Zur wirtschaftlichen Situation der großen Wasserkraft in Bayern · 2016. 9. 23. · hydropower in...

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VGB PowerTech - All rights reserved - Alle Rechte vorbehalten - © 2015 28 Wirtschaftliche Situation der Wasserkraft VGB PowerTech 9 l 2016 Autoren Abstract The economic situation of large hydropower in Bavaria: Increasing burdens but dwindling revenues The current price development in the German electricity market results in significant econom- ic challenges not only for thermal power plants but also for larger hydropower assets. Although an ideal partner for the transformation of the German energy system (“Energiewende”), the decline of electricity prices increasingly endan- gers adequate operations and sustainable in- vestments, too. Hence, not only the renewable, emission-free, flexible and decentralized generation is ques- tioned but also multiple additional services for the society which are not remunerated by an “energy only” market. Price determination mechanisms as well as remuneration system in general need to be reviewed – an improvement of these structures is essential for larger hydro- power assets. l Zur wirtschaftlichen Situation der großen Wasserkraft in Bayern Steigende Lasten – schwindende Erlöse Klaus Engels, Carsten Gollum, Karl Heinz Gruber, Frank Pöhler und Albrecht Schleich Dr. Klaus Engels Leiter Wasserkraft Deutschland Carsten Gollum Leiter Pumpspeicherkraftwerke Uniper Kraftwerke GmbH, Sparte Wasserkraft Landshut, Deutschland Dr. Karl Heinz Gruber Geschäftsführer VERBUND Wasserkraft Wien/Simbach/Töging, Österreich Prof. Dr. Frank Pöhler Geschäftsführer Bayerische Elektrizitätswerke GmbH Augsburg, Deutschland Dr. Albrecht Schleich Vorstand Rhein-Main-Donau AG München, Deutschland Eigentlich hätte die Energiewende eine Renaissance der Wasserkraft bringen kön- nen – erneuerbar, dezentral, flexibel und grundlastfähig. Die Realität stellt sich heu- te aber anders dar: Die Wasserkraft führt ein Schattendasein in der energiepoliti- schen Diskussion, wie u.a. die jüngste Dis- kussion um die Neufassung des Erneuer- baren-Energien-Gesetz (EEG) gezeigt hat. Insbesondere die große Wasserkraft (hier größer 5 MW) leidet – wie die gesamte über die Strombörse gehandelte Stromer- zeugung – unter den drastisch gefallenen Großhandelspreisen, zunehmenden ökolo- gisch begründeten Auflagen, insbesondere zur Umsetzung der europäischen Wasser- rahmenrichtlinie, die im Ergebnis die Kos- ten erhöhen und die Erzeugung schmälern. Dabei hat die große Wasserkraft viele Vor- teile für die Energiewende zu bieten. Ne- ben der CO 2 -Freiheit weist sie eine sichere, prognostizierbare, grundlastfähige und trotzdem flexible Erzeugung auf und lie- fert zudem vielfältigen Sondernutzen vom Hochwasserschutz bis zur Landschaftspfle- ge, der aber in die Preisbildung nicht ein- geht. Im aktuellen Marktregime sind die Grenzen der Wirtschaftlichkeit der Was- serkraft in Deutschland erreicht, und eine Neubewertung der großen Wasserkraft mit einer entsprechenden Nachjustierung des „Marktes“ ist deshalb nicht nur im Sinne der Energiewende dringend angezeigt. Wasserkraft ist eine wichtige Säule der Stromversorgung Oskar von Miller (1855–1934), bayerischer Wasserkraft-Pionier und Erbauer des Wal- chenseekraftwerks, wird gerne mit der Wasserkraft als „Weißer Kohle“ zitiert und auch die Bayerische Staatsregierung be- tonte schon 1949 den „Ewigkeitswert“ der Wasserkraft. 1 Damit sind die beiden Hauptargumente pro Wasserkraft, nämlich die umweltver- trägliche Stromproduktion und die Nach- haltigkeit der Investitionen benannt. Von der Topographie begünstigt sind vor allem die südlichen Bundesländer mit nennens- werter Wasserkraftproduktion in Deutsch- land vertreten. Allein in Bayern gibt es rund 4.200 Wasserkraftwerke, die rund 12 Mrd. kWh Wasserkraftstrom pro Jahr liefern und damit rund 13 % des bayeri- schen Strombedarfs decken. Rein rechne- risch würde allein die bayerische Wasser- kraft eine Strommenge für rund 3,6 Mio. Durchschnittshaushalte im Jahr liefern und die Atmosphäre bezogen auf den ak- tuellen bundesdeutschen Energiemix da- mit um 8,7 Mio. t CO 2 pro Jahr entlasten. Laufwasserkraftwerke sind zudem mit rd. 6.000 Volllaststunden grundlastfähig und prognostizierbar, während Windkraft- anlagen onshore nur mit 1.600 bzw. off- shore mit 4.000 Volllaststunden aufwar- ten und ihre Einspeisung nur schlecht vorhersagbar ist. Photovoltaikanlagen (PV) in Deutschland kommen gerade ein- mal auf 1.000 Volllaststunden. Selbst vor dem strengen Kriterium „Erntefaktor“ kann die Wasserkraft gut bestehen. Es beschreibt das Verhältnis der produzier- ten Energie im Verhältnis zur aufgewen- deten. Die Wasserkraft kommt auf einen hervorragenden Erntefaktor von 50. Zum Vergleich: eine Photovoltaikanlage mit Polysiliziumzellen und einer Dachinstal- lation in Süddeutschland weist nur einen Erntefaktor von 4 auf. Wasserkraft nützt auch der Volkswirt- schaft. Die große Wasserkraft erhält kei- nerlei Unterstützung über das EEG, belas- tet somit nicht die Volkswirtschaft bzw. den Endverbraucher. Selbst die kleine Wasser- kraft (kleiner 5 MW) geht mit einem durch- schnittlichen EEG-Vergütungssatz von rd. 9 €ct/kWh (z. vgl.: PV liegt im Durchschnitt bei rd. 30 €ct/kWh) nur mit geringen Belas- tungen für die Volkswirtschaft einher. Eine Studie großer Wasserkraftbetrei- ber Europas hat darüber hinaus weitere Dimensionen des volkswirtschaftlichen Nutzens der Wasserkraft bzw. von Investi- tionen in die Wasserkraft erfasst und quan- tifiziert (B i l d 1 ). Dies erklärt auch, warum Meinungsum- fragen regelmäßig hohe Zustimmungen in der Bevölkerung von 80 bis 90 % zur Was- serkraft liefern [Forsa Studie 2009, IGBCE 2013]. 1 „... Es wäre, gesamtwirtschaftlich betrachtet, falsch, ihren Ausbau deshalb zurückzustel- len, weil er aufwendiger ist, als die Erstellung vergleichbarer Einheiten von Dampfkraftwer- ken. Auf lange Sicht ist die Stromerzeugung aus Wasserkraft unbestritten billiger als die aus Kohlekraft.“ Oberste Baubehörde im Bay- erischen Staatsministerium des Innern, Mün- chen, im Oktober 1949

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Wirtschaftliche Situation der Wasserkraft VGB PowerTech 9 l 2016

Autoren

Abstract

The economic situation of large hydropower in Bavaria: Increasing burdens but dwindling revenues

The current price development in the German electricity market results in significant econom-ic challenges not only for thermal power plants but also for larger hydropower assets. Although an ideal partner for the transformation of the German energy system (“Energiewende”), the decline of electricity prices increasingly endan-gers adequate operations and sustainable in-vestments, too. Hence, not only the renewable, emission-free, flexible and decentralized generation is ques-tioned but also multiple additional services for the society which are not remunerated by an “energy only” market. Price determination mechanisms as well as remuneration system in general need to be reviewed – an improvement of these structures is essential for larger hydro-power assets. l

Zur wirtschaftlichen Situation der großen Wasserkraft in BayernSteigende Lasten – schwindende ErlöseKlaus Engels, Carsten Gollum, Karl Heinz Gruber, Frank Pöhler und Albrecht Schleich

Dr. Klaus EngelsLeiter Wasserkraft DeutschlandCarsten GollumLeiter PumpspeicherkraftwerkeUniper Kraftwerke GmbH, Sparte WasserkraftLandshut, DeutschlandDr. Karl Heinz GruberGeschäftsführerVERBUND WasserkraftWien/Simbach/Töging, ÖsterreichProf. Dr. Frank PöhlerGeschäftsführerBayerische Elektrizitätswerke GmbHAugsburg, DeutschlandDr. Albrecht SchleichVorstandRhein-Main-Donau AGMünchen, Deutschland

Eigentlich hätte die Energiewende eine Renaissance der Wasserkraft bringen kön-nen – erneuerbar, dezentral, flexibel und grundlastfähig. Die Realität stellt sich heu-te aber anders dar: Die Wasserkraft führt ein Schattendasein in der energiepoliti-schen Diskussion, wie u.a. die jüngste Dis-kussion um die Neufassung des Erneuer-baren-Energien-Gesetz (EEG) gezeigt hat. Insbesondere die große Wasserkraft (hier größer 5 MW) leidet – wie die gesamte über die Strombörse gehandelte Stromer-zeugung – unter den drastisch gefallenen Großhandelspreisen, zunehmenden ökolo-gisch begründeten Auflagen, insbesondere zur Umsetzung der europäischen Wasser-rahmenrichtlinie, die im Ergebnis die Kos-ten erhöhen und die Erzeugung schmälern. Dabei hat die große Wasserkraft viele Vor-teile für die Energiewende zu bieten. Ne-ben der CO2-Freiheit weist sie eine sichere, prognostizierbare, grundlastfähige und trotzdem flexible Erzeugung auf und lie-fert zudem vielfältigen Sondernutzen vom Hochwasserschutz bis zur Landschaftspfle-ge, der aber in die Preisbildung nicht ein-geht. Im aktuellen Marktregime sind die Grenzen der Wirtschaftlichkeit der Was-serkraft in Deutschland erreicht, und eine Neubewertung der großen Wasserkraft mit einer entsprechenden Nachjustierung des „Marktes“ ist deshalb nicht nur im Sinne der Energiewende dringend angezeigt.

Wasserkraft ist eine wichtige Säule der Stromversorgung

Oskar von Miller (1855–1934), bayerischer Wasserkraft-Pionier und Erbauer des Wal-chenseekraftwerks, wird gerne mit der Wasserkraft als „Weißer Kohle“ zitiert und auch die Bayerische Staatsregierung be-tonte schon 1949 den „Ewigkeitswert“ der Wasserkraft.1

Damit sind die beiden Hauptargumente pro Wasserkraft, nämlich die umweltver-trägliche Stromproduktion und die Nach-

haltigkeit der Investitionen benannt. Von der Topographie begünstigt sind vor allem die südlichen Bundesländer mit nennens-werter Wasserkraftproduktion in Deutsch-land vertreten. Allein in Bayern gibt es rund 4.200 Wasserkraftwerke, die rund 12 Mrd. kWh Wasserkraftstrom pro Jahr liefern und damit rund 13 % des bayeri-schen Strombedarfs decken. Rein rechne-risch würde allein die bayerische Wasser-kraft eine Strommenge für rund 3,6 Mio. Durchschnittshaushalte im Jahr liefern und die Atmosphäre bezogen auf den ak-tuellen bundesdeutschen Energiemix da-mit um 8,7 Mio. t CO2 pro Jahr entlasten. Laufwasserkraftwerke sind zudem mit rd. 6.000 Volllaststunden grundlastfähig und prognostizierbar, während Windkraft-anlagen onshore nur mit 1.600 bzw. off-shore mit 4.000 Volllaststunden aufwar-ten und ihre Einspeisung nur schlecht vorhersagbar ist. Photovoltaikanlagen (PV) in Deutschland kommen gerade ein-mal auf 1.000 Volllaststunden. Selbst vor dem strengen Kriterium „Erntefaktor“ kann die Wasserkraft gut bestehen. Es beschreibt das Verhältnis der produzier-ten Energie im Verhältnis zur aufgewen-deten. Die Wasserkraft kommt auf einen hervorragenden Erntefaktor von 50. Zum Vergleich: eine Photovoltaikanlage mit Polysiliziumzellen und einer Dachinstal-lation in Süddeutschland weist nur einen Erntefaktor von 4 auf.Wasserkraft nützt auch der Volkswirt-schaft. Die große Wasserkraft erhält kei-nerlei Unterstützung über das EEG, belas-tet somit nicht die Volkswirtschaft bzw. den Endverbraucher. Selbst die kleine Wasser-kraft (kleiner 5 MW) geht mit einem durch-schnittlichen EEG-Vergütungssatz von rd. 9 €ct/kWh (z. vgl.: PV liegt im Durchschnitt bei rd. 30 €ct/kWh) nur mit geringen Belas-tungen für die Volkswirtschaft einher. Eine Studie großer Wasserkraftbetrei-ber Europas hat darüber hinaus weitere Dimensionen des volkswirtschaftlichen Nutzens der Wasserkraft bzw. von Investi-tionen in die Wasserkraft erfasst und quan-tifiziert (B i l d 1 ). Dies erklärt auch, warum Meinungsum-fragen regelmäßig hohe Zustimmungen in der Bevölkerung von 80 bis 90 % zur Was-serkraft liefern [Forsa Studie 2009, IGBCE 2013].

1 „... Es wäre, gesamtwirtschaftlich betrachtet, falsch, ihren Ausbau deshalb zurückzustel-len, weil er aufwendiger ist, als die Erstellung vergleichbarer Einheiten von Dampfkraftwer-ken. Auf lange Sicht ist die Stromerzeugung aus Wasserkraft unbestritten billiger als die aus Kohlekraft.“ Oberste Baubehörde im Bay-erischen Staatsministerium des Innern, Mün-chen, im Oktober 1949

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Zustandsbewertungin der Energie- undAnlagentechnikFachtagung15. – 16. November 2016, München

Schwerpunktthemen: Übergeordnete Aspekte der Zustandsbewertung Datenanalyse und Big Data Praxisbeispiele und Betriebserfahrungen Versicherungstechnische Aspekte und Trends bei

Gesetzen, Normen und Richtlinien Condition Monitoring Zustandsbewertung in der E-Technik Lebensdauerbetrachtungen

Anmeldung unter: [email protected]/tagung-zustandsbewertung

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Einem begrenzten Natureingriff stehen lange Nutzungsdauern, ein hoher Wir-kungsgrad, geringer Flächenverbrauch, Emissionsfreiheit, Prognostizierbarkeit, Steuer- und Speicherfähigkeit als positive Fakten gegenüber. Als einzige regenera-tive Stromerzeugungsart ist nur die Was-serkraft steuerbar, verlässlich, gleichzeitig flexibel und – vor allem durch Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke – auch noch speicherbar bzw. zwischenspeicherbar. Die naturgemäß schwankende Einspeisung von Sonne und Wind wird erst durch den Aus-gleich, den nur die regelbaren „klassischen“ Kraftwerke bereitstellen können, oder aber durch die Speicherung überhaupt erst für die Stromversorgung nutzbar. Hier spielen insbesondere die hochflexiblen Pumpspei-cherkraftwerke, die Hochdruckspeicher-kraftwerke oder auch schwellbetriebsfähi-ge Laufwasserkraftwerke eine entscheiden-de Rolle für die Integration der volatilen Erneuerbaren in die Versorgungssysteme sowie für die Netzstabilität.

Die Wasserkraft kämpft aber auch mit vie-len z.T. neuen Herausforderungen. Der gesellschaftliche Rückhalt schwindet oft dann in der Region, wenn konkrete Pro-jekte angedacht sind. Ausbaupotentiale sind vorhanden, können aber trotz neuer Turbinentechnologien und Nutzungskon-zepten aufgrund mangelnder gesellschaft-licher oder politischer Unterstützung nicht mehr realisiert werden. Gleichzeitig gerät die Wasserkraft unter Druck, weil immer strengere Auflagen, etwa beim Schwellbe-trieb oder den Restwassermengen, dafür sorgen, dass weniger Wasser für die Strom-erzeugung zur Verfügung steht. Zusätzlich sind Investitionen in Millionenhöhe zur Erfüllung der Maßgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu stemmen. Im Wesentlichen sind dies aktuell der Bau von Fischwanderhilfen und Gewässerstruk-turmaßnahmen. Einzelne bayerische Be-

treiber sehen sich hier über die Jahre mit einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Mio. € konfrontiert, das zwar zum Teil schon umgesetzt ist, das aber die Finanz-planungen noch mindestens bis Mitte des nächsten Jahrzehnts prägen wird.Diese Entwicklungen – eingeschränkte Erzeugung und höhere Kosten – sind nun auch noch vor dem Hintergrund einer im-mer schlechter werdenden Erlössituation zu sehen, die einen wirtschaftlichen Be-trieb bzw. eine ausreichende Investition in den Erhalt der Anlagen zunehmend frag-lich erscheinen lässt.

Beiträge der Wasserkraft zum Versorgungssystem

In einem marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftssystem wie dem der Bundes-republik Deutschland ist jede unterneh-merische Tätigkeit grundsätzlich darauf ausgerichtet, dass Leistungen nachgefragt und gewinnbringend, zumindest aber kostendeckend, entlohnt werden. Dieses Prinzip gilt nach der Privatisierung der Energiewirtschaft auch für die Betreiber von Wasserkraftanlagen. Dazu ist bei der großen Wasserkraft – wie eingangs dar-gestellt – zu berücksichtigen, dass keiner-lei finanzielle Förderung durch das EEG erfolgt, obwohl Wasserkraft zweifelsohne eine erneuerbare Energie ist. Der Strom, der durch diese Anlagen produziert wird, muss an der für Deutschland relevanten Leipziger Strombörse (EEX) verkauft wer-den. Für die Kraftwerksbetreiber ist dabei entscheidend, dass es sich bei der EEX um einen reinen „Energy only“-Markt handelt. Es werden also nur Energielieferungen – also Kilowattstunden – vergütet, nicht aber die Bereitstellung von weiteren Leistun-gen, Beiträgen oder „Produkten“, die die Wasserkraft als untrennbaren Bestandteil ihres Geschäftes auch liefert.

Wasserkraftwerke sorgen für eine Vielzahl von Beiträgen für das Versorgungssystem und dessen Stabilität und Sicherheit. Für einige dieser „Produkte“, wie z.  B. ver-schiedene Regelleistungsprodukte für Systemdienstleistungen zur Frequenzhal-tung, existieren Märkte. Andere „Produk-te“ werden teilweise bzw. unzureichend über bilaterale Verträge mit den Netzbe-treibern vergütet. Im Zuge der Neuaus-richtung des Stromversorgungssystems ist eine Neubewertung dieser Systembeiträge notwendig. Dabei muss sich der volks- und energiewirtschaftliche Mehrwert von „Pro-dukten“ zur Systemsicherheit und -stabili-sierung in der Preisbildung bzw. Vergütung der „Lieferanten“ – hier insbesondere der Wasserkraftwerke – widerspiegeln. Nur so kann eine aufwandsgerechte Vergütung erfolgen; diese Vergütungselemente eines neuen Marktdesigns sichern aber auch die Wirtschaftlichkeit und letztendlich das Überleben der großen Wasserkraft ab.

Die Ta b e l l e 1 gibt einen Überblick über „Produkte“ und deren aktuellen Vergü-tungsmechanismus.

Weitere Beiträge der Wasserkraft

Darüber hinaus erbringen Wasserkraft-werke aber auch eine Vielzahl an weite-ren Leistungen für die Gesellschaft, die teils Bestandteil der wasserrechtlichen Bescheide bzw. gesetzliche Auflagen sind und die sich zum Teil über viele Jahrzehn-te hinweg zu scheinbar „selbstverständ-lichen“ Zusatzaufgaben der Wasserkraft entwickelt haben. Grundsätzlich stehen die Betreiber der großen Wasserkraft zu diesen Verpflichtungen, in der Diskussion muss nur klar sein, dass diese Leistungen nur dann nachhaltig erbracht werden können, wenn das Betreiben von großen Wasserkraftanlagen insgesamt wirtschaft-lich ist und bleibt.

Zunächst ist dabei der Hochwasserschutz zu betrachten, der im allgemeinen öffentli-chen Interesse liegt. Flüsse wie Isar, Lech, und Inn – und in deren Gefolge auch die europäische Wasserstraße Donau – sind Flüsse, die in hohem Maße den starken Schwankungen alpiner Wasserabflüsse ausgesetzt sind. Führt ein Fluss in „norma-len“ Zeiten einen Wasserabfluss von etwa rd. 100 Kubikmeter in der Sekunde (m3/s), so kann dieser Wert während der Schnee-schmelze auf mehr als 2.000 m3/s an-schwellen. Durch den Bau von Deichen und Dämmen entlang der Flüsse wurde Ende des 19. Jahrhunderts dafür gesorgt, dass sich Städte und Gemeinden entlang des Flusses ohne die Sorge vor Überschwem-mungen entwickeln und dass Bauland an die Flüsse heranrücken und Agrarflächen auch hier kultiviert werden konnten.

Eine vorbeugende Bewirtschaftung von Hochwasserspeichern, etwa durch den vor über 60 Jahren angelegten Forggensee, sorgt im Vorfeld starker Wasserzuflüsse,

Der Beitrag der Wasserkraft zu einem nachhaltigen und florierendem Europa

Signifikanter Beitrag der Wasserkraft zum europäischenWohlstand, zur Strom-Versorgungssicherheit und zueinem CO2-effizientes Energiesystem

Ausbaupotenzial undwirtschaftliche Effekte:

380 TWh Stromerzeugung in der EU-28 und 600 TWh in Europa.Das entspricht 13 % (Europa: 18 %) der gesamten Stromerzeugung.

Mehr als 150 GW an gesicherter Leistung, die mehr als 25 % der aktuellenmaximalen Spitzenlast bereitstellen kann.

220 TWh an Speicherkapazität in Europa.

Europäische Wasserkraftausrüster sind weltweit führend und deckenrund 2/3 des Weltmarktes ab. 5 % des jährlichen Umsatzes werden inForschung und Entwicklung investiert.

Bis zu 24 Milliarden € Ersparnisse aufgrund der durch Wasserkraftvermiedenen Importe fossiler Energieträger in die EU-28.

Mehr als 180 Mt. vermiedene CO2·Emissionen pro Jahr.

Beitrag von 25 Milliarden € zum BIP der EU-28 und 38 Milliarden € zumBIP Europas pro Jahr.

80.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der EU-28 (120.000 in Europa).Wertschöpfung pro Arbeitskraft acht Mal höher als der europäischeDurchschnitt im produzierenden Sektor.

Erhebliches Potenzial für einen Ausbauder Wasserkraft in Europa vorhanden:+ 7 % in EU-28 (+ 20 % in Europa)bis 2030+ 19 % in EU-28 (+ 31 % in Europa)bis 2050

lnvestitionen von bis zu 180 Milliarden €in die Wasserkraft sind bis 2030 möglich– bei entsprechenden regulatorischenRahmenbedingungen und Marktlage – wenn das + 20 % Ausbaupotenzialrealisiert wird.

10 % mehr Wasserkraft in Europabedeuten:+ 60 TWh erneuerbare Energie+ 27.000 bis 36.000 Arbeitsplätze+ 9-11 Mrd. € an Wertschöpfung p.a.

Bild 1. Zusammenfassung der Studienergebnisse, Makroökonomische Studie zur Wasserkraft – Eine Initiative europäischer Unternehmen und Verbände des Wasserkraftsektors (Kontakt: VERBUND).

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z.B. der alljährlichen Schneeschmelze, für die „Pufferung“ der Zuflüsse. Im weiteren Jahresverlauf kann die gespeicherte Was-sermenge dann dosiert abgegeben werden und trägt damit zu einer Verstetigung der Wasserführung bei.

Außerdem werden hunderte Kilometer von Dämmen und Deichen sowie weitere Hochwasserschutzeinrichtungen durch die Kraftwerksbetreiber regelmäßig auf ihre Sicherheit überprüft und deren Erhalt gesichert. Die regelmäßige Begehung von Dämmen und Dammhinterwegen, gerade auch zum Zwecke der Anlagensicherheit, kostet dabei pro Fluss mehrere Hundert-tausend Euro pro Jahr. Alleine im Bereich der Kraftwerke an der Donau wurde in den Jahren 2014/15 ein Betrag von rd. einer Mio. € in den Hochwasserschutz in-vestiert, am Inn werden nur aufgrund der sehr regionalen Hochwasserschäden im Juni 2016 mehrere Mio. € für Hochwasser-nachsorgemaßnahmen aufgebracht.

Eine weitere wichtige Dienstleistung für die Gesellschaft durch die Wasserkraft ist die Reinigung der Flüsse von soge-nanntem Wohlstandsmüll. An den Was-serkraftwerken sammelt sich nicht nur Treibgut aus dem unmittelbaren Umfeld der Wasserkraftanlage, sondern aus dem gesamten vorgelagerten Flusskörper. Ne-ben „Biomasse“ findet sich unterschied-lichster Abfall an den Rechenanlagen vor den Kraftwerken wieder. Dort wird das Treibzeug dann aus dem Fluss geborgen, in Container verbracht und einer sachge-rechten, umweltfreundlichen und v.a. kos-tintensiven Entsorgung zugeführt.

Allein an den Wasserkraftwerken an Main, Donau, Isar und Lech wurden im Jahr 2015 rund 23.000 t Zivilisationsmüll entsorgt: Die externen Kosten dafür beliefen sich auf rund 2,1 Mio. €, ein beachtlicher Beitrag zur Reinhaltung der Gewässer.

Des Weiteren haben die Wasserkraftbe-treiber mit dem „Flussbett-Erhalt“ eine

aufwändige Daueraufgabe übernommen. Große Hindernisse in einem Fluss – wie z.B. Stützschwellen oder eben Wasserkraftwer-ke – führen dazu, dass der bei „unregulier-ten“ Flusskörpern übliche Geschiebetrans-port – also die Steinmenge, die jeder Fluss transportiert – weitgehend unterbleibt. Würden diese Hindernisse aber fehlen, so bestünde die Gefahr, dass es in einzelnen Flussabschnitten zu einer Sohlerosion oder gar einem Sohldurchbruch in den tertiären Untergrund kommt, verbunden mit dem „Verschwinden“ des Flusses und z.T. drama-tischen Auswirkungen auf das Grundwasser.

Aus ökologischer Sicht ist der Geschie-betransport aber wichtig. So besteht die Aufgabe der Wasserkraftwerksbetreiber darin, ein möglichst natürliches Flussbett mit „Geschiebe“ zu erhalten, sei es durch künstliches Einbringen von Kies (z.B. bei der Anlage von Fischlaichbänken) oder das bewusste „Spülen“ der Stauräume zur Ver-lagerung der Geschiebefracht des Flusses.

Wasserkraftnutzung findet typischerweise in landschaftlich reizvollen Regionen statt, womit die Betreiber der Wasserkraftwerke auch beim Ausbau der Naherholungsge-biete gefragt sind. So wurden Deiche und Dämme entlang der Flüsse sowie das Hin-terland zu attraktiven Ausflugszielen für Erholungssuchende entwickelt. Radfahrer, Inline-Skater, Wanderer und Spaziergän-ger nutzen die Einrichtungen der Wasser-kraftbetreiber für ihre ganz persönlichen Bedürfnisse. Dazu gehören mittlerweile sogar offizielle Mountainbike-Trails, die die Betreiber durch die Zurverfügungstel-lung von Grund und Boden unterstützen. Dabei gehört es auch zu den kosteninten-siven Aufgaben der Wasserkraftbetreiber, diese Anlagen für öffentliche Bedürfnis-se in einem sicheren und gut nutzbaren Zustand zu erhalten, Wege, Pfade und Brücken zu sanieren und oft auch die Ver-kehrssicherung und den Winterdienst si-cherzustellen. Neben den Flussläufen gilt

diese Aufgabe auch für die betriebenen Ka-nalbauwerke, damit durch Pflege und Un-terhalt die traditionsreichen Floßfahrten z.B. auf der Isar zwischen Wolfratshausen und München als beliebte Touristenattrak-tion stattfinden können.Die inzwischen vielleicht größte gesell-schaftliche Aufgabe, die jedoch den Was-serkraftbetreibern ohne finanziellen Aus-gleich auferlegt wurde, liegt hingegen im Umwelt- und Naturschutz. Es herrscht Einigkeit, dass der Eingriff in die Natur durch die Wasserkraft minimiert und auch kompensiert werden muss. Nur mangelt es häufig an der Verhältnismäßigkeit der For-derungen und der Einsicht, dass steigende Auflagen und Kosten nur dann zu bewälti-gen sind, wenn die Wirtschaftlichkeit des Betriebs von Wasserkraftanlagen insge-samt erhalten bleibt. Auch muss berück-sichtigt werden, dass neue Lebensräume, die zu wertvollen Rückzugsgebieten für viele zum Teil seltene Tiere und Pflanzen wurden, erst im Zuge und mithilfe der Wasserkraftnutzung entstanden sind.In erster Linie ist aber aktuell die kostenin-tensive Forderung der europäischen Was-serrahmenrichtlinie zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit der europäischen Fließgewässer zu nennen, die zur Errich-tung von zahlreichen Fischwanderhilfen v.a. an den Wasserkraftanlagen führt. Die Erfüllung dieser Auflage kommt für die Wasserkraft zwar dem Erhalt der „license to operate“ gleich und spielt in jedem was-serrechtlichen Genehmigungsverfahren eine herausragende Rolle, sie ist aber auch mit Investitionsvolumen im hohen Milli-onenbereich verbunden. Hinzu kommen weitere aufwendige und kostenintensive Maßnahmen wie z.B.

– der Aalschutz, der u.a. über ein wissen-schaftlich fundiertes MIGROMAT-Sys-tem umgesetzt wird, das das Wanderver-halten der Aale voraussehbar macht und durch den „aalschonenden Betrieb“, also die gezielte Öffnung einzelner Wehrfel-der für die Aalabwanderung bei gleich-zeitiger Drosselung der Wasserkrafter-zeugung, zu spürbaren Erzeugungsver-lusten führt,

– Kieseinbringungen für populationsför-dernde Maßnahmen bei Fischen und an-deren Wasserlebewesen,

– die Anlage und Pflege von ökologisch wertvollen Magerwiesen im Rahmen von Gehölzfreistellungen,

– die Renaturierung von Auenlandschaf-ten mit nennenswerten Restwasserabga-ben und

– der Biberschutz – zum Erhalt des Lebens-raums für den Biber werden aufwändige Deichverstärkungen baulich umgesetzt, um einer Schwächung des Deiches oder Damms und damit dem Verlust des Hochwasserschutzes vorzubeugen.

Die Wasserkraft leistet damit insgesamt eine Vielzahl von Aufgaben im allgemei-nen öffentlichen Interesse, die nicht im

Tab. 1. Systembeiträge von Wasserkraftwerken und deren aktuelle Vergütung.

System-„Produkt“ der Wasserkraft

Beitrag für das Energiesystem

Aktuelle Vergütung Problemstellung

Regelleistung Frequenzerhaltung Regelenergiemarkt Weitere Marktöffnung zur Beschaffungsopti-mierung notwendig

Redispatch Betriebsführung Stromnetze

bilateral (Netzbetreiber) Nur zusätzlich entste-hende Aufwendungen

werden vergütet

Blindleistung Spannungserhaltung bilateral (Netzbetreiber) Vergütung nicht transparent

Schwarzstart- und Inselnetzfähigkeit

Versorgungs-wiederaufbau

bilateral (Netzbetreiber) Vergütet wird die Auslegung zur Schwarz-

start- und Inselnetz-fähigkeit („technische

Vorhaltung“) inkl. Tests

Netzwiederaufbau (bei Blackouts)

Versorgungs-wiederaufbau

Entfällt/Extremsituation Marktregeln im Extrem-fall außer Kraft gesetzt

Hohe Leistungsände-rungsgeschwindigkeit

Integration fluktuieren-der EE; Versorgungs-

wiederaufbau

keine Steigende Bedeutung bei hohem Anteil EE

Kurzschlussleistung Spannungserhaltung keine –

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direkten Zusammenhang mit der Stromer-zeugung („energy only“) stehen und auch nicht separat vergütet werden. Wenn es aber gesellschaftlicher Wille und Konsens ist, dass diese Leistungen weiter-hin durch die Wasserkraftbetreiber erbracht werden sollen, dann ist auch über eine an-gemessene Vergütung nachzudenken.

Kostensituation

In der Diskussion über eine sachgerechte Vergütung aller Leistungen der Wasser-kraft ist es erforderlich, nicht nur die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung an-fallenden Betriebs- bzw. Grenzkosten zu berücksichtigen, sondern die gesamten Kapital- und Betriebskosten, die zum Be-trieb eines Wasserkraftwerks notwendig sind. Diese Kosten müssen anteilig einge-preist und anerkannt werden, damit die Leistungen auch zukünftig zur Verfügung stehen. So werden bspw. bei Redispatch-maßnahmen nur zusätzlich entstehende Aufwendungen vergütet. Marktprämien, Opportunitätskosten und Gewinnmargen werden nicht berücksichtigt.Insgesamt liegen diese Voll- oder Geste-hungskosten der großen Wasserkraft in

Bayern heute im Mittel bei rd. 2 €ct/kWh, viele Anlagen liegen aber deutlich darü-ber, und die hier angeführten Kosten sind bereits das Ergebnis intensiver Kostenein-sparprogramme der Betreiber (B i l d 2 ). In den vergangenen Jahren wurden die Kosten pro Kilowattstunde, ohne Kom-promisse bei der Sicherheit der Anlagen, durchschnittlich um 20 % reduziert, insbe-sondere durch Maßnahmen wie

– Reduzierung und Bündelung der In-standhaltungsaktivitäten,

– Automatisierung der Anlagen, – Zentralisierung von Kernkompetenzen, – Fremdvergabe von Dienstleistungen

(Nicht-Kernkompetenzen), – Personalabbau, – etc.

Wird die Verteilung der Vollkosten der Wasserkraft für die Stromerzeugung und die Zusatzleistungen betrachtet, so entfal-len je nach Betreiber zwischen 15 und 30 % auf die beschriebenen Zusatzdienstleis-tungen – ein signifikanter Kostenanteil, der nicht mit der Stromerzeugung im Zusam-menhang steht und dem keine direkten Er-löse gegenüberstehen (B i l d 3 ).

Allgemeine Wirtschaftlichkeit

Im Gegensatz zu den Belastungen sinken die Stromerlöse jedoch kontinuierlich. Wurde der Strom vor fünf Jahren noch für rd. 5,1 ct/kWh im Markt gehandelt, so liegt der Terminmarktpreis der Leipziger Strom-börse EEX für das gleiche Produkt heute bei rd. 2,6 €ct/kWh – Tendenz fallend, was einer Halbierung des Marktpreises innerhalb von fünf Jahren entspricht. Be-sonders dramatisch war die Strompreisent-wicklung zum Jahreswechsel 2015/16, wo teilweise nur noch 2 €ct/kWh aufgerufen wurden (B i l d 4 ). Wesentliche Gründe für den Preisverfall sind das Überangebot im Strommarkt durch zunehmende Ein-speisung außerhalb des „Marktes“ sowie ein Verfall der fossilen Brennstoffpreise, da der Preisfindungsmechanismus (“Merit Order“) auf Grenzkosten der Kraftwerke abstellt, was im Fall thermischer Anlagen den Brennstoffkosten gleich kommt, Was-serkraftwerke aber unberücksichtigt (reine „Price Taker“) lässt.

Kosten- und Erlösentwicklung machen deutlich, dass sich die Lage für die Betrei-ber der großen Wasserkraft bedrohlich ent-wickelt. Auf zeitlich begrenzte, kurzfristige Erlösrückgänge können die Betreiber re-agieren, sei es durch die Verschiebung von Maßnahmen oder das temporäre Ausset-zen von Instandhaltungstätigkeiten, z.B. durch das Strecken von Revisionszyklen. Mittelfristig entsteht aber ein Investitions-stau. Bleiben die Erlöse jedoch langfristig unterhalb der Erzeugungskosten, so wie es derzeit abgeschätzt wird, sind die Effekte dramatisch. Investitionen werden nicht nur verschoben, sondern zurückgefahren, technische Modernisierungen und Effizi-enzsteigerungen der Anlagen können nicht

lnstallierte Anlagenleistung in MW

Kost

en in

Cen

t/kW

h

5

4

3

2

1

01 5 10 100

EEG

-För

deru

ng <

5 M

W

y = 2,4993x-0059

n = 82 Anlagen

Stromgestehungskosten(inkl. Kapitaldienst)in Cent/kWhTrendlinie (potenziel) derStromgestehungskosten

Quelle: VBEW-Auswertung vom 14.04.2016

Bild 2. Erzeugungskosten der großen Wasserkraft in Bayern (Quelle: VBEW). Kosten für weitere Beiträge

Erzeugungsbezogene Kosten

Minimal Maximal

Quelle: Kostenennittlung von Uniper, BEW, Verbund

15 %

85 %

30 %

70 %

Bild 3. Kostenanteil mit und ohne Stromerzeugungsbezug.

Jahr

€/M

Wh

70

60

50

40

30

20

10

02011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Preisentwicklung an der Leipziger Strombörse Preisentwicklung seit 1. 7.2015

SpotmarktpreiseJahresmittel EPEX base

Phelix Base Year FuturePreisstand 31.05.2016

51

4338

33 32 2926 26 26

Bild 4. Strompreisverfall.

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VGB PowerTech 9 l 2016

mehr durchgeführt werden. Die Folgen sind vielfältig und für die Wasserkraft bestandsgefährdend. Erfolgen keine Investiti-onen mehr in den Substanzerhalt, wird es zu einer Mehrung an Schäden und in der Folge auch Ausfällen der regenerativen Stromerzeugung kommen – die Energiewende in Bayern wird damit immer schwieriger zu bewältigen sein. Aber auch die beschriebenen Zusatzleistungen der Wasser-kraft kommen bei sinkenden Einnahmen auf den Prüfstand. Da zwangsläufig der wirtschaftliche Spielraum für die Umset-zung ökologisch und gesellschaftlich gewünschter und auch sinnvoller Maßnahmen sinkt, werden diese in die ferne Zu-kunft verschoben oder ganz gestrichen.

Lösungsansätze

Grundsätzlich gibt es immer zwei Möglichkeiten, die Wirt-schaftlichkeit eines Geschäftes zu steigern: Kosten können gesenkt oder Erlöse erhöht werden. Wie alle Energieversorger in Deutschland senken auch die Betreiber der großen Wasser-kraft die Kosten seit einigen Jahren massiv. Es werden Pro-zesse optimiert, Aufgaben an externe Dienstleister vergeben oder auch Stellen abgebaut und Investitionen geschoben oder gestrichen. Anlagensicherheit, gesellschaftlicher Nutzen und auch die ungelösten Fragen der Energiewende erlauben es aber nicht, dass dieser Weg bis zum Äußersten – der Stillle-gung von Wasserkraftanlagen – beschritten wird. Damit bleibt zur nachhaltigen Absicherung der großen Was-serkraft nur die Erlössteigerung. Der einfachste Weg wäre die Überführung in das regulierte Geschäft durch eine Ausdeh-nung der EEG-Förderung auf die große Wasserkraft. Dabei kann und muss ohnehin über die Sinnhaftigkeit einer 5-MW-Grenze für die Förderung des Stroms aus Wasserkraftanlagen nachgedacht werden. Der großen Wasserkraft könnten flexible größenabhängige Modelle auch jenseits der 5-MW-Grenze in die langfristig wirtschaftliche Überlebenszone helfen. Allein die Tatsache, dass der Markt für CO2-Verschmutzungsrechte zusammengebrochen ist und damit keine Lenkungswirkung mehr im Sinne der Energiewende hin zu CO2-armen oder -frei-en Erzeugungsarten aufweist, sollte Anlass zum Handeln sein.Ergänzend und/oder alternativ wäre zu diskutieren, wie die Zusatzleistungen der großen Wasserkraft aufgrund des um-fangreichen energiewirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzens nachhaltig abgegolten werden können. Dazu müsste eine Aufweitung der Vergütungsmodelle entwickelt werden, die den Wert der verschiedenen „Produkte“ der Wasserkraft anerkennen und mit praktikablen Preisfindungsmechanismen versehen.Unabhängig davon ist aber in jedem Fall ein neuer Preisfin-dungsmechanismus für den deutschen Strommarkt zu entwi-ckeln, wenn es bei einem marktwirtschaftlichen Ansatz bleiben soll. Der aktuelle „Marktansatz“ ist für regenerative Energie-träger, die frei von Primärenergiekosten sind, nicht zielführend und daher auch im Sinne der Energiewende nicht brauchbar. Die große Wasserkraft unterliegt nämlich einer Grenzkosten-Preisbildung („Merit Order“), die nur von thermischen (fos-silen) Anlagen bestimmt wird. Diese wird der regenerativen Wasserkraft nicht gerecht, da weder Beeinflussbarkeit noch Anreiz gegeben sind. Letztendlich ist die große Wasserkraft in einem Preisfindungsmodell gefangen, das keinen Zusammen-hang mit ihrer Leistungs- und Kostenstruktur aufweist. Die große Wasserkraft leistet einen signifikanten Beitrag zur Energiewende und darüber hinaus für die Gesellschaft. Die Betreiber sind sich der Herausforderungen bewusst und wol-len diese Leistungen als Basis einer sauberen und sicheren Stromversorgung für zukünftige Generationen erbringen. Dies erfordert aber ein neues Marktdesign, das – nicht nur für die große Wasserkraft – einen gesamtheitlichen Ansatz verfolgt und nachhaltig auskömmlich ist. l

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