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84 RAAbits Biologie März 2015 Reihe 4 S 2 Verlauf Material LEK Glossar Mediothek Multiple Sklerose und Morbus Parkinson II/G1 Didaktisch-methodische Orientierung Im Biologieunterricht der Oberstufe kommt der neuronalen Informationsverarbeitung eine große Bedeutung zu. In diesem Beitrag stehen Erkrankungen des Nervensys- tems im Mittelpunkt. Auf diese Weise erfolgt eine Verknüpfung des Themas mit einem motivierenden und lebensnahen Kontext. Die Schüler setzen sich dabei zum einen vertieft mit den Grundlagen der Funktionsweise des Nervensystems auseinander, zum anderen erschließen sie sich für sie neue neurophysiologische Zusammenhänge. Voraussetzung für den Einsatz des Materials im Unterricht ist ein Grundlagenwissen über den Bau und die Funktion von Neuronen, die Entstehung und Bedeutung von Ruhe- und Aktionspotenzialen sowie die Kommunikation zwischen den Nervenzellen über Axone, chemische Synapsen und Neurotransmitter. Ebenso sollten der Bau des Gehirns und die Funktionen der einzelnen Gehirnteile bereits bekannt sein. Exemplarisch stehen die Erkrankungen multiple Sklerose (MS) und Morbus Parkinson im Fokus. Fallbeispiele sensibilisieren die Schüler für das jeweilige Krankheitsbild und motivieren sie so, sich vertieft mit den Symptomen, Verläufen, hypothetischen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten dieser Krankheiten auseinanderzusetzen. Zugleich fördern geeignete Reflexionsaufgaben die Empathie für Betroffene. Kurz- texte vermitteln erste Informationen zu beiden Krankheiten und erfordern zunächst die gezielte Informationsentnahme aus geschriebenen Texten. Weitere Zusammenhänge erschließen sich die Schüler aus verschiedenen anderen fach- spezifischen Informationsträgern selbst. Dabei nutzen sie Schemazeichnungen, Grafiken, histologische Schnitte und Modelle. Die Schüler vollziehen Gedankengänge von Biologen und Medizinern nach. Sie wenden wichtige naturwissenschaftliche Kompetenzen an, indem sie Modelle und die Aussage(n) von Grafiken interpretieren. Des Weiteren reflektieren sie Schemazeichnungen kritisch. Zudem stellen Ihre Lernenden Hypo- thesen auf, ziehen naturwissenschaftliche Schlussfolgerungen und setzen Fachbe- griffe kritisch mit Alltagsvorstellungen in Beziehung. Die vorliegenden Materialien legen viel Wert darauf, den Schülern ein vertieftes neuro- biologisches und physiologisches Verständnis der Zusammenhänge zu vermitteln. So wird vermieden, dass sich bei ihnen ein aus dem Gesamtzusammenhang losgelöstes „Inselwissen“ herausbildet. Der Schwerpunkt der Einheit besteht immer wieder darin, bei den Lernenden den sicheren Umgang mit Abbildungen, Grafiken und Schemata zu trainieren. Dabei wird von ihnen sowohl deren Interpretation als auch deren Anfertigung verlangt. Damit soll die fachspe- zifische Lesekompetenz, die nicht nur im Textverständnis besteht, anspruchsvoll gefördert werden. Methoden wie die Fishbowl-Methode und die Think-Pair-Share-Methode fördern verstärkt die Kommunikationskultur und die Argumentationsfähigkeiten der Schüler. Ergänzend werden ethische Kontroversen über den Umgang mit der Diagnose MS und der Verwendung embryonaler Stammzellen zur Behandlung von Parkinson-Patienten aufge- worfen. So werden die Schüler neben den Kompetenzen „Erkenntnisgewinnung“ und „Kommunikation“ auch in der Bewertungskompetenz und im Diskurs über gesellschafts- und gesundheitsrelevante Themen gefördert. Der überwiegende Teil der Aufgaben ist zudem materialgebunden, d. h., die zur Lösung der Aufgaben notwendigen Informationen sind in den Arbeitsblättern enthalten. Die Schüler können und sollen durch problemlösendes naturwissenschaftliches Denken und indem sie zentrale naturwissenschaftliche Kompetenzen anwenden, die Aufgaben lösen und sich so Zusammenhänge erschließen. Damit kann diese Einheit gut zur Vorbe- reitung auf Abituraufgaben genutzt werden. zur Vollversion

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84 RAAbits Biologie März 2015

Reihe 4 S 2

Verlauf Material LEK Glossar Mediothek

Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

II/G1

Didaktisch-methodische Orientierung

Im Biologieunterricht der Oberstufe kommt der neuronalen Informationsverarbeitung eine große Bedeutung zu. In diesem Beitrag stehen Erkrankungen des Nervensys-tems im Mittelpunkt. Auf diese Weise erfolgt eine Verknüpfung des Themas mit einem motivierenden und lebensnahen Kontext. Die Schüler setzen sich dabei zum einen vertieft mit den Grundlagen der Funktionsweise des Nervensystems auseinander, zum anderen erschließen sie sich für sie neue neurophysiologische Zusammenhänge.

Voraussetzung für den Einsatz des Materials im Unterricht ist ein Grundlagenwissen über den Bau und die Funktion von Neuronen, die Entstehung und Bedeutung von Ruhe- und Aktionspotenzialen sowie die Kommunikation zwischen den Nervenzellen über Axone, chemische Synapsen und Neurotransmitter. Ebenso sollten der Bau des Gehirns und die Funktionen der einzelnen Gehirnteile bereits bekannt sein.

Exemplarisch stehen die Erkrankungen multiple Sklerose (MS) und Morbus Parkinson im Fokus. Fallbeispiele sensibilisieren die Schüler für das jeweilige Krankheitsbild und motivieren sie so, sich vertieft mit den Symptomen, Verläufen, hypothetischen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten dieser Krankheiten auseinanderzusetzen. Zugleich fördern geeignete Reflexionsaufgaben die Empathie für Betroffene. Kurz-texte vermitteln erste Informationen zu beiden Krankheiten und erfordern zunächst die gezielte Informationsentnahme aus geschriebenen Texten.

Weitere Zusammenhänge erschließen sich die Schüler aus verschiedenen anderen fach-spezifischen Informationsträgern selbst. Dabei nutzen sie Schemazeichnungen, Grafiken, histologische Schnitte und Modelle. Die Schüler vollziehen Gedankengänge von Biologen und Medizinern nach. Sie wenden wichtige naturwissenschaftliche Kompetenzen an, indem sie Modelle und die Aussage(n) von Grafiken interpretieren. Des Weiteren reflektieren sie Schemazeichnungen kritisch. Zudem stellen Ihre Lernenden Hypo-thesen auf, ziehen naturwissenschaftliche Schlussfolgerungen und setzen Fachbe-griffe kritisch mit Alltagsvorstellungen in Beziehung.

Die vorliegenden Materialien legen viel Wert darauf, den Schülern ein vertieftes neuro-biologisches und physiologisches Verständnis der Zusammenhänge zu vermitteln. So wird vermieden, dass sich bei ihnen ein aus dem Gesamtzusammenhang losgelöstes „Inselwissen“ herausbildet.

Der Schwerpunkt der Einheit besteht immer wieder darin, bei den Lernenden den sicheren Umgang mit Abbildungen, Grafiken und Schemata zu trainieren. Dabei wird von ihnen sowohl deren Interpretation als auch deren Anfertigung verlangt. Damit soll die fachspe-zifische Lesekompetenz, die nicht nur im Textverständnis besteht, anspruchsvoll gefördert werden.

Methoden wie die Fishbowl-Methode und die Think-Pair-Share-Methode fördern verstärkt die Kommunikationskultur und die Argumentationsfähigkeiten der Schüler. Ergänzend werden ethische Kontroversen über den Umgang mit der Diagnose MS und der Verwendung embryonaler Stammzellen zur Behandlung von Parkinson-Patienten aufge-worfen. So werden die Schüler neben den Kompetenzen „Erkenntnisgewinnung“ und „Kommunikation“ auch in der Bewertungskompetenz und im Diskurs über gesellschafts- und gesundheitsrelevante Themen gefördert.

Der überwiegende Teil der Aufgaben ist zudem materialgebunden, d. h., die zur Lösung der Aufgaben notwendigen Informationen sind in den Arbeitsblättern enthalten. Die Schüler können und sollen durch problemlösendes naturwissenschaftliches Denken und indem sie zentrale naturwissenschaftliche Kompetenzen anwenden, die Aufgaben lösen und sich so Zusammenhänge erschließen. Damit kann diese Einheit gut zur Vorbe-reitung auf Abituraufgaben genutzt werden.

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Reihe 4 S 3

Verlauf Material LEK Glossar Mediothek

Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

Verlauf

Stunde 1

Einführung in die Krankheit multiple Sklerose (Fallbeispiel)

Material Verlauf

M 1 Die Schüler werden in M 1 mit dem ersten Fallbeispiel für eine neuro-degenerative Krankheit konfrontiert: multiple Sklerose (MS). Sie empfinden über eine Online-Simulation Symptome selber nach, formu-lieren verschiedene Hypothesen zur Entstehung von MS und diskutieren den ärztlichen Umgang mit einer unsicheren Diagnose bezüglich dieser Erkrankung.

Stunde 2

Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten von multipler Sklerose

Material Verlauf

M 2 Um die Informationsaneignung aus einem naturwissenschaftlichen Text zu verbessern, lesen Ihre Schüler einen komprimierten Sachtext über wesentliche Aspekte von MS. Sie entscheiden dann, ob verschiedene vorgegebene Aussagen richtig oder falsch sind, und korrigieren falsche Aussagen. Im Anschluss analysieren sie ärztliche Empfehlungen für MS-Patienten.

Stunde 3 + 4

Die Bedeutung intakter Myelinscheiden

Material Verlauf

M 3–M 4 Die Schüler beschreiben im Rahmen von M 3 den Ablauf der Erre-gungsleitung. Zudem bewerten sie ein stark vereinfachtes Schau-bild zu diesem Vorgang und reflektieren den Begriff „saltatorisch“ kritisch.

Ein Kurzfilm zu einem Modellversuch zur kontinuierlichen Erre-gungsleitung sowie der Vergleich mit den Verhältnissen bei der Erre-gungsleitung im Axon runden die Wiederholung der Grundlagen der Erregungsleitung ab. Den Film finden Sie unter der folgenden Internet-adresse (Rubrik „zusätzliche Dokumente“): http://www.der-hedinger.de/produkte/elektrochemie/artikel/MD_100.html.

Gehen Sie daraufhin in M 4 mithilfe einer Abbildung der Frage nach, warum bei multipler Sklerose die Erregungsleitung nicht nur verlang-samt und unterbrochen, sondern vollständig unterbunden wird.

Stunde 5

Einführung in die Krankheit Morbus Parkinson (Fallbeispiel)

Material Verlauf

M 5, M 7

Zeigen Sie als Einstieg die Fotos auf der Folie M 7 zu Symptomen von Morbus Parkinson. Lassen Sie die Lernenden die Symptome beschreiben, welche die Personen auf den Fotos zeigen. Teilen Sie M 5 aus. Dort wird mit Morbus Parkinson ein zweites Fallbeispiel für eine neurodege-

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Reihe 4 Verlauf Material S 2

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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II/G1

M 1 Multiple Sklerose – schmerzhafte Schübe

Bestimmt haben Sie schon von der Krankheit multiple Sklerose (MS) gehört. Doch wie äußert sich diese Krankheit? Erfahren Sie jetzt an einem Fallbeispiel mehr darüber.

Multiple Sklerose (MS) – Fallbeispiel

Eine 23-jährige Studentin sucht einen Augenarzt auf, da sie auf dem rechten Auge nur noch verschwommen sieht. Außerdem treten vorübergehend Doppelbilder auf. Eine Untersuchung des Augenhintergrundes zeigt eine leichte Schwellung an der Austritts-stelle des Sehnervs aus dem Augapfel (Stauungspapille). Die Patientin berichtet weiterhin über Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen.

Der Arzt veranlasst eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns, bei dem sich mehrere frische Läsionen im Bereich der periventrikulären weißen Substanz sowie ein bereits vernarbter Herd im Corpus callosum (Balken) zeigen. Sehstörungen und Stau-ungspapille deuten auf eine Entzündung des rechten optischen Nervs hin. Zusammen mit den vernarbten und frisch entzündlichen Herden im Gehirn wird die Frühdiagnose einer multiplen Sklerose gestellt und mit einer Interferontherapie begonnen.

Schon gewusst?

Corpus callosum (Balken): Verbindung zwischen den beiden Großhirnhälften. Diese Struktur enthält rund 250 Millionen Nerven-fasern.

Kernspinresonanz: Atomkerne absorbieren und emittieren in einem konstanten Magnet-feld elektromagnetische Wechselfelder.

Läsion: Begriff, der in der Medizin für Verlet-zungen und Störungen verwendet wird.

Magnetresonanztomografie (MRT): bild-gebendes Verfahren, mit dem ohne einen Eingriff Gewebestrukturen sichtbar gemacht werden können. Das Verfahren basiert auf dem physikalischen Effekt der Kernspin-resonanz. Daher wird für das Verfahren auch die Bezeichnung „Kernspintomografie“ verwendet. Auch die englische Bezeichnung „Magnetic Resonance Imaging“ (MRI) ist gebräuchlich.

Periventrikulär: Mit diesem Begriff wird die Lage bezeichnet. Er bedeutet so viel wie „um den Ventrikel“ herum. Mit Ventrikel ist einer der vier mit Hirnwasser gefüllten Hohlräume (Hirnventrikel) im Gehirn gemeint.

Weiße Substanz (Substantia alba): Gewebe im Zentralnervensystem mit hohem Anteil an myelinisierten Nervenfasern (Axonen). Die Myelinscheiden sorgen dabei für die weiße Farbe. Im Gehirn liegt die weiße Substanz innen.

Abbildung 1: Gerät zur Durchführung einer Magnetresonanztomografie (MRT)

Abbildung 2: Beispiel für eine MRT-Aufnahme

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Reihe 4 Verlauf Material S 8

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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II/G1

Lösungen (M 2)

Aufgabe 1

Aussage R F Formulieren Sie hier gegebenen-falls die richtige Aussage!

Der Abbau der Myelinschicht führt zu einer Reaktion des Immunsys-tems gegen körpereigene Proteine.

x Die Reaktion des Immunsystems gegen körpereigene Proteine führt zum Abbau der Myelinschicht.

MS ist eine Erkrankung des peri-pheren Nervensystems, da vor allem Sensibilität und Motorik in ihrer Funktion betroffen sind.

x MS ist eine Erkrankung des Zent-ralnervensystems. Die Störungen der Sensibilität und Motorik werden durch zentralnervöse Prozesse aus ge - löst.

Eine intakte Myelinscheide ist die wichtigste Voraussetzung für die schnelle Weiterleitung von Aktions-potenzialen.

x

MS-Patienten sitzen mit 30 Jahren im Rollstuhl.

x Aufgrund des unterschiedlichen Verlaufs und der komplexen Symp-tomatik kann eine generelle Aussage nicht gemacht werden. Grundsätzlich führt die medikamentöse Therapie zur deutlichen Verbesserung der Symptome.

Aufgabe 2

Zu 1.: Es ist ein allgemeines biologisches Prinzip, dass biologische Prozesse bei höheren Temperaturen schneller ablaufen (RGT-Regel). So führt Hitze auch zu einer Beschleunigung von Aktionspotenzialen, da die Ionenkanäle schneller öffnen und schließen. Aktionspo-tenziale sind daher kürzer und haben eine geringere Amplitude. Dadurch fließt weniger Strom in Längsrichtung des Axons, die Wahrscheinlichkeit für einen Leitungsblock steigt.

Zu 2.: Aktive Impfungen können generell schubauslösend wirken.

Die medikamentöse MS-Therapie, die hemmend in das Immunsystem eingreift, stellt außerdem grundsätzlich die Wirksamkeit einer Impfung infrage.

Besonders problematisch sind hierbei Impfungen mit Lebendimpfstoffen (z. B. gegen Masern, Mumps, Röteln und Polio), die bei Immunsuppression auf keinen Fall eingesetzt werden sollten.

Zu 3.: Infektionen wie Grippe, Erkältung oder Magen-Darm-Entzündungen können (müssen aber nicht) MS-Schübe auslösen. Daher ist es für MS-Patienten sinnvoll, sich mehr als andere vor solchen Infektionen zu schützen. Insbesondere sollte der Kontakt mit Personen, die an solchen Infektionen erkrankt sind, gemieden werden.

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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II/G1

M 3 Springt die Erregung tatsächlich?

Mit der Entstehung von Ruhe- und Aktionspotenzial sowie der Erregungsweiterleitung haben Sie sich bereits befasst. Wenden Sie jetzt dieses Wissen im Hinblick auf die Krankheit multiple Sklerose an. Ein zentrales Problem bei dieser Erkrankung ist dabei die Störung der soge-nannten saltatorischen Erregungsleitung. Betrachten Sie diese genauer.

Aufgabe 1

Erläutern Sie die Erregungsleitung stichwortartig. Verwenden Sie dazu die folgenden Begriffe bzw. Beschreibungen:

Axon, Myelinscheide, Isolierung, Ranvier’sche Schnürringe, Kontakt mit extrazellulärer Flüssigkeit, Natriumkanäle, lokale intrazelluläre Depolarisation, Aktionspotenzial(e), Erhö-hung der Erregungsleitungsgeschwindigkeit.

Aufgabe 2

Die Abbildung zeigt eine stark reduzierte und vereinfachte Darstellung der Erregungslei-tung. Fachlich gesehen sind sowohl der Begriff „saltatorisch“ als auch die Darstellung der Erregungsleitung in der Abbildung bedenklich. Diskutieren Sie, was der Begriff „saltato-risch“ und die Abbildung suggerieren und warum dies fachlich in die Irre führen kann. Benennen Sie weitere Mängel der Abbildung.

Saltatorische Erregungsleitung

Die Erregungsleitung in Axonen mit Myelinscheide

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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II/G1

M 5 Wenn die Hände anfangen zu zittern

Der englische Arzt James Parkinson beschrieb eine Krankheit, für die unter anderem zitternde Hände typisch sind. Sie wird als Parkinson-Krankheit, Morbus Parkinson oder Schüttelkrankheit bezeichnet. In Deutschland sind davon über 300.000 Menschen betroffen.

Morbus Parkinson – Fallbeispiel

Eine 58-jährige Frau sucht ihren Hausarzt wegen andauernder Schmerzen in der rechten Schulter auf. Der Arzt stellt eine starke Muskelverspannung im Bereich des Schultergelenks fest. Der angewinkelte rechte Arm der Patientin lässt sich nur gegen einen Widerstand strecken (Rigor). Dieser lässt plötzlich nach und setzt dann wieder ein, was zu einem ruckartigen Bewegungsablauf führt.

Weiterhin klagt die Patientin darüber, dass ihre beiden Hände in Ruhe zittern (Tremor). Das Zittern verschwinde jedoch bei Bewegungen. Dem Arzt fällt auf, dass die Patientin sich nur sehr langsam bewegt (Bradykinese). Ihr Gang ist kleinschrittig und schlurfend. Ihr rechter Arm schwingt beim Gehen deutlich weniger mit.

Weiterhin berichtet die Patientin, dass sich ihre Handschrift in den letzten Monaten verändert habe. Sie habe außerdem seit Kurzem Probleme, bei plötzlichen Lageän-derungen ihr Gleichgewicht zu halten, und daher große Angst hinzufallen.

Der Hausarzt diagnostiziert Morbus Parkinson. Er überweist die Patientin in eine Spezialklinik.

James Parkinson (1755–1824) beschrieb erstmals 1817 die Krankheit Morbus Parkinson

Schon gewusst?

Bradykinese: Fachbegriff, der die verlang-samten Bewegungen beschreibt, die typisch für Morbus Parkinson sind. Das Symptom tritt bei Parkinson bereits recht früh auf. Die Bradykinese kann sich bis zur Bewegungslosigkeit (Akinese) steigern.

Rigor: Muskelsteifheit, die durch die gleichzeitige Aktivität von entgegenge-setzt wirkenden Muskeln (Agonisten und Antagonisten) zustande kommt.

Tremor: nicht willkürlich gesteuertes Muskelzittern; es entsteht durch eine beständige, sich wiederholende Aktivität einander entgegengesetzt wirkender Muskelgruppen.

Aufgabe 1

a) Arbeiten Sie auf der Grundlage des Fallbeispiels die wichtigsten Symptome von Morbus Parkinson heraus.

b) Welche Gemeinsamkeit weisen diese Symptome auf? Stellen Sie aufgrund dieser Gemeinsamkeit Hypothesen darüber auf, welche funktionellen Systeme des Körpers bei Parkinson betroffen sein könnten.

c) Entwickeln Sie Vorschläge, wie Sie Ihre Hypothesen überprüfen könnten.

Aufgabe 2: Ein Leben mit Parkinson stellt die Betroffenen im täglichen Leben vor zahl-reiche Herausforderungen. Insbesondere, wenn ihnen selbst oder ihrem Umfeld (noch) nicht bekannt ist, dass Morbus Parkinson vorliegt, können die Symptome auch zu sozialer Ächtung und Unverständnis führen. Diskutieren Sie, inwiefern die Symptome eventuell mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können, in welchen Alltagssituationen sie besonders unangenehm für die Patienten sind und welche Einschränkungen sie – insbe-sondere in bestimmten Berufen – hinnehmen müssen.

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Reihe 4 Verlauf Material S 19

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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M 6 Symptome, Verlauf und Behandlung von Parkinson

Morbus Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen des Zentral-nervensystems. Die Erkrankung beginnt meist ab dem 50. Lebensjahr. In der Altersgruppe der über 65-Jährigen sind 1–2 % der Gesamtbevölkerung betroffen.

Die weitaus größte Zahl der Patienten (ca. 80 %) leidet am idiopathischen Parkinson-Syndrom, dessen Ursache unbekannt ist. Weiterhin unterscheidet man zwischen dem seltenen, genetisch bedingten familiären Parkinson-Syndrom und den sekundären Parkinson-Syndromen. Die sekundären Parkinson-Syndrome oder symptomatischen Parkinson-Syndrome werden unter anderem durch Medikamente und Hirnverletzungen nach Unfällen ausgelöst. Auch bei Menschen, die häufigen Schlägen auf den Kopf ausge-setzt sind, wie Boxer und American-Football-Spieler, kommen sie vor. Andere neurodege-nerative Erkrankungen verursachen die sogenannten atypischen Parkinson-Syndrome.

Die Krankheit zeigt einen langsam fortschreitenden Verlauf, der aufgrund der Entwick-lung der Symptomatik in unterschiedliche Stadien eingeteilt wird.

Eines der wichtigsten Symptome ist eine eingeschränkte Beweglichkeit (Akinese), die sich in Form von Gangstörungen und bei feinmotorischen Tätigkeiten äußert. Die Sprache wird leise und undeutlich, die Gesichtsmuskulatur lässt kaum noch Mimik zu (Maskengesicht) und häufig kommt es zu Problemen beim Schlucken.

Ein weiteres Leitsymptom, die Erhöhung des Muskeltonus (Rigor), ist an einer vornüberge-beugten Kopf- und Körperhaltung erkennbar. Diese führt aufgrund der dauerhaften Anspannung häufig zu starken Schmerzen.

Ein typisches Symptom für Morbus Parkinson ist zudem der sogenannte Ruhetremor, ein unwillkür-liches Zittern von Händen, Armen und Beinen bei entspannter Muskulatur. Bei vielen Patienten ist der Tremor das erste und augenfälligste Merkmal der Krankheit.

Das vierte Kardinalsymptom, das sich meist erst in späteren Stadien zeigt, äußert sich als Stand- und Ganginstabilität und ist auf eine Störung der für das Gleichgewicht erforderlichen Stellreflexe zurück-zuführen. In der Folge verlieren die Patienten leichter das Gleichgewicht. Sie entwickeln darüber hinaus eine Sturzangst, was sie zudem in ihrer Beweglichkeit beeinträchtigt.

Schon gewusst?

Idiopathisch: ohne bekannte Ursache entstehend

Kardinalsymptom: Hauptsymptom

Muskeltonus: Spannungszu-stand eines Muskels (bzw. einer Muskelgruppe); auch in Ruhe hat jeder Muskel eine Grund-spannung (Ruhetonus).

Rigor: Erhöhung des Muskel-tonus; verantwortlich dafür ist die gleichzeitige Aktivität von Agonisten und Antagonisten.

Syndrom: verschiedene Krank-heitszei chen (Symptome), die gleichzeitig auftreten und für eine Krankheit typisch sind. Anstatt vom Syndrom spricht man auch vom Symptomen-komplex.

Händezittern ist ein typisches Symptom von Morbus Parkinson©

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Reihe 4 Verlauf Material S 25

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Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

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II/G1

Lösungen (M 8)

Aufgabe 1

a)

b)

Cerebraler Cortex

(Großhirnrinde)

Nucleus caudatus

Pons (Brücke)

Nucleus caudatus

Capsula interna

Nucleus putamen

Substantia nigra

Globus pallidus /

Pallidum

Thalamus Thalamus Pons (Brücke)

Globus pallidus /

Pallidum

Nucleus putamen

Capsula interna

Nucleus caudatus

Cerebraler Cortex

(Großhirnrinde)

Nucleus caudatus

Substantia nigra

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Reihe 4 Verlauf Material LEK

Multiple Sklerose und Morbus Parkinson

Glossar S 1

Mediothek

Akinese Bewegungslosigkeit. Hinweis: Manchmal wird der Begriff, etwas unpräzise, auch für eine eingeschränkte Beweglichkeit verwendet.

Aktionspotenzial (AP) Unter einem Aktionspotenzial versteht man eine schnelle und kurzfristige Änderung des Membranpotenzials am Axon ausgehend vom Ruhepotenzial. Dabei findet eine Umkehr des Membranpotenzials von negativen zu positiven Werten statt. Ein für ein Aktionspotenzial typischer Wert liegt bei +30 mV. Der Änderung geht eine Reizung des Neurons und eine Depo-larisation voraus.

Axon (Neurit, Nervenfaser)

Langer Fortsatz eines Neurons (Nervenzelle); dient der Weiter-leitung von Nervenimpulsen.

Axonhügel Als „Axonhügel“ bezeichnet man den Bereich, an dem das Axon am Zellkörper entspringt. Dort entstehen auch die Akti-onspotenziale.

Basalganglien Kerngruppe im Großhirn (Cortex), die unter der Großhirnrinde in der weißen Substanz liegt. Die Basalganglien bestehen vor allem aus grauer Substanz, d. h. Zellkörpern. Sie kommen in beiden Gehirnhälften vor. Sie sind insbesondere für die willkür-liche Steuerung von Bewegungsabläufen wichtig. Daneben sind sie jedoch noch für weitere wichtige Funktionen bedeutsam wie Willenskraft, Antrieb, Spontaneität. Zu den Basalganglien gehören:

1. Nucleus caudatus

2. Nucleus putamen (kurz: Putamen) (Diese beiden Kerngebiete werden zum Striatum zusammen-gefasst.)

3. Globus pallidum (kurz: Pallidum)

Blut-Hirn-Schranke Barriere zwischen Gehirnkapillaren und extrazellulärer Hirn-flüssigkeit. Die Blut-Hirn-Schranke verhindert den Eintritt bestimmter Substanzen vom Blut ins Gehirn.

Bradykinese Fachbegriff, der die verlangsamten Bewegungen beschreibt, die typisch für Morbus Parkinson sind. Dieses Symptom tritt bei Parkinson recht früh auf. Die Bradykinese kann sich bis zur Bewegungslosigkeit (Akinese) steigern.

Cortex Großhirnrinde

Corpus callosum (Balken)

Verbindung zwischen den beiden Großhirnhälften. Diese Struktur enthält rund 250 Millionen Nervenfasern.

Depolarisierung Bei Nervenzellen herrscht im Zellinneren ein Überschuss an negativen Ionen. Im Ruhezustand besteht daher bei diesen Zellen ein Membranpotenzial von etwa –70 mV. Dabei ist die Zellmembran innen negativ geladen und außen positiv. Bei einer Depolarisation findet nun eine Veränderung in Richtung zu weniger negativen Werten statt. So ändert sich das Memb-ranpotenzial beispielsweise von etwa –70 mV auf etwa –40 mV. Eine Depolarisation findet bei der Erregungsweiterleitung in Nervenzellen statt. Sie ist die Grundlage für die Ausbildung eines Aktionspotenzials.

Disinhibitorisch Aufeinanderfolge von zwei inhibitorischen (hemmenden) Synapsen

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