ZUKUNFT CFO - Finanz und Wirtschaft€¦ · ZUKUNFT CFO Claudia Lanz-Carl S ie stehen nicht selten...

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SONDERBUND | JANUAR 2019 ZUKUNFT CFO Claudia Lanz-Carl S ie stehen nicht selten im Schatten des CEO, und doch lau- fen viele Fäden bei ihnen zusammen. Finanzchefs sind die zentrale Anlaufstelle im Unternehmen, wenn es um Daten und Fakten geht. Dabei schauen sie nicht nur zurück, sondern haben auch Gegenwart und Zukunft im Blick. Zum einen, weil sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen wandeln. Finanz- chefs müssen diese operativen Veränderungen in der Bericht- erstattung abbilden können, aber auch die künftige Strategie der Gesellschaft gemeinsam mit Geschäftsleitung und Verwal- tungsrat entwickeln. Zum anderen ist das Regelwerk, das den Rahmen ihrer Arbeit definiert, im Fluss. Vielfach führt das zu mehr Aufwand. Doch es gibt auch Fortschritte auf rechtlicher Ebene, und somit Erleichterungen. Und schliesslich ist die Digitalisierung (vgl. Seiten 3, 4, 8 und 9) selbst ein grosser Treiber für Veränderungen. Es gibt zahlreiche Anzeichen dafür, dass die Transformation von Wirt- schaft und Gesellschaft fundamentaler sein wird, als wir es uns gegenwärtig vorstellen können. INSTRUMENTARIUM ERWEITERN Auf Unternehmensebene hat die Datenanalyse noch grosses Potenzial. Es ist Sache der Finanzchefs, sich Gedanken zu ma- chen, wie sie ihr Instrumentarium auf Basis der neuen Möglich- keiten erweitern und gleichzeitig eine akkurate und transparente Berichterstattung sicherstellen können. Wer in fünf oder zehn Jahren digital auf der Höhe der Zeit sein will, muss jetzt dafür die Weichen stellen, investieren und sich Gedanken machen, welche weiteren Möglichkeiten der Verknüpfung und Auswertung von Daten bestehen. Mehr Qualität und mehr Tempo sollten das Ziel sein, mit positivem Effekt auf die Wertschöpfung. Starke Veränderungen können für jedoch auch für Unsicher- heit sorgen. Mitarbeitende fragen sich, wie ihre künftigen Aufga- ben aussehen werden. Hier kann ein CFO die Wogen glätten und zusammen mit der Unternehmensspitze die künftigen Funktio- nen und Aufgaben definieren. ANSPRÜCHE DER INVESTOREN Doch die Digitalisierung ist nicht die einzige Baustelle. Auch die Anforderungen an die Kommunikation mit den Anlegern steigen. Investoren sind in den vergangenen Jahren gesetzlich stärker in die Pflicht genommen worden, ausserdem führen Trends an den Finanzmärkten dazu, dass sich die Aktionäre stärker zu Wort melden als früher. Diese Entwicklung dürfte sich eher fortsetzen als innehalten. Finanzchefs, die gleichzeitig Investor Relations verantworten, sind hier zusätzlich gefordert. Zumal das volatilere Börsenumfeld und Sorgen über eine konjunkturelle Abschwä- chung den Informationsbedarf der Anleger in nächster Zeit wohl zusätzlich erhöhen werden. Angesichts dieser Trends ist der Austausch unter Berufskolle- gen und anderen Interessierten besonders wichtig. Das CFO Fo- rum Schweiz gibt dafür seit zehn Jahren Gelegenheit. Und in jedem Jahr werden drei Finanzchefs ausgezeichnet, die sich mit ihrer Arbeit besonders hervorgetan haben. Nachwuchskräfte, die dieses Umfeld nicht verschreckt, sondern anspricht, finden im Beruf des CFO spannende Aufgaben. Chancen im Umbruch nutzen EDITORIAL Das Berufsbild des Finanzchefs wandelt sich. Diese Entwicklung spiegelt die Transformation des Geschäftsmodells vieler Unternehmen. 10 Jahre CFO of the Year Award Das sind die Gewinner der CFO of the Year Awards 2019 Zum zehnten Mal hat das CFO Forum Schweiz die besten Finanzchefs des Landes gekürt. Die drei Preisträger zeichnen sich durch Persönlich- keit, Fachkompetenz, besondere Leistungen, Vertrautheit mit dem Geschäft sowie Reputation bei Analysten und Investoren aus. In den Kate- gorien Swiss Market Index (SMI) und Swiss Per- formance Index (SPI) urteilte eine dreizehnköp- fige Jury, in der Kategorie CFO Forum Schweiz entschieden die Mitglieder. SEITEN 10, 11 TOBIAS KNECHTLE Valora STEPHAN ZEHNDER Bossard ADRIAN WIDMER Sika Ein Titel, viele Funktionen Nicht nur die Unternehmensgrösse und die interne Organisation definieren die CFO-Rolle, sondern auch die Persönlichkeit des Finanzchefs und seine Schwerpunkte. SEITEN 8, 9 Der CFO als Denker Nachdenken, Querdenken und Voraus- denken – diese Fähigkeiten zeichnen einen guten Finanzchef aus. Künftig werden sie Entwicklung und Umsetzung der Unternehmensstrategie stärker beeinflussen. SEITE 3 Vorsorgelast in der Konzernbilanz Die Verbuchung von Pensionskassen- verpflichtungen ist für viele CFO angesichts tiefer Zinsen ein wichtiges Thema. Stimmen die Revisoren zu, können interne Vereinbarungen die Belastung eindämmen. SEITE 8 MARKUS BLANKA-GRAFF «Gemeinsam entscheiden» Der Finanzchef des Logistikers Kühne + Nagel ist Teil eines eingespielten Teams. Für Antworten auf zentrale Fragen braucht es in der Geschäfts- leitung den Blick über den Tellerrand, sagt er im Interview. SEITEN 6, 7 Europäische Finanzchefs beschäf- tigt vor allem die Frage, wie sie qua- lifizierte Mitarbeitende gewinnen und halten können. Zu diesem Er- gebnis kam die CFO-Umfrage der amerikanischen Duke University Ende 2018. Wirtschaftliche Unsi- cherheit, politische Entwicklungen, Währungsrisiken und die Produkti- vität der Mitarbeitenden zählten ebenfalls zu den grössten Sorgen. Was die Aussichten des eigenen Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten angeht, rechneten die europäischen Finanzchefs im Schnitt mit 5,4% Umsatzwachstum, 1,6 Prozentpunkten mehr als im Vor- quartal. Die Investitionen wurden mit 2,2% Anstieg höher gesehen als drei Monate zuvor, während sich die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (+1,7%) gemäss der Umfrage weniger stark entwickeln dürften als zuletzt angenommen. Die Zuversicht für die nationale Wirtschaft fiel in Europa im Mittel knapp 1 Punkt auf 57, nachdem im Vorquartal ein Rutsch um 10 Punkte stattgefunden hatte (vgl. Grafik). Im globalen Vergleich waren die euro- päischen CFO optimistischer als ihre Berufskollegen in Asien (52) und Afrika (51), aber weniger zuver- sichtlich als die Vertreter aus den USA (66) und Lateinamerika (63). Für die Studie wurden über 500 CFO weltweit befragt. CC Was Europas CFO bewegt UMFRAGE Mitarbeiter und Konjunktur sind im Fokus. 40 50 70 60 30 20 10 0 Quelle: Duke CFO Global Business Outlook / Grafik: FuW, sm in Punkten Entwicklung des eigenen Unternehmens Wirtschaftliche Entwicklung im Land Zuversicht der Finanzchefs in Europa Dez. 2017 März 2018 Juni 2018 Sept. 2018 Dez. 2018 BILDER: GETTY IMAGES, MARKUS FORTE (3) Berufsbild CFO Die Finanzchefs von morgen sind Multitalente. Sie müssen sich in den Themen Finanzen, Personal und Recht auskennen, kommuni- zieren und präsentieren können. Erfahrung im operativen Geschäft schadet keinesfalls. Trotz hoher Anforderungen gibt es einen grossen Pool an Nachwuchskräften. Dabei sind die Wege zur CFO-Karriere unterschiedlich. SEITEN 4, 5

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SONDERBUND | JANUAR 2019

ZUKUNFT CFO

Claudia Lanz-Carl

S ie stehen nicht selten im Schatten des CEO, und doch lau-fen viele Fäden bei ihnen zusammen. Finanzchefs sind die zentrale Anlaufstelle im Unternehmen, wenn es um Daten

und Fakten geht. Dabei schauen sie nicht nur zurück, sondern haben auch Gegenwart und Zukunft im Blick. Zum einen, weil sich die Geschäftsmodelle der Unternehmen wandeln. Finanz-chefs müssen diese operativen Veränderungen in der Bericht-erstattung abbilden können, aber auch die künftige Strategie der Gesellschaft gemeinsam mit Geschäftsleitung und Verwal-tungsrat entwickeln. Zum anderen ist das Regelwerk, das den Rahmen ihrer Arbeit definiert, im Fluss. Vielfach führt das zu mehr Aufwand. Doch es gibt auch Fortschritte auf rechtlicher Ebene, und somit Erleichterungen.

Und schliesslich ist die Digitalisierung (vgl. Seiten 3, 4, 8 und 9) selbst ein grosser Treiber für Veränderungen. Es gibt zahlreiche Anzeichen dafür, dass die Transformation von Wirt-schaft und Gesellschaft fundamentaler sein wird, als wir es uns gegenwärtig vorstellen können.

INSTRUMENTARIUM ERWEITERNAuf Unternehmensebene hat die Datenanalyse noch grosses Potenzial. Es ist Sache der Finanzchefs, sich Gedanken zu ma-chen, wie sie ihr Instrumentarium auf Basis der neuen Möglich-keiten erweitern und gleichzeitig eine akkurate und transparente Berichterstattung sicherstellen können. Wer in fünf oder zehn Jahren digital auf der Höhe der Zeit sein will, muss jetzt dafür die

Weichen stellen, investieren und sich Gedanken machen, welche weiteren Möglichkeiten der Verknüpfung und Auswertung von Daten bestehen. Mehr Qualität und mehr Tempo sollten das Ziel sein, mit positivem Effekt auf die Wertschöpfung.

Starke Veränderungen können für jedoch auch für Unsicher-heit sorgen. Mitarbeitende fragen sich, wie ihre künftigen Aufga-ben aussehen werden. Hier kann ein CFO die Wogen glätten und zusammen mit der Unternehmensspitze die künftigen Funktio-nen und Aufgaben definieren.

ANSPRÜCHE DER INVESTORENDoch die Digitalisierung ist nicht die einzige Baustelle. Auch die Anforderungen an die Kommunikation mit den Anlegern steigen. Investoren sind in den vergangenen Jahren gesetzlich stärker in die Pflicht genommen worden, ausserdem führen Trends an den Finanzmärkten dazu, dass sich die Aktionäre stärker zu Wort melden als früher. Diese Entwicklung dürfte sich eher fortsetzen als innehalten. Finanzchefs, die gleichzeitig Investor Relations verantworten, sind hier zusätzlich gefordert. Zumal das volatilere Börsenumfeld und Sorgen über eine konjunkturelle Abschwä-chung den Informationsbedarf der Anleger in nächster Zeit wohl zusätzlich erhöhen werden.

Angesichts dieser Trends ist der Austausch unter Berufskolle-gen und anderen Interessierten besonders wichtig. Das CFO Fo-rum Schweiz gibt dafür seit zehn Jahren Gelegenheit. Und in jedem Jahr werden drei Finanzchefs ausgezeichnet, die sich mit ihrer Arbeit besonders hervorgetan haben. Nachwuchskräfte, die dieses Umfeld nicht verschreckt, sondern anspricht, finden im Beruf des CFO spannende Aufgaben.

Chancen im Umbruch nutzen

EDITORIAL Das Berufsbild des Finanzchefs wandelt sich. Diese Entwicklung spiegelt die Transformation des Geschäftsmodells vieler Unternehmen.

10 Jahre CFO of the Year

Award

Das sind die Gewinner der CFO of the Year Awards 2019Zum zehnten Mal hat das CFO Forum Schweiz die besten Finanzchefs des Landes gekürt. Die drei Preisträger zeichnen sich durch Persönlich-keit, Fachkompetenz, besondere Leistungen, Vertrautheit mit dem Geschäft sowie Reputation bei Analysten und Investoren aus. In den Kate-gorien Swiss Market Index (SMI) und Swiss Per-formance Index (SPI) urteilte eine dreizehnköp-fige Jury, in der Kategorie CFO Forum Schweiz entschieden die Mitglieder. SEITEN 10, 11

TOBIAS KNECHTLE Valora

STEPHAN ZEHNDER Bossard

ADRIAN WIDMER Sika

Ein Titel, viele FunktionenNicht nur die Unternehmensgrösse und die interne Organisation definieren die CFO-Rolle, sondern auch die Persönlichkeit des Finanzchefs und seine Schwerpunkte. SEITEN 8, 9

Der CFO als DenkerNachdenken, Querdenken und Voraus-denken – diese Fähigkeiten zeichnen einen guten Finanzchef aus. Künftig werden sie Entwicklung und Umsetzung der Unternehmensstrategie stärker beeinflussen. SEITE 3

Vorsorgelast in der KonzernbilanzDie Verbuchung von Pensionskassen-verpflichtungen ist für viele CFO angesichts tiefer Zinsen ein wichtiges Thema. Stimmen die Revisoren zu, können interne Vereinbarungen die Belastung eindämmen. SEITE 8

MARKUS BLANKA-GRAFF

«Gemeinsam entscheiden»Der Finanzchef des Logistikers Kühne + Nagel ist Teil eines eingespielten Teams. Für Antworten auf zentrale Fragen braucht es in der Geschäfts-leitung den Blick über den Tellerrand, sagt er im Interview. SEITEN 6, 7

Europäische Finanzchefs beschäf-tigt vor allem die Frage, wie sie qua-lifizierte Mitarbeitende gewinnen und halten können. Zu diesem Er-gebnis kam die CFO-Umfrage der amerikanischen Duke University Ende 2018. Wirtschaftliche Unsi-cherheit, politische Entwicklungen, Währungsrisiken und die Produkti-vität der Mitarbeitenden zählten ebenfalls zu den grössten Sorgen.

Was die Aussichten des eigenen Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten angeht, rechneten die europäischen Finanzchefs im Schnitt mit 5,4% Umsatzwachstum, 1,6 Prozentpunkten mehr als im Vor-quartal. Die Investitionen wurden mit 2,2% Anstieg höher gesehen als drei Monate zuvor, während sich die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (+1,7%) gemäss der Umfrage weniger stark entwickeln dürften als zuletzt angenommen.

Die Zuversicht für die nationale Wirtschaft fiel in Europa im Mittel knapp 1 Punkt auf 57, nachdem im Vorquartal ein Rutsch um 10 Punkte stattgefunden hatte (vgl. Grafik). Im globalen Vergleich waren die euro-päischen CFO optimistischer als ihre Berufskollegen in Asien (52) und Afrika (51), aber weniger zuver-sichtlich als die Vertreter aus den USA (66) und Lateinamerika (63). Für die Studie wurden über 500 CFO weltweit befragt. CC

Was Europas CFO bewegtUMFRAGE Mitarbeiter und Konjunktur sind im Fokus.

40

50

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30

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Quelle: Duke CFO Global Business Outlook / Grafik: FuW, sm

in Punkten

Entwicklung des eigenen UnternehmensWirtschaftliche Entwicklung im Land

Zuversicht der Finanzchefs in Europa

Dez.2017

März2018

Juni2018

Sept.2018

Dez.2018

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Berufsbild CFODie Finanzchefs von morgen sind Multitalente. Sie müssen sich in den Themen Finanzen, Personal und Recht auskennen, kommuni-zieren und präsentieren können. Erfahrung im operativen Geschäft schadet keinesfalls. Trotz hoher Anforderungen gibt es einen grossen Pool an Nachwuchskräften. Dabei sind die Wege zur CFO- Karriere unterschiedlich. SEITEN 4, 5

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Existiert die Finanz-funktion nochin zehn Jahren?Dank digitaler Lösungen erfolgen Entscheidungen vermehrtdatenbasiert. Finanzspezialisten erhalten eine Fülle neuerInformationen und gewinnen entscheidende Erkenntnisse.Das kann einen klaren Wettbewerbsvorteil bedeuten.Damit befindet sich die Finanzfunktion in einem tiefgreifen-den Wandel. Der CFO entwickelt sich noch stärker zumstrategischen Partner der Konzernleitung. Seine grössteHerausforderung besteht darin, mit den EntwicklungenSchritt zu halten und aus einer Vielzahl neuer Anforderun-gen, Technologien, Geschäftsmodellen und Lösungen dierichtigen Entscheidungen zu treffen. Wo geht die Reise hin?Wie werden die richtigen strategischen Akzente gesetzt?

Die Finanzfunktion wird bis 2030 in ihrer jetzigen Form nicht mehrexistieren. Neue Wettbewerber, neue Technologien, neue Dienstleis-tungen stellen bislang funktionierende Geschäfts- und Marktmodelleindustrieübergreifend auf die Probe. Finanzfunktion und CFO er-fahren im Zuge innovativer technologischer Entwicklungen einenenormen Bedeutungszuwachs im Unternehmen. Sie sind die Dreh-scheibe eines der wichtigsten Wachstumstreiber im digitalen Zeit-alter: Daten. Im Zuge der Digitalisierung und Automatisierung stelltdas operative Geschäft immer höhere Anforderungen an die Finanz-funktion und fordert präzisere Prognosen sowie konsistente Daten.Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen erhofft sich das Unter-nehmen, angemessen auf Veränderungen im Markt reagieren undbestenfalls einen Wettbewerbsvorsprung erzielen zu können.

Damit die Transformation der Finanzfunktion vom Zahlenverwalterzum Berater und rechten Hand des CEOs beschleunigt wird, musssich die gesamte Organisation umstellen. Die Finanzfunktion be-nötigt einerseits die Kompetenz, nicht mehr nur als unterstützendeFunktion zu agieren. Andererseits braucht sie die nötige Flexibilitätim Konzern, traditionelle Ressourcen und Prozesse neu auszulegen.Dabei muss sie sich auf wertschöpfende Aufgaben fokussieren, umihre Existenz in Zukunft nachhaltig zu sichern und einen strategi-schen Mehrwert zu schaffen.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht aktuell noch einegrosse Lücke. Festgefahrene Strukturen, hoher Effizienzdruck undbegrenzte Mittel erschweren die Transformation. Dazu kommenrasant fortschreitende Digitalisierung, zunehmende politische Un-sicherheiten und immer neue Regulierungen.

Um CFOs bei der Initiierung und Steuerung der Transformation zuunterstützen, hat PwC ein end-to-end Zielbetriebsmodell (TargetOperating Model) entwickelt. Das Modell folgt einem holistischenAnsatz und betrachtet die Finanzfunktion im Gesamtkontext einesUnternehmens inklusive dessen zukünftige (digitale) Ausrichtungund Ökosystem. Es beinhaltet acht Kriterien, welche sich auf dreiStossrichtungen beziehen: einem modularen Lenksystem, einemadaptiven Betriebsmodell und eine flexible Ressourcenplanung.

Für weitere Informationen stehen Ihnen die PwC Experten PatrickAkiki und Thea Caminada gerne zur Verfügung.

www.pwc.ch/zukunft-finanzfunktion

Future of Finance Fair

PwC zeigt die CFO-Tools von morgen –Live Demo im Experience Center

Am 11. April 2019 findet die «Future of Finance Fair»,exklusiv für CFOs, in PwC’s Experience Center inZürich statt.

Interessiert? Melden Sie sich bei Thea Caminadaunter [email protected].

Patrick AkikiPartner AdvisoryPwC Schweiz

Thea CaminadaDirector Management ConsultingPwC Schweiz

PwC’s Experience Center in Zürich, Fotograf: Eduardo Perez

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Die Finanzverantwortlichen in Unternehmen müssen Anpassungs- und Veränderungsbereitschaft mitbringen, um einem sich wandelnden Aufgabenfeld gerecht zu werden.

AUTOREN

Adrian BlumYvonne DebrunnerThomas Hengartner Andreas KälinClaudia Lanz-CarlPeter Morf«Finanz und Wirtschaft»

Markus Gisler Pascal Koradi Christoph Lengwiler CFO Forum Schweiz

Fredy GilgenWirtschaftsjournalist

Marius Leutenegger Journalist

Der CFO als Nachdenker, Querdenker und VorausdenkerESSAY Zahlen und Daten werden zunehmend elektronisch verarbeitet. Radiert das die CFO-Funktion aus?

Markus Gisler

F inanzchefs werden bildlich oft als Navigatoren dargestellt, die dem Ka-pitän oder dem Piloten, im unter-

nehmerischen Umfeld dem Chief Execu-tive Officer (CEO), die notwendigen Infor-mationen zuspielen, um das Ziel zu errei-chen. Navigatoren scheint es aber heute je länger, je weniger zu brauchen. Heute über-nehmen automatisierte Bordsysteme Infor-mationsbeschaffung, -aufbereitung und -darstellung. Wird es künftig auch in Un-ternehmen so sein, dass der CEO mithilfe von Systemen ohne Unterstützung eines Chief Financial Officer (CFO) auskommt?

Diese Frage trifft das Selbstverständnis der mehr als 580 Mitglieder des CFO Fo-rum Schweiz. Die Vereinigung setzt sich seit über zwölf Jahren für die Interessen von Finanzchefinnen und Finanzchefs in der Schweiz ein. Das Forum bezweckt u. a. die Professionalisierung und die Inno-vation in der finanziellen Unternehmens-führung und will den Erfahrungs austausch unter seinen Mitgliedern und mit Dritten fördern. Diese beiden Ziele stehen jeweils im Zentrum, wenn im Januar der Swiss CFO Day durchgeführt und die CFO of the Year Awards verliehen werden. Am 14. Ja-nuar ist der Anlass zum zehnten Mal über die Bühne gegangen (vgl. Seite 10). Das CFO Forum hat das 10-Jahre-Jubiläum ge-nutzt, um in einer Studie Erkenntnisse zum zukünftigen Berufsbild des CFO zu gewinnen. Basierend auf qualitativen Interviews sind Thesen formuliert und in einer breit angelegten Umfrage den CFO vorgelegt worden (vgl. Seiten 8 und 9).

BREITE UND TIEFEIn einem im Rahmen der Studie geführten Gespräch über die künftigen Anforderun-gen an einen CFO hat Thomas Dittrich, heute Shire-Finanzchef und früher bei Sulzer tätig, folgende Aussage gemacht: «Der CFO hat einen sehr breiten Über-blick über das gesamte Unternehmen und ist dabei gleichzeitig sehr stark und tief in einzelne Unternehmens- und Aufgaben-bereiche involviert. Diese beiden Aspekte bieten dem CFO hervorragende Möglich-keiten, im, über und fürs Unternehmen

nachzudenken, entgegenzudenken, auch querzudenken, mit dem CEO zusammen-zudenken und vorauszudenken.»

Aus diesem Statement können drei zentrale Wesensmerkmale herausdestil-liert werden: der CFO als Nachdenker, der CFO als Querdenker und der CFO als Vor-ausdenker im Unternehmen. Allen drei gemeinsam ist die «Denker»-Eigenschaft.

Innerhalb der Geschäftsleitung wird von den Finanzverantwortlichen am meisten erwartet, dass sie Informationen sam-meln, filtern, auswählen, priorisieren, ver-arbeiten, zusammenfassen und darstellen können, möglichst umfassend und unbe-einflusst von Sonderinteressen.

KRITISCHE PERSONEN GEFRAGTDie Nachdenker-Rolle ist die klassische CFO-Rolle, die die Finanzverantwortli-chen schon am längsten wahrnehmen. Die typischen CFO-Aufgaben wie Buch-haltung, Rechnungslegung, Controlling und Reporting bereiten hauptsächlich historische Daten auf. Aus dem Vergan-genen leiten CFO Anregungen für die Zukunft ab, z. B. durch Erkennen und Pfle-gen von Erfolgreichem bzw. Aussondern und Verbessern von Schlechtem. Der Blick zurück ist heute weitgehend automatisiert worden. Die Digitalisierung vereinfacht und beschleunigt die klassischen Finanz-aufgaben und lässt dem CFO mehr Zeit, über Daten und Informationen nachzu-denken bzw. seine Zeit für strategische Aufgaben und Projekte einzusetzen.

Aus der Nachdenker-Rolle heraus wächst die Querdenker-Rolle. Finanzche-finnen und Finanzchefs müssen Sachver-halte, Abläufe, Einstellungen und Annah-men hinterfragen und auch gegen den Strich denken können. Dies bedingt zum einen die Fähigkeit, so unabhängig wie möglich über Sachverhalte zu reflektieren

und eine andere Sichtweise einzuneh-men. Quer zudenken heisst zum andern aber auch, eine abweichende Haltung be-gründen und gegen Widerstand verteidi-gen und durchstehen zu können. Verwal-tungsrat und Investoren setzen auf die Fä-higkeit der CFO, Alternativen zu erarbei-ten und zu präsentieren, Risiken zu be-achten und die Corporate Governance zu ver stärken. Die Eigentümer von Unter-nehmen suchen mit dem CFO oft be-wusst jemanden, der die Fähigkeiten, die Erfahrungen und die Persönlichkeit des Chief Executive Officer ergänzt.

Zunehmend wichtig wird die Funktion des Vorausdenkers. Der CFO ist für CEO und Verwaltungsräte Garant dafür, dass die strategisch und operativ Verantwort-lichen in Unternehmen mehr zukunfts-gerichtete Zahlen als Entscheidungs-grundlagen zur Verfügung haben. Der CFO wird als Hüter des ständig wachsen-den Datenpools betrachtet. Stärker beein-flussen werden CFO künftig die Strategie-erarbeitung und die Strategieumsetzung. Finanzchefinnen und Finanzchefs ken-nen und überblicken das gesamte Unter-nehmen und wollen die gesamte Firma voranbringen, nicht nur Teile davon.

Wohin wollen wir? Welche Massnah-men bringen uns dahin? Welche zeitlichen Zwischenziele müssen wir setzen? Wo, wann und wie beschaffen wir uns die not-wendigen Ressourcen? Was sind mögliche Alternativen und Szenarien? Welche Risi-

ken gibt es? Das sind Fragen, die künftig verstärkt von CFO beantwortet werden. Die Digitalisierung wird die CFO-Funk-tion in einem Unternehmen nicht ab-schaffen, aber die Gewichte der einzelnen Rollen verschieben. Das bedingt Anpas-sungs- und Veränderungsbereitschaft auf-seiten der Finanzverantwortlichen, weil künftig andere Kompetenzen gefragt sind.

Die Studienresultate zeigen, dass sich CFO dieser Veränderungen schon heute bewusst sind. So erwarten Finanzchefin-nen und Finanzchefs bei den fachlichen Kompetenzen, dass das Wissen über Stra-tegien, Geschäftsmodelle und -prozesse wichtiger wird als das traditionelle Fi-nanzwissen in den Bereichen Buchhal-tung, Rechnungslegung, Controlling und Reporting (vgl. Grafik).

Konsequenterweise bewerten die Stu-dienteilnehmer Erfahrung in der finan-ziellen Führung und in Strategieprozessen als besonders wichtig für künftige CFO, gefolgt von Erfahrung in der Führung von Mitarbeitern und Erfahrung im Bereich Informatik sowie Digitalisierung.

STARKE PERSON NEBEN DEM CEOIm Bereich der persönlichen Kompeten-zen sehen die CFO die analytischen Fähig-keiten immer noch an der Spitze, aber nur noch mit geringem Vorsprung auf die Kommunikationsfähigkeiten. CFO sind sich bewusst, dass das Erklären, Präsen-tieren und Einbringen von Fakten und neuen Ideen morgen bedeutsamer sein wird als das Analysieren.

Navigatoren fliegen in Flugzeugen zwar nicht mehr mit, Co-Piloten sind aber immer noch an Bord und nehmen zent-rale Funktionen wahr. In der Unterneh-menswelt ist eine analoge Entwicklung erkennbar. Aktionäre, Verwaltungsrat und weitere Anspruchsgruppen brauchen auch in Zukunft eine Vertrauensperson, die die Richtigkeit von Zahlen der Vergan-genheit und der Zukunft garantiert, eine starke Person neben dem CEO. Finanz-chefinnen und Finanzchefs sind auch künftig die erste Wahl, wenn es um den Sparringpartner für den CEO geht.

Markus Gisler, Präsident CFO Forum Schweiz

«Der CFO wird als Hüter des ständig

wachsenden Datenpools betrachtet.»

Quelle: CFO Forum Schweiz, CFO Umfrage 2018 / Grafik: FuW, sp

Anzahl Nennungen

Welche vier der folgenden neun fachlichen Kompetenzen �nden Sie für den CFO der Zukunft besonders wichtig?

Fremdsprachenkenntnisse

Treasury-Wissen

Compliance-Wissen

Risiko-Wissen

IT-Wissen

Marktverständnis und Wissenum die Marktgegebenheiten

Betriebswirtschaftliches Wissen

Finanzwissen

Wissen über Strategie, Geschäftsmodelle und -prozesse

Wichtigste Fachkompetenzen eines CFO

102

82

74

62

58

49

32

31

14

IMPRESSUM

Sonderbund «Zukunft CFO» zur Ausgabe Nr. 4 der «Finanz und Wirtschaft» vom 16. Januar 2019

HERAUSGEBERINVerlag Finanz und Wirtschaft AG Werdstrasse 21, 8004 ZürichVerleger Pietro Supino

REDAKTIONVerlag Finanz und Wirtschaft AG Werdstrasse 21, Postfach, 8021 ZürichTelefon 044 248 58 00 [email protected], www.fuw.chChefredaktor Jan SchwalbeLeitung Beilage Claudia Lanz-CarlRedaktion Dominic GeisselerArt Director Andrea BrändliProduktion Regina GloorKorrektorat Malgorzata Gajda

VERLAGVerlag Finanz und Wirtschaft AG Werdstrasse 21, Postfach, 8021 ZürichTelefon 044 248 58 00 Fax 044 248 58 15, [email protected] Leitung Marcel TappeinerAnzeigen Tamedia Advertising Postfach, 8021 Zürich Deutschschweiz: 044 248 58 11 Romandie: 022 322 34 35 [email protected] advertising.tamedia.chAbonnemente Telefon 044 404 65 55Fax 044 404 69 04, www.fuw.ch/abo

TECHNISCHE HERSTELLUNG DZZ Druckzentrum Zürich AG Bubenbergstrasse 1, 8045 Zürich

Januar 2019 Sonderbund der 3Zukunft CFO

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Vom stillen Buchhalter zur Führungspersönlichkeit KARRIERE Wer die Kontrolle über die Kasse hat, kann die Geschicke des Unternehmens mehr als nur mitbestimmen. Viele Finanzchefs schaffen es denn auch an die Spitze eines Unternehmens.

Fredy Gilgen

M an nennt sie oft despektierlich Erbsenzähler oder Rappen­spalter. Doch Finanzfachleute

waren und sind in allen Branchen gesucht, und die Jobs gelten als äusserst attraktiv. Speziell beliebt ist der Job als Finanzchef eines Unternehmens, der CFO. Nicht von ungefähr. Denn wer die Finanzen im Griff hat, hält im Unternehmen auch die Fäden in der Hand. Niemand kennt den Betrieb so umfassend wie der oberste Finanzchef. Die höchste strategische Position inner­halb des Unternehmens wird deshalb häufig vom ihm eingenommen.

Der grossen Verantwortung entspre­chend sind auch die Anforderungen an Finanzfachleute hoch. Einen direkten Kö­nigsweg zum CFO gibt es aber nicht. Häufig wird ein Universitätsabschluss in Betriebswirtschaft oder ein Abschluss an einer Fachhochschule erwartet. In der Schweiz ist aber auch der klassische Weg verbreitet: Berufslehre im kaufmänni­schen Bereich, Fachhochschule, Buch­haltung und Controller oder Wirtschafts­prüfer. Bei kotierten Unternehmen wer­den häufig Investmentbanker an die Spitze des Finanzwesens geholt.

SOZIALE KOMPETENZEN WICHTIGSehr gefragt bei Grossunternehmen sind Abschlüsse an renommierten in­ oder ausländischen Wirtschaftshochschulen mit einem Diplom in Finanz­ und Rech­nungswesen oder Master of Controlling, Accounting und Audit. Ebenso zentral: Für die berufliche Laufbahn eines CFO

benötigt man mindestens fünf Jahre Er­fahrung in einer Leitungsfunktion. Dabei festigen die Finanzfachleute ihre Fähig­keiten im Rechnungswesen, in der Füh­rungskontrolle und in der Revision. Ein Muss für einen Chief Financial Officer ist aber auch Führungserfahrung. Wer sich für eine solche Stelle bewirbt, sollte min­destens schon ein kleines bis mittelgros­ses Team erfolgreich geführt haben.

Zudem werden gute Kenntnisse im In­formatikbereich, vorausschauendes Den­ken und ein ausgeprägtes Verhandlungs­geschick vorausgesetzt. Immer höher ge­wichtet werden zudem die sozialen Kom­petenzen. Und über allem steht noch die Integrität. Die Aufgaben des obersten Finanzdirektors sind also sehr breit ge­fasst. Er ist in ständigem Kontakt mit den verschiedenen Partnern des Unterneh­mens und koordiniert die internen Be­ziehungen. Für verschiedene Bereiche innerhalb des Unternehmens ist er mass­geblich verantwortlich:• Finanzen: Der CFO spielt eine wichtige

Rolle etwa bei der Liquiditätssteuerung, der Erstellung von Budgetprognosen und Bilanzen oder der Implementierung von Management­Tools, und er kontrol­liert die gesamte Finanzverwaltung so­wie die Buchhaltung.

• Personalverwaltung: Bei kleineren Un­ternehmen kann der CFO den Perso­nalchef ersetzen oder unterstützen und bei der Rekrutierung und der Personal­entwicklung mitwirken.

• Recht: Der CFO ist für die Einhaltung der Vorschriften zuständig und muss bei ge­setzlichen Änderungen immer à jour sein. Zudem zeichnet er für die Steuer­

oder Buchungserklärungen des Unter­nehmens verantwortlich.

Trotz der hohen Anforderungen gibt es in der Schweiz bei den CFO aber kaum Nachwuchsprobleme. Die Unternehmen verfügen über einen grossen Pool an sehr qualifizierten Wirtschaftsprüfern oder Controllern, aus dem sich Finanzchefs rekrutieren lassen. Der Job des obersten Finanzverantwortlichen ist jedoch über­raschend jung. Noch in den Achtziger­jahren hatten die wenigsten Schweizer Unternehmen überhaupt einen CFO. Es gab lediglich einen Chef des Rechnungs­wesens oder gar bloss einen Haupt­buchhalter. Diese hatten aber keine Exe­kutivfunktionen.

In den Neunzigerjahren übernahm der CFO dann sukzessive eine immer wichti­gere Kontrollfunktion, wodurch er auch intensiver in die Geschäftsprozesse invol­viert war. Das Bild des CFO entwickelte sich vom Buchhalter im stillen Kämmer­lein zu einer Führungsperson, die aktiv in den Geschäftsablauf involviert ist.

SELBST PRÄSENTIEREN KÖNNENHeute ist der CFO meist die klare Nummer zwei im Unternehmen und sehr oft auch der Stellvertreter des Unternehmens­chefs. Er ist an der Unternehmensstrate­gie beteiligt, proaktiv, und sein Wissen geht weit über das reine Finanzgeschäft hinaus. Dies spiegelt sich auch in der Laufbahn eines CFO: Um das Karriere­ziel CFO zu erreichen, ist es nötig, sich Kenntnisse über das reine Finanzwesen hinaus an zueignen. Dies kann Erfahrung in der Informatik, im Personalbereich oder auch im operativen Geschäft sein.

Ganz klar: Der CFO von heute darf kein introver tierter Nerd mehr sein, der nur rechnet, sagen Headhunter: «Der Finanz­chef muss selbst präsentieren und kom­munizieren können.»

Mehrere Untersuchungen aus Deutsch­land bestätigen dies: Nur noch rund 3% der obersten Finanzchefs der Dax­ und der MDax­Unternehmen haben ihre Karriere im Accounting gestartet, 17% dagegen im Controlling. Das ist wenig erstaunlich, weisen die Aufgaben des Controllers doch die grössten Über­schneidungen mit denen des Finanz­chefs auf, vor allem wenn es um den kom­munikativen Aspekt geht.

GROSSER FRAUENMANGELNoch mehr Finanzchefs, nämlich 20%, haben ihren Weg in den deutschen Unter­nehmen aber via Unternehmensberatung gemacht. Der entscheidende Vorteil: Be­rater lernen durch ihre Mandanten die verschiedensten Unternehmen und da­mit auch deren Probleme kennen. Im Ver­gleich zu einem CFO­Anwärter, der nur sein eigenes Unternehmen kennt, ist das ein erheblicher Vorteil.

Auf den ersten Blick nicht unerwartet, ist der Anteil der Frauen unter den Tops­hots im Finanzbereich eher gering. Nach verschiedenen Umfragen sind es in unse­rem Land 15 bis 17%. «Doch das dürfte so­gar eher hoch gegriffen sein», sagt Markus Gisler, Präsident des CFO­Verbands. An den Veranstaltungen des CFO Forum Schweiz nähmen jeweils nur höchstens 10% Frauen teil, bedauert er.

Fredy Gilgen, Wirtschaftsjournalist

Marius Leutenegger

Big Data, Internet der Dinge, Blockchain: Die Digitalisierung wird auch das Con­trolling massiv verändern. Kein Unter­nehmen, das langfristig plant, wird künf­tig auf die Auswertung von Kundendaten verzichten können. Doch wie genau die Digitalisierung das Controlling transfor­mieren wird, ist weniger klar. Ein Klein­unternehmen, das sein Controlling vor­wiegend über Excel­Tabellen abwickelt, wird die digitalen Möglichkeiten künf­tig weniger nutzen als der international tätige Grosskonzern. Ausserdem entwi­ckelt sich die Digitalisierung so rasant, dass mittel­ oder langfristige Prognosen geradezu verwegen erscheinen.

ÜBERRASCHEND HOHE REIFEWie gut aber sind die Firmen auf die digitale Revolution vorbereitet? Das In­stitut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern wollte es ge­nauer wissen und führte 2017 und 2018 die Studie «Wie digital ist das Schweizer Controlling?» durch. 163 Unternehmen beteiligten sich daran. «Die Initiative für die Untersuchung kam eigentlich aus der Privatwirtschaft. Unternehmen sagten uns, sie würden gern wissen, wo sie ste­hen», sagt Markus Gisler, Dozent am IFZ und stellvertretender Projektleiter der Studie. Denn weil Firma eben nicht Firma ist, lässt sich der individuelle Stand nicht leicht evaluieren.

Damit überhaupt Einschätzungen vorgenommen werden können, hat das IFZ für seine Studie ein sogenanntes Reifegradmodell gewählt. Fünf Dimen­

sionen wurden definiert – Daten, Tech­nologien, Prozesse, Methoden und Kom­petenzen –, und bei jeder Dimension gaben die Unternehmen auf einer Skala von eins bis fünf an, wie «reif» sie sich einschätzen. Dabei ist jedoch nicht er­strebenswert, in allen Dimensionen die Höchstmarke zu erreichen. Manche Un­

ternehmen haben schlicht nichts davon, über die besten digitalen Technologien oder die grösstmögliche Datenmenge zu verfügen. «Wichtig ist, dass Unterneh­men in den einzelnen Dimensionen möglichst ähnlich abschneiden», sagt Markus Gisler. «Denn sind die Abwei­chungen beim Reifegrad einzelner Di­mensionen gross, weiss das Unterneh­men, wo es investieren sollte.»

Welches sind die wichtigsten Er­kenntnisse der Studie? Auf der einen Seite zeigt sich, dass die Firmen nicht so schlecht aufgestellt sind, wie sie zu­weilen selbst meinten. Vor allem mittel­grosse Unternehmen wiesen zum Teil eine überraschend hohe Reife bei der Digitalisierung im Controlling auf. «Zum anderen ist es erfreulich zu sehen, dass man bereit ist, die Digitalisierung anzu­gehen», so Gisler. Dafür sprechen vor al­lem die Erkenntnisse in der Dimension Kompetenzen, wo sich die Unterneh­

men ein gutes Zeugnis hinsichtlich der digitalen Kultur ausstellen. Bei dieser Dimension liegen aber auch die gros­sen Herausforderungen. «Damit man mit Daten gut arbeiten kann, braucht es Know­how zu Statistik und Program­mierkenntnisse.» Da besteht laut Gisler bei vielen Unternehmen noch Hand­lungsbedarf. Allerdings muss nicht der CFO selbst über diese Kompetenzen verfügen, sie müssen vielmehr im Con­trolling­Team vorhanden sein.

ES BRAUCHT DEN MENSCHENDer CFO wird künftig immer stärker auf ein gutes Team angewiesen sein. Denn sein Berufsbild weitet sich fast schon dra­matisch aus. In der Studie heisst es etwa: «Der Controller muss über eine gute Kommunikationsfähigkeit sowie Ver­handlungsstärke verfügen. Er muss mit dem Management auf Augenhöhe disku­tieren. Zusätzlich muss er sich aber auch mit den Fachabteilungen gut verständi­gen können, um die Zusammenhänge im Unternehmen zu verstehen.» Die Digita­lisierung macht aus dem Controller also verstärkt einen Kommunikator. «Daten zusammentragen, sortieren, neu berech­nen – das kann der Computer überneh­men», sagt Gisler. «Die Daten aber inter­pretieren und eine Strategie entwickeln, dafür braucht es den Menschen.»

Punkto digitales Aufrüsten im Con­trolling gibt Markus Gisler ohnehin Ent­warnung. Natürlich sei es ein Trend, auf die Digitalisierung zu setzen, doch die Digitalisierung müsse im Controlling massgeschneidert umgesetzt werden.

Marius Leutenegger, freier Journalist

Bereit für die digitale KulturSTUDIE Viele Schweizer Firmen sind besser auf die Digitalisierung vorbereitet, als sie glauben.

DER WEG ZUM CFO

Wer CFO werden will, studiert am besten an einer Uni BWL und steigt dann bei einem Unternehmen in Rechnungswesen und Controlling oder in die Wirtschaftsprüfung bzw. die Unternehmensberatung ein. In der Schweiz mit ihrem dualen Bildungssystem ist aber auch der klassische Weg über eine Berufs-lehre im kaufmännischen Bereich, eine Fachhochschule oder über eine höhere Fachausbildung verbreitet.In Deutschland hingegen haben rund 70% aller Dax- und MDax- CFO einen ökonomischen Hinter-grund. Die meisten von ihnen haben BWL studiert. Studenten aus anderen Fachbereichen er-reichen nur selten eine Spitzen-position im Finanzbereich. Um oberster Finanzchef zu werden, braucht es heute zwingend auch den Blick über den Tellerrand hinaus. Denn ein guter Finanzchef muss nicht nur das Wissen aus der Rechnungslegung, dem Controlling oder dem Treasury perfekt beherr-schen. Er muss auch das Business seines Unternehmens verstehen, mit seiner Persönlichkeit punkten und selbstbewusst auftreten kön-nen. Mit einem solchen Rucksack ist der Weg frei zu einem Weiter-bildungsmaster für CFO, wie er etwa von der Hochschule Luzern in Zug oder der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Zürich angeboten wird.

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Wer die Finanzen im Griff hat, hält im Unternehmen auch die Fäden in der Hand.

«Die Digitalisierung macht aus

dem Controller einen Kommunikator.»

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Herr Blanka-Graff, was macht den Beruf des Finanzchefs für Sie spannend?Wir bewegen uns in ständig neuen Spannungsfeldern. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Geschäftsmodelle verän­dern sich permanent. Als Finanzchef kann man wählen, diese Verände­rungen lediglich zu beobachten oder mitzugestalten. Letzteres entspricht meinem Selbstverständnis. Ich ver­binde damit den Anspruch, den Erfolg solcher neuer Geschäftsmodelle mes­sen zu können und damit auch neue Kriterien zu entwickeln. Für einen CFO geht es also nicht nur darum, neue Ge­schäftsmodelle mitzugestalten, son­dern sie auch zu evaluieren.

Gibt es weitere Spannungsfelder?Ja, es liegt es in der Verantwortung des Finanzchefs, ein möglichst getreues Bild des Geschäftsverlaufs abzugeben. In diesem Bereich gibt es eine un­glaubliche Zunahme an Regulierun­gen und eine starke Akademisierung in der internationalen Rechnungslegung. Hier einen praktikablen Weg zu finden, ist eine Herausforderung für jeden CFO. Und schliesslich wirft die Digita­lisierung viele Fragen auf. Mitarbeiter wollen wissen, wie sich ihre Aufgaben, ihre Verantwortlichkeiten und Steue­rungsmöglichkeiten im Unternehmen ändern. Diese Fragen muss ich als Fi­nanzchef beantworten.

Sind diese Punkte auch die grössten Herausforderungen in Ihrer Arbeit? Die grössten Herausforderungen lie­gen dort, wo sich unsere Geschäfts­modelle sehr rasch und stark verän­dern, wo sie etwa vollkommen digitali­siert werden. Um damit Schritt halten zu können, braucht es eine Organi­sation, die sich rasch und flexibel anpassen kann. Agilität ist etwas Na­türliches, Organisches. Das bedeutet, Entscheidungen in die Fläche zu ver­legen. Das ist für Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das sich über lange Zeit etabliert hat – Spedition, Logistik –, ein spannender Prozess. Na­türlich finden sich in einem solchen Unternehmen an unterschiedlichen Stellen erprobte Denkschemen. Sie wo erforderlich aufzubrechen und dabei Kultur, Historie und Werte des Unter­nehmens zu bewahren, das ist eine Herausforderung.

Gibt es weitere Knacknüsse?Wenn Unsicherheiten zunehmen, nei­gen Unternehmen dazu, zusammen­zuzucken und zu zentralisieren, alle Entscheidungen nur noch in der Zentrale zu fällen, Kompetenzen zu beschneiden, alles auf den Chef zu übertragen. Der CFO muss in solchen Situationen über seinen eigenen Schatten springen können, innehal­ten, analysieren und sagen: Ich mache das nicht mit. In einem global tätigen Unternehmen könnte kein Finanzchef und kein anderer Manager so viele Entscheidungen abdecken. Er würde zum Engpass und damit zur Verstär­kung des Problems. Es braucht einen Rahmen, in dem Mitarbeitende ba­sierend auf der definierten Strategie, Kompetenzen und den gemeinsamen Werten selbst entscheiden können.

Auf welche Indikatoren achten Sie bei der Beurteilung der Wirtschaftslage?Für ein Logistikunternehmen ist das Konsumentenverhalten extrem wich­tig. Der Konsument ist derjenige, der letztlich die Volumen in den Liefer­ketten bestimmt. Die zweite Frage ist, ob unsere Kunden die Produktion ver­lagern oder Einkaufsstrategien ver­ändern. Dadurch werden Lieferketten aufgeteilt, und es steigt die Komplexi­tät. Für das Unternehmen und für mich als Finanzchef ist es zentral, die Kosten anzupassen, wenn sich externe Faktoren verschlechtern. Wenn das Unternehmen mit externen Verände­rungen gut umgehen und damit auch den Erfolg weiter steigern kann, habe ich gute Arbeit geleistet.

Wie stark arbeiten Sie autark, wie eng sind Sie in die Geschäftsleitung eingebunden?Wir sind in der Geschäftsleitung ein Team von acht Personen, der CEO, die Leiter der vier Business Units, der Chief Human Resources Officer, der Chief Information Officer und ich. Wir sind in alles eingebunden und ent­scheiden gemeinsam als Team. Bei der Entscheidungsfindung verschwinden auch die Bereichsgrenzen. So kann es sein, dass der Finanzchef eine Idee für die Seefrachtorganisation hat.

Funktioniert das auch umgekehrt?Ja. Ein Beispiel: Eine der schwierigsten Fragen im Finanzbereich ist die Ab­grenzung des Umsatzes von Transpor­ten. Das Wissen eines Seefrachtchefs über seine operativen Prozesse zusam­men mit meinem Finanzwissen führt zu den korrekten Ergebnissen.

Der CFO wird von aussen als Nummer zwei betrachtet – stört Sie das?Bei uns hat jeder seine Rolle, und in unserem Team ist das überhaupt kein Thema. Nach aussen macht es Sinn, wenn relativ wenige Personen das Unternehmen repräsentieren, damit eine Konsistenz der Informationen gegeben ist. Die kurze Antwort lautet deshalb: Nein.

Und wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat aus?Der CEO und ich sind die beiden An­laufstellen für den Verwaltungsrat. Wir sind nahezu täglich im Austausch. Das ist wichtig, denn wir müssen uns im strategisch richtigen Rahmen bewe­gen. Zudem hilft uns die Nähe zum Verwaltungsrat, Entscheidungen leicht und schnell zu treffen. Kühne + Nagel ist ein sehr geradliniges Unternehmen. Wir sind sehr direkt. Das gibt uns einen gewissen Vorteil gegenüber anderen.

Wie stark binden Sie Ihr Team ein?Mein Team ist klein. Ich arbeite mit we­nigen Personen zusammen, mit ihnen aber sehr eng. Ich kenne die meisten seit vielen Jahren. Zehn Mitarbeitende berichten direkt an mich. Das sind die Verantwortlichen für die Regionen und

die Kadermitarbeiter in Schindellegi, die ein kleines Team am Standort füh­ren. Mit dieser Mannschaft machen wir Treasury, Kredit management, Konsoli­dierung und das gesamte Controlling. Wir sind also sehr schlank aufgestellt.

Sie sind auch für Investor Relations zuständig. Wie nehmen Sie die Verantwortung gegenüber den Aktionären wahr?Da gibt es zwei grosse Themen. Erstens sieht der Aktionär vielfach das histori­sche Bild vom Unternehmen. Doch er muss Entscheidungen fällen, die die Zukunft betreffen. Als Dienstleistun­gen sind Seefracht, Luftfracht, Land­verkehr und Kontraktlogistik zwar leicht verständlich, als Geschäfts­modell aber recht komplex. Es ist unsere Verantwortung, die Informatio­nen für Aktionäre so aufzubereiten, dass sie fundierte Entscheidungen treffen können und zweitens Vertrauen in das Unternehmen haben.

Es sieht so aus, als ob die Aktionäre sensibler geworden sind. Warum?Das liegt vor allem daran, dass viele Aktionäre über professionell gema­nagte Fonds investiert sind. Die Fonds­manager haben ein anderes Risiko­denken als mancher Aktionär. Jeder versucht, nicht der Letzte im Club zu sein. Das führt mitunter zu präventi­ven Massnahmen.

Fällt das noch stärker ins Gewicht, wenn performanceabhängige Fonds gebühren die Regel werden?Definitiv.

Was hilft dagegen?

Transparenz. Deswegen ist der direkte Zugang zum Unternehmen für den Aktionär so wichtig.

Wie erwirbt ein CFO heute die nötigen Kompetenzen?Es wird künftig viel mehr um die Per­sönlichkeit als um fachliche Kompe­tenzen gehen. Fachliche Kompetenzen sind notwendig. Aber den guten CFO wird der Mut auszeichnen zu sagen: Ich bin nicht der IFRS­Experte. Dafür habe ich jemanden im Team. Ganz wichtig sind persönliche Netzwerke und ein neues Verständnis von Macht. Unter­nehmen sind nicht mehr streng hierar­chisch aufgebaut, wir geben Entschei­dungsmacht in die Breite ab. Informa­tionen waren früher nur beim CFO angesiedelt, aber die Dinge haben sich verändert. Wir sind transparent und stellen relevante Daten zur Verfügung.

Wie stark beschäftigen Sie Änderungen in der Rechnungslegung?Eine grössere Standardisierung liefert dem Aktionär ein besser vergleich­bares Bild. Es gilt aber zu hinterfragen, ob sich die Standards als Regelwerk nicht verselbständigen und damit so komplex werden, dass sie nicht mehr praktikabel sind. Das macht keinen Sinn. Ich bin für einen pragmatischen Ansatz, der auch unterschiedliche Ge­schäftsmodelle berücksichtigt und Transparenz sowie vergleichbare In­formationen an den Aktionär liefert.

Sehen Sie eine Konkurrenz zwischen den internationalen Standards US-GAAP und IFRS?Die Konkurrenz entsteht eher aus der Frage, an welcher Börse ein Unterneh­

«Die grössten Herausforderungen

liegen dort, wo sich Geschäftsmodelle

sehr rasch und stark verändern.»

men kotiert ist. Das machen viele Gesellschaften auch vom regulatori­schen Aufwand abhängig. US­GAAP und IFRS nähern sich inhaltlich an, da ist die Konkurrenz nicht gross.

Gibt es weitere Regulierungen, die Sie auf Trab halten?Ja, viele EU­Verordnungen, die der Vereinheitlichung dienen sollten, aber sehr lange bis zur Umsetzung gebraucht haben. Es hat zum Beispiel Jahre gedauert zu definieren, welche Kriterien eine Originalrechnung er­füllen muss. Die Frage, ob das Doku­ment physisch vorliegen muss oder nicht, ist im digitalen Zeitalter ana­chronistisch. Positiv sehe ich, dass Staaten Mittel und Wege geschaffen haben, um den Datenaustausch zwi­schen einzelnen Behörden zu ermög­lichen. Das bringt mehr Transparenz und Effizienz, doch es existieren im­mer noch zu viele Insellösungen.

Welche Rolle spielt der Standort Schweiz für Ihre Arbeit?Die Schweiz zählt für Finanzchefs si­cher zu den Top­Standorten weltweit. Ich würde meine Aufgaben aber wohl nicht anders organisieren, wenn das Unternehmen den Sitz in der EU hätte. In anderen Regionen sähe das unter Umständen anders aus.

Und wie stark verändert die Digitalisierung Ihre Arbeit?Wir müssen mit den «Drei Gesetzen der Digitalisierung», wie Shoshana Zuboff sie beschrieben hat, leben: Alles, was automatisiert werden kann, wird automatisiert. Alles, was digitali­siert werden kann, wird digitalisiert.

Und alle Daten, die gesammelt wer­den, werden analysiert und ausge­wertet. Daten sind zum Allgemeingut geworden. Heute beschränkt sich Di­gitalisierung vielfach noch auf Auto­matisierung, Robotik, getrimmt auf Effizienz und Kostenfokus. Ich glaube, der nächste Schritt ist, dass die Digita­lisierung uns selbst verändert.

Und konkret in der Logistik?Einige operative Prozesse werden automatisiert oder ganz von Maschi­nen übernommen. Dadurch entste­hen neue Finanzmodelle und andere Steuerungserfordernisse. In der Folge müssen wir uns von der Exklusivi­täts­ und Geschlossenheitsidee ver­abschieden. Der Kunde arbeitet nicht nur mit uns zusammen. Wenn wir heute mit grossen Plattformanbie­tern sprechen, können wir nicht sagen, wir möchten der exklusive Logistikanbieter sein. Der Kunde ent­scheidet, was er will. Diese völlige De­mokratisierung der Daten ist heute bereits die Realität. Eine vollkom­mene Digitalisierung der Logistik wird es allerdings nicht geben, denn das würde bedeuten, dass der physi­sche Transport von Waren und Gütern nicht mehr stattfindet. Interview: Claudia Lanz-Carl

«Der nächste Schritt ist, dass die

Digitalisierung uns selbst verändert.»

«Es geht künftig viel mehr um

Persönlichkeit als um fachliche

Kompetenz.»

Christoph Lengwiler

Seit dreizehn Jahren besteht mit dem CFO Forum Schweiz (CFOs) eine Platt­form, die den Erfahrungsaustausch unter den Finanzchefs ermöglichen und ihre Fach­ und Problemlösungskompe­tenzen fördern will. Die Gründung der Vereinigung geht auf eine Initiative des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern zurück. Das Institut bietet seit zwanzig Jahren Wei­terbildungen im Bereich Corporate Fi­nance und Treasury an. Auslöser war das Bedürfnis der Finanzchefs, sich unter­einander zu vernetzen, sich über aktuelle Themen auszutauschen und auch den Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis für die Verbesserung der eigenen Arbeit zu nutzen.

Der Verein CFO Forum Schweiz zählt rund 600 Mitglieder. Es handelt sich um aktive und ehemalige Finanzchefs von Unternehmen unterschiedlicher Grössen sowie von Vertretern von Hochschulen, die sich in Lehre und Forschung mit der finanziellen Führung von Unternehmen beschäftigen. Der breite Mix an Mitglie­dern hat viele Vorteile. So können die He­rausforderungen für verschiedene Bran­chen und für das Finanzmanagement von KMU thematisiert werden.

Das CFO Forum Schweiz hat dieses Jahr zum zehnten Mal den Swiss CFO Day durchgeführt, an dem auch der CFO of the Year Award an drei Finanzchefs ver­liehen wurde (vgl. Seite 11). Zusätzlich treffen sich die Mitglieder an Business Lunches, an Firmenbesuchen und Fach­veranstaltungen über aktuelle Themen, mit denen sich Finanzchefs beschäfti­gen müssen.

Darüber hinaus initiiert und unter­stützt das CFO Forum Schweiz auch For­

schungsprojekte, die den Finanzchefs Nutzen bringen. Beispiele sind der perio­disch durchgeführte Audit Cost Survey und die von Deloitte in Zusammenarbeit mit der Vereinigung regelmässig durch­geführte CFO­Umfrage. Zudem wurden Studien zum Währungsmanagement und zum Working Capital Management von Unternehmen unterstützt. Aktuell wird in Zusammenarbeit mit der Hochschule Lu­zern eine Studie zum Berufsbild des Fi­nanzchefs der Zukunft erarbeitet, aus der unter anderem auch Handlungsempfeh­lungen für die Aus­ und Weiterbildung abgeleitet werden sollen.

Das CFO Forum Schweiz ist in den dreizehn Jahren zu einer bedeutenden In­stitution für den Berufsstand der Finanz­chefs geworden. Der Präsident, Markus Gisler, möchte auf dem bisherigen Erfolg aufbauen und im Jahr 2019 mit dem Vor­stand strategische Stossrichtungen er­arbeiten, wie das CFO Forum Schweiz in Zukunft für die Finanzchefs zusätzlichen Nutzen stiften und ihnen bei der Bewäl­tigung ihrer anspruchsvollen Aufgabe Unterstützung bieten kann.

Prof. Christoph Lengwiler, Dozent an der Hochschule Luzern und Mitinitiant des Vereins CFO Forum Schweiz

Weitere Informationen: www.cfos.ch

Vernetzung und Austausch PLATTFORM Das CFO Forum Schweiz profitiert von einem breiten Mix an Mitgliedern.

Aktueller Vorstand des CFO Forum Schweiz

Name / Funktion

Markus Gisler IFZ / Hochschule Luzern, Präsident CFOs

Rolf Renzehemals CFO Siemens Schweiz, Vizepräsident CFOs

Barbara A. HellerSwipra Services, Vizepräsidentin CFOs

Andreas Wol� sbergCFO Komax, Finanzchef CFOs

Roger Baillodehemals CFO Bucher

Jürg FedierCFO Oerlikon

Pascal KoradiIFZ / Hochschule Luzern

Prof. Christoph LengwilerIFZ / Hochschule Luzern

Raymund Sche� rahnCFO Agta Record

Quelle: CFO Forum Schweiz

INTERVIEW Markus Blanka-Graff, Finanzchef beim Logistikkonzern Kühne + Nagel, über seine Rolle an der Unternehmensspitze, Geschäftsmodelle im Umbruch und die Verpflichtung gegenüber Investoren.

«Wir entscheiden gemeinsam»

ZUR PERSON

Markus Blanka-Graff ist ein Eigen-gewächs des Logistikers Kühne + Nagel. Der gebürtige Österreicher hat die CFO-Position seit 2014 inne. Er startete seine berufliche Laufbahn nach einem Wirt-schaftsstudium 1996 bei der Landesge-sellschaft des Unternehmens in Wien. Anschliessend hatte der heute 51-Jäh-rige im Finanzbereich Kaderpositionen unter anderem in Asien, Europa und Nordamerika inne.

Der Manager sammelte Erfahrungen bei der Integration von Zukäufen und der Standardisierung der weltweiten Finanz- und Controlling-Prozesse. Ab 2009 war er am Hauptsitz der K+N-Gruppe in Schindellegi tätig. Dort zunächst als Head of Corporate Accounting und ab 2012 als Director Corporate Finance and Investor Relations.

Kühne + Nagel ist einer der global füh-renden Logistikdienstleister – Nummer eins in Seefracht, Nummer zwei in Luft-fracht und Kontraktlogistik und europa-weite Nummer fünf in Landverkehren. Das Unternehmen hat rund 79 000 Mit-arbeitende in über hundert Ländern.

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Sonderbund der 9Zukunft CFOJanuar 2019

Thomas Hengartner

Unter den Schweizer Konzernen hat Nestlé die grösste Vorsorgeverpflichtung bilanziert. Der Schuldbetrag entsprach Ende 2017 gut 7 Mrd. Fr. oder etwa 10% des gesamten Fremdkapitals der Nah­rungsmittelgruppe. Der Pharmamulti No­vartis führte gut 3 Mrd. Fr. Vorsorge­verpflichtung in der Bilanz, was knapp 6% der gesamten Verbindlichkeiten aus­macht. Swisscom bilanzierte 1 Mrd. Fr. Vorsorgeschulden, entsprechend gut 7% des Totals aller Verpflichtungen.

Internationale Rechnungslegungsnor­men verlangen von den Konzernen, ein Deckungsmanko ihrer Pensionskasse oder sonstiger vertraglicher Altersleis­tungen als Finanzschuld bilanzieren. Die Krux dabei ist, dass die Regeln von IFRS viel strenger sind als die der schweizeri­schen Norm Swiss GAAP FER, die von den Pensionskassen befolgt werden muss. Die Konzernrechnung zeichnet deshalb oft ein dramatischeres Bild der Finanzlage der betrieblichen Altersvorsorge.

ZINSTIEF VERTEUERT RENTENDie Situation hat sich Ende 2018 ver­schärft, weil wegen der Börsenkorrektur die Vorsorgevermögen kräftig einbüss­ten. Gleichzeitig fiel der Diskontsatz im vierten Quartal wieder zurück. Das ist re­levant, denn der Barwert künftiger Geld­ströme verteuert sich, je geringer der ver­wendete Diskontfaktor ist.

Im Schlussquartal des abgelaufenen Jahres korrigierte der Diskontsatz für zwanzigjährige Verpflichtungen gemäss Angaben des Pensionsberaters Libera von 1,17 auf 0,92%. Für zehnjährige Ver­pflichtungen errechnete Libera ein Sin­ken des Diskontfaktors von 0,8 auf 0,6% (vgl. Grafik 2). Taktgeber sei das Erodieren der Renditen von Unternehmensanleihen guter Qualität von entsprechender Rest­laufzeit, schreibt Libera.

Mit dem niedrigeren Diskontfaktor ver­schlimmerte sich die Bilanzposition der Vorsorgeverpflichtungen. Wegen der un­günstigen Entwicklung der Zins­ und der Anlagemärkte habe sich das Vorsorge­defizit zum Stichtag 31. Dezember ausge­weitet, sagt Samuel Neukomm, Pensions­kassenexperte beim Beratungsunterneh­men Willis Towers Watson, auf Anfrage: «Erneut steigt somit der Druck auf die Fi­nanzchefs der Unternehmen, möglichst einen Teil der Vorsorgelast aus der Kon­zernbilanz zu verbannen.»

Hauptbetroffen sind Unternehmen mit vornehmlich schweizerischen Betriebs­standorten. In der Schweiz ist die berufli­che Vorsorge obligatorisch, zudem sind hier die Rentenzusagen mit 149% des Bruttoinlandprodukts überdurchschnitt­lich hoch. Beides hat zur Folge, dass in aller Regel eine im Vergleich zu auslän­dischen Betriebsstandorten grosse Ver­pflichtung in der Konzernbilanz entsteht.

GÜNSTIGER EFFEKT FÜR SWISSCOMEine Erleichterung unter der IFRS­Norm erschliesst sich mit einem Risk Sharing. Gemeint ist damit eine vertragliche Re­gelung der Risikoaufteilung zwischen dem Unternehmen und den Beschäftig­ten. Der Telecomkonzern Swisscom be­schreibt im Geschäftsbericht, 2016 sei dank der Einführung des Risk Sharing ein positiver Bilanzeffekt von 856 Mio. Fr. ent­standen. Ende 2017 betrug die Vorsorge­verpflichtung gut 1 Mrd. Fr.

Damit eine solche Risikoteilung buch­haltungstechnisch gilt, müssen gemäss Willis Towers Watson in der Pensionskasse Sanierungsregeln für den Fall einer Unter­deckung beschlossen sein. Festzulegen sei etwa, dass die Guthaben der Beschäftigten für gewisse Jahre vermindert oder über­

haupt nicht verzinst würden oder wie die Arbeitnehmer mit Lohnbeiträgen eine Sanierung mittragen müssten. Das Beruf­liche­Vorsorge­Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber einzig, mindestens einen in der Summe gleich hohen Sanierungs­betrag wie die Arbeitnehmer zu leisten.

Eine Senkung des Umwandlungssatzes für künftige Renten vermindert länger­fristig ebenfalls die Höhe der Verpflich­tungen. In die gleiche Richtung wirkt, die Kaderpensionskasse nach dem Modell 1e aufzusetzen. Dabei wird der Sparbeitrag auf Lohnteilen oberhalb rund 130 000 Fr. vom einzelnen Versicherten gemäss den

kassenspezifisch angebotenen Anlage­strategien selbstverantwortet investiert. «Weil die Arbeitgeberfirma bei einer Ka­derkasse mit 1e­Modell kein Sanierungs­risiko trägt, kann auch keine zu bilanzie­rende Vorsorgeverpflichtung entstehen», erklärt Neukomm.

Der Pensionskassenexperte rät den Fi­nanzchefs der Unternehmen, den Risk­Sharing­Ansatz präzis mit der Revisions­stelle abzustimmen. Nur wenn sie die ge­wählte Risikoaufteilung akzeptiert, wird die erwünschte Entlastung der Konzern­bilanz erreicht.

Beim Unternehmensverband Swiss­Holdings stossen Massnahmen, die eine realistischere Bewertung der Vorsorge­verpflichtung ermöglichen, auf grosses Interesse. Geschäftsleitungsmitglied De­nise Laufer kritisiert jedoch die Praxis der Revisionsstellen: «Die verlangten Voraus­setzungen und Offenlegungen stellen eine sehr hohe Hürde für die Konzerne dar.»

Die Vorsorgelast aus der Konzernbilanz verbannenPENSIONSKASSEN Weil die Diskontzinsen wieder auf niedrigstes Niveau zurückgefallen sind, steigt für viele Unternehmen der Bilanzwert der Vorsorgeverpflichtungen.

Finanzchefs haben es in der Hand, mit internen Vereinbarungen die Belastung einzudämmen.

«Revisionsstellen setzen leider sehr hohe

Hürden für Risk Sharing.» Denise Laufer, SwissHoldings

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GroupSwisscom

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in Mio. Fr. in %

n.s. = nicht sinnvollVorsorgeverp�ichtung Ende 2017in % aller Verp�ichtungen (r. S.)

1 Bilanzlast der Altersvorsorge

n.s.

Dez. 2017 März 2018 Juni 2018 Sept. 2018 Dez. 2018

1,0

0,8

0,6

0,4

Quelle: Libera / Grafik: FuW, sm

in %

Diskontsatz für 20-jährige Verp�ichtungenDiskontsatz für 10-jährige Verp�ichtungen

2 Berechnung Vorsorgeverp�ichtung

Beru� iche Vorsorge im Vergleich

Land1Anzahl

VorsorgeträgerVorsorgevermögen

in % des BIP2

USA 45 672 145Kanada 7308 155Grossbritannien 4960 105Schweiz 1713 149Mexiko 664 17Irland 640 36Hongkong 439 44Brasilien 327 25Niederlande 272 184Deutschland 167 7Portugal 136 11Norwegen 85 11Dänemark 17 208Italien 16 101) Auswahl bedeutender Länder 2) Bruttoinlandprodukt Quelle: OECD

Die vergangenen zehn Jahre waren für Finanzchefs von Schweizer Unterneh­men kein Zuckerschlecken. Anfang 2009 ist die Lehman­Pleite gerade mal ein paar Monate her, UBS meldet einen Jah­resverlust von 20 Mrd. Fr. Die Finanz­krise nimmt so richtig Fahrt auf und stellt das Management einer jeden Schweizer Gesellschaft über Jahre hin­weg vor neue Herausforderungen.

Einen bestimmten Tag wird wohl kein CFO eines Schweizer Unterneh­mens jemals vergessen: den 15. Januar 2015. Die Schweizerische Nationalbank lässt wie aus dem Nichts die Franken­obergrenze fallen. Am Devisenmarkt ist der Teufel los, der Franken schiesst zum Euro in die Höhe. So mancher CFO wird auf dem falschen Fuss erwischt. Und

welcher Finanzchef soll sich nicht über billiges Geld freuen? Die Antwort ist seit 2015 bekannt: all die, die wegen zu viel Cash Negativzinsen zahlen müssen.

Unaufhaltsam und mit wachsender Geschwindigkeit schreitet zudem seit Jahren die Digitalisierung voran. Ge­rade die Finanzchefs müssen diese Ent­wicklung im Unternehmen vorantrei­ben. Ansonsten werden sie abgehängt. Gleichzeitig bietet sich die Chance, an Einfluss zu gewinnen.

Unwägbarkeiten nehmen zu. Das ist das Einzige, worauf sich Finanzchefs verlassen können. Wer in dem an­spruchsvollen Umfeld der letzten zehn Jahren vom CFO Forum Schweiz für seine Leistungen ausgezeichnet wurde, zeigt die untenstehende Tabelle. BA

Die Sieger der letzten zehn Jahre

1) Jeweils drei Kategorien: Swiss Market Index (SMI), Swiss Performance Index (SPI) ohne SMI, CFOs Mitglieder Quelle: ABB / Grafik: FuW, mta

Bisherige Gewinner «CFO of the Year Award» 1

2010Theophil H. Schlatter, Holcim

Gerard van Kesteren, Kühne + NagelAndreas Herzog, Bühler

2015Alan Hippe, Roche

Roger Baillod, Bucher IndustriesGiacomo Balzarini, PSP Swiss Property

2011Michel Demaré, ABB

Roland Abt, Georg FischerReto Conrad, Emmi

2016Dieter Enkelmann, Julius Bär Victor Balli, Barry Callebaut

Pius Bernet, Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil

2012Dieter Wemmer, Zurich Financial Services

Jürg Fedier, OC OerlikonStephan Naef, Aebi Schmidt

2017Roland I�, Geberit

Dieter Weisskopf, Lindt & SprüngliJörg Riboni, Emmi

2013Dominik de Daniel, Adecco

Daniel Schmucki, Flughafen ZürichRoger Willi, Kistler Group

2018Mario Rossi, Swisscom

Martin Zwyssig, AutoneumAndreas Lindner, Ricola Gruppe

2014Géraldine Matchett, SGSBeat Fellmann, Implenia

Martin Gasser, Reichle & De-Massari

2019Adrian Widmer, Sika

Stephan Zehnder, BossardTobias Knechtle, Valora

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WAS WICHTIG IST

BILANZIERUNGSPFLICHTInternational gebräuchliche Rechnungslegungsvorschriften wie IFRS verlangen, dass Kon­zerne die Verpflichtungen der beruflichen Altersvorsorge der Mitarbeitenden unter den Finanzschulden bilanzieren.

ERMITTLUNG DER SCHULDENErgänzend zu laufenden Alters­renten werden die Pensionszusa­gen an künftige Altersrentner be­rücksichtigt, indem der zugesagte Cashflow diskontiert und sein Barwert passivseitig bilanziert wird.

EINBEZUG VON VERMÖGENSteht der Vorsorgeverpflichtung ein ausgesondertes Vorsorge­vermögen entgegen (wie im Fall schweizerischer Pensionskassen), wird sein Marktwert aufgerech­net und nur die Nettoverpflich­tung bilanziert.

RISK SHARINGEine formelle Risikoteilungsverein­barung mit dem Führungsgremium der Pensionskasse und ihren Ver­sicherten ermöglicht, in der Kon­zernbilanz die Höhe der Vorsorge­verpflichtung zu verringern.

SANIERUNGSLAST VERTEILENEin günstiger Risk­Sharing­Effekt entsteht, wenn für die Pensions­kasse für den Fall einer Notlage ein Sanierungsvorgehen fest­gelegt ist, das die Pflichten des arbeitgebenden Unternehmens begrenzt. In der Regel betrifft dies die Bereitschaft der Beleg­schaft zu einem Zinsverzicht oder zur Zahlung von lohnabhängigen Sanierungsbeiträgen.

Wie Schweizer Finanzchefs ihre Rolle im Unternehmen sehen UMFRAGE CFO schätzen ihr heutiges Berufsbild ziemlich differenziert ein und haben eine klare Meinung, wie es sich in Zukunft verändern wird – oder eben nicht.

Christoph Lengwiler, Markus Gisler und Pascal Koradi

W elche Aufgaben nimmt der Fi­nanzchef in einem Unterneh­men wahr, und welche Rolle

spielt er in der Geschäftsleitung? Die Ant­wort auf diese Frage ist nicht einfach, denn sie hängt im Einzelfall von der Art und der Grösse des Unternehmens, der internen Organisation, der Zuteilung der Aufgaben an die Mitglieder der Geschäfts­leitung und auch von der personellen Zusammensetzung der Geschäftsleitung sowie von der Persönlichkeit des CFO ab. Deshalb zeigen sich in der Praxis für den CFO verschiedenartige Berufsbilder, die sich nicht verallgemeinern lassen.

Trotz dieser Schwierigkeiten erarbeitet das CFO Forum Schweiz in Zusammen­arbeit mit der Hochschule Luzern – Wirt­schaft eine Studie zum Berufsbild des Finanzchefs, in der auch Erkenntnisse zur veränderten Rolle des CFO in der Zu­kunft einbezogen werden. Für die Studie wurden Sekundärquellen analysiert und Interviews mit Vertretern von wichtigen Stakeholdern durchgeführt. Auf Grund­lage der Erkenntnisse daraus wurden 36 Thesen aufgestellt. Im November 2018 gaben dann in einer Umfrage 126 Finanz­chefs von Schweizer Unternehmen unter­schiedlicher Branchen und Grössen ihre Meinung zu diesen Thesen ab.

Die Umfrage liefert interessante Er­kenntnisse dazu, wie die Finanzchefs ihr Berufsbild heute und in Zukunft einschät­zen und wo Abweichungen von den Er­wartungen feststellbar sind.

Dabei bekommt die These, wonach der CFO im gesamten Unternehmen dafür verantwortlich ist, dass nicht nur auf den Nutzen, sondern auch auf die Kosten ge­schaut wird, am meisten Zustimmung. Für 66% der Befragten trifft diese Aus­sage ganz und für 31% eher zu. Ähnlich hoch fällt die Zustimmung bei der These aus, wonach die Rolle des CFO umso wichtiger wird, je näher sich das Unter­nehmen an einer Krise befindet.

Der CFO wird zudem mehrheitlich als Garant dafür gesehen, dass die strategisch und operativ Verantwortlichen vermehrt zukunftsgerichtete Zahlen als Entschei­dungsgrundlage haben. Ebenso wird er an der Schnittstelle zur Geschäftsleitung und zum Verwaltungsrat als verantwortlich ge­sehen für die stufengerechte und korrekte

Präsentation von Informationen. Ebenfalls positiv, aber etwas zurückhaltender wird die These beurteilt, wonach der CFO nicht nur bei der Strategieerarbeitung eine koor­dinierende und unterstützende Funktion hat, sondern auch bei der Strategieumset­zung. Sie ist noch für 42% der Befragten ganz und für weitere 47% eher zutreffend.

MEHR ZEIT FÜR PROJEKTE Ähnlich sieht die Einschätzung bei der Aussage aus, der CFO sei diejenige Per­son, die innerhalb der Geschäftsleitung den besten Überblick über das Unterneh­men habe und die Wechselwirkungen im Unternehmen kenne. Skeptisch schätzen relativ viele der befragten Finanzchefs die Aussage ein, der CFO habe im Unterneh­men die Rolle des «Innenministers» und

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Den Überblick über Kosten und Nutzen zu behalten, ist eine zentrale Funktion des CFO.

der CEO diejenige des «Aussenministers» inne. Diese Aussage trifft für 27% der Befragten eher nicht (21%) oder nicht (6%) zu. Und die Zahl der Befragten, für die die Aussage ganz zutrifft, hält sich mit 35% in Grenzen.

Die Umfrage liefert auch Erkenntnisse darüber, welche Veränderungen für die Rolle des Finanzchefs in Zukunft erwartet werden. Am meisten Zustimmung erhält die These, wonach der CFO der Zukunft neben seinen klassischen Aufgaben mehr Zeit für Projekte und Strategie wird einset­zen müssen. Diese Aussage trifft für 44% der befragten Finanzchefs ganz und für weitere 54% eher zu. Eine ähnlich hohe Zustimmung findet die These, wonach die Digitalisierung und die technologi­sche Entwicklung vom CFO ein Gesamt­verständnis und einen Gesamtüberblick und nicht spezifisches Detailwissen ver­langen. Die meisten der befragten Finanz­chefs gehen zudem tendenziell davon aus, dass der CFO in Zukunft nicht nur für das Finanz­Reporting, sondern auch für das Business Reporting zuständig sein wird. Ebenso unterstützen sie die Meinung, der CFO werde in Zukunft den Fokus ver­mehrt auf den Cashflow statt auf finanz­buchhalterische Grössen legen.

Die befragten Finanzchefs sind nicht der Meinung, die klassischen CFO­Aufga­ben (Accounting, Controlling, Reporting) würden durch die Digitalisierung an Be­deutung verlieren. Für 56% der Befragten trifft diese Aussage nicht (14%) und eher nicht (42%) zu. Diese Einschätzung steht teils im Widerspruch zu Prognosen aus anderen Studien zum zukünftigen Berufs­bild des CFO. Eine gewisse Skepsis zeich­

net sich auch bei weiteren Thesen ab. So stützen nur 56% der Befragten (16% ganz, 40% teilweise) die Aussage, der CFO der Zukunft müsse sich um die technische Anbindung externer Partner (Kunden, Lie­feranten) ans «Ökosystem des Unterneh­mens» kümmern. Die Aussage, die Digi­talisierung werde ermöglichen, Aufgaben

im Bereich der finanziellen Führung ver­mehrt dezentral zu erbringen, findet nur bei 68% der Befragten Zustimmung (20% ganz, 48% teilweise). Ebenso stimmen nur 74% der Befragten der Aussage ganz (29%) oder eher (45%) zu, der CFO der Zukunft werde für das unternehmensweite Data Management verantwortlich sein.

CFO MUSS CEO ERGÄNZENDie Umfrageergebnisse stützen in einigen Bereichen die Erkenntnisse aus den Re­cherchen und die in den Interviews ge­äusserten Erwartungen der wichtigsten Anspruchsgruppen des CFO. Allerdings zeigen sie auch, dass gewisse Trends und Ansprüche der Stakeholder von den Fi­nanzchefs doch etwas zurückhaltend be­urteilt werden. Dies zeigt sich zum Bei­spiel bei der Frage, ob Finanzchefs in Zukunft ein anderes Profil haben werden als heute. So stimmen nur 25% der Befrag­ten der Aussage ganz (6%) oder eher (19%) zu, wonach in Zukunft vermehrt Quer­einsteiger ohne klassische Finanzkarriere als CFO eingesetzt werden.

Skepsis gibt es auch bei der These, in Zukunft würden häufiger CFO zum CEO aufsteigen. Diese Aussage findet nur bei einer knappen Mehrheit von 54% der Befragten ganz (16%) oder eher (39%) Zu­stimmung. Dies mag auch damit zusam­menhängen, dass die befragten Finanz­chefs klar der Meinung sind, der CFO müsse mit seinen Kompetenzen und sei­ner Persönlichkeit den CEO ergänzen.

Prof. Christoph Lengwiler, Markus Gisler und Pascal Koradi sind Mitglieder des Vorstands CFO Forum Schweiz

Der CFO wird in Zukunft nebst seinen klassischen Aufgaben mehr Zeit für Projekte und Strategie einsetzen müssen.

Die Digitalisierung und die technologische Entwicklung verlangen vom CFO ein Gesamtverständnis und einen Gesamtüberblick undnicht spezi�sches Detailwissen.

Die Digitalisierung wird ermöglichen, Aufgaben im Bereich der�nanziellen Führung wieder vermehrt dezentral zu erbringen.

Der CFO der Zukunft wird für das unternehmensweite DataManagement verantwortlich sein (End to End: Sammlung, Selektion und Auswertung von Informationen).

Der CFO der Zukunft wird den Fokus vermehrt auf den Cash�owlegen statt auf �nanzbuchhalterische Grössen.

Der CFO wird in Zukunft nebst dem Financial Reporting auch fürdas Business Reporting zuständig sein.

Quelle: CFO Forum Schweiz, Hochschule Luzern / Grafik: FuW, sm

Tri�t zun=126CFO-Umfrage 2018 Tri�t eher zu Tri�t eher nicht zu Tri�t nicht zu

Wie beurteilen Sie die folgenden Aussagen zur künftigen veränderten Rolle des CFO? (n=126)

37% 47% 16%

37% 51% 12%

41% 53% 6%

44% 54% 2

20% 48% 31% 2

29% 45% 25% 2

EINFLUSSFAKTOREN

UNTERNEHMENSINTERN• Aufgaben, Kompetenzen und Ver­

antwortlichkeiten des CFO bei der Bereitstellung von Entscheidungs­ und Umsetzungsinformationen

• Rolle des CFO bei der Erarbeitung und der Umsetzung der Unterneh­mensstrategie

• Führungsanspruch des CFO, der die reine Finanzfunktion über­steigt und die übrigen Unterneh­mensfunktionen mitumfasst

• Transformation der Beziehungen zu den Anspruchsgruppen des Unternehmens im Absatz­, im Beschaffungs­ und im Kapital­markt in Richtung wertschaffen­der Kernkompetenzen

UNTERNEHMENSEXTERN• Technologischer Wandel

(Digitalisierung)• Demografischer Wandel in den

Industrieländern• Urbanisierung und Aufstieg der

Schwellenländer• Zunehmende (globale) Vernet­

zung der Wertschöpfungsketten

Page 6: ZUKUNFT CFO - Finanz und Wirtschaft€¦ · ZUKUNFT CFO Claudia Lanz-Carl S ie stehen nicht selten im Schatten des CEO, und doch lau-fen viele Fäden bei ihnen zusammen. Finanzchefs

Master/Diploma/Certificate of Advanced Studies

MAS/DAS ControllingMAS/DAS Corporate FinanceStart Lehrgänge: 8. Februar 2019 und 23. August 2019Info-Anlass: 20. Februar 2019, 18:15 Uhr, IFZ, Zug

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Adrian Widmer, SikaSIEGER KATEGORIE SMI Der Finanzchef des Bauzulieferers reicht die Auszeichnung

gleich weiter, nur im Team seien Spitzenleistungen möglich.

Stephan Zehnder, BossardSIEGER KATEGORIE SPI Der Finanzchef des Handelsunternehmens steht für

Konstanz und eine konservative Finanzstrategie. Bewegter ist seine Freizeit.

Tobias Knechtle, ValoraSIEGER KATEGORIE CFO FORUM Der CFO der Detailhandelsgruppe baut bewusst

Gegenpositionen zu seinen Kollegen auf, um für Ausgleich zu sorgen.

Er hat ein bewegtes Jahr hinter sich: Zur Jahresmitte galt es, die Beilegung des Streits mit der Familie Burkard und Saint-Gobain zu finanzieren. Dabei ging es um einen Aktienrückkauf von gut 2 Mrd. Fr. Gegen Ende Jahr stand dann die Finan-zierung der zu Beginn 2019 publizierten Übernahme der französischen Parex mit einem Volumen von 2,5 Mrd. Fr. an.

Adrian Widmer hat die Aufgaben, die anderen schlaflose Nächte bereitet hät-ten, in seiner ruhigen, kompetenten und zielorientierten Art angepackt und ge-löst. Der Titel Finanzchef des Jahres in der Kategorie SMI ist zweifellos verdient. Widmer selbst war zunächst überrascht über die Ehre und freut sich natürlich sehr darüber. Er reicht die Auszeichnung gleich weiter an sein Team, denn «gute Leistungen sind nur mit einem guten und funktionierenden Team möglich».

Beide Finanzierungen gehorchen dem gleichen Muster: Zunächst eine Über-brückungsfinanzierung mit der Hilfe von Banken, danach über einen längeren

Zeitraum hinweg die Ablösung mit an-deren Instrumenten. Oberste Leitschnur in den beiden Fällen war gemäss Widmer, dass «die operative Handlungs-fähigkeit des Unternehmens stets erhal-ten bleibt». Eine wichtige Rolle spielten dabei die traditionell eher konservative Finanzpolitik von Sika und die damit ver-bundene hohe Kredibilität des Unter-nehmens. Es bleibt in der Sicht des CFO finanziell gesund, auch wenn die Netto-verschuldung vorübergehend steigt.

Als Instrumente zur Ablösung der Überbrückungskredite stehen, neben selbst generiertem Cash, zunächst Anlei-hen zur Verfügung – eine solche wurde im Nachgang zur Streitbeilegung schon aufgelegt. Zudem erwähnt Widmer auch allfällige eigenkapitalseitige Massnah-men. Eine Kapitalerhöhung ist möglich, Entscheide sind allerdings noch keine gefallen. Eine Möglichkeit wäre auch die Auflage eines Euro-Bond.

Widmer kennt sich in den Instrumen-ten gut aus, das verdankt er seiner Aus-

bildung und seinen Erfahrungen. Er hat an der Uni Zürich Wirtschaftswissen-schaften studiert und ist 1994 als Busi-ness Analyst in die Nordostschweizer Kraftwerke eingetreten. Danach folgte der Wechsel zu Textron, für die er in den USA und England tätig war. Im Jahr 2000 heuerte er in der Bauchemiedivision von Degussa an, wo er zum Finanzchef der Schweizer Gesellschaft avancierte. Der Wechsel zu Sika kam 2007, zunächst als Head Group Controlling, später zusätz-lich als Verantwortlicher der gruppen-weiten M&A-Aktivitäten. Sieben Jahre später wurde er zum Finanzchef und Mitglied der Konzernleitung ernannt.

Der 50-jährige Widmer ist verheiratet und Vater von 18 Jahre alten Zwillings-söhnen. Zeit mit der Familie ist ihm sehr wichtig, etwa beim Skifahren oder wenn er die Söhne im Unihockey unterstützt. Auch er selbst spielt noch ab und zu. Er hört überdies gerne Musik mit einer Vor-liebe für Rock und Heavy Metal – selbst zur Gitarre greift er allerdings nicht. PM

Kaum ein Finanzchef steht so sehr für Konstanz wie Stephan Zehnder. Aufge-wachsen in Baar bei Zug, wohnt der 53-Jährige heute mit seiner Frau und den zwei Töchtern nur ein paar Kilometer weiter, im Nachbarsdorf Steinhausen. Seit 23 Jahren arbeitet er für das auf Verbindungstechnik spezialisierte Zuger Handelsunternehmen Bossard, seit vier-zehn Jahren als CFO. Mit Muttern und Schrauben ist er im elterlichen Schlos-sereibetrieb schon früh in Kontakt ge-kommen. Eine kaufmännische Lehre in einem kleinen Handelsbetrieb weckte dann das Interesse des jungen Zehnder an Zahlen. Ein Interesse, das ihm seine Karriere ermöglichen sollte.

Mit CEO David Dean bildet Zehnder seit Jahren ein eingespieltes Führungs-duo, das erste in der 187-jährigen Ge-schichte Bossards, das nicht von der Gründerfamilie abstammt. Dean, der langjährige Vorgesetzte und Sparring-partner Zehnders, wird seinen CEO-Pos-ten aber in vier Monaten räumen. Und

Zehnder? Der sagt, es gebe keinen Grund, über einen Wechsel nachzudenken: «Bos-sard ist ein global wachsendes Unter-nehmen, das Umfeld dynamisch, die Aufgaben vielfältig – es macht Spass.»

Als CFO verfolgt Zehnder eine kon-servative Finanzstrategie: 40% Eigen-finanzierungsgrad, lautet einer seiner Eckpfeiler. Zudem sollen die Nettoschul-den maximal 1,3-mal so hoch sein wie das Eigenkapital und höchstens zwei-mal so hoch wie der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (Ebitda). Kleinere Ab-weichungen sind erlaubt, sofern die Ziel-grössen innerhalb von zwölf bis acht-zehn Monaten wieder erreicht werden. «So haben wir stets genug Wasser unter dem Kiel und damit den unterneh-merischen Freiraum, um etwa Zukäufe durchführen zu können», sagt Zehnder.

Zukäufe gab es in den letzten Jahren einige. Seit Zehnder CFO ist, hat Bossard sechzehn Unternehmen übernommen. Ein Meilenstein für Zehnder, aber auch für Bossard war 2012 die 200 Mio. Fr.

teure Übernahme der KVT Fastening, die mit einer Kapitalerhöhung und einem Konsortialkredit refinanziert wurde. Der Goodwill wird unter Zehnder stets di-rekt abgeschrieben, indem er mit dem Eigenkapital verrechnet wird. Ein Vorge-hen, das gemäss den Rechnungslegungs-vorschriften Swiss GAAP FER zulässig ist, nicht aber unter IFRS.

Bossard war eines der ersten Unter-nehmen, die auf den Schweizer Rech-nungslegungsstandard wechselten – 2008 war das ein unkonventioneller Schritt. Unterdessen hat er viele Nachahmer ge-funden. Das Beispiel zeigt, dass Zehnder trotz aller Konstanz immer wieder neue Wege geht. «Gelebte Tradition und Kultur sind wichtig. Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit aber ebenso», sagt er.

Zehnder bewegt sich selbst gerne. Als Jugendlicher drehte sich sein Leben um Eishockey. Er spielte als Junior beim EVZ. Heute ist Skifahren seine Leidenschaft. Dazu gehört seit ein paar Jahren auch Heliskiing in Kanada. DY

Mit dem Skateboard erscheint Tobias Knechtle zum Gespräch im Caffè Spet-tacolo, Bahnhof Zürich Oerlikon. Der 46-Jährige bezeichnet sich selbst als un-verbesserlichen, draufgängerischen Op-timisten. Im Detailhandelsunternehmen Valora gibt er aber auch den vorsichtigen Mahner – was der Rolle als Finanzchef geschuldet ist. Knechtle baut in seiner Funktion «im Sinne eines Sparrings be-wusst Gegenpositionen» auf, insbeson-dere zum gleichaltrigen CEO Michael Mueller, der davor selbst Finanzchef von Valora war und als überaus initiativ gilt.

Zu den Unternehmensmaximen ge-hört ein vernünftiger Einsatz von Fremd-kapital. Knechtle sagt, bei einem Verhält-nis Nettoschulden zu Ebitda um 2 fühle er sich «wohl», und mit einem Verhältnis von 2,5 habe er auch noch kein Problem. Ein Anstieg des Faktors auf 3 oder höher, etwa infolge einer Akquisition, ist für ihn aber nur akzeptabel, wenn ein glaubhaf-ter Plan besteht, wie die Schulden rasch zurückgeführt werden können.

Als Valora im September 2017 den Kauf von BackWerk und Investitionen ankün-digte, war intern klar: Es braucht eine Ka-pitalerhöhung. Der Markt hätte eine Fi-nanzierung allein über Fremd kapital wohl akzeptiert. Aber für Knechtle wäre die Entschuldung danach «nicht schnell genug vorangeschritten, angesichts unserer hohen Ausschüttung».

Im März 2014 hatte Knechtle, zuvor Senior Vice President Finance beim Ver-schlüsselungsspezialisten Kudelski, das Amt als Finanzchef von Valora angetreten. Er wusste, dass es ein Schleudersitz war – die Detailhandelsgruppe stand lange im Ruf, eine ewige Baustelle zu sein. In der ersten Phase habe man die Organisation «heftig durchgeschüttelt», sprich: restruk-turiert, devestiert und dann auch wieder akquiriert. Dabei ging es dem Manage-ment darum, über ein transparentes Vor-gehen wieder Vertrauen herzustellen.

In einer zweiten Phase ist man daran, die Unternehmenskultur zu ändern. Va-lora war zentral und betont hierarchisch

organisiert. Die neue Führung will den Mitarbeitern mehr Verantwortung über-tragen. Für Knechtle heisst das, «ihnen zu verstehen zu geben, dass wir nicht al-les wissen wollen». Diese Haltung zwingt auch ihn zum Umdenken. Als früherer Berater, der sechs Jahre für die Boston Consulting Group gearbeitet hatte, ist es «sein erster Reflex, auf Anfragen eine Antwort zu geben und zu helfen».

Ein denkwürdiges Datum für Knechtle ist der 20. Dezember 2018, als Valora eine Frankentranche eines Schuldscheindar-lehens vermarktete – als erstes Unterneh-men. Schuldscheindarlehen sind eigent-lich deutsche Instrumente und wurden bis dahin nur in Euro emittiert.

Auch privat ist der Familienvater, der zweisprachig nahe Nyon aufwuchs und sein Wirtschaftsstudium an der Uni Bern abschloss, Neuem gegenüber auf-geschlossen. Jüngst hat er mit Boxen an-gefangen. Der Sport verlange Körper und Kopf alles ab: ideal für Knechtle, «um voll konzentriert abzuschalten». AK

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TEDie besten Schweizer FinanzchefsCFO OF THE YEAR AWARDS 2019 Das CFO Forum Schweiz kürt zum zehnten Mal die Sieger des Fachs in drei Kategorien.

Adrian Blum

N ebel im Theater Casino Zug zum Start des Swiss CFO Day am Mon-tagnachmittag. Der Kunstgriff war

nicht etwa eine Anspielung darauf, wie Fi-nanzchefs ihre Zahlen vernebeln. Vielmehr diente er dazu, die Lasershow zum 10-Jahr-Jubiläum des Swiss CFO Day zu Geltung zu bringen. Zu den besten Vertretern des Fachs wählte die Jury dieses Jahr in der Kategorie Swiss Market Index (SMI) Adrian Widmer von Sika, in der Kategorie Swiss Perfor-mance Index (SPI) Stephan Zehnder von Bossard, und in der Kategorie CFO Forum Schweiz ging die Trophäe an Tobias Knechtle von Valora (vgl. Porträts auf Seite 11).

Eröffnungsredner Markus Gisler, Präsi-dent CFO Forum Schweiz, lenkte die Auf-merksamkeit des Publikums trotz Jubi-läum gleich auf die Zukunft (vgl Seite 3). Studien zeigten, dass sich Führungskräfte quasi zu 100% einig seien, dass sich die CFO zusätzlich zu den klassischen Aufga-ben immer mehr mit Strategie und Digi-talisierung auseinandersetzen müssen. Zudem sei es essenziell, den Gesamtüber-blick über Unternehmen zu haben. Daher sei immer mehr Wissen über Strategien, Prozesse und Geschäftsmodelle verlangt.

Georges Roos analysierte die Bedeu-tung von Megatrends: übergeordnete Ent-wicklungen, die lange andauern, epochal und global sind sowie ubiquitär. Der Schweizer Zukunftsforscher stellte an sei-nem Vortrag drei Megatrends in den Vor-dergrund, die aus seiner Sicht speziell für Finanzchefs von besonderem Belang sind: Automatisierung, Blockchain sowie Bio-transformation, alles einhergehend mit disruptiven Veränderungen.

Die Blockchain, als Möglichkeit, zwi-schen Vertragspartnern Vertrauen durch Automatisierung herzustellen, habe enor-mes Potenzial, meint Roos. Immer mehr

Name FunktionProf. Dr. Christoph Lengwiler

Dozent Institut für Finanzdienstleistun-gen Zug IFZ, Hochschule Luzern

Albert Angehrn Leiter Large Swiss Corporates,Credit Suisse (Schweiz)

Alex Astolfi Leiter Wirtschaftsprüfung, PwCVictor Balli VR, bis 2018 Präsident VSF Vereinigung

Schweizerischer FinanzchefsStefan Barmettler Chefredaktor, «Handelszeitung»Heini Dändliker Key Account Management,

Zürcher KantonalbankBarbara Heller Vizepräsidentin CFOs, Managing

Partner Swipra ServicesMichael Keller Leiter Multinationals, Corporate Clients,

UBS SwitzerlandLukas Marty Leiter Wirtschaftsprüfung, KPMG SchweizAllesandro Miolo Partner Audit & Assurance, Deloitte Martin Nay Leiter Wirtschaftsprüfung, BDOAndré Schaub Managing Partner Assurance, Ernst &YoungJan Schwalbe Chefredaktor, «Finanz und Wirtschaft»

Die Jury

Teile der globalen Wertschöpfung dürften künftig über die Blockchain abgewickelt werden, ist der Zukunftsforscher über-zeugt. Das Thema sei sehr komplex und entwickle sich sehr schnell. Sein Rat an die Finanzchefs ist eindeutig: reinknien in die Materie, schnell lernen und in kleinen Schritten den Respekt verlieren.

Oskar Schwenk, VR-Präsident der Pila-tus Flugzeugwerke, gab an seinem leb-haften Auftritt unumwunden zu, er habe durchaus Respekt vor dem Thema Block-chain, wenn auch keine Angst. Mit Blick auf das Auf und Ab der Pilatus Flugzeug-werke rät er den Finanzchefs rückblickend vor allem eines: für genügend Liquidität zu sorgen. Fehle es daran, gerate man ge-nau zum falschen Zeitpunkt in den Ein-flussbereich der Banken. Und deren Inte-resse sei dann konträr zu dem des Unter-nehmens: sparen und Projekte verschie-ben statt investieren und Projekte voran-treiben. Er habe damals einfach weiter-gemacht und die Banken so gut es ging ignoriert. Um nicht zu sagen eingenebelt.

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➀ Der Swiss CFO Day fand auch zum 10-Jahr-Jubiläum traditionsgemäss im Theater Casino Zug statt.

➁ Die drei Preisträger (von links nach rechts): Stephan Zehnder, Tobias Knechtle und Adrian Widmer.

➂ Georges T. Roos, Zukunftsforscher und Gründer Roos Trends & Futures und der European Futurists Conference Lucerne.

➃ Oscar J. Schwenk, Verwaltungsrats-präsident Pilatus Flugzeugwerke.

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