Zu Besuch bei Thomas Kramer in Miami - Felix Huttfelixhutt.com/work/pdf/work_47.pdf · Hause Burda,...

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Ich! Noch größer als sein übermenschliches Selbstbewusstsein sind seine Probleme: Der deutsche Geschäftsmann THOMAS KRAMER streitet sich mit den Erbinnen des Gelddruckkönigs SIEGFRIED OTTO um 100 Millionen Euro. Nach zwölf Jahren Krieg droht nun das böse Ende. PARK AVENUE besuchte Ti Käy, der in Miami immer noch lauter lacht als die Sonne SO SEHEN GEWINNER AUS, die viel zu verlieren haben. Was soll’s? Wenn Kramer, der Ex-Schwiegersohn aus dem Hause Burda, eine Pool- party schmeißt und keiner gucken soll, lässt er per Knopfdruck Nebel aufsteigen Text FELIX HUTT Fotos TONY WARD 112 113

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„Ich!“Noch größer als sein übermenschliches Selbstbewusstsein

sind seine Probleme: Der deutsche Geschäftsmann Thomas Kramer streitet sich mit den Erbinnen des Gelddruckkönigs SieGFried OttO um 100 Millionen Euro. Nach zwölf Jahren Krieg droht nun das böse ende. PArK AVeNUe besuchte ti Käy, der in Miami immer noch lauter lacht als die Sonne

So Sehen Gewinner auS, die viel zu verlieren haben. Was soll’s? Wenn Kramer, der Ex-Schwiegersohn aus dem Hause Burda, eine Pool-party schmeißt und keiner gucken soll, lässt er per Knopfdruck Nebel aufsteigen

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„herr Kramer, wofür brauchen sie denn das Gewehr, das da neben dem stahlhelm steht?“„Geil, oder? das ist für die Kubaner, falls die hier wieder ein-fallen wie anfang der 90er-Jahre.“„Ist das Ihr ernst?“„Klar, mein voller ernst!“

es ist der 13. März 2007, ein schwülheißer Dienstag in Miami, Spring Break; Ame­rikas College­Elite besäuft sich am Ocean Drive, und einer, den die Wahrheit rich­tig viel Geld kosten könnte, ist unfassbar guter Dinge: Thomas Kramer, 50 Jahre alt, wasserstoffweiße Föhnfrisur, Zähne gleicher Couleur, sonnengegerbte Haut, Jeans, sehr offenes Hemd, reißt ein Bün­

del Akten in die Höhe und wird laut. „Endlich habe ich Fakten gegen die in der Hand. Endlich können mich die Richter in Zürich nicht mehr wegschicken, jetzt kann ich meine Sicht der Dinge darstellen.“

Man kennt sich drei Minuten, am Holztor vor dem Anwesen begrüßt ein Schild den Besucher: „Don’t be aware of the dog. Be aware of the owner.“ Darüber ein Pistolenlauf.

Star Island wird die kleine Insel vor Miami Beach genannt, Einlass nur mit Einladung. Kramers Haus hat zwei

Auffahrten, das des Nachbarn nur eine, der heißt P. Diddy. Gegenüber wohnen Gloria und Emilio Estefan, neben den Estefans der Basketball­Hero Shaquille O’Neal, da werde man am Samstagabend hingehen, Shaqs Geburtstag feiern. Im klimatisierten Büro, der „Kommandozentrale des Kramer­Imperiums“, sitzt Thomas Kramer vor einem großen Bild­schirm, einen Schreibtisch neben ihm seine Assistentin Margaret Nee, und auf dem Tisch vor dem Fenster, hinter dem sich Miamis Skyline, die Jetski und Luxusjachten wich­tigmachen, da steht ein Gewehr mit Teleskop. Auf zwei Mei­len könne er damit einen Schuhkarton treffen, sagt Kramer. Hinter seinem Schreibtisch geht es in sein kleines Badezimmer, zum Frischmachen, für zwischendurch. Kramer hält noch immer die Papiere in die Höhe, lacht und lacht und lacht, und ist dann plötzlich ganz still. Konstante Launen, so viel ist schnell sicher, kennt er nicht. „Hören Sie es?“, fragt er und deutet nach draußen. – „Nein.“ – „Hören Sie das Touristen­boot?“ Vor dem Anleger fährt ein Schiff vorbei, aus dem Lautsprecher verkündet der Animateur den Gästen, dass man jetzt Star Island umrunden werde, rechts das Haus von P. Diddy, und daneben – jetzt legt sich ein Grinsen in das Gesicht von Thomas Kramer –, das sei das Anwesen vom „Creator of South Pointe“. Damit sei er gemeint.

Er kommt am 27. April 1957 in Frankfurt am Main zur Welt, und geht es nach seiner selbst formulierten Biografie, dann ist er bald auf der Überholspur: Vater Willi arbeitet sich zum Makler an der Frankfurter Börse empor, Thomas ist mit 13 Chefredakteur einer Schülerzeitung. Mit 14 eröffnet er mit 500 Mark ein Aktienkonto, mit 17 verdient er seine erste Million,

oriGinal und täuSchunGDen Champagner, mit dem Ti Käy und seine kolum- bianische Freundin Linda das Leben genießen, hat nicht der Butler serviert. Der ist nämlich eine 70 000 Dollar teure Skulptur

der „Prince of caSh“, wie Kramer in Miami genannt wird, weil er auch Millionen-

beträge bar bezahlt, hat sich die Brust rasiert. Wär ja auch

schade, wenn nicht. Das mit Rubinen besetzte Goldkreuz

war schließlich zu teuer, um in einem Pelz zu verschwinden

„Eigentlich bin ich schon lange tot. aber die hölle hatte etwas dagegen, die hatte angst, dass ich sie auch noch übernehme, harharhar“

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indem er vom Pausenhof des Internats Salem via Telefonzelle auf den richtigen Kurs setzt. Sagt Kramer. Andere sagen: Der übertreibt gern mal, der Kramer.

Jetzt schmeißt er die Papiere auf den Tisch, im Briefkopf stehen seine Zürcher Anwälte, es geht um den Rechtsstreit „Thomas Kramer gegen die Erben des Siegfried Otto“. Es ist der Siegfried Otto, der das berühmte Gelddruckhaus Giesecke & Devrient aufgebaut hat. Das Dokument hat 160 Seiten, mitneh­men dürfe man es nicht, nur mal reingucken, dies werde ihn retten, endlich könne er beweisen, dass er im Recht sei. Er wer­de sich jetzt ein wenig hinlegen, um sieben sei Treffpunkt in der Küche des Haupthauses, dann werde man essen gehen, genug gearbeitet, Zeit fürs Vergnügen.

Mit 18 geht Kramer nach Harvard, dann an die Wall Street, ist mit 20 pleite und wenig später im Jetset zu Hause. Sein Vater soll ihm die Freundin ausgespannt haben, woraufhin Thomas Kramer beschließt, Liebe bei den Elitefrauen zu suchen: Er hat eine zweijährige Beziehung mit Yasmin Aga Khan, der Tochter von Rita Hayworth und Prinz Ali Khan, die danach über Kramer zu Protokoll gibt: „Er hat Augen aus Dollars und Eier aus Gold.“ 1986 schlägt Kramer in München auf, begehrt Einlass in die Schi­ckeria und hat Erfolg. Für seinen 30. Geburtstag mietet er ein Zirkuszelt, Johannes von Thurn und Taxis feiert mit. In London, im Haus des deutschen Botschafters, soll er versucht haben, Prinzessin Diana zu küssen. Wahr oder nicht wahr – solche Ge­schichten imponieren. Woher dieser Vogel kommt, der so laut redet und lacht, weiß keiner genau, er macht wohl irgendwas mit Börsenkursen, egal, jedenfalls ist Kramer immer für einen Spruch gut, an seinem Tisch muss niemand Durst leiden, und unter dem Tisch, da füßelt er ganz gern mit den Damen der Gesellschaft. Das macht auch Feinde, aber in jedem Fall bekannt. Mit einer prominenten PR­Lady hat er eine Liaison. Später ein­mal, während eines Poloturniers, erwischt ihn Elisabeth von Sachsen­Weimar auf der Damentoilette, Kramer grüßt – und macht weiter. „Männer mit großen Füßen haben halt einen Gro­ßen“, sagt eine, die es wissen muss. Kramer hat Schuhgröße 46.

„Er hatte Erfolg in dem Kreis, den man die Münchner Bussi­Gesellschaft nennt. Späte Burgfräulein hatten ihn dort ein­geführt, schnelle Geldverdiener gaben ihm ihr Liebstes, das Bare, das er zunächst ebenso vermehren half, wie er seinen Lebensstil dem seiner Geldgeber anpasste“, schreibt Tempo 1992, und: „Wer ihn erlebt hat, damals in München, konnte sich seiner Persön­lichkeit – und auch seinen Fingern – kaum entziehen.“ Michael Graeter, bekanntester Schickeria­Chronist zu jener Zeit und heu­te in Zürich residierend, „weil es hier gesünder ist“, sieht’s nüch­terner. Er nennt Kramer einen „abscheulichen Hochstapler“.

Kramer geht in Restaurants und schreit, ab jetzt gehe alles auf seine Rechnung. Er wohnt in einem Penthouse in der Schwabinger Zittelstraße, sechs Firmen gehören dem „Finanz­

Franz Burda, ist erschüttert, im Sommer 1989 prasselt ein Schlagzeilenregen auf das Paar nieder, für den Burda­Clan ist Kramer ein Eiterpickel, den es auszudrücken gilt. Am 24. No­vember 1989 feiert Vivil­Firmenchef Müller in München Ge­burtstag, Gäste unter anderem: Hubert Burda, Thomas Kramer, Catherine Burda, Franz Burda, seine Ex­Frau Bambi, seine neue Frau Christa. Franz Burda ist nach einigen Gläsern Rotwein in der Stimmung, Kramer den Handschlag zu verweigern, und sagt gut hörbar für die Umstehenden: „Sie wissen gar nicht, wie reich und mächtig ich bin. Ich werde Sie vernichten.“ Thomas Kramer und Catherine Burda heiraten am 23. Dezember 1989 in New York. Franz Burda schäumt, droht seiner Tochter mit Enterbung: „Wir sind nicht bereit, diesen Herrn zu akzeptie­ren.“ Catherines Großmutter, Aenne Burda, Clanchefin und Erfinderin von Burda Moden, schließt ihre Enkelin per Brief vom 1. März 1990 „aus dem Familienbund“ aus. Das damalige Bur­da­Blatt Forbes bringt eine Recherche, die Kramers wirtschaft­liche Aktivitäten auseinandernimmt. Journalistenpflicht nennt es das Haus Burda, Rache die Society.

Obwohl es gegen Mitternacht geht, bleibt es in Miami schwül. Der Pegel steigt, die Geschichten werden besser, das Gelächter ungehemmter, und wumm!, landet Kramers Pranke wieder auf dem Oberschenkel. „Wissen Sie überhaupt, warum ich noch lebe“, gluckst er, „wissen Sie’s?“ – „Medikamente? Die Meeresbrise?“ – „Quatsch, eigentlich bin ich schon lange tot, aber die Hölle hatte was dagegen, die hatte Angst, dass ich sie auch noch übernehme, harharhar!“ – „Ach so.“ – „Wissen Sie noch, damals, als der Gianni Versace hier in Miami erschossen wurde?“ – „Ja.“ – „Der Mörder hat auf den großen Blonden ge­zielt und den kleinen Italiener getroffen, harharhar!“ Der Tisch prustet, Linda möchte noch ein Dessert, dann geht’s los ins Delano, das Hotel an der Collins Avenue, Kramer holt die Kredit­karte raus, die schwarze, selbstverständlich.

Siegfried Otto und Jutta Devrient lassen sich nach mehr als 40 Jahren Ehe scheiden, und er heiratet 1989 Ursula Bur­da, jetzt Otto. Im Schlepptau der neuen Frau Otto: Tochter Catherine und Thomas Kramer. Der Patron mutiert vom Finanz­mann zum Partylöwen, was seine Familie der neuen Frau und de­ren Anhang zuschreibt. „Er hatte auch davor schon einen Jet und ein Haus auf Ibiza“, sagt ein Familienmitglied der Ottos* am 23. April 2007 zu PARK AVENUE. „Er war schon etwas senil, aber auf einmal musste es ein Haus in Palm Beach sein, eines in Monte Carlo. Es reichte keine Falcon 10,

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liebe und haSS wohnen tür an tür: [1] Die Schwestern Verena von Mitschke-Collande und Claudia Miller-Otto bei der 150-Jahr-Feier des Geld-druckhauses Giesecke & Devrient am 21.6.2002 in München, [2] Siegfried und Ursula Otto, [3] Kramer-Freund Justin von Kessel. Franz Burda II. [4] und seine Mutter Aenne [5] erschütterte die Hochzeit von Catherine Burda und Thomas Kramer, die gemein-sam mit Tochter Joya [6] in Miami lebten. [7] Glückliche Münchner Zeiten: Ursula Otto, das Ex-„Bambi“ von Franz Burda II., Schwieger-sohn Thomas Kramer und Catherine Burda. [8] Kra-mer mit damaliger Freundin Stephanie Phillips, die sich erschoss. [9] Beim Ringel-reihen mit Bea Prinzessin von Auersperg in Marbella

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Wunderkind“ (Bild). Ti Käy, wie er sich rufen lässt, sitzt in Talk­shows, beleidigt, stößt auf. Das ist auch heute noch so.

Tegernsee, 1989: Bei den Waldfesten, die traditionell im Frühsommer rund um den Tegernsee stattfinden, tragen die Frauen Dirndl und die Männer dick auf. Zum Schaulaufen in der Postkartenidylle gibt es frisches Tegernseer Helles, Radi und Hendl, die Schicken mischen sich mit den Einheimischen, die echten Millionäre mit den Herren der Kredite. Zu später Stunde geht es an die Schnapsbar, Obstler macht fröhlich.Kramer wird einer Frau vorgestellt, blond, zierlich, attraktiv, 26 Jahre alt. Der Funke springt heftig über, sie heißt Catherine, mit Nachnamen Burda, und ab jetzt spielt die Geschichte in einer anderen Dimension.

Kurz vor sieben in Miami, die Sonne hat ihre Arbeit getan, in der Küche fragt ein Butler leise, ob man was zu trinken wünsche. Thomas Kramer ist noch oben im ersten Stock und macht sich fer­tig. Er beschäftigt 18 Angestellte in drei Schich­

ten, drei Millionen Dollar kostet das 9000 Quadratmeter große Anwesen mit Gästehaus, Pool, beleuchtetem Brunnen an Un­terhalt, jährlich. Er kommt die Treppe herunter, ist fröhlich, leert sein Glas, wir nehmen den schwarzen Range Rover, sagt er, fährt selbst, hinten sitzt ein dunkelhäutiger Herr, sein Body­guard. Der Range Rover sei eine Spezialanfertigung, über 500 PS, schusssichere Türen und Fenster, es gehe ins Quattro, sein Restaurant, dort treffe man ein paar Leute, später weiter ins Delano, da feiere heute ein Freund von ihm. Im Quattro in der Lincoln Road Mall wartet unter freiem Himmel der größte Tisch, Freund Mike ist schon da. Mike sieht aus wie ein Schau­spieler aus der Serie „Die Sopranos“: schwarz gefärbte Haare, unter dem Blazer ein Shirt mit Messermotiven, tiefe, wispernde Stimme. Auch Florian Orterer ist da, Sohn des Getränkehänd­lers Orterer aus München, er studiert an der University of Mia­mi, organisiert Partys im Mynt, einem der Clubs in Miami, und hat zwei Freundinnen, die lerne man morgen kennen. Auf dem Tisch steht eine Sechsliterflasche Rotwein, weniger ist für Kramer zu wenig. Er bleibt gewohnt laut. Morgen komme ein TV­Team vorbei, nur wegen ihm, eine befreundete Italienerin macht die Aufwartung, wenig später weiß die komplette Ter­rasse, dass sie noch nicht bereit war, ihm, dem Hausherrn, ihre komplette Aufwartung zu machen. Kramer ist der Mittelpunkt seiner Jünger, Kramer ist körperlich, Kramer redet mit den Händen, packt an, kommandiert den Geschäftsführer, eine sei­ner Freundinnen, Linda, kommt dazu, Model von Beruf, sie wohnt bei Kramer auf Star Island.

München, 4. Mai 2007: Auf den Wiesen des Münchner Herzogparks blüht es, ein Herr führt seinen Jagdhund aus, die Stille der Macht liegt in der Luft. Wer hier in der Opitzstraße

wohnt, hat es geschafft, hier leben die richtig Geldigen, vor den Villen steht Security oder gleich ein Polizeiwagen. In einem Apartment am Park wohnt Ursula Hedwig Otto, gebo­rene Gamstätter, geschiedene Burda. Die junge Gamstätter heiratet am 30. August 1958 in Offenburg Franz Burda, den Druckereibesitzer und Sohn des legendären Verlegers Franz „Senator“ Burda. Ihre Schwager: Hubert Burda, dem heute der Verlag gehört, und Frieder Burda, einer der bedeutendsten Kunstsammler Europas. Das Paar hat zwei Kinder, Franz II. jr., 48, und Catherine, 44. Als sich der Burda­Konzern von Offen­burg nach München orientiert, begeistert die attraktive und lebenslustige Frau Burda schnell die Männer der Gesellschaft. Ihren Mann immer weniger, der nicht viel gibt auf den Schein, der lieber in seiner Bibliothek sein Allgemeinwissen pflegt. Er gilt als kostenbewusster, knorriger Typ, sie taucht ein ins Leben, man tuschelt. Die Ehe zwischen Franz Burda und sei­ner „Bambi“ geht bald in die Brüche. Sie lernt einen anderen Herrn kennen, auch der ein Geldiger.

der Mann heißt Siegfried Günther Otto, geboren am 25. Dezember 1914 in Halle an der Saale, Sohn eines Polizis­ten, er heiratet im Zweiten Weltkrieg Jutta Devrient, Tochter von Ludwig Devrient. Die Leipziger Firma ihres Vaters, Giesecke & Devrient, gegrün­det 1852, druckt 1856 die erste Bank­note, 10 Thaler, 1908 chinesische Staats­

anleihen und wird im Zweiten Weltkrieg enteignet. Nach drei­jähriger Kriegsgefangenschaft in Russland beginnt Otto mit dem Wiederaufbau in München, sein Schwiegervater hat den Krieg nicht überlebt. Jutta Devrient und ihre Mutter schenken dem Visionär ihre Anteile. Otto wird in den kommenden Jahr­zehnten zum erfolgreichsten privaten Gelddrucker der Welt: Vom Hauptsitz in der Prinzregentenstraße in München wächst ein internationales Großunternehmen heran; ab 1958 druckt G & D die Hälfte aller deutschen Banknoten. Otto und Devrient haben vier Kinder – die Söhne Yorck, 51, und Tilman, 53, die Töchter Verena, 58, und Claudia, 56. Otto bringt die Firma voran, sie entwickelt 1971 das Eurocheque­System, erste Karten für den Mobilfunk, G & D druckt die Währung von mehr als 60 Ländern. Die Familie ist allererste deutsche Geldliga.

„Ich bin das Monster aus München. Normalerweise nehme ich Frauen wie dich zum Nachtisch auf der Damen­toilette“, sollen Kramers erste Worte zu Catherine Burda gelautet haben, vom gelben Blätterwald ausgiebig rezitiert. Mi­chael Graeter sagt, das sei etwas anders gewesen, Catherines Mutter, die Ursula Otto, sei sehr gut mit Kramer befreundet gewesen. Catherine Burda und Kramer lieben sich, ihr Vater,

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eine Falcon 50 musste her. Und er erschien jetzt mit ihr auf den Partys, bei den Toerrings, diesen adligen Bierbrauern, zum Beispiel. Alles natürlich in den Klatschspalten doku­mentiert, peinlich war das.“

Was damals nur wenige Eingeweihte wissen: Siegfried Otto hat noch ein viel größeres Problem als seine neue vergnügungsfreudige Sippe: Schwarzgeld, und davon viel. Über Jahrzehnte werden bei der Cantrade Bank in Zürich für die Firma La Industrial Tecnica S.A. Konten gefüllt, deren Vermögenswerte am deutschen Fiskus vorbeigeschmuggelt werden. Das Geld stammt vor allem aus der Security Printing S.A., einer Tarnfirma, die Otto 1958 in Zürich ge­gründet hatte. Das wären unschöne Meldungen, schließlich ist einer der größten Auftraggeber von Giesecke & Devrient die Deutsche Bundesbank.

Thomas Kramer, der zu PARK AVENUE in Miami über seine Beziehung zu Otto sagt, dass „er der Vater war, den ich nie hatte, und ich der Sohn war, den er sich immer wünschte“, hat zu dem Zeitpunkt gerade mit Immobiliengeschäften in der DDR und einem Kunsthandel zwei Pleiten hingelegt, kann Bargeld gut gebrauchen, da auch der Burda­Hahn seiner Frau abgedreht bleibt. Kramer schlägt Otto vor, das Schwarzgeldproblem zu lö­sen, indem er die Millionen mit in die USA nimmt und dort investiert. Dabei fungiert als Vermittler der Münchner Rechts­anwalt Justin von Kessel, ein smarter, parketterprobter Freund von Kramer. Und tatsächlich unterschreiben Kramer und Otto am 10. Dezember 1991 und am 8. Mai 1992 jeweils einen „Gemischten Schenkungs­, Nießbrauchsbestellungs­ und Rentenvertrag“**, in dem Otto Thomas Kramer die Voll­macht über Depot Nr. 2116549, genau 221 650 833 Mark, erteilt. Kramer verpflichtet sich, Otto eine lebenslange mo­natliche Rente von 500 000 Mark zu zahlen.

Miami, 14. März 2007: Ins Delano hat es Thomas Kramer gestern nicht mehr geschafft, vor seiner Villa warteten vier Damen auf ein bisschen quality time, und so viel Zeit muss sein. Es ist Vormittag, das Fernsehteam ist da, und Kramer steht im Eingangsbereich seines Büros vor einem Modell, das die South Pointe Towers darstellt, sein Lebenswerk. Er habe Portofino nachbauen wollen, habe auf Land gesetzt, auf das keiner einen Pfifferling gegeben habe, habe geahnt, dass die Gettos von Miami Beach einmal zu einem der teuersten Flecken Amerikas werden würden. Heute setzt Kramer vor allem auf das Internet, sagt er, deswegen arbeiten im War Room nebenan vier Webdesigner und Programmierer an der Überarbeitung seiner Website, die ihm bald noch viel mehr einbringen soll als die Immobilien.

Nach der Schenkung an seinen Stiefschwiegersohn bekommt Siegfried Otto in München Probleme: Er hat nicht bedacht, dass auf die Schenkung an Kramer eine Schenkungs­steuer fällig ist, 60 Prozent, und somit schuldet er dem Finanz­amt circa 150 Millionen Mark. Am 24. Juni 1993 wird Otto der Druck zu groß, er zeigt sich selbst an.** Im August 1993 unter­zeichnet er einen Vertrag**, in dem er sich vor Kramer verpflich­tet, „eine etwaige Schenkungssteuer zu tragen“. Seine Söhne, beide im Unternehmen tätig – Tilman im Vertrieb, Yorck zu­ständig für Rechnungswesen und Auslandsgeschäfte –, haben das Leck im väterlichen Dampfer längst entdeckt. Es kommt zum Machtkampf, die Anwälte übernehmen, die Söhne verlas­sen das Unternehmen, im März 1994 wird ein Erbvertrag unter­schrieben, der jeden mit 40 Millionen Mark abspeist.

Miami, 1991/92: Kramer baut die Millionen von Otto auf Sand. Ob er sie auch in den Sand gesetzt hat, lässt sich schwer klären, da er das Geld auf ein unüberschaubares Geflecht von Unter­firmen verteilt. 1992 kommt Tochter Joya auf die Welt. Mit einem Koffer voller Bargeld kauft Kramer Grundstücke in Miami Beach, lässt Architekten kommen, die darauf Wohn­blöcke bauen, und verkauft anschließend die Apartments. In Miami nennen sie Kramer den „Prince of Cash“, weil er selbst Millionenbeträge bar bezahlt. Das Potpourri aus Stars und Halbseidenen verkehrt gern mit „Tycoon Thomas“, dem „Creator of South Pointe“. So heißt der Gebäudekomplex, den seine Portofino Group am südlichsten Zipfel von Miami Beach hinstellt. Wie viel Kramer verdient und gewinnt und wieder verliert, interessiert niemanden, das „German Wunderkind“ ist eine Erfolgsstory, wie sie Amerikaner mehr lieben als ein Steak. Am Ocean Drive, genau an der Stelle, an der früher eine Syna­goge stand, baut Kramer eine Diskothek; er nennt sie Hell und lädt zur Einweihungsparty Robert Englund alias Freddy Krue­ger ein, den fiktiven Serienkiller aus „A Nightmare on Elm Street“. Was für eine Beleidigung gegenüber der jüdischen Ge­meinde. Das Hell hat sieben Räume, jeder steht für eine der Todsünden, „Schwule und Hässliche kommen hier nicht herein“, weist Kramer seine Türsteher an. Kramer reißt die Höl­le bald eigenhändig mit einem Caterpillar­Bagger wieder ab.

Miami, 14. März 2007, immer noch im Büro: „Hier, schauen Sie, das bin ich, wie ich meine Disco einreiße“, sagt Kramer, lacht, deutet auf das Foto, das ihn auf dem Bagger im Trümmer­haufen zeigt, und nimmt die Fernseh­crew mit nach draußen, wo sie den Pool filmen darf, die hurrikansicheren

Spiegel, das Boot, auf dem es gleich zu einer Rundfahrt gehen wird. Wenn er eine Poolparty schmeißt und keiner reingucken soll, dann lässt Kramer Nebel aufsteigen, einfach so, per Knopfdruck. Kramer hat eines der T­Shirts an, die man auf seiner Website kaufen kann, „Wasn’t Me…“ steht drauf, „Ich war’s nicht …“ Es ist Mittag, es ist heiß, das Wasser vor dem Anleger plätschert ruhig.

Ruhig ist es für Siegfried Otto nicht, 1994, ihm steht eine Zahlung von 150 Millionen Mark Schenkungssteuer ins Haus, der Imageverlust ist noch gewaltiger. Die Wirtschafts­reporter schnüffeln an allen Ecken und Konten, auch Hans­Christoph von Mitschke­Collande, Ottos Schwiegersohn und Mann seiner ältesten Tochter Verena, wird zu den Deals in der Schweiz befragt; Ottos langjährige rechte Hand, Geschäfts­führer Manfred Beck, ebenfalls. Karl Heinz Weiss, ein Münch­ner Anwalt und Netzwerker und Freund derer von Mitschke­Collande, kümmert sich jetzt um Siegfried Otto, irgendwie müssen die Millionen von diesem Kramer zurück, aber Kramer ist nicht zu greifen.

Dessen Freund und Anwalt Justin von Kessel schon. Er wird wieder Vermittler, es kommt zu Gesprächen. Am 21. März 1995 unterzeichnen Otto und Kramer einen Vertrag**, der bis heute der Schlüsselpunkt des Rechtsstreits ist. Dem­nach verpflichtet sich Kramer, „bis 30. September 1997“ die Schenkung von 221 650 833 Mark zurückzuzahlen, danach werde ein Zins von vier Prozent fällig. Kramer und seine Anwälte behaupten heute, dies sei ein simuliertes Geschäft

KramerS welt: Zu jedem Gesicht hat er das passende Outfit. Besonders stolz ist er auf seine South Pointe Towers, die er in Miami Beach baute und als Modell in seinem Büro stehen hat. Und weil Thomas Kramer nicht mehr als Lebemann gesehen werden möchte, trägt er beim Fotoshooting einen Anzug. In den Whirlpool wollte er aus Altersgründen nicht springen, dafür auf seine Harley. Sein Lebensmotto (l.) ließ er aufs T-Shirt drucken, das war im Jahr 2002. Die Einladung gilt auch heute noch

Seine Diskothek in Miami baute er genau an der stelle, wo früher eine synagoge stand, und nannte sie hell

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gewesen, das heißt, Otto habe die Millionen auf dem Papier wiederbekommen, um die Schenkungssteuer zu umgehen, an der Schenkung selbst habe sich aber nichts geändert. Das sei mündlich abgesprochen, was in solchen Fällen und Krei­sen kein unübliches Gebaren ist.

Die Gegenseite beruft sich auf das, was auf Papier steht, fordert das Geld zurück. Seit zwölf Jahren.

Kramer hat Pläne, er möchte Miami zu einem Las Vegas in Florida machen. Im November 1994 stimmt ein Bürger­entscheid gegen seine Casino­Baupläne, Kramer ist beliebt bei den Reichen, unbeliebt bei der Bevölkerung, eine Website, kramersucks.com, wird ins Leben gerufen. Kramer wird wegen illegaler Parteispenden zu einer Geldstrafe verurteilt, auch privat geht es holterdiepolter. Wenige Stunden nachdem Catherine Kramer das zweite Kind, einen Sohn, auf die Welt bringt, stirbt dieser. Sie ist am Boden zerstört, zieht aus, ver­lässt Kramer, nimmt Tochter Joya mit hinüber nach Fisher Island, später ziehen sie nach Genf. Trotz allem betont das Paar, sie seien bis heute freundschaftlich verbunden, Kramer nennt sie gegenüber PARK AVENUE die „Frau meines Le­bens“. Tochter Joya, 15, besucht ihn gelegentlich.

Siegfried Otto will sich scheiden lassen. Zu oft soll Ursula Otto auswärts zu gute Laune geha­bt haben, etwa bei der Eröffnung des Käfer am Hofgarten am Münchner Odeonsplatz, wo sie laut Zeugen irgendwann auf dem Flügel des Pianisten sitzt und singt, was die Herren Ger­hard Meir, ein stadtbekannter Friseur, und Friedrich von Thun, Schauspieler, sehr ent­

zückt. Siegfried Otto, sowieso von einigen Schlaganfällen ge­schwächt, keineswegs.

15. März 2007, Miami: Das Boot legt ab, einmal rund um Star Island, dann natürlich nach South Beach, das Kramer fast allein erbaut haben will. Ja, ja! Kramer posiert mit Lea aus Kuba, die er nur „Mausi“ nennt. Ein Skipper, eigens von den Bahamas angereist, steuert das Schiff, das sich Kramer von einem Freund geliehen hat. Auch Lea wohnt im Kramer­Haus.Wieder an Land zeigt Kramer seinen Weinkeller, den nur er betreten kann, die Tür ist mit einem Fingerabdruck­Scanner gesichert. Ein wenig viel Sicherheit für Weine scheint es, doch hinter den französischen Eichenfässern lagert kistenweise Munition, was der Kameramann aber nicht filmen darf. Am Abend lädt Kramer in einen umgebauten VW­Van, eine Art mobile Disco. Kramer raucht Zigarre, Florian Orterer ist auch wieder da, mit seinen zwei Freundinnen, Kolumbianerinnen, sehr hübsch, es gibt Champagner und Gelächter.

Die Freundschaft mit Justin von Kessel zerbricht; Kramer zahlt 27,2 Millionen Mark zurück, mehr nicht. Mit von Kessel verliert er nicht nur einen Freund, er verliert auch seinen wichtigsten Zeugen, den Einzigen, der aussagen könnte, wie die Vereinbarung wirklich gemeint ist. Nach der Trennung von Catherine Burda kommt Kramer etwas später mit Stephanie Phillips zusammen, einer Tochter aus gutem Hause, Fotomodell, eine Berühmtheit in Südflorida. Kramer meint es ernster als sonst, neben seinem Schlafzimmer hängt noch heute ein Rahmen mit gemeinsamen Fotos. Phillips er­schießt sich unter mysteriösen Umständen in ihrer Wohnung in Coral Gables. Kramer hat von Miami erst mal genug, er kauft ein teures Haus am Holland Park in London, wo er

Partys veranstaltet, sogar der noble Tatler berichtet über den Deutschen, der sie alle zu kennen scheint, die Mächtigen und die mächtig Reichen.

Am 17. August 1997 stirbt Siegfried Otto. Als „Erben des Siegfried Otto“ kämpfen seine Töchter Verena und Claudia weiter um die Rückzahlung der Schenkung. Es geht um Geld, Ehre, Hass. Für Kompromisse ist es zu spät.

Vor Gericht verliert Kramer. In einem Teilurteil** des zuständigen Zürcher Bezirksgerichts vom 25. April 2000 heißt es: „Angesichts des klaren, unzweideutigen und in einfacher Sprache abgefassten Wortlautes der Vereinbarung vom 21. März 1995 konnte Siegfried Otto vor der Unterzeichnung des strittigen Vertragswerks in keiner Weise davon ausgehen, dass der Kläger lediglich aufgrund der Mitwirkung von Rechtsanwalt von Kessel bereit sein würde, sein Ein­verständnis dazu abzugeben.“ Und weiter: „Als Fazit ist festzuhalten, dass die zwischen dem Kläger und Siegfried Otto geschlossene Vereinbarung vom 21. März 1995 in jeder Hinsicht gültig zustandegekommen und rechtswirksam ist. Damit ist die Klage im Hauptbegehren abzuweisen.“ Gerichts­kosten: gut 800 000 Franken. Die hat Kramer zu tragen.

Miami, 16. März 2007: Das Fernsehteam ist weg, Kramer im Büro, er und seine rechte Hand Margaret Nee steuern die Geschäfte. Frau Nee ist freundlich, zurückhaltend, ein Gegenpol, der versucht, den Derwisch unter Kontrolle zu halten. Sie möchte sein Image ändern, mehr Geschäftsmann, weniger Lebemann, was bei seinem Temperament kein leich­ter Job ist. „Nein, in den Whirlpool steige ich nicht, dafür bin ich zu alt“, sagt er beim Fotoshooting für PARK AVENUE, viel lieber lasse er sich auf seiner Harley fotografieren. Da­nach geht es ins mit viel moderner Kunst ausgestattete Haus, nach oben in sein Schlafgemach, zum Umziehen. Vor der Tür hängt ein Schild mit der roten Aufschrift „Sex“; wenn es leuchtet, will Kramer nicht gestört werden. Über dem Bett eine Sexschaukel, daneben der Whirlpool, ein Koffer mit Liebesspielzeug, das Beate Uhse neidisch gemacht hätte. Ein begehbarer Kleiderschrank, geräumig wie ein Großraum­büro, Hunderte Paar Schuhe, eine Glastür, die sich wieder nur per Fingerabdruck öffnen lässt. Eine Waffensammlung, für die jeder Diktator Opfer bringen würde, darunter ein Desert­Eagle­Maschinengewehr, eine Heckler & Koch MP5 und eine Bazooka.

Kramers Anwälte gehen in Berufung, er verliert wieder. Die erste Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich fordert ihn in ihrem Beschluss und Urteil** vom 9. Januar 2003 auf, den Erbinnen des Siegfried Otto, Verena von Mitschke­Collande und Claudia Miller­Otto, 59 564 689,67 Euro nebst vier Prozent Zinsen seit dem 30. September 1997 zu zahlen. Die Summe errechnet sich aus der Schenkungssumme minus Kra­mers Kunstsammlung minus seines Londoner Besitzes, der auf richterliche Anordnung „eingefroren“ ist. Das Kassationsge­richt des Kantons Zürich bestätigt dieses Urteil am 17. Novem­ber 2003, Kramer geht wieder in Berufung, nächste Instanz: das Bundesgericht. Die Anwälte der Schwestern versuchen, das Urteil über ein Gericht in Florida zu vollstrecken.

Kramer könnten Zeugen helfen, unbefangene, die vom Gericht zugelassen werden. Mit Justin von Kessel, dem wich­tigsten Zeitzeugen, soll er sich wieder besser verstehen, aber ob der als unbefangen durchgeht? Für das 160­Seiten­Papier, das Kramer so gute Laune macht, hat es zumindest gereicht,

darin sind ganz neue Erkenntnisse, sagt Kramer, die werden ihm helfen, sein Recht zu beweisen.

Eine wichtige Zeugin möchte nicht aussagen. Ursula Otto sagt am 20. April 2007 zu PARK AVENUE: „Ich müsste eigent­lich auf der Seite von Thomas Kramer sein, weil ich dabei war, weiß, wie alles abgelaufen ist. Aber ich will nicht noch einmal eine mediale Schlammschlacht erleben wie damals, will vor allem mit der anderen Seite nichts zu tun haben. Mir tut es für die Söhne leid, wie die ausgebootet worden sind.“

Im Herbst 2006 lässt sich Claudia Miller­Otto, die seit Langem in Greenwich, Connecticut, lebt, ihre Anteile am Unterneh­men auszahlen; ihre Schwester Verena von Mitschke­Collande, die am Starnberger See wohnt, ist von nun an die alleinige Eigentü­merin. 350 Millionen Euro soll Miller­Otto er­halten haben. Verena von Mitschke­Collande sitzt heute als letzte aus der Otto­Familie im Aufsichtsrat und im Beirat bei G & D. Beide Schwestern lassen über ihren Zürcher Anwalt ausrichten, dass sie sich nicht äußern wollen.

Auch Karl Heinz Weiss, der ebenfalls im Beirat und im Aufsichts­rat von G & D sitzt, teilt schriftlich mit, dass er nichts sagen wird. Für andere Familienmitglie­der gilt ein altes Motto von Franz Josef Strauß: „Es ist nichts vergessen, aber alles verziehen.“ Für sie weht heute noch immer derselbe Geist im Unternehmen Giese­cke & Devrient, der es Anfang der 90er­Jahre in die Krise führte. Til­man Otto und seine Familie leben in London, Yorck Otto mit seiner Familie am Starnberger See. Er leitet eine Finanzdienst­leistungsfirma in München. Zwischen Brüdern und Schwes­tern gibt es keinen Kontakt.

Zur Geburtstagsparty von Shaquille O’Neal am Sams­tag, den 17. März 2007, fährt Thomas Kramer mit seiner Harley­Davidson. Es sind nur wenige Meter zum Grundstück des Basketball­Stars, der Auftritt zählt.

Für Kramer beginnt der April 2007 eher unerfreulich. Bei der Feier zum 70. Geburtstag des Finanzmoguls Jeffrey Steiner in New York soll er einen 13­Jährigen auf der Toilette befummelt haben, was Kramer bestreitet. Er wird vor den geladenen Gäs­

ten verhaftet, später freigelassen. Am 17. April gibt ein Richter des Miami­Dade Circuit Court der Vollstreckungsklage der Schwestern statt, Kramer muss demnach, nach zwölf Jahren Rechtsstreit, knapp 60 Millionen Euro plus Zinsen an die Otto­Töchter zurückzahlen. Kramer will weiterkämpfen, „zur Not ziehen wir auch vor das Gericht für Menschenrechte nach Straßburg“, sagt er, die Richter hätten ihm aufgrund seines flamboyanten Lebensstils nie eine Chance gegeben.

Seinen 50. Geburtstag am 27. April 2007 feiert er trotz der schlechten Nachrichten angemessen, mit vielen attrak­

tiven Frauen, mit sei­ner aus Deutschland angereisten Familie, mit den Freunden aus der Miami­Society, die ihm weiterhin die Treue halten. Wie viel er noch hat von dem geschenkten Vermö­gen, wie reich er heute wirklich ist, ob das Urteil ihn ruinieren wird, das weiß viel­leicht nicht mal Tho­mas Kramer selbst. Wenn es ganz schlecht läuft, so einer, der ihn kennt, dann kommt bald der Sheriff vor­bei, denn einen Ge­richtsvollzieher gibt es in Amerika nicht. Auf seiner Homepage bietet er sein Anwesen Five Star Island zur Miete an, und, heißt es da noch, „die, die es genug mögen, können es auch kaufen“.

„Eine Frage noch, Herr Kramer, was ma-chen Sie denn mit all den Waffen, der Munition?“

„Sie wissen ja gar nicht, was hier für Verhältnisse geherrscht haben, als ich hierher kam, das war Krieg.

Und manchmal treffe ich mich auch mit meinen Freunden zum Ballern.“

„Ballern?“„Ja, wir kaufen dann ein Schrottauto, gehen auf einen

Platz, binden das Lenkrad mit einem Strick an der Gangschal­tung fest, legen einen Ziegelstein auf das Gas, erster Gang rein, das Auto dreht sich im Kreis, und wir knallen los, macht rich­tig Spaß.“

„...“„Und wenn Sie Mist schreiben, dann binden wir Sie das

nächste Mal auf die Motorhaube, harharhar!“ * Name ist der Redaktion bekannt ** Dokument liegt der Redaktion vor

Und am Eingang seiner Villa steht geschrieben: „don’t be aware of the dog. be aware of the owner“

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