ZÜRCHER LOKALCHllONIK - static.nzz.ch · Mirza Mubarak Ahmad, «aber keiner kann die Tatsache...

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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ZÜRCHER LOKALCHllONIK Montag, 21. Juni 10C3 Moraenaungabe Nr. 2589 Eröffnung der Mahmud-Moschee _ Am Samstag wurde in ZUrich oino Moschee er- öffnet. Sio ist, wie den zahlreich crschiouonon Gtlston orklllrt wiinlcj dio orsto ihrer Arl In dor Schweig und goliiJrt einer Miuionsgcgcllschnft, dio sich «Ahiiindiyyu Mission des Islams in der Schweiz» nennt*. Iiii folgenden müchtou wir zu- nächst «Ion Einweihungsakt schildom und die. Reden skizz'efcn, «lio gewechselt wurden. Auf ürund der Dantolliuig formulieren wir nbor auch unscro lvrit ik tllwr das Verhältnis, das Stadt und Staut Zürich /u dieser islamischen Missionsbowo» Billig eingegangen sind. Die Einladungskarten, ilic uns zugesandt wur- den, nennen Sir Miiltaiiiminl Zafrulla Khan »J» Gastgeber, Kr ist kein Gcrhlgoror als der Präsi- dent dor Gonoralvorshinmlung der Vereinigten Nationen, der oigens zur Eröffnung der Moschee von Prag kommend mich _ Zürich goflogcn ist. Dieser ehemalig!) Außenminister von .Pakistan ho- konnt sich .selber als Angehöriger der Ahinndiyya- howrgung. Die Einladungskarten sind vom Lei- ter der Misiäionsgcscllschnft in der Schweiz Be- zeichnet, von Muahtuq Ahmad Jliijivu. KinpfuiiK tlcr Giinlv Als diese Ulnmischo Missionsgescllschnft vor etwa zehn Jahren sich in einer Mietwohnung im llochschulyiertel niederließ, hat nuui sio wenig- stens in kirchlichen Kreisen kaum ernst genom- men und ihren ausdrücklichen Willen, den l.slum Der Stadtpräsident und die muselniamachen Bräuche im Westen zu verbreiten, belächelt. Honte dnrf sie dio Gründung ihres Gottcshuuscs feiern. Dio Stadt Zürich gab ihr dnzu Grund und Boden im Bnurecht auf einem knappen Gelände gleich ge- genüber der rel'ormierten Kirche im Bnlgrist. Dio kleine Moschee besteht aus einem zweigeschossigen Gebäude, das oino Wohnung, lichnuinl und eigent- liche. Gcbctsstüttc onthält. Strnßonseits verkünden arabischo Lettern das mohammedanische, Glaubens- bekenntnis. Darül>er stellt in vertrauten Buch- staben der Nnmo «Mahmud Moschee». Ein Mina- rett, der schlanke rundo Turm der islamischen Gotteshäuser, weist mit seiner Spitze zum Him- mel. Das Wüchterzeiclicn des Hahns, das dio Chri- sten als Mahnmal der Treuo zum Erlöser auf dio Spitze ihrer Kirchtürme zu stellen pflegen, steht im Westwind und dreht zurzeit den Schweif dem goldenen Halbmond zu, der dio Spitze des Mina- retts ziert. Zur Peter der Eröffnung hat sich eine bunte Schar Geladener eingefunden. Orientalische Ge- sichter und Gewiinder, Fez und Turban mischen mch mit westlichem Feiertags- und Straßenanzug. Zum Prcssccmpfang drängen sich so viele, daß der kleine Besprechungsraum dio Zahl der Inter- essenten kaum fassen kann. Neidisch blickt der Leiter des Evangelischen Pressedienstes und Sekretär des Protestantischen Volksbundes auf so viel journalistische und offizielle Aufmerksamkeit. . Er klngt uns nachher, wie mühsam und mit welch magerem Erfolg er einige Prominenz für eine kirchliche Veranstaltung zusammenzubringen vor- mng. Doch hier handelt es sich um eine Sache, welche dio Neugier weckt. Erwachsene hegen noch viel Kindliches in sich und müssen ihre Wundcr- nnse in etwas stecken, das mich Orient und Tau- sendundniner Nacht klingt. Dio Veranstalter, die eigentliche feiernde Gemeinde allerding s meinen ihre Sache mit vollem Ernst und sprechen ihn auch deutlich aus. Ucwcguiig def Ahmiidiyyn Die Pressekon ferenz wird von dem hohen Gast Sir Znfrulla geleitet, einer sympathischen Per- sönlichkeit mit kurzem, krausem, grauem Bart, ge- kleidet in eine bräunliche Tracht, die ihn als Paki- stan! kennzeichnet. Er gibt auf die Fragen der Prcsseleutc Auskunft über die Bewegung der Ahmadiyya. Man lernt nie so kennen, wie sio einem in der nationalen und universellen Politik tätigen Manne wichtig geworden ist. Denn die Ahmadiyya ist nicht der offizielle Islam, sondern am ehesten als oino Rcformbowegung zu bezeich- nen. Sir Zafrulla stellt vor allein ihre Korantreue in den Vordergrund. Man muß dazu wissen, daß auch im Islam, gane ähnlich wie im Christentum, sich im Verlaufe der Geschichte oino große Zahl jüngerer, wenn auch dennoch nltchrwllrdigor Traditionen der ur- Bprüiigllchcn Griindlngo angelagert buhen, so daß der Koran in den großen Denominationen der Sunniten und Schiiten nicht nlloiuigo Autorität genießt. Wenn Sir Zafrulla dio Abkehr von den Traditionen und dio Rückkehr zum Koran allein betont, erinnert das den Christen fast etwas an das reforinutorische Prinzip tsola toriptura», das protestantische Schril'tprinzip. Sir Zafrulla hebt als zweites den Glauben an die Tatsache in- dividueller Erleuchtung, an die göttliche Führung de» Einzelnen hervor. Nicht nur in der Vergangen- heit, nein auch in der Gegenwart rede der göttliche, (ieist und leite er die Menschen. Endlich unter- scheidet sich die Bewegung vom offiziellen Islam durch das Fehlen einer Ordiimtiou zum leitenden Amt. Jeder Gläubige kann v.ur I.,cituug der (Je- bctslinndlungon bestellt werden. Auch dafür gibt esg in kleineren christlichen Gemeinschaften zahl- reiche Parallelen. Isliiini-clic MiKiiniifclicwrKiiiiKfM Man darf allerdings den Pnrnllelisiniis zwischen Christentum und Ifdnm nicht :.u weit treiben! Dar- über worden wir durch die folgenden Vortrüge, soweit wir es nicht .schon vorher wissen sollten, bald belehrt. Der Islam ist nämlich eine Religion, dje außer dem Glauben an die Einheit Gottes und dio Einzigartigkeit des Propheten Mohammed eigentlich keine Dogmen besitzt. So ist auch das, was man etwa als Sekte zu bezeichnen pflegt, nicht eigentlich durch eine abweichende Lehre ge- kennzeichnoj. Die Ahinadiyyu-Gnippe gehurt zu den reformistischen und modernistischen Neubil- dungen. Eine andere ist die etwas ältere Bewegung des Mirza Huse.in Ali lieh Allah, der llehaiswus. Auch diese islamische Mission hatte in Europa un- geahnte missionarische Erfolge. Ihr Mittelpunkt ist Stuttgart. Sie ist, soviel wir wissen, in Zürich auch vortreten und könnte an_ und für sich den gleichen Anspruch auf öffentliche Unterstützung verlangen, wie sie .ietzt der Ahmadif/i/u zuteil ge- worden ist. Auch jene Sekte bezeichnet sich als «Krone aller übrigen Religionen». Das tut in seiner Weise nun auch die Ahinadiyya. Ja, das ist überhaupt das Prinzip des Islams. In seinem Vortra g sagte der luiam der Mahmud-Moschee in Zürich: «Der Islam ist in der Hinsicht von allen andern Reli- gionen' verschieden, daß er nicht gegen eine be- stimmte oder gar alle andern Religionen eingestellt ist.» Gott habe von Zeit zu Zeit «Propheten zu verschiedenen Nationen gesandt, Zarnthustni nach Porsien, Krishnn und Buddln, mich Indien, Kon- fuzius nach China. Jesus Christus nach Palästina, und noch viele andorp», aber die Rolle des Islam sei als diejenige der früheren ReligionO))*. Der islamische Missionar verkündete den An- wesenden den bekannten Anspruch auf die letzte entscheidende Offenbarung durch Mohammed, der dio früheren Propheten in ihren Vcrhciliungen er- füllt, ihre Ansichten beurteilt und bekräftigt und schließlich vervollständigt. ' Das sind Lehren, in denen alle die verschiede- nen mohammedanischen Denominationen einig sind. Wenn man von verschiedenen «Sekten» reden will, muß man darunter nicht .so sehr eine Lehr- ahweichung verstehen als vielmehr ein verschie- denes Programm, eine verschiedene persönliche Ge- folgschaft. Auch darüber bat sieh der Missionar der Ahmadiyya deutlich und instruktiv geäußert, wio denn überhaupt das Ganze von einem Geint der Offenheit und Klarheit gekennzeichnet war. licnondcrc GlmibcnsvorstelluiiKCii «llazrat Mirza Ghulam Ahmad», so sagte Mustari Ahmad Bajwa, «gründete diese Bewegung im Jahre 1889. Er nannte sich das Ebenbild seines Meisters, des Heiligen Propheten Muhammad Friede sei mit beiden! , i. dessen Person die Prophezeiung der Wiederkehr von Jesus Christus erfüllt wurde.» Den in Roligionsgcschichtc leider viel zu wenig bewanderten Christen mag die Er- wähnung Jesu wundern. Aber sie gehört wesent- lich zum Koran. Der Islnm ist, wie bereits Luther betont hat, eine Qlnubcnswcisc, für die die Leug- nung des Erlösers und die neue Interpretation Jesu als Prophet charakteristisch Lst. Der Islnm hnt sich auch mit der Wiederknnftslebre der Christen beschäftigt, sio in gewissen Zeiten seiner Geschichte sogar behauptet, im ganzen nbor ge- leugnet. Die Muslims behaupten, Jesus l>csscr zu kennen als die Christen. «In "unserer Mahmud-Moschee gilt der Glaubt) nn den wiedergekommenen Christus in folgender Form», wie der Missionar ausführte. «Diese. Wie- derkehr hatten viele frühere Propheten und Heilige bereits verheißen. Vor diesem Kommen war von Gott aber ein Zeichen prophezeit worden, das nhi 20. Februar 188(3 gesandt wurde.» Er erwähnt nun die Ankündigung der Geburt eines Sohnes inner- halb von neun Jahren': «Dieser Sohn würde die Göttlicho Majestät widerspiegeln, und durch ihn seilte die Welt den hohen Stand des Korans er- fahren.» Wir hören von einer Vision des Grün- ders;, der den Namen seines Sohnes auf einer Moseheo sieht, so wie er jetzt auch auf die Mauer der Zürcher Moschee gesehrieben ist. «Das geseg- nete Kind wurd e am 12. Januar JSS.9_ geboren.» In ihm siebt dio Ahmadiyya die christlichen Wic- dcrkunftshoffiiungen für erfüllt an. Wir brauchen nuf keinen andern mehr zu warton. Universelle Verbreitung der Aliniaili> > ;iiiii-~-i«m Der Missionar sprach in dem dichtgedrängten I>hrsnnl vor den Gästen und kennzeichnete die heutige Verbreitung der Ahmndiyya mit einigen Zahlen: außerhalb des pakistanisch-indischen Sub- kontinent« ungefähr fünfzig Zentren mit ungefähr fünfhundert Zweigstellen. Diese haben 287 Mo- scheen, von denen die in Zürich die fünfte curo- pischo ist. Selbstverständlich gibt es daneben, was nicht erwähnt wird, auch große Moscheen der Klimm. Zum Beispiel ist diejenige von Pnris ja während der algerischen Freiheitskämpfe allgemein bekannt geworden. Nnch dem Missionsleitor ergriff der pakista- nische Staatsmann das Wort. Er gnb ein cindrück- liches Beispiel davon, wie ein großer islamischer Politiker und Lnio selbstverständlich mit großer innerer Anteilnahme, Zeugenmut und Bekenntnis- freudigkeit seinen Glauben ausspricht und seinen Koran liest und auslegt. Er umschrieb, indem er viele SchrifUtollcn anzog, den Glauben an den uni- versellen Rchüpforgott. Er erwähnte dio Erzväter und die Propheten und sagte im Anschluß au eine Koran.stelle: «Der Koran bestätigt die Wahrheit aller früheren Offenbarungen und ist gleichzeitig «leren Erfüllung,» Sir Zafrulla deutete das Wort «Islam* als Friede und Unterwerfung, als Uohcrcinslimmuiig mit dorn Gottes. Er umschrieb den Glauben an dio Allharmonie der Schöpfung, un die natür- lichen und geistigen Gesetze und deren Allgemein- gUUigkcit, an die fundamentale Wahrheit der Offenbarung, Der Kornn übergeht das nur Zeit- und OrUsbodingto der Religionen, auch des Chri- stentums, und bestätigt die darin enthaltenen uni- versalen und für immer gültigen Wahrheiten. Sir Zafrulla legte Gewicht auf die Universalität des Islams, so wie sie die Ahmndiyyttbowegung versteht und durch ihren Verzicht auf viele isla- mische Traditionen in der Tat herausgearbeitet hat. Man empfing einen genauen Eindruck von dem Charakter dieser Woltreligion , die eine Reli- gion des Tugendgesettea, dar religiösen Oh- gervans und der Vernunft sein will. Klar sagte es der lnmni: «Die Gläubigen des Islam sind nicht gezwungen, blindlings Dogmen anzuerkennen. Der Islnin enthält keine Rätsel, die nur verwirren, und spricht nicht in philosophischen Floskeln, die dem Verstand verschlossen blcibon . . , Der Islam ver- wirft die Lehre, daß der Mensch sündig gehören wird. Der Mensch ist rein geboren... Weiler Opfer noch Blut eines andern können ihm Heil bringen... De r Islam legt seinen Anhängern keine Fabeln der Vergangenheit vor... Der Islam ist eine Quelle dor Hoffnung, nicht nur für den Ein- zelnen, sondern auch für ulleNutioncn der Welt...» Toleranz Stadtpräsident Dr. Emil Landolt überreichte auf silberglänzendem Tablett dem Isluumiissiomir den golden blinkenden Schlüssel. Er sprach von Tolerant und daß wir denselben Gott hätten. Der Stadtrat lasse sich bei kirchlichen Anlässen im allgemeinen nicht vertreten. Hier lügen aber be- sondqra Gründe vor, einmal dio Anwesenheit des Präsidenten der Generalversammlung der Ver- einigten Nationen. Ferner stehe diese Moschee auf städtischem- Hoden. Er habe lange nach einer Mög- lichkeit für eine Moschee gesucht und schließlich dieses Grundstück dafür zur Verfügung stellen können. Schließlich handle es sieh im Islam lim ejne große Weltreligion, und der Stadtrat wollte ihr lind ihren Angehörigen in Zürich gerne eine Stätte der Anbetung geben. Zürich sei eine christliche, eine protestantische Stadt, und darum liberal und weltnffcn. Diese Freiheit des Denkens habe den Stadtrat zu dieesr Hilfe veranlaßt. Die Anwesen- den applaudierten. Dann verlas ein Schweizer Moslem, der als Herr Vogel vorgestellt wurde, Grußbotschaften aus aller Welt, in erster Linie von dem erkrankten Oberhaupt der Bewegung: «daß dieses Haus (iot- tes dem Fortschritt des Islams dienen möge». Dar- in heißt es: «leb bete also, daß Gott der Schweiz durch Seine Gnade in dieser Zeit der Finsternis Sein Gesicht zeigen möge, wie Er diesem Lande weltliche Freiheit und irdisches Glück gewährt hat, damit die Schweizer jenes Licht bekommen, das in jedem Zeitalter der Dunkelheit vom Him- mel herabsteigt.» Zürich soll ein Mittelpunkt für die Verbreitung des Islams im Westen sein. «Man mag sagen, daß dies ein kleiner Anfang sei», schreibt der Sekretär der Missionen im Ausland, Mirza Mubarak Ahmad, «aber keiner kann die Tatsache leugnen, daß ein Anfang da ist und daß die Arbeit der Ausbreitung des Islams im Westen prnathaft begonnen hnt.» Herr Vogel schließt mit dem Wunsch: «Gott gebe, daß neue Moscheen überall in der Schweiz gebaut werden.» Nachher drängle man sich in den nicht eben großen Anilnchtsraiiin. Mit einem weichen, rolen Toppich belegt, überdeckt von einer bell strahlen- den Kuppel,' lädt er# zur Sammlung ein. Den Er- klärungen des Missionars gemäß ist jedermann willkommen, darin seine Andacht zu suchen und sein flehet zu verrichten. Die Moschee steht dor Ooffentlichkoit offen. Ah diesem Nachmittag stehen man verzeihe den Ausdruck die biedern Eid- genössen verwundert mit einer Mischung von Respekt, Verlegenheit und Zweifel in Socken und barfuß um die betenden Muslims herum. Im Islam ist der Ritus, die Gobetsfjebürdc, hoch geschätzt. Auch in der Ahnindiyyn sieht man den geme'minqhammedunisohon Grundsatz befolgt, dnß die Gemeinde genau dein Vorholer folgen soll. Zwei Reihen Männer und eine Reihe Frauen, darunter offenbar einige Deutsche, Dänen und Schweizer, vollziehen das Pflichlgcbot («Saint») in einer genau geregelten Reihenfolge von Rezitationen in be- stimmten Kürpcrstcllungcn und Bewegungen. Der «Salat» wird geleitet von Sir Zafrulla. Im anschließenden Gespräch bei den Erfri- schungen erfahren wir, daß dor Kanton Zürich die Ahmadii/jiamission des Islams von den Steuern befreit hat. Was das heißt, mögen wir ermessen, wenn wir bedenken, daß der Fiskus die Zehnerlein und Zwanziger, die die Sonntag.-ehulkinder dem Negcrlein anvertrauten, die Einnahmen der Missionsgcscllscliaftcn aus den Kirchcnkollekten seit Jnhren und Jahrzehnten erheblich zu besteuern pflegt oder daß eine andere religiöse Bewegung von christlichem Ursprung, wie die Bewegung für Moralische Aufrüstung, einen langen Prozeß um Steuerbefreiung für empfangene Gaben vor dem Bezirksgericht Zürich verloren hat. Kritik Religiöse Duldung ist unser selbstverständlicher Grundsatz. Förderung und Priyilqgicrung jedoch verlangt genaue Abklärungen. Hier müssen die öf- fentlichen Verwaltungen die Zuständigen fragen, leb verurteile die Oberflächlichkeit, mit der die Frage einer Moschee als Gebetsstältc der Fremden, ihre Förderung durch die Ueberlassiing von Gemoinde- grundstücken im Baurecht und durch die Steuer- befreiung von den öffentlichen Instanzen behan- delt worden ist. Die Ahiiindiyvabcwcgung ist eine Bewegung mit Sonderlehren, die nie verschwiegen, sondern deutlich geäußert und allgemein bekannt gemacht worden sind. Die Bewegung hat die größte Aehnlichkcit mit jener der Mormonen, und sie hat keine irgendwie größere, ausgedehntere Bedeutung als Wellreligion. Sie ist mit den von der Al-Azhar aus doktrinär geleiteten als_ Weltreligion bestehen- den Sunniten ebenso wie mit den Schiiten Persicns im Widerspruch und hat auch den offiziellea paki- stanischen Islam nicht hinter sich. Toleranz is t ein wichtiger Grundsatz. Er er- streckt sich bei uns bis zum freien Wettbewerb Blick auf den Bildschirm Die I'uiikIwiiIiI ac. Die Wahl des neuen Papstes erhielt dei Zuschauer des Schweizer Fernsehern am ver- gangenen Freitag gleich drei Mal innert weniger Stunden vorgeführt: um 17 Uhr in einer Euro- visionuendung HU* Rom, um 20 Uhr eine Kurz- fliMung in der Tngesschau und anschließend um 120 Uhr 15 in einer etwa oin&tilndigon Einschalt* sendmig. Was der Zuschauer am Bildschirm ver- mißte, war die unmittelbare Aktualität des (iescheliens: während es bei der letzten l'apst- uahl im Oktober 1i».r)8 möglich gewesen war, daß die Eurovision dio Ankündigung des »Ilnbomua pnpam» direkt aus Roiu übermittelte, war diesmal von vornherein nuf eine Direktübertragung ver- zichtet worden', was den Sendungen jode. Spannung nahm, Auf dio Uebcrtrngung von 17 Uhr. als längst jedermann wußte, daß Kardinal Montini der iieuo Papst sei. hätte man unter diesen Umständen ohne weiteres verzichten können. Der ( weshalb das Fernsehen bei diesem boileut- Miinen Anlaß vor dem Radio ins zweite Glied zurücktrat, bleibt unklar; vom Schweizer Fern- sehen waren über das Wochenende nur inlie>tiininte Auskünfte zu erhalten. Sicher lag der Felder nicht hei Studio Mellerive, sondern bei der Eurovision oder der italienischen Radio- und Fernsehgesell- schaft RAI. die keine Direktsendung geplant hatten ein wenig ermutigendes Zeichen für den Sinn fürs Aktuelle in einem Zeitpunkt, da das Doutscho Fernsehen inij der fast pausenlosen Direktübertragung dpa Kennedy-Besuches demon- striert, welcher technischen Leistung die Tolovision fähig ist. Die Eiiw-hall sendung vom Freitagabend, zu der Alphöna Matt den Kommentar sprach, war eine gute Wiedergabe des Gcschohons vom Mittag. I'otorsplntz und Poteredom bildeten eine eindrucks- volle Kulisso, die ein dankbares Objekt für das Bild waren; die Ankündigung der erfolgten Wnhl durch Kardinal Ottaviani und dio Segensworto des Papstes wurden nicht durch iibcrl'lüssigo Ein- blendung einer Uoborsotzung gestört. Der vom italienischen Fernsehen Übernommenen Biographie Papst Pauls VI. merkto man dio Eile nn , in der sie hatte zusammengestellt werden müssen. Das Schweizer Fernsehen ließ dnrnuf noch oinen Rück- blick auf das Konklave folgen, der kurz und klnr die Formen, in denen sich die Wahl eines Papstes vollzieht, umriß. Zum Abschluß folgte o;no Wür- digung der Persönlichkeit des neuen Papstes durch Genoralvikar Teobaldi. Die Sendung war abgerun- det und in jeder Beziehung der Bedeutung des Ereignisses angemessen, auch wenn sio in ihrem ersten Teil leider des Spnnnungsolcmentcs beraubt war, dos über jeder Papstwahl waltet . unter den Religionen. Auch bat das Christentum und insbesondere der Zürcher Protestantismus die geistigo Auseinandersetzung mit dein Islam nie gescheut. Sio hat im Gegenteil die ältesten Wur- zeln. Einer der gelehrten theologischen Mitarbeiter der Zürcher Reformatoren, Bibliandor, Chorherr am Großmünster, bat bereits 1/542/43 erstmals und übrigens mit Luthers ausdrücklicher Unterstützung den Koran nuf lateinisch übersetzt und heraus- gegeben, um den grüßten Bestreiter des christ- lichen Erlösungsglaubcns zu studieren. Aber hier ist die Toleranz zur Bevorzugung geworden, die ihre Folgen haben wird. Zürich ist voll von den nllervcrsehiedonstcii religiösen Gruppierungen, von den verschiedensten Buddhisten bis zur Grnnlsbowcgung. Sie ist voll von den verschiedensten christlichen Außenseitern, von denen viele vor der Außcnseitervereinigunc einer fremden Religion Anspruch auf Förderung erheben könnten. Vor allem aber beklagen sich christliche Missionen und Bewegungen mit Recht nun über eine Benachteiligung. Der Grundsatz und die Folgen der Toleranz .sollci nicht mehr zurück- genommen, wohl aber fortnn nuf nllc entsprechen- den Anwärter, vor allem aber auf unsere eigenen, sei es evangelischen, sei es katholischen Institutio- nen der Mission, der Apologetik, der Glaubens- verbreitung und Schulung, angewendet werden. Max Scho'ch Arbeit für die Scepolizci ei. Die Seopolizei, die am Wochenendo durch die Ruderregatta ohnehin in Anspruch genommen war, erhielt um Samstag zwischen ]3UhrlO und In Uhr -15 zusätzliche Arbeit in Hülle und Fülle. Die Sonne hatte viele Bootfnbrer auf das \Vasser gelockt, doch sozusagen aus heiterem Himmel jagten plötzlich stürmische Böen über den See herein, dio mit Geschwindigkeiten von rund 00 km/h in die Segel fielen und nicht weniger als sechs Jiootc zum Kentern brachten; acht Personen mußten in Polizeiboote geborgen werden. Eine solche «Fallsucht» machte den Einsntz aller acht Dienst boote der Polizei notwendig; aus diesem Grunde mußte dio Regatta für dio Dauer oinor halben Stunde unterbrochen werden. VcrhüngtiisvoUe Eile tu. Als nm Samstagabend um 18 Uhr der Lenker eines Personenautos mit einer Geschwindig- keit von ungefähr 40 km/h durch dio Ucbcrland- straße stadtauswärts fuhr, sah er auf dem rechten Trottoir einen Knaben, der in gleicher Richtung rannte. Als dieser nuf der Höbe des Fußgäuger- streifens vor dem Haus 327 angelangt war, eilte er unversehens auf dio Fahrbahn. Blindlings prallte er gegen die rechte Türe des Personenautos und wurde auf den Boden geworfen. Der sechsjährige Knabe zog sich einen Sehlüsselbeinbrueh und einen Obcrnrmbruch zu; er mußte ins Kinder- spital gebracht werden. Eilig hatte es auch eine 53 Jahre alte Frou. die am Samstagabend kurz vor 23 Uhr auf der Höhe der Hardturmstraßc 313 auf die Fahrbahn rannte. Wegen des Regens senkto sio den auf- gespannten Schirm tief über den Kopf, und es ist möglich, dnß ihr dadurch die Sicht verdeckt war. Der Lenker eines mit einer Geschwindigkeit von 55 km/h stadteinwärts fahrenden Personen- autos bremste sofort und versuchte, links an der Fußgüngcrin vorbeizufahren. Es glückto ihm nicht : dio Frau wurde angefahren und zehn Meter nach yorno geworfen. Der rechte Unterschenkel wurde ihr zertrümmert, auch erlitt sio eine Gehirn- erschütterung. Sio wurde ins Stadtspital ein. gowioscn. Neue Zürcher Zeitung vom 24.06.1963

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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ZÜRCHER LOKALCHllONIK Montag, 21. Juni 10C3Moraenaungabe Nr. 2589

Eröffnung der Mahmud-Moschee

_Am Samstag wurde in ZUrich oino Moschee er-

öffnet. Sio ist, wie den zahlreich crschiouononGtlston orklllrt wiinlcj dio orsto ihrer Arl In dorSchweig und goliiJrt einer Miuionsgcgcllschnft, diosich «Ahiiindiyyu Mission des Islams in derSchweiz» nennt*. Iiii folgenden müchtou wir zu-nächst «Ion Einweihungsakt schildom und die.Reden skizz'efcn, «lio gewechselt wurden. Aufürund der Dantolliuig formulieren wir nbor auchunscro lvrit ik tllwr das Verhältnis, das Stadt undStaut Zürich /u dieser islamischen Missionsbowo»Billig eingegangen sind.

Die Einladungskarten, ilic uns zugesandt wur-den, nennen Sir Miiltaiiiminl Zafrulla Khan »J»Gastgeber, Kr ist kein Gcrhlgoror als der Präsi-dent dor Gonoralvorshinmlung der VereinigtenNationen, der oigens zur Eröffnung der Moscheevon Prag kommend mich

_Zürich goflogcn ist.

Dieser ehemalig!) Außenminister von .Pakistan ho-konnt sich .selber als Angehöriger der Ahinndiyya-howrgung. Die Einladungskarten sind vom Lei-ter der Misiäionsgcscllschnft in der Schweiz Be-zeichnet, von Muahtuq Ahmad Jliijivu.

KinpfuiiK tlcr GiinlvAls diese Ulnmischo Missionsgescllschnft vor

etwa zehn Jahren sich in einer Mietwohnung imllochschulyiertel niederließ, hat nuui sio wenig-stens in kirchlichen Kreisen kaum ernst genom-men und ihren ausdrücklichen Willen, den l.slum

Der Stadtpräsidentund die muselniamachen Bräuche

im Westen zu verbreiten, belächelt. Honte dnrfsie dio Gründung ihres Gottcshuuscs feiern. DioStadt Zürich gab ihr dnzu Grund und Boden imBnurecht auf einem knappen Gelände gleich ge-genüber der rel'ormierten Kirche im Bnlgrist. Diokleine Moschee besteht aus einem zweigeschossigenGebäude, das oino Wohnung, lichnuinl und eigent-liche. Gcbctsstüttc onthält. Strnßonseits verkündenarabischo Lettern das mohammedanische, Glaubens-bekenntnis. Darül>er stellt in vertrauten Buch-staben der Nnmo «Mahmud Moschee». Ein Mina-rett, der schlanke rundo Turm der islamischenGotteshäuser, weist mit seiner Spitze zum Him-mel. Das Wüchterzeiclicn des Hahns, das dio Chri-sten als Mahnmal der Treuo zum Erlöser auf dioSpitze ihrer Kirchtürme zu stellen pflegen, stehtim Westwind und dreht zurzeit den Schweif demgoldenen Halbmond zu, der dio Spitze des Mina-retts ziert.

Zur Peter der Eröffnung hat sich eine bunteSchar Geladener eingefunden. Orientalische Ge-sichter und Gewiinder, Fez und Turban mischenmch mit westlichem Feiertags- und Straßenanzug.Zum Prcssccmpfang drängen sich so viele, daßder kleine Besprechungsraum dio Zahl der Inter-essenten kaum fassen kann. Neidisch blickt derLeiter des Evangelischen Pressedienstes undSekretär des Protestantischen Volksbundes auf soviel journalistische und offizielle Aufmerksamkeit.

. Er klngt uns nachher, wie mühsam und mit welchmagerem Erfolg er einige Prominenz für einekirchliche Veranstaltung zusammenzubringen vor-mng. Doch hier handelt es sich um eine Sache,welche dio Neugier weckt. Erwachsene hegen nochviel Kindliches in sich und müssen ihre Wundcr-nnse in etwas stecken, das mich Orient und Tau-sendundniner Nacht klingt. Dio Veranstalter, dieeigentliche feiernde Gemeinde allerdings meinenihre Sache mit vollem Ernst und sprechen ihnauch deutlich aus.

Ucwcguiig def Ahmiidiyyn

Die Pressekon ferenz wird von dem hohen GastSir Znfrulla geleitet, einer sympathischen Per-sönlichkeit mit kurzem, krausem, grauem Bart, ge-kleidet in eine bräunliche Tracht, die ihn als Paki-stan! kennzeichnet. Er gibt auf die Fragen derPrcsseleutc Auskunft über die Bewegung derAhmadiyya. Man lernt nie so kennen, wie sioeinem in der nationalen und universellen Politiktätigen Manne wichtig geworden ist. Denn dieAhmadiyya ist nicht der offizielle Islam, sondernam ehesten als oino Rcformbowegung zu bezeich-nen. Sir Zafrulla stellt vor allein ihre Korantreuein den Vordergrund.

Man muß dazu wissen, daß auch im Islam,gane ähnlich wie im Christentum, sich im Verlaufe

der Geschichte oino große Zahl jüngerer, wennauch dennoch nltchrwllrdigor Traditionen der ur-Bprüiigllchcn Griindlngo angelagert buhen, so daßder Koran in den großen Denominationen derSunniten und Schiiten nicht nlloiuigo Autoritätgenießt. Wenn Sir Zafrulla dio Abkehr von denTraditionen und dio Rückkehr zum Koran alleinbetont, erinnert das den Christen fast etwas andas reforinutorische Prinzip tsola toriptura», dasprotestantische Schril'tprinzip. Sir Zafrulla hebtals zweites den Glauben an die Tatsache in-dividueller Erleuchtung, an die göttliche Führungde» Einzelnen hervor. Nicht nur in der Vergangen-heit, nein auch in der Gegenwart rede der göttliche,(ieist und leite er die Menschen. Endlich unter-scheidet sich die Bewegung vom offiziellen Islamdurch das Fehlen einer Ordiimtiou zum leitendenAmt. Jeder Gläubige kann v.ur I.,cituug der (Je-bctslinndlungon bestellt werden. Auch dafür gibtesg in kleineren christlichen Gemeinschaften zahl-reiche Parallelen.

Isliiini-clic MiKiiniifclicwrKiiiiKfMMan darf allerdings den Pnrnllelisiniis zwischen

Christentum und Ifdnm nicht :.u weit treiben! Dar-über worden wir durch die folgenden Vortrüge,soweit wir es nicht .schon vorher wissen sollten,bald belehrt. Der Islam ist nämlich eine Religion,dje außer dem Glauben an die Einheit Gottes unddio Einzigartigkeit des Propheten Mohammedeigentlich keine Dogmen besitzt. So ist auch das,was man etwa als Sekte zu bezeichnen pflegt,nicht eigentlich durch eine abweichende Lehre ge-kennzeichnoj. Die Ahinadiyyu-Gnippe gehurt zuden reformistischen und modernistischen Neubil-dungen. Eine andere ist die etwas ältere Bewegungdes Mirza Huse.in Ali lieh Allah, der llehaiswus.Auch diese islamische Mission hatte in Europa un-geahnte missionarische Erfolge. Ihr Mittelpunktist Stuttgart. Sie ist, soviel wir wissen, in Zürichauch vortreten und könnte an_ und für sich dengleichen Anspruch auf öffentliche Unterstützungverlangen, wie sie .ietzt der Ahmadif/i/u zuteil ge-worden ist.

Auch jene Sekte bezeichnet sich als «Kronealler übrigen Religionen». Das tut in seiner Weisenun auch die Ahinadiyya. Ja, das ist überhauptdas Prinzip des Islams. In seinem Vort rag sagteder luiam der Mahmud-Moschee in Zürich: «DerIslam ist in der Hinsicht von allen andern Reli-gionen' verschieden, daß er nicht gegen eine be-stimmte oder gar alle andern Religionen eingestelltist.» Gott habe von Zeit zu Zeit «Propheten zuverschiedenen Nationen gesandt, Zarnthustni nachPorsien, Krishnn und Buddln, mich Indien, Kon-fuzius nach China. Jesus Christus nach Palästina,und noch viele andorp», aber die Rolle des Islamsei als diejenige der früheren ReligionO))*.Der islamische Missionar verkündete den An-wesenden den bekannten Anspruch auf die letzteentscheidende Offenbarung durch Mohammed, derdio früheren Propheten in ihren Vcrhciliungen er-füllt, ihre Ansichten beurteilt und bekräftigt undschließlich vervollständigt. '

Das sind Lehren, in denen alle die verschiede-nen mohammedanischen Denominationen einigsind. Wenn man von verschiedenen «Sekten» redenwill, muß man darunter nicht .so sehr eine Lehr-ahweichung verstehen als vielmehr ein verschie-denes Programm, eine verschiedene persönliche Ge-folgschaft. Auch darüber bat sieh der Missionarder Ahmadiyya deutlich und instruktiv geäußert,wio denn überhaupt das Ganze von einem Geintder Offenheit und Klarheit gekennzeichnet war.

licnondcrc GlmibcnsvorstelluiiKCii«llazrat Mirza Ghulam Ahmad», so sagte

Mustari Ahmad Bajwa, «gründete diese Bewegungim Jahre 1889. Er nannte sich das Ebenbild seinesMeisters, des Heiligen Propheten MuhammadFriede sei mit beiden! , i. dessen Person dieProphezeiung der Wiederkehr von Jesus Christuserfüllt wurde.» Den in Roligionsgcschichtc leiderviel zu wenig bewanderten Christen mag die Er-wähnung Jesu wundern. Aber sie gehört wesent-lich zum Koran. Der Islnm ist, wie bereits Lutherbetont hat, eine Qlnubcnswcisc, für die die Leug-nung des Erlösers und die neue InterpretationJesu als Prophet charakteristisch Lst. Der Islnmhnt sich auch mit der Wiederknnftslebre derChristen beschäftigt, sio in gewissen Zeiten seinerGeschichte sogar behauptet, im ganzen nbor ge-leugnet. Die Muslims behaupten, Jesus l>csscr zukennen als die Christen.

«In "unserer Mahmud-Moschee gilt der Glaubt)

nn den wiedergekommenen Christus in folgenderForm», wie der Missionar ausführte. «Diese. Wie-derkehr hatten viele frühere Propheten und Heiligebereits verheißen. Vor diesem Kommen war vonGott aber ein Zeichen prophezeit worden, das nhi20. Februar 188(3 gesandt wurde.» Er erwähnt nundie Ankündigung der Geburt eines Sohnes inner-halb von neun Jahren': «Dieser Sohn würde dieGöttlicho Majestät widerspiegeln, und durch ihnseilte die Welt den hohen Stand des Korans er-fahren.» Wir hören von einer Vision des Grün-ders;, der den Namen seines Sohnes auf einerMoseheo sieht, so wie er jetzt auch auf die Mauerder Zürcher Moschee gesehrieben ist. «Das geseg-nete Kind w u r de am 12. Januar JSS.9_ geboren.»

In ihm siebt dio Ahmadiyya die christlichen Wic-dcrkunftshoffiiungen für erfüllt an. Wir brauchennuf keinen andern mehr zu warton.

Universelle Verbreitung der Aliniaili> >;iiiii-~-i«m

Der Missionar sprach in dem dichtgedrängtenI>hrsnnl vor den Gästen und kennzeichnete dieheutige Verbreitung der Ahmndiyya mit einigenZahlen: außerhalb des pakistanisch-indischen Sub-kontinent« ungefähr fünfzig Zentren mit ungefährfünfhundert Zweigstellen. Diese haben 287 Mo-scheen, von denen die in Zürich die fünfte curo-pischo ist. Selbstverständlich gibt es daneben, wasnicht erwähnt wird, auch große Moscheen derKlimm. Zum Beispiel ist diejenige von Pnris jawährend der algerischen Freiheitskämpfe allgemeinbekannt geworden.

Nnch dem Missionsleitor ergriff der pakista-nische Staatsmann das Wort. Er gnb ein cindrück-liches Beispiel davon, wie ein großer islamischerPolitiker und Lnio selbstverständlich mit großerinnerer Anteilnahme, Zeugenmut und Bekenntnis-freudigkeit seinen Glauben ausspricht und seinenKoran liest und auslegt. Er umschrieb, indem erviele SchrifUtollcn anzog, den Glauben an den uni-

versellen Rchüpforgott. Er erwähnte dio Erzväterund die Propheten und sagte im Anschluß au eineKoran.stelle: «Der Koran bestätigt die Wahrheitaller früheren Offenbarungen und ist gleichzeitig«leren Erfüllung,»

Sir Zafrulla deutete das Wort «Islam* alsFriede und Unterwerfung, als Uohcrcinslimmuiigmit dorn Gottes. Er umschrieb den Glaubenan dio Allharmonie der Schöpfung, un die natür-lichen und geistigen Gesetze und deren Allgemein-gUUigkcit, an die fundamentale Wahrheit derOffenbarung, Der Kornn übergeht das nur Zeit-und OrUsbodingto der Religionen, auch des Chri-stentums, und bestätigt die darin enthaltenen uni-versalen und für immer gültigen Wahrheiten.

Sir Zafrulla legte Gewicht auf die Universalitätdes Islams, so wie sie die Ahmndiyyttbowegungversteht und durch ihren Verzicht auf viele isla-mische Traditionen in der Tat herausgearbeitethat. Man empfing einen genauen Eindruck vondem Charakter dieser Woltreligion, die eine Reli-gion des Tugendgesettea, dar religiösen Oh-gervans und der Vernunft sein will. Klar sagte esder lnmni: «Die Gläubigen des Islam sind nichtgezwungen, blindlings Dogmen anzuerkennen. DerIslnin enthält keine Rätsel, die nur verwirren, undspricht nicht in philosophischen Floskeln, die demVerstand verschlossen blcibon . . , Der Islam ver-wirft die Lehre, daß der Mensch sündig gehörenwird. Der Mensch ist rein geboren... WeilerOpfer noch Blut eines andern können ihm Heilbringen... D er Islam legt seinen Anhängern keineFabeln der Vergangenheit vor... Der Islam isteine Quelle dor Hoffnung, nicht nur für den Ein-zelnen, sondern auch für ulleNutioncn der Welt...»

ToleranzStadtpräsident Dr. Emil Landolt überreichte

auf silberglänzendem Tablett dem Isluumiissiomirden golden blinkenden Schlüssel. Er sprach vonTolerant und daß wir denselben Gott hätten. DerStadtrat lasse sich bei kirchlichen Anlässen imallgemeinen nicht vertreten. Hier lügen aber be-sondqra Gründe vor, einmal dio Anwesenheit desPräsidenten der Generalversammlung der Ver-einigten Nationen. Ferner stehe diese Moschee aufstädtischem- Hoden. Er habe lange nach einer Mög-lichkeit für eine Moschee gesucht und schließlichdieses Grundstück dafür zur Verfügung stellenkönnen. Schließlich handle es sieh im Islam lim ejnegroße Weltreligion, und der Stadtrat wollte ihrlind ihren Angehörigen in Zürich gerne eine Stätteder Anbetung geben. Zürich sei eine christliche,eine protestantische Stadt, und darum liberal undweltnffcn. Diese Freiheit des Denkens habe denStadtrat zu dieesr Hilfe veranlaßt. Die Anwesen-den applaudierten.

Dann verlas ein Schweizer Moslem, der alsHerr Vogel vorgestellt wurde, Grußbotschaften ausaller Welt, in erster Linie von dem erkranktenOberhaupt der Bewegung: «daß dieses Haus (iot-tes dem Fortschritt des Islams dienen möge». Dar-in heißt es: «leb bete also, daß Gott der Schweizdurch Seine Gnade in dieser Zeit der FinsternisSein Gesicht zeigen möge, wie Er diesem Landeweltliche Freiheit und irdisches Glück gewährthat, damit die Schweizer jenes Licht bekommen,das in jedem Zeitalter der Dunkelheit vom Him-mel herabsteigt.» Zürich soll ein Mittelpunkt fürdie Verbreitung des Islams im Westen sein. «Manmag sagen, daß dies ein kleiner Anfang sei»,schreibt der Sekretär der Missionen im Ausland,Mirza Mubarak Ahmad, «aber keiner kann dieTatsache leugnen, daß ein Anfang da ist und daßdie Arbeit der Ausbreitung des Islams im Westenprnathaft begonnen hnt.» Herr Vogel schließt mitdem Wunsch: «Gott gebe, daß neue Moscheenüberall in der Schweiz gebaut werden.»

Nachher drängle man sich in den nicht ebengroßen Anilnchtsraiiin. Mit einem weichen, rolenToppich belegt, überdeckt von einer bell strahlen-den Kuppel,' lädt er# zur Sammlung ein. Den Er-klärungen des Missionars gemäß ist jedermannwillkommen, darin seine Andacht zu suchen undsein flehet zu verrichten. Die Moschee steht dorOoffentlichkoit offen. Ah diesem Nachmittag stehen

man verzeihe den Ausdruck die biedern Eid-genössen verwundert mit einer Mischung vonRespekt, Verlegenheit und Zweifel in Socken undbarfuß um die betenden Muslims herum.

Im Islam ist der Ritus, die Gobetsfjebürdc, hochgeschätzt. Auch in der Ahnindiyyn sieht man dengeme'minqhammedunisohon Grundsatz befolgt, dnßdie Gemeinde genau dein Vorholer folgen soll. ZweiReihen Männer und eine Reihe Frauen, darunteroffenbar einige Deutsche, Dänen und Schweizer,vollziehen das Pflichlgcbot («Saint») in einer genaugeregelten Reihenfolge von Rezitationen in be-stimmten Kürpcrstcllungcn und Bewegungen. Der«Salat» wird geleitet von Sir Zafrulla.

Im anschließenden Gespräch bei den Erfri-schungen erfahren wir, daß dor Kanton Zürichdie Ahmadii/jiamission des Islams von den Steuernbefreit hat. Was das heißt, mögen wir ermessen,wenn wir bedenken, daß der Fiskus die Zehnerleinund Zwanziger, die die Sonntag.-ehulkinder demNegcrlein anvertrauten, die Einnahmen derMissionsgcscllscliaftcn aus den Kirchcnkollektenseit Jnhren und Jahrzehnten erheblich zu besteuernpflegt oder daß eine andere religiöse Bewegungvon christlichem Ursprung, wie die Bewegung fürMoralische Aufrüstung, einen langen Prozeß umSteuerbefreiung für empfangene Gaben vor demBezirksgericht Zürich verloren hat.

KritikReligiöse Duldung ist unser selbstverständlicher

Grundsatz. Förderung und Priyilqgicrung jedochverlangt genaue Abklärungen. Hier müssen die öf-fentlichen Verwaltungen die Zuständigen fragen, leb

verurteile die Oberflächlichkeit, mit der die Frageeiner Moschee als Gebetsstältc der Fremden, ihreFörderung durch die Ueberlassiing von Gemoinde-grundstücken im Baurecht und durch die Steuer-befreiung von den öffentlichen Instanzen behan-delt worden ist. Die Ahiiindiyvabcwcgung ist eineBewegung mit Sonderlehren, die nie verschwiegen,sondern deutlich geäußert und allgemein bekanntgemacht worden sind. Die Bewegung hat die größteAehnlichkcit mit jener der Mormonen, und sie hatkeine irgendwie größere, ausgedehntere Bedeutungals Wellreligion. Sie ist mit den von der Al-Azharaus doktrinär geleiteten als_ Weltreligion bestehen-den Sunniten ebenso wie mit den Schiiten Persicnsim Widerspruch und hat auch den offiziellea paki-stanischen Islam nicht hinter sich.

Toleranz i st ein wichtiger Grundsatz. Er er-streckt sich bei uns bis zum freien Wettbewerb

Blick auf den BildschirmDie I'uiikIwiiIiI

ac. Die Wahl des neuen Papstes erhielt deiZuschauer des Schweizer Fernsehern am ver-gangenen Freitag gleich drei Mal innert wenigerStunden vorgeführt: um 17 Uhr in einer Euro-visionuendung HU* Rom, um 20 Uhr eine Kurz-fliMung in der Tngesschau und anschließend um120 Uhr 15 in einer etwa oin&tilndigon Einschalt*sendmig. Was der Zuschauer am Bildschirm ver-mißte, war die unmittelbare Aktualität des(iescheliens: während es bei der letzten l'apst-uahl im Oktober 1i».r)8 möglich gewesen war, daßdie Eurovision dio Ankündigung des »Ilnbomuapnpam» direkt aus Roiu übermittelte, war diesmalvon vornherein nuf eine Direktübertragung ver-zichtet worden', was den Sendungen jode. Spannungnahm, Auf dio Uebcrtrngung von 17 Uhr. alslängst jedermann wußte, daß Kardinal Montinider iieuo Papst sei. hätte man unter diesenUmständen ohne weiteres verzichten können. Der( weshalb das Fernsehen bei diesem boileut-Miinen Anlaß vor dem Radio ins zweite Gliedzurücktrat, bleibt unklar; vom Schweizer Fern-sehen waren über das Wochenende nur inlie>tiininteAuskünfte zu erhalten. Sicher lag der Felder nichthei Studio Mellerive, sondern bei der Eurovisionoder der italienischen Radio- und Fernsehgesell-schaft RAI. die keine Direktsendung geplanthatten ein wenig ermutigendes Zeichen für denSinn fürs Aktuelle in einem Zeitpunkt, da dasDoutscho Fernsehen inij der fast pausenlosenDirektübertragung dpa Kennedy-Besuches demon-striert, welcher technischen Leistung die Tolovisionfähig ist.

Die Eiiw-hall sendung vom Freitagabend, zu derAlphöna Matt den Kommentar sprach, war einegute Wiedergabe des Gcschohons vom Mittag.I'otorsplntz und Poteredom bildeten eine eindrucks-volle Kulisso, die ein dankbares Objekt für dasBild waren; die Ankündigung der erfolgten Wnhldurch Kardinal Ottaviani und dio Segensworto desPapstes wurden nicht durch iibcrl'lüssigo Ein-blendung einer Uoborsotzung gestört. Der vomitalienischen Fernsehen Übernommenen BiographiePapst Pauls VI. merkto man dio Eile n n, in dersie hatte zusammengestellt werden müssen. DasSchweizer Fernsehen ließ dnrnuf noch oinen Rück-blick auf das Konklave folgen, der kurz und klnrdie Formen, in denen sich die Wahl eines Papstesvollzieht, umriß. Zum Abschluß folgte o;no Wür-digung der Persönlichkeit des neuen Papstes durchGenoralvikar Teobaldi. Die Sendung war abgerun-det und in jeder Beziehung der Bedeutung desEreignisses angemessen, auch wenn sio in ihremersten Teil leider des Spnnnungsolcmentcs beraubtwar, dos über jeder Papstwahl waltet.

unter den Religionen. Auch bat das Christentumund insbesondere der Zürcher Protestantismus diegeistigo Auseinandersetzung mit dein Islam niegescheut. Sio hat im Gegenteil die ältesten Wur-zeln. Einer der gelehrten theologischen Mitarbeiterder Zürcher Reformatoren, Bibliandor, Chorherram Großmünster, bat bereits 1/542/43 erstmals undübrigens mit Luthers ausdrücklicher Unterstützungden Koran nuf lateinisch übersetzt und heraus-gegeben, um den grüßten Bestreiter des christ-lichen Erlösungsglaubcns zu studieren. Aber hierist die Toleranz zur Bevorzugung geworden, dieihre Folgen haben wird.

Zürich ist voll von den nllervcrsehiedonstciireligiösen Gruppierungen, von den verschiedenstenBuddhisten bis zur Grnnlsbowcgung. Sie ist vollvon den verschiedensten christlichen Außenseitern,von denen viele vor der Außcnseitervereinigunceiner fremden Religion Anspruch auf Förderungerheben könnten. Vor allem aber beklagen sichchristliche Missionen und Bewegungen mit Rechtnun über eine Benachteiligung. Der Grundsatz unddie Folgen der Toleranz .sollci nicht mehr zurück-genommen, wohl aber fortnn nuf nllc entsprechen-den Anwärter, vor allem aber auf unsere eigenen,sei es evangelischen, sei es katholischen Institutio-nen der Mission, der Apologetik, der Glaubens-verbreitung und Schulung, angewendet werden.

Max Scho'ch

Arbeit für die Scepolizci

ei. Die Seopolizei, die am Wochenendo durchdie Ruderregatta ohnehin in Anspruch genommenwar, erhielt um Samstag zwischen ]3UhrlO undIn Uhr -15 zusätzliche Arbeit in Hülle und Fülle.Die Sonne hatte viele Bootfnbrer auf das \Vassergelockt, doch sozusagen aus heiterem Himmeljagten plötzlich stürmische Böen über den Seeherein, dio mit Geschwindigkeiten von rund00 km/h in die Segel fielen und nicht weniger alssechs Jiootc zum Kentern brachten; acht Personenmußten in Polizeiboote geborgen werden. Einesolche «Fallsucht» machte den Einsntz aller achtDienst boote der Polizei notwendig; aus diesemGrunde mußte dio Regatta für dio Dauer oinorhalben Stunde unterbrochen werden.

VcrhüngtiisvoUe Eiletu. Als nm Samstagabend um 18 Uhr Iß der

Lenker eines Personenautos mit einer Geschwindig-keit von ungefähr 40 km/h durch dio Ucbcrland-straße stadtauswärts fuhr, sah er auf dem rechtenTrottoir einen Knaben, der in gleicher Richtungrannte. Als dieser nuf der Höbe des Fußgäuger-streifens vor dem Haus 327 angelangt war, eilteer unversehens auf dio Fahrbahn. Blindlings prallteer gegen die rechte Türe des Personenautos undwurde auf den Boden geworfen. Der sechsjährigeKnabe zog sich einen Sehlüsselbeinbrueh undeinen Obcrnrmbruch zu; er mußte ins Kinder-spital gebracht werden.

Eilig hatte es auch eine 53 Jahre alte Frou.die am Samstagabend kurz vor 23 Uhr auf derHöhe der Hardturmstraßc 313 auf die Fahrbahnrannte. Wegen des Regens senkto sio den auf-gespannten Schirm tief über den Kopf, und esist möglich, dnß ihr dadurch die Sicht verdecktwar. Der Lenker eines mit einer Geschwindigkeitvon 55 km/h stadteinwärts fahrenden Personen-autos bremste sofort und versuchte, links an derFußgüngcrin vorbeizufahren. Es glückto ihm nicht :dio Frau wurde angefahren und zehn Meter nachyorno geworfen. Der rechte Unterschenkel wurdeihr zertrümmert, auch erlitt sio eine Gehirn-erschütterung. Sio wurde ins Stadtspital ein.gowioscn.

Neue Zürcher Zeitung vom 24.06.1963