ZumTannzapfenteebeimbärtigen88-Jährigen ......18 Zürich Montag,2.Dezember2019 ANZEIGE EvManz...

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18 Zürich Montag, 2. Dezember 2019 ANZEIGE Ev Manz Seine Finger stecken in weissen Handschuhen, er rückt Haar und Bart zurecht, bevor er zu spre- chen beginnt: «Kinder, setzt euch vor meinen Sessel. Ihr müsst keine Angst haben vor dem Sami- chlaus.» Zwei Mädchen und ein Knabe knien auf den Boden. Die Eltern sitzen mit gezückten Smart- phones auf der Eckbank. Der Mann beugt sich vor, die Kinder schauen gebannt hoch. «So. Nun wisst ihr auch, wo der Schmutz- li und ich wohnen.» Wir sind im Waldhüsli im Käferbergwald oberhalb des Bucheggplatzes. Hier empfangen Samichlaus und Schmutzli seit Samstag wieder Besucher, zeigen ihre Stube und ihr Schlafzimmer. Dieses Jahr betreibt die St. Niko- lausgesellschaft der Stadt Zürich das Haus erstmals neun Tage statt wie bisher sechs. In der Regel bilden sich rund um den Chlaustag vor dem Waldhüsli lange Menschenschlangen. Der Schmutzli schleust dann Gruppe für Gruppe im Halbstundentakt in die Hütte. In diesen ersten Tagen ist der Andrang allerdings noch überschaubar. Geschichten austüfteln Im Chlausen-Wohnzimmer knis- tert ein Feuer im kleinen Ofen- herd. Darauf stehen zwei alte Wasserkocher. «Das ist unsere Heizung, auf dem Feuer köchelt immer Tannzapfentee. Wir dür- fen in dieser Zeit ja nicht krank werden», sagt der Samichlaus. Ein Kind nickt. «Gestern habe ich viel von diesem Tee gebraucht.» Und dann erzählt der Sami- chlaus, wie er heute aufgewacht sei, wie er den Schmutzli gesucht und gedacht habe, er sei noch in der Stadt, um inkognito Kinder zu besuchen und sich Notizen zu machen. Die Eltern lassen den Blick durch den Raum schwei- fen. Zum altertümlichen Telefon an der Wand, zum Kalenderblatt neben dem Eingang. «Erst spät ist der Schmutzli erkältet zurück- gekommen.» Später, auf dem Weg zur Zen- trale der St.Nikolausgesellschaft im Albisgüetli mit dem Eseli – einem weissen Ford –, wird der Samichlaus berichten, wie die ersten Novembertage in ihm je- weils das Gefühl für die Rolle des 88-Jährigen wecken, der ohne Frau, aber mit dem Schmutzli im Waldhüsli lebt. «Ich habe auto- matisch Lust, Kindern mit etwas Aufmerksamkeit Freude zu be- reiten.» Dann fallen ihm die Ge- schichten ein, die er den Kindern erzählen möchte. Jene des erkäl- teten Schmutzli sei von ihm, sagt der 78-jährige ehemalige techni- sche Hauswart. Seinen Namen behält er für sich – Samichlaus und Schmutzli seien die beiden Unbekannten in der roten und der braunen Kutte. Vom Beifahrersitz aus winkt er einer Passantin zu. Seit er sich erstmals eine Kutte angezogen habe, sei das so. Wann das war? «Vor langem, keine Ahnung, wann. Das ist mir nicht wichtig. Mir geht es um die Tradition.» Er wolle sich auf die Kinder einlas- sen, ihnen ein Stück weit den Spiegel vorhalten und auch einen Rat mit auf den Weg geben. Aufmerksamkeit mit Musik Der Samichlaus fragt die Kinder: «Wisst ihr, was der Schmutzli die ganze Zeit gemacht hat?» Sie schütteln den Kopf. Ein Mädchen nestelt an seinen Zöpfen herum. Der rot gewandete Mann legt ihre Hand zurück in den Schoss. «So. Nun hört gut zu.» Aufmerksamkeit ist dem Sa- michlaus wichtig. «Da helfe ich diskret nach, denn jede Ablen- kung stört die anderen Zuhörer», sagt er im Auto. Im Hüsli müsse er manchmal Grossmütter er- mahnen – bei Hausbesuchen be- reiten ihm Teenager Mühe. «Ma- chen die zu, wird es schwierig.» Da brauche es Fingerspitzen- gefühl, er sei ja kein Psychologe. Meist merke er schon auf der Türschwelle, wie die Stimmung in der Familie sei – Kinder voller Vorfreude? Eltern, denen die Hektik des Tages ins Gesicht ge- schrieben steht? Ohnehin spüre er in den letzten Jahren mehr Hektik als auch schon. Eingeprägt hat sich ihm ein Besuch bei einer russischen Familie mit zwei Söhnen. Stets habe der Ältere den Jüngeren ge- schlagen, ohne dass die Eltern interveniert hätten. Dazu eine katastrophale Stimmung. Dann habe er erfahren, dass beide Klavier spielten. «Oft führt der Weg über die Musik», sagt der Samichlaus. Er habe noch nie Kinder so schön vierhändig spie- len hören; er mahnte sie, diese Harmonie auch im Alltag zu le- ben. Zum Abschied dankten ihm alle. Er sagt: «Manche Eltern wol- len mit dem Chlaus die ganze Er- ziehung nachholen.» Am dank- barsten aber seien Altersheim- bewohner. Manche wollten seine Hand nach der Feier kaum mehr loslassen. Tradition ist gefragt Die 45 Chläuse und 50 Schmutz- li machen mit 40 Fahrerinnen und Fahrern der St. Nikolaus- gesellschaft dieses Jahr rund 800 Besuche in Stadt und Agglo- meration. Die Chläuse sind längst ausgebucht. Auch bei deren Ein- zug in der Bahnhofstrasse am letzten Novemberwochenende war der Aufmarsch grösser als in den Vorjahren. Karin Diefen- bacher, seit 2018 die erste Präsi- dentin der 1947 gegründeten Gesellschaft, sagt: «Ich habe den Eindruck, dass sich viele Leute wieder auf die Traditionen besin- nen.» Deshalb weitet die Gesell- schaft ihr Angebot laufend aus – mit Hotline, Whatsapp-Chat und neu mit Familienfeiern im Wald- hüsli, wo noch Plätze frei sind. Das Angebot mit Frauen verstär- ken will Karin Diefenbacher je- doch nicht. «Da sind wir traditio- nell. Schon der Schritt der Frau passt nicht ins Bild.» Der Samichlaus löst unterdessen das Rätsel um den erkälteten Schmutzli: Er sei am nahen Teich angeln gegangen, als ihn ein rie- siger Fisch ins Wasser gezogen habe. Schmutzli drohte zu ertrin- ken. Tiere aus dem Wald hätten ihn schliesslich gerettet. «So. Könnt ihr mir nun etwas vortragen?» Ein Kind stimmt Andrew Bonds Lied vom Esel an. Auf die Lehne des Samichlaus- Stuhls sitzen mag es dazu aber nicht. Der Chlaus lobt dennoch – und zum Abschied gibts Nüssli und Früchte. Website der St. Nikolausgesell- schaft: samichlaus-zuerich.ch Zum Tannzapfentee beim bärtigen 88-Jährigen Advent Whatsapp-Chats und eine Hotline – der Samichlaus geht mit der Zeit. Trotzdem bilden sich dieser Tage lange Schlangen vor einer Hütte im Käferbergwald. Denn warum telefonieren, wenn man den Mann mit der roten Kutte zu Hause besuchen kann? «Könnt ihr mir etwas vortragen?», will der Samichlaus im Waldhüsli wissen. Foto: Andrea Zahler Manche Eltern wollen mit dem Chlaus die ganze Erziehung nachholen. A Night at the Theatre Musiktheater, Show Kaum eine andere Rockband war medial so präsent wie Queen. Die grossartige Zürcher A-capella-Formation Bliss zelebriert mit DJ Daniel Rohr und einer Rockband eine histo- rische Radioshow, die die Karriere der Band im zeitlichen Kontext nacherleben lässt. Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr, Theater Rigi- blick, Germaniastrasse 99, Zürich Federn – wärmen, verführen, fliegen Kulturhistorisch Federn sind ein Glanzstück der Natur. Die Ausstellung verneigt sich vor diesem äus- serst komplexen Gebilde aus Keratin und bietet einen Parcours durch dessen verfüh- rerische Schönheit und Formenvielfalt. Di, 3. Dezember, 10.00 Uhr, Gewerbe- museum, Kirchplatz 14, Winterthur Musikalischer Adventskalender Klassik Vom 1. bis zum 23. Dezember finden im Opernhaus täglich um 17.3O Uhr und bei freiem Eintritt kleine Konzerte statt, um die Weihnachtszeit zu verschönern. Mo, 2. Dezember, 17.30 Uhr, Opernhaus, Theaterplatz, Zürich Weihnachtsfahrt im Roten Doppelpfeil «Churchill»G Der Rote Doppelpfeil «Churchill» lädt zur unvergesslichen Weihnachtsfahrt ein. Während einer Rundfahrt im fest- lich geschmückten Extrazug wird ein 4-Gang-Gourmetmenü serviert. sbb.ch/churchillweihnachten. Di, 24. Dezember, ca. 18.15–21.15 Uhr, ab/bis Zürich HB Theater Ausstellung Konzert Mix Cari vicini - Matteo Terzaghi Lesung, Gespräch Matteo Terzaghis Texte sind wunderbar leicht und haben zugleich oft einen doppel- ten Boden – ob er nun über Kindheit oder Krankheit schreibt. Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr, Literaturhaus, Limmatquai 62, Zürich Mund und Amselfloh Lesung Wer sich von der Sprache packen lässt, schwingt sich mit Sascha Garzettis Gedichten zu einer Reise auf. Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr, CoalMine, Turnerstrasse 1, Winterthur Lamb Konzert, Pop, Trip-Hop, Drum'n'Bass Mit ihrer spannungsgeladenen, ekstatischen Mischung aus Folktronica, Drum’n’Bass und Trip Hop formten Lamb auf markante Art und Weise die Musik der 90er-Jahre. Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr, Plaza, Badenerstrasse 109, Zürich August Burns Red Konzert, Rock, Metalcore Härterer Sound, ausgefeiltere Riffs und zwei mitreissende Leadsingles – besser könnte man das neueste Werk von August Burns Red kaum zusammenfassen. Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr, Dynamo, Wasserwerkstrasse 21, Zürich Heiliger Bimbam Mix, Show Martin O. – kein Engel, aber ein ganzer Chor – lässt Heerscharen von Stimmen und Klängen ertönen. Das Publikum erwartet eine musikalisch-literarische Bescherung. Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr, Tonhalle, Tonhallestrasse 29, Wil Lily van der Stokker Ausstellung, Kunst In ihrer Ästhetik und fluoreszierenden Farbigkeit berufen sich die von Blumen- und Wolkenornamenten dominierten Werke auf die Pop-Art. Di, 3. Dezember, 11.00 Uhr, Migros Museum für Gegenwartskunst, Limmatstr. 270, Zürich Kosmopolitics Diskussion W.I.R.E diskutiert mit namhaften Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Forschung über die Chancen und Herausforderungen von künstlicher Intelligenz für die Gesellschaft. Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr, Kosmos, Lagerstrasse 104, Zürich Stephan Balkenhol Ausstellung, Galerie, Skulptur Seit den 1980er Jahren setzt sich Stephan Balkenhol mit dem Motiv der figürlichen Skulptur auseinander und entwickelte dabei eine eigene Formsprache. Di, 3. Dezember, 11.00 Uhr, Mai 36 Galerie, Rämistrasse 37, Zürich Konzert Sergei Nakariakov - Paganini der TrompeteG Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr Klassik, Tonhalle Maag, Zahnradstrasse 22, Zürich Fat Freddy’s Drop Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr, Hip-Hop, Soul, Roots, Electro-Jazz, Dub Halle 622, Therese-Giehse-Strasse 10, Zürich Theater Antigone 5 Mo, 2. Dezember, 19.00 Uhr, Schauspiel, Theater der Künste, Gessnerallee 11, Zürich Sonstiges City Weihnachtsmarkt Mo, 2. Dezember, 10.00 Uhr, Weihnachtsmarkt, Lintheschergasse, Zürich Eisblumen Mo, 2. Dezember, 18.00 Uhr, Lieder, Kinder, Geschichten, Figurenthea- ter Winterthur, Marktgasse 25, Winterthur Event-Highlight buchen: Veranstaltung mit G wurde über eventbooster.ch gebucht. Jetzt Event eintragen und bewerben. 19 Zürich Montag, 2. Dezember 2019 Welches ist das häufigste und überholteste Vorurteil gegenüber zeitgenössischen Tänzerinnen? Dass es kein Beruf ist. Ich höre regelmässig die Frage: Und was arbeitest du sonst? Sie sind im Kanton Jura aufgewachsen. Welches ist der grösste Unterschied zwischen der Westschweiz und Zürich? Die Begrüssung, wenn man je- manden zum ersten Mal trifft. In der Westschweiz gibt man sich ein Küsschen, in Zürich schüttelt man die Hand. Wo treffen Sie Freunde am liebsten in Zürich? Bei mir zu Hause. Zu welcher Uhrzeit ist Zürich am schönsten? Am Sonntagmorgen früh im Winter. Dann ist die Stadt ganz still und fast romantisch. Sie können Ihr ganzes Leben nur noch in einer Zürcher Beiz essen. In welche gehen Sie? In den Suppelade, der neu in der Exer-Bar an der Tellstrasse ist. Immer fein, warm und kreativ. Auf welcher Wiese schauen Sie gerne in den Himmel? Auf der Landiwiese während des Theater Spektakel im August. Welche Ecke Zürichs ist überbewertet? Der Paradeplatz. Bis jetzt habe ich seine schöne und spannende Seite noch nicht entdeckt. Finden Sie den Zürichsee auch doof? Nein, er ist nicht doof, aber er ist einfach kein Meer. Welches Hintergrundbild ist auf Ihrem Smartphone zu sehen? Eine Zeichnung der französischen Künstlerin Marion Fayolle. Funktioniert Zürich auch ohne Geld? Nein! Aber ohne Liebe funktio- niert Zürich auch nicht. Auf welchen Luxus wollen Sie nicht verzichten? Auf Trinkwasser vom Hahnen. Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben? Keine, ich bleibe hoffnungsvoll. Wo hatten Sie in Zürich Ihr schönstes Date und mit wem? In der Frauenklinik Triemli bei der Geburt meines Sohnes, als ich ihn zum ersten Mal sah. Es war wie ein Blind Date. Mit welchem Zürcher – tot oder lebendig – würden Sie gerne eine Nacht verbringen? Mit Huldrych Zwingli. Und ich würde ihm sagen: Hör auf! Welches Buch sollte jede und jeder gelesen haben? «Requisiten für das Paradies» von der Westschweizer Schrift- stellerin Marie-Jeanne Urech, das 2009 im Bilgerverlag erschien. Das Buch ist eine surrealistische Reise – und eine Metapher für die Schweiz. Welches ist Ihr Züri-Soundtrack? «Gangdalang» von Rapper Phe- nomden aus dem Jahr 2008. Mit diesem Lied übe ich auch Züri- tüütsch, da meine Muttersprache ja Französisch ist. Wann haben Sie das letzte Mal geweint? Nach der Premiere meines neuen Stücks «Nous trois» letzte Woche in Lausanne. Nach der langen Vor- bereitung und der Probe konnte ich endlich die angestaute Span- nung freisetzen. Wo findet einen in Zürich das Glück? Überall dort, wo man sich am lebendigsten fühlt. Ist Tanz für Sie die schönste Sprache? Ja, denn die Körpersprache ist mächtig. Aufgezeichnet von Annik Hosmann «Ohne Liebe funktioniert Zürich nicht» Mein Zürich Tänzerin Eugénie Rebetez begrüsst die Menschen in Zürich anders als in ihrem Heimatkanton: mit Händedruck. Aber die schönste Sprache findet sie ohnehin den Tanz. Die Jurassierin Rebetez lebt seit 12 Jahren in Zürich, ist aber schweizweit unterwegs. Foto: Andrea Zahler Eugénie Rebetez Die 35-jährige Tänzerin und Performerin ist im Kanton Jura aufgewachsen und lebt seit 12 Jah- ren in Zürich. Ihre Performances zeigt Rebetez im In- und Ausland. 2013 gewann sie den Schweizer Kleinkunstpreis. Ihr neues Stück «Nous trois» feiert seine Zürcher Premiere am Mittwoch in der Gessnerallee. Rebetez lebt mit ihrem Partner und ihrem Sohn im Kreis 5. (aho) Der perfekte Samstag Mittagessen — Eve’s Pastrami in der Sasu Juice Bar 13.50 Fr. — Dazu ein Smoothie 11.50 Fr. Spa — Hammam Volkshaus 48 Fr. — Zusätzliche Ganzkörpermassa- ge à 50 Minuten 120 Fr. Apéro — Sinalco und Oliven im Buch- salon im Kosmos 10 Fr. — Dazu das Spleur Magazin kaufen und lesen 25 Fr. Performance — «The best and the worst of us» von Simone Aughterlony im Tanzhaus Zürich 15 Fr. — Nach der Vorstellung ein Gin Tonic in der Nude Bar 13 Fr. Abendessen — Tom Kha Gai mit Reis im Lily’s an der Langstrasse 22 Fr. — Dessert (Schoggibombe) bei Samses gleich nebenan 7 Fr. Total: 285 Franken Miklós Gimes Vor ein paar Jahren erzählte mir meine ältere Tochter von einem freisinnigen Jungpoliti- ker, der in ihrer Schule an einer staatskundlichen Veranstaltung aufgetreten sei. Andri Silber- schmidt heisst der junge Mann, später hätten sie ihn im Aus- gang gesehen, und er habe eine Runde ausgegeben. Er kämpfe um die Wahl in den Zürcher Gemeinderat, erzählte sie damals, und habe eine Gastro- kette aufgebaut mit Poké, dem Gericht aus Hawaii mit rohem Fisch, Reis und Gemüse. «Ein Geschäftsmann», sagte sie. Jetzt wurde Andri Silber- schmidt mit 25 Jahren in den Nationalrat gewählt. Wie ich gelesen habe, wohnt er wäh- rend der Session in Bern in einer Wohngemeinschaft mit zwei anderen U-30-National- räten: Franziska Ryser von den Grünen und Mike Egger von der SVP. Sie haben im Marzili- Quartier eine zahlbare Woh- nung bezogen, bevor es heute im Parlament losgeht. So eine WG über alle politi- schen Gräben hinweg wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Klar, ein Nationalrat verbringt bloss ein paar Monate in der Hauptstadt, aber politische Zugehörigkeit ist auch eine Frage des Stils und der Kultur; nach einem nervigen Tag im Bundeshaus möchte man wohl unter Menschen sein, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Wobei – 2011 war ich auf dem Land an einem Podium mit Cédric Wermuth und Erich Hess, damals waren sie die Chefs der Jungparteien von SP und SVP. Sie haben beide ausgeteilt, Hess ist gnadenlos, wenn es um Ausländer und die Berner Reitschule geht, aber nach der Veranstaltung fuhren sie wie gute Kameraden zum Bahnhof und sprachen über ihre Karriere. Hess witzelte, dass es für Wermuth einfacher sei, weil die Sozis keine guten Leute hätten. Er hatte recht: Wermuth wurde 2011 in den Nationalrat gewählt, Hess schaffte es vier Jahre später. Die frisch Gewählten gehen jetzt weiter. Möglich, dass ihre WG auch mit ihrer Generation zu tun hat, vielleicht haben die drei genauso viel gemeinsam wie mit politisch Gleich- gefärbten, die älter sind. Vielleicht aber haben die drei vom Marzili-Quartier schneller die Zeichen der Zeit erkannt. Vor den Herausforderungen von 2019 wirken unsere politi- schen Gräben klein und klein- lich. Konfrontiert mit China, mit dem Treibhauseffekt, mit der Einkommensschere, ist der Wirbel um einen grünen Bun- desrat ein Sturm in der Nuss- schale. Vielleicht spüren die drei Jungen intuitiv den wahren Sturm, der aufzieht. Vielleicht lautet die Botschaft ihrer WG, dass wir zusammenstehen müssen. Sonst bläst er uns weg. Die Politiker-WG von Bern Stadtgeschichte «Die drei jungen Politikerinnen machen es vor: Wir müssen zusammenstehen.» Miklós Gimes ist Autor und Filmemacher. Film Betty (Helen Mirren) lernt Roy (Ian McKellen) über eine Datingplattform für ältere Men- schen kennen. Schön. Nicht so schön ist, dass Roy ein skrupel- loser Betrüger ist, der hinter den Ersparnissen von Betty her ist. Frosch Studio 1 Brunngasse 18, 20.15 Uhr The Good Liar Foto: PB

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    ZürichMontag, 2. Dezember 2019

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    Ev Manz

    Seine Finger stecken in weissenHandschuhen, er rückt Haar undBart zurecht, bevor er zu sprechen beginnt: «Kinder, setzt euchvor meinen Sessel. Ihr müsstkeineAngst habenvordemSamichlaus.»

    ZweiMädchen und ein Knabeknien auf den Boden. Die Elternsitzen mit gezückten Smartphones auf der Eckbank. DerMann beugt sich vor, die Kinderschauen gebannt hoch. «So.Nunwisst ihr auch,wo der Schmutzli und ich wohnen.»

    Wir sind im Waldhüsli imKäferbergwald oberhalb desBucheggplatzes.Hier empfangenSamichlaus und Schmutzli seitSamstagwiederBesucher, zeigenihre Stube und ihr Schlafzimmer.Dieses Jahr betreibt die St. Nikolausgesellschaft der Stadt Zürichdas Haus erstmals neun Tagestatt wie bisher sechs. In derRegel bilden sich rund um denChlaustag vor dem Waldhüslilange Menschenschlangen. DerSchmutzli schleust dann Gruppefür Gruppe im Halbstundentaktin die Hütte. In diesen erstenTagen ist derAndrang allerdingsnoch überschaubar.

    Geschichten austüftelnImChlausenWohnzimmerknistert ein Feuer im kleinen Ofenherd. Darauf stehen zwei alteWasserkocher. «Das ist unsereHeizung, auf dem Feuer köcheltimmer Tannzapfentee.Wir dürfen in dieser Zeit ja nicht krankwerden», sagt der Samichlaus.Ein Kind nickt. «Gestern habe ichviel von diesem Tee gebraucht.»Und dann erzählt der Samichlaus, wie er heute aufgewacht

    sei,wie er den Schmutzli gesuchtund gedacht habe, er sei noch inder Stadt, um inkognito Kinderzu besuchen und sichNotizen zumachen. Die Eltern lassen denBlick durch den Raum schweifen. Zum altertümlichenTelefonan derWand, zumKalenderblattneben dem Eingang. «Erst spätist der Schmutzli erkältet zurückgekommen.»

    Später, auf demWeg zur Zentrale der St.Nikolausgesellschaftim Albisgüetli mit dem Eseli –einem weissen Ford –, wird derSamichlaus berichten, wie dieersten Novembertage in ihm jeweils das Gefühl für die Rolle des88Jährigen wecken, der ohne

    Frau, abermit dem Schmutzli imWaldhüsli lebt. «Ich habe automatisch Lust, Kindernmit etwasAufmerksamkeit Freude zu bereiten.» Dann fallen ihm die Geschichten ein, die er den Kindernerzählenmöchte. Jene des erkälteten Schmutzli sei von ihm, sagtder 78jährige ehemalige technische Hauswart.

    Seinen Namen behält er fürsich – Samichlaus und Schmutzliseien die beidenUnbekannten inder roten und der braunen Kutte.Vom Beifahrersitz aus winkt ereiner Passantin zu. Seit er sicherstmals eine Kutte angezogenhabe, sei das so.Wann das war?«Vor langem, keine Ahnung,

    wann. Das ist mir nicht wichtig.Mir geht es umdieTradition.» Erwolle sich auf die Kinder einlassen, ihnen ein Stück weit denSpiegel vorhalten und auch einenRat mit auf denWeg geben.

    Aufmerksamkeit mit MusikDer Samichlaus fragt die Kinder:«Wisst ihr,was der Schmutzli dieganze Zeit gemacht hat?» Sieschütteln den Kopf. EinMädchennestelt an seinen Zöpfen herum.Der rot gewandeteMann legt ihreHand zurück in den Schoss. «So.Nun hört gut zu.»

    Aufmerksamkeit ist dem Samichlaus wichtig. «Da helfe ichdiskret nach, denn jede Ablen

    kung stört die anderen Zuhörer»,sagt er im Auto. Im Hüsli müsseer manchmal Grossmütter ermahnen – bei Hausbesuchen bereiten ihmTeenagerMühe. «Machen die zu, wird es schwierig.»Da brauche es Fingerspitzengefühl, er sei ja kein Psychologe.Meist merke er schon auf derTürschwelle, wie die Stimmungin der Familie sei – Kinder vollerVorfreude? Eltern, denen dieHektik des Tages ins Gesicht geschrieben steht? Ohnehin spüreer in den letzten Jahren mehrHektik als auch schon.

    Eingeprägt hat sich ihm einBesuch bei einer russischenFamilie mit zwei Söhnen. Stetshabe derÄltere den Jüngeren geschlagen, ohne dass die Elterninterveniert hätten. Dazu einekatastrophale Stimmung.

    Dann habe er erfahren, dassbeide Klavier spielten. «Oft führtder Weg über die Musik», sagtder Samichlaus. Er habe noch nieKinder so schönvierhändig spielen hören; er mahnte sie, dieseHarmonie auch im Alltag zu leben. ZumAbschied dankten ihmalle. Er sagt: «Manche Elternwollenmit demChlaus die ganze Erziehung nachholen.» Am dankbarsten aber seien Altersheimbewohner.Manchewollten seineHand nach der Feier kaummehrloslassen.

    Tradition ist gefragtDie 45 Chläuse und 50 Schmutzli machen mit 40 Fahrerinnenund Fahrern der St. Nikolausgesellschaft dieses Jahr rund800 Besuche in Stadt undAgglomeration.Die Chläuse sind längstausgebucht. Auch bei deren Einzug in der Bahnhofstrasse amletzten Novemberwochenende

    war der Aufmarsch grösser alsin den Vorjahren. Karin Diefenbacher, seit 2018 die erste Präsidentin der 1947 gegründetenGesellschaft, sagt: «Ich habe denEindruck, dass sich viele Leutewieder auf dieTraditionen besinnen.» Deshalb weitet die Gesellschaft ihrAngebot laufend aus –mit Hotline,WhatsappChat undneumit Familienfeiern imWaldhüsli, wo noch Plätze frei sind.DasAngebotmit Frauen verstärken will Karin Diefenbacher jedoch nicht. «Da sindwir traditionell. Schon der Schritt der Fraupasst nicht ins Bild.»

    Der Samichlaus löst unterdessendas Rätsel um den erkältetenSchmutzli: Er sei amnahenTeichangeln gegangen, als ihn ein riesiger Fisch ins Wasser gezogenhabe. Schmutzli drohte zu ertrinken. Tiere aus demWald hättenihn schliesslich gerettet.

    «So. Könnt ihr mir nun etwasvortragen?» Ein Kind stimmtAndrewBonds Lied vomEsel an.Auf die Lehne des SamichlausStuhls sitzen mag es dazu abernicht. Der Chlaus lobt dennoch –und zum Abschied gibts Nüssliund Früchte.

    Website der St. Nikolausgesell-schaft: samichlaus-zuerich.ch

    ZumTannzapfentee beim bärtigen 88-JährigenAdvent Whatsapp-Chats und eine Hotline – der Samichlaus geht mit der Zeit. Trotzdem bilden sich dieser Tage lange Schlangenvor einer Hütte im Käferbergwald. Denn warum telefonieren, wennman denMannmit der roten Kutte zu Hause besuchen kann?

    «Könnt ihr mir etwas vortragen?», will der Samichlaus im Waldhüsli wissen. Foto: Andrea Zahler

    Manche ElternwollenmitdemChlaus dieganze Erziehungnachholen.

    A Night at the TheatreMusiktheater, ShowKaum eine andere Rockbandwarmedial sopräsent wie Queen. Die grossartige ZürcherA-capella-Formation Bliss zelebriert mit DJDaniel Rohr und einer Rockband eine histo-rische Radioshow, die die Karriere der Bandim zeitlichen Kontext nacherleben lässt.

    Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr, Theater Rigi-blick, Germaniastrasse 99, Zürich

    Federn – wärmen,verführen, fliegenKulturhistorischFedern sind ein Glanzstück der Natur. DieAusstellung verneigt sich vor diesem äus-serst komplexen Gebilde aus Keratin undbietet einen Parcours durch dessen verfüh-rerische Schönheit und Formenvielfalt.

    Di, 3. Dezember, 10.00 Uhr, Gewerbe-museum, Kirchplatz 14,Winterthur

    MusikalischerAdventskalenderKlassikVom 1. bis zum 23. Dezember finden imOpernhaus täglich um 17.3O Uhr und beifreiem Eintritt kleine Konzerte statt, umdieWeihnachtszeit zu verschönern.

    Mo, 2. Dezember, 17.30 Uhr,Opernhaus, Theaterplatz, Zürich

    Weihnachtsfahrt im RotenDoppelpfeil «Churchill»GDer Rote Doppelpfeil «Churchill» lädtzur unvergesslichenWeihnachtsfahrtein.Während einer Rundfahrt im fest-lich geschmückten Extrazug wird ein4-Gang-Gourmetmenü serviert.sbb.ch/churchillweihnachten.

    Di, 24. Dezember, ca. 18.15–21.15 Uhr,ab/bis Zürich HB

    Theater AusstellungKonzert Mix

    Cari vicini - Matteo TerzaghiLesung, GesprächMatteo Terzaghis Texte sind wunderbarleicht und haben zugleich oft einen doppel-ten Boden – ob er nun über Kindheit oderKrankheit schreibt.

    Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr,Literaturhaus, Limmatquai 62, Zürich

    Mund und AmselflohLesungWer sich von der Sprache packen lässt,schwingt sich mit Sascha GarzettisGedichten zu einer Reise auf.

    Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr,CoalMine, Turnerstrasse 1,Winterthur

    LambKonzert, Pop, Trip-Hop, Drum'n'BassMit ihrer spannungsgeladenen, ekstatischenMischung aus Folktronica, Drum’n’Bass undTrip Hop formten Lamb aufmarkante ArtundWeise dieMusik der 90er-Jahre.

    Mo, 2. Dezember, 19.30 Uhr,Plaza, Badenerstrasse 109, Zürich

    August Burns RedKonzert, Rock, MetalcoreHärterer Sound, ausgefeiltere Riffs undzwei mitreissende Leadsingles – besserkönnte man das neuesteWerk von AugustBurns Red kaum zusammenfassen.

    Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr,Dynamo,Wasserwerkstrasse 21, Zürich

    Heiliger BimbamMix, ShowMartin O. – kein Engel, aber ein ganzerChor – lässt Heerscharen von Stimmen undKlängen ertönen. Das Publikum erwarteteine musikalisch-literarische Bescherung.

    Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr,Tonhalle, Tonhallestrasse 29,Wil

    Lily van der StokkerAusstellung, KunstIn ihrer Ästhetik und fluoreszierendenFarbigkeit berufen sich die von Blumen-undWolkenornamenten dominiertenWerke auf die Pop-Art.

    Di, 3. Dezember, 11.00Uhr,MigrosMuseumfürGegenwartskunst, Limmatstr. 270, Zürich

    KosmopoliticsDiskussionW.I.R.E diskutiertmit namhaftenVertreternausWirtschaft, Politik und Forschung überdie Chancen undHerausforderungen vonkünstlicher Intelligenz für die Gesellschaft.

    Mo, 2. Dezember, 20.00 Uhr,Kosmos, Lagerstrasse 104, Zürich

    Stephan BalkenholAusstellung, Galerie, SkulpturSeit den 1980er Jahren setzt sich StephanBalkenhol mit demMotiv der figürlichenSkulptur auseinander und entwickeltedabei eine eigene Formsprache.

    Di, 3. Dezember, 11.00 Uhr,Mai 36 Galerie, Rämistrasse 37, Zürich

    Konzert

    Sergei Nakariakov -Paganini der TrompeteGMo, 2. Dezember, 19.30 UhrKlassik, Tonhalle Maag,Zahnradstrasse 22, Zürich

    Fat Freddy’s DropMo, 2. Dezember, 19.30 Uhr,Hip-Hop, Soul, Roots, Electro-Jazz, DubHalle 622, Therese-Giehse-Strasse 10,Zürich

    Theater

    Antigone 5Mo, 2. Dezember, 19.00 Uhr,Schauspiel, Theater der Künste,Gessnerallee 11, Zürich

    Sonstiges

    City WeihnachtsmarktMo, 2. Dezember, 10.00 Uhr,Weihnachtsmarkt, Lintheschergasse,Zürich

    EisblumenMo, 2. Dezember, 18.00 Uhr,Lieder, Kinder, Geschichten, Figurenthea-terWinterthur, Marktgasse 25,Winterthur

    Event-Highlight buchen:Veranstaltung mit G wurde übereventbooster.ch gebucht.Jetzt Event eintragen und bewerben.

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    ZürichMontag, 2. Dezember 2019

    Welches ist das häufigsteund überholteste Vorurteilgegenüber zeitgenössischenTänzerinnen?Dass es kein Beruf ist. Ich höreregelmässig die Frage: Und wasarbeitest du sonst?

    Sie sind imKanton Juraaufgewachsen.Welches ist dergrösste Unterschied zwischenderWestschweiz und Zürich?Die Begrüssung, wenn man je-manden zum erstenMal trifft. Inder Westschweiz gibt man sichein Küsschen, in Zürich schütteltman die Hand.

    Wo treffen Sie Freunde amliebsten in Zürich?Bei mir zu Hause.

    Zuwelcher Uhrzeit istZürich am schönsten?Am Sonntagmorgen früh imWinter. Dann ist die Stadt ganzstill und fast romantisch.

    Sie können Ihr ganzes Lebennur noch in einer Zürcher Beizessen. Inwelche gehen Sie?In den Suppelade, der neu in derExer-Bar an der Tellstrasse ist.Immer fein, warm und kreativ.

    AufwelcherWiese schauenSie gerne in denHimmel?Auf der Landiwiesewährend desTheater Spektakel im August.

    Welche Ecke Zürichs istüberbewertet?Der Paradeplatz. Bis jetzt habeich seine schöne und spannendeSeite noch nicht entdeckt.

    Finden Sie den Zürichseeauch doof?Nein, er ist nicht doof, aber er isteinfach kein Meer.

    Welches Hintergrundbild istauf Ihrem Smartphone zusehen?EineZeichnungderfranzösischenKünstlerin Marion Fayolle.

    Funktioniert Zürich auchohne Geld?Nein! Aber ohne Liebe funktio-niert Zürich auch nicht.

    Aufwelchen Luxuswollen Sienicht verzichten?Auf Trinkwasser vom Hahnen.

    Welche Hoffnung habenSie aufgegeben?Keine, ich bleibe hoffnungsvoll.

    Wohatten Sie in Zürich Ihrschönstes Date undmitwem?In der Frauenklinik Triemli beider Geburt meines Sohnes, alsich ihn zum ersten Mal sah. Eswar wie ein Blind Date.

    Mitwelchem Zürcher – tot oderlebendig –würden Sie gerneeine Nacht verbringen?Mit Huldrych Zwingli. Und ichwürde ihm sagen: Hör auf!

    Welches Buch sollte jede undjeder gelesen haben?«Requisiten für das Paradies»von der Westschweizer Schrift-stellerinMarie-JeanneUrech, das

    2009 im Bilgerverlag erschien.Das Buch ist eine surrealistischeReise – und eine Metapher fürdie Schweiz.

    Welches ist IhrZüri-Soundtrack?«Gangdalang» von Rapper Phe-nomden aus dem Jahr 2008. Mitdiesem Lied übe ich auch Züri-tüütsch, dameineMutterspracheja Französisch ist.

    Wann haben Sie dasletzte Mal geweint?Nach derPremieremeines neuenStücks «Nous trois» letzteWochein Lausanne.Nach der langenVor-bereitung und der Probe konnteich endlich die angestaute Span-nung freisetzen.

    Wo findet einen inZürich das Glück?Überall dort, wo man sich amlebendigsten fühlt.

    Ist Tanz für Sie dieschönste Sprache?Ja, denn die Körpersprache istmächtig.

    Aufgezeichnet vonAnnik Hosmann

    «Ohne Liebe funktioniertZürich nicht»Mein Zürich Tänzerin Eugénie Rebetez begrüsst die Menschen in Zürich anders als in ihremHeimatkanton: mit Händedruck. Aber die schönste Sprache findet sie ohnehin den Tanz.

    Die Jurassierin Rebetez lebt seit 12 Jahren in Zürich, ist aber schweizweit unterwegs. Foto: Andrea Zahler

    Eugénie Rebetez

    Die 35-jährige Tänzerin undPerformerin ist im Kanton Juraaufgewachsen und lebt seit 12 Jah-ren in Zürich. Ihre Performanceszeigt Rebetez im In- und Ausland.2013 gewann sie den SchweizerKleinkunstpreis. Ihr neues Stück«Nous trois» feiert seine ZürcherPremiere amMittwoch in derGessnerallee. Rebetez lebt mitihrem Partner und ihrem Sohnim Kreis 5. (aho)

    Der perfekte Samstag

    Mittagessen—Eve’s Pastrami in der SasuJuice Bar 13.50 Fr.—Dazu ein Smoothie 11.50 Fr.

    Spa—Hammam Volkshaus 48 Fr.— Zusätzliche Ganzkörpermassa-ge à 50 Minuten 120 Fr.

    Apéro—Sinalco und Oliven im Buch-salon im Kosmos 10 Fr.—Dazu das Spleur Magazinkaufen und lesen 25 Fr.

    Performance—«The best and the worst of us»von Simone Aughterlony imTanzhaus Zürich 15 Fr.—Nach der Vorstellung ein GinTonic in der Nude Bar 13 Fr.Abendessen—Tom Kha Gai mit Reis im Lily’san der Langstrasse 22 Fr.—Dessert (Schoggibombe) beiSamses gleich nebenan 7 Fr.

    Total: 285 Franken

    Miklós Gimes

    Vor ein paar Jahren erzähltemir meine ältere Tochter voneinem freisinnigen Jungpoliti-ker, der in ihrer Schule an einerstaatskundlichen Veranstaltungaufgetreten sei. Andri Silber-schmidt heisst der junge Mann,später hätten sie ihn im Aus-gang gesehen, und er habe eineRunde ausgegeben. Er kämpfeum dieWahl in den ZürcherGemeinderat, erzählte siedamals, und habe eine Gastro-kette aufgebaut mit Poké, demGericht aus Hawaii mit rohemFisch, Reis und Gemüse. «EinGeschäftsmann», sagte sie.

    Jetzt wurde Andri Silber-schmidt mit 25 Jahren in denNationalrat gewählt.Wie ichgelesen habe, wohnt er wäh-rend der Session in Bern ineinerWohngemeinschaft mitzwei anderen U-30-National-räten: Franziska Ryser von denGrünen und Mike Egger vonder SVP. Sie haben im Marzili-Quartier eine zahlbareWoh-nung bezogen, bevor es heuteim Parlament losgeht.

    So eineWG über alle politi-schen Gräben hinweg wärenoch vor wenigen Jahrenundenkbar gewesen. Klar, einNationalrat verbringt bloss einpaar Monate in der Hauptstadt,aber politische Zugehörigkeitist auch eine Frage des Stilsund der Kultur; nach einemnervigen Tag im Bundeshausmöchte man wohl unterMenschen sein, die auf dergleichenWellenlänge sind.

    Wobei – 2011 war ich auf demLand an einem Podium mitCédric Wermuth und ErichHess, damals waren sie dieChefs der Jungparteien von SPund SVP. Sie haben beideausgeteilt, Hess ist gnadenlos,wenn es um Ausländer und dieBerner Reitschule geht, abernach der Veranstaltung fuhrensie wie gute Kameraden zumBahnhof und sprachen überihre Karriere. Hess witzelte,dass es fürWermuth einfachersei, weil die Sozis keine gutenLeute hätten. Er hatte recht:Wermuth wurde 2011 in denNationalrat gewählt, Hessschaffte es vier Jahre später.

    Die frisch Gewählten gehenjetzt weiter. Möglich, dass ihreWG auch mit ihrer Generation

    zu tun hat, vielleicht haben diedrei genauso viel gemeinsamwie mit politisch Gleich-gefärbten, die älter sind.

    Vielleicht aber haben die dreivom Marzili-Quartier schnellerdie Zeichen der Zeit erkannt.Vor den Herausforderungenvon 2019 wirken unsere politi-schen Gräben klein und klein-lich. Konfrontiert mit China,mit dem Treibhauseffekt, mitder Einkommensschere, ist derWirbel um einen grünen Bun-desrat ein Sturm in der Nuss-schale. Vielleicht spüren diedrei Jungen intuitiv den wahrenSturm, der aufzieht. Vielleichtlautet die Botschaft ihrerWG,dass wir zusammenstehenmüssen. Sonst bläst er uns weg.

    Die Politiker-WGvon Bern

    Stadtgeschichte

    «Die drei jungenPolitikerinnenmachen es vor:Wirmüssenzusammenstehen.»

    Miklós Gimes ist Autor undFilmemacher.

    Film Betty (Helen Mirren) lerntRoy (Ian McKellen) über eineDatingplattform für ältere Men-schen kennen. Schön. Nicht soschön ist, dass Roy ein skrupel-

    loser Betrüger ist, der hinter denErsparnissen von Betty her ist.

    Frosch Studio 1Brunngasse 18, 20.15 Uhr

    The Good LiarFoto: PB