2002 hat er den dritten vorgelegt - wieder eine charmante und muntere Hommage an sein Quartier, an seine Heimatstadt, inklusive Glossarium für jene, die das hiesige Idiom nicht beherrschen; aber auch wieder ein Krimi von zweifelhaftem genretypi- schem (geschweige denn literarischem) Reiz. Sein Amateurdetektiv Köbi ist diesmal zwischen Irchelpark und Seefeld und seiner eigenen Woh- nung an der Langstrasse unterwegs, um ein altes Liebespaar zusammenzuführen und den Greis vor dem Burghölzli zu bewahren; er gerät ins Satanis- tenmilieu, dreht in einem Fitnessanfall seine «Forchrunden» auf dem «Renner», lernt eine schöne junge Frau und ein paar fiese junge Män- ner kennen, und abends erzählt er seinem Kroko- dil Gute-Nacht-Geschichten ohne Happy End. In Stephan Pörtners Langstrassentrilogie - «Köbi der Held» (1998), «Kein Konto für Köbi» (2000) und «Köbi Krokodil» (2002) - schaut sich der in der Regel arbeitslose, treuherzige Held ohne Weinerlichkeit und ohne Weichmacher in seiner Stadt um, entdeckt die Pausenhöfe, auf denen schon die Jüngsten verführt, vergewaltigt, zugedröhnt werden, die Territorien der Huren und der Freier. Dann wieder fährt er, fast schon als «Tourist», am Bellevue vorbei. «Es hatte immer etwas Beruhigendes gehabt, vom Bellevue Richtung Stadelhofen zu fahren [. . .] Seit je waren dort dieselben Läden: Sternen, EPA, Galli, Ta- bakfass, Apotheke, Fotohobby, ABM, Parfüme- rie, das Corso, ein Kiosk, der Teppichhändler. [. . .] Unterdessen waren Teppichhändler und ABM eingegangen, ein schlechtes Zeichen.» Andere schlechte Zeichen, die von unserer schwa- chen Konjunktur künden, flicht Pörtner im Nebenbei ein, das Firmensterben etwa oder die «Verspekulierung» neuer Zürcher Trendviertel. Der 1965 geborene Schriftsteller, der seinem Elternhaus im Seefeld als Jugendlicher den Rücken kehrte, ist dem Kreis 4 treu geblieben, denn nichts kratzt ihn mehr, an nichts möchte er mehr kratzen als an prätentiösen Fassaden. Die hat er nicht, und die, immerhin, haben auch seine Romane nicht. Es darf gekratzt werden - heute im «Klub der jungen Dichter» in der P 3, wo Ste- phan Pörtner im Rahmen des Hope-&-Glory-Fes- tivals aus seinen «Köbi»-Romanen liest. Alexandra Kedve s Zürich, Lesung heute in der P 3, Theaterhaus Gessnerallee, 22 Uhr. Stephan Pörtner: Köbi Krokodil. Krösus-Verlag, Zürich 2002. 2 3 5 S., Fr. 35.-. Beim Zett-Haus, hier in einer Aufnahme von 1935, sollten die Ideen des Neuen Bauens von A bis Z umgesetzt werden. (Bild Wolf-Bender, Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich) worfen hatte. Der Erfolg von Bills sechs ganzseiti- gen Inseraten, die 1932 in der NZZ veröffentlicht wurden, hielt sich nämlich in Grenzen, wie die Adressbücher der Stadt Zürich aus den Jahren 1932 bi s 1935 zeigen. Ein Teil der Wohnungen, Läden und Büros blieb leer, wenn auch einige Räume an Ärzte vermietet werden konnten, an Reklameberater, Architekten, Photographen und einen «Graphiker». Mit dieser Berufsbezeichnung liess sich Richard Paul Lohse 1936 ins Adress- buch eintragen. Einer der hier ansässigen Archi- tekten war Emil Roth, später kam Werner Moser nungsbild der Fassade hat mit dem ursprüngli- chen Entwurf kaum mehr etwas zu tun: Die Schaufenster wurden ausgewechselt, Vordächer und Sonnenstoren verändert sowie die Eingänge der Läden neu verteilt. Wie die Zürcher Denk- malpflege in ihrem Bericht 1995/96 schreibt, er- folgte 1953 ein erster Kinoumbau, später wurde ein kleines Studiokino eingefügt. Das Schwimm- becken auf dem Dach wurde vermutlich in den sechziger Jahren zugebaut, nur die Garderoben und Duschen sind heute noch vorhanden. Laut der Schweizerischen Lebensversiche- rungs-Gesellschaft Pax, die seit 1948 im Besitz der Liegenschaft ist, steht eine Restaurierung gegenwärtig nicht zur Debatte. Zwar wird die Kinobetreiberin Kitag demnächst das Metropol renovieren, es handelt sich dabei allerdings ledig- lich um eine routinemässige Erneuerung nach dem letzten Umbau vor zehn Jahren. Pläne einer «vollumfänglichen Rückführung des Kinos in die alte Form des Kinos Roxy», wie es sich die Denk- malpflege im erwähnten Bericht zum Ziel gesetzt hatte, existieren nicht. Immerhin konnten 1995 die originalen Fassadenplatten gerettet werden, indem sie nicht ersetzt, sondern nur gewaschen und neu verankert wurden. 1932 hat Max Bill das Zett-Haus in seinen Zei- tungsannoncen als eine mit den neuesten techni- schen Errungenschaften ausgestattete Maschine dargestellt - und wie eine Maschine wurde das Gebäude im Lauf seiner über siebzigjährigen Ge- schichte denn auch behandelt. Auf die Frage, wo das Zett-Haus stehe, könnte man folgerichtig heute antworten: Sein Skelett ist noch da, der revolutionäre Geist jedoch verflogen. Urs Steiner Gesucht: solvente Mieter Doch hinter der Fassade aus korkisoliertem Kunststein, damals Dernier Cri der Bautechnik, lebten und arbeiteten Menschen, denen der Sinn nicht nach schicker Repräsentation stand, son- dern nach Veränderung der Welt - auch mit den Mitteln der Architektur. Sie glaubten daran, dass menschenwürdiges Bauen - Licht, Luft, Sonne - soziales Elend lindern kann. Der Architekt Rudolf Steiger (1900-1982) und sein Kompa- gnon, der Ingenieur Carl Hubacher (1898-1973), wollten am Stauffacher die Ideen des Neuen Bau- ens von A bis Z realisieren und gaben ihrem Pro- jekt deshalb den Namen Zett-Haus. Nach dessen Vollendung unterhielten sie hier ihre Büros; wahrscheinlich zu einem preisgünstigen Mietzins - nicht nur weil Hubachers Vater die Überbauung finanziert hatte. Denn in den ersten Jahren war es schwierig, solvente Mieter für den Prachtbau im wenig prestigeträchtigen Kreis 4 zu finden. Dies, obwohl der junge Max Bill nach seinem Studium am Bauhaus eine aussergewöhnlich auf- fällige Anzeigenkampagne für das Zett-Haus ent- Genius Loci Sie kommen und gehen, Kulturschaffende aus aller Welt. Die Redaktion spürt dem Geist von Orten in Zürich nach, wo Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur gelebt und gewirkt haben. Kontraste Liederabend mit Maltman und Drake Kontraste - darauf schien Christopher Malt- man bei seinem Liederabend mit dem Pianisten Julius Drake im Zürcher Konservatorium abzuzie- len. Schumanns Lieder nach Gedichten von Justi- nus Kerner bildeten den ersten Teil des Pro- gramms, und schon zu Beginn, in «Lust der Sturmnacht», erwies sich Maltmans Vorliebe für den Wechsel von dunkel-packendem Forte und aufgehelltem Piano. Dabei behielt sein Bariton stets die gleichen festen, klaren Konturen. Opti- mal im Sinne einer Ergänzung und eines Kon- trast s trat zu diesem Singen das Musizieren von Julius Drake hinzu, der einen weichen Anschlag pflegte, die melodischen Linien aber mit der- selben Prägnanz wie Maltman zeichnete. Das Wanderlied führte die künstlerische Partnerschaft zu einem ersten Höhepunkt: Mit Verve hob Christopher Maltman an und durchschritt leicht- füssig bewegte Passagen, was Drake durch rhyth- misch pointierte Begleitung effektvoll unterstrich. Kontraste - man erlebte sie auch in «Stille Trä- nen», wo Maltman in weiten Bögen grosse dyna- mische Steigerungen erzielte; und man erlebte sie im zweiten Teil des Abends, in dem Mörike-Lie- der von Hugo Wolf zu hören waren. Grossartig war, wie Maltman Wolfs ausgeprägtes Sensorium für das Wort deutlich machte, wie er dem Vortrag ein sprachliches Relief gab und aus dem Dekla- matorischen eine Kantilene zu entwickeln ver- stand. Ein Extrem an expressiven Gegensätzen war erreicht in der Ballade «Die Geister am Mummelsee», wo Maltman durch abrupte Wech- sel ins Kopfregister etwas Unruhig-Flackerndes evozierte. Kontraste? Die Lieder von Schumann und Wolf zählen zu den «Klassikern» in Liedpro- grammen; dass innerhalb dieser recht konventio- nellen und alles andere denn vielfältigen Zusam- menstellung der Eindruck grossen Kontrastreich- tums entstehen konnte, das zählte zum Bemer- kenswertesten des Abends. Thomas Baltensweiler Konservatorium Zürich, 5 . Mai. dazu, Sohn des ETH-Professors und Erbauers der Universität Zürich, Schüler von Frank Lloyd Wright, der auch Pate von Werner Mosers in Taliesin geborenem Sohn war. Im Zett-Haus war fast die ganze Crew der Architektur-Avantgardis- ten versammelt, die zu jener Zeit an einer revolu- tionären und programmatischen Gartensiedlung arbeiteten: dem Neubühl in Zürich Wollishofen. Nicht im Adressbuch tauchen hingegen jene Bewohner auf, deren Anwesenheit dem Kreisbüro mit Vorteil verborgen blieb: «Im Geschäftstrakt des Zett-Hauses wohnte zwischen versetzbaren Pavatexwänden, die Geräusche links und rechts vernehmbar machten, die arme deutsche Emigra- tion», erinnerte sich Lohse zu Beginn der achtzi- ger Jahre. Ein Raum von 15 Quadratmetern habe monatlich zwischen 30 und 50 Franken gekostet, und einer der ersten Flüchtlinge, die hier Unter- schlupf gefunden hätten, sei Cl´ ment Moreau ge- e wesen. Der deutsche Künstler und linke Politakti- vist hat im Zett-Haus seine spätere Frau Nelly Guggenbühl kennen gelernt, Mitarbeiterin im Büro Steiger und Hubacher sowie Sekretärin der 1928 gegründeten avantgardistischen Architekten- vereinigung CIAM (Congr` s Internationaux d'Ar- e chitecture Moderne). Bekannt ist, dass der Dadaist Hans Arp ins Zett-Haus kam, der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Oprechts, der Bühnen- bildner und Maler Teo Otto, die Schriftsteller Anna Seghers, Arthur Koestler und Ignazio Silone, um nur einige der bekanntesten Namen zu nennen. Rudolf Steigers Gattin Flora Steiger- Crawford, die erste Frau mit ETH-Architektur- diplom, entwarf für das Restaurant im Zett-Haus einen Stapelstuh l aus Metall, den Arthur Rüegg in seinem Standardwerk «Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert» als ihr «Opus magnum» bezeichnet. Offenes Zürich «Crash the Box» - Ausflüge durch Zürich Theater ist kein Theater ist Theater ... oder so. Jedenfalls heisst das Projekt «Crash the Box» und bricht auf, was gemeinhin als Bühne gehandelt wird. Der 1973 geborene Berliner Performance- Künstler Thomas Keller und der drei Jahre jün- gere Berliner Plakatkünstler Dominik Schuma- cher begleiten ihr Publikum - ein, höchstens zwei Zuschauer pro Spaziergang sind zugelassen - auf die Strasse, in Küchen, in Parks. Im Rahmen des Talentefestivals Hope & Glory steht für einmal die Stadt, in der es stattfindet, im Rampenlicht und die Menschen, die in ihr leben, sie auf ihre Weise entdecken. Den Auftakt machte ein Rund- gang mit einem Computercrack (es gibt sie noch immer). Thomas Keller trug die grosse omnidi- rektionale Antenne, Ilja, der Crack, den kleinen Laptop, der mit der handelsüblichen Elektronik fürs Aufspüren von Computernetzen ausgerüstet war. Der Crack erklärte, die Kritikerin passte (wie immer, wenn Computerkönner ihr Können noch einmal ganz langsam und fürs gemeine Volk über- setzen), der Computer computerte, und da und dort meldete sich ein Netz, fiepte, rauschte, sprach. Zwischen der Kaserne und dem Brunnen vor dem Völkerkundemuseum zippte es durch die Luft («wie Mikrowellen»), zappte der Laptop durch die Kanäle, und es war zu erfahren, dass die Firmennetze in Zürich viel zu wenig geschützt seien. Bei Swiss Cert komme man genauso gut hinein wie bei Otto Normalverbraucher, der zu Hause am Internet hänge. Wir stiegen denn auch in ein lokales Firmennetz ein, riefen von dort unsere E-Mails ab, schauten uns die Homepage der NZZ an. «Nein, Hacken ist das nicht», beteu- ert Ilja, auch wenn sich damit für kriminelle Handlungen ein Spielraum öffnet. «Hacken ist, wenn man einbricht, wenn man Schlösser, Schutzmechanismen aufbricht - ich stell mich ja bloss auf die Strasse, und schwupp, bin ich drin.» Schwupp und reingehen, vom Öffentlichen in s Private, vom Inszenierten ins (inszenierte) Unmit- telbare, «Authentische». Schwupp und reingehen, Grenzen überschreiten ist das Konzept, das hinter den zwanzig T^ te-a-Tetes durch Zürich steht. Mal e ` ^ dirigiert ein Blinder den Gang durch die Limmat- metropole, mal ein Homosexueller, mal eine Frau, die den Gast schliesslich in ihre Küche führt, ihm Muffins bäckt und ihre Hochzeitsfotos zeigt. Ein ungewöhnliches, ein aufwendiges, doch zugleich simples Projekt haben Keller und Schu- macher da auf die Beine gestellt, eins mit beacht- lichem Irritationspotenzial: eine Erlösung des Theaters vom Theater. Aber, eben, kein Theater. Alexandra Kedve s Zürich, Theaterhaus Gessnerallee, 5. Mai. Ab 7. Mai Treff- punkt Kasse Theater Neumarkt, 19/19.30/20/20.30 Uhr. Gruppendynamik Migros-Kammermusikwettbewerb Bereits zum zehnten Mal hat das Kulturprozent des Migros-Genossenschafts-Bunds seinen Kam- mermusikwettbewerb durchgeführt. Ziel ist die Förderung junger, talentierter Ensembles und die Stärkung der Kammermusikszene in der Schweiz. Den Gewinnern winken neben den Preisgeldern auch Möglichkeiten, im In- und Ausland aufzu- treten. Von den 17 Ensembles des diesjährigen Wettbewerbs hat die Jury 4 ausgezeichnet, wobei sie erstmals seit 1991 einen ersten Preis verlieh. Anlässlich der Preisverleihung im Migros-Hoch- haus am Limmatplatz stellten sich die vier Forma- tionen ausschliesslich mit Klassikern vor, obwohl sie gemäss Reglement auch mindestens ein zeit- genössisches Werk im Repertoire haben. Geboten wurde viermal Kammermusik auf einem absolut professionellen Niveau - und dennoch zeigte sich jedes Mal ein ganz eigener Gruppengeist. Das Basler Mondrian-Ensemble (3. Preis) fand bei Haydns Klaviertrio in A-Dur einen sinnvollen Ausgleich zwischen spielerischer Leichtigkeit und temperamentvollem Zugriff. Das Trio El´ giaque e aus Polen (3. Preis ex aequo) erklärte seinen Namen bei Rachmaninows gleichnamigem Kla- viertrio in g-Moll gleich selbst und offenbarte in seiner Interpretation die slawische Seele dieser Musik. Den stärksten Eindruck hinterliess das Vega-Trio (2. Preis) mit Beethovens Gassenhauer- trio. Kommunikationsfähigkeit, Ausstrahlung und musikalischer Witz vereinigten sich hier in idealer Weise. Den ersten Preis gewann das Basler Asasello-Quartett. Die Streicher interpretierten Haydns Quintenquartett als ernste und schwer- gewichtige Kunstmusik und gefielen mit einem abgestimmten Zusammenspiel. Der Primarius wirkte jedoch in seiner Spielhaltung nicht ganz frei, und auch bezüglich der Ausstrahlung kamen die Sieger nicht an die Zweitplacierten heran. Thomas Schacher Zürich, Migros-Hochhaus, 5 . Mai. Der Niedergang Die Querbezüge der Schweizer Kultur zum Zett-Haus erscheinen unendlich: 1947 baute Bruno Giacometti, der Bruder des Jahrhundert- künstlers Alberto, das Restaurant Roxy im Zett- Haus-Annex an der Rebgasse 8 um. Heute befin- det sich in diesen Räumen der rustikal dekorierte Gourmettempel Giangrossi. Bruno Giacometti er- gänzte das Restaurant um eine Galerie, weil sich der Auftraggeber eine Reduktion der Raumhöhe von fast sieben Metern wünschte. Giacometti ent- warf auch die Möblierung inklusive Beleuch- tungskörpern und Vorhängen neu. Die Metall- stühle von Flora Steiger-Crawford indes wurden in leicht abgewandelter Form weiterverwendet. Leider gingen nicht alle Architekten, die den Gebäudekomplex in seiner 71-jährigen Geschich- te umgestalteten, ebenso sorgfältig mit der vor- handenen Bausubstanz um. Das heutige Erschei- Neue Zürcher Zeitung vom 07.05.2003

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Page 1: ZÜRCHER KULTUR - static.nzz.ch · Köbi und Kroki in Züri Stephan Pörtner liest heute in der P 3 Seit 1986 lebt Stephan Pörtner im Kreis 4. Seit 1998 schreibt er seine «Köbi»-Romane.2002

44 Mittwoch, 7. Mai 2003 Nr. 104 ZÜRCHER KULTUR

Hope & Glory

NeuöZürcörZäitung

Genius Loci

Der Geist in der MaschineArchitekten, Künstler und Emigranten trafen sich in den dreissiger Jahren im Zett-Haus

Seit 71 Jahren steht an der Badener-strasse 16/18 das Zett-Haus, ein wich-tiger Zeuge des Neuen Bauens in Zü-rich. Das Gebäude am Stauffacher istnicht nur architekturhistorisch von her-ausragender Bedeutung: In den dreis-siger Jahren fanden hier Emigranten

Zuflucht vor Verfolgung, Schriftsteller,

Theaterleute und Künstler gingen einund aus. Doch nach dem Krieg begann

der Niedergang des Gebäudes, das sichheute kaum noch von anderen Ge-schäftshäusern unterscheidet.

Wo ist das Zett-Haus? Der konkrete KünstlerRichard Paul Lohse erinnerte sich im hohen Alteranlässlich eines Beitrags für einen Kunsthaus-Katalog noch an Emigranten, die in den dreissi-ger Jahren mit einem Koffer in der Hand durchdie Stadt Zürich irrten und im Zett-Haus Zufluchtsuchten. Sie hatten im Ausland von diesem eigen-artigen Soziotop am Tor zu Aussersihl gehört, wosich ein Teil der Zürcher Künstlerszene kristalli-sierte und politische Flüchtlinge Unterschlupf

fanden. Hier strandeten Arbeiter und Intellek-tuelle, die sich durch ihren Kampf gegen Hitlerexponiert hatten. Mittellos und von den Behör-den verfolgt, muss ihnen allerdings mulmig ge-

worden sein beim Anblick des Zett-Hauses, diesesstrahlend weissen Schlittens, Baujahr 1931/32,hochmodern und weltstädtisch, mit Kino, Restau-rant und dem Bijouterie-Geschäft Meyer, mittenin den ärmlichen Blockrandsiedlungen des Arbei-terquartiers. Hätten die Flüchtlinge den Swim-mingpool auf der Terrasse gesehen und die Tief-garage mit Drehscheibe oder gar die Konstruktiondes Kinodaches, das man in lauen Sommernäch-ten öffnen konnte­der Mut, hier um Asyl nach-zufragen, hätte sie vielleicht ganz verlassen.

Köbi und Kroki in ZüriStephan Pörtner liest heute in der P 3Seit 1986 lebt Stephan Pörtner im Kreis 4. Seit

1998 schreibt er seine «Köbi»-Romane. 2002 hater den dritten vorgelegt­wieder eine charmanteund muntere Hommage an sein Quartier, an seineHeimatstadt, inklusive Glossarium für jene, diedas hiesige Idiom nicht beherrschen; aber auchwieder ein Krimi von zweifelhaftem genretypi-

schem (geschweige denn literarischem) Reiz. SeinAmateurdetektiv Köbi ist diesmal zwischenIrchelpark und Seefeld und seiner eigenen Woh-nung an der Langstrasse unterwegs, um ein altesLiebespaar zusammenzuführen und den Greis vordem Burghölzli zu bewahren; er gerät ins Satanis-tenmilieu, dreht in einem Fitnessanfall seine«Forchrunden» auf dem «Renner», lernt eineschöne junge Frau und ein paar fiese junge Män-ner kennen, und abends erzählt er seinem Kroko-dil Gute-Nacht-Geschichten ohne Happy End.

In Stephan Pörtners Langstrassentrilogie­«Köbi der Held» (1998), «Kein Konto für Köbi»(2000) und «Köbi Krokodil» (2002)­schaut sichder in der Regel arbeitslose, treuherzige Heldohne Weinerlichkeit und ohne Weichmacher inseiner Stadt um, entdeckt die Pausenhöfe, aufdenen schon die Jüngsten verführt, vergewaltigt,zugedröhnt werden, die Territorien der Hurenund der Freier. Dann wieder fährt er, fast schonals «Tourist», am Bellevue vorbei. «Es hatteimmer etwas Beruhigendes gehabt, vom BellevueRichtung Stadelhofen zu fahren [. . .] Seit je warendort dieselben Läden: Sternen, EPA, Galli, Ta-bakfass, Apotheke, Fotohobby, ABM, Parfüme-rie, das Corso, ein Kiosk, der Teppichhändler.[. . .] Unterdessen waren Teppichhändler undABM eingegangen, ein schlechtes Zeichen.»Andere schlechte Zeichen, die von unserer schwa-chen Konjunktur künden, flicht Pörtner imNebenbei ein, das Firmensterben etwa oder die«Verspekulierung» neuer Zürcher Trendviertel.

Der 1965 geborene Schriftsteller, der seinemElternhaus im Seefeld als Jugendlicher denRücken kehrte, ist dem Kreis 4 treu geblieben,

denn nichts kratzt ihn mehr, an nichts möchte ermehr kratzen als an prätentiösen Fassaden. Diehat er nicht, und die, immerhin, haben auch seineRomane nicht. Es darf gekratzt werden­heute im«Klub der jungen Dichter» in der P 3, wo Ste-phan Pörtner im Rahmen des Hope-&-Glory-Fes-

tivals aus seinen «Köbi»-Romanen liest.

Alexandra KedvesZürich, Lesung heute in der P 3, Theaterhaus Gessnerallee,

22 Uhr. Stephan Pörtner: Köbi Krokodil. Krösus-Verlag, Zürich2002. 2 35 S., Fr. 35.­.

Beim Zett-Haus, hier in einer Aufnahme von 1935, sollten die Ideen des Neuen Bauens von A bis Zumgesetzt werden. (Bild Wolf-Bender, Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich)

worfen hatte. Der Erfolg von Bills sechs ganzseiti-gen Inseraten, die 1932 in der NZZ veröffentlichtwurden, hielt sich nämlich in Grenzen, wie dieAdressbücher der Stadt Zürich aus den Jahren1932 b is 1935 zeigen. Ein Teil der Wohnungen,

Läden und Büros blieb leer, wenn auch einige

Räume an Ärzte vermietet werden konnten, anReklameberater, Architekten, Photographen undeinen «Graphiker». Mit dieser Berufsbezeichnung

liess sich Richard Paul Lohse 1936 ins Adress-buch eintragen. Einer der hier ansässigen Archi-tekten war Emil Roth, später kam Werner Moser

nungsbild der Fassade hat mit dem ursprüngli-

chen Entwurf kaum mehr etwas zu tun: DieSchaufenster wurden ausgewechselt, Vordächerund Sonnenstoren verändert sowie die Eingänge

der Läden neu verteilt. Wie die Zürcher Denk-malpflege in ihrem Bericht 1995/96 schreibt, er-folgte 1953 ein erster Kinoumbau, später wurdeein kleines Studiokino eingefügt. Das Schwimm-becken auf dem Dach wurde vermutlich in densechziger Jahren zugebaut, nur die Garderobenund Duschen sind heute noch vorhanden.

Laut der Schweizerischen Lebensversiche-rungs-Gesellschaft Pax, die seit 1948 im Besitzder Liegenschaft ist, steht eine Restaurierunggegenwärtig nicht zur Debatte. Zwar wird dieKinobetreiberin Kitag demnächst das Metropolrenovieren, es handelt sich dabei allerdings ledig-

lich um eine routinemässige Erneuerung nachdem letzten Umbau vor zehn Jahren. Pläne einer«vollumfänglichen Rückführung des Kinos in diealte Form des Kinos Roxy», wie es sich die Denk-malpflege im erwähnten Bericht zum Ziel gesetzthatte, existieren nicht. Immerhin konnten 1995die originalen Fassadenplatten gerettet werden,indem sie nicht ersetzt, sondern nur gewaschen

und neu verankert wurden.1932 hat Max Bill das Zett-Haus in seinen Zei-

tungsannoncen als eine mit den neuesten techni-schen Errungenschaften ausgestattete Maschinedargestellt­und wie eine Maschine wurde dasGebäude im Lauf seiner über siebzigjährigen Ge-schichte denn auch behandelt. Auf die Frage, wodas Zett-Haus stehe, könnte man folgerichtig

heute antworten: Sein Skelett ist noch da, derrevolutionäre Geist jedoch verflogen.

Urs Steiner

Gesucht: solvente MieterDoch hinter der Fassade aus korkisoliertem

Kunststein, damals Dernier Cri der Bautechnik,lebten und arbeiteten Menschen, denen der Sinnnicht nach schicker Repräsentation stand, son-dern nach Veränderung der Welt­auch mit denMitteln der Architektur. Sie glaubten daran, dassmenschenwürdiges Bauen­Licht, Luft, Sonne­soziales Elend lindern kann. Der ArchitektRudolf Steiger (1900­1982) und sein Kompa-gnon, der Ingenieur Carl Hubacher (1898­1973),

wollten am Stauffacher die Ideen des Neuen Bau-ens von A bis Z realisieren und gaben ihrem Pro-jekt deshalb den Namen Zett-Haus. Nach dessenVollendung unterhielten sie hier ihre Büros;wahrscheinlich zu einem preisgünstigen Mietzins­nicht nur weil Hubachers Vater die Überbauung

finanziert hatte. Denn in den ersten Jahren war esschwierig, solvente Mieter für den Prachtbau imwenig prestigeträchtigen Kreis 4 zu finden.

Dies, obwohl der junge Max Bill nach seinemStudium am Bauhaus eine aussergewöhnlich auf-fällige Anzeigenkampagne für das Zett-Haus ent-

Genius LociSie kommen und gehen, Kulturschaffende aus

aller Welt. Die Redaktion spürt dem Geist vonOrten in Zürich nach, wo Persönlichkeiten ausKunst und Kultur gelebt und gewirkt haben.

KontrasteLiederabend mit Maltman und DrakeKontraste­darauf schien Christopher Malt-

man bei seinem Liederabend mit dem PianistenJulius Drake im Zürcher Konservatorium abzuzie-len. Schumanns Lieder nach Gedichten von Justi-nus Kerner bildeten den ersten Teil des Pro-gramms, und schon zu Beginn, in «Lust derSturmnacht», erwies sich Maltmans Vorliebe fürden Wechsel von dunkel-packendem Forte undaufgehelltem Piano. Dabei behielt sein Baritonstets die gleichen festen, klaren Konturen. Opti-mal im Sinne einer Ergänzung und eines Kon-t ras ts trat zu diesem Singen das Musizieren vonJulius Drake hinzu, der einen weichen Anschlagpflegte, die melodischen Linien aber mit der-selben Prägnanz wie Maltman zeichnete. DasWanderlied führte die künstlerische Partnerschaftzu einem ersten Höhepunkt: Mit Verve hobChristopher Maltman an und durchschritt leicht-füssig bewegte Passagen, was Drake durch rhyth-

misch pointierte Begleitung effektvoll unterstrich.

Kontraste­man erlebte sie auch in «Stille Trä-nen», wo Maltman in weiten Bögen grosse dyna-

mische Steigerungen erzielte; und man erlebte sieim zweiten Teil des Abends, in dem Mörike-Lie-der von Hugo Wolf zu hören waren. Grossartigwar, wie Maltman Wolfs ausgeprägtes Sensoriumfür das Wort deutlich machte, wie er dem Vortrag

ein sprachliches Relief gab und aus dem Dekla-matorischen eine Kantilene zu entwickeln ver-stand. Ein Extrem an expressiven Gegensätzen

war erreicht in der Ballade «Die Geister amMummelsee», wo Maltman durch abrupte Wech-sel ins Kopfregister etwas Unruhig-Flackerndes

evozierte. Kontraste? Die Lieder von Schumannund Wolf zählen zu den «Klassikern» in Liedpro-grammen; dass innerhalb dieser recht konventio-nellen und alles andere denn vielfältigen Zusam-menstellung der Eindruck grossen Kontrastreich-tums entstehen konnte, das zählte zum Bemer-kenswertesten des Abends.

Thomas BaltensweilerKonservatorium Zürich, 5. Mai.

dazu, Sohn des ETH-Professors und Erbauers derUniversität Zürich, Schüler von Frank LloydWright, der auch Pate von Werner Mosers inTaliesin geborenem Sohn war. Im Zett-Haus warfast die ganze Crew der Architektur-Avantgardis-

ten versammelt, die zu jener Zeit an einer revolu-tionären und programmatischen Gartensiedlung

arbeiteten: dem Neubühl in Zürich Wollishofen.Nicht im Adressbuch tauchen hingegen jene

Bewohner auf, deren Anwesenheit dem Kreisbüromit Vorteil verborgen blieb: «Im Geschäftstraktdes Zett-Hauses wohnte zwischen versetzbarenPavatexwänden, die Geräusche links und rechtsvernehmbar machten, die arme deutsche Emigra-tion», erinnerte sich Lohse zu Beginn der achtzi-ger Jahre. Ein Raum von 15 Quadratmetern habemonatlich zwischen 30 und 50 Franken gekostet,

und einer der ersten Flüchtlinge, die hier Unter-schlupf gefunden hätten, sei Cl´ ment Moreau ge-ewesen. Der deutsche Künstler und linke Politakti-vist hat im Zett-Haus seine spätere Frau NellyGuggenbühl kennen gelernt, Mitarbeiterin imBüro Steiger und Hubacher sowie Sekretärin der1928 gegründeten avantgardistischen Architekten-vereinigung CIAM (Congr`

s Internationaux d'Ar-echitecture Moderne).

Bekannt ist, dass der Dadaist Hans Arp insZett-Haus kam, der Schauspieler und RegisseurWolfgang Langhoff, die Oprechts, der Bühnen-bildner und Maler Teo Otto, die SchriftstellerAnna Seghers, Arthur Koestler und IgnazioSilone, um nur einige der bekanntesten Namen zunennen. Rudolf Steigers Gattin Flora Steiger-Crawford, die erste Frau mit ETH-Architektur-diplom, entwarf für das Restaurant im Zett-Hauseinen Stapelstuhl aus Metall, den Arthur Rüegg inseinem Standardwerk «Schweizer Möbel undInterieurs im 20. Jahrhundert» als ihr «Opusmagnum» bezeichnet.

Offenes Zürich«Crash the Box»­Ausflüge durch Zürich

Theater ist kein Theater ist Theater . . . oder so.Jedenfalls heisst das Projekt «Crash the Box» undbricht auf, was gemeinhin als Bühne gehandelt

wird. Der 1973 geborene Berliner Performance-Künstler Thomas Keller und der drei Jahre jün-gere Berliner Plakatkünstler Dominik Schuma-cher begleiten ihr Publikum­ein, höchstens zweiZuschauer pro Spaziergang sind zugelassen­aufdie Strasse, in Küchen, in Parks. Im Rahmen desTalentefestivals Hope & Glory steht für einmaldie Stadt, in der es stattfindet, im Rampenlicht

und die Menschen, die in ihr leben, sie auf ihreWeise entdecken. Den Auftakt machte ein Rund-gang mit einem Computercrack (es gibt sie nochimmer). Thomas Keller trug die grosse omnidi-rektionale Antenne, Ilja, der Crack, den kleinenLaptop, der mit der handelsüblichen Elektronikfürs Aufspüren von Computernetzen ausgerüstet

war. Der Crack erklärte, die Kritikerin passte (wieimmer, wenn Computerkönner ihr Können nocheinmal ganz langsam und fürs gemeine Volk über-setzen), der Computer computerte, und da unddort meldete sich ein Netz, fiepte, rauschte,sprach. Zwischen der Kaserne und dem Brunnenvor dem Völkerkundemuseum zippte es durch dieLuft («wie Mikrowellen»), zappte der Laptop

durch die Kanäle, und es war zu erfahren, dassdie Firmennetze in Zürich viel zu wenig geschützt

seien. Bei Swiss Cert komme man genauso gut

hinein wie bei Otto Normalverbraucher, der zuHause am Internet hänge. Wir stiegen denn auchin ein lokales Firmennetz ein, riefen von dortunsere E-Mails ab, schauten uns die Homepage

der NZZ an. «Nein, Hacken ist das nicht», beteu-ert Ilja, auch wenn sich damit für kriminelleHandlungen ein Spielraum öffnet. «Hacken ist,wenn man einbricht, wenn man Schlösser,

Schutzmechanismen aufbricht­ich stell mich ja

bloss auf die Strasse, und schwupp, bin ich drin.»Schwupp und reingehen, vom Öffentlichen i ns

Private, vom Inszenierten ins (inszenierte) Unmit-telbare, «Authentische». Schwupp und reingehen,

Grenzen überschreiten ist das Konzept, das hinterden zwanzig T^ te-a-Tetes durch Zürich steht. Male ` ^dirigiert ein Blinder den Gang durch die Limmat-metropole, mal ein Homosexueller, mal eineFrau, die den Gast schliesslich in ihre Kücheführt, ihm Muffins bäckt und ihre Hochzeitsfotoszeigt. Ein ungewöhnliches, ein aufwendiges, dochzugleich simples Projekt haben Keller und Schu-macher da auf die Beine gestellt, eins mit beacht-lichem Irritationspotenzial: eine Erlösung desTheaters vom Theater. Aber, eben, kein Theater.

Alexandra KedvesZürich, Theaterhaus Gessnerallee, 5. Mai. Ab 7. Mai Treff-

punkt Kasse Theater Neumarkt, 19/19.30/20/20.30 Uhr.

GruppendynamikMigros-Kammermusikwettbewerb

Bereits zum zehnten Mal hat das Kulturprozent

des Migros-Genossenschafts-Bunds seinen Kam-mermusikwettbewerb durchgeführt. Ziel ist dieFörderung junger, talentierter Ensembles und dieStärkung der Kammermusikszene in der Schweiz.Den Gewinnern winken neben den Preisgeldern

auch Möglichkeiten, im In- und Ausland aufzu-treten. Von den 17 Ensembles des diesjährigen

Wettbewerbs hat die Jury 4 ausgezeichnet, wobeisie erstmals seit 1991 einen ersten Preis verlieh.Anlässlich der Preisverleihung im Migros-Hoch-

haus am Limmatplatz stellten sich die vier Forma-tionen ausschliesslich mit Klassikern vor, obwohlsie gemäss Reglement auch mindestens ein zeit-genössisches Werk im Repertoire haben. Gebotenwurde viermal Kammermusik auf einem absolutprofessionellen Niveau­und dennoch zeigte sichjedes Mal ein ganz eigener Gruppengeist.

Das Basler Mondrian-Ensemble (3. Preis) fandbei Haydns Klaviertrio in A-Dur einen sinnvollenAusgleich zwischen spielerischer Leichtigkeit undtemperamentvollem Zugriff. Das Trio El´ giaqueeaus Polen (3. Preis ex aequo) erklärte seinenNamen bei Rachmaninows gleichnamigem Kla-viertrio in g-Moll gleich selbst und offenbarte inseiner Interpretation die slawische Seele dieserMusik. Den stärksten Eindruck hinterliess dasVega-Trio (2. Preis) mit Beethovens Gassenhauer-trio. Kommunikationsfähigkeit, Ausstrahlung undmusikalischer Witz vereinigten sich hier in idealerWeise. Den ersten Preis gewann das BaslerAsasello-Quartett. Die Streicher interpretiertenHaydns Quintenquartett als ernste und schwer-gewichtige Kunstmusik und gefielen mit einemabgestimmten Zusammenspiel. Der Primariuswirkte jedoch in seiner Spielhaltung nicht ganzfrei, und auch bezüglich der Ausstrahlung kamendie Sieger nicht an die Zweitplacierten heran.

Thomas SchacherZürich, Migros-Hochhaus, 5. Mai.

Der Niedergang

Die Querbezüge der Schweizer Kultur zumZett-Haus erscheinen unendlich: 1947 bauteBruno Giacometti, der Bruder des Jahrhundert-künstlers Alberto, das Restaurant Roxy im Zett-Haus-Annex an der Rebgasse 8 um. Heute befin-det sich in diesen Räumen der rustikal dekorierteGourmettempel Giangrossi. Bruno Giacometti er-gänzte das Restaurant um eine Galerie, weil sichder Auftraggeber eine Reduktion der Raumhöhevon fast sieben Metern wünschte. Giacometti ent-warf auch die Möblierung inklusive Beleuch-tungskörpern und Vorhängen neu. Die Metall-stühle von Flora Steiger-Crawford indes wurdenin leicht abgewandelter Form weiterverwendet.

Leider gingen nicht alle Architekten, die denGebäudekomplex in seiner 71-jährigen Geschich-te umgestalteten, ebenso sorgfältig mit der vor-handenen Bausubstanz um. Das heutige Erschei-

Neue Zürcher Zeitung vom 07.05.2003

Zett-Haus
Zett-Haus,
Zett-Haus?
Zett-Haus
Zett-Haus,
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-Haus.
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-Haus
Zett-
Haus-Annex