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Neues von und um (pathogene)Bakterien
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Als Mikrobiota werden kulturell darstellbareBakterienpopulationen auf Haut und Schleimhäutenbezeichnet
Als Mikrobiom wird der gemeinsame Genpool einerHaut- oder Schleimhautflora verstanden, in diesemFall erfolgte der Nachweis mittelsmolekularbiologischer Methoden
Dabei werden Biofilmstrukturen auf denSchleimhäuten gebildet, auf der Haut der sogenannte Hydrolipidfilm.
Die verschiedenen Bakterien und ggf. Pilzekommunizieren untereinander und mit denHautzellen.
Neu ist die Erkenntnis, wie weitreichend der Einflussder Mikrobiome auf die Haut und das Entstehen vonHautkrankheiten und die Wundheilung ist.
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Eine Einführung
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Barriere nach außenWärmeregulationHautanhangsgebilde Apokrine und ekkrine Schweißdrüsen Talgdrüsen Haarbälge (Lanugo, Kopfhaare)
Sensorik mit intensivem Kontakt zuRückenmark (schnelle Schutzreflexe) undGehirn (Emotionen – Empfindung undAusdruck)
Narbenbildung ab gewisser SchadensgrößePD Dr. med. A. Schwarzkopf 4
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Firmicutes Staphylokokken Anaerococcus Lactobacillus Peptoniphilus
Actinobacteria Propionibacterium Corynebacterium Kocuria
Bacteroidetes Prevotella Porphyromonas
Proteobacteria Acinetobacter Campylobacter
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Stratum coreneum mit Falten und Krypten,„Tälern“ (Gelenkbeugen, Achselhöhle) und„Bergen“ (Ellenbogen, Kniescheibe z.B.)
„Höhlen“ wie Gehörgang, Zehenzwischenräume Haarfollikel Talkdrüsen und deren Umgebung (Fettfilm auf
Haaren und der umgebenden Haut) Apokrine Schweißdrüsen mit fettigem Sekret,
dass Bakterien unter Geruchsbildungverstoffwechseln
Ekkrine Schweißdrüsen mit salzigem Schweiß,der es den meisten Bakterien schwer macht, sichanzusiedeln
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Koagulase negative Staphylokokken Staphylococcus epidermidis Staphylococcus warneri Staphylococcus lugdunensis
Mikrokokken Micrococcus luteus
Corynebakterien Corynebacterium jeikeium Corynebacterium diphtheriae
Propionibakterien Propionibacterium acnes
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Das alte Modell der Hautflora unterschiedallenfalls zwischen Talgdrüsen-reichen undTalgdrüsen-armen Gebieten (EinwirkzeitHautdesinfektion)
Das neue Modell zeigt „Inseln“ vonbakteriellen Lebensgemeinschaften, die überden Körper verteilt sind.
Die Mikrobiota im Schweißdrüsenbereich sinddabei deutlich weniger individuell als die deranderen Hautbereiche (Kong, Trends Mol Med 2012)
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Häufigkeit der Kontakte mit anderen Flächen(Arbeitshand unterscheidet sich von andererHand)
Beruf Exposition zu Chemikalien Händedesinfektion Kälteeinwirkung Feuchtarbeiten
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Alleine das Vorhandensein der Hautflora(Residente Flora) gewährt durch Verdrängungeinen Schutz vor transienter Flora.
Defensine und Cathelizidine, von Bakterien aberauch Hautzellen gebildet, sorgen für einGleichgewicht.
Der Fettabbau durch den bakteriellenStoffwechsel ermöglicht einen Haut-pH imsaueren Bereich (4,9-5,5) und damit einenSchutz vor Kolonisten.
Die Hautkeime „trainieren“ wohl auch Millionenvon in der Haut angesiedelten T-Zellen (Nat Rev Microbiol
2011, 9: 244-253)
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Die Vielzahl verschiedener Bakterienartenauf allen Oberflächen des Menschen mitAußenkontakt stellt einen effizientenSchutzmechanismus dar.
Antibiotika schlagen – unabhängig von der Artihrer Applikation (systemisch oder oral oderlokal) Breschen in den Schutzwall.
Diese Breschen werden von anderen Erregerngenutzt, die resistent sind.
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Ca. 20 % der postoperativen Infektionen imOperationsgebiet werden durch Hautflorahervorgerufen. Besonders häufig vertretensind Staphylococcus epidermidis, warneri,lugdunensis und Propionibacterium acnes.
Bei Intensivpatienten wurden ca. 18 % derkatheterassoziierten Sepsisfälle und derHarnwegsinfekte durch koagulase-negativeStaphylokokken hervorgerufen.
Aus der Sicht der Hautflora ist einGefäßkatheter eine chronische Wunde mitFremdkörper!
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20-30 % tragen Staphylococcus aureus imNasenvorhof
Bei postoperativen Wundinfektionen ist er derhäufigste nachgewiesene Erreger
Bei beatmungsassoziierten Pneumonien hat erPlatz 2 nach den Enterobakterien und vorPseudomonas
Er wird regelmäßig als Besiedler beiNeurodermitis, atopischer Dermatitis undPsoriasis gefunden
Mittels Stoffwechselprodukten und Toxinenverschlimmert er zumindest die atopischeDermatitis (Ann Dermatol Venereol. 2015 Jan;142 Suppl 1:S18-22)
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Die Hautdesinfektion erreicht nichtannähernd so viele Bakterien, wie auf Grundvon Labortests zu erwarten.
Vor allem Propionibacterium acnes erreichtoft nur einen Reduktionsfaktor von 1 (undwird relativ häufig nach Schulteroperationenals Infektionserreger gefunden)
Kombinationen aus Antiseptika(Alkohol/Octenidin, Alkohol/Chlorhexidin)zeigen einen besseren Effekt und reduzierendie Infektionsrate.
Vom Wundrand her einwandernde Hautfloravermittelt Schutz und induziert die Heilung.
Die sterile Wunde ist kein Therapieziel.Wundheilungsstörungen sind nicht alleine auf
bakterielle Kolonisation zurückzuführen. Solange ein Wundabstrich eine Vielzahl von
verschiedenen Bakterien zeigt, besteht in derRegel keine Infektionsgefahr.
Floraverschiebungen durch Lokalantibiotikasind kontraindiziert!
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MRSA 6 Standard- und Reserveantibiotika Virulenz gering (meist Besiedlungen) Überleben auf Fläche 6 Wochen – 7 Monate
3MRGN Enterobakterien und Acinetobacter 4
Reserveantibiotika Pseudomonas aeruginosa 2 Reserveantibiotika Virulenz gering, Überleben Tage – 4 Monate
VRE/GRE ohne Linezolidresistenz 3 Reserveantibiotika Virulenz gering, Überlebensdauer Wochen
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4 MRGN Enterobakterien und Acinetobacter 3
Reserveantibiotika Pseudomonas aeruginosa 1 Reserveantibiotikum Virulenz gering, Überleben Tage – 4 Monate
VRE/GRE mit Linezolidresistenz 2 Reserveantibiotika Virulenz gering, Überlebensdauer Wochen
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MRSA: Nase, Rachen, Haut, Wunden
3/4 MRGN Enterobakterien: Darm, Harnröhrenmündung,
Wunden Acinetobacter: Haut, Rachen Pseudomonas aeruginosa: Atemwege, Wunden
VRE/GRE Darm, Harnwege
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Gelebtes Rechtsleben
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§ 23 Abs. 3 IfSG: Die Leiter folgender medizinischerEinrichtungen haben sicherzustellen, dass die nach demStand der medizinischen Wissenschaft erforderlichenMaßnahmen getroffen werden, um nosokomialeInfektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung vonKrankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen,zu vermeiden:
…
Die Einhaltung des Standes der medizinischenWissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wennjeweils die veröffentlichten Empfehlungen derKommission für Krankenhaushygiene undInfektionsprävention beim Robert Koch-Institut und derKommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beimRobert Koch-Institut beachtet worden sind.
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§ 36: Folgende Einrichtungen legen inHygieneplänen innerbetrieblicheVerfahrensweisen zur Infektionshygiene festund unterliegen der infektionshygienischenÜberwachung durch das Gesundheitsamt…
…
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§ 4 BiostoffV: Gefährdungsbeurteilung RG: 2 (auch als MRE), Schutzstufe 2, ungezielte
Tätigkeit
TRBA 250 Schutzkleidung (Ziffer 4.2.6 ff) Immer zu tragen bei Verdacht auf mögliche
Kontamination Immer zu wechseln bei (unsichtbarer
Kontamination) Kontaminierte Arbeitskleidung ist durch
Arbeitgeber aufzubereiten MNS als „Berührschutz“ (5.7.2)
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Keine Schutzkleidung, wenn keinKörperkontakt (5.7.2)
Schutzkleidung, wenn Kontakt, individuelleRisikobewertung
Schutzkleidung im Zimmerkontaminationsgeschützt aufbewahren
Wäsche und Abfall wie üblich entsorgen(Cave 5.5.1 Abstimmung mit der Wäscherei)
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Theoretisch könnte die HausärzteschaftMRSA-Kontrollen abrechnen.
Praktisch haben nur ca. 5 % dieentsprechende Fortbildung gemacht
Sanierungsmittel – außer Turixin – müssenBetroffene selber kaufen
Die Sanierungskontrollen in Krankenhäusernverlieren an Aussagekraft
Was ist mit dem Zimmer?
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Mupirocin-Nasensalbe (90 % Eradikation nach1 Woche, aber nur in 60 % der Fällenachhaltig, Resistenz 4,6 %)
Chlorhexidin und Polyhexanid wurdenteilweise durch Mucin inaktiviert
Oral: Chlorhexidin, Triclosan, OctenidinHaut: Keine Präferenz, aber nicht toxisch,
nicht allergisierend, gut verträglichWunden, Katheteraustrittsstellen mit
behandeln
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MRSA überlebt bis zu 4 Monaten auftrockenen unbelebten Flächen
Die Patientenumgebung in Wohnungen istvielgestaltig und nicht leicht zu desinfizieren
Checkliste für die Sanierung im Vorfeldabgestimmt erleichtert Pflegekräftenund/oder Angehörigen das Vorgehen.
Institut Schwarzkopf GbR
Was wurde in den letzten 4 Monatenangefasst? Zahnbürste, Waschutensilien, Kosmetika, Häusliche Medizinprodukte und
Trainingsgeräte Bücher, Sammlungsgegenstände, Hobby (Werkzeuge, Pinsel…) Wecker, Lichtschalter, Küchenutensilien, Rollogurte, Gieskanne, Trainingsutensilien Heizungsventile, Möbelgriffe
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Immer wichtig
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Herstellung gemäß § 4 Abs. 14 AMG Nur nach Anzeige Nach § 67 Abs. 2 anzeigepflichtig an zuständige
Behörde Qualitätssicherung Reinigung der Behälter Kennzeichnung mit Umfüll- und Verfallsdatum
Alkoholbasierte Präparate kaum Sporen-kontaminiert
Dagegen deutliche Kontaminationsraten beiWaschlotionen (bis 10E7 KBE), darunterEnterobacteriazeen
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Dauer in der Praxis oft nur wenige Sekunden,daher auch nur geringe Keimreduktion
Indikation Entfernung von Sporen,Wurmeiern und Einzellern
Abreicherung nach ToilettengangHahn mit Handtuch oder Ellenbogen
abdrehen
Nagellack wird abgelehnt Unterarme bei möglichem Kontakt mit Patient oder
Patientennahen Flächen mit einbeziehen Rota-/Noroviren: Wirksamkeit muss ausgewiesen sein Tuberkulose : Wirkungsbereich A aus RKI-Liste Positive Korrelation zwischen Konzentration und
Wirksamkeit in Abhängigkeit von verwendetem Alkohol(z.B. Propan-1-ol, Propan-2-ol, Ethanol)
Zusätze anderer antiseptischer Substanzen nicht sinnvoll Keine relevante Resorption Neugeborene, Patienten mit Atemwegserkrankungen:
Ethanol wegen besserer Verträglichkeit Spender in jedem Patientenzimmer
Zweimal durchführen bei stärkerer Kontamination
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Wirksamkeit mit Abdunsten des Alkoholsbeendet
Beimischung von Remanenz-Präparatenbringt keinen Vorteil (da transiente Floraentscheidend ist)
Aufbereitungsanleitung des Herstellersobligat
Anbruchs- und Verfalldatum, kann entfallen,wenn Nachweis über Verbrauchsstatistikmöglich
Nicht wieder befüllbare Behälter Verschiedene Hersteller müssen möglich sein Außen- und Innenteile müssen zu reinigen
sein
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Zusatz von Chlorhexidin bringt keinesignifikante Verbesserung
Waschdauer 30-60 s. 10 min nach Waschen Desinfektionsbeginn Beide Hände benetzen 10 s Beide Unterarme benetzen 10 s Händedesinfektion 70 s
Haushaltshandschuhe nur mit Stulpen Doppelkennzeichnung als PSA und MP erlaubt (EN
455, EN 437) Sterile Handschuhe möglichst Latex-frei oder –arm,
Proteingehalt < 30 mikrogramm Puder verboten (GefStoffV, TRGS 540) Double Glowing (zwei Paar Handschuhe) bei
Verletzungsgefahr Handschuhwechsel vor Implantatannahme Handschuhdesinfektion nur bei
Beständigkeitsnachweis gemäß EN 374 (und möglichstvermeiden)
Maximale Tragedauer 15 min (Mikroperforationen!) Feuchtigkeitsabsorbierende Unterhandschuhe mit
Handschuhen wechseln
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Wie keimarm ist die Handschuhbox? Nachweis von Enterobakteriazeen, Bacillus,
Pseudomonas, S. aureus Teilweise mehr als 1000 KBE pro Handschuh
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Also damit nicht in die Kurve schreiben die Umgebung berühren Medizinprodukte aus Schubladen oder Wagen holen den Nachbarpatienten berühren den Raum verlassen (ausgenommen Transport von
kontaminiertem Material)
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Herzliche Einladung zum ICWe.V. Süd/HWX-Kongress inWürzburg8.-10.2017 „Evidenz vs.Erfahrung“
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