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Zu dick oder zu dünn? Peripartale Blutung und Gerinnungsstörung Anästhesie in der Geburtshilfe eine stete Herausforderung Dr. med. Christiane Güthner Medizinische Onkologie und Hämatologie

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Zu dick oder zu dünn?

Peripartale Blutung und Gerinnungsstörung

Anästhesie in der Geburtshilfe – eine stete

Herausforderung

Dr. med. Christiane Güthner

Medizinische Onkologie und Hämatologie

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Say L. Lancet 2014

Berg CJ. Obstet Gynecol 2010

Mütterliche Todesursachen

WHO-Analyse

Abort

Hypertonie

Sepsis

Direkte Gründe

Indirekte Gründe

Embolie

Blutung

15%10%

Mütterliche Todesfälle 1998 – 2005 USA

Blutung: 10-13%

Lungenembolie: 10-13%

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Venöse Thromboembolie in

SS und WB

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Say L. Lancet 2014

McLean K. Hematology 2016

Mütterliche Todesursachen

WHO-Analyse

Abort

Hypertonie

Sepsis

Direkte Gründe

Indirekte Gründe

Embolie

Blutung

15%10%

Schwangerschaft:

- 5-fach erhöhtes VTE Risiko

- VTE 1:1000 Geburten (1%fatal)

Wochenbett:

- 5-fach höher als in SS

- VTE 4-5:1000 Geburten

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Phlegmasia alba dolens im Wochenbett

Nicolas Puzos 1759

Depot de Lait

«Milchbein»

Francois Mauriceau 1688

Lochienstau

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Pathophysiologie

Blut

Strömung Gefässwand

Virchow-Trias

1856

Rudolf Virchow 1821-1902zB Gefässkompression

zB Anstieg von Gerinnungsfaktoren

zB Verletzung bei Geburt

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Pathophysiologie

Gerinnungsfaktoren : VII, VIII, X, Fibrinogen, Von Willebrand Faktor

Fibrinolyse : PAI 1

Gerinnungsinhibitoren : Protein S

Weitere Faktoren:

Immobilisation, Kompression Iliakalgefässe (85% der TVT sind links)

Physiologische Hyperkoagulabilität

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Erschwerte Diagnostik

• Klinische Symptome: wenig hilfreich: Schwellung und Schmerzen der Beine,

Dyspnoe, Tachykardie häufig in SS

• Prediction Tools: LEFt (Symptome links, Umfangsdiff. >2cm, Präsentation im 1.

Trimester) nicht prospektiv validiert, nur für 1. Trimester.

• D-Dimere: steigen im Lauf der SS, keine cut-off-Werte, aber hoher negativer prädiktiver

Wert, viele Guidelines raten dennoch ab

• Duplexsonografie: TVT iliakal (10-17%) können verpasst werden

Nur bei hochgradigem V.a. Beckenvenenthrombose +

unauffälligem Duplex: Venographie und Angio-CT erwägen

• Angio-CT: soll möglichst vermieden werden,

Strahlenexposition für Mutter höher V.a. Mammae (bis 20mGy)

• Ventilations- Perfusionsszintigrafie: fetale Strahlenexposition höher als CT 0.32-

0.74mGy vs. 0.03-0.66mGy (50mGy gilt als kritisch)

Barco S. Sem Thromb Hemost 2013

Nagler M. Ther Umsch 2016

McLean K. Clin Obstet Gynecol 2018

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V.a. Lungenembolie

Review und Metanalyse von Schwangeren, die bei V.a.

Lungenembolie auf dem Notfall mit Bildgebung untersucht werden

17 Studien

Kline JA. Acad Emerg Med 2014

n=25’339

Schwanger

n=506

VTE+ 4.1%

RR für VTE+ 0.6 (0.41-0.87)

Nichtschwanger

n=24’833

VTE+ 12.4%

70% aller Lungenembolien während SS/WB werden im Wochenbett diagnostiziert

Lungenembolierisiko tief: 3:10’000 Schwangerschaften

Schwangere haben bei V.a. Lungenembolie ein hohes Risiko für eine Bildgebung

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Risikofaktoren

• Thrombophilie

• Frühere VTE

• Adipositas

• Positive Familienanamnese

• Mehrlings-Schwangerschaft

• Immobilität

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Antikoagulantien in SS und WB

UFH - Keine Missbildungen

- Nicht Plazenta-gängig

- Kein Übertritt in Muttermilch

Vitamin K-Antagonisten- Teratogen

DOAK- Teratogen? Wenig klinische Daten,

Daten aus Tierversuchen nicht konsistent

- Plazenta-gängig

- Übertritt in Muttermilch

LMWH- Keine Missbildungen

- Nicht Plazenta-gängig

- Kein Übertritt in Muttermilch

- Keine Multidoseampullen verwenden! Benzylalkohol Plazenta-gängig

Atemnotsyndrom

Fondaparinux (Arixtra®)- Nur bei Unverträglichkeit von Heparin

- AntiXa-Aktivität im Nabelschnurblut

Argatroban (Argatra®)- Übertritt in Muttermilch

- Plazenta-gängig???

Danaparoid (Orgaran®)- HIT-Management

- Nicht Plazenta-gängig

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Therapie

LMWH therapeutisch sc (ACCP Evidenzgrad 1A)

- Frequenz: meist empfohlen 2xtgl, gute Option 1xtgl; 2-4 Wochen vor Entbindung

unbedingt auf 2xtgl wechseln

- Dosisreduktion: nach 4 Wochen auf 75% zB bei befürchteten

Blutungskomplikationen

- Monitoring: Tc erste 2 Wochen, AntiXa-Spiegel (3-4h nach Spritze) ca. alle 4

Wochen, D-Dimere

- Dauer: ganze restliche SS und für 6 Wochen pp und mindestens 3-6 Monate

- Geburt: STOP LMWH bei Einsetzen erster Wehen, Start pp so bald wie möglich

- Geburt + hohes VTE-Risiko (mechan. Klappe, VTE letzte 4W.):

Überbrückung mit UFH

Nagler M. Ther. Umsch 2016

Bates SM. Chest 2012

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Thrombophilieabklärung?

Empfehlungen nach SS-assoziierten VTE (Hormon-assoziiert)

• Nächste SS: LMWH (prophylaktisch-intermediäre Dosis) ganze SS und für 6

Wochen postpartal (ACCP, Evidenzgrad 2C)

• LMWH ausserhalb SS in erhöhter Dosierung in grösseren Risiken

• Keine Östrogenhaltigen Kontrazeptiva

Hätte sie APS (Rez. Aborte? IUFT? Autoimmunopathie? Atypische Thrombose?):

Dauer-AK diskutieren und nächste SS zusätzlich ASS

Hätte sie AT-Mangel (pos. Familienanamnese?):

Substitution peripartal in nächster SS

Keine Änderung dieser Empfehlung bei Thrombophilie

Thrombophilieabklärung meist nicht notwendig

Evtl. bei stark belasteter FA oder atypischen Thrombosen

Boehlen F. Schweiz Med Forum 2013

Bates SM. Chest 2012

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DOAK bei Frauen im gebährfähigen Alter

«Versehentliche» SS unter DOAK Was nun? ISTH-Guidance

DOAK sind Plazenta-gängig + unzureichendes Wissen bzgl Teratogenität

Streng kontraindiziert!

Aufklärung und konsequente Kontrazeption!

Sofortiger STOP des DOAK!

Wechsel auf LMWH therapeutisch

Nicht direktive Beratung

Keine medizinische Indikation für Interruptio Keine Hinweise auf hohes Embryopathierisiko

Bei fortgesetzter SSFrühe Sonografie: Fetus? Subchorionale/retroplazentare Blutung?

Fetales Monitoring:

- Detaillierte Sonografie 1. Trimester (11-13SSW plus 6)

- Detaillierte Sonografie Anomalien? und fetales EKG, cervikale Länge (18-23SSW)

- Regelmässiger Ultraschall (Wachstum? ZNS-Blutung? etc)

Meldung im ISTH Register!

Cohen H. JTH 2016

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DOAK und Kinderwunsch

ISTH-Guidance (Cohen H et al. 2016)

Begründung: VKA sicher teratogen, DOAK nicht sicher teratogen

DOAK Stop und Start Alternative präkonzeptionell

Variante 1: Vitamin K-Antagonisten und Wechsel auf LMWH vor der 6.SSW

Variante 2: LMWH

Desborough MJR. JTH 2016

Cohen H. JTH 2016

Beyer-Westendorf J. JTH 2016

Letter to the editor (Desborough MJR et al. 2016)

Variante 1: DOAK weiter (Apixaban) und Start LMWH vor der 6.SSW

Variante 2: LMWH schon präkonzeptionell

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Pregnancy outcome in patients exposed to DOAC – challenge of event reporting

Beyer-Westendorf J. JTH 2016

Quellen

Fallberichte n=15

Datenbank Hersteller n=83

BfArM n=13

EMA n=196

SmPC Edoxaban n=10

Literatur n=62

48.9% 22.6% 28.5%n=98

Spontanverläufe

7 anatom. Abnormalitäten

3 mgl. embryopathisch

= 2.2% vs. 7% VKA vs.

3.5% Allg. Bevölkerung

Kein Muster

Rivaroxaban

Mittlere Expositionsdauer

6.2 Wochen

Outcome Daten

nur von 58.8%

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Peripartale Hämorrhagie

Blutverlust in den ersten 24h pp

Vaginale Entbindung ≥ 500ml

Sectio ≥ 1000ml

Messung schwierig, selten durchgeführt

Blutverlust wird um 30-50% unterschätzt bei rein visueller Beurteilung

Main EK. Obstet Gynecol 2015

NOTFALL

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Say L. Lancet 2014

Mütterliche Todesursachen

WHO-Analyse

Abort

Hypertonie

Sepsis

Direkte Gründe

Indirekte Gründe

Embolie

Blutung

15%10%

2012 weltweit 78‘000 Todesfälle durch

postpartale Hämorrhagie

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Risikofaktoren

• Soziodemografisch: Alter ≥ 30; BMI >35

• Schwangerschaft-assoziiert:

Mehrlingsschwangerschaft, Multiparität, Frühgeburtlichkeit,

Fetale Makrosomie, Plazentastörungen (zB. placenta praevia, vorzeitige

Plazentalösung), Prä-/Eklampsie, HELLP, Blutung bei früherer Geburt,

Polyhydramnion etc.

• Chirurgisch: NF-Sectio, Episiotomie, Dammriss etc.

• Andere: Präpartale Hämorrhagie, VWS, Anämie <9g/dl, Fieber

Bei den meisten Frauen mit peripartaler Hämorrhagie ist kein RF identifizierbar

Abdul-Kadir R. Transfusion 2014

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Ursachensuche 4T

Tonus: Uterusatonie 70-90%

Trauma: Zervix, Vagina, Damm, Uterus 20%

Tissue: Plazentaretention, -rest 10%

Thrombin: Koagulopathien 1%

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Blutstillende Massnahmen

Notfall-Hysterektomie

Intervent. Radiologie Gefässembolisierung

Chirurgische MassnahmenKompressionsnähte, Naht Weichteilverletzung

Curettage, Ballonkatheter

Ligatur Uterusarterien

Nur in 50% der Fälle steht die Blutung

Michelet D. Gynecol Obstet Fertil 2015

Collins P. JTH 2016

Kein Goldstandard für Therapie der postpartalen Blutung

MedikamenteUterotonika

Hämostyptika

Blutprodukte

Manuelle MassnahmenUterusmassage

Bimanuelle Uteruskompression

Externe Aortenkompression

Kristalloide

Kolloide

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Labordiagnostik

• Quick

• aPTT

• Fibrinogen

• Faktor XIII

• Point of care Tests (POCT): zB ROTEM, TEG

Vorteile eines POCT-basierten Managements:

- schnell

- weniger Transfusionen

- weniger Transfusions-assoziierte Komplikationen

- besseres Patienten-Outcome

Koagulopathien entwickeln sich schnell Tests wiederholen!

Lier H. Hämostaseologie 2013

Nienaber U. Injury 2011

Schöchl H. Crit Care 2011

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POCT: ROTEM

Lier H. Hämostaseologie 2013

Hill JS. Anaesth Int Care 2012

Besonderheiten in SS

MCF + alpha-Winkel: grösser

CT: kürzer

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Task Force Essener Runde

Lier H. Hämostaseologie 2013

EXTEM (wie Quick):

Gerinnunsaktivierung durch TF.

F VII,X,V,II,I, Tc, Fibrinolyse

INTEM (wie aPTT):

Gerinnunsaktivierung durch

Kontaktphase.

F XII,XI,IX,VIII,X,V,II,I,

Tc, Fibrinolyse

FIBTEM (wie Fibrinogen):

Gerinnunsaktivierung wie EXTEM

F VII,X,V,II,I, Tc, Fibrinolyse

Keine Beurteilung möglich:

- Tc-Funktion

- VWF

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ROTEM basierte Therapie bei massiver Blutung

Lier H. Hämostaseologie 2013

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Schlembach D. SMF 2013

Weisung STZ: GME.FKM.017

Unterschiede zur PPH-Konsensus-Gruppe

(D-A-CH)

1.) Keine FFP

stattdessen Fibrinogen und PPSB

2.) Zielwert für Fibrinogen angegeben: >2.0 mg/dl

3.) Zielwerte für ROTEM angegeben

- FibTEM A10 7-11 mm

- EXTEM CT < 80 sec

- EXTEM A10 > 40 mm

- INTEM CT < 240 sec

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Hämostatische Medikamente: Tranexamsäure

Wirkmechanismus: Antifibrinolytikum

CRASH-2-Trial n=20‘211 mit akuter traumatischer BlutungInternational, multizentrisch, randomisiert, Placebo-kontrolliert

Dosis: Tranexsamsäure 1g über 10Minuten und nochmals 1g über 8h

CRASH-2 Collaborators. Lancet 2010 + 2011

Tranexamsäure

n=10’096

Placebo

n=10’115

RR (95% CI) P

Tod jeder Grund 1463 (14.5%) 1613 (16%) 0.91 (0.85-0.97) 0.0035

Tod durch Blutung 489 (4.9%) 574 (5.7%) 0.85 (0.76-0.96) 0.0077

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CRASH-2

Frühe Gabe entscheidend: Nur Subgruppe bei Gabe 0-3h profitiert

Sicherheit gegeben: Keine vermehrten vaskulären Komplikationen

Tod jeder Grund Subgruppen

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Tranexamsäure früh bei PPH

WOMAN-Trial n=20’060

International (21 Länder), multizentrisch (193 Spitäler), randomisiert, doppelblind, Placebo-

kontrolliert, 2010-2016

WOMAN Trial Collaborators. Lancet 2017

PPH 1g Tranexamsäure30 Min

Blutung

persistiert

1g Tranexamsäure

Blutung

Stop

Erneute

Blutung

24h

1g Tranexamsäure

Standardtherapie nach

lokalem Algorithmus

zB Transfusionen

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WOMAN-Trial ResultateTranexamsäure

n=10’036

Placebo

n=9985

RR (95%CI) P

Tod durch Blutung 155 (1.5%) 191 (1.9%) 0.81 (0.65-1.00) 0.045

Tod durch Blutung

Therapie 0-3h pp

89 (1.2%) 127 (1.7%) 0.69 (0.52-0.91) 0.008

Hysterektomie 358 (3.6%) 351 (3.5%) 1.02 (0.88-1.07) 0.840

Tod jeder Grund o.

Hysterektomie

534 (5.3%) 546 (5.5%) 0.97 (0.87-1.09) 0.65

Tod durch Blutung Subgruppen

WOMAN Trial Collaborators. Lancet 2017

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WOMAN-Trial führte zu einem priorisierten Update der WHO-Empfehlungen

2017

«Early use of intravenous tranexamic acid (within 3 hours of birth)

in addition to standard care is recommended for women with

clinically diagnosed postpartum haemorrhage following vaginal birth

or caesarean section.«

(Strong recommendation, moderate quality of evidence)

WHO recommendation on tranexamic acid for the

treatment of postpartum haemorrhage. Geneva:

WHO 2017

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Hämostatische Medikamente

Fibrinogen (Haemocomplettan®)• Sinkt als erster Gerinnungsfaktor, ab 1.5L Blutverlust

• FIBTEM A10 <7mm (andere Autoren <15mm), EXTEM A10 < 40mm

• Fibrinogen <1.0g/L kritischer Wert, bei massiver Blutung <2.0g/L

• Dosis: 2-4g

PPSB• Massivtransfusion, zusätzlich zu FFP/Fibrinogen

• EXTEM CT >80 sec verlängert (Quick tief)

• Dosis: 1000-2500IU (25IU/kg KG)

Kozek-Langenecker SA. Eur J Anaesthesiol 2013

Kozek-Langenecker SA. Eur J Anaesthesiol 2016

Schlembach D. Geburtsh Frauenheilk 2018

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Hämostatische Medikamente

Rekombinanter Faktor VIIa - rFVIIa – (NovoSeven®)• Nutzen, Timing, Dosis 90µg/kg vs. 60µg/kg, Sicherheit unklar

• Keine prospektiven randomisierten Studien

• Off-label

• Ultima ratio

• Aktivierter Gerinnungsfaktor

Anwendung von Faktor VIIa kontrovers

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Hämostatische Medikamente

Faktor XIII (Fibrogammin®)• Hoher Blutverlust (≥60% Blutvolumen), Massivtransfusion, sinkt spät

• EXTEM/INTEM MCF<40mm, CT normal

• EXTEM CLI60 >12%, APTEM CLI60 >10%, XIII CLI60 <10%

• Dosis:1250 IU (15-20IU/kg KG), 1-2x

DDAVP (Octostim®, Minirin®)• Keine verlässlichen Daten für die generelle Anwendung

• Nützlich bei Thrombozytenfunktionsstörungen, VWS

• Muss bei Blutung mit Tranexamsäure kombiniert werden

• Dosis 0.3µg/kg KG über 40 Minuten iv

Keine Antithrombin während der Blutung!

Kein Heparin während der Blutung!

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Management Protokoll: single-center study

Colucci G. Clin Appl Thromb/Hemost 2018

Historische Kohorte 1

n = 20

36 Monate

2005-2007

Historische Kohorte 2

n = 27

27 Monate

2008-2010

Studien Kohorte 3

n = 27

33 Monate

2010-2012

Hausinterne Leitlinie

low dose

rFVIIa 60μg/kg(nach 8Ec, 4FFP)

Kein Standardisiertes

BehandlungsprotokollStandardisiertes

Behandlungsprotokoll

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Standardisierte Management Protokolle

Colucci G. Clin Appl Thromb/Hemost 2018

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Resultate

Kohorte 1 Kohorte 2 Kohorte 3 P

Blutverlust (L) Median (IQR) 4.5 (3.0-5.5) 6.0 (3.0-6.5) 3.0 (2.0-4.0) 0.004

Erythrozyten Median (IQR) 12 (8-16) 12 (6-16) 6 (3-9) 0.007

Thrombozyten Median (IQR) 2 (1-3) 1 (0-2) 1 (0-1) 0.020

FFP Median (IQR) 10 (7-13) 10 (4-12) 5 (2-8) 0.004

Hysterektomie n= 5 (25%) 10 (37%) 1 (3.7%) 0.12

Tranexamsäure n= 5 (25%) 17 (63%) 27 (100%) <0.001

Fibrinogen n= 1 (5%) 2 (7%) 20 (74%) <0.001

rFVIIa n= 20 (100%) 15 (55%) 14 (52%) 0.18

Gefässligatur n= 0 1 (3.7%) 1 (3.7) 0.687

Gefässembolisation n= 1 (5%) 0 4 (15%) 0.092

Blutungszeit vor rFVII

(Minuten) Median (IQR)

328 (151-640) 190 (150-240) 135 (108-173) 0.021

Colucci G. Clin Appl Thromb/Hemost 2018

Fazit: Algorithmus ist effizient trotz Unklarheit welches Element entscheidend ist

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Wenn die Blutung steht

Hohes Thromboembolierisiko

• Thromboseprophylaxe innerhalb von 24h

• Meist erworbener Antithrombin-Mangel AT-Messung

Substitution erwägen bei Werten <40-50%

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Fazit und was Sie nicht vergessen dürfen

• VTE –Therapie mit LMWH bei Schwangeren weiter Standard

• Empfehlungen meist extrapoliert aus Nicht-Schwangeren

Kollektiven

• Keine DOAK in der Schwangerschaft

Falls es passiert, Eingabe in ISTH-Register

• Peripartale Hämorrhagie Behandlung nach Guideline-adaptierten

internen Algorithmen

• Tranexamsäure immer und früh